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Beschreibung des Oberamts Reutlingen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Johann Daniel Georg von Memminger
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Titel: Beschreibung des Oberamts Reutlingen
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage: 1
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1824
Verlag: J. G. Cotta
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Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Exemplar des Reprints, Magstadt 1971 (Digitalisat bei Wikimedia Commons)
Kurzbeschreibung: Umfassende Beschreibung der Geographie, Wirtschaft und Geschichte des württembergischen Oberamts Reutlingen und seiner Gemeinden.
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Die Beschreibung des Oberamts Reutlingen erschien 1824 als erste in der 64 Titel umfassenden ersten Serie der Beschreibungen aller württembergischen Oberämter und ihrer Gemeinden.

Hinweise:

Zur Übersichtsseite des Gesamtprojekts und zum Bearbeitungsstand des Gesamtprojekts.

Eine Liste aller in den bisher vorhandenen Oberamtsbeschreibung erwähnten Wohnplätze ist unter Württembergische Oberamtsbeschreibungen/Lokationen zu finden.

Die projektspezifischen Editionsrichtlinien befinden sich auf der Indexseite.

Maße und Gewichte, Berufe, Namen und andere nicht mehr gebräuchliche Begriffe sowie Abkürzungen werden im Glossar dieser Wikisource-Edition erläutert.

Alle redaktionellen Texte dieses Projektes stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.0 Deutschland


Hinweis: Maße, Namen und ungewöhnliche Begriffe werden im Glossar dieser Wikisource-Edition erläutert.


[Frontispiz]

Kloster Mariaberg im Laucharttal.


Vorwort

[I]
Seiner Majestät


dem König


W i l h e l m


von Würtemberg


in tiefster Ehrfurcht


gewidmet


von
dem Herausgeber.
[II]
Eure Königliche Majestät


haben Höchstselbst das Werk ans Licht gerufen, dessen erste Lieferung hier erscheint. Es ist die Frucht der ruhmwürdigen Anstalten und Verfügungen, welche die Alles umfassende Fürsorge Eurer Majestät zur Beförderung der Vaterlandskunde getroffen hat. Nichts konnte daher dem Gefühle des Herausgebers näher liegen, als der Wunsch, dem Werke den Namen seines erhabenen Stifters vorsetzen zu dürfen.

Eure Majestät haben dieß huldreich zu genehmigen geruht. Glücklich durch den Auftrag der Bearbeitung, bin ich es noch mehr durch diese ehrenvolle Auszeichnung des Werks, und indem ich jezt [1] dieses erste Heft zu überreichen die Gnade habe, bleibt mir nichts zu wünschen übrig, als daß die Arbeit selber den Höchsten Absichten genügen möge.

Ich verharre in tiefster Ehrfurcht

Eurer Königlichen Majestät


Stuttgart,
6. Februar 1824.

allerunterthänigster
Professor Memminger.


Titelseite

[2]

Beschreibung
des Oberamts
R e u t l i n g e n.


Mit
einer Karte des Oberamts, zwey lithographirten
Blättern und Tabellen.


Herausgegeben,
aus Auftrag der Regierung,

von
Professor Memminger,
Mitglied des Königl. Statistisch-Topographischen Bureau.

________________


Stuttgart und Tübingen,
in der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.
1824.


A. Beschreibung des Oberamts im Allgemeinen

[3]
A.
Beschreibung des Oberamts im Allgemeinen.


I. Lage und Umfang.

1. Geographische Lage.

Das Oberamt Reutlingen liegt zwischen 26° 44′ 16″ und 27° 0′ 25″ der Länge und zwischen 48° 15′ 17″ und 48° 31′ 56″ der Breite.

2. Grenzen.

Reutlingen ist ein Grenzoberamt, das gegen Süden von den Fürstenthümern Hohenzollern umgeben ist, gegen Osten an die Oberämter Urach und Münsingen, gegen Norden an das Oberamt Tübingen, und gegen Westen wieder an Tübingen und das Oberamt Rottenburg grenzt.

3. Größe.

Der Flächenraum des Oberamts umfaßt 76.913 Würtembergische Morgen, oder 42/5 Quadratmeilen; Reutlingen gehört somit unter die Oberämter von nicht ganz mittlerer Größe, da im Durchschnitt auf 1 Oberamt 5½ Q.-Meilen kommen werden. Seine größte Ausdehnung hat das Oberamt von Süden nach Norden, in welcher Richtung es sich, von Brunnen bis Wannweil, in einer Länge von 8 Stunden oder 4 deutschen Meilen ausdehnt.

4. Figur.

Das Oberamt bildet in seiner Hauptmasse, den Einschnitt abgerechnet, welchen der Oberamtsbezirk Tübingen bey Gönningen [4] macht, eine ziemlich abgerundete Figur, sein südlicher Theil aber ist mit 4 Ortschaften durch das Hohenzollersche ganz von dem Königreiche abgeschnitten, eine Trennung, die keine unserer bisherigen Karten anzeigte.

Da die Oberamtsstadt ziemlich nahe an der nördlichen Grenze liegt; so beträgt die Entfernung der oben genannten Orte davon 6 bis 7 Stunden.

5. Bestandtheile.

Das Oberamt, wie es jetzt besteht, wurde in den Jahren 1802, 1807, 1809 und 1810 gebildet, und aus folgenden Bestandtheilen zusammengesetzt:

1) Das Gebiet der ehemaligen Reichsstadt Reutlingen mit

Reutlingen, Omenhausen,
Betzingen, Stockach,
Bronnweiler, Wannweil, und
den Höfen Altenburg und Gaisbühl;

2) Das ehemalige weltliche und das Kloster-Oberamt Pfullingen, einverleibt im J. 1806 mit

Groß-Engstingen, Klein-Engstingen,
Holzelfingen, Oberhausen,
Honau nebst Unterhausen,
Schloß Lichtenstein, Genkingen;

3) ehemalige Bestandtheile des Oberamts Urach, zugetheilt im Jahr 1809:

Das Unteramt Willmandingen mit
Willmandingen, Mägerkingen,
Erpfingen, Undingen,
Hausen an der Lauchart;

4) Das ehemalige Stabsamt Gomaringen, zugetheilt im Jahr 1807 mit

Gomaringen und Hinterweiler.

5) Bestandtheile des, 1810 wieder aufgelösten, Oberamts Zwiefalten:

Kloster Mariaberg mit Brunnen.
[5]
II. Geschichtliche Denkwürdigkeiten.

1. Nachrichten von frühern Verhältnissen.
a. Von der alten bürgerlichen Eintheilung.

Zur Zeit, als Schwaben noch in Gaue eingetheilt war, fiel der Oberamtsbezirk von Reutlingen, so viel sich noch erkennen läßt, in mehrere Gaue; wir finden namentlich noch folgende zwey Gaue, wovon es einen Bestandtheil ausmachte.

1) Das Pfullinggau — Phullichgowe. Dieses bisher unbekannt gebliebene Gau lernen wir durch eine Urkunde Kaisers Otto I. vom Jahr 930 kennen,[1] worin derselbe dem Priester Hartbert, nachheriger Bischof von Chur, die Fischerey in der Echaz, in loco Hohenowe (Honau) in pago Phullichgowa schenkt. Seinen Namen hatte das Gau entweder von dem darin gelegenen Orte Pfullingen, oder aber von dem Stammworte Phul, Pful; denn außer Pfullingen und Pfullengau findet man auf der Alp auch noch einen „Pfullenberg,“ wovon ein Feldbezirk auf Honauer Markung den Namen hat. In welcher Bedeutung aber jenes Stammwort zu nehmen sey, ist zweifelhaft, bey uns hat es sich noch in der Bedeutung Pfulbe, Kissen erhalten, und der Ort Pfullingen führt einen Pfulben in seinem Wappen.[2]

2) Das Burichinggau, Burichinga, Burichincas, Burichinga pagus. Dieses Gau kommt in vielen Urkunden vom Jahr 772 bis 806 vor; als darin gelegen, werden genannt: Genkingen, Undingen, Willmandingen, Erpfingen, Mägerkingen und mehrere Hohenzollersche Orte in der Nähe der Lauchartquellen.

Das Gau dehnte sich somit über einen Theil der Alp, und insbesondere über das obere Lauchartgebiet aus. Sein [6] Name wird von dem Dorfe Böhringen im Oberamt Urach abgeleitet; es ist aber schwer zu glauben, daß dieser entfernte Ort dazu gehört, oder ihm den Namen gegeben habe; vielmehr ist es wahrscheinlich, daß es an der Lauchart einen jetzt verschwundenen Ort mit Namen Burichis gegeben habe, wonach das Gau, und auch die Burichinger Marca, welche in den Traditionen von Lorsch im Jahr 774 vorkommt, genannt wurde.

b. Von der ältern kirchlichen Eintheilung.

Schon im achten Jahrhundert und vielleicht noch früher wurde der bischöfliche Sprengel von Constanz, wohin unser Oberamt gehörte, in Archidiakonate und jedes von diesen in Rural- oder Land-Capitel eingetheilt. Bey dieser Eintheilung war der Reutlinger Oberamtsbezirk unter 2 Archidiakonate und unter diesen unter 3 Rural-Capitel getheilt:

1) Das Archidiakonat Alp.

a. Rural-Capitel Reutlingen, wozu

Betzingen, Pfullingen,
Holzelfingen, Reutlingen,
Honau, Unterhausen,
Klein-Engstingen, Wannweil.
Oberhausen

gehörten.

b. Rural-Capitel Trochtelfingen, wozu aus dem Oberamt gehörten:

Erpfingen, Mägerkingen,
Brunnen, Undingen,
Groß-Engstingen, Willmandingen.

2) Das Archidiakonat vor dem Wald (Schwarzwald).

Rural-Capitel Hechingen
mit Gomaringen und Bronnweiler.

Omenhausen und Hausen an der Lauchart sind in der Eintheilung nicht genannt, weil sie Filiale waren.

Merkwürdig ist, daß der Verband des Rural-Capitels [7] Reutlingen sich auch nach der Reformation und bis auf den heutigen Tag erhalten hat, nur mit einiger Veränderung der zugetheilten Pfarreyen, indem Gomaringen und Bronnweiler dazu kamen. Ursache von diesem Fortbestand ist der Herzog Christoph, der im Jahr 1556 sich mit dem Magistrat zu Reutlingen vereinigte, dem Capitel eine neue zeitgemäße Einrichtung zu geben, aller Wahrscheinlichkeit nach, um den kleinen Fond des Capitels nicht in den Händen der Reutlinger allein zu lassen, und um seine kirchliche Einrichtung auch über Reutlingen auszudehnen; denn es war ausdrückliche Bedingung, daß bey sämmtlichen Kirchen die Würtembergische Kirchenordnung gelten sollte.[3]

2. Alterthümer.
a. Römische Alterthümer.

Es ist kein Zweifel, daß die Römer auch an und auf der Alp festen Fuß gefaßt hatten. Der Kaiser Vopiscus, der vom Jahr 276 bis 282 regierte, jagte die Deutschen über den Neckar und die Alp zurück und höchst wahrscheinlich setzten sich von dieser Zeit an die Römer auf diesem Gebirge fest. Indeß findet man von ihnen in unserem Oberamte nur wenige Spuren. Im Jahr 1787 wurde diesseits der Alp, in der Gegend von Betzingen, bey Anlegung der Landstraße nach Tübingen, in der Richtung von Betzingen nach Wankheim, unter alten Eichen eine Straße aufgedeckt, deren ganze Anlage Römisch war. Einer nicht unwahrscheinlichen Sage nach war auch die alte Burg Achalm auf den Grund eines römischen Castells gebaut, und noch wahrscheinlicher rühren die Ruinen auf dem Berge Riedern, bey Willmandingen, wie schon der Name „Heidenburg“ ausweist, von einem ursprünglich Römischen Werke her. In eben derselben Gegend bey Willmandingen findet man auch noch alte Schanzen, welche auf der Höhe der Alp von Hohenzollern bis an den Roßberg [8] herüberziehen, wo sie vom Wege von Genkingen nach Gönningen durchschnitten werden; auch diese wurden von den Alterthumsforschern für Römisches Werk erklärt: allein es erinnern sich noch alte Leute in Willmandingen und in Genkingen, von ihren Vätern gehört zu haben, daß sie einst viel beym Schanzen verdient haben, und daß dazu auch viele Leute aus dem Unterlande herbeygezogen worden seyen. Somit würde also der Bau dieser Schanzen neuern Ursprungs seyn; es ist jedoch möglich und selbst wahrscheinlich, daß auch die Römer schon in derselben Richtung eine feste Linie gezogen hatten.

Noch wird hier bemerkt, daß unfern Mägerkingen in der Nähe von Harthausen und Feldhausen eine abgegangene Straße hinzieht, welche den Namen Heerstrasse führt, und daß sich zwischen Erpfingen und dem Hohenzollerschen Orte Stetten einer der sogenannten Hungerberge, Hunnenberge befindet, deren Name zwar nicht mehr auf Römische, doch auf sehr alte Zeiten und höchst wahrscheinlich auf die Einfälle der Hunnen, entweder der Hunnen unter Attila, oder der spätern Hunnen der Ungarn, welche im zehnten Jahrhundert hauptsächlich Deutschland heimsuchten, hinweist.

b. Deutsche Alterthümer.

Von Denkmählern des deutschen Alterthums haben wir hauptsächlich die Überreste der im Oberamte vorkommenden Burgen und Schlösser zu bemerken. Ihre Zahl ist nicht unbedeutend; es sind ihrer, die noch bewohnbaren Schlösser Pfullingen, Lichtenstein, Gomaringen mitgerechnet, nicht weniger als 26, nämlich:

a) bewohnt 3: Pfullingen, Gomaringen und Lichtenstein;

b) Ruinen 17, nämlich:

1) Achalm, bey Reutlingen;
2) Altenburg,
3) Wannweil,
4) Stahleck, bey Unterhausen;
5) Burgstein,
6) Greiffenstein, bey Holzelfingen;
7) alte Schloß bey Honau;
8) Groß-Engstingen;
9) Hohengenkingen;
10) und 11) Genkingen;
12) Heidenburg bey Willmandingen;
13) und 14) Erpfingen;
15) Roßmanskreuz bey Mägerkingen;
16) Altenburg bey Mariaberg;
17) Brunnen.

[9] b) nur in Benennungen, Urkunden und Sagen noch vorhanden 6:

1) zu Hausen an der Lauchart;
2) in Honau (Schlößle);
3) auf dem Ursulaberg bey Pfullingen;
4) auf dem Übersberg;
5) bey Holzelfingen, Hochbidegg;
6) bey Bronnweiler (im Burgstall).

Weitere Nachrichten werden in den einzelnen Ortsbeschreibungen gegeben werden.


III. Natürliche Beschaffenheit.

1. Gebirge und Berge.

Das Oberamt ist sehr gebirgig, eben deßwegen aber auch reich an mannigfaltigen Naturschönheiten. Das Hauptgebirg, das durch dasselbe zieht, ist die Alp, und alle andern Höhen und Berge sind nur Theile und Ausläufer davon. Auf der nördlichen Seite des Gebirgs stehen mehrere einzelne Bergkegel voran, wodurch die Gegenden ein sehr malerisches Ansehen erhalten. Unter diesen und unter den einzelnen Bergen zeichnen sich besonders aus: Die Achalm bey Reutlingen; der St. Georgenberg zwischen Reutlingen und Pfullingen; der Kugelberg oder die Alteburg zwischen Reutlingen und Gomaringen, drey ganz freystehende Bergkegel im Vordergrund der Alp; ferner der Ursulaberg bey Pfullingen, der wie eine Halbinsel hervorspringt; sodann in der Linie der Alp selber der Übersberg, der Lippenthaler Hohberg, der Ahlsberg mit seinen Unterabtheilungen, der Gielsberg, sämmtlich in dem großen Amphitheater von Pfullingen; rückwärts gegen Süden: der Ruchberg und Riedern bey Willmandingen. Der höchste Punkt im Reutlinger Oberamt ist ohne [10] Zweifel der Bergkopf zwischen Genkingen, Erpfingen und Groß-Engstingen, welcher von Alters her der Hochfleck genannt wird, und nach den Umständen zu urtheilen, eine Höhe von 2700 P. Fuß haben dürfte. Ausgezeichnete Felsenmassen sind der Lichtenstein, der Gießstein bey Oberhausen, der Wackerstein auf dem Ahlsberg und der Mädchenfelsen, der gleichsam die Stirne von dem Übersberg bildet.

2. Thäler.

Unter den Thälern, welche besonders genannt zu werden verdienen, sind: 1) das Echazthal, 2) das Lauchartthal, 3) das Wiesatzthal; drey Querthäler der Alp.

1) Das Echazthal beginnt bey Honau und endet auf der Grenze des Oberamts unterhalb Wannweil. Von Honau streicht es mehr oder weniger abweichend in nordwestlicher Richtung gegen das Neckarthal hin, an das es sich beynahe unter einem rechten Winkel anschließt. Seine Länge beträgt ungefähr 5 Stunden; seine Breite ist verschieden. Von seinem Anfang an bis Pfullingen ist es eng und tief und nirgends auch nur eine halbe Viertelstunde breit; bey Pfullingen tritt es aus dem Gebirge hervor und verflächt sich in einer ziemlich beträchtlichen Ebene, die sich über Reutlingen bis Betzingen ausdehnt. Unter Betzingen wird es wieder eng, und läuft zwischen mäßig hohen Wänden über Wannweil nach dem Neckarthal hin. In der obern Hälfte, zwischen Pfullingen und Honau, wird es im Allgemeinen das Pfullingerthal genannt, unter den Thalbewohnern selber aber wird nach der Lage der Orte unterschieden und das Thal in das Pfullinger, Hausener und Honauer Thal abgetheilt. Es gehört in dieser Ausdehnung zu den schönsten Thälern in ganz Würtemberg; große Fruchtbarkeit ist hier mit der erhabensten Natur gepaart. Das ganze Thal gleicht einem Obstwalde, sein Boden ist von einem üppig grünen Wiesenwachs bedeckt und von dem klaren Echaz-Flüßchen, das mehrere schöne Wasserfälle macht, so wie von überall hervorsprudelnden Quellen bewässert, die Seitenwände sind mit schönen Wäldern und mit erhabenen Felsenmassen bekleidet, von deren [11] einer das Schlößchen Lichtenstein wie ein Adlernest herabsieht. Von beyden Seiten laufen kleine Nebenthälchen ein, so bey Oberhausen von Westen das Nebellochthal, bey Unterhausen von Osten das Stahleckerthal, welche wieder ihre eigenen Verzweigungen und Schönheiten haben.

Die Orte, welche in dem Echazthal liegen, sind: Honau, Oberhausen, Unterhausen, Pfullingen, Reutlingen, Betzingen, Wannweil.

2) Das Lauchartthal, ebenfalls ein Alpthal. Es hat seine Ausmündung in das Donauthal zwischen Sigmaringen und Scheer, auf Hohenzollerschem Boden. Von da läuft es in nördlicher Richtung über Gamertingen herauf und theilt sich oberhalb Stetten unter Hölenstein, vor einem vorspringenden Gebirgsstock, in zwey Äste, wovon der eine rechts nach Erpfingen, der andere links, auf Sigmaringischem Boden, nach Melchingen hinaufzieht. Das Thal hat eine Länge von 10 bis 12 Stunden, wovon aber nur ungefähr ein Viertel zu Würtemberg gehört. Es ist meist eng und hat bald mehr, bald minder hohe Seitenwände. Von Würtembergischen Ortschaften liegen allein Hausen und Brunnen nebst dem Kloster Mariaberg darin. Der Charakter des Thals wird besonders durch die schöne Ruine der Burg Hölenstein, zwischen Hausen und Erpfingen auf Hohenzollerschem Boden, und durch Felsengruppen im Erpfinger Aste verschönert.

Da das Lauchartthal, wie fast alle südlichen, nach der Donau auslaufenden Alpthäler wenig Fall hat, so wird es von dem Flusse häufig überschwemmt, und in ewigen Krümmungen durchschnitten. Von den Seitenthälern, welche in das Lauchartthal einlaufen, ist hier allein als Würtembergisch das Seckachthal zu bemerken, das von Trochtelfingen über Mägerkingen herabzieht, und auf diesem Wege ein sehr anmuthiges Thälchen bildet, gegen seine Mündung jedoch etwas kahl wird.

Das Wiesazthal. Es ist ein Ast von dem Steinlacher Thal, an das es sich unterhalb Gomaringen anschließt. Das Thal beginnt auf der Markung von Genkingen zwischen hohen [12] Alpwänden; seine Länge beträgt drey Stunden. In dem Thale liegen Gönningen, Bronnweiler und Gomaringen. Von Gönningen an aufwärts, wo es in die Alp eingreift, ist es sehr eng.

3. Ebenen und besondere Bezirke.

Bedeutende Ebenen enthält das Oberamt nicht, wenn man nicht die hügeligen Hochflächen der Alp, oder die unebene Ausweitung in dem Umkreise von Reutlingen und auf der vorliegenden Fläche gegen Tübingen hin hieher rechnen will.

Von besondern Bezirken verdient hier die Gegend auf den Heerden angeführt zu werden, die jedoch das Oberamt nur bey Omenhausen und Stockach berührt.

4. Erdfälle und Höhlen.

Erdfälle, oder Erdtrichter, Erdlöcher, trichterförmige Einsenkungen auf der Oberfläche, welche durch Ausspülung und Einsturz unterirdischer Klüfte und Höhlen entstanden sind, und noch täglich entstehen, findet man überall in dem ganzen Alp-Bezirke des Oberamts: bey Genkingen, Undingen, Mägerkingen, Hausen, hauptsächlich aber auf der Höhe zwischen Erpfingen und Groß-Engstingen bey der Heide-Capelle.

Höhlen finden sich ebenfalls mehrere im Oberamte; bemerkenswerth sind:

1) Die Nebelhöhle, gemeiniglich Nebelloch genannt, ist bekanntlich eine der merkwürdigsten Höhlen in und außer Würtemberg, die sich besonders durch ihre schönen Tropfsteingebilde auszeichnet; und sowohl um ihrer Merkwürdigkeit willen, als wegen der vielen Besuche, welche sie alljährlich erhält, hat man es für der Mühe werth gehalten, eine besondere geometrische Aufnahme davon zu veranstalten, und diese in der beyliegenden Zeichnung mitzutheilen.[4] Die [13] Höhle liegt 2 Stunden oberhalb Pfullingen in dem Stellenberg, am Ende des oben genannten Seitenthälchens bey Oberhausen, und hat ihren Namen ohne Zweifel von den daraus aufsteigenden Dünsten. Der Weg dahin geht von Pfullingen aus entweder über Oberhausen, oder aber über die Stuhlsteige; der letztere ist für Fahrende der bequemere; er führt auf die Höhe von Genkingen und von da links auf eine unmittelbar über der Höhle liegende Waldwiese, den gewöhnlichen Versammlungsplatz bey den jährlichen Beleuchtungen. Wenn man von dieser Wiese an dem Rande des Gebirgs hinabsteigt, so gelangt man nach ungefähr 230 Schritt zum Eingang der Höhle. Auf halbem Wege dahin befindet sich zur Seite ein Felsen, der fast senkrecht über dem von Oberhausen herziehenden Thälchen steht, und eine überraschende Aussicht bis in ferne Gegenden des Unterlandes gewährt.

Der Eingang in die Höhle öffnet sich gegen Nordost, an einer hohen, steilen und felsigen Waldwand, ungefährt 150 Fuß unter dem Rande des Gebirgs und 2457 Fuß über der Meeresfläche, zwischen bemoosten Felsen; auf unserer Zeichnung bey a. Die Höhle selbst besteht aus zwey Hauptabtheilungen, der untern und der obern Höhle, wozu noch eine dritte kommt, die zwey kleinern obern Höhlen.

1) Die untere Höhle.

Diese Höhle theilt sich wieder in die vordere Höhle und in die hintere Höhle, welche beyde nur durch einen schmalen Durchgang verbunden sind. Die Hauptrichtung der ganzen Höhle geht von Südost nach Nordwest; ihre Länge beträgt 540 Fuß, wovon 315 Fuß auf die vordere und 225 Fuß auf die hintere Höhle kommen; ihre mittlere Breite hat 75 Fuß, ihre Höhe steigt bis auf ungefähr 70 Fuß.

Durch den Eingang steigt man auf einer Treppe ab. von 68 Stufen, welche aus Veranlassung eines Besuchs von König Friedrich im Jahre 1803 an die Stelle des sehr beschwerlichen und schlüpfrigen Wegs gesetzt worden ist, hinab, und kommt dann in [14] a. die vordere Höhle A B C D. Noch auf der Treppe erweitert sich die Höhle in einem hohen Gewölbe, das schornsteinartig über 50 Fuß in die Höhe steigt, und oben eine kleine Öffnung hat, durch welche ein schwacher Schimmer des Tageslichts hereinfällt. Die Wirkung davon verliert sich aber bald, und mit stillem Staunen langt man in der Tiefe der finstern und geheimnißvollen Unterwelt an, und sieht sich hier von einer großen, an 40 Fuß hohen Halle umfangen. Links von hier breitet sich eine weite Kammer von mehr als 100 Fuß Tiefe aus, an deren Ende eine lebhafte Einbildungskraft einen aus Tropfsteinen gebildeten Wasserfall wahrnimmt, der aus einem Loche in der Wand hervorzukommen scheint. An der Seitenwand befindet sich eine kleine Öffnung, welche zu einer besondern Nebenhöhle c A führt, die eine Breite von 8 bis 10 Fuß, eine Höhe von 7 bis 15 Fuß und eine Länge von 60 bis 65 Fuß hat und wenig bekannt ist. Die Haupt-Ausdehnung der Höhle geht rechts gegen Nordwest. Der Weg führt über Felsen und Klüfte hin, in deren finstern Tiefen an verschiedenen Stellen, vornehmlich bey i. o. u. Wasser steht, das zum Theil von der Höhe und an den Seiten herabträufelt und durch Absetzung seiner mineralischen Theile zugleich die schönen und wunderbaren Tropfstein-Gestalten bildet. Ehedem will man weit mehr Wasser in der Höhle beobachtet haben. Das Vorrücken auf diesem Wege über Felsen und Tiefen hin war sehr beschwerlich, bis endlich aus Veranlassung des oben genannten königlichen Besuchs dasselbe durch Brücken erleichtert wurde. Die erste und längste davon ist die Brücke d. e.; gleich zu Anfang derselben erblickt man vor einer Vertiefung in die linke Wand neben einem hohen, mit Tropfstein überzogenen Hügel eine gleichfalls aus Tropfstein gebildete Gestalt, welche die Einbildungskraft zu einem Bären gemacht hat; etwas mehr vorwärts, neben dem Querbalken, befindet sich in der Tiefe eine schüsselförmige, gemeiniglich mit Wasser angefüllte Warze, welche der Handscherben genannt wird. Hat man die Brücke verlassen und ist man auf dem Boden der Höhle ungefähr 50 Fuß weiter vorgerückt, so steht man bey f. vor einer [15] großen freystehenden Felsengruppe von den schönsten Tropfsteinen, welche in ihrer Mitte einen schauerlichen Kessel einschließt, worin sich unter überhängenden Massen das Wasser o befindet. Man übersieht diese Gruppe am besten auf der Höhe bey g., wo man überhaupt die umfassendste Übersicht über die Höhle hat. Vor jener Gruppe theilt sich der Weg bey f in zwey Gänge, wovon der eine links, auf die Brücken h und k und in denjenigen Theil der Höhle führt, welcher vorzugsweise die Grotte genannt wird und der voll der schönsten glänzend weißen Tropfsteingebilde ist. Hier ist es, wo die gesteigerte Phantasie die Kapelle, die Kanzel, den Altar, die Orgel sammt Vorhängen und Decken-Verzierungen erblickt, wo sie in Nischen oder auf Felsenspitzen Heiligen-Bilder aufgestellt sieht; hier befindet sich unter überhangenden Felsen auch der größte Wasserbehälter in der Höhle, wo der Sage nach einst zwey Enten eingesetzt worden seyn sollen, die auf der entgegengesetzten Seite des Gebirgs bey Erpfingen wieder zum Vorschein kamen, eine Sage, die in der Hauptsache von dem Volke freylich fast an alle Höhlen, worin sich Wasser befindet, geknüpft wird, und hier um so unwahrscheinlicher ist, als unter dem Stellenberg selbst eine Quelle hervorkommt und Erpfingen weit entfernt am südlichen Abhang der Alp liegt. Aus der Ecke dieser Grotte kann man über die Brücke l, zwischen dem Wasser und den Felsen hin und über einen Steinhügel, wiewohl nur mit Mühe, zu der Brücke n gelangen, so daß man lieber umkehrt. Der Felsen m bildet diesen Weg zu einer eigenen Höhlen-Abtheilung, indem der Felsen bis an das Gewölbe reicht und dieses trägt. Jenseits der Brücke n hat die vordere Höhle ein Ende und beginnt nun

b. die hintere Höhle E F G H. Diese Höhle, zu welcher man durch einen schmalen Durchgang gelangt, dehnt sich gleich beym Eingang in einer Höhe von 20 bis 30 Fuß, und in einer Breite von 40 bis 50 Fuß aus. Zur Rechten nimmt man eine große muldenförmige Vertiefung wahr, vor welcher auf einer Erhöhung ein Block liegt, welcher — warum? ist schwer einzusehen, den Namen Taufstein erhalten hat. [16] Wenn man, von dem Eingang an gerechnet, 150 Fuß in dieser Höhle zurückgelegt hat, so theilt sich dieselbe bey p. in zwey Äste p. G. und p H., wovon der erstere Ast, welchen man über Felsenmassen ersteigen muß, in einer Länge von 80 Fuß hinläuft, und dann in einem 25 Fuß hohen Kessel endet. Der Ast p q. H. zieht anfänglich bis q. ziemlich eben, dann aber auf steinigem Grund und sich immer erhebend in einer Länge von ungefähr 100 Fuß bis zum entferntesten Ende bey H. fort. An der Beugung dieses Astes findet sich noch ein weiterer Ausläufer 5 bis 6 Fuß breit, und 20 bis 25 Fuß lang, der sich immer mehr verengend bey J endet, je näher man aber seinem Ende kommt, desto höher wird, so daß er zuletzt eine Höhe von 42 Fuß und oben eine Weite von 10 bis 16 Fuß hat. G. H. und I. bilden zwar die Endpunkte der Höhle und weiter dringt auch selten ein Besuch; es hat aber hier nur ihr unterer Theil ein Ende und dieselbe setzt in der Höhe, gleichsam in einem obern Stockwerke, weiter fort.

2) Die obere Höhle.

Diese schwer zugängliche Höhle dehnt sich wieder von Südost nach Nordwest, nur mit einer stärkeren Abweichung nach West, aus, und hat eine Länge von 140 Fuß und eine Breite bis 25 Fuß. Man gelangt dahin von dem Punkte r. aus in dem Aste p. H. Wenn man von hier aus auf einer anfänglich ziemlich geraden, dann aber sich wendenden Grundlinie von ungefähr 50 Fuß etwa 32 Fuß hoch, hierauf mittelst einer Leiter abermals 12 Fuß hoch gestiegen ist; so kommt man durch einen ungefähr 15′ langen aufsteigenden niedern Gang in einen weiten Raum, welcher sich rechts hin unter einem Gewölbe abwärts zieht, und nach ungefähr 15 Schritten in das Gewölbe der untern Höhle, ungefähr bey s, ausläuft, so daß man sich in Acht zu nehmen hat, um nicht in diese hinabzufallen. Läßt man jenen Raum rechts, und steigt man gerade hin weiter aufwärts, so gelangt man nach einer kleinen Wendung an eine Stelle, wo man abermals die Leiter anlegen muß. Hat man [17] auf dieser 10 Sprossen erstiegen und hernach gebückt, doch ohne Gefahr, über Felsstücke noch eine weitere Höhe von ungefähr 6 Fuß erklettert, so befindet man sich vor der 5 Fuß breiten und 4 Fuß hohen Öffnung bey t, und indem man durch diese geht, in der obern Höhle K. L.

Diese Höhle kann als aus 4 Haupttheilen bestehend angesehen werden.

aus dem Gewölbe K. v.
— dem engen Gang v. w.
— dem weiten Gang w. x.
und
— dem Gewölbe x. L.

Das Gewölbe K. v. ist in der Mitte 24 Fuß hoch, und hat in seiner größten Breite 12 Fuß, und in der Länge etliche und 50 Fuß. Rechts vom Eingang endigt es sich mit einer großen Masse von Tropfstein, welche sich von der Spitze K an, steil bis an den Eingang bey t, ungefähr 40 Fuß hoch herabzieht, und zu beyden Seiten mehrere gegen 4 Fuß hohe Kegel- und andere sehr schöne Tropfstein-Figuren trägt, unter denen man sich z. B. rechts, bey einer gewissen Beleuchtung von unten hinauf, eine 3 Fuß hohe menschliche Figur ohne Kopf, mit einem großen Sack oder Kürbis auf der rechten Achsel, und links eine Seite von einem gothisch verzierten Portal gedenken kann. Links vom Eingang geht es 20 Fuß lang abwärts zum Ende des Gewölbes; und man schlüpft nun in einen engen sehr tief liegenden und höchstens 10 Fuß hohen Gang v. w. Nachdem man darin 14 Fuß Länge zurückgelegt hat, steigt man in einer Länge von 8 Fuß wie auf Staffeln wieder aufwärts, und man befindet sich unter einem runden, kleinen, nur 5′ hohen Gewölbe.

Von hier an, bey w., wird der Gang weiter, und an vielen Stellen um 3 Fuß höher; ein Bruch aber, der sich auf diesem Platz befindet, macht einige Schwierigkeit. Es ist nämlich ein Stück des Bodens so hinabgebrochen, daß man 16′ lang zurück unter dem bisherigen Gang hinabkriechen kann. Um nun über diesen Bruch bey u. auf die 5 bis 8 Fuß entfernte Fortsetzung bey y. zu gelangen, muß man entweder 5′ tief senkrecht [18] hinunter steigen, und dann sich wieder aufwärts machen, oder etwa die schon zweymal gebrauchte Leiter horizontal über den Bruch legen und mittelst dieser über die Kluft setzen. Von g. an geht es in dem 8 bis 19 Fuß breiten, 4 bis 8 Fuß hohen Gang über Steine und große Felsenstücke, 30 Fuß lang, meistens abwärts, fort.

Bey x. tritt man in den letzten Raum der Höhle: ein Gewölbe, das 20 Fuß breit, 12 Fuß hoch, und etwa 25 Fuß lang ist. Am Ende steht wieder eine große Masse von Tropfsteinen, die mit ihren vielen Abstufungen die Vorstellung eines mit Eiszapfen behängten Wasserfalls gibt. In der linken Ecke steigt vom Boden ein enges, gewundenes Loch ungefähr 16 Fuß hoch auf, welches auch mit einer Kruste von Tropfstein überzogen ist.

In der rechten Ecke findet sich die Jahrszahl 1509 und darunter eine unleserliche alte Schrift, schwarz an der Felswand. Hier müßte sich nach allen Umständen auch die Inschrift: 1561 E. H. W. befinden, wovon ältere Berichte sprechen, und welche auf den Herzog Eberhard von Würtemberg, einen Sohn Christophs gedeutet wird; allein bey unserer Untersuchung konnte sie nicht aufgefunden werden.

3) Kleine obere Höhlen gegen Norden.

Von dem Punkt, der auf unserem Risse mit J. bezeichnet ist, gelangt man mittelst zwey zusammengebundener Leitern, (mit einer hinreichend hohen Leiter kommt man in der Höhle nicht zurecht,) auf 29 Sproßen zu der Stelle, wo man bisher eine weitere beträchtliche Höhle vermuthete. Bey der sorgfältigsten Untersuchung fanden sich aber anstatt derselben nur die zwey kleinen Höhlen M. und N., und es konnte außer denselben durchaus keine weitere Öffnung an der Wand wahrgenommen werden.

Der Eingang in die Höhle M. ist 5 Fuß breit und 7 bis 10 Fuß hoch. Die Höhle verengt sich von dem Eingang an, allmählig aufsteigend, immer mehr, und endet in einer Entfernung von ungefähr 18 Fuß. Hier fand sich die Jahrszahl 1715 nebst einigen Anfangs-Buchstaben angeschrieben. [19] Der Eingang in die Höhle N. ist zwar nur durch eine dünne Wand von der ersten geschieden, man muß aber, um in dieselbe zu gelangen, die Leiter aufs neue gebrauchen. Die Höhle ist übrigens unbedeutend; ihr Eingang, der nur 3 Fuß breit und 2½ Fuß hoch ist, ist beschwerlich; ihre horizonale Länge beträgt nicht mehr, als 11 Fuß, und ihre Höhe nicht über 3 bis 4 Fuß. Nur wenige Fuß von dem Eingang findet sich eine starke Vertiefung, die sich kesselförmig unter dem Boden ausbreitet und in einer engen Kluft endet.

Man findet keine Spur, daß je ein Mensch in dieser Höhle gewesen wäre; in einer Spalte aber fand Herr Cameralverwalter Zimmer einen Knochen, den der Arzt zu Pfullingen für ein Stück von einem menschlichen Schenkelbein erkannte.

In beyden Höhlen ist fast Alles mit Tropfsteinen überzogen. Während des Aufsteigens auf der Leiter findet man lange fortlaufende dicke Adern von hellglänzendem gelblichem Kalkspath.

Dieß ist nun die merkwürdige Nebelhöhle nach allen ihren Abtheilungen, so weit diese nämlich erforscht werden konnten. Es ist übrigens wohl möglich, daß die Höhle, wie dieß bey den meisten Höhlen der Alp der Fall ist, in unbekannten und unzugänglichen Klüften fortsetzt, und es ist sogar wahrscheinlich; denn über der Stuhlsteige z. B., eine starke Viertelstunde von der Höhle, gibt der Hufschlag des Pferdes denselben hohlen Ton von sich, wie über der Höhle selbst, und man beobachtet hier auch einen Erdfall, zum deutlichen Beweis unterirdischer Klüfte.

Die ganze Höhle befindet sich im Jurakalkstein, und die darin vorkommenden Mineralien sind auch fast lauter Erzeugnisse von aufgelösten Theilen dieses Kalksteins — Mondmilch, Fadenstein, Kalkspath, Tropfsteine, (Stalaktiten) von verschiedenen Formen. Auch will man darin verschiedene Versteinerungen gefunden haben, namentlich Ammoniten, Belemniten und Pektiniten. Die Temperatur der Höhle ist 4,8° R. s. u. S. 32. Im Jahr 1803 wurde die [20] untere Höhle aus Veranlassung des oben berührten Besuchs zum erstenmal beleuchtet, und dieses Schauspiel fand so viel Beyfall, daß es seitdem fast alle Jahre von einem Pfullinger Wirth auf Spekulation wiederholt wird. Von jener Zeit an wurde die Höhle auch mit einer Thüre verschlossen, und wer sie außer dem Tage der Beleuchtung besuchen wollte, mußte sich entweder an den Hirschwirth in Pfullingen, oder an den Förster zu Lichtenstein, um einen Schlüssel zu erhalten, wenden. Neuerlich hat dieser Zwang wieder aufgehört, und wer die Höhle sehen will, verschafft sich am leichtesten zu Oberhausen Fackeln und Führer.

Die gedruckten Beschreibungen, welche man von der Nebelhöhle hat, sind:

Beschreibung des Nebellochs im Herzogthum Würtemberg bey Oberhausen in Thal, von Wolfg. Jak. Wölfing, Apotheker in Pfullingen. Reutlingen, 1715. 8. 1 Bogen.

Das Nebelloch, beschrieben in Röslers Beyträgen zur Naturgeschichte des Herzogthums Würtemberg. II. Heft. S. 91 u. d. f.

Rösler folgt ganz der Wölfingischen Beschreibung und theilt dann noch einen Bericht des Dr. Perrenon in Pfullingen mit, der aber mit der ersten Beschreibung ganz im Widerspruch ist.

Topographisch-physische Beschreibung des Nebellochs bey Pfullingen. Stuttgart 1805. Diese Beschreibung ist blos wieder der frühern nachgeschrieben, und die Darstellung ist äußerst verworren.

2) Das Goldloch. Es ist eine kleine Höhle am Fuße des Gaisspitzbergs bey Oberhausen, deren Wände, wie in der Nebelhöhle mit Tropfsteinfiguren bekleidet sind. Ihren Namen hat die Höhle von einem Funde, der hier vor 45 Jahren gemacht wurde, und in etlichen hundert alten Münzen bestand. Aus der Höhle fließt das Reißenbächlein, oft sehr reißend, hervor.

3) Das Brunnenloch an der Lichtensteiner Steige, wovon gleich nachher die Rede seyn wird. [21] 4) Der Bröller, bey Hausen an der Lauchart, dessen bey den Quellen ausführliche Erwähnung geschehen wird.

5) Das Löwenmaul, bey Brunnen im Lauchartthale, das übrigens von keiner Bedeutung ist.


5. Gewässer.
a. Quellen.

Die Thäler des Oberamts haben Überfluß an Quellwasser; auch in den Alporten fehlt es in der Regel nicht daran, nur in Holzelfingen und Klein-Engstingen ist Mangel. An mehreren Orten finden sich sogenannte Hungerbrunnen, oder periodische Quellen, die nur zu Zeiten fließen.

Wir bemerken

1. den Mühlbrunnen zu Unterhausen bey der untern Mahlmühle;

2. eine periodische Quelle am Fuße des Lichtensteins;

3. den Hungerbrunnen zu Erpfingen;

4. das Brunnenloch an der Lichtensteiner Steig, das sich in einem Felsen befindet, und sich bey Regenzeit und nasser Witterung ergießt;

5. den Hungerbrunnen bey Groß-Engstingen, der sich an dem freyen Bühl, hinter dem Pfarrhaus befindet, und wenn er sich ergießt, den ganzen Bezirk überschwemmt. Sein Fließen wird für eine böse Vorbedeutung gehalten;

6. den Bröller. Diese berüchtigte Quelle liegt im Lauchartthal, ½ Viertelstunde oberhalb des Dorfes Hausen, an dem rechten Ufer der Lauchart, ganz nahe an der Straße. Ihren Namen hat sie von dem Getöse oder Gebrülle, das sie macht, wenn sie sich ergießt. Dieses Gebrülle soll dem Ergießen immer eine Zeitlang vorangehen, und für die Thalbewohner ein warnendes Zeichen seyn, daß sie das Futter, oder was sie sonst im Thale liegen haben, wegschaffen, weil die ausströmende Wassermasse sich über das ganze Thal verbreitet. So viel ist gewiß, daß das Ergießen gemeiniglich [22] mit Geräusche verbunden ist, und daß die hervorströmende Fluth oft so stark wird, daß die Mündung sie nicht fassen kann und schnell die Überschwemmung des ohnehin sumpfigen Thals veranlaßt; besonders wird dadurch die vorbeyführende Straße gleich unter Wasser gesetzt, weßwegen die Nachbarschaft durch Reitende von dem Anlaufen des Bröllers in Kenntniß gesetzt wird.

Die Quelle kommt aus einer Felsenhöhle, welche sich am Fuße eines vorspringenden Felsen öffnet. Die Höhe der Öffnung beträgt 4 Fuß, die Breite eben so viel. Unmittelbar hinter der Öffnung steigen Höhe und Breite bis auf 6 und an einzelnen Stellen bis 16 Fuß. Die ganze Länge der Höhle beträgt 83 Fuß. Gegen das Ende derselben gelangt man zu einem Kessel, der 3½ Fuß breit, und 5 Fuß lang ist. Er ist mit einem klaren Wasser angefüllt, und hat eine Tiefe von 6½ Fuß. Der Wasserspiegel ist ruhig und kein Hervorquellen zu bemerken. Hinter dem Kessel hat die Höhle bey einer Breite von 14 Fuß, und einer Höhe von 15 Fuß noch eine Tiefe von 8 Fuß.

Man bemerkt hier zwar noch verschiedene Klüfte, aber ein weiteres Eindringen ist nicht möglich. Auf dem Felde, eine Stunde hinter dem Bröller, befindet sich auf einer Höhe, wo 4 Ortsmarkungen zusammenstoßen, ein bedeutender Erdfall; so daß man ein Haus hinein stellen könnte; ohne Zweifel steht derselbe mit dem Bröller in Verbindung.

b. Flüsse und Bäche.

Die beyden Hauptflüßchen des Oberamts sind, in Übereinstimmung mit den Thälern, die Echaz und die Lauchart, wozu noch als drittes die Wiesaz kommt. Von diesen Flüssen befinden sich

aa. im Neckar- und Rhein-Gebiete:

1. Die Echaz, Echenz, Echiz, in ältern Urkunden gemeiniglich Achaz geschrieben; sie entspringt in dem engen Thalgrunde, dem sogenannten Dobel, oberhalb Honau, wo [23] sie an mehreren Stellen aus dem Felsen hervorquillt. Eine Hauptquelle hat sie noch in dem Jockelsbrunnen bey Oberhausen; übrigens treibt sie schon zu Honau zwey Mühlen. Sie läuft durch die oben genannten Thalorte und ergießt sich nach einem Laufe von 5 Stunden, bey Kirchenthälinsfurth, in dem Neckar. Ihr Wasser ist frisch und klar, ihr Lauf munter und rasch; am 6. Juni 1823, Nachmittags, zeigte sie am Einfluß in den Neckar eine Temperatur von 12½° R., während der Neckar selber 15½° zeigte. Nach den unten mitgetheilten Höhenmessungen hat sie einen Fall von 840 P. Fuß, so daß ihr Fall auf 1 Stunde beträgt:

von Honau bis Pfullingen 238 P. Fuß.
Pfullingen bis Reutlingen 171
Reutlingen bis zum Einfluß 96
und im Mittel auf den ganzen Weg 168

Bey Honau, so wie oberhalb und unterhalb Pfullingen, und auch bey Wannweil macht sie schöne Wasserfälle. Wie alle Gebirgsmassen tritt die Echaz bey starken Regengussen oder schnellem Schneeabgang häufig aus ihren Ufern und überschwemmt die flachen Gegenden. Für die Anwohner hat sie mannichfaltigen Nutzen; sie ist zwar weder schiffbar noch flößbar, sie bewässert aber die Wiesen und erhält diese in einem üppigen Wachsthum, sie belebt das Gewerbe, treibt innerhalb des Oberamts allein nicht weniger als 52 Mühlen und Werke, darunter 17 Mahlmühlen, sie führt treffliche Forellen und einen zum technischen Gebrauch sehr guten Kies. Die Verbindung zwischen beyden Ufern ist durch mehrere Brücken erleichtert, worunter die bedeutendsten zu Pfullingen, Reutlingen und Betzingen, sämmtlich von Stein, sind.

Einflüsse in die Echaz.

a. Der Reißenbach, der von der linken Seite aus dem Nebellochthal hervorkommt, und bey Oberhausen einfließt;

b. der Stahlecker Bach, der aus dem Stahlecker Thal herkommt, und durch Zuflüsse von Holzelfingen verstärkt, auf der rechten Seite, bey Unterhausen einfließt; [24] c. der Aierbach, auch Alpbach, der von der Stuhlsteig aus dem Wasserteich herkommt, und beym Schlosse zu Pfullingen links einfließt;

d. der Arbach, (Arppach). Er kommt aus mehreren Quellen, hauptsächlich dem Eisenloch bey Ehningen und geht bey Reutlingen rechts in die Echaz. Nach Regengüssen ist er sehr stark und reißend. Zwischen Reutlingen und Pfullingen, wo er die Landstraße durchschneidet, führt eine steinerne Brücke darüber;

e. der Kaybach. Er entspringt unweit des Gaisbühlhofs und fließt auf der linken Seite zwischen Reutlingen und Betzingen ein. Anfänglich läuft er unter dem Namen Auwiesengraben hin;

f. Der Leirenbach. Er entspringt ½ Stunde von Betzingen, und hat seinen Einfluß in die Echaz auf der rechten Seite, in Betzingen. Obgleich sein Lauf kurz ist, so schwillt er doch oft sehr stark an, und verwüstet Äcker und Wiesen;

g. Der Breitenbach, auch Wolfsbach genannt. Er kommt von dem Fuße der Alp bey Gönningen, hauptsächlich aus dem Kühlbrunnen her, läuft durch das Selchenthal und fällt auf der linken Seite unterhalb Betzingen in die Echaz. Auch in dem heißen und dürren Sommer von 1822 vertrocknete er nicht; bey starkem Regen schwillt er in der Gegend von Betzingen zu einer Breite von 300 Fuß an. Die Straße von Reutlingen nach Gomaringen führt über den Breitenbach. Sein Bett läuft meist im Schiefer hin, sein Wasser wird, wie das des Ayerbachs, als Bad gegen die Krätze gebraucht. Er führt Krebse, Gruppen, Grundeln und Weißfische.

In den Breitenbach fließen der Schäferbrunn, rechts von der Reutlinger Markung her, das Scheurenbächlein, links von Altenburg her, und andere kleinere Bächlein.

h. Der Fürstbach oder Markgraben. Er kommt aus der Gegend von Omenhausen und von dem Altenburger Hof her, und fließt auf der linken Seite oben am Dorfe [25] Wannweil ein. Der Bach sammelt sich allmählig ohne sichtbare Quellen, und vertrocknet im Sommer bald. In seinem Bette findet man viele lange zweyschalige Muscheln.

i. Der Hebbach, (Eckbach). Sein Ursprung ist bey Mähringen, sein Einfluß auf der linken Seite zu Wannweil, am untern Ende des Dorfs. In denselben gehen der Lumpenbrunnen oder Lumpenbach und der Holbrunn, oder Holbach, welche beyde oberhalb Jetenburg entspringen.

2. Die Wiesaz, Wiesmatt, Wieselbach. Sie entspringt bey Genkingen; ihre Hauptquelle aber hat sie oberhalb Gönningen, bey der dortigen Papiermühle. Sie fließt durch Gönningen, Bronnweiler und Gomaringen. Anfänglich wird sie auch der Beckenbach, bey Bronnweiler der Bronnweiler Bach genannt. Bey dem letztern Ort wird sie durch eine neue, ansehnliche Quelle, welche bey dem großen Wasserstein, neben der Meßnerwiese entspringt, und häufig als der Ursprung der Wiesaz betrachtet wird, verstärkt. Sie lauft in nordwestlicher Richtung meist über Schiefer hin, und vereinigt sich nach einem Laufe von 3 Stunden an der Straße von Tübingen nach Dußlingen, welche darüber führt, oberhalb des Bläsibads mit der Steinlach. Ihr Fall ist noch stärker, als der von der Echaz. Sie führt Forellen, und treibt auf ihrem Wege zwey Mahl-, zwey Ölmühlen und eine Papiermühle.

Unterhalb Gomaringen ergießt sich das Erdenbächlein oder Salenbächlein, das in dem Gebirg bey Gönningen entspringt, in die Wiesaz. Noch fällt unterhalb der Wiesaz in die Steinlach, nahe bey dem Bläsibad, ein auf der Grenze zwischen den Oberämtern Reutlingen und Tübingen hinfließender Bach ohne Namen.

Die Steinlach selbst hat ihren Ursprung innerhalb der Oberamtsgrenzen an der Thalheimer Steig bey Willmandingen, und wird aus dem Oberamt noch durch folgende Zuflüsse verstärkt:

Den Seebach, welcher aus Quellen oberhalb der Willmandinger Mühle, die dort von dem Müller in einem [26] Weiher gefaßt werden, wodurch das Wasser den Namen Seebach erhalten hat, zusammenfließt und von der Mühle weg durch eine schauerliche Schlucht geht;

Den Falterbach oder Öschingerbach, der aus dem Weilerbrunnen bey Genkingen entspringt, und seinen Lauf nach Öschingen nimmt.

bb. Im Donaugebiet.

Die Lauchart. Über ihren Ursprung streiten sich mehrere Dörfer; die einen setzen ihn nach Willmandingen, oder Melchingen, die andern nach Erpfingen, und wieder andere leiten ihn erst von der Gegend von Stetten her. Jeder Theil hat für sich recht: der Ursprung der Lauchart hat zwey Hauptäste, wovon der eine von Melchingen, der andere von Erpfingen herkommt. Der Anfang des ersteren Astes liegt auf der Höhe von Willmandingen und besteht in zwey starken Quellen, welche den Ort Willmandingen mit Wasser versehen und in ihrem Ablaufe unterhalb desselben sich vereinigen. Bey schwachem Vorrath verlieren sich diese Quellen bald in einem Loche und kommen erst bey Melchingen wieder hervor. Unterhalb Melchingen erhalten sie einen neuen Zufluß, und gehen dann ihrer Vereinigung mit dem zweyten Aste entgegen. Dieser entspringt bey Erpfingen in zwey Quellen, dem Anraus und dem Brechloch, wovon beyde so bedeutend sind, daß sie durch ihren Zusammenfluß einen ansehnlichen Bach bilden, der gleich unter Erpfingen eine Mühle treibt, und bald unter dem Namen des Erpfinger Baches, bald unter dem der Lauchart, in einem besondern Wiesenthal nach Stetten hinfließt, wo sich Bach und Thal mit dem Melchinger Aste in der Nähe von Stetten vereinigen. Von Stetten an laufen die vereinigten Bäche unbestritten unter dem Namen Lauchart hin, eine Zeitlang auf Hohenzollerischem Boden durch Herrschwag, dann auf Würtembergischem, an Hausen, Mariaberg und Brunnen vorbey, und von da über die Grenzen nach Gamertingen wieder ins Hohenzollerische, wo sich der Fluß nach einem Wege von 10 [27] bis 12, und mit allen Krümmungen von mehr als 20 Stunden, bey Sigmaringendorf mit der Donau vereinigt. Der Lauf der Lauchart geht von Norden nach Süden; ihren Namen hat sie, nach einer nicht unwahrscheinlichen Vermuthung, von dem wilden Lauch, der in Menge an derselben wächst. Ihr Bett ist sehr flach, und ihr Fall, wie fast bey allen Einflüssen der hochgelegenen Donau, sehr gering, so daß sie in immerwährenden Krümmungen hinläuft und das Thal in eine Menge Inseln und Halbinseln zerstückelt und häufig unter Wasser setzt. Sie ist reich an Forellen und Aschen von ansehnlicher Größe, führt einen zum technischen Gebrauche sehr tauglichen Kies mit sich, und wird zur Wässerung der Wiesen benutzt, welche durch die Flachheit der Ufer begünstigt wird. Flößerey und Schifffahrt findet, wenigstens auf Würtembergischem Boden, nicht darauf statt; dagegen treibt sie in dem Erpfinger Thal eine Mahlmühle und eben so eine zu Hausen, und eine zu Mariaberg.

Einflüsse in die Lauchart.

Die Seckach ist der einzige Zufluß, welchen die Lauchart auf Würtembergischem Boden erhält. Sie entspringt bey Trochtelfingen, lauft durch Mägerkingen und ergießt sich unterhalb dieses Dorfes in die Lauchart. Sie führt Forellen und treibt zu Mägerkingen zwey Mühlen. Einen bedeutenden Zufluß erhält die Lauchart auch von der rechten Seite durch den Michelbrunnen und den Mitzelbrunnen bey Hausen.

Seen hat das Oberamt nicht. Ein See, der sich ehemals in dem Thale bey Erpfingen befand, ist jetzt trocken gelegt, und der Name Entensee im Pfullinger Thal war, wie wir später sehen werden, schon vor Jahrhunderten eine uneigentliche Benennung.


6. Höhe und Abdachung des Landes.

Die Erhebung des Landes über die Meeresfläche steigt in unserm Oberamte von 950 bis auf 2700 P. Fuß, wie [28] aus nachfolgenden, größtentheils von dem Herrn Professor Schübler angestellten Messungen erhellt.

Echaz am Einfluß in den Neckar 950 P. F.
Reutlingen, Spiegel der Echaz unter der Mettmanns-Brücke 1142
Reutlingen, Schwefelquelle, Erdfläche 1170
Pfullingen, Echaz, beym Hirsch 1313
Gönningen, Erdfläche an der Wiesaz 1632
Echazquellen bey Honau 1790
Groß-Engstingen an der Landstraße bey dem Ort 2112
Achalm 2180
Genkingen 2400
Nebelhöhle am Eingang 2457
Stellenberg, oder höchster Punkt zunächst über der Nebelhöhle 2613
Willmandingen bey den Bohnerzgruben, Höhenfläche dieser Gegend 2617
Hochfleck, ungefähr 2700

Nach diesen Messungen liegt das Echazthal in einer Höhe zwischen 950 und 1790 Fuß, das Wiesazthal bis Gönningen, in einer Höhe von 1150 bis 1632 Fuß, also bey der Ausmündung um 200 Fuß höher als das Echazthal, und ungefähr gerade so hoch als Reutlingen. Noch höher ist die Lage des Lauchartthales, das bey seiner Ausmündung bey Sigmaringendorf, 6 Stunden unter der Würtembergischen Grenze, noch 1700 P. F. hat.

Die Hochebene der Alp beträgt im Durchschnitt ungefähr 2500 P. F.

Die Abdachung des Oberamts geht nach zwey entgegengesetzten Richtungen: einerseits nach Norden, gegen den Neckar, anderer Seits nach Süden, gegen die Donau, so daß das Oberamt zwischen dem Donau- und Rheingebiete getheilt ist, und die große Europäische Wasserscheide mitten durch das Oberamt setzt. Diese Vertheilungshöhe oder Wasserscheide zieht in bogenförmigen Wendungen von der Grenze des Königreichs und der südwestlichen Grenze des Oberamts bey Willmandingen nordöstlich nach Genkingen, und von da [29] quer durch das Oberamt, an dessen östliche Grenze bey Holzelfingen hin. Von Willmandingen an lauft sie am Rande der Alp hin, so daß Willmandingen und Undingen rechts im Donaugebiete liegen bleiben. Genkingen liegt auf der Wasserscheide selbst, und es tritt hier der Fall ein, daß ein und eben dasselbe Haus seine Dachtraufe von der einen Seite in den Rhein, von der andern in die Donau schickt. Von Genkingen setzt die Scheidelinie ihren Lauf in einem rückwärts sich wendenden Bogen über den Burgberg und den Hohenbuch, und von da nach den beyden Engstingen hin, wo sie sich, indem sie diese rechts läßt, links um das Echazthal herum schwenkt, und in nördlicher Richtung nach Holzelfingen, das auf der Grenze des Neckar- oder Rheingebietes liegt, und von da nach dem Uracher Oberamt hinzieht.

7. Boden und Gebirgsarten.

Das Oberamt Reutlingen gehört seinem größeren Theile nach der Alp an; die darin vorkommende Hauptgebirgsart ist deßwegen auch der unter dem Namen des Jurakalks bekannte Kalkstein, woraus die ganze Alp besteht.

An diese Gebirgsart lagert sich am nördlichen Fuße der Alp ein häufig mit Bitumen durchdrungener bläulich grauer Schieferthon an, der in mehreren Orten, besonders bey Gomaringen, Bronnweiler und Reutlingen in sehr mächtigen Schichten sich zeigt. Von der Alp etwas entfernter, z. B. bey Betzingen, findet man den Gryphitenkalkstein. Außer diesen Gebirgsarten kommt am häufigsten noch ein Kalktuff vor, der über das ganze Echazthal von Honau an bis über Pfullingen herab sich verbreitet, und am Fuße der Alp noch bis Ehningen hinzieht, auch noch auf der Grenze gegen Gönningen hin, wo er wieder sehr mächtig wird.

Sandsteine sind selten, nur die tiefsten, an den Neckar angrenzenden Theile des Oberamts (Wannweil) streifen noch an die Sandsteinformation. Auf der Alp selbst findet sich hier und da, wie auf dem Leimberg bey Holzelfingen und in der Nebelhöhle ein sandig sich anfühlender, oft etwas körniger [30] Stein, der das Ansehen von Sandstein hat, und auch von Rösler in seinen Beyträgen zur Naturgeschichte als solcher bezeichnet wird; nach einer genauen Untersuchung des Herrn Professors Schübler aber nichts Anderes als ein Kalkstein ist, der von einigen neuen Geognosten Flözdolomit genannt wird.

Der Boden des Oberamts wechselt nach seinen verschiedenen Bezirken und Gebirgsarten. Auf der Alp besteht derselbe im Allgemeinen in einer rothbraunen Thonerde mit viel Kalkerde und etwas Humus vermischt, und ist daher ein sogenannter schwerer Boden; in einzelnen Gegenden besteht er dagegen in einer schwarzen sehr leichten Dammerde. Die Unterlage ist immer der Jurakalkstein, der häufig schon in einer Tiefe von wenigen Zollen beginnt. Mit den Trümmern dieses zerbröckelten und verwitterten Kalksteins ist auch der ganze Boden vermischt, so daß das Feld beynahe einer Kiesbank gleicht. Dieß hindert jedoch das Wachsthum keineswegs, vielmehr befördert es dasselbe, indem die Steine die jungen Saaten gegen die Ungunst der Witterung schützen, dem Boden die nöthige Feuchtigkeit erhalten, den leichtern mehr binden, und im Sommer die Wärme vermehren.

Der Boden in den Thälern ist weniger mit Steinen vermischt, enthält weniger Kalkerde, dagegen mehr Thonerde und Sand, und ist fruchtbar.

Zu Pfullingen auf der Röth befindet sich eine besonders fruchtbare röthliche Erde, deren Hauptbestandtheil durch Eisenoxyd gefärbter Lehm ist. Minder fruchtbar ist der sogenannte Grün, der daselbst, so wie auch bey Reutlingen vorkommt. Er besteht in einer thonreichen mit Gerölle des Jurakalksteins vermischten Erde, die sehr fest ist, mit dem Pfluge nicht, und nur mühsam mit der Hacke umgearbeitet werden kann, übrigens meist 2 Fuß tief unter der Oberfläche liegt, wo er zwar nicht dem Wachsthum überhaupt, aber doch dem Wachsthum der Bäume und anderer tiefer gehenden Pflanzen sehr hinderlich ist. Man unterscheidet zwischen schwarzem und gelbem Grün; der letztere besteht aus einem [31] durch Eisenoxyd gelblich gefärbten Lehm; ersterer soll der Baumzucht besonders nachtheilig seyn. Aufwärts im Echazthal, wo der Kalktuff die Unterlage bildet, führt der Boden viel Tuffsand mit sich. In der Gegend von Gomaringen und Omenhausen enthält der Boden viel Letten, aufgelösten Schieferthon.

Eine chemische Zerlegung des fruchtbaren, durch seine schwarze Farbe ausgezeichneten Bodens auf der Alp (gesammelt bey Genkingen) lieferte folgendes Ergebniß.

100 Theile dieser Erde enthalten

Thon 473/10 Theile
Quarzsand 11/5
Kohlensaure Kalkerde 338/10
Humus 177/10

Von diesem Humus waren 46/10 durch Wasser und Kalk auflösbar, und 131/10, zum Theil aus Pflanzenfasern und verkohlten schwarzen Pflanzenüberresten bestehend, durch Glühen verflüchtigbar.

1 Par. Cubikzoll dieser Ackererde wog

im trocknen Zustand 348 Gr.
im nassen Zustand 462

An wasserhaltender Kraft zeigte dieselbe 916/10 Proc.

In 100 Theilen des Bodens bey Reutlingen wurden gefunden

Thon 705/10
Quarzsand 111/10
Kohlensaure Kalkerde 7
Humus 114/10
und zwar von diesem durch Kali abziehbar 45/10
durch Glühen verflüchtigbar 69/10

1 Par. Cubikzoll wog

im trocknen Zustand 346 Gr.
im nassen Zustand 519

An wasserhaltender Kraft fanden sich 624/10 Proc.

8. Klima.

Die geographische Lage des Oberamts ist bereits oben angegeben worden: in Beziehung auf Witterung, wie sie unabhängig [32] von der geographischen Breite hauptsächlich durch die höhere oder niedrigere Lage bedingt, erscheint, läßt sich folgender Unterschied beobachten. Der mildeste und fruchtbarste Bezirk ist das Echazthal; demselben nahe kommend ist das Wiesazthal mit der dazwischen gelegenen Fläche. In beyden Bezirken wächst Obst in Menge, in beyden auch noch Wein. Um ein merkliches rauher, obgleich südlicher gelegen, ist wegen seiner höhern Lage das Lauchartthal, Obstbäume sind selten, vom Weinbau ist keine Rede mehr; zärtere Gemüse, z. B. die Bohnen erfrieren entweder im Frühjahr, oder im Spätjahr. Am rauhesten ist die Alp, als der höchste Bezirk. Nach den angestellten Beobachtungen des Herrn Pfarrers Klemm zu Genkingen, ist der mittlere Temperaturgrad vom ganzen Jahr zusammen genommen in Genkingen 5 Grad R. Diese Beobachtungen treffen auch mit der auf wissenschaftlichem Wege aus der Höhe über dem Meere und der geographischen Breite angestellten Berechnungen (S. Würtemb. Jahrb. 1823. 1. H.) und mit einer Untersuchung der Nebelhöhle, welche in ihrer Tiefe mit Genkingen beynahe gleiche Höhe hat, und deren Temperatur im Juni 1823 +4,8° R. gefunden wurde, überein. In den Thalgegenden steigt die mittlere Temperatur, je nach der Lage, 1½ bis 2½ Grad höher [5].

9. Natur-Erzeugnisse.
a. Mineralreich.

a. Metalle. An Metallen enthält das Oberamt Eisenerze, und zwar: [33] Bohnerz, an mehreren Orten, hauptsächlich aber sehr vorzügliches, neuerlich erst entdeckt, bey Willmandingen;

Schwefelkies, hauptsächlich in der Gegend von Reutlingen und Pfullingen.

b. Steine. Der Jurakalkstein besitzt häufig die Eigenschaft des Marmors; Erpfingen, Groß- und Klein-Engstingen, Holzelfingen, Lichtenstein und die Thalorte Oberhausen, Unterhausen, Honau besitzen alle Marmor; vorzüglich schön ist der Marmor von Oberhausen, der roth und gelbgeadert ist, so wie der Honauer Marmor, der gelb mit weißen und dunkelgelben Flecken und mit bläulichen und schwarzen Dendriten-Adern bezeichnet ist. Auch der von Klein-Engstingen, der halb fleischfarbig und mit schönen rothen Adern durchzogen ist, zeichnet sich aus.

An guten Bausteinen, eigentlichen Werksteinen, ist Mangel, für Reutlingen werden sie zu Mittelstadt, Pliezhausen und Kirchenthälinsfurth geholt.

Kalkspath findet sich an mehreren Orten, in den Spalten des Jurakalks und auf diesen aufsitzend, namentlich in der Nebelhöhle.

Kalksinter bey Reutlingen und an vielen Stellen des Echazthals und des Lauchartthals, und in den neu entdeckten Bohnerzgruben bey Willmandingen in großen Massen, deren Zwischenräume mit Bohnerz angefüllt sind.

c. Erden; hier verdient hauptsächlich die sogenannte Hauberde bemerkt zu werden, welche sich im Stahleck bey Unterhausen in einer engen Felsenhöhle findet. Sie besteht aus einem feinen, weißen mit Quarzsand vermischten Thon und wird von den Töpfern gebraucht.

Von andern mineralischen Seltenheiten sind hier anzuführen:

Bergmilch, in der Nebelhöhle; [34] Steinkohlen, bey Reutlingen und Altenburg, jedoch nicht hinlänglich, um des Baues würdig zu seyn. Sie liegen in Schiefer- und Kalkspathlagern, und sind sogenannte Schieferkohlen von blätterichem Bruche.

Schwefel, bey Reutlingen, wo man beym Graben eines Kellers neuerlich auf schöne Schwefelstufen gestoßen seyn will?

d. Versteinerungen. Im Allgemeinen finden sich in diesem Oberamt die dem Jurakalk, dem Gryphitenkalk und der Schieferformation am Fuße der Alp eigenthümlichen Arten. (Siehe Beschreibung von Würtemberg, 2te Ausgabe, S. 198.) Auf der Höhe der Alp insbesondere finden sich im Jurakalk mehrere Ammoniten, Terabrathuliten, Echiniten, vorzüglich in der Gegend von Genkingen und Undingen. In den tiefern Gegenden dagegen, in dem Schiefer, Gryphitenkalk und Schwefelkies, bey Betzingen, Reutlingen und Pfullingen, außer mehreren Ammoniten auch Nautiliten, Belemniten, Orthoceratiten, Venuliten, Donaciten, (darunter auch Donacites costatus Schlotheims) und Gryphiten; insbesondere enthalten die Steinbrüche von Betzingen sehr viele Versteinerungen, die meisten aber findet man an der Altenburg. Unter die merkwürdigern Versteinerungen gehören die Wirbelknochen, welche kürzlich bey dem Waisenhause zu Reutlingen, beym Graben eines Kellers aufgefunden wurden. Sie fanden sich im Schiefer, völlig in Schwefelkies versteinert, (verkiest). Nach neuern Untersuchungen scheinen sie einer höchst merkwürdigen Thiergattung, welche zwischen den Amphibien und Fischen stand, und Ähnlichkeit hat mit demjenigen fossilen Thiere, welches von den Englischen Naturforschern Proteosaurus genannt wird, und wovon schon in frühern Zeiten ein ganzes, auf dem Königl. Naturalien-Cabinet zu Stuttgart aufbewahrtes Thier ausgegraben wurde, angehört zu haben.

Mineralquellen besitzt das Oberamt zwey von einiger Bedeutung. 1) den Sauerbrunnen zu Klein-Engstingen auf der Alp, 2) den Heilbrunnen bey Reutlingen. [35] Der Klein-Engstinger Sauerbrunnen zeichnet sich weniger durch Gehalt, als durch Unerschöpflichkeit in einer sonst ganz wasserarmen Gegend aus. Bey einigem Überschuß an kohlensaurem Gas, wodurch die Quelle nothdürftig zu den Sauerwassern gerechnet werden kann, enthält dieselbe viel gebundene Salzsäure. An einer genauern Untersuchung der Quelle fehlt es. Dr. Alexander Cammerer schrieb eine Dissertatio de acidulis Engstengensibus. Tubingae. 1719.

Der Heilbrunnen bey Reutlingen ist eine gehaltreiche Schwefelquelle, welche eine kleine halbe Stunde von der Stadt auf den sogenannten Riedwiesen, in einem muldenartig geformten, sanft gesenkten Thale liegt. In dem Bett dieses Thals sind drey Behälter gegraben, worin die Schwefelquelle gefaßt ist; ferner quillt an dessen Ende bey dem Waisenhaus ein sehr schwefelhaltiger Brunnen, und auch sonst dringt noch an vielen Orten und beynahe in jedem tiefer gezogenen Graben Schwefelwasser mit aufgelöstem Schiefer hervor. Der Grund, woraus das Wasser kommt, ist das oben genannte Schieferthonlager, welches hier 10 bis 15 Fuß unter der Oberfläche liegt und stark mit Schwefelkies durchdrungen ist. Eine eigentliche Quelle findet man nirgends im Thale, sondern das Wasser rinnt blos in tiefern Stellen aus dem Schiefer, worin es ohne Zweifel seinen Gehalt erhält, zusammen. Bey einer, während anhaltender Trockenheit angestellten, Messung lieferten die drey Behälter täglich 64 Eimer Wasser. Die starke Entwicklung von geschwefeltem Wasserstoffgas bildet in dem Thale häufig vorkommende Irrlichter.

Schon in frühern Zeiten wurden über die Quelle, von deren erster Fassung noch bey Reutlingen die Rede seyn wird, verschiedene Untersuchungen angestellt; Dr. Alexander Cammerer faßte dieselben in einer Dissertatio de Fontibus Soteriis Sulphureis Reutlingensi. atque Bahlingensi. Tubingae 1736 zusammen.

Eine ausführlichere und genauere Untersuchung veranstaltete [36] im Jahre 1761 der Professor Dr. Phil. Fr. Gmelin in Tübingen, und diese Untersuchung wurde mit den früher über die Quelle erschienenen Aufsätzen zusammen gedruckt in der Schrift: Gesammelte Nachrichten von dem vortrefflichen Gesundbrunnen bey des heil. R. Stadt Reutlingen, auf obrigkeitliche Veranstaltung zu dem öffentlichen Druck befördert etc. Reutlingen, 1761.

Die neueste Untersuchung liefert eine Dissertatio inauguralis, sistens Analysim chemicam aquae Sulphureae Reutlingensis. Auctor Knauss. Tubingae 1818.

Die Resultate der Untersuchung finden sich abgedruckt in Memmingers Beschreibung von Würtemberg. Stuttgart 1823. S. 221.

Außer diesen Mineralquellen mag auch noch der Sulz bey Betzingen an dem Wege nach Ohmenhausen erwähnt werden, die sich jedoch von dem gemeinen Wasser nur wenig auszeichnet, und nach einer von Herrn Professor Schübler angestellten Untersuchung in 1 lb Wasser

3,6 Gran kohlensaure Kalkerde
1,5 schwefelsaures Natrum
0,6 Kochsalz mit etwas Gyps und Bittererde enthält.

Eine heilsame Kraft gegen die Krätze wird, wie oben schon bemerkt worden, auch dem Aierbach und dem Breitenbach zugeschrieben, so wie einer Quelle bey Willmandingen; die beyden erstern fließen über das Schieferflötz hin, worin häufig Schwefelkies enthalten ist.

b. Pflanzenreich. [6]

Der Boden des Oberamts bringt theils gebaut, theils ungebaut, fast alle in Würtemberg wachsenden Gewächse hervor; [37] die gebauten werden wir später näher kennen lernen, unter den wildwachsenden bemerken wir:

1) Laubholz. a. Baumhölzer.
Quercus robur, die Winter-Eiche.
    —        pedunculata, Willd. Sommer-Eiche.
Fagus Sylvatica, Buche, Rothbuche.
Carpinus betulus, Weißbuche, Hagebuche.
Acer Psevdoplatanus, gemeiner Bergahorn.
  —    platanoides, Spitzahorn.
  —    campestre, Maßholder, Feldahorn.
Fraxinus excelsior, Esche.
Ulmus campestris, Ulme, Rüster.
Crataegus torminalis, Arlsbeerbaum.
    —           aria, Mehlbeerbaum.
Betula alba, die Birke.
    —      alnus glutinosa, die Erle.
Populus tremula, die Aspe.
Sorbus aucuparia, Vogelbeerbaum.
Prunus avium, Waldkirschenbaum.
    —      padus, Traubenkirsche.
Pyrus communis, wilde Birnbaum.
    —  malus, wilde Apfelbaum.
Salix caprea, die Salweide.
Tilia grandifolia, Borkh. Sommerlinde.
  —     parvifolia, Borkh. Winterlinde.
b. Sträucher.
Corylus avellana, Haselnuß.
Sambucus nigra, schwarzer Hollunder.
    —       racemosa, rother Hirschholder.
Rhamnus catharcticus, Kreuzdorn.
    —       frangula, Zapfenholz, Pulverholz.
Crataegus Oxyacantha, Weißdorn
Prunus Spinosa, Schwarzdorn, Schlehe.
Berberis vulgaris, Sauerdorn, Berberize.
Viburnum lantana, Schwalkenbeer.

[38]

Viburnum opulus, Wasserholder, wilde Schneeballen.
Cornus sanguinea, Hartriegel, roth Beinholz.
Ligustrum vulgare, Gemeine Rainweide, weiß Beinholz.
2. Nadelholz.
Pinus Sylvestris, die gemeine Forche.
  —   picea (Duroi), die Fichte, Rothtanne.
Juniperus communis, Gemeiner Wachholder.

Die beyden erstern sind erst seit 20 Jahren in den Kronwaldungen des Lichtensteiner Reviers angebaut worden, in andern Waldungen fanden sie sich, gegen die Lauchart hin, jedoch auch schon früher.

Krautartige Pflanzen von Merkwürdigkeit.

Gentiana lutea, Enzian, wird auf der Willmandinger Weide und in allen höhern Alpgegenden des Oberamts gefunden und häufig zum officinellen Gebrauch ausgegraben.

Arnica montana, auf Waldwiesen, und
Caucalis grandiflora, auf Äckern, beyde hauptsächlich zwischen Genkingen und der Nebelhöhle.

Cynoglopum Sylvaticum, Phyteuma orbiculare. Astrantia major. Saxifraga Aizoon. Euphorbia Sylvatica. Actæa spicata. Anemone pulsatilla, Stachys Alpina. Digitalis ambigua. Lunaria rediviva. Arabis arenosa und hirsuta. Coronilla coronata. Lathyrus heterophyllus. Doronicum Bellidiastrum. Centaurea montana. Ophris monorchis. Serapias lancifolia. Polypodium dryopteris. Cyathea cynapifolia. Diese Pflanzen finden sich bey Lichtenstein und der Nebelhöhle vornehmlich.

Asperula arvensis und odorata. Saxifraga Aizoon, Tridactylites. Orobanche caryophyllacea. Cardamine impatiens. Helleborus fœtidus. Eurphorbia Sylvatica — auf der Honauer Steig.

Rhamnus Saxatilis. Mespilus amelanchior und Cotoneaster. Rosa cinnamonea. Aconitum Lycoctonum. Inula hirta — bey Holzelfingen, Lichtenstein etc.

Valeriana officinalis, die kleinere aromatische Varietät häufig. Atropa Belladonna. Bupleurum longifolium. Serapias grandiflora — auf der Stuhlsteig.

Lysimachia thyrsiflora. Oenanthe fistulosa. Convallaria verticillata. Teucrium chamæpithys. Lunaria [39] rediviva. Hieracium paludosum. Carduus Erisithales — bey Pfullingen etc.

Noch mehrere Pflanzen in der Gegend von Pfullingen etc. führt Rösler in seinen Beyträgen zur Naturgeschichte, Heft 11. S. 126 an. Es ist aber sich nicht ganz darauf zu verlassen.


c. Thierreich.

An Wild hat das Oberamt nichts Eigenthümliches, und die haus- und landwirthschaftlichen Thiere werden später vorkommen. Das Hoch- und Schwarz-Wild ist glücklicher Weise unter der gegenwärtigen Regierung größtentheils verschwunden; man sieht nur noch Rehe und Hasen, letztere waren übrigens auf der Alp nie sehr häufig. Von wildem Geflügel findet man hauptsächlich Feldhühner; Enten, Schnepfen und anderes Federwild sind selten; doch halten sich im Lauchartthale manchmal wilde Enten und auch Haselhühner auf. Der vorzüglichste Fisch ist die Forelle, welche in der Echaz und Wiesaz, noch mehr aber in der Lauchart gefangen wird. Sowohl die gewöhnliche Forelle mit weißlichem, als die Goldforelle mit gelblichem Fleisch kommt vor. An der Echaz hielten sich ehedem auch Fischottern auf, in neuern Zeiten sind sie sehr selten geworden. Auch über Abnahme der Forellen in der Echaz wird stark geklagt, und der Grund davon wird bald in den lezten Kriegszeiten bald in dem Aufenthalt der Enten in dem Flusse gesucht. Außer den Forellen gibt es in den Bächen Gruppen, Grundeln und Steinkrebse, jedoch nicht häufig. Sehr häufig findet man dagegen in den Wäldern Schnecken, welche zu einem Erwerbszweig gemacht werden; zweyschalige Muscheln kommen in dem Fürstbach vor.


IV. Einwohner.

1. Bevölkerung.
a. Stand der Bevölkerung.

Nach der Bevölkerungsliste vom 1. Nov. 1822 zählte das Oberamt 23.783 Einwohner (1823. 24.234.) [40] Es kommen also 5,405 Menschen auf 1 Q.-Meile. Da im Durchschnitt 4060 Menschen im Königreiche auf eine Q.-Meile kommen werden, so gehört das Oberamt unter die bevölkerteren des Landes. Von der angegebenen Einwohnerzahl befanden sich im gedachten Jahr auswärts 1170 Personen, dagegen hielten sich Fremde im Oberamt auf 674, das Oberamt nährte also weniger Menschen, als ihm angehören, 496, und die Zahl sämmtlicher darin sich aufhaltender Personen war 22.287.

Das Geschlechtsverhältniß ist folgendes:
männlich 12.023
weiblich 11.710
also mehr männlich, als weiblich 313
Das Religionsverhältniß.
Protestanten
a. lutherische 22.945 22.946
b. Reformirte 1
Katholiken 817
Nicht kirchliche Christen (Separatisten) 20
Juden 0
23.783
Das Standesverhältniß.
Adeliche 30
Bürgerliche 23.753
Das Gewerbs- und Nahrungsverhältniß.
Bauern und Weingärtner 1622
Taglöhner 399
Gewerbsleute 2200
Ohne Gewerbe vom Vermögen Lebende 132
Bedienstete
a. in Commundiensten 365 788
b. in gutsherrschaftlichen Diensten 0
c. in Civil-Staatsdiensten 153
d. in Militärdiensten 267
Im Almosen stehend 432

[41] Unter der Zahl der Gewerbsleute befinden sich viele, welche zugleich mit dem Landbau sich beschäftigen, oder Taglöhner sind; führt man mit Hülfe des Gewerbskatasters den Gewerbsstand auf die reine Gewerbsbeschäftigung zurück, so daß also z. B. 4 Weber, wovon jeder nur 3 Monate des Jahrs auf seinem Handwerke arbeitet, als 1 Weber gezählt werden, so vermindert sich die Zahl der Gewerbsleute um ⅔, die Zahl der Feldbauern steigt dagegen um fast eben so viel.

Unter den Bediensteten sind nicht blos solche, welche von ihrem Diensteinkommen leben, sondern alle und jede Angestellte bis auf den Nachtwächter und Hirten herab zu verstehen.

Die Zahl der Ehen war in dem angegebenen Zeitraum — 4223. Es kommen also auf eine Ehe 5⅔ Menschen, somit stark ⅓ weniger, als im Durchschnitt im ganzen Lande. Nach amtlichen Angaben würde die Zahl der Familien auf 4589 sich belaufen, somit eine Familie aus 5⅕ Köpfen bestehen; es ist aber zu vermuthen, daß jene Angabe etwas zu niedrig ist, und man darf geradeaus 5 annehmen.

b. Gang der Bevölkerung.

Die Bevölkerung des Oberamts hat zwar seit 10 Jahren um 865, jährlich also um 86 bis 87 Menschen zugenommen, diese Zunahme ist jedoch in Vergleichung mit der des ganzen Königreichs nicht bedeutend; denn sie beträgt nur 1/266 der Bevölkerung. [7] In Reutlingen allein hat die Bevölkerung bedeutend zugenommen, und nach Reutlingen in Mägerkingen, Omenhausen und Gomaringen; dagegen ist sie anderwärts stillgestanden. In 7 Ortschaften — Bronnweiler, Genkingen, Holzelfingen, Willmandingen, Undingen, Erpfingen und Hausen [42] an der Lauchart — ist sie sogar zurückgegangen. Der Grund dieser Erscheinung liegt weniger in Geburts- und Sterbefällen, als in Auswanderungen, besonders im Jahr 1817, wo viele Separatisten weggezogen sind; nur allein in Erpfingen sind weniger geboren als gestorben.

Geboren wurden in dem letzten Jahrzehend im Durchschnitt jährlich 904.

Das Verhältniß der Geburten zu der Bevölkerung ist also = 1 : 25½. Die meisten Kinder werden verhältnißmäßig zu Gomaringen geboren, die wenigsten zu Brunnen und Stockach.

Unter den Gebornen befinden sich im Durchschnitt jährlich unehliche 73, und zwar

a. in den Jahren 1813/15 incl. 67
b. 1820/22 85

Es ist also nach dem 10jährigen Durchschnitt das Verhältniß = 1 : 11½, und zwar

bey a. = 1 : 12¼
  —   b. = 1 : 10¾.

Die meisten Unehlichen hatten verhältnißmaßig Honau, das 7te bis 8te Kind, die wenigsten haben Holzelfingen und Stockach; in dem ersten Orte ist das 33ste Kind ein unehliches, in dem letztern ist in 10 Jahren, unter 45 Kindern, die geboren wurden, nur Ein unehliches.

Unter den Gebornen waren Todtgeborne im Durchschnitt jährlich 37, und zwar

a. 1813/15 34
b. 1820/22 44

Es ist also im Ganzen das 24ste bis 25ste Kind ein todtgebornes, und zwar in

a. das 26ste
b. das 22ste bis 23ste,

also gerade jedesmal die Hälfte von der Zahl der Unehlichen. Die meisten Todtgebornen haben Hausen an der Lauchart und Willmandingen, wo je das 13te Kind, die wenigsten Undingen, wo das 147ste Kind todtgeboren wird. [43] Gestorben sind in demselben Zeitraume jährlich 735 Menschen.

Es sind also jährlich mehr geboren, als gestorben 169. Das Verhältniß der Gestorbenen zu den Lebenden ist = 1 : 31⅓.

Am größten zeigte sich die Sterblichkeit, im Verhältniß zu den Lebenden, in Groß-Engstingen, Willmandingen und Erpfingen, wo je auf 25 bis 26 Lebende 1 Sterbefall kommt, am geringsten in Stockach und Bronnweiler, wo beziehungsweise auf 48 und 42 Lebende 1 Gestorbener kommt. Von der Zahl der Gestorbenen waren in der letzten zehnjährigen Periode

unter 1 Jahr alt 304.
über 60 Jahr alt 139.

Es starb also im ersten Lebensjahre wieder ⅓ der Gebornen. Am größten zeigt sich die Sterblichkeit in diesem Alter, im Verhältniß zu den Gebornen, zu Groß-Engstingen, wo von 27 Gebornen im ersten Jahr 15, also mehr als die Hälfte starben; am geringsten zu Hinterweiler, wo nur das 4te Kind starb. 139 Personen sind in einem Alter von mehr als 60 Jahren gestorben, darunter waren

männlich 66
weiblich 73.[8]

Die meisten unter den Gestorbenen, welche ein Alter von mehr als 60 Jahren erreicht haben, zählt im Verhältniß zur Bevölkerung Willmandingen, die wenigsten Stockach.

Ehen wurden im Durchschnitt jährlich geschlossen 149.

a. in den Jahren 1813/15 135.
b. in den Jahren 1820/23 170.

[44] Aufgelöst wurden jährlich 146, und zwar:

a. durch den Tod 1446/10.
b. durch Ehescheidung 13/10.

2. Eigenschaften der Einwohner.

a. Die körperliche Beschaffenheit und der Gesundheitszustand der Oberamtseinwohner ist im Allgemeinen gut. Die Städter und die Landleute am Fuße der Alp sind durchaus groß, schön und gut gebaut, die auf der Alp sind es minder. Von einheimischen Krankheiten kommen am Fuß der Alp, wo die Leute an den Bergabhängen sich viel mit Holzfällen beschäftigen, hauptsächlich Wassersuchten, auch Lungensuchten, die häufige Folge von unvermeidlichen Erkältungen, vor; auf der Alp ist wie in allen Gebirgsgegenden der Bandwurm einheimisch, wobey sich übrigens die Leute gewöhnlich wohl befinden; von Krankheiten sind dort die Entzündungskrankheiten am häufigsten. In Reutlingen kommen die Skropheln in einer Häufigkeit und Bösartigkeit vor, wie man es selten finden wird, besonders bey Blonden. Außerdem ist hier auch der in Oberschwaben sogenannte Magenschluß (Cardia et vomites habitualis) sehr häufig; eine Krankheit, die dem reichlichen Genuß des kühlenden Obstmostes und des sauern Landweins zugeschrieben wird, hier jedoch nicht den hohen Grad erreicht, wie an Orten, wo viel weißes Bier getrunken wird.

b. Leben und Sitten. Die Lebensweise ist in Reutlingen sowohl, als auf dem Lande sehr einfach. Fleisch und Wein wird wenig genossen; der Kaffee ist in manchen Orten, wie z. B. in Genkingen, erst durch das Hungerjahr 1817 bekannt geworden, weil er damals für die wohlfeilste Nahrung galt. Selbst in Reutlingen herrscht noch eine Einfachheit und Mäßigung der Bedürfnisse in Wohnung, häuslicher Einrichtung, Kleidung und in der übrigen Lebensart, wie man sie selten anderwärts antrifft. Der einzige Luxus in dem Oberamt und vorzüglich auf der Alp besteht in einer warmen Stube; fast das ganze Jahr hindurch wird eingeheitzt, und die größte Wohlthat, [45] welche man den Kranken erzeigen zu können glaubt, ist eine recht heiße Stube. Ein Beweis von der Einfachheit in allen Stücken ist auch, daß außer einem einzigen Privathause und dem Kanzleygebäude in Reutlingen in dem ganzen Oberamt kein Wetterableiter gefunden wird. In Kleidung zeichnet sich das weibliche Geschlecht in Betzingen und in der Umgegend aus. Sie hat Ähnlichkeit mit der Steinlacher, unterscheidet sich aber durch Farben und Kopfbedeckung, welche letztere hier mützenartig ist, auch dadurch, daß die Steinlacherinnen hohe Absätze an den Schuhen tragen, welche die Betzingerinnen nicht haben.

c. Der Charakter ist, gegen die gewöhnliche Ansicht, auf der Alp sanft und gefällig, mehr als im Thale. Dagegen herrscht im Thale und insbesondere in Reutlingen viel mehr Fleiß und Betriebsamkeit, als auf der Alp. Der Charakter des Reutlingers trägt noch das Gepräge früherer reichsstädtischer Verhältnisse.


V. Wohnorte.

1. Orte.
a. Gattung.

Das Oberamt enthält

Städte 2
Dörfer 19
Weiler 1
Klöster 1
Höfe 2
Einzeln stehende Häuser 5

Unter den Dörfern sind

Pfarrdörfer 16
darunter
Marktflecken 3
b. Lage und Beschaffenheit.

Von den Oberamtsorten liegen [46] a. im Echazthal 7, und zwar Wannweil, Betzingen, Reutlingen, Pfullingen, Ober- und Unterhausen, und Honau;

b. im Wiesazthal 2: Bronnweiler und Gomaringen;

c. im Lauchartthal 4: Brunnen, Mariaberg, Hausen nebst dem angrenzenden Mägerkingen.

d. auf dem Striche zwischen der Echaz und Wiesaz 5: Omenhausen, Hinterweiler, Stockach, der Altenburger Hof und der Gaisbühlhof;

e. auf der Alp 7: Genkingen, Undingen, Willmandingen, Erpfingen, Groß- und Klein-Engstingen, Holzelfingen.

Die größten und volkreichsten davon außer Reutlingen und Pfullingen sind Gomaringen und Betzingen. Das Aussehen und die Beschaffenheit der Orte ist, selbst die Oberamtsstadt nicht ausgenommen, sehr mittelmäßig, die Bauart die gewöhnliche in Altwürtemberg. Die Alporte unterscheiden sich durch ihre Strohdächer, welche trotz aller frühern, neuerlich jedoch wieder beschränkten, Verordnungen dagegen, theils aus klimatischen, theils aus ökonomischen Ursachen, überall noch beybehalten sind.


2. Gebäude.

Die Anzahl sämmtlicher Gebäude im Oberamt belauft sich nach der beyliegenden Tabelle auf 4009, und zwar

a. Wohngebäude 2984
b. Wirthschaftsgebäude 960
c. zu öffentlichen Zwecken bestimmte Gebäude 65
Von den Wohngebäuden befinden sich
a. in den beyden Städten
a) Reutlingen 920 1378
b) Pfullingen 458
b. in den übrigen Orten 2606
Es wohnen also in Einem Hause
in den Städten nahe an 10,
in den Dörfern stark 4 Menschen.

[47] Die Kirchen sind im ganzen Oberamt Eigenthum der Stiftungspflegen, und müssen von diesen und dem Gemeindepfleger in Bau erhalten werden, mit Ausnahme der Kirche von Brunnen, welche die Königl. Finanzkammer angeht. Die übrigen Verhältnisse ergeben sich aus den Tabellen. Das Gebäudekastaster des Oberamts ist nach Rottenburg und Tübingen das stärkste im ganzen Schwarzwald-Kreise. Im Durchschnitte kommt auf 1 steuerpflichtiges Gebäude

Werth 685 fl.
Steuer 1 fl. 53 kr.


VI. Nahrungsstand.

1. Vermögen.
a. Bestand und Vertheilung.

Das Vermögen des Oberamts, welches hier zunächst in Betracht kommen kann — Grundeigenthum, Gebäude und Vieh — ist in den angeschlossenen Tabellen dargestellt. Die Tabelle Nro. 6. gibt noch weiter Kenntniß von den Activ- und Passiv-Capitalien der Körperschaften.

Die Vertheilung des Vermögens in Grundeigenthum und Gebäuden ist ebenfalls aus den Tabellen zu ersehen.

b. Geldwerth.

Um einen Maaßstab zur Vergleichung mit andern Oberämtern an die Hand zu geben, werfen wir den obigen Besitzstand hier auch in Geld aus. Wir folgen dabey dem Kataster, nach der unten angestellten Rechnung. Die steuerfreyen Gebäude schlagen wir im Durchschnittswerth der Gebäude von der Stadt Reutlingen an. Bey dem Vieh rechnen wir 1 Pferd zu 50 fl., 1 Stück Rindvieh (Ochsen, Kühe und Rinder) zu 25 fl., 1 Schaf zu 6 fl., 1 Schwein zu 8 fl., 1 Ziege zu 5 fl.

Somit beträgt, wenn wir das steuerfreye Grundeigenthum gleich dem steuerpflichtigen anschlagen [48]

1) Grundeigenthum 6.051.500 fl.
2) Gebäude. 2.826.050 —
3) Vieh. 308.452 —
9.186.002 fl.
Von dieser Summe ist
 a. steuerfreyes Vermögen
  1) Grundeigenthum (meist Staatswaldungen)
   a) des Staats 201.040 fl.
   b) der Körperschaften
  2) Gebäude
   a) des Staats 106.878 198.975 fl.
   b) der Körperschaften 92.097
 b. steuerpflichtiges Vermögen:
  1) Grundvermögen 5.850.460 fl.
  2) Gebäudevermögen 2.627.075 fl.
8.477.530 fl.

Das steuerfreye Vermögen in den beyden Gegenständen verhält sich also zu dem steuerpflichtigen = 1 : 21 oder es macht 1/22 von diesem aus.

Rechnet man zu dem steuerpflichtigen Vermögen den Viehstand, so erhält man eine Summe von 8.785.987 fl. und es kommen somit auf 1 Kopf

a) ohne Einrechnung des Viehes 356 fl. 30 kr.
b) mit Einrechnung des Viehes 369 fl. 25 kr.

2. Wirthschaft.
a. Landbau.
aa. Gewinnung von Mineralien.

Von den Mineralien, welche das Oberamt enthält, werden benutzt: Eisenerze und zwar Bohnerze, welche seit 1822 bey Willmandingen durch Grubenbau gewonnen, und nach Friedrichsthal geführt werden. Das Lager ist sehr ergiebig, und dessen Umfang und Tiefe noch unergründet. In vorigem Jahre wurden bereits 5000 Kübel, oder 10.000 Simri Erz abgeführt.

In früherer Zeit, 1745, wurden an dem, mit dem [49] Achalmberg verbundenen, Scheibengipfel auf Erz gegraben und ein Schacht von 80 Fuß tief eingesenkt, aber außer Spathadern und Schwefelkies nichts gefunden. Wahrscheinlich gab das Leztere wie an andern Orten Veranlassung zu dem Unternehmen, man hoffte ohne Zweifel Gold zu finden, und noch jetzt heißt der Schacht das Goldloch. Das Unternehmen wurde aufgegeben, weil sich die Luft in dem Schachte alle Augenblicke entzündete und die Arbeiter am ganzen Körper verbrannten. Nähere Nachricht davon findet sich in der Schrift: Gesammelte Nachrichten von dem vortrefflichen Gesundbrunnen nahe bey des Heil. R. R. Stadt Reutlingen. 1761.

Zu Pfullingen wurden Versuche auf Schwefelkies gemacht, und unter Herzog Friedrich, dem eifrigen Bergbauer, 2 Stollen eingetrieben. Im Jahr 1597 mußte eine Lieferung zur Probe nach Christophsthal gemacht werden. Das Ergebniß der Untersuchung fiel aber dahin aus, daß der Kies arm an Schwefel sey, dagegen der Schwefelmacher sich getraue, aus 100 Centner Kies 10 Centner Vitriol herauszubringen.

Steine. Steinbrüche hat das Oberamt wenig, weil es an eigentlichen Bau- und Werksteinen fehlt; in dem Pfullingerthal werden die Tuffsteine fleißig benützt, und sie sind für die Einwohner von den beyden Hausen und von Honau ein nicht unbedeutender Erwerbszweig.

Die Steine werden ganz weich aus der Erde gebrochen, verhärten aber an der Luft und geben sehr gute Bausteine, die weit herum gebraucht werden. Reutlingen und Betzingen haben Kalksteinbrüche.

Erden. Hier ist nur die oben S. 33 erwähnte Hauerde zu bemerken. Sie wird von den Hafnern zur Glasur für weißes Geschirr gebraucht, und wurde ehedem weit geholt. Die Töpfererde ist von geringer Art.

Aus den Höhlen vom Höllenstein, der jedoch nicht mehr auf Würtembergischen Boden, sondern auf Hohenzollerischem bey Stetten, am Lauchartthal liegt, wird viele Mondmilch geholt, gebrannt und als Magnesia für das Vieh gebraucht.

[50]
bb. Pflanzenbau und Viehzucht.
a) Zustand des Feldbaues im Allgemeinen.

Die Größe, das Verhältniß und der Ertrag des angebauten Landes, so weit dasselbe steuerpflichtig ist, ergiebt sich aus der beyliegenden Tabelle über das provisorische Grundkataster. In einer weitern Tabelle werden wir auch noch den Flächeninhalt überhaupt von sämmtlichem Grund und Boden, sowohl dem steuerfreyen, als dem steuerpflichtigen nach den Ergebnissen der Landesvermessung mittheilen. Wenn zwischen beyden Tabellen kleine Abweichungen statt finden, so rühren dieselben daher, daß bey der Aufnahme des provisorischen Katasters die Resultate der Landesvermessung noch nicht vollständig benutzt werden konnten, und jetzt erst zusammengestellt werden. Diese Bemerkung gilt zum Theil auch in Beziehung auf die hier angestellten Berechnungen.

Das ungebaute Land verhält sich zum gebauten, (ohne Einrechnung der Waldungen) fast = 1 : 3, oder unter 4 Morgen ist 1 Morgen unangebaut und Weideplatz; dabey sind überdieß die ungebauten Wechselfelder nicht berücksichtigt. Im ganzen Königreich ist das Verhältniß = 1 : 10⅕.[9] Das meiste ungebaute Feld im Oberamt haben verhältnißmäßig Brunnen, Mariaberg und Honau, das wenigste Betzingen, Stockach, (auch Ober- und Unterhausen, die aber viel Wechselfeld haben) und die beyden Städte, obgleich Reutlingen noch 918 Morgen und Pfullingen 1082 Weide haben; fast gar keine ungebaute Fläche hat Omenhausen.

Das Verhältniß der verschiedenen Bauarten unter sich ist, die Gärten und Länder als das Geringste zur Einheit gemacht (also auf 1 Morgen Gärten und Länder)

Gärten und Länder 1 Morgen
Weinberge 4
Wiesen 37
Wald 75
Äcker 142

[51] Das Verhältniß der Bevölkerung zu Grund und Boden ist so, daß am meisten Land außer Brunnen und Mariaberg, in Erpfingen, Mägerkingen und Kl. Engstingen, am wenigsten, außer Reutlingen, in Omenhausen und Pfullingen auf 1 Menschen kommt; im Ganzen aber kommen auf 1 Menschen

a. mit b. ohne steuerfreyes
gebautes Land 1¾ M. 1¾ M.
ungebautes Land ⅝ M. ⅝ M.
Wald 7/16 M. ⅝ M.
33/16 M. 3 M.[10]

Um die Vertheilung des Grundeigenthums nach den einzelnen Eigenthümern kennen zu lernen, dürfte man nur die Morgenzahl des steuerpflichtigen Grund und Bodens mit der Familienzahl also mit ⅕ der Bevölkerung dividiren, denn so groß die Zahl der Bürger und Familien im Oberamt ist, eben so groß ist ungefähr auch die Zahl der Grundeigenthümer.

Der Stand der landwirthschaftlichen Kultur ist noch bey Weitem nicht auf dem Grade, auf welchem er seyn könnte, am wenigsten auf der Alp: nicht nur ist das Verhältniß des unangebauten Landes zu dem angebauten sehr ungünstig, sondern es ist auch das angebaute Land nur höchst unvollkommen gebaut.

Unter dem Ackerland befinden sich 4079 Morgen Wechselfelder, unter den Wiesen 1609 Morgen einmähdige oder Holzwiesen, manches Land, das unter dem Namen des angebauten Landes läuft, liegt ganz wüste; so wurde das große Ackerfeld auf der Hochebene bey der Heidekapelle, Erpfinger Markung, seit 20 Jahren nicht mehr angebaut, obgleich sein Boden sehr bauwürdig ist, ein großer Theil der Holzwiesen auf derselben Markung wird seit 15 Jahren nur als Weideplatz benutzt, ebenso liegen zu Mägerkingen und an andern Orten große Strecken, [52] zu Willmandingen selbst von dem Pfarrgute mehr als 30 Morgen wüste.

Als Haupthindernisse der Kultur werden betrachtet:

1) Überfluß an Grundeigenthum,
2) Mangel an Betriebsamkeit und träges Kleben an dem Hergebrachten,
3) Mangel an Betriebs-Capital und die dadurch verursachte Unzulänglichkeit des Viehstands, eben deßwegen
4) Mangel an Dünger,
5) die Grundlasten.

Wie nachtheilig insbesondere auch die letztern wirken, sieht man aller Orten, wo freye Güter neben belasteten, insbesondere neben theiligen sich befinden; jene sind in der Regel gut, diese schlecht gebaut. In Omenhausen z. B. sind die Allmanden das bestgebaute Feld, weil fast alles andere Feld Theilgebühren gibt.

Zu den obigen Hindernissen kommt häufig noch die Ungunst des Bodens und der zu große Aufwand an Zugvieh, welchen derselbe fast überall erfordert; es kommt ferner noch der Mangel an Beyspiel und Musterwirthschaften dazu. Nur einzelne Ortsgeistliche, so namentlich in neuerer Zeit der Pfarrer Klemm zu Genkingen und der Pfarrer Fischer zu Unterhausen, so wie auch der Amtsschreiber Steeb in Pfullingen gehen mit gutem Beyspiele voran.

Der Mangel an Dünger wird noch durch schlecht angelegte Dungstätten, und durch Vernachlässigung der Mistjauche, vermehrt. Von künstlichen Düngungsmitteln wird nur in einzelnen Gegenden, insbesondere zu Betzingen, Reutlingen und Pfullingen, hauptsächlich um den Trieb der Hülsenfrüchte zu befördern, der Gips angewendet, der in der Gegend zwischen Rottenburg und Tübingen geholt wird, und in Reutlingen werden die Weinberge einzig mit wollenen Lumpen gedüngt, welche sehr nachhaltig wirken. Außerdem werden dort Reben und Bäume mit gutem Erfolg mit Schiefer beschüttet.

Der Ertrag und natürliche Werth des Grundeigenthums findet einen Maßstab zur Schätzung in der Katastertabelle, [53] und ersterer ist weiter unten noch besonders zusammengestellt. Der Reinertrag von 1 Morgen Landes ohne Unterschied beträgt im Durchschnitt 3 fl. 28½ kr. Wenn wir diesen mit Einrechnung des Zehnten kapitalisiren, [11] so ergiebt sich ein Werth für 1 Morgen von 82 fl. 53 kr. und zwar

für 1 Morgen Äcker 90 fl. kr.
— — — Weinberg     196
— — — Wiesen 170
— — — Wald 23 fl. 20 kr.

Im Ganzen steht Reutlingen auf der Stufenleiter der Cultur und somit auch des Bodenwerths und der Besteuerung in der Mitte der Oberämter.[12]

Die Staatssteuer beträgt im Durchschnitt von 1 Morgen 22½ kr.

b) Die einzelnen Culturarten.
1) Ackerbau.

Die Bewirthschaftung des Ackerlandes ist in der Regel die Dreyfelder-Wirthschaft. Nur in einzelnen Bezirken, hauptsächlich in Reutlingen und Betzingen, findet eine freye Wirthschaft statt. Es herrscht hier dabey der eigenthümliche Gebrauch, daß zwar auch ein dreyjähriger Wechsel beobachtet wird, daß aber auf die Brach, welche gemeiniglich mit Hackfrüchten eingebaut wird, die Sommerfrüchte folgen. Auf der Alp findet man neben dem flürlich gebauten Lande die sogenannten Wechselfelder oder Ausfelder, schlechte oder entfernte Güter, welche in der Regel 9, häufig auch noch mehr Jahre lang unangebaut liegen bleiben, dann aber umgebrochen und so lange gebaut werden, als sie ohne Dünger einen Ertrag gewähren. Dieser Anbau geschieht gemeiniglich nach der Dreyfelder-Wirthschaft; in Oberhausen und Unterhausen wird ein vierjähriger Wechsel mit Winterfrucht, Gerste, Haber und Brache beobachtet, in Willmandingen wird nur mit Gerste und Haber gewechselt. Während der Ruhezeit wird das Feld theils als Weide theils als Mähefeld oder Wiese [54] benutzt. Die meisten dieser Wechselfelder besitzen, wie aus der Tabelle erhellt, die Thalorte Ober- und Unterhausen, deren Markung sich auf das Gebirge erstreckt.

Das Brachfeld wird überall zum Theil wenigstens angebaut, am wenigsten geschieht es, wie aus der nachstehenden Übersicht erhellt, zu Hausen an der Lauchart, zu Mägerkingen und Erpfingen, am meisten in den Echazthalorten Unterhausen, Oberhausen und Honau, wo fast gar keine Brach gefunden wird, dagegen aber freylich auf der Alp die großen Wechselfelder sich finden, welche hier nicht in Berechnung genommen sind. Einen sehr schönen Brachbau haben vornehmlich auch die Orte Pfullingen und Holzelfingen.

In der Brache werden eingebaut von 100 Morgen zu

Reutlingen 74¾ M.
Betzingen 62½ —
Brunnen 40 —
Bronnweiler 42 —
Erpfingen 19 —
Genkingen 39 —
Gomaringen und Hinterweiler       46½ —
Groß-Engstingen 30 —
Hausen a. d. L. 13¼ —
Holzelfingen 61 —
Honau 80 —
Klein-Engstingen 39 —
Mägerkingen 15 —
Oberhausen 93¼ —
Omenhausen 45 —
Pfullingen 77 —
Stockach 29½ —
Undingen 28½ —
Unterhausen 89 —
Wannweil 58½ —
Willmandingen 32¾ —

Die Bespannung des Pflugs erfordert bey dem schweren und steinigen Boden fast überall 3 bis 4 Thiere; da diese nicht jeder besitzt so wird zusammengespannt. Auf der Alp wird mit Ausnahme von Genkingen und Groß-Engstingen mehr mit Pferden als mit Ochsen gearbeitet, wegen des steinigen Bodens und der steinigen Wege; unter der Alp sieht man mehr Ochsen am Pfluge. Häufig werden Pferde und Ochsen zusammengespannt, und zwar nicht paarweise, sondern Pferd und Ochs nebeneinander, es soll dadurch ein steter Zug bewirkt werden.

Die Gegenstände des Ackerbaues sind in der Regel:

Getreide und Hülsenfrüchte nach folgendem Verhältniß: [55]

Ackerbohnen 1.
Wicken 1.
Einkorn 2.
Roggen 4.
Einkornmischling       16.
Gerste 18.
Haber 42.
Dinkel 48.

Von Halmfrüchten ist also Dinkel und Haber die Hauptsache; der Alphaber ist bekanntlich besonders geschätzt, und diejenige Frucht, welche am meisten und mit Vortheil auf den Verkauf gebaut wird. Mischling (Dinkel und Einkorn untereinander) wird besonders viel zu Gomaringen gebaut, wo fast kein reiner Dinkelacker zu finden ist; unter der Alp auch noch etwas Ehmer und Einkorn.

Von Hülsenfrüchten werden außer Wicken und Ackerbohnen auch Linsen und Erbsen, jedoch meist nur in den Orten Mägerkingen, Willmandingen und Erpfingen auf der Alp gebaut. Ackerbohnen werden in Omenhausen viel in der Brach gebaut.

Welschkorn wird sehr selten, und nur zu Omenhausen gebaut.

Kartoffeln dagegen in Menge und vorzüglich gut, besonders geschätzt sind die Pfullinger Kartoffeln, welche häufig ins Unterland verlangt werden, und ihre Güte theils dem Boden, noch mehr aber einem fleißigen Samenwechsel verdanken.

Rüben werden nicht viel gebaut, weil sie — diese Klage findet wenigstens auf der Alp statt, — gemeiniglich wollig (pelzig) werden, desto mehr

Kohlraben, Bodenkohlraben, hauptsächlich für die Viehfütterung.

Weißes Kraut, Krauthäuptlein pflanzt man ebenfalls viel und gut. Das Genkinger Kraut wetteifert mit dem Filderkraut.

Flachs wird viel im Lauchartthal, zu Hausen, Mägerkingen, Hanf hauptsächlich im Echazthal, zu Honau, Oberhausen [56] und Unterhausen, Pfullingen, Betzingen und zu Stockach; Hanf und Flachs zu Omenhausen, Erpfingen, Undingen gebaut.

Räps findet man selten, etwas weniges zu Gomaringen; Mohn eben so, in Pfullingen; Hopfenbau wird neuerlich zu Reutlingen mit Glück versucht.

Futterkräuter: Klee, dreyblättriger wird ziemlich gebaut, am meisten in Holzelfingen, Undingen und unter der Alp in Gomaringen, am wenigsten verhältnißmäßig zu Reutlingen; Pfullingen, in den Pfullinger Thalorten und zu Willmandingen und Erpfingen; ewiger Klee wird, auf der Alp wenigstens, selten gebaut, auch Esper nicht viel; auf der Alp wird geklagt, daß er gerne erfriere, doch sieht man zu Genkingen und Holzelfingen schönen Esper, und auch der Pfarrer in Unterhausen hat neuerlich glückliche Versuche in ganz hoher Lage auf der Alp gemacht. Für die Gegend von Pfullingen ist der Amtsschreiber Steeb mit gutem Beyspiel vorangegangen. Im Allgemeinen ist der Bau von Futterkräutern noch zurück. Kraut und Kohlraben, und nach diesen auch Kartoffeln und Klee sind hauptsächlich Gegenstände des Brachbaues.

Aussaat und Ertrag.

Nach den Cameralamtlichen Erfahrungen rechnet man zur Aussaat auf 1 Morgen von mittlerer Güte

im Thal, auf der Alp,
Dinkel 8 Simr. 8 — 9 Simr.
Gerste 4
Haber 4 — 5 5 — 7
Erdbirnen 32 — 40 36 — 40

Geerntet wird,

im Thal, auf der Alp,
Dinkel 6 — 8 Schffl. 4 — 6 Schffl.
Gerste 4 — 5½
Haber 4 — 5 4 — 5
Erdbirnen 200 — 250 100 — 150

Die geringern Äcker ertragen bey dem magern und vernachlässigten Bau oft kaum das zweyte Korn; dagegen gibt es [57] nicht nur im Thal, sondern selbst auf der Alp, insbesondere zu Genkingen, Undingen Äcker, die ihre 10 Scheffel Dinkel tragen. Den geringsten Ertrag geben im Durchschnitt die an der Lauchart gelegenen Orte Erpfingen, Hausen, Mägerkingen, den besten die Pfullinger Thalorte, so weit das Feld im Thale liegt. Einen Maßstab zur Vergleichung des Ertrags der verschiedenen Markungen unter sich, gibt die in der Tabelle Nr. 2. mitgetheilte Katasterschätzung an die Hand. Der ganze jährliche Ertrag des steuerbaren Ackerfeldes im Oberamt mit Ausnahme des Brachfeldes, würde nach dieser Schätzung seyn

roher Körnerertrag in Rauhem 70.767 Schffl.
reiner Geldertrag 107.197 fl. 8 kr.

Rechnet man dazu für den Zehnten 1/12 des Rohertrags, ferner den Brachertrag von 3680 Morgen, welcher dem Ertrag des Fruchtfeldes dem Morgen nach gleich zu schätzen ist, so erhält man für das ganze Ackerland, den Scheffel Frucht zu 2 fl. 45 kr. im Durchschnitt gerechnet, samt Stroh und Futter-Ertrag der ruhenden Wechselfelder einen rohen Geldertrag von 252.745 fl.

2) Gartenbau.

Der Gartenbau ist unbedeutend, wie aus der Zahl der Gemüßgärten erhellt, und selbst in Reutlingen noch sehr zurück. Übrigens werden auch die Länder und zum Theil selbst das Ackerland, besonders in der Brach, gartenmäßig benutzt. In der Gegend von Reutlingen und Pfullingen werden noch alle Gemüße und feinere Küchengewächse gepflanzt, auf der Alp hingegen und im Lauchartthal gedeihen nur noch die minder zarten. Zu Genkingen wird übrigens sehr schöner Blumenkohl (Carviol) gepflanzt; das Dörfchen Honau zeichnet sich durch starken Zwiebelbau aus. In Reutlingen wird sehr viel Gartensaamen gezogen, welchen dann die Gönninger Saamenhändler aufkaufen. Der reine Durchschnittsertrag von Gärten und Ländern im Ganzen beträgt nach dem Kataster [58]

rein 2816 fl.
und wenn wir ⅝ Culturkosten annehmen, roh     7509 fl.
3) Weinbau.

Weinbau findet man nur noch disseits der Alp; er erstreckt sich hier im Echazthal bis Unterhausen, im Wiesazthal bis Bronnweiler, und findet in 7 Orten statt. Als eigentliche Weinorte kann man jedoch nur noch Reutlingen und Pfullingen betrachten.

Die Bauart unterscheidet sich von der unterländischen hauptsächlich durch enge Bestockung; es kommen gemeiniglich 6400 bis 7000 Stöcke auf einen Morgen; die Haupttraubensorten sind die Tockaier, sogenannte Putzscheeren, in Würtemberg bekanntlich die geringste Sorte. Die Folge davon ist, daß die Weinberge zwar sehr ergiebig, der Wein aber auch sehr mittelmäßig ist. In guten Jahren erträgt 1 Morgen im Durchschnitt 10 Eimer, und nach amtlichen Angaben hat der Morgen in frühern Zeiten auch schon bis 28 Eimer getragen.

Daß auch ein guter und dem gut mittelmäßigen des Unterlandes gleichkommender Wein erzeugt werden kann, beweisen die Gewächse mehrerer Privat-Personen, welche edlere Trauben-Sorten und die Stöcke in weiterer Ausdehnung pflanzen. Wie übrigens auch der hiesige Wein beschaffen seyn mag, so ist er in Verbindung mit dem vielen Obstmost, der zu Reutlingen und Pfullingen erzeugt wird, eine sehr schätzbare Gabe der Natur, besonders für die arbeitende Klasse.

Als eine besondere Merkwürdigkeit verdient hier noch angeführt zu werden, daß in vorigem Jahr (1822) der Gastgeber Bertsch zu Reutlingen schon am 11ten August neuen Wein aus seinem Weinberge ausschenkte. In eben demselben Jahre wurde aber auch zu Reutlingen auf demselben Acker zwey Mal (Dinkel und Gerste) geerntet.

Der Ertrag sämmtlicher Weinberge ist nach dem Kataster,

a. roher Weinertrag sammt Zehnten     2418 Eimer,
b. reiner Geldertrag (à 12 — 14 fl.) 8628 fl. 45 kr.
[59]
4) Wiesenbau.

In den Thälern der Echaz, Wiesaz und Lauchart, so wie auch zu Mägerkingen im Seckachthal findet überall Wässerung statt, und die Wiesen werden hier zu einem sehr hohen Ertrag gebracht, und durchaus wenigstens zweymal gemäht, aber an den Abhängen und auf der Alp befinden sich viele sogenannte Holzwiesen, welche nur einmädig sind und einen sehr kärglichen Ertrag gewähren. Die Ursache davon ist weniger die Natur und der Boden, als der Mangel an Dünger, die größere Entfernung und die Weidewirthschaft; der Eigenthümer darf nicht mehr, als einmal mähen, weil die Wiese gleich nach der ersten Schur als öffentlicher Weideplatz benutzt wird. Als besonders reich an dergleichen Holzwiesen zeichnet sich Pfullingen aus; auf der Alp hat Undingen die meisten. Der höchste Ertrag wird den Wiesen zu Brunnen und Reutlingen abgewonnen, der geringste denen zu Erpfingen. Die meisten Wiesen haben im Verhältniß zu ihrer Markung Reutlingen, Pfullingen, Betzingen und Gomaringen; die wenigsten Hausen an der Lauchart, Willmandingen und Erpfingen.

Der Ertrag von sämmtlichen Wiesen ist nach dem Kataster zu schätzen.

a. roher Natural-Ertrag (sammt 1/20 für Zehnten)     145.677 Cntr.
b. reiner Geldertrag (à 30 — 40 kr.) 50.623 fl. 25 kr.
5) Obstzucht.

An allen Orten diesseits der Alp findet mehr oder weniger Obstzucht statt, am meisten auf den Markungen von Reutlingen und Pfullingen und überhaupt in dem ganzen Pfullinger Thal bis Honau hinauf, ferner zu Gomaringen, Hinterweiler und Omenhausen.

Die Gegenden von Reutlingen und Pfullingen und das ganze Echazthal gleichen einem Walde von Obstbäumen, und die Bäume erreichen hier eine Größe, wie man sie selten findet.[13] Man sieht Bäume wie die Eichen, Bäume, die [60] 100 bis 120 Simri Obst tragen. Eine Hauptursache dieses Wuchses ist, daß man den jungen Bäumen nicht wie im Unterland, den Mittelast nimmt. Auch auf der Alp findet noch einige Obstzucht statt, jedoch nur an Plätzen, die gegen die rauhe Witterung geschützt sind, und in den Ortschaften selber, zu Willmandingen, Holzelfingen etc. Die Bäume sind übrigens mehr im Abgehen als im Vermehren. So findet man zu Willmandingen sehr schöne und große alte Bäume, aber selten junge Nachzucht. Es ist auch gar wenig Lust in den Leuten, die Obstzucht zu betreiben, im Gegentheil sind sie ihr abgeneigt und häufig hinderlich. Freylich ist der Ertrag auch nicht bedeutend und sehr unsicher.

Die Obstsorten sind die gewöhnlichen, die man auch anderwärts findet; unter den Birnen ist die Wein- oder Knausbirne die häufigste. Übrigens wird auch feineres Tafelobst gezogen, und man findet insbesondere zu Pfullingen und noch mehr zu Reutlingen fast alle feinere Obstsorten. Zu Betzingen hingegen werden meist Wildlinge (aus dem Kern gezogenes, unveredeltes Saamenobst) gepflanzt.

Kirschen werden im Allgemeinen wenig, am meisten noch in Bronnweiler, Gomaringen und Omenhausen, vorzugsweise aber auf dem Altenburger Hof gepflanzt, dagegen in dem Pfullingerthale sehr viele Nüsse. Die Nußbäume vermindern sich jedoch in neuern Zeiten, theils weil sie den Bodengewächsen zu viel Eintrag thun, theils weil sie Mancher aus Armuth, durch den schönen Preis angelockt, an den Schreiner verkauft.

Das Obst wird theils gemostet und gebrannt, theils gedörrt, und es wird eine Menge nicht nur Obstmost, sondern auch gebrannte Wasser gemacht; von dem vielen gedörrten Obst wird die Gegend von Pfullingen scherzweise das Schnitzland genannt.

Wie viel der jährliche Obstertrag seyn mag, ist schwer zu bestimmen, so viel ist aber gewiß, daß das einzige Örtchen Unterhausen, das 264 Morgen Baumgüter besitzt, schon allein 40 — 50.000 Simri Zwetschgen eingeheimst hat. [61] In dem Kataster ist der Ertrag der Baumgüter nach Maßgabe der Güterkaufspreise auf 13 fl. 36 kr. Reinertrag von 1 Morgen geschätzt; die Summe der Baumgüter beträgt 3212⅓ Morgen; der Reinertrag ist zu 43.687 fl. geschätzt. Nehmen wir nun an, daß der Culturaufwand hier ⅓ ausmache, so belauft sich der ganze Rohertrag auf 65.530 fl. und die Hälfte als zehntpflichtig angenommen, auf 69.170 fl.; davon ¼ für den Bodenertrag abgerechnet, bleibt für Obstertrag die Summe von 51.878 fl. und das Simri Obst zu 15 kr. angeschlagen, kommen heraus 207.512 Simri.


6) Waldbau.

Die Waldungen des Oberamts bestehen, wie wir oben schon bemerkt haben, fast durchaus in Laubholz und zwar so, daß auf der Alp die Buchen, unter der Alp die Eichen vorherrschen. Nur in einzelnen Bezirken, gegen das Lauchartthal hin, trifft man etwas weniges Nadelholz an, und vor 5 Jahren hat die Stadt Reutlingen auf ihrer Markung 195 Morgen mit Nadelholz, untermischt mit Eichensaamen, angepflanzt. Die Waldungen gehören, wie aus den Tabellen erhellt, größtentheils den Gemeinden. Die Bewirthschaftung ist für die Zukunft die im ganzen Königreich vorgeschriebene; der größte Theil der Waldungen besteht in Niederwaldungen. Der Zustand ist mittelmäßig, wie schon aus dem Durchschnitt des, freylich sehr niedrig geschätzten, Ertrags sich ergibt. Der rohe Materialertrag ist auf 2794 Klafter Holz und 31.893 Büscheln Reisach geschätzt; es kämen also auf 5 Morgen nicht mehr als 1 Klafter Holz. Außerdem gewähren die Waldungen aber noch mancherley Nebennutzungen, und es kommt hier besonders das Einsammeln von Bucheln in Betracht, wodurch sich manche Familie jährlich schon 70 — 80 fl. erwarb, so daß man den Reinertrag, der sich nach dem Kataster auf 17.441 fl. 34 kr. belauft, immerhin dreyfach für den Rohertrag annehmen darf.

Zu diesem Allem kommt noch der Rohertrag der Weiden mit 14.805 fl. 34 kr. [62] Der ganze Ertrag von dem steuerbaren Grund und Boden beträgt somit

Rohertrag. Reinertrag.
Acker 252.745 fl. 207.197 fl.
Gärten 7.509 2.816
Weinberge (à 13 fl.)     31.434 8.628
Wiesen (à 36 kr.) 87.408 50.623
Baumgüter 69.170 43.687
Wald (à 10 fl.) 52.323 17.441
Weiden 14.805 14.805
515.494 fl. 245.197 fl.

Dazu das Steuerfreye gerechnet, macht der Rohertrag von sämmtlichem Grund und Boden 537.740 fl.

c. Viehzucht.

Eine Übersicht des Viehstands gewährt die Tabelle Nr. 3. Wir sehen daraus, daß das Oberamt im Allgemeinen in Vergleichung mit seiner Bevölkerung einen sehr mittelmäßigen und im Verhältniß zu seinem Flächenraum wirklich geringen Viehstand besitzt. Namentlich besitzt es unter allen Oberämtern die geringste Anzahl von Kühen, und, mit Ausnahme von zwey einzigen Oberämtern, die wenigsten Schweine. Es kommen in dem Oberamt

auf 1 Pferd 543/8 Morgen und 17 Menschen
1 Stück Rindvieh     111/8 3 – 4

Eine nähere Vergleichung der Orte unter sich gibt die Tabelle an die Hand.

Das Verhältniß der Viehgattungen unter sich ist

Schweine     2
Ziegen 3
Pferde 6
Schafe 25
Rindvieh 28

Noch mehr als in der Zahl ist der Viehstand in der Beschaffenheit zurück. [63] Die Pferdezucht insbesondere, sonst ein Vorzug der Alporte, ist in der vergangenen Zeit sehr herabgekommen, so daß man wenig vorzügliche Pferde findet; sie hebt sich jedoch in neuerer Zeit durch die aufopfernde Theilnahme Sr. Majestät des Königs, und durch die ihr gewidmete Unterstützung der Regierung. Unter denjenigen Orten, welche sich noch einigermaßen durch Pferdezucht auszeichnen, sind Betzingen und Holzelfingen.

Die Rindviehzucht ist meist noch schlechter beschaffen, als die Pferdezucht. Das Vieh ist größtentheils klein, mager und leibarm. Eine Hauptursache davon ist die Weidewirthschaft und die meist große Entfernung der Weiden. In Omenhausen allein ist die Stallfütterung durchgängig, außerdem nur in einzelnen Orten theilweise eingeführt. Neben der Weidewirthschaft steht der Mangel an Gelegenheit zu einem guten Schlag zu gelangen, besonders der Mangel an guten Zuchtstieren, einer verbesserten Rindviehzucht entgegen; als eine um so wohlthätigere Anstalt muß daher die Viehwirthschaft, welche der jetzige König neuerlich auf der Achalm angelegt hat, verehrt werden. [14]

Dazu kommt noch der Übelstand, daß das Vieh häufig fremdes Eigenthum, sogenanntes Stellvieh oder Bestandvieh ist, das den Juden gehört, die ihr Eigenthumsrecht schändlich mißbrauchen und damit allen Wohlstand untergraben. Ein [64] großes Verdienst hat sich in dieser Beziehung der Pfarrer Hoffmann in Betzingen erworben, der unter Mitwirkung eines wackern Schultheißen durch eine Anlehensanstalt diesem Unwesen nicht nur, sondern überhaupt dem verderblichen Judenhandel entgegen wirkte, und es dadurch in kurzer Zeit dahin gebracht hat, daß der Ort Betzingen, der vor wenigen Jahren noch in den kläglichsten Umständen war, seinem Wohlstand zusehends entgegen geht. Gleiche Anstalten verdanken jetzt auch der thätigen Sorgfalt des gegenwärtigen Oberamtmanns Wekherlin die Orte Pfullingen und Hausen an der Lauchart, und in mehreren andern Orten ist die Einleitung dazu gemacht.

Die Rindvieharten des Oberamts bestehen fast durchaus in der altwürtembergischen, hier aber sehr verkümmerten, rothbraunen Landrace.

Die Rindviehmastung ist selten, und wird vornehmlich nur zu Reutlingen und in dem kleinen Orte Stockach gefunden.

Die Schafzucht ist gleichfalls der Veredlung noch sehr bedürftig. Unter den 6651 Schafen des Oberamts sind nicht mehr als 715 spanische, also fast nur 1/10, während es im ganzen Königreich doch ⅙ ist.

Auch in diesem Zweige wird die Nähe der Achalm, wo der König eine ausgezeichnet schöne Schafheerde von reingehaltenen Merinos angesetzt hat, wohlthätig wirken.

Zu Reutlingen werden gewöhnlich über 4000 Stück überwintert.

Die Schafzucht kommt bey dem Mangel an Dünger besonders den Alporten sehr zu statten, welche bekanntlich zugleich die vorzüglichsten Schafweiden enthalten.

Die Schweinzucht ist der unbedeutendste Zweig der ganzen Viehzucht; am meisten wird sie noch in Betzingen betrieben.

Ziegen besitzt das Oberamt ebenfalls nicht soviel, als es nach seinen natürlichen Verhältnissen leicht haben könnte. Die zahlreichsten Heerden haben Undingen und Unterhausen. [65] Die Bienenzucht ist so gering, als irgendwo im Königreich; am meisten zeichnet sich noch Oberhausen aus.

Geflügel, besonders Gänse, findet man sehr viel, sowohl in den Thälern als auf der Alp.

Schnecken. Ein eigener Erwerbszwei ist die Schneckenzucht, oder vielmehr Schneckenmastung. Die Schnecken werden von armen Kindern in den Wäldern, das Hundert zu 3 kr. gesammelt, und dann in Schneckengärten gefüttert. Ein solcher Schneckengarten befindet sich zu Undingen, von wo aus sie im Großen verkauft werden.

Die Jagd ist überall verpachtet; zu großem Gewinn für den Feldbau hat das Hegen des Wildes aufgehört.

Fischerey wird nur in den Flüßchen und Bächen getrieben, wo sie gleichfalls meist verpachtet ist. Die Forellen in der Wiesaz gehören zu Bronnweiler zu der Pfarrbesoldung, eine eigene Teichwirthschaft findet man nicht im Oberamt.

b. Kunst- und Gewerbsfleiß.
aa. Gewöhnliche Gewerbe.

Mit Ausnahme der Oberamtsstadt, wo wirklich eine seltene Gewerbsthätigkeit herrscht, ist der Kunst und Gewerbsfleiß im Oberamt unbedeutend. Man findet zwar in den Dörfern eine große Anzahl von zünftigen Gewerbsleuten und es zeichnet sich insbesondere Groß-Engstingen durch viele städtische Gewerbe aus: allein ihr Betrieb ist meist ganz gering; das Handwerk ist größtentheils nur Nebensache.

Solche Gewerbe, welche nicht zunftmäßig als bloße Nebenbeschäftigung von den Landleuten anderwärts betrieben werden, findet man gar nicht. Selbst die Spinnerey ist von wenig Bedeutung, nur in Hausen an der Lauchart wird viel gesponnen, aber meist auf Bestellung ausländischer Fabrikanten; denn auch die Leinenweberey ist von keiner Bedeutung, ungeachtet die Zahl der Leinenweber groß ist, es ist meist nur Kundenweberey. Wannweil allein macht einige Geschäfte nach Außen mit Zwilch. Der einzige Nebenerwerb ist, [66] daß die Alpbewohner haufenweise nach Oberschwaben als Schnitter ziehen, bis ihre Ernte angeht.

Nach der beygeschlossenen Gewerbstabelle zählt das Oberamt 1952 Gewerbsleute mit 242 Gehülfen, und das Kataster beträgt mit Einschluß der Apotheker 3528 fl., so daß also auf 1 Gewerbsmann 1 fl. 48 kr. kommen.

Vergleicht man die Gewerbsliste mit den Listen anderer Oberämter, so zeigt sichs, daß Reutlingen unter allen Oberämtern die meisten Buchdrucker, die meisten Bortenwirker, die meisten Gerber und Leimsieder, die meisten Seckler und nach Tuttlingen die meisten Messerschmiede hat; mit Ausnahme der Bortenwirker aber, welche auch zu Pfullingen zahlreich sind, kommen fast alle diese Gewerbe allein auf Reutlingen, wo wir sie noch näher kennen lernen werden.

Die Bortenwirkerey beschäftigt sich nicht nur mit Verfertigung von Borten und Bändern, hauptsächlich für die Kleidung des Landvolks und zu Hosenträgern, sondern auch mit Verfertigung von Flören, Marlinen[15] von Seide und Wolle.

Außerdem ist auch die Wollenweberey besonders die Zeugmacherey in Reutlingen bedeutend. Eben daselbst wird auch guter Barchent gewoben; ferner macht dort die Verfertigung von gröbern Spitzen, und das Stricken baumwollener Geldbeutel, so wie die Haubenstickerey einen nicht unerheblichen Erwerbszweig aus. Von Bedeutung ist auch das Gewerbe einiger Metzger in Groß-Engstingen, das sich über einen großen Umkreis, selbst mehrere Sigmaringische Orte, erstreckt.

bb. Fabriken

im engern Sinne hat das Oberamt nicht; wir rechnen aber hieher

1) vier Papiermühlen, 2 in Reutlingen, 2 zu Pfullingen, welche zum Theil starken Absatz haben und nach den Angaben zusammen jährlich ungefähr 40 Ballen Schreibpapier und 400 Ballen Druck- und Makulatur-Papier liefern.

2) eine Pulvermühle zu Reutlingen. [67] Ferner befinden sich zu Reutlingen 2 Bleichen, eine gewöhnliche Bleiche, welche der Stadtgemeinde gehört, und eine Schnellbleiche; und zu Groß-Engstingen so wie auch zu Undingen eine Pottaschensiederey, die jedoch unbedeutend sind.

cc. Mühlen und Werke, Schildwirthschaften und Getränkefabriken

sind in der Tabelle Nr. 4 zusammengestellt.

In den Ölmühlen wird hauptsächlich Öl von Bucheln und Nüssen und Leinöl, auch etwas Räpsöl bereitet; die Hammerwerke sind lauter Eisenhämmer.

Das Kataster der Mühlen und Werke, ausschließlich der oben unter den Gewerben schon begriffenen Hammerschmieden beträgt 605 fl. 56 kr.

Nach der Angabe gerechnet würden sämmtliche Brauereyen jährlich Bier erzeugen 455 Eimer.

Die Branntweinbrennereyen beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Brennen von Fruchtbranntwein und Branntwein von Zwetschgen und anderm Obst und von Weintrestern; Kirschengeist wird hauptsächlich zu Omenhausen, Gomaringen und Bronnweiler, vorzüglich aber auf dem Altenburger Hof bereitet.

Das Kataster der Schildwirthschaften und Getränkefabriken beträgt 595 fl. 14 kr.

d. Handel.
aa. Gegenstände
1. mit Naturprodukten.

Holz, Getreide, gedörrtes Obst, Wein, Branntwein, Sämereyen, Schafwolle und Vieh sind die Naturerzeugnisse, welche das Oberamt theils in das Innland, theils in das Ausland verkauft. Die meisten Erzeugnisse werden jedoch im Oberamt selbst verbraucht. Das entbehrliche Getreide wird von Mägerkingen und dem südlichen Alpbezirke häufig nach Ebingen geführt, von wo es weiter nach der Schweiz geht; ein großer Theil aber wird auf den einheimischen Fruchtmärkten [68] zu Reutlingen und Tübingen an die dortigen Becker abgesetzt; der Hauptfruchtverkauf der Alport besteht in Haber. Die Tübinger Wirthe sind meist auch die auswärtigen Käufer für den erzeugten Wein; das gedörrte Obst und der gewonnene Gartensamen wird durch die Gönninger Händler großentheils ins Ausland, das Obst hauptsächlich nach Oberschwaben abgesetzt. Nach Außen wird auch mit gebrannten Wassern Handel getrieben.

Der Handel mit Vieh besteht meist in Schafen, welche häufig nach Frankreich gehen. In die Schweiz geht von Reutlingen aus Mastvieh, das dort mit mehr Vortheil verkauft wird, als zu Hause. Eben dahin finden auch die guten Pferde ihren Absatz. Ein Gegenstand des Aktiv-Handels sind auch die Schnecken, welche fässerweise meist nach Ulm geführt werden, von wo sie die Donau hinab nach Wien gehen.

Eingeführt in das Oberamt werden hauptsächlich Häute und Felle. Die ersten, und zwar die Schmalhäute kommen meist aus Baiern, sie sind jedoch neuerlich wegen des dort darauf gelegten starken Ausgangszolls auf offenem Wege schwer zu erhalten. Die Kalbfelle kommen hauptsächlich aus der Schweiz.

2. mit Gewerbs-Erzeugnissen.

Die hauptsächlichsten Ausfuhr-Artikel in Gewerbs-Erzeugnissen sind: Leder, Leim, Druckschriften, Reutlinger Spitzen, gestickte Geldbeutel, Bortenwirkerwaaren, gestickte Hauben, Zeuge und Tücher, wozu auch Schuhmacher- und Secklerwaaren, so wie Gefährte kommen. Alle diese Gegenstände gehen nicht nur in das Innland, sondern auch in das Ausland. Übrigens sind die bedeutendsten, namentlich Leder und die Naturprodukte, nicht sowohl Gegenstand des eigentlichen Handels, als vielmehr des unmittelbaren Verkaufs des Producenten. Doch gibt es zu Reutlingen mehrere Gerber, welche auch eingekaufte Waare zu Markte bringen. Die ausländischen Märkte, wo die Waaren hauptsächlich abgesetzt werden, sind Zurzach, Frankfurt und Leipzig. Auf der Zurzacher Messe werden vornehmlich die Wollwaaren und das [69] Leder, insbesondere die zu Überleder bearbeiteten Schmalhäute abgesetzt; Frankfurt ist der Markt für das Kalbleder, das zum Theil auch nach Wien und in die Niederlande geht. Zu Leipzig finden vornehmlich die gestrickten Beutel und ähnliche Waaren ihren Verschluß. Der Leim wird meist nach Frankreich und vorzüglich nach Lyon, an die Seidenfabriken verkauft. Die Druckschriften gehen in alle Welt, und bis nach Amerika. Der Ort, von dem fast alle diese Waaren ausgehen, ist Reutlingen, das von jeher ein Haupthandels-Platz für innländische Erzeugnisse war. Bortenwirkerwaaren gehen auch viel von Pfullingen, jedoch nur mittelbar, aus.

Auch im Zwischenhandel machte sonst Reutlingen, hauptsächlich in das Hohenzollerische, Geschäfte. Dieser Handel aber, welcher hauptsächlich in das Killerthal ging, wo eine Art von Ehninger-Krämer sich befindet, welche die erhaltene Waare wieder weiter und hauptsächlich in Lothringen verkauften, ist neuerlich fast ganz zerfallen.

Die Einfuhr-Artikel sind dieselben, wie sie in der Regel im ganzen Königreich vorkommen.

Das Kataster des Handelsstandes beträgt 1484 fl. 12 kr.

Die Zahl sämmtlicher Kaufleute im Oberamt ist mit Ausschluß der in das Gewerbskataster gezogenen Kleinhänder 49, und mit Einschluß der in das Handelskataster aufgenommenen Papierfabrikanten und handelnden Rothgerber etc. 74, so daß also der Durchschnitt auf 1 Handelsmann 20 fl. 30 kr. macht. Von den Kaufleuten befindet sich nur ein einziger auf den Dörfern, nämlich zu Willmandingen.

Das ganze Gewerbskataster, Gewerbs- und Handelsstand zusammen, macht 6213 fl. 22 kr., und es kommt auf 1 Gewerbtreibenden Gewerbsteuer 2 fl. 25 kr.

bb. Hindernisse und Hülfsmittel.

Außer den allgemeinen Hindernissen, welche dem Handel überall im Wege stehen, leidet der Handel von Reutlingen und seinem Bezirke insbesondere dadurch, daß er von allem direkten Straßenzuge abgeschnitten ist, und die Stadt büßt es in diesem [70] Stücke schwer, daß sie zur Zeit, wo die Kunststraßen in Würtemberg angelegt wurden, noch Reichsstadt war. Aber nicht nur der Reutlinger, sondern der allgemeine Handel leidet darunter, weil unstreitig der kürzeste und bequemste Weg von Frankfurt und Stuttgart nach Oberschwaben und Friedrichshafen über Reutlingen durch das Pfullinger-Thal hinauf führt. Der innere Verkehr ist in neueren Zeiten durch mehrere Vicinalstraßen erleichtert.

Beförderungsmittel des Handels sind hauptsächlich die Ehninger Krämer, und, freylich nicht gerade immer zum Vortheil, die Juden. Die Erstern, früher die eigentlichen Verschleusser der Reutlinger Kaufleute, halten sich jedoch in neuern Zeiten nicht mehr so sehr an Reutlingen, wie ehedem. Dagegeben haben sich die Juden zu sehr wichtigen Mittelspersonen, sowohl bey dem ausländischen als innländischen Handel, hauptsächlich in Vieh, Häuten, Fellen und Leder gemacht, und viele Gerber in Reutlingen sind nur noch ihre Taglöhner.

Die Märkte im Oberamte sind mittelmäßig; der bedeutendste ist der Reutlinger Viehmarkt. Die um Trochtelfingen gelegenen Orte führen ihr Vieh meist dorthin zu Markte.

Das Frachtfuhrwesen wird von 3 Reutlinger Frachtfuhrleuten betrieben, welche immer mit 24—30 eigenen Pferden unterwegs sind.


VII. Gesellschaftlicher Zustand.

1. Grundherrliche Verhältnisse.

Das Oberamt enthält keine Grundherrschaften, wohl aber trägt dasselbe noch mancherley von ehemaligen Verhältnissen herrührende Grundlasten; wir werden sie mit den Berechtigten an ihrem Orte kennen lernen. Sie stammen größtentheils aus den ältesten Zeiten her, und sind häufig auch historisch nicht unwichtig. Es verdienen in dieser Beziehung vornehmlich die Rechte und Besitzungen, welche das Bisthum Chur nicht nur auf der Alp, sondern auch im Echazthale hatte, so wie die Frohndienste, angeführt zu werden, welche [71] 1) die Orte Pfullingen, Unterhausen, Oberhausen, Honau, Klein-Engstingen und Holzelfingen zum Schloß Pfullingen, hauptsächlich durch Beyführen des Brennholzes;

2) die Einwohner und insbesondere die Innhaber der Lehenshöfe und Lehensgüter von Pfullingen und Oberhausen zu dem Schloß Achalm mit Beyführung der Baumaterialien;

3) die Orte Pfullingen, Oberhausen, Honau, Klein-Engstingen, Riederich und Pliezhausen zum Achalmer Viehhof, (jetzige Mayerey) mit Feldarbeit und Heufuhren bisher zu leisten hatten.

Die beyden letztern Frohnen wurden nach dem Untergang des Schloßes Achalm auch auf das Schloß Pfullingen übertragen; die letzte, welche seit längerer Zeit unter dem Namen der Karrensteuer mit Geld entrichtet worden, wurde im Jahre 1822 mit der Summe von 1500 fl. abgekauft.

Die meisten Grundgefälle besitzen die Stiftungen zu Reutlingen; der Reutlinger Spital war früher an mehreren, vormals reichsstädtischen, Orten Grundherr. Der Betrag der Reallasten, worunter aber die auf Gebäuden und Gewerben ruhenden Gefälle, der Zehenten und die nicht ständigen Gefälle (Laudemien) nicht gerechnet sind, ist aus der Kataster-Tabelle zu ersehen. Diejenigen Gefälle, welche von steuerpflichtigen Gefällherrn, also von Andern als dem Staate bezogen werden mit Einschluß des Zehenten, sind in dem Gefällekataster ausgedrückt, wobey übrigens zu bemerken ist, daß Reallasten sowohl, als auch Gefälle, den aufgestellten Grundsätzen gemäß, nur zu ⅘ im Kataster aufgenommen sind. Diese Grundlasten haften theils auf Zinsgütern, theils auf Erb- und Fall-Lehengütern. Die erblichen haben jedoch durch das K. Edikt vom Jahre 1817 die Natur von freyen Zinsgütern erhalten, und Fall-Lehen gibt es nur zu Mariaberg und Brunnen.

Das Ablösen von Reallasten hat bis jetzt nur in wenigen Orten Eingang gefunden. Die bedeutendste Ablösung ist außer der obengenannten Karrensteuer, die eines Fall-Lehens zu Mariaberg (der Mühle.) [72]

2. Staats- und kirchliche Einrichtung.
a. Eintheilung.
aa. Bürgerliche Eintheilung.

Sämmtliche Orte des Oberamts bilden zusammen 21 Gemeinden und eben so viele Markungen, so daß von 19 Orten mit den zugehörigen Höfen jeder eine eigene Gemeinde und Markung ausmacht, von den übrigen aber je zwey zusammen, nämlich Gomaringen mit Hinterweiler; Brunnen mit Mariaberg Eine Gemeinde bilden.

Von diesen 21 Gemeindekörperschaften sind Gemeinden

1. Classe 1
2. — 3
3. — 17
bb. Kirchliche Eintheilung.

Das Oberamt enthält 16 Pfarreyen und 7 Filialien, und zwar

a. evangelisch-lutherische

aa. Pfarreyen 15
bb. Filialorte 5

Von den evangelischen Filialien gehören 2 zu auswärtigen Pfarreyen, nämlich Klein-Engstingen zur Pfarrey Kohlstetten, Oberamts Münsingen, und Stockach zur Pfarrey Dußlingen, Tübinger Oberamts.

b. Katholische

aa. Pfarreyen 1
bb. Filialorte 2

Zu den katholischen Pfarreyen kommt noch die kürzlich errichtete Pfarrey in Reutlingen.

b. Vorgesetzte Staatsbehörden.
aa. Bürgerliche Behörden.

a. Für die Verwaltung und für die Rechtspflege sind, wie in jedem Oberamtsbezirk, das Oberamt und das Oberamtsgericht die von dem Staat aufgestellten Behörden, welche ihren Sitz in der Oberamtsstadt haben. [73] Denselben steht für die öffentliche Gesundheitspflege ein Oberamtsarzt und ein Oberamtswundarzt, ein Stadtarzt (der Stadt Reutlingen) und ein Oberamts-Thierarzt, sämmtlich mit dem Sitz in der Oberamtsstadt, und ein Unteramtsarzt, der seinen Sitz in Pfullingen hat, mit dem übrigen untergeordneten Personal zur Seite.

b. Für die Finanzverwaltung ist das Cameralamt in Pfullingen die Oberbeamtung des ganzen Oberamts, so wie auch noch der auswärtigen Orte, Ehningen, Mittelstatt, Reicheneck und Sondelfingen. Auch hat dieselbe die ausländischen Gefälle in den Hohenzoller-Hechingischen Orten Jungingen und Stetten unter Hölnstein und in den Hohenzoller Sigmaringischen Orten Melchingen, Steinhülben, Trochtelfingen, Feldhausen, Harthausen, Gamertingen, Hettingen und Kettenacker zu verwalten.

c. Für die Forstverwaltung ist das Oberamt getheilt

1) unter das Forstamt Tübingen, und unter diesem unter

den Revier-Einsiedel;

2) unter das Forstamt Urach, und unter diesem unter die Reviere

Gönningen, Metzingen, Lichtenstein, St. Johann;

3) unter das Forstamt Zwiefalten und unter diesem unter

den Revier Offenhausen.
bb. Kirchliche Behörden.

a. Evangelisch-lutherische. Sämmtliche evangelisch-lutherische Pfarreyen gehören zu dem Dekanat Reutlingen und dieses zur General-Superintendenz Tübingen. [16] Nur die Filialorte Klein-Engstingen und Stockach gehören [74] mit ihren Mutterkirchen zu auswärtigen Dekanaten, jenes zum Dekanat Münsingen, dieses zum Dekanat Tübingen. [17]

b. Katholische. Die katholische Pfarrey Groß-Engstingen ist zum Landkapitel Zwiefalten eingetheilt, ebenso der Filialort Brunnen. Die neue katholische Pfarrey zu Reutlingen ist unter das Dekanat Rottenburg gestellt.

c. Allgemeine Anstalten.
aa. Beschäl-Anstalten.

Zur Beförderung der Pferdezucht bestehen in dem Oberamt 2 K. Beschälplatten, die eine zu Pfullingen, die andere zu Willmandingen.

bb. Post-Anstalt.

Die einzige Post des Oberamts ist die Post zu Reutlingen, welche unter das Ober-Postamt Tübingen gestellt ist, und in Beziehung auf den Extra-Postdienst mit den Stationen Tübingen, Neckarthailfingen und Urach, übrigens aber durch einen Influenzwagen mit der Post-Expedition zu Metzingen in Verbindung steht.

cc. Straßen-Anstalt.

a. Staatsstraßen. Diese erstrecken sich kaum in einer Länge von 2 Stunden über das Oberamt, und zwar von Reutlingen aus einerseits nach Tübingen, anderer Seits nach Metzingen. Die leztere Straße ist äußerst ungereimt, und durch immerwährende Krümmungen, Höhen und Tiefen ermüdend. Eine gerade Straßenverbindung mit Stuttgart findet nicht statt, und es ist oben schon bemerkt worden, daß [75] Reutlingen in dieser Beziehung sich sehr im Nachtheil befindet. Dagegen besitzt das Oberamt mehrere gute

b. Vicinalstraßen, d. h. solche Straßen, welche chausseemäßig angelegt sind, aber nicht auf Staatskosten, sondern auf Rechnung des Oberamts unterhalten werden. Es ist in dieser Beziehung besonders in neuerer Zeit viel geschehen, und das Oberamt zählt jetzt sieben solche Straßen:

1) Die Vicinalstraße von Pfullingen, und von da durch das Pfullinger Thal nach Klein-Engstingen und über die Alp nach Ödenwaldstetten hin. Diese Straße soll nun, sobald sie das Oberamt vollkommen hergestellt hat, zur Staatsstraße erklärt werden. Seit 1811 arbeitet das Oberamt daran, diese Straße in guten Zustand zu stellen, und mit einem Aufwand von fast 40.000 fl. hat es insbesondere im Jahr 1820 die auf die Alp führende Honauer Steige hergestellt, so daß diese nun auch von den schwersten Fuhrwerken ganz bequem befahren werden kann. Dieses schöne und bewundernswürdige Werk, das in der Hoffnung, dadurch eine Hauptstraße zu erhalten, unternommen wurde, wird jedoch solange nur einen beschränkten Nutzen gewähren, als es an einer geraden Straßenverbindung ins Unterland fehlt, und als insbesondere die steile und gefährliche Steige bey Aichelau nicht umgangen wird, was übrigens ganz leicht geschehen kann.

2) Die Vicinalstraße nach Gamertingen. Seit 2 Jahren wird auch an dieser Straße, welche von der Honauer Steig aus über Groß-Engstingen, die Heide-Kapelle, Trochtelfingen, Mägerkingen etc. führt, gearbeitet; sie ist nun ihrer Vollendung nahe, und es wird dadurch eine ununterbrochen gute Straße von Reutlingen bis Gamertingen und Sigmaringen, und somit eine sehr bequeme Straße nach dem Bodensee gewonnen, die aber von den Grenzen des Oberamts an ganz und zum Theil noch innerhalb der Grenzen auf ausländischem Boden dahinzieht.

3) Die Vicinalstraße nach Genkingen und Willmandingen. Sie führt über Pfullingen und wurde im [76] Jahr 1812 mit bedeutenden Kosten an der Stuhlsteige hinauf angelegt. Durch dieselbe ist der Frucht- und Holzhandel der Alporte sehr erleichtert.

4) Die Vicinalstraße nach Gomaringen, welche bey Dußlingen in die Schweizer Straße einläuft. Durch diese Straße wird der bedeutende Umweg über Tübingen für die obern Gegenden abgeschnitten; bey Altenburg theilt sie sich in zwey Äste; wovon der eine nach Gönningen läuft.

5) Die Vicinalstraße ins Neckarthal über Betzingen und Wannweil;

6) Die Vicinalstraße nach Rommelsbach.

7) Die Vicinalstraße von Unterhausen über Holzelfingen in das Münsinger Oberamt, eine wichtige Straße, besonders in Beziehung auf Holzbeyfuhr, mit deren Herstellung man gegenwärtig beschäftigt ist.

Die Länge dieser 7 Straßen, auf dem Boden des Oberamts, beträgt 42.889 Ruthen, oder 33 Stunden. Brücken befinden sich im Oberamte 57, nämlich 28 steinerne und 29 hölzerne; davon kommen auf Pfullingen allein 12 steinerne und 11 hölzerne.

Straßen-, Pflaster- und Brückengeld muß bezahlt werden:

1) Zu Reutlingen Brücken- und Pflastergeld; hier auch von denjenigen, welche nur an der Stadt vorbeyfahren;

2) zu Pfullingen, Brückengeld von der neuen Echazbrücke gegen die Stuhlsteige;

3) zu Honau, Brückengeld;

4) zu Brunnen, Brückengeld;

5) zu Betzingen, Brückengeld.

dd. Wohlthätigkeits- und Arbeits-Anstalten.

Wie in allen Oberamts-Städten, so besteht auch in Reutlingen ein in den Zeiten der Noth hervorgerufener Wohlthätigkeitsverein noch fort. Allgemeine Arbeits- und Gewerbsschulen gibt es nicht.

Eine Armenbeschäftigungsanstalt wurde im Jahr [77] 1822 zu Hausen an der Lauchart, und eine Industrie-Anstalt in demselben Jahre zu Groß-Engstingen errichtet.

ee. Schul-Anstalten.

Allgemeine Schul-Anstalten hat das Oberamt nicht; jeder Ort aber hat, mit Ausnahme von Brunnen und Mariaberg, seine eigene Schulanstalt.

3. Oberamts- und Gemeindehaushalt.
a. Oberamtspflege.
aa. Vermögen.

Die Oberamtskörperschaft hat als solche weder ein Grundeigenthum noch Gebäude; sie besitzt aber

1. Activ-Capitalien:

a. verzinsliche 36.502 fl.
b. sonstige Forderungen 4.277 fl.
40.779 fl.

Dagegen

2. Passiv-Capitalien:

a. verzinsliche 44.839 fl.
b. sonstige Passiva 935 fl.
45.774 fl.

Also mehr Passiva als Activa 4995 fl.

Dazu kommen

Steuer-Rückstände

der Amtspflege zu der Staatskasse 26.966 fl.
der Gemeindepflege zu der Oberamtspflege 25.005 fl.

Es bleibt also ein Rückstand der Oberamtspflege

von 1961 fl.
und somit überhaupt eine Schuldensumme von 6956 fl.
bb. Umlagen.

1. Amtsschaden.

2. Staatssteuer.

Über beyde Gegenstände gibt die Tabelle Nr. 6 Auskunft.

[78]
b. Gemeinde- und Stiftungspflegen.

Über ihren Zustand gibt ebenfalls die Tabelle Nr. 6. Auskunft. Aus derselben erhellt, daß der größere Theil der Gemeindepflegen gar keinen Gemeindeschaden hat, sondern seinen Aufwand aus eigenen ordentlichen Mitteln ohne Umlage bestreitet; ja, es ist nicht selten der Fall, daß den Bürgern noch gut geschrieben, und mit dem Überschuß der Gemeinde-Einkünfte ein Theil der Staatssteuer entrichtet wird. Daneben genießen die Gemeindebürger an jedem Orte, hauptsächlich aber auf der Alp, noch mancherley bürgerliche Beneficien — Allmandtheile, Holzgaben etc. so daß der Arme zur Noth davon allein leben könnte.

Die Haupt-Einkommensquellen der Dörfer sind Schafweide und Pferch, Allmanden und Wald.

Am besten ist der Gemeindezustand in Brunnen, Betzingen und Holzelfingen beschaffen. Bey den Schulden der Stadt Reutlingen ist zu bemerken, daß davon die auf die allgemeine Staats-Schuldenkasse neuerlich übernommenen 130.000 fl. noch nicht abgezogen sind.

B. Ortsbeschreibungen

[79]
B.
Ortsbeschreibung.
Orte diesseits der Alp.

1. Reutlingen.
Literatur.
a. Schriften.

Versuch einer Beschreibung der Stadt Reutlingen. Von Dr. Friedrich August Memminger, Hofmedikus. Reutlingen 1805.

Der Verfasser klagt in seiner Vorrede, daß ihm alle Quellen verschlossen geblieben seyen. Die Schrift ist deßwegen auch sowohl in historischer als statistischer Beziehung mangelhaft.

Umständliche Relation, wie es mit der Reformation der Stadt Reutlingen sowohl vor, in und nach dem Jahr 1517 eigentlich hergegangen. (von dem Syndicus J. G. Beger.) Reutlingen 1717. Eine sehr schätzbare Schrift.

Kirchengeschichtliche und rechtliche Nachrichten von dem Rural-Capitel in des heil. R. R. Reichsstadt Reutlingen etc. Von Georg David Beger, Syndicus in Reutlingen. 1765. Auch eine schätzbare Schrift von dem Sohn des vorigen.

Der Stadt Reutlingen Anfang Freyheiten, auch was löblich darinnen etc.; was uns für Nutzen das Wasser Echsatz bringt, und noch anderes mehr, gestellt durch Melchior Weiß 1603. Handschrift ohne Gehalt und unzuverlässig.

Chronika und gründliche Beschreibung des h. R. R. Reichsstadt Reutlingen etc. etc. beschrieben [80] durch Joh. Fizion, Burger und Collaborator der deutschen Schule 1603. Fortgesetzt von einem Ungenannten 1740.

Eine handschriftliche Reim-Chronik von gewöhnlicher Art; eine ähnliche hat auch Jakob Frischlin, der Bruder des Nikodemus, geschrieben.

Kleinere gedruckte Abhandlungen und Aufsätze über einzelne Gegenstände werden an ihrem Orte angeführt werden.

b. Plane.

Grundriß der Stadt Reutlingen, ohne Jahrszahl, aber bald nach dem Brande gefertigt.

Stadtplan von Reutlingen. Er wurde bey der Landesvermessung im Jahre 1820 aufgenommen und in der K. lithographischen Anstalt in dem 2500 theiligen Maßstabe lithographirt.

Lage und Verhältnisse der Stadt.

Reutlingen, eine Kreis- und Oberamtsstadt, liegt unter 26° 51′ 0″ Länge und 48° 30′ 6″ Breite, 9 Stunden von Stuttgart, an der Echaz und am Fuße der Achalm, 1150 bis 1170 Fuß über der Meeresfläche, auf einer sanft ansteigenden Ebene. Die Lage ist heiter und frey, die Umgebung malerisch, der Boden fruchtbar und reich an Obst und Wein. Auf der westlichen Seite der Stadt breitet sich eine weite, ziemlich ebene Fläche aus; auf der östlichen Seite zieht die Alp in den schönsten Formen hin.

Als Kreis- und Oberamtsstadt ist Reutlingen der Sitz der Regierung und der Finanzkammer des Schwarzwaldkreises und aller oberamtlichen Stellen mit Ausnahme der Oberamtspflege, welche ihren Sitz in Pfullingen hat; ferner ist es Sitz eines Dekanats und neuerlich auch zum Sitz eines Generalats (General-Superintendez) bestimmt, und eines Postamts.

Als König Friedrich 7 gute Städte schuf, nahm er auch Reutlingen darunter auf, und dieser Vorzug hatte die Folge, daß die Stadt jetzt die Landtage neben dem Abgeordneten des Oberamts-Bezirks noch mit einem eigenen Deputirten beschickt. [81] Die grundherrlichen Rechte, oder vielmehr die Grundgefälle sind unter mehreren Besitzern vertheilt.

Den Zehnten bezieht durchaus die Stadtpflege, sie entrichtet aber für den Weinzehnten an den Staat eine jährliche Gülte von 60 Eimer Wein, oder wenn kein Wein wächst, von 3 fl. 20 kr. für den Eimer. Nur in einigen an der Markungsgränze liegenden Feldbezirken haben die K. Cameral-Verwaltung, die Universität Tübingen und der Spital Nürtingen theils allein, theils in Gemeinschaft den Zehnten zu beziehen. Auch ist der Novalzehnte der Herrschaft zuständig.

An Gefällen beziehen

der Staat ewige Zinse, über Abzug von 128 fl., welche neuerlich abgelöst worden sind, noch 260 fl. 14 kr., wovon 86 fl. auf Häusern und Gewerben ruhen.

Die Stadtpflege ewige Zinse aus den Weihergärten 328 fl. 45 kr., Canon aus den Allmandtheilen 600 fl. und einige Weingefälle.

Die Armenpflege Geld 57 fl. 30 kr. und einige kleine Gaben und Theilgebühren in Wein.

Die Kirchenpflege Geld 160 fl. 30 kr.

Die Spitalpflege Geld 85 fl. 38 kr. und wieder einige kleine Gaben und Theilgebühren in Wein, nebst 7 Scheffel Früchte.

Ferner beziehen die Bechtenpflege und die Pfarrey Unterhausen einige kleine Gefälle.

Beschaffenheit der Stadt.

Die Stadt liegt ziemlich eben, und hat im Ganzen, wie schon aus der beyliegenden Karte, noch mehr aber aus dem neuen Stadtplan erhellt, eine sehr regelmäßige Gestalt. Sie ist mit Graben, Zwinger und hohen Mauern und stattlichen Thürmen umgeben, hat 4 Haupt- und 3 Nebenthore und innerhalb derselben an der südlichen Ecke noch Überreste von besondern Befestigungswerken, „der obere und der untere Bollberg“ genannt. Die hohen Stadtmauern sind neuerlich an mehreren Stellen abgenommen, zum Theil auch durchbrochen worden. Außerhalb der Mauern befinden sich drey kleine offene Vorstädte:

1) die obere Vorstadt, gegen Pfullingen hin, [82] 2) die untere Vorstadt, auf der entgegengesetzten Seite,

3) die Tübinger- oder Mettmanns-Vorstadt.

Auch ist der Graben fast rundum mit Häusern besetzt.

Weniger freundlich, als die Umgebung ist die Stadt selber, und weniger regelmäßig, als ihre Gestalt, ihre Anlage, obgleich die Stadt nach dem Brand von 1726 ganz neugebaut wurde. Die Straßen sind meist krumm, eng und ohne Plan angelegt, die Häuser größtentheils schlecht, durchaus von Holz, unverblendet und durch hohe Giebel verunstaltet. Nur wenige Straßen sind gepflastert, und häufig sind Bäche durch dieselben gerichtet. Das eigenthümliche reichsstädtische Aussehen vermißt man in Reutlingen ganz; man glaubt sich vielmehr in einem großen Dorfe zu befinden; wie im Innern der Häuser, so spricht sich auch im Äußern überall die Genügsamkeit und Sparsamkeit der Reutlinger aus.

Die Hauptstraßen sind: 1) die obere und untere Wilhelmsstraße, 2) die Metzger- und Kirchen-Gasse, 3) die Katharinen-Straße, 4) die Kanzleystraße. Die beyden ersten ziehen, jedoch nicht geradlinig, durch die ganze Stadt der Länge nach hin.

Der Marktplatz ist, seitdem die Metzig 1810 weggeräumt worden, nicht unansehnlich, aber größtentheils ungepflastert. Ein zweyter nicht unansehnlicher Platz ist der Kanzleyplatz, früher ein Kloster- und nachher der Schwörhof, der mit einer, nun abgebrochenen Mauer umgeben war.

Vergleichen wir das Gebäudekataster von Heilbronn, welche Stadt 2300 Einwohner weniger als Reutlingen hat, so finden wir, daß dort der Werth der Gebäude im Ganzen um 1.271.000 fl., und eines einzelnen Gebäudes um 860 fl. höher als in Reutlingen ist, und daß in Heilbronn auf 1 Menschen ein Gebäude-Vermögen von 382 fl., in Reutlingen von 152 fl. kommt. Das am höchsten angeschlagene Haus ist das der Wittwe Steck mit dem Kaufspreis von 8500 fl. Unter den öffentlichen Gebäuden sind zu bemerken:

Vier Kirchen, sämmtlich Stiftungs-Eigenthum der Stadt: [83] 1) Die Marienkirche, die Hauptkirche der Stadt. Sie ist ein sehr ansehnliches und das einzige merkwürdige Gebäude der Stadt, ganz von Quadern in gothischem Geschmack gebaut, mit vielen zum Theil freylich schweren Verzierungen. Das Schiff der Kirche ist 127½ Fuß lang, der Thurm soll 325 Fuß hoch seyn. Es wurde 70 Jahre lang an der Kirche gebaut; Veranlassung zu dem Bau gab eine Belagerung der Stadt im Jahre 1247 durch den Gegenkönig Heinrich Raspo, während welcher Zeit die Bürgerschaft der Mutter Gottes den Bau einer Kirche gelobte, wenn sie glücklich befreyt würde. Heinrich zog ab und ließ einen Sturmbock, wovon unten noch die Rede seyn wird, von 227½ Fuß Länge zurück; gerade so lang wurde jetzt das Schiff der neuen Kirche angelegt.

Bey dem großen Brande im Jahre 1726 brannte das Innere der Kirche ganz aus, der Thurm stand wie eine glühende Säule da, und das schöne Gebäude litt sehr Noth. [18]

2) Die Nikolaikirche. Sie ist nach der Marienkirche die größte und älteste der Stadt, und soll im Jahre 1300 von einem Grafen Albert von Achalm? erbaut worden seyn. Sie hat sich noch aus dem großen Brande gerettet; und es wurde alljährlich noch bis auf die neuesten Zeiten an dem sogenannten Brandfeste eine Gedächtniß-Predigt darin gehalten. In den letztern Jahren diente sie zum Magazin für die Nachbarn, seit 1823 ist sie zur katholischen Pfarrkirche eingerichtet.

3) Die Spitalkirche. Sie steht in Verbindung mit dem Spital am Marktplatz, und wurde im Jahre 1539 von der abgebrochenen Franziskaner-Klosterkirche gebaut.

4) St. Peters-, oder Waisenhaus-, auch Armenhauskirche. Sie steht außerhalb der Stadt auf dem Kirchhofe, und war ehemals Mutterkirche der Orte Degerschlacht [84] und Sickenhausen, bis diese 1679 durch Tausch davon getrennt und zu einer eigenen Pfarrey erhoben wurde. S. Omenhausen.

Das Rathhaus. Es ist ein nicht unansehnliches Gebäude, das aber in einer engen und abgelegenen Gasse versteckt liegt. Wie fast alle Gebäude wurde es erst nach dem großen Brande vom Jahr 1726 erbaut. Vorher stand das Rathhaus auf dem Marktplatze, brannte aber daselbst bis auf den untern Stock ab, welcher nachher mit einem bretternen Dache bedeckt wurde und bis 1810 zur Metzig diente. Dieses ältere Rathhaus war 1563 erbaut worden, auf den Grund einer Kirche, von welcher man bey Wegräumung der Metzig folgende Inschrift gefunden hat:

Hec Ecclesia Sanctorum Petri et Pauli Apostolorum inchoata fuit anno Domini MCCXLVI. II. nonas Martii. Deinde Anno III. consecrata dominica prima post festum Salvatoris Jesu Christi.

Die Kanzley, ein sehr großes Gebäude, worin die Kreisregierung und die Finanzkammer ihren Sitz und der Präsident und Direktor der Regierung ihre Wohnung haben. Es war ein Franziskaner Barfüßer Kloster, das in Folge der Reformation im Jahr 1535 von den Barfüßern gegen ein Leibgeding abgetreten wurde. Zu reichsstädtischen Zeiten diente es zur Wohnung für geistliche und weltliche Diener und zu andern öffentlichen Zwecken. Bey der Organisation im Jahre 1803 wurde das Eigenthumsrecht der Kammer zuerkannt, welche das Gebäude zur Wohnung des Oberamtmanns und des Steuer-Einnehmers bestimmte. Nachher wurde es zur Kaserne eingerichtet, 1811 aber vom Kriegs-Departement als entbehrlich an die Stadt verkauft: 1817 erbot sich die Stadt, es zu Kanzleyen und zur Wohnung des Regierungs-Präsidenten einzurichten, und 1823 ging das Eigenthumsrecht durch Vergleich an den Staat über.

Wann und von wem das Kloster gestiftet worden, ist unbekannt.

Die Klosterhöfe: 1) der Königsbronner. 2) der Zwifalter, 3) der Marchthaler, 4) der Bebenhäuserhof und 5) der [85] Nürtinger Spital-, ehemals Salmannsweiler-Hof. Diese Gebäude haben mit Ausnahme des letztern ihre ursprüngliche Bestimmung sämmtlich verloren. Der Königsbronnerhof dient jetzt zum Oberamtssitz, die andern sind in bürgerliches Eigenthum übergegangen. Mit diesen Höfen waren Besitzungen und Gefälle verbunden, wozu die Klöster auf verschiedenen Wegen kamen. Königsbronn z. B. kam dazu als Kirchenpatron, Bebenhausen durch den Pfalzgraf Rudolph v. Tübingen, der im Jahre 1247 sein Gut zu Reutlingen dem Kloster verkaufte, Zwifalten ohne Zweifel durch seine Stifter, die Grafen von Achalm, Marchthal wohl auch durch die Pfalzgrafen von Tübingen, und der Spital Nürtingen erkaufte seinen Besitz im Jahre 1738 von der Familie Forster, auf die er von dem Kloster Salmansweil gekommen war. Bey dem Oberamteygebäude befindet sich noch das Gehäuse einer kleinen Capelle, wie sie die Klöster hier bey ihren Höfen, womit sie einen kleinen Staat im Staate bildeten, hatten.

Die Zunfthäuser, deren 12 an der Zahl waren, gehörten den Zünften an, und waren bey der frühern Verfassung im Grunde eben so viele Rathhäuser. Jetzt haben sie mit jener aufgehört, und die Häuser sind meist theils verkauft, theils zu andern Zwecken benutzt, wie für die Schulen.

Andere bemerkenswerthe öffentliche Gebäude sind: der Spital und das Armenhaus etc., welche später noch vorkommen werden.

Bevölkerung und Nahrungsstand.

Von der Zahl der in der Tabelle angegebenen ortsangehörigen Einwohner waren im gedachten Jahre 1822 abwesend 283, dagegen hielten sich Fremde im Orte auf 397; die Zahl der wirklich in dem Orte lebenden Personen war als 9589, die Zahl der Ehen war 1736, es kommen somit auf 1 Ehe 5½ Menschen.

Die Bevölkerung wächst von Jahr zu Jahr. Nach dem Übergang der Stadt an Würtemberg, im Jahre 1803, betrug die Inwohnerschaft 7755. Sie ist also innerhalb 20 Jahren [86] um 1720, und im Durchschnitte jährlich um 86 Menschen gewachsen. [19]

Geboren wurden jährlich im Durchschnitte in den letztern 10 Jahren 374 Kinder, darunter uneheliche 25. Es kommen somit auf nicht ganz 25 Menschen 1 Geburt und auf 14 bis 15 Geburten 1 uneheliche. Gestorben sind in demselben Zeitraume jährlich 295. Darunter sind todtgebohrne 16. Es starb somit der 31 bis 32ste Mensch und das 19te Kind kam todt zur Welt; die Sterblichkeit ist geringer als in manchen Dörfern des Oberamts. Vergl. S. 43.

Die Hauptnahrung der Einwohner besteht in dem Gewerbe. Es gibt wenig Orte im Königreiche, wo eine solche Gewerbsthätigkeit herrscht, wie in Reutlingen; zwar findet man wenig oder gar keine Fabriken, aber ganz Reutlingen ist eine Fabrik. Die bedeutendern Gewerbe sind oben S. 66 schon namhaft gemacht worden, hier heben wir noch besonders aus:

Die Gerberey, und zwar hauptsächlich die Rothgerberey, welche in Reutlingen stärker, als irgendwo im Königreiche betrieben wird. Das Haupterzeugniß ist Überleder; Sohlleder wird wenig verfertigt. Die Saffiangerberey hat in neuern Zeiten abgenommen, dagegen wird jetzt die Bereitung von laquirtem Leder in allen Farben betrieben und es hat sich darin besonders der Lederlaquirer Sommer hervorgethan. Die bedeutendsten Geschäfte in der Gerberey machen und das höchste Kataster haben: unter den Rothgerbern Johann Helb, unter den Weißgerbern Rudolph Waiblin.

Leimsiedereyen zählt man 14; sie liefern jährlich an 1000 bis 1500 Centner Leim (à 30–35 fl.), der hauptsächlich von den Hut- und Seidenfabriken in Lyon verbraucht wird.

Die Buchdruckerey und der Bücherhandel sind gleichfalls bedeutend; Reutlingen besitzt 11 Buchdruckereyen, welche sehr bedeutende Geschäfte machen. Bekanntlich ist die Stadt ein Hauptsitz des Nachdrucks; aber auch viele Originalwerke [87] werden hier gedruckt, wie z. B. neuerlich die schöne Ausgabe der alten Klassiker von der Stuttgarter Societät.

Die Bortenwirkerey ist weniger von Bedeutung; mehr noch ist es das Spitzenklöppeln, Verfertigung von gröbern Spitzen, welche unter dem Namen der Reutlinger oder Ehninger Spitzen (weil sie durch die Ehninger Krämer hauptsächlich verschlossen werden) bekannt sind. Man trifft Sommers überall auf freyer Straße, vor den Häusern Weibsleute, welche damit beschäftigt sind. Übrigens hat der Absatz neuerlich abgenommen, was hauptsächlich dem Mangel einer zweckmäßigen Leitung des Geschäfts und dem Zurückbleiben hinter dem Geschmack der Zeit in der Zeichnung zugeschrieben wird. Die Geldbeutel, welche von den Weibsleuten gestrickt werden, gehen zu Tausenden auf die Leipziger Messe. Von Holzwaaren gehen viele Sattelbäume aus. In neuern Zeiten werden auch gute Wagen in Reutlingen verfertigt, welche Absatz ins Ausland finden. In der Glockengießerey und der Verfertigung von Feuerspritzen haben die Reutlinger früher immer einen besondern Ruf behauptet; die leztere Kunst war hier lange allein einheimisch und gleichsam Eigenthum der Familie Kurz, von der auch die Spritzenmacher in Stuttgart abstammen. Eine große Anzahl von Secklern und von Schuhmachern arbeitet nicht nur für den innern Verbrauch, sondern auch für den Verkauf auf auswärtigen Märkten.

Fabriken im engern Sinne hat Reutlingen nicht; außer den oben angeführten Papier-Fabriken und einer Pulvermühle; eine Türkischroth-Färberey, womit eine Baumwollenspinnerey verbunden war, hat neuerlich wieder aufgehört. Die Pulvermühle hatte im Jahre 1822 das Unglück in die Luft zu fliegen, wobey zwey Menschen ihr Leben verloren, sie ist aber jetzt wieder hergestellt. Sehr förderlich ist dem Gewerbe in Reutlingen der Echazfluß, welcher in mehreren Canälen vertheilt ist.

Die Mühlen und Werke sind in der Tabelle 4. zu finden; hier ist noch zu bemerken: ein Bad, das Kuzisbad genannt, eine kleine Privatanstalt, die jedoch einzig zum Baden [88] eingerichtet ist, ihre eigene, aber nicht mineralische, Quelle hat und deßwegen die hiesige Schwefelquelle benutzt.

Der Handel ist nicht unbedeutend; ein höherer Handelsgeist hat jedoch in Reutlingen nie geherrscht; eine Ursache davon mag die Abgeschiedenheit von den Handelsstraßen bisher gewesen seyn.

Der Handel besteht hauptsächlich in Manufakturwaaren; die zwey bedeutendsten Handlungen sind nach dem Kataster die von Sixt Jakob und Wilhelm Finkh und die von Johann Georg, Christian und Wilhelm Fink.

Die Stadt hat drey Jahrmärkte, und eben so viele Wochenmärkte, welche zugleich Fruchtmärkte sind.

Die Landwirthschaft ist zwar ein untergeordneter, dennoch nicht unwichtiger Nahrungszweig. Die Stadt besitzt eine große Markung, und erzeugt viel Obst, Wein, Gemüse, hauptsächlich aber viel Heu und Öhmd. Vergl. S. 59.

Kirchen- und Schulwesen.

Die Stadt hat zwey Pfarreyen: eine evangelische und eine katholische: die letztere wurde erst i. J. 1823 errichtet.

Die evangelische Pfarrkirche ist die Marienkirche. An derselben stehen drey Geistliche: der Stadtpfarrer, zugleich Dekan und zwey Helfer. Vormals stand neben dem Stadtpfarrer, wie an der Stiftskirche zu Stuttgart, noch ein besonderer Prediger, Hauptprediger genannt, als erster Stadtgeistlicher. Seine Stelle wurde zur Zeit der Reformation (mit Alber) errichtet; unter Würtemberg aber mit dem vierten Sonntags-Gottesdienst, der Frühpredigt, aufgehoben.

Außer der Pfarrkirche wird noch in der Spitalkirche und ebenso in der Waisenhauskirche oder Armenkirche von dem Spitalpfarrer alle Sonntage Gottesdienst gehalten.

Die katholische Pfarrkirche — die Nicolaikirche ist mit einem Pfarrvikar besetzt. Die Einrichtung dieser neuen Kirche wurde mit einem Beytrag der Stadt auf Kosten des Staats gemacht.

Im Ganzen hat also die Stadt 4 Kirchen, worin Gottesdienst [89] gehalten wird, und fünf Geistliche. Sämmtliche Stellen werden von dem König ersetzt. Die evangelischen Geistlichen werden von der Spitalpflege besoldet, die Erhaltung des katholischen hat der Staat übernommen. In frühern Zeiten hatte das Kloster Königsbronn das Patronat in Reutlingen. Es war demselben im J. 1308 von Kaiser Albert I. mit allen Rechten geschenkt worden. Da das Kloster durch die Reformation sich immer mehr beeinträchtigt sah, so verkaufte es im Jahr 1533 den großen und kleinen Zehnten an den Spital mit Vorbehalt einer jährlichen Gült von 10 Fuder Wein für 6000 fl. Diesem Verkauf folgte, wie es scheint, der des Patronats und Kirchensatzes erst später; in dem Repertorium des Stadtarchivs ist eine Quittung des Abts vom Jahr 1558 gegen 2000 fl. für den abgekauften Kirchensatz angezeigt.

Die Schulanstalten bestehen in einer lateinischen Schule und in einer deutschen Schule, wovon jede ihr eigenes Schulgebäude hat. Die lateinische Schule hat vier Classen und 4 Lehrer: eine Rector und drey Präceptoren. Sie steht unter dem Pädagogarchen zu Tübingen. Die deutsche Schulanstalt besteht aus drey Knaben- und vier Mädchenschulen, jede mit einem Schulmeister und einem Provisor. In denselben befinden sich dermalen an 1400 Kinder, welche nach den verschiedenen Altersstufen darin vertheilt sind. Zu den obigen sieben Schulen kommt jetzt noch eine katholische. Die hiesigen Schulanstalten haben sich in neuerer Zeit sehr gebessert. Eine Realschule, welche Reutlingen in der letzten Zeit seiner Selbstständigkeit eingerichtet hatte, wurde später wieder aufgehoben, eine Aufhebung, die für die Stadt und ihre Verhältnisse sehr zu bedauern und durch die Einrichtung bey der lateinischen Schule nur höchst mangelhaft ersetzt ist. Arbeitsschulen oder Industrieschulen fehlen ebenfalls; seit 1821 besteht jedoch eine Nähanstalt für 12 arme Mädchen.

Die Schulanstalten sind im Genuß nicht unbedeutender Stiftungen.

[90]
Wohlthätigkeits-Anstalten und Stiftungen.

Ein Spital zum heiligen Geist hat zunächst die Bestimmung für die Armuth zu sorgen. Sein Ursprung ist nicht bekannt, geht aber auf jeden Fall über das 14te Jahrhundert hinaus. Mit der Anstalt wurden um die Zeit der Reformation ein Kloster der Meisterin und Sammlungs-Schwestern, so wie auch die, gleichwohl unbedeutenden, Einkünfte des 1535 aufgehobenen Franziskaner Klosters vereinigt. Durch ersteres gelangte der Spital zu dem Besitz von vier dreytheiligen Erblehenshöfen, nämlich drey zu Dußlingen und einem zu Sickenhausen; durch letztere erhielt er verschiedene Gefälle. Schon vorher aber besaß er die Dörfer Wannweil, Omenhausen und Stockach, den Gaisbühlhof und einen dreitheiligen Hof nebst der Hälfte des großen Zehnten und dem Fischwasser im Neckar zu Kirchenthälinsfurth, und viele andere theilige Güter und Gefälle, wozu später noch eine nicht unbedeutende Summe von Geld-Capitalien kam.

Sein jährliches Einkommen wurde im Jahr 1802 auf ungefähr 16.000 fl. berechnet.

Der Spital führte sein eigenes Siegel, war übrigens dem Stadtmagistrat unterworfen. Früher wurden sogenannte Pfründer aufgenommen, welche sich darein einkauften; seitdem jedoch im Jahr 1801 die große Spitalscheuer mit allen ihren Vorräthen abgebrannt ist, wird keine eigene Ökonomie mehr geführt, und das Pfründwesen hört allmählig auf.

Das Armenhaus, insgemein Waisenhaus genannt, ist eine zur Aufnahme von unvermöglichen Bürgern in gesunden und kranken Tagen bestimmte Anstalt. Das Haus liegt am Ende der untern Vorstadt, und besteht in zwey Wohngebäuden, worin in der Regel 80 Personen verpflegt werden. Die Verpflegung wird im Abstreich verakkordirt. Ursprünglich war das Haus ein Sonder-Siechenhaus, welches von der Landgräfin Elisabeth, Gemahlin Ludwigs von Thüringen, die im Jahr 1231 starb, gestiftet worden seyn soll, erweislicher Maßen wenigstens schon 1248 bestand, und allmählig sich [91] ein ansehnliches Vermögen erwarb, so daß es bey dem Übergang an Würtemberg ein jährliches Einkommen von ungefähr 7000 fl. und ein Activ-Kapital von 42.000 fl. besaß. Im Jahr 1752 wurde mit der Anstalt ein Waisenhaus verbunden und zu dem Ende ein neues Gebäude dabey aufgeführt. Unter Würtemberg wurde das Waisenhaus wieder aufgehoben, und mit der allgemeinen Waisen-Anstalt vereinigt.

Ein Bettelhaus, auch Armenhaus genannt, ist eine kleine Krankenanstalt für ansteckende und auf dem Schub gebrachte Kranke, welche von dem Waisenhaus verköstigt werden. Außerdem besitzt Reutlingen noch folgende besondere Stiftungen:

Bey der Stadtpflege angelegt:

1000 fl. Begerscher Stiftungsfonds für Studierende aus dieser Familie;

400 fl. Knorersches Stift zur jährlichen Zinsvertheilung unter die Mitglieder des Stadtraths;

25 fl. Jakob Wucherersches Stift, wovon die Zinse dem Musik-Collegium abgereicht werden;

2000 fl. von verschiedenen Stiftern, zur Unterhaltung der Stadtbibliothek.

Bey der Kirchenpflege:

3000 fl. von verschiedenen Stiftern, wovon die Zinse für arme Wöchnerinnen bestimmt sind;

100 fl. für Kalbfellsche Waisen.

200 fl. Stiftung, wovon die Zinse armen Reutlingischen Pfarr-Wittwen zukommen;

100 fl. für arme Schulknaben der Wuchererschen Familie gestiftet;

5976 fl. von verschiedenen Stiftern für studierende Reutlinger Bürgers-Söhne;

300 fl. für Studierende besonderer Familien.

Bey der Spitalpflege:

10.000 fl. Heinrich Finksches Stift für arme Schulkinder und kranke Arme ledigen Standes.

20 Pfd. Heller, Kaplan Gregorius Zieglersches Stift, [92] jährlich an zwey arme und keusche Jungfrauen bey ihrer Verheirathung auszutheilen.

Jährlich auszutheilende kleine Stifte für Arme im Spital von verschiedenen Stiftern.

Die besonders bestehende Bechtenpflege mit einem eigenen Verwalter und mit 4705 fl. Fonds, wovon die Zinse auf Studierende von der Familie bis auf 10 fl. verwendet werden, welche alle Jahre dem Fond zuwachsen. Der Senior der Familie hat die Oberaufsicht.

Sammlungen.

Eine öffentliche Bibliothek ist noch von den reichsstädtischen Zeiten her vorhanden. Sie besteht aus 5 bis 6000 Bänden und ist auf dem Rathhause aufgestellt. Die Sammlung kann aber nicht fortgesetzt werden, da ihr ganzer Fond in 80 fl. besteht.

Ein Stadt- und Spital-Archiv enthalten viele schätzbare Urkunden, welche einer genauen Benutzung werth wären. Leider aber befinden sich dieselben in Unordnung und man hat Mühe Etwas aufzufinden.

Städtischer Haushalt.

Die Verwaltung theilt sich gesetzmäßig, wie in allen Städten des Königreichs, in die Stadtpflege und in die Stiftungspflege. Die Stiftungspflege zerfällt aber hier wieder in 3 Abtheilungen: 1) die Spitalpflege, 2) die Armenpflege und 3) die Kirchenpflege. In reichsstädtischen Zeiten wurden die Stiftungen in 9 abgesonderten Pflegen verwaltet: 1) die Spitalpflege; 2) die Armen-Sondersiechenpflege; 3) die Waisenhauspflege; 4) die Spenden-(Almosen) Pflege; 5) die Heiligenpflege, welche hauptsächlich den Bau und die Erhaltung der Pfarrkirche und der Kirche zu Bronnweiler zu besorgen hatte; 6) Spönlenspflege, gestiftet von der Wittwe Ludwig Spönlens im Jahr 1494; 7) die Walkersche Pflege, gestiftet von der Familie Walker im Jahr 1386; 8) die Zehentpflege, und 9) die [93] Pfründpflege, welche aus eingezogenen Pfründen für Messen, Meßpriester und Caplane bestand. Diese letztere Pflege wurde bey der Organisation im Jahr 1803 für die K. Kammer eingezogen, die Zehentpflege wurde mit ihrem Einkommen der Stadtpflege zugetheilt, und die 7 andern Pflegen wurden anfänglich in zwey, im Jahr 1820 aber in die drey oben genannten Pflegen vereinigt.

Der Zustand der Stadtpflege sowohl, als der Stiftungspflegen ergibt sich aus der Tabelle Nr. 6. In Beziehung auf die Schulden der Stadtpflege muß die Bemerkung gemacht werden, daß davon eine, neuerlich von dem Staat übernommene Summe von 130.000 fl. noch nicht abgezogen ist. Das Vermögen der Stadtpflege besteht hauptsächlich in dem Altenburger Hofe und andern Gemeindegütern, in Wald, in Gebäuden und Gewerben — 5 Mühlen und 1 Bleiche. Die Einkünfte fließen aus eben diesem Vermögen, aus den im Jahr 1803 der Stadt überlassenen Zehnten und Theilgebühren, aus Schafweide und Pferch und den gewöhnlichen städtischen Einkommensquellen. Nach einer Durchschnitts-Berechnung von 1809/19 betragen sie 22.076 fl.

darunter namentlich Zehnt- und Theilgebühren ungefähr 6570 fl.
Mühlen und Wald 4900 fl.
Altenburger Pacht und andere Güter 1800 fl.
Schafweide und Pferch 1650 fl.
Bleiche 500 fl.
Die Ausgaben, ohne Zinse, sind berechnet auf 20.438 fl.
Die jährliche Umlage (Stadtschaden und Amtsschaden) betrug in eben demselben Zeitraume im Durchschnitt 10.500 fl.

Das Stiftungsvermögen besteht in Gebäuden, Grundeigenthum, besonders in theiligen Höfen, Gefällen etc. inner- und außerhalb des Oberamts und in Capitalien. Das Einkommen ward 1803 auf 34.500 fl. berechnet, in Folge der niedern Preise sank es neuerlich herab, so daß der Stiftungsetat vom Jahr 1820/21 war: [94]

1) von der Spitalpflege Eink. 12.315 fl. Ausg. 10.941 fl.
2) von der Armenpflege 5.768 fl. 8.221 fl.
3) von der Kirchenpflege 5.430 fl. 3.435 fl.
23.513 fl. 22.597 fl.

Von ihren Einkünften haben die Stiftungspflegen nicht nur für wohlthätige Zwecke, sondern auch für Kirchen und Schulen zu sorgen, und namentlich alle Kirchen- und Schuldiener in der Stadt und zum Theil selbst außer ihr zu besolden.

Merkwürdigkeiten.

Die Hauptmerkwürdigkeit von Reutlingen ist seine schöne Lage und die vor der Stadt liegende Achalm, von welcher aber, da sie noch von alten Zeiten her zum Oberamt Urach gehört, hier nicht die Rede seyn kann.

Im Innern der Stadt gibt es wenig zu bemerken; die einzige Merkwürdigkeit ist:

Die Marienkirche, und ein darin aufbewahrtes Stück von dem von Kaiser Heinrich zurückgelassenen Sturmbock. Dieses Werkzeug, das seit bald 600 Jahren alle Schicksale der Stadt erfahren hat, ward nach Aufhebung der Belagerung in die Stadt gebracht und als Maßstab auf dem Platze niedergelegt, wo die der heil. Jungfrau gelobte Kirche erbaut werden sollte. S. S. 83. Hier blieb es auch in der Kirche liegen, bis im Jahr 1517 Kaiser Maximilian I. nach Reutlingen kam, und befahl, es als eine Merkwürdigkeit, welche zur allgemeinen Anschauung ausgestellt seyn sollte und die sich als ein Kriegswerkzeug für eine Kirche nicht schicke, wegzuschaffen. Dieß geschah, der Sturmbock wurde, nach dem deßwegen, weil man auf keine andere Weise zu Stande kommen konnte, ein Loch durch die Kirchmauer gebrochen worden war, aus der Kirche entfernt und im Jahr 1563 mit einer lateinischen Inschrift an dem neuen Rathhaus aufgehängt, wo er aber 1726 mit dem Hause bis auf das Stück, das jetzt wieder in der Kirche aufbewahrt ist, verbrannte.

Das sogenannte Marsbild, das an dem Spital gegen [95] den Markt heraus zu sehen ist, mag als ein Alterthum, das zu mancherley Vermuthungen und Behauptungen Veranlassung gegeben hat, hier auch noch eine Stelle finden. Es besteht in einem abentheuerlichen Fratzenbild mit der Inschrift:

Mars MCII
zehlt 1111 Jahr
diz Figur gemacht
der Heyden Abgott.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß ein Mönch oder Bildhauer des 12ten Jahrhunderts damit eine Satyre auf den Heidnischen Götzendienst machen wollte. Eine Abbildung und Beschreibung des Bildes findet sich in Sattlers ältesten Geschichte des Herzogthums Würtemberg. S. 379. und Tab. XXIX.

Außerhalb der Stadt verdient bemerkt zu werden:

„Hinter St. Leonhard,“ ein Feld, das an der obern Vorstadt, links von der Straße nach Pfullingen liegt, und seinen Namen von der St. Leonhards-Capelle erhalten hat, welche bis 1531, wo sie mit andern katholischen Capellen abgebrochen wurde, hier stand. Das Feld ist merkwürdig durch die Niederlage, welche hier den 14. Mai, 1377 Graf Ulrich von Würtemberg erlitt. Die Reutlinger und ihre Verbündeten hatten in der Nacht mit 700 Mann einen Ausfall gemacht, und zogen plündernd und verheerend gegen Urach hin. Graf Ulrich rückte mit den Seinen von der Achalm herab, und stellte sich ihnen, als sie mit Beute beladen, zurückkehrten, in den Weg. Das sahen die in der Stadt, fielen unbemerkt durch ein Nebenthörlein heraus, und der Graf, der so zwischen zwey Feuer kam, wurde gänzlich geschlagen. Unter den Gefallenen waren 3 Grafen, worunter ein Graf von Zollern, und ein Pfalzgraf von Tübingen sich befanden, und 45 der edelsten Ritter. Ulrich selbst wurde verwundet auf die Achalm gebracht, und die Reichsstädte erhoben ihr Haupt wieder stolzer, als je.

Der Heilbrunnen, eine gehaltreiche Schwefelquelle, [96] eine gute Viertelstunde von der Stadt, wodurch Reutlingen in die Klasse der Badeorte gekommen ist.

Von der Beschaffenheit der Quelle war oben S. 35 schon die Rede. Sie ist für den Gebrauch unter einer bretternen Hütte gefaßt; eine eigentliche Badeanstalt ist (das oben genannte Kuzisbad kann hier nicht in Betracht kommen) nicht vorhanden, sondern das Wasser wird für den Gebrauch zu Bädern in die Stadt geführt, wo in den Gasthöfen gebadet werden kann. Bis jetzt ist indeß von der Quelle nie viel Gebrauch gemacht worden, obgleich ihre Wirksamkeit anerkannt und ihr Ruf neuerlich besonders durch das Ansehen des Herrn Kanzlers, Dr. von Autenrieth sehr gehoben worden ist. Die erste Fassung der Quelle geschah im Jahr 1713.

Auf der Stadtmarkung liegen und nach Reutlingen eingepfarrt sind:

Der Altenburger Hof.

Er liegt auf einer Höhe an der Straße nach Gomaringen, eine Stunde von der Stadt und ist Eigenthum derselben. Er umfaßt ungefähr 30 Morgen Äcker und 3 Morgen Baumgüter, 36½ Morgen Wiesen und zahlte bisher ein Pachtgeld von 1655 fl.

Neben dem Hofe liegt der sogenannte Kugelberg, ein grüner kegelförmiger Hügel oder Berg, auf welchem einst die Burg Altenburg stand, wovon der Hof den Namen hat. Von dieser Burg ist übrigens keine Spur mehr übrig, obgleich dieselbe solange noch nicht untergegangen seyn kann. Nach Fizion wohnten noch zu Lebzeiten seines Vaters, also im 16ten Jahrhundert, Edelleute auf der Burg, welche alle Sonntage in rothen Mänteln in die Kirche nach Gomaringen kamen, an den Werktagen Vormittags das Feld bauten und Abends die Vorüberziehenden ausraubten.

Die Bewohner der Burg sollen ein Zweig der Familie von Stöffeln gewesen seyn, und Bronnweiler und Gomaringen besessen haben. An Reutlingen kam sie mit Hugenberg und Bronnweiler allmählig durch Kauf von 1315 an.

[97]
Der Gaisbühlhof,

ein kleiner Hof an einem Hügel am Saume eines Waldes, in stiller Einsamkeit, eine gute halbe Stunde südlich von Reutlingen. Er gehört dem Spital, der ihn verpachtet hat. Ehemals besaßen ihn die Rempen von Pfullingen; der Spital kaufte ihn im Jahr 15?5. Seine ländliche Lage zwischen Waldungen, Baumgärten, Weinbergen macht, daß er häufig von den Reutlingern besucht wird.

Geschichte der Stadt.

Reutlingen war früher eine der bedeutendern Reichsstädte in Schwaben. Die erste und älteste Nachricht, welche man von Reutlingen hat, ist diejenige, welche Sulger in seinen Zwifalter Annalen P. I. p. 2. – freylich nicht die zuverlässigste Quelle – mittheilt, wonach Reutlingen i. J. 1030 zwar noch ein Dorf, aber ein Dorf, das 600 Häuser zählte, war. Dieses Dorf wurde, nach Hermannus Minorita, zu gleicher Zeit mit Eßlingen, im Jahr 1200, von Kaiser Otto IV. mit Stadtrecht, und im Jahr 1216 von Kaiser Friedrich II. mit Mauern versehen. Im Jahr 1247 hielt die Stadt schon eine schwere Belagerung aus, wovon später noch die Rede seyn wird.

Ihren Namen hat die Stadt vermuthlich, wie viele andere ähnlich benannte Orte, entweder von Reute – ein ausgereuteter und urbar gemachter Platz – oder wie Riedlingen an der Donau, mit dem es auch in alten Urkunden häufig gleich geschrieben ist – Rudelingen, Rütelingen,Rütlingen – von einem Ried, Rieth (sumpfiger Grund), wovon noch die Riethweisen bey der Stadt übrig sind, erhalten. In den frühesten Zeiten scheint Reutlingen unter mehrere Grundherren vertheilt gewesen zu seyn; die bedeutendsten davon und die eigentlichen Herrn von Reutlingen waren die Grafen von Achalm, welche ihren Sitz auf der Burg Achalm bey der Stadt hatten, vor der Erbauung dieser Burg aber in der Stadt selber gewohnt haben sollen. Sulger, an dem angeführten Orte, nennt namentlich die Grafen Egino und Rudolph, [98] die Erbauer von Achalm, welche hier ums Jahr 1030 gesessen haben, und sagt, daß ein Drittheil des Orts den Grafen gehört habe. Diese Grafen waren ohne Zweifel von Einer Familie mit den „Edelleuten an der Echaz,“ von welchen Crusius die Nachricht gibt, daß sie vor Anfang der Stadt zwey Häuser erbaut haben, welche noch zu seiner Zeit bey der Marienkirche gezeigt wurden. Diese Häuser sind zwar nicht mehr vorhanden: aber noch steht in der Gegend der Zwifalter Hof, und bekanntlich waren die Grafen von Achalm die Stifter von Zwifalten. Auch erhält die Crusiussche Nachricht noch weiter durch die Sage Wahrscheinlichkeit, daß von diesem Hofe aus ein unterirdischer Gang nach der Achalm hingeführt habe, und daß durch diesen Gang die Reutlinger noch im Jahr 1519, als die Stadt von Herzog Ulrich berennt wurde, einen Weg gefunden, Boten nach Ulm abzuschicken.

Erwiesen ist auf jeden Fall, daß die Grafen von Achalm nicht nur Güter, sondern auch das Schultheissenamt, Frevel, (Vogtey) Zoll, Umgeld und Mühlen, somit alle Rechte, die sie zu Herrn von Reutlingen hatten machen können, besaßen. Diese Rechte und Güter, welche nach dem Erlöschen des Achalmischen Hauses an das Reich fielen und von dem letzten Sprossen der Hohenstaufen, dem unglücklichen Conradin mit der Burg und Herrschaft Achalm an Würtemberg versetzt wurden, [20] konnten jedoch nicht hindern, daß sich nicht die Stadt allmählig zur freyen Reichsstadt erhob, und es war ihr hierbey besonders günstig, daß Würtemberg nur in pfandschaftlichem Besitze derselben war.

Im Jahr 1343 erhielt Reutlingen von K. Ludwig IV., [99] der gern alle Städte zu Reichsstädten gemacht hätte, ein Privilegium, wie man jährlich Gericht und Rath erneuern soll, und 1374 geht eine von Kaiser Karl IV. bestätigte Ordnung, von Burgermeister und Rath uffgericht, aus, welche, nach dem Vorbild der Rotweiler Ordnung, die Wahlen, wie sie bis in die neuesten Zeiten blieben, bestimmt. [21] In demselben Jahre erhält die Stadt das Privilegium, daß Keiner an kein Landgericht geladen werden, sondern vor dem Schultheissen Recht geben und nehmen soll.

Von Kaiser Maximilian I. erhielt Reutlingen im Jahr 1495 das Recht, bey geschlossenen Thüren, und nicht wie bisher auf freyem Platz oder Markt, über Blut zu urtheilen, und von eben demselben in eben demselben Jahre ein Privilegium wegen der Todtschläger, wodurch der Gebrauch bestätigt wurde: daß hinführo all und jegliche Person, so aus Hitz des Zorns oder aus Nothwehr außerhalb Reutlingen, Todtschläge thun, in der Stadt Freyung haben sollen; und noch auf den heutigen Tag leben Asylanten in Reutlingen.

Allmählig machte sich die Stadt auch von dem ihr so lästigen Achalmischen Verbande los; der vielen daraus entstandenen Verdrießlichkeiten müde, verlieh ihr Graf Eberhard das Stadtschultheissenamt nebst den obigen Rechten gegen ein jährliches Pachtgeld von 550 fl. im Jahr 1479 auf 3 Jahre und im Jahr 1483 wieder auf 11 Jahre; und dieser Pacht wurde immer wieder erneuert, bis endlich im Jahr 1500 Würtemberg gegen Kaiser Maximilian sich zu einem Verkauf verstand, worauf dann der Kaiser den Besitz gegen den doppelten Pachtschilling von 12.000 fl. an die Stadt verkaufte.

Auf diese Weise gelangte Reutlingen allmählig zu der völligen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit einer Reichsstadt. [22] Als solche genoß es auch, zwar nicht so häufig, [100] wie andere schwäbische Städte; doch nicht ganz selten die Ehre Kaiserlicher Besuche. Im Jahr 1360 kam Kaiser Karl IV. dahin, und verweilte 14 Tage, um die Angelegenheiten Schwabens in Ordnung zu bringen. Auch Kaiser Friedrich III. ließ sich nicht abhalten, die Stadt zu besuchen, ungeachtet sie sich die Ehre verbeten hatte, und sein Sohn Maximilian I. verweilte mehr als Einmal daselbst.

Als Reichsstadt nahm Reutlingen an allen wichtigern Begebenheiten, besonders auch an den verheerenden Städtekriegen Theil. Eine Hauptrolle aber spielte es in der Reformationsgeschichte. Es war die erste Stadt in Schwaben, welche sich zu der lutherischen Lehre bekannte, und schon im Jahr 1513, noch ehe Luther öffentlich auftrat, wurde hier der Anfang zu einer Kirchenverbesserung gemacht. Die erste Veranlassung gab die Unzufriedenheit mit den schlechten Geistlichen, welche die Stadt von ihrem Patronatsherrn, dem Abt zu Königsbronn erhielt, besonders mit ihrem sittenlosen Stadtpfarrer Peter Schenk. Da keine Beschwerden fruchteten: so berief die Stadt im Jahr 1519 einen jungen Theologen, den nachmals so berühmten Dr. Matthäus Alber (zu seiner Zeit Aulber ausgesprochen), eines Goldschmids Sohn von Reutlingen, von der Universität Tübingen zurück, und stellte ihn als Prediger bey der Pfarrkirche an. Alber hatte in Tübingen Luthers Lehren kennen gelernt, er predigte öffentlich und in häuslichen Lehrstunden im Geiste derselben. Die Gemüther waren vorbereitet und die neue Lehre fand überall Eingang. Zwar widersetzte sich der Abt von Königsbronn aus allen Kräften und bewirkte sogar, daß Alber und die Stadt in den Bann gethan wurden und letztere überdieß noch in die Reichsacht erklärt wurde: allein aller Widerstand war vergeblich. Nach Eßlingen vor das [101] Reichsgericht geladen, zog Alber i. J. 1524 unter dem Geleite einer Schaar bewaffneter Reutlinger dahin, vertheidigte sich dort siegreich über 68 ihm vorgelegte Punkte, und läugnete nur die eine Beschuldigung, daß er die heil. Mutter Gottes verlästert und sie eine Lohnwäscherin genannt habe. Das Reformationswerk ging von nun an mit schnellen Schritten vorwärts. Im Jahr 1526 schickten die Reutlinger Abgeordnete an Luther und diese brachten von ihm ein Schreiben an Alber und „an alle liebe Christen in Reutlingen“ zurück.

Im Jahr 1529 trat die Stadt auf dem Reichstag zu Speyer unter den protestirenden Ständen auf, und zu Augsburg genoß sie nebst Nürnberg die Ehre, die Augsburgische Confession zu unterzeichnen.

Reutlingen hatte manche schwere Schicksale. Im Jahr 1247 wurde es von dem Gegenkönig Heinrich dem Thüringer, der sich an der Stadt für ihre Anhänglichkeit an Kaiser Friedrich II. rächen wollte, mit einer harten Belagerung heimgesucht. Heinrich mußte jedoch unverrichteter Dinge wieder abziehen. Im Jahr 1377 sah sich die Stadt Reutlingen von Graf Ulrich von Würtemberg, dem Sohn Eberhards des Greiners bedrängt; Ulrich wurde aber vor ihren Mauern geschlagen, und entkam mit genauer Noth der Gefangenschaft.

Im Jahr 1502 (nach Beger, und schwerlich 1506) entstand ein Brand bey dem Markte, der 144 Häuser in Asche legte, und 1577 wüthete die Pest in der Stadt so, daß sie innerhalb 4 Monate, vom September bis Januar, 906 Menschen wegraffte. In der Zwischenzeit, im Jahr 1519, lief die Stadt sogar Gefahr, ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Reutlinger Bürger hatten im Jahr 1519 den Würtembergischen Burgvogt von der Achalm in einem Wirthshause der Stadt erschlagen, und da der Magistrat die Auslieferung der Thäter verweigerte, so zog Herzog Ulrich vor die Stadt, nahm sie nach einer kurzen Belagerung ein, und erklärte sie zu einer Würtembergischen Landstadt. Doch dieser Zustand dauerte nicht lange, und hatte für Ulrich die aus der Geschichte von Würtemberg bekannten schlimmen Folgen. Eine harte, beängstigende [102] Zeit für die Stadt war der dreyßigjährige Krieg, vornehmlich das Jahr 1631, wo Graf Egon von Fürstenberg gegen sie anrückte, und die Stadt am Peter- und Paulstag durch einen Trompeter und Schröck-Capitän auffordern ließ. Es kam jedoch eine so günstige Capitulation zu Stande, daß dieser Tag lange als ein Tag des Heils und miraculöser Redemption feyerlichst begangen wurde. Die tiefste Wunde wurde der Stadt vollends durch den großen Brand im Jahr 1726 geschlagen, wodurch 900 Häuser und darunter fast alle öffentliche Gebäude ein Raub der Flammen wurden, so daß beynahe die ganze Stadt in einen Aschenhaufen verwandelt war.

Diese harten Schicksale waren Ursache, daß sich Reutlingen zwar durch den unermüdlichen Fleiß und die Betriebsamkeit seiner Einwohner zu einem ziemlichen Wohlstand erhob, und die Stadt selber auch sich ein kleines Gebiet erwarb, wozu außer den oben genannten Orten früher auch Gomaringen und Hinterweiler gehörten, daß es aber doch in Vielem, namentlich auch in Gebäuden und öffentlichen Anstalten zurückblieb. In alten Zeiten hatte Reutlingen sehr reiche Bürger; die Becht, die Teufel waren Familien, welche ganze Herrschaften besaßen. Von Reutlingen stammen auch die Werrenwag und Imhof ab.

Die Verfassung der Reichsstadt war von frühen Zeiten her demokratisch, und schon die oben angeführte Ordnung der Stadt zu Reutlingen von 1374, welche alle Hauptzüge derselben enthält, beruft sich auf althergebrachte Gewohnheit. Die Bürgerschaft theilte sich in 12 Zünfte (Tribus), jede dieser Zünfte hatte ihren Zunftmeister und ein mit diesem aus 13 Personen bestehendes Zunftgericht. Die 12 Zunftgerichte zusammen bildeten den Großen Rath, gesetzgebenden Körper, der aus 56 Gliedern bestand, aber nur bey wichtigen Staatsangelegenheiten und bey den jährlichen Wahlen zusammenkam. Die eigentlichen Regierungs- und Verwaltungsbehörden waren: [103] der Magistrat mit dem ersten oder regierenden Burgermeister an der Spitze. Er bestand aus 16 Senatoren und den 12 Zunftmeistern nebst einem Syndicus. Die 3 erstgewählten Senatoren hießen Burgermeister, die 2 ersten Zunftmeister waren Schultheissen.

Das Geheime Collegium bildete eine Art von Ausschuß des Magistrats, und bestand aus den 3 Burgermeistern, den beyden Schultheissen und dem Syndicus.

Das Consistorium, aus den 3 Burgermeistern und dem Syndicus und den beyden Ober-Geistlichen nebst den 2 ersten Senatoren zusammengesetzt, besorgte die kirchlichen und mit Zuziehung der beyden Schultheissen als Scholarchat die Schulangelegenheiten.

Zwey Stadtschultheissen, der Stadtrechner, und zwey Cassier nebst dem Spitalverwalter waren die Hauptbeamten.

Das ganze Staatspersonal wurde alljährlich neu gewählt, und am Ende der Wahlen huldigte die Bürgerschaft in dem Schwörhofe jedesmal wieder. Das Wahlgeschäft war sehr zusammengesetzt.

Die Staatseinkünfte flossen aus den Domänen, Grundabgaben und Steuern. Die eingeführte Steuer war die Vermögenssteuer; von 100 fl. steuerbarem Vermögen wurden 30 kr. bezahlt. Ausgenommen von der Besteurung war nur Weniges; die Aufnahme des Vermögens geschah nach sehr strengen Grundsätzen, die Schätzung hingegen war mild. [23]

Der ganze Freystaat stand unter dem Schutze von Würtemberg. Dem Schirmsverein gemäß, der zu verschiedenen Zeiten erneuert wurde, entrichtete Reutlingen ein jährliches Schutzgeld von 75 Dukaten, und nach dem Vertrage von 1689 lieferte es entweder 100 Mann, oder monatlich 300 fl. zur Landesvertheidigung im Fall eines feindlichen Angriffs. [104] Durch den Pariser Frieden von 1802 und den Reichsdeputationsschluß von 1803 kam Reutlingen mit seinem Gebiet an Würtemberg. Sein finanzieller Zustand, wie er bey dieser Gelegenheit erhoben und geordnet wurde, war folgender.

Die Einkünfte der Stadt beliefen sich (ohne Steuern) auf 20.000 fl., die Einkünfte der Stiftungen auf ungefähr 40.000 fl. Die Schulden der Stadt und des Gebiets betrugen 428.000 fl. und mit Einschluß einer erst später entdeckten Schuld – 464.000 fl. Die Stiftungen hatten keine Schulden, vielmehr ein Activ-Capital von ungefähr 350.000 fl., wovon aber 162.000 fl. unverzinslich bey der Stadt standen, welche die Stiftungen, gemäß der Anordnung vom Jahr 1741, an die Stadt nach und nach als jährlichen Überschuß bis auf bessere Zeiten überlassen hatten. Es verordnete nämlich ein, von einer Kaiserlichen Commission entworfener und vom Kaiser bestätigter, Ökonomieplan vom Jahr 1741: „weilen die Drangsale der Stadt so groß und ihre Caducität so nahe, so ist es billig, daß alle 7 geistliche Pflegschaften (Zehent- und Pfründenpflege waren nicht darunter gezählt) zu Salvirung des Publici concurriter, was also einer jeden Pflegschaft über Abzug einer jeden zu bestimmenden jährlichen Ausgaben nicht minder über ihre Steuern und bestimmendes Subsidium vermög der Jahres-Rechnungen von baarem Geld noch verbleibt, das solle zur Steuer-Caß geliefert, jedoch bey derselben als eine baare Anlehnung, innhalb Falzes nachgeführt, und nach erlangten beßern Zeiten von dem Steueramt wiederum, gleichwolen aber ohne Zinnß, restituirt werden.“

Bey der Organisation im Jahr 1803 wurde der Stadt ein angemessenes Einkommen (es ward allein in Domänen und Grundgefällen auf 15.546 berechnet) zugeschieden, für den Staat hingegen wurde von den Stiftungen die Pfründenpflege und im Ganzen ein Einkommen von 22.937 fl. mit einer Ausgabe von 6337 fl. (ohne die Zinse von übernommenen Schulden und ohne andere Staatsausgaben) zugeschieden. [105] Über die Schulden wurde folgender Maßen verfügt: die 162.000 fl. Stiftungsschulden wurden in Abgang gerechnet; 103.000 fl. sollte die Stadt mit Vorräthen und Activ-Capitalien decken, 21.536 fl. wurden den Dörfern des Gebiets zugeschieden, und 30.683 fl. übernahm die Kammer. Somit wäre auf der Stadt noch eine Schuldenlast von ungefähr 110.000 fl. geblieben. Da aber sich nachher noch eine Schuld von 36.000 fl. zeigte, die Vorräthe und Activ-Captialien nicht die angenommene Summe erreichten und die Stadt überhaupt durch die getroffenen Anordnungen sich beschwert glaubte: so wurden in Folge von den Reclamationen der Stadt im Jahr 1823 durch einen Vergleich von dem Staat abermals 130.000 fl. übernommen, und die Stadt ist somit nun besser daran, als jede alt Würtembergische Stadt.

2. Betzingen,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 1103 Einwohnern an der Echaz, ½ Stunde unterhalb Reutlingen; Revier Einsiedel, Forstamt Tübingen. Das Patronat hat die Landesherrschaft; der Pfarrer wird von der Kameralverwaltung besoldet.

Den großen Zehenten aus Äckern und Wiesen bezieht die Herrschaft, den kleinen die Pfarrey mit Ausnahme des Novalfeldes, wo die Herrschaft den großen und kleinen Zehnten hat.

An jährlichen Gefällen beziehen:

1) Die Herrschaft aus drey- und viertheiligen Gütern, aus ehemaligen Erblehen und aus Zinsgütern, welche früher zu der Pfründenpflege in Reutlingen und zu den Klöstern Pfullingen, Bebenhausen und Königsbronn pflichtig waren, im Durchschnitt

Früchte – 71 Scheffel nebst einer Theilgebühr an einem Obstgut; Geld und zu Geld gerechnete Küchengefälle 90 fl. 40 kr., wovon aber neuerlich 48 fl. 7 kr. abgelöst worden sind.

2) Die Armenpflege Reutlingen, aus 7 dreytheiligen Höfen und an Hellerzinsen und Küchengefällen im Durchschnitt jährlich

Früchte 114 Scheffel,
Geld 69 fl. 14 kr.

[106] 3) Die Spitalpflege Reutlingen aus 4 drey- und viertheiligen Hofgütern

Früchte 65 Scheffel,
Geld 23 fl. 25 kr.

4) Die Gemeindepflege des Orts aus Häusern und Hofstätten Hellerzinse 62 fl. 36 kr.

Ferner beziehen die Heiligenpflegen Betzingen und Honau, die Pfarreyen Betzingen und Ohmenhausen, die Bechtenpflege Reutlingen, das Rural-Capitel Reutlingen und das Spital Eßlingen kleine Gefälle, meist Hellerzinse aus Häusern, im Ganzen ungefähr 22 fl.

Der Ort liegt eben und frey. Über die Echaz, welche durch denselben fließt, führt in dem Ort eine, vor 2 Jahren erbaute, steinerne Brücke, an deren Stelle vorher blos ein Steeg war. Mit der Echaz vereinigen sich oberhalb des Dorfs der Leyrenbach und unterhalb der Breitenbach. Unter den vielen Quellen des Orts bemerken wir die für unergründlich gehaltene Quelle auf der Pfarrwiese in einem großen Kessel und die oben S. 36 genannte Sulz.

Die hiesige Mahlmühle gehört der Armenpflege in Reutlingen, welche sie im Jahr 1627 aus Privathänden erkauft hat.

Die Bevölkerung ist hier seit 10 Jahren um mehr nicht als um 13 Menschen gewachsen; seit 1817 sind 80 Personen nach Kaukasien und Amerika ausgewandert.

Die Einwohner nähren sich hauptsächlich vom Wiesenbau und von der Viehzucht. Die im Echazthale gelegenen Wiesen, welche gewässert werden, heißen Grieswiesen, die andern nennt man Auwiesen. Sie sind übrigens alle zweymädig. Das Ackerfeld ist mittelmäßig, nur das Feld in den Auwiesen ist gut; dieß ist auch das einzige freye Feld, alles andere ist, wie schon gezeigt worden, mit schweren Feudalabgaben belastet. Der Ort hat eine kleine Weinberghalde, und etwas Baumzucht. S. S. 60.

Neben dem Feldbau erwerben sich die Betzinger, ein fleißiges und thätiges Volk, noch dadurch einen schönen Verdienst, daß sie die Taglöhner und Feldarbeiter der Reutlinger machen. [107] Ohne diesen Nebenerwerb könnte der Ort auch bey seiner Bevölkerung nicht bestehen. Durch den oben schon S. 64 gerühmten edlen Eifer des jetzigen Pfarrers Hoffmann und Schultheissen Brucklacher hat sich der Ort, dessen Wohlstand sehr im Zerfall war, neuerlich wieder sehr gehoben, und die Gemeindekasse ist bereits wieder so gut bestellt, daß sie nicht nur die oben genannte Brücke bauen, sondern kürzlich auch noch ein Capital zum Theil zur Verbesserung des Schulfonds anlegen konnte. Die Allmanden sind unter die Bürger großentheils vertheilt, und jeder Bürger genießt ungefähr 5/4 Morgen gegen einen kleinen Zins. Das ausgezeichnete in der Kleidung der Weibsleute ist oben schon berührt worden.

Der Ort Betzingen war vormals in verschiedenen Händen. Im Jahr 1258 schenkt Heinricus Vinco de Clotzberg (Schloßberg) und sein Sohn Wernherr den Klosterfrauen zu Pfullingen seine Besitzungen zu Betzingen mit allen Rechten und Freyheiten, und eine Archival-Urkunde vom Jahr 1495 enthält eine Verwilligung Kaiser Maximilians, daß Betzingen mit Recht und Gerechtigkeit Reutlingen gehörig seyn solle, nachdem ein gewisser Caspar von Megkau, dem der Kaiser vorher den Ort als ein Erblehen verliehen hatte, aus Verdruß über die Unbotmäßigkeit der Betzinger dem Besitz wieder entsagt hatte.

Das Patronat der Kirche gehörte schon in frühern Zeiten Würtemberg, an welches es wahrscheinlich von Königsbronn gekommen ist. Würtemberg ernannte und Reutlingen bestätigte den Pfarrer, und die Königsbronner Pflege, welche hier den großen Zehenten bezog, besoldete ihn.

Unter den Merkwürdigkeiten des Orts gehört auch, daß hier ein Asylstein in dem Pfarrhofe stand, der noch vorhanden ist. Über die Entdeckung einer römischen Straße s. S. 7.


3. Wannweil,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 492 Einwohnern in einem engen Thale, an der Echaz, ½ Stunde unterhalb Betzingen und 1 Stunde nordwestl. von Reutlingen; Revier Einsiedel, Forstamt [108] Tübingen. Das Patronatrecht hat die Landesherrschaft, die Pfarrbesoldung reicht der Spital Reutlingen, der auch das Pfarrhaus baut. Den großen Zehenten bezieht die Spitalpflege, den kleinen und den Heuzehenten die Pfarrey, die Herrschaft den Novalzehenten und eine festgesetzte Summe für den Blutzehenten; das Pfarrgut im Brühl ist zehentfrey.

An Gefällen beziehen

1) die Spitalpflege aus 15 Höfen, fast dem ganzen Ackerfelde, die 4te Garbe, ferner eben dieselbe für Hellerzinse und Naturalleistungen 103 fl. 54 kr.

2) die Gemeindepflege aus Häusern und Hofstätten 41 fl. 41 kr.

3) die Heiligenpflege — 11 fl. 42 kr.

Die Echaz läuft mitten durch das Dorf; oberhalb und unterhalb desselben ergießen sich der Fürstbach und der Hebbach (Eckbach) darein. Über die Echaz führen hier 3 Brücken, eine im Dorf, und 2 unterhalb desselben. Der Name des Orts kommt vermuthlich von seiner Lage her; ein Feldbezirk hinter dem Orte heißt die hintere Wanne. Bey der Kirche befinden sich noch der Graben und einige wenige Überreste von einer Burg.

Die Bevölkerung hat seit 10 Jahren um mehr nicht als 10 Menschen zugenommen. Die Culturverhältnisse sind hier dieselben wie in Betzingen, nur fehlt der Weinbau ganz, der Viehstand ist gering; die Güter sind verhältnißmäßig weniger belastet, als an dem letztern Ort, und der Flächenraum der Markung ist verhältnißmäßig doppelt so groß. Die Einwohner sind daher auch bey weniger Anstrengung vermöglicher; dagegen steht das Gemeindewesen minder gut als zu Betzingen.

Wannweil gehörte ehedem zu dem Reutlinger Gebiet, und war ein Reutlinger Spitalort, so daß der Spital als Grundherr die niedere, der Magistrat aber die hohe Gerichtsbarkeit und im Namen des Spitals das Patronatrecht ausübte.

Wie der Spital zum Besitz des Dorfs gelangt sey, ist nicht genau bekannt. Im Jahre 1333 kaufte er den Widdumhof und Kirchensatz für 240 lb. und ein päpstlicher Auftrag an den [24] [109] Probst zu Sindelfingen vom Jahre 1465, den Kirchensatz und Zehenten, wie solche der Spital von Albrecht von Blankenstein erkauft und lange Zeit ruhiglich besessen, zu confirmiren, so wie die im Jahre 1467 wirklich erfolgte Bestätigung beweisen, daß der Spital damals schon Herr des Dorfes war. Die Gerichtsbarkeit erhielt er jedoch erst im Jahre 1471, wo Kaiser Friderich III. dem Spital erlaubte, für die Orte Wannweil und Omenhausen (Umbenhausen) ein Gericht aus tüchtigen Personen von beyden Orten anzuordnen, weil sie bisher mit keinem Gerichtszwang versehen. Kurz vorher hatte Graf Eberhard von W. mit den Reutlingern Händel wegen der ihm bestrittenen Schätzung seiner eigenen Leute in Wannweil, und im Jahre 1484 vergleicht er sich nach einem langen Streit, worüber das Nähere bey Sattler (Grafen III. S. 174 und f.) nachzulesen ist, mit der Stadt Reutlingen wegen der Gerichtsbarkeit, welche der Graf, vermöge der Kirchspielsgerichtsbarkeit von Möhringen, wozu Wannweil vorher gehört hatte, ansprach, dahin, daß dem Spital die vom Kaiser verliehene Gerichtsbarkeit über Wannweil und Omenhausen bleiben, Würtemberg dagegen die bisher getheilte Gerichtsbarkeit in Kusterdingen allein besitzen solle.


4. Omenhausen,

auch Ohmenhausen, Ommenhausen und früher meist Ummenhausen geschrieben, ein evangelisches Pfarrdorf mit 842 Einwohnern, an dem Fürstbach, auf der Fläche zwischen der Echaz und Wiesaz, auf der Grenze „der Heerden,“ 1 Stunde westlich von Reutlingen; Revier Gönningen, Forstamt Urach. Das Patronatrecht hat Würtemberg. Die Besoldung des Pfarrers reicht die Spitalpflege Reutlingen, die auch das Pfarrhaus baut. Den großen und kleinen Zehenten von allen Culturarten bezieht ebenfalls Würtemberg, und bezog ihn schon früher von Königsbronn her.

An Gefällen bezog

1) der Staat aus ehemals klösterlichen Lehen und Zinsgütern jährlich 14 fl. 48 kr. in Geld, die aber nun seit 1820 fast ganz abgelöst sind; dagegen beziehen noch [110] 2) die Spitalpflege Reutlingen von 2 Gültlehen Geld 63 fl. 42 kr., 8 Scheffel Dinkel, und 6½ Scheffel Haber; ferner aus 10 viertheiligen Höfen im Durchschnitt Dinkel 13 Scheffel, Haber 40 Scheffel, Einkorn 33 Scheffel und den Obsttheil.

3) die Ortspfarrey – ewige Zinse – 12 fl. 44 kr., und die Theilgebühren aus einem Hofgut und aus einzelnen Gütern (15 Scheffel Dinkel, 10 Scheffel Haber.)

Ferner beziehen die Gemeindepflege des Orts, die Stiftungspflegen zu Reutlingen und die Heiligenpflege zu Immenhausen und Möhringen noch einige kleine Gefälle.

Über den Culturzustand, wodurch sich der Ort auszeichnet, ist oben schon das Nöthige gesagt worden. Man findet hier starke Obstzucht und auch noch Weinbau.

Omenhausen gehörte früher zu dem Reutlinger Gebiet; der Spital war Grundherr, und übte die niedere Gerichtsbarkeit aus, bezog auch das Umgeld, Abzug, Nachsteuern. S. Wannweil.

Die Kirche war Filial von Möhringen bis 1697, wo der Ort durch Vertrag mit Würtemberg von der Mutterkirche getrennt und zu einer eigenen Pfarrey erhoben wurde, von welcher der Magistrat zu Reutlingen das Patronatrecht erhielt. Nach Beger[25] wurde Omenhausen im Jahr 1378 von dem Spital den Herrn von Wildenau, (die Wildenau hatten ihre Burg bey Rübgarten) abgekauft; nach einer andern urkundlichen Angabe aber hat der Spital den Flecken Omenhausen mit der Mühlin zu Bronnweiler im Jahr 1358 von Albrecht von Stöffeln gekauft. Beyde Nachrichten lassen sich vereinigen, wenn man annimmt, daß von jedem ein Theil gekauft wurde.


5. Stockach,

ein evangelisches Dorf mit 163 Einwohnern, auf einer Anhöhe, wo man eine weite Aussicht hat, 3 Stunden westlich von Reutlingen; Filial von Dußlingen, Diöcese Tübingen, Revier Einsiedel, Forstamt Tübingen. Den großen Zehenten und [111] den Heuzehenten bezieht das K. Cameralamt, den kleinen Zehenten und den Obstzehenten die Pfarrey Dußlingen.

Gefälle beziehen

1) der Staat aus 2 ehemaligen Erblehen und aus Zinsgütern.

Geld 5 fl. 48 kr.
Landachten 7½ Scheffel Dinkel.

2) die Spitalpflege Reutlingen aus 5 Lehen und andern Gütern.

Geld und zu Geld berechnete Küchengefälle 10 fl. 7 kr.
Früchte im Durchschnitt 66 Scheffel.

Die nach Reutlingen gült- und zinsbaren Lehen-Höfe sind schuldig, 6 Jauchert Ackers von dem Herrschaftsgut zu Gomaringen in der Frohn zu ackern und in der Ernte das Getreide zu binden, wogegen sie für 1 Jauchert 40 kr. und 16 lb. Brod erhalten. Gegenwärtig wird dieser Frohndienst nach einer Übereinkunft der Frohnpflichtigen mit den Pächtern zu Gomaringen in Geld bezahlt.

Der Ort hat weder Kirche noch Schule oder Rathhaus, wohl aber eine eigene Schulanstalt. S. o. Der Ort hat ziemlich Obstzucht.

Stockach gehörte zu dem Gebiete der Reichsstadt Reutlingen, welche es mit Gomaringen erkaufte. In früherer Zeit war es im Besitz des Klosters Bebenhausen; als Papst Gregor IX. dieses Kloster im Jahr 1229 in seinen Schutz nahm, waren unter den Klostergütern auch Besitzungen in Stokka[26] und im Jahr 1245 (nach Crusius im Jahr 1277) überträgt Graf Albert von Hohenberg, genannt von Rotenburg, sein Gut zu Stocha dem Gotteshaus Bebenhausen,[27] im Jahre 1323 verkaufen Abt und Convent ihren Weiler zu Stockach um 200 lb. an Friedrich von Gomeringen und 1365 saß Fritz von Gomeringen zu Stockach.


6. Gomaringen,

ein evangelisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 1218 Einwohnern, an einem Abhang an der Wiesatz, 2 starke Stunden [112] südwestlich von Reutlingen; Revier Gönningen, Forstamt Urach. Das Patronat der Kirche besitzt die Landesherrschaft, die auch den Pfarrer besoldet; eben dieselbe bezieht den großen Zehenten und den Heu- und Wein-Zehenten zu ¾, die Pfarrey zu ¼; den kleinen Zehenten, und aus 3 Morgen Äcker und 35 Morgen Gärten auch den großen, so wie den Obst-Zehenten hat der Pfarrer allein. Zehentfrey sind die Pfarrey-Wiesen mit 22 Morgen und ein herrschaftliches Mayereygut von 175 Morgen nach altem Maaß.

Gefälle beziehen (zu Gomaringen und Hinterweiler.)

1) der Staat aus 43 ehemaligen Erblehen Früchte: Dinkel 141 Scheffel, Haber 68 Scheffel; Geld und zu Geld berechnete Küchengefälle 84 fl. Ferner aus Zinsgütern 110 fl. 28 kr., Landachten im Durchschnitt 6 Scheffel Dinkel und 2 Scheffel Haber; Theilgebühren, theilbare Landgarben im Durchschnitte 16 Scheffel 6 Simri Mischling, woran die Pfarrey ⅓ hat; ferner der Staat allein im Durchschnitt 47 Scheffel Dinkel und 37½ Scheffel Haber. Überdieß muß das herrschaftliche Mayereygut von den Einwohnern und insbesondere von den Besitzern der viertheiligen Hof- und Kirchenlehengüter in der Frohn gebaut werden, eine Frohnlast; die neuerlich zu 83 fl. 13? kr. berechnet wurde.

2) die Orts-Pfarrey, außer den obigen Theilgebühren, Geld und Küchengefällen 34 fl. 5 kr.

3) die Gemeindepflege des Orts 13 fl. 32 kr.

4) die Heiligenpflege des Orts 3 fl. 28 kr.

5) die Heiligenpflege in Dußlingen 5 fl. 9 kr.

Die Summe sämmtlicher, auf dem Grund-Eigenthum haftenden Reallasten beträgt nach dem Kataster jährlich – 1147 fl. 49 kr. und ist die stärkste im ganzen Oberamte.

Der Ort ist weitläufig gebaut; die Straßen sind bey schlechtem Wetter fast nicht zu wandeln, da der Boden aus einem verwitterten Schieferthon besteht.

Unter den öffentlichen Gebäuden befinden sich außer der Kirche, welche in schlechtem Zustande ist, ein Schloß, seit 1817 Pfarrhaus, ein ansehnliches, mit Mauern und Gräben umgebenes Gebäude, worin man eine schöne Aussicht gegen die Alp hat. Den obern Stock hat die Gemeinde als Rathhaus von dem Staat gepachtet. Das alte, schlechte [113] Pfarrhaus wurde von der Gemeinde erkauft, in der Absicht, es mittelst einer Verbesserung zum Schulhause zu verwenden. Bey dem Schlosse befinden sich noch 2 herrschaftliche Wohn-Gebäude und 8 Wirthschafts-Gebäude zu dem herrschaftlichen Mayereygut gehörig.

Über die Wiesaz führen im Orte 9 Stege, und außerhalb 1 Brücke.

Gomaringen ist nicht nur überhaupt, sondern auch insbesondere im Verhältniß zu seiner Häuserzahl das volkreichste Dorf des Oberamts; es kommen hier 9 Menschen auf 1 Wohnhaus, die Hälfte mehr, als im Durchschnitt in den übrigen Dörfern. Auch werden hier verhältnißmäßig im Oberamt am meisten Menschen geboren; es kommt auf 22 Lebende 1 Geburt, (Vergl. S. 42.) Die Bevölkerung hat jedoch seit 10 Jahren um mehr nicht, als 78 Menschen zugenommen.

Der Ort hat 3 Vieh- und Krämermärkte, die aber nicht von Bedeutung sind.

Man findet hier noch eine kleine Weinberghalde und viel Obstzucht; das Obst geräth aber nicht so gern, wie am Fuße der Alp, z. B. zu Gönningen. Gomaringen hat die meisten veredelten Schafe im ganzen Oberamte.

Auf dem Grundeigenthum haften, wie wir gesehen haben, schwere Lasten, und wie das häufig geschieht, so scheint dadurch auch die Liebe und der Sinn für eine gute Wirthschaft Noth gelitten zu haben, der Ort befindet sich nicht in den besten Umständen.

Gomaringen und Hinterweiler gehörten zur vormaligen Kammerschreiberey und in früherer Zeit zu Reutlingen. Ursprünglich hatten sie ihre eigenen Herren, welche in dem Schloße zu Gomaringen ihren Sitz hatten. Fridericus et Hugo de Gomeringen, die ersten, die man kennt, unterzeichnen 1191 den Freyheitsbrief, welchen Pfalzgraf Rudolph von Tübingen dem Kloster Bebenhausen gibt. Von dieser Zeit an kommt die Familie gar häufig vor; sie schreibt sich regelmäßig Gomeringen und nicht Gomaringen, und [114] hat zwey Flügel im Wappen. 1379 übergeben Burkhardt und Werner von Gomeringen ihrem Vetter dem Abt Werner (von Gomeringen) zu Bebenhausen ihr Viertel an der Burg nebst Fronhof und Kirchensatz zu Gomeringen, wodurch später zwischen Reutlingen und dem Kloster ein Streit entstand, der durch einen Vertrag wegen der Pfarrlehen und des Pfarrhauses im Jahr 1572 geschlichtet wurde.[28] Im Jahr 1442 erscheint Fritz von Gomeringen als Lehenmann Graf Ludwigs des ältern von Würtemberg. Um diese Zeit scheint die Herrschaft schon, wenigstens zum Theil, in fremden Händen gewesen zu seyn; im Jahr 1482 verkauft Caspar Remp von Pfullingen seinen Antheil an Gomeringen, Hinterweiler und Stockach an Reutlingen, und von dieser Zeit an findet man die Stadt Reutlingen im Besitz der drey Orte. Erschöpft durch den dreyßigjährigen Krieg, verkaufte die Reichsstadt im Jahr 1648 Gomeringen und Hinterweiler an den Herzog Eberhard II. wieder, und behielt nur noch Stockach; Eberhard aber machte beyde Orte zu einem Bestandtheil des von ihm gestifteten Kammerschreiberey- (Hofkammer-) Guts, und in dieser Eigenschaft wurden die Orte als eine besondere Stabsvogtey verwaltet, bis sie im Jahr 1807 bey der von König Friedrich mit der Hofkammer vorgenommenen Veränderung abgetreten und darauf dem Oberamt Reutlingen einverleibt wurden.


7. Hinterweiler,

ein Weiler und Filial von Gomaringen, womit es auch 1 bürgerliche Gemeinde bildet und eine gemeinschaftliche Markung hat, mit 249 Einwohnern. Der Ortsvorsteher und 2 Gemeindeglieder sitzen im Gemeinderathe zu Gomaringen. Der Ort hat weder Kirche noch Schulhaus, die Kinder gehen nach Gomaringen in die Schule. An den bey Gomaringen aufgeführten Lasten hat auch Hinterweiler seinen Antheil zu tragen. [115] Der Ort liegt eine Viertelstunde von Gomaringen, an einem Abhang, auf dessen Höhe man eine vorzügliche Aussicht hat; die Häuser sind ganz von Obstbäumen beschattet.

Zu Gomaringen gehört auch

der Unnothhof, der eine halbe Stunde davon liegt, aber kein Gutshof, sondern ein altes, jetzt von einem Schreiner bewohntes Schafhaus ist.


8. Bronnweiler,

gemeiniglich Braunweiler gesprochen, und in alten Schriften häufig auch so geschrieben, ein evangelisches Pfarrdorf mit 110 Einwohnern, in einem stillen Thälchen an der Wiesaz, am Fuße von Alteburg. 1½ Stunden südw. von Reutlingen; Revier Gönningen, Forstamt Urach.

Das Patronat hat die Landesherrschaft, die Besoldung des Pfarrers reicht die Kirchenpflege zu Reutlingen, welche auch das Pfarrhaus und die Kirche zu bauen hat. Den Zehenten bezieht durchaus die Pfarrey allein; die Kirchen- und die Armenpflege zu Reutlingen beziehen den vierten Theil von allem Ertrag der Güter bis auf wenige Morgen, und an Geld und zu Geld berechneten Küchengefällen – 15 fl. 55 kr.

Bronnweiler hat seinen Namen wahrscheinlich von der oben S. 25 genannten Quelle.

Unter den öffentlichen Gebäuden, welche das kleine Dörfchen enthält, ist die Kirche ein durch seine alterthümliche Bauart merkwürdiges Gebäude, das von dem Überschuß der Sammlungen für die Marienkirche zu Reutlingen erbaut worden, und mit einem schönen von Quadern erbauten Chor und Thurme versehen ist. Nach einer Inschrift wurde jedoch erst im Jahr 1415 der Grundstein zu dem Chor gelegt. Auch diese Kirche scheint der heil. Maria geweiht worden zu seyn; man findet in derselben noch das Bild der heil. Jungfrau in hochgesegneten Umständen.

Das Bauwesen, welches der schlechte Zustand des Pfarrhauses nöthig machte, war Ursache, daß die Pfarrey viele [116] Jahre lang erledigt blieb, und erst kürzlich wieder besetzt wurde.

Die Bevölkerung hat seit 10 Jahren um 6 Menschen abgenommen, die Abnahme beruht jedoch nicht auf der Sterblichkeit, denn es wurden mehr Menschen geboren, als gestorben sind, sondern auf Hinwegzug. Die Markung ist sehr klein, aber das Feld ist gut, vornehmlich sind es die Wiesen; es wird viel Obst und auch etwas Wein gezogen.

In früherer Zeit stand hier eine Mühle, welche aber jetzt verschwunden ist; S. 110.

Der Ort gehörte ehedem den Herrn von Stöffeln, von welchen er mit der Umgebung 1437 und früher an die Heiligenpflege Reutlingen kam, die, wie es scheint, schon von den ältesten Zeiten her hier den Kirchensatz besaß.[29]

Eine Sage will, daß die hiesige Kirche einst auch die Pfarrkirche von Gönningen, einem ehemals Stöffelnschen Städtchen, gewesen sey, und daß drey Brüder von Stöffeln bey dem Ort ihre Sitze gehabt haben. S. Altenburg. Im Jahr 1474 wird von dem Kloster Alpirspach bey dem Ort ein Wald „im Burgstall genannt“ verkauft, und bey der Kirche selbst wurden vor einigen Jahren so starke Mauern ausgegraben, daß man davon auf mehr als blos einen befestigten Kirchhof schließen mußte.


9. Pfullingen,

ein ehemaliger Oberamtssitz, und daher Stadt genannt, mit 3440 ortsangehörigen, aber nur 3357 ortsanwesenden evangelischen Einwohnern. Die Stadt liegt an der Echaz, über welche hier mehrere Brücken führen, vor der Mündung des schönen Pfullinger Thals, ¾ Stunden südlich von Reutlingen, in einer der schönsten und fruchtbarsten Gegenden des Landes, welche Obst und Wein in Menge hervor bringt und von der Alp in einem majestätischen Halbkreise umlagert ist. Sie ist [117] Sitz der Cameral-Verwaltung, des Unteramtsarztes und dermalen auch des Oberamtspflegers und Oberumgelders, und gehört zum Revier St. Johann, Forstamt Urach. An der Kirche sind 2 Geistliche, ein Stadtpfarrer und ein Helfer angestellt, welche von der Cameral-Verwaltung besoldet werden. Das Patronat besitzt die Landesherrschaft; vor Zeiten war es im Besitz des Klosters Salmannsweil, von welchem es in verschiedene Hände, namentlich an die Löfflerische, die Bockische und die Forstnerische Familie kam; im Jahre 1738 erkaufte es der Spital Nürtingen, von welchem es endlich 1796 gegen die Pfarrey Neckarhausen an Würtemberg abgetreten wurde.

Den großen Zehenten bezieht zur Hälfte der Staat, zur Hälfte der Spital Nürtingen, auch der Novalzehente ist getheilt. Der Weinzehente gehört zu 1/3 dem Staat, zu 2/3 dem Spital Nürtingen. Letzterer bezog bisher auch den kleinen Zehenten, den Obst-, Heu- und Öhmd-Zehenten; durch einen neuerlichen Vertrag aber sind diese Zehenten in eine jährliche Rente von 1000 fl. verwandelt.

An Gefällen bezieht

der Staat aus 35 ehemaligen Erblehen, wovon 8 zur ehemaligen Kellerey, 16 zum Kloster Pfullingen, 8 zum Kloster Zwifalten, 2 zu Offenhausen und 1 zum Stift Urach gehörten, 88 Scheffel Dinkel, 19 Scheffel 5 Simri Kernen, 85 Scheffel Haber, und 71 fl. 33 kr. Geld, überdieß aus Zinsgütern für allerhand Gefälle 235 fl. 12 kr. Von allen diesen Gefällen wurden bis jetzt nur 6 fl. abgelöst.

Die Heiligen- oder Stiftungspflege Pfullingen an ewigen Zinsen 78 fl. 42 kr., woran 12 fl. 49 kr. auf Häusern haften.

Der Spital Nürtingen Geld- und Küchengefälle 18 fl. 54 kr.

Ferner beziehen die Ortspfarrey, die Stiftungspflegen zu Reutlingen, Unterhausen, Honau und Holzelfingen kleine Gefälle. Auch haben die Inhaber der Lehenhöfe noch besondere, von Achalm herrührende Frohndienste zu leisten.

Pfullingen hat weder Mauern noch Thore, und das Aussehen ist überhaupt durchaus nicht städtisch, die Häuser sind [118] größtentheils schlecht und die Straßen ungepflastert und unregelmäßig. Die Echaz fließt in mehreren Ärmen durch den Ort, bey der Schloßbrücke ergießt sich der Aierbach in dieselbe.

Unter den Gebäuden bemerken wir: ein Schloß, ein ansehnliches, mit Mauern und Graben umgebenes Gebäude, welches auf den Grund des alten Pfullinger Schlosses von Herzog Christoph im Jahr 1563 gebaut worden ist, und aus 2 zu einem Viereck verbundenen Hauptgebäuden besteht, wovon eine Sage das eine noch für einen Überrest des alten Schlosses angibt. Das Gebäude dient dermalen zu Beamtenwohnungen; früher war es der Sitz des Oberamts.

Die Bevölkerung von Pfullingen ist seit 10 Jahren nicht vorangerückt; schon 1813 betrug sie 3400 Menschen, die Ursache davon liegt auch hier nicht in der Sterblichkeit, denn es wurden in diesem Zeitraum 218 Menschen mehr geboren, als gestorben sind, sondern im Verlassen des Wohnsitzes; doch machte der Überschuß an Gebornen in den frühern 20 Jahren im Durchschnitte jährlich das Doppelte aus, und die Bevölkerung stieg in jenem Zeitraum beynahe um 900 Menschen. Das Verhältniß der Unehelichen ist hier um 1/3 stärker, als in Reutlingen, das 9te bis 10te Kind. Die Nahrung und Beschäftigung der Einwohner beruht größtentheils auf der Landwirthschaft. Die Stadt hat eine sehr große Markung, die größte im ganzen Oberamt; freylich befinden sich darunter an 1100 Morgen Weiden und eben so viele einmähdige Wiesen, so daß also für die Cultur hier noch ein weites Feld offen ist.

Gewerbs- und Kunstfleiß ist hier nicht zu finden; blos die Bortenwirkerey und die Papierfabrikation sind von einiger Bedeutung. Der Handel ist ganz unbedeutend. Die Stadt hat 4 Jahrmärkte und auch Wochenmarkts-Gerechtigkeit; die erstern wollen aber nicht viel heißen, und von den letztern wird fast gar kein Gebrauch gemacht. Für den innern Handel ist Reutlingen zu nahe, man findet deßwegen auch keine Handlungen von einiger Bedeutung. Der ganze Handelsverkehr beschränkt sich auf den Absatz der Erzeugnisse von den oben genannten Gewerben, und auf den Verkauf von Naturprodukten, nämlich [119] Wein und Obst, hauptsächlich gedörrtes Obst und etwas Vieh. Getreide wird kaum für das eigene Bedürfniß hinreichend erzeugt.

Die Anstalten beschränken sich auf eine lateinische Schule mit einem Lehrer und auf drey deutsche Elementarschulen, welche sämmtlich in Einem Schulgebäude beysammen sind. Ein Spital oder eine andere wohlthätige Anstalt ist hier nicht zu finden. Als Staatsanstalt ist noch eine K. Beschälplatte zu bemerken.

Die Gemeindeverwaltung hat mit einer starken Schuldenlast, und einem Steuerausstand von 60.000 fl. zu kämpfen. S. Tab. VI.

In früheren Zeiten bildete Pfullingen mit den 5 Dörfern: Unter- und Ober-Hausen, Honau, Klein-Engstingen und Holzelfingen ein Unteramt von Urach, das von dem Keller zu Pfullingen als fürstlichem Amtmann verwaltet wurde, und Urach blos in Beziehung auf hohe Gerichtsbarkeit untergeben gewesen zu seyn scheint. Eine nähere Verbindung des Amtes mit Urach soll erst während des dreyßigjährigen Kriegs, wo die Bevölkerung so sehr abnahm, vorgegangen seyn. Gleich nach dem dreyßigjährigen Kriege fingen die Pfullinger an, über ihre Verbindung zu klagen und um Trennung von Urach zu bitten. Im Jahr 1699 erging endlich der Befehl: „daß Pfullingen mit seinen 5 Dörfern auf eine Probe 10 Jahre lang von Stadt und Amt Urach separirt und für ein absonderliches Amt, wie andere Stätt und Ämbter im Herzogthumb auch declarirt seyn solle.“ Bey dieser Trennung blieb es denn auch, und Pfullingen wurde auf diese Weise ein eigenes Oberamt und 1711 wurde auch ein eigenes Dekanat errichtet, in dessen Sprengel noch mehrere Uracher Amtsorte gezogen wurden. Der Ort Pfullingen war somit in derselben Lage, wie jetzt die Dörfer und Oberamtssitze Spaichingen, Gerabronn u. a. und auch bis 1700, also bis zur Trennung von Urach, hieß Pfullingen Flecken; erst von dieser Zeit an, da es ein eigenes, selbstständiges Amt bildete, wurde es [120] Stadt genannt, ohne daß es je Stadtrecht, oder durch Mauern und Thore das äußere Ansehen einer Stadt erhalten hätte. Pfullingen selber leitet seine Eigenschaft als Stadt in dem Stadtlagerbuch erst von dieser Zeit ab. Wenn also Sattler und Andere Pfullingen schon in frühen Zeiten und unter den Grafen zur Stadt werden lassen, so ist dieß unrichtig. Indeß hatte es doch schon im Jahr 1596 von Herzog Friedrich, der gern den Verkehr von Reutlingen abgeleitet hätte, nebst der Jahrmarksgerechtigkeit auch den städtischen Vorzug eines Wochenmarkts erhalten. Auch war der Flecken lagerbuchmäßig „wie ein Statt im Fürstenthumb Würtemberg“ mit Galgen, Stock und Pranger, so wie mit Gyssibel und Halseisen geziert.

Wie Pfullingen der Nachbarschaft von Reutlingen die Wochenmarktsgerechtigkeit, die jedoch von keiner Wirkung war, verdankt, so verdankt es derselben auch ein Asyl für uffrechten, ungefährlichen und redlichen Todtschlag, das im Gegensatz von dem Reutlinger Asyl, sowohl Auswärtigen überhaupt, als insbesondere den Reutlingern zur Zuflucht eröffnet war, und lange Zeit benutzt wurde.

Merkwürdig sind die Ruinen des Klosters, das längst zerfallen, – im Jahr 1793 vollends ganz abgetragen wurde, so daß jetzt nur noch das Sprachgitter mit wenigen Mauerresten übrig ist. Es war ein Frauenkloster St. Klara Ordens, das im Jahr 1250 von den Fräulein Mechtild und Irmel gestiftet wurde, und nach und nach zu einem ansehnlichen Besitzthum gelangte. Kaiser Rudolph und seine Nachfolger bedachten es mit mancherley Vorrechten und Freyheiten, wovon Besold in Mon. virg. S. 315–363 ausführliche Nachricht gibt; selbst die Kaiserin Imagina, Adolphs Gemahlin, bezeugte sich durch eine Urkunde, datum Achalme 1294, gnädig gegen das Kloster. Der Klostershofmeister war zugleich Stabsbeamter und unter seinem Stabe standen die zum Kloster gehörigen Orte Genkingen und Reicheneck. Die Vogtey hatte Würtemberg, unter dessen Schirm das Kloster schon 1442 stand. Auf den Mauern des Klosters steht die Cameralverwaltung. [121] Eine andere Merkwürdigkeit von Pfullingen ist das sogenannte Schrannengericht, ein Gericht, das in peinlichen Sachen unter freyem Himmel gehalten wurde. Als Wolf und Ludwig von Neuhausen und ihre Knechte einen Mann von Oberhausen getödtet hatten, so saß der Obervogt von Urach, Johann Sattler, nebst 12 Richtern und Urtelsprechern von Pfullingen vor dem Rathhause daselbst an offener freyer Königsstraß unter freyem Himmel nach Ordnung des Heil. Römischen Reichs Rechte, diß Lands und auch des Dorfs Pfullingen Herkommen, Gebrauch und Gewohnheit, in offenem, versammeltem Schrannengericht zu Recht, und weil die Edelleute nach vollendeter That die Flucht genommen, des Entleibten Erben aber eine peinliche Klage geführt, so wurden die Flüchtlinge durch den geschwornen Dorfsknecht zu den drey Straßen zu dreyen Mahlen gerufen und verkündet. Nachdem aber solches Rufen drey Tage nach einander geschehen und Niemanden von ihnen erschienen, so ist endlich die Urtel ergangen, daß die Thäter, wo sie im Heil. Römischen Reich betreten werden, mit dem Schwert hingerichtet werden sollen.[30]

Noch muß bemerkt werden, daß die 5 Pfullinger Amtsorte ehedem zusammen Ein Gericht bildeten und überhaupt alle Spuren einer früher zusammenhängenden Herrschaft an sich tragen.

Die Geschichte von Pfullingen reicht bis in entfernte Zeiten hinauf: im Jahr 822 erscheint der Ort unter den Reichsdomänen [31] und oben S. 5 ist schon des gleichnamigen alten Phullichgau's erwähnt worden.[32] Man hat allen Grund zu glauben, daß die Grafen dieses Gaues zu Pfullingen ihren Sitz gehabt haben und daß es auf diese Weise der Stammsitz der Grafen von Pfullingen geworden sey. Zwar wollen [122] Sattler und Andere das Daseyn der Grafen von Pfullingen überhaupt verwerfen: allein nach genauerer Untersuchung läßt sich nicht daran zweifeln, und es zeigt sich, daß selbst die Grafen von Achalm und von Urach von denselben abstammten.

Nach der oben angeführten Ottonischen Urkunde war im Jahr 937 Hermann, Graf im Pfullinggau.[33] Zu derselben Zeit kommt ein Graf Wolfgang von Pfullingen vor, der schon als Knabe im Jahr 936 in der Klosterschule zu Reichenau sich auszeichnete und 968 Bischof in Regensburg wurde.[34] Bald darauf erscheint ein Graf Walther von Pfullingen, der drey Söhne hatte, alle drey in der Geschichte gleich merkwürdig. Der erste hieß Egino oder Egilolf, und war der Stammvater der Grafen von Achalm und von Urach; der zweyte Anno oder Hanno, der berühmte Entführer des jungen Königs Heinrich V.; er wurde 1056 Erzbischof in Cöln und starb 4. Dec. 1075 daselbst, wo sein Todestag als der eines Heiligen alljährlich gefeyert wurde. Der dritte hieß Wezelo oder Werner, er wurde 1063 Erzbischof von Magdeburg und kam als Gegner König Heinrichs IV. auf eine elende Weise ums Leben. Eginos Söhne und Walthers Enkel waren Egino und Rudolph, die Erbauer von Achalm, und Cuno oder Conrad, der 1066 als erwählter Erzbischof von Trier ermordet wurde.[35] [123] Auf diese Weise theilte sich die Familie in das Achalmer und Uracher Haus; ob auf einem Zweige Pfullingen blieb? ist nicht ausgemacht, aber es ist wahrscheinlich. Im Jahr 1075 ist Rudolphus de Phullingen Zeuge, da Graf Albrecht von Calw dem Kloster Hirschau Güter übergibt [36] und nach Crusius ist ein Gebino (Egino?) de Phullingen Zeuge bey der bekannten Verhandlung zu Bempflingen ums Jahr 1090. [37]

Vermuthlich ist dieser Zweig ein und eben derselbe, von welchem die Rempen von Pfullingen stammen, welche später vorkommen und sich bald von Pfullingen allein, bald mit dem Beynamen „Remp“ schreiben. Caspar Remp von Pfullingen, „nunmehr alt und seines Stammes der Letzte“ verkauft an Graf Eberhard den ältern 1487 seinen Theil an dem Flecken Pfullingen mit dem Schloß daselbst und allen seinen Gütern. Übrigens behauptet Besold, daß die hohe Gerichtsbarkeit über Pfullingen mit dem Besitz von Achalm verbunden gewesen sey, [38] und als (gleichwohl bestrittene) Zugehör der Herrschaft Achalm wurde auch das Pfullinger Amt im dreyßigjährigen Krieg, 1634, von der Erzherzogin Claudia von Östreich in Besitz genommen und erst nach langem Widerstand im Frieden wieder herausgegeben. Bemerkenswerth ist auch noch, daß, wie oben S. 71 schon bemerkt worden, Pfullingen und mehrere Orte des Pfullinger Amts zu dem Schloß Achalm frohnpflichtig waren. Vielleicht gründeten sich auch die Rechte, welche Würtemberg schon lange vor dem Kauf von 1487 an Pfullingen hatte, auf den Besitz von Achalm; denn daß Würtemberg schon vor dieser Zeit hier Rechte besaß, und als Landesherr betrachtet wurde, beweist der Umstand, daß die von Pfullingen, Hausen und Engstingen, nachdem sie in dem Schlegler Kriege abgefallen waren, im Jahr 1396 sich verschreiben, daß sie sich nie mehr von der Herrschaft Würtemberg entfremden wollen. [39] [124] Diese Umstände hindern übrigens nicht, anzunehmen, daß Pfullingen mit den dazu gehörigen Orten zu seiner Zeit eine eigene Herrschaft gebildet habe, und man ist um so mehr dazu berechtigt, als gerade die Orte, welche das Pfullinger Amt ausmachten, zu dem Schloß Pfullingen frohnpflichtig waren, und größtentheils zusammen Einen Gerichtsbezirk ausmachten. Vergl. S. 71, 121. und unten.

In der Umgebung von Pfullingen und auf dessen Markung sind bemerkenswerth:

2 Wasserfälle von der Echaz, der eine oberhalb der Stadt, bey der einen Papiermühle, der andere unterhalb derselben, im Lindach; der letztere wird auch der Dragonersprung genannt, weil sich ein Dragoner einmal darein gestürzt hat. Bey beyden stürzt sich die Echaz über Felsen hinab, 10 bis 15 Fuß hoch.

Der St. Georgenberg, Jörgenberg, der frey und kegelförmig wie ein Vulkan zwischen Pfullingen und Reutlingen steht, zur Hälfte angebaut und mit Weinbergen bedeckt, oben aber mit grünem Rasen bekleidet ist und einst auf seinem Gipfel eine, dem h. St. Georg geweihte, Capelle trug, die bis ins sechszehnte Jahrhundert ein besuchter Wallfahrtsort war.

Der Ursulaberg, südöstlich von Pfullingen, der von dem Hauptgebirge in die Ebene gegen Reutlingen vorspringt und durch Mährchen und Gespenster-Geschichten unter dem Volke berüchtigt ist.

Der Mägdleinfelsen, unweit des Ursulabergs, auf der Markungsgrenze, gegen Ehningen hin, ein mächtiger Felsen am Rande der Alp, von dem sich einst nach der Sage ein verfolgtes keusches Mädchen herabgestürzt hat, und von unsichtbarer Hand getragen unversehrt erhalten wurde.

Der Ahlsberg, ein gewaltiger Gebirgsstock südlich von Pfullingen, wovon der erste Absatz die Wanne, der höhere Aufsatz der Schönberg und eine weiter südlich gelegene Kuppe, die sich durch ihre kühne Felsenstirne auszeichnet, der Wackerstein heißt. [125] Auf allen diesen Bergen, wozu noch die Stuhlsteig und der Gielsberg gegen Gönningen und Genkingen hin kommen, hat man eine weite Aussicht.

Zu Pfullingen gehören:

Der Übersberger Hof. Er ist nach Pfullingen eingepfarrt und ein Eigenthum der Gemeinde. Er liegt sehr hoch, 1½ Stunde von Pfullingen, auf dem, hinter dem Ursulaberge hervorragenden, Übersberge. Die Maierey ist seit neuern Zeiten aufgehoben; die Güter sind nun theilweise verpachtet und das Haus wird von einem Holzwart bewohnt.

Der Capelhof, der im Jahr 1790 von zwey Pfullinger Bürgern angelegt worden, wurde 1817 wieder abgebrochen.


10. Unterhausen,

ein evangelisches Pfarrdorf und Mutterkirche von Oberhausen, mit 664 E. an der Echaz, über welche hier eine Brücke führt, 1 Stunde aufwärts von Pfullingen und 1¾ Stunden von Reutlingen in einem engen und malerischen Thale gelegen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Das Patronat hat die Landesherrschaft, früher übte es im Namen der Armenpflege, welche noch jetzt den Pfarrer besoldet und das Pfarrhaus baut, die Stadt Reutlingen aus, Würtemberg hatte aber die Confirmation. Den großen Zehenten bezieht die Armenpflege Reutlingen mit Ausnahme von 9 Morgen, wo er dem Spital Nürtingen gehört; den kleinen Zehenten hat die Pfarrey, mit Ausnahme der 9 Morgen, wo Nürtingen das Zehentrecht hat. Den Zehenten aus den Wiesen bezieht wieder die Armenpflege mit Ausnahme von ungefähr 75 Morgen, wo er Nürtingen gehört; 22 Morgen Wiesen sind zehentfrey. Den Obstzehenten beziehen die Pfarrey, der Spital Nürtingen und die Herrschaft so weit deren Bezirk geht; den Weinzehenten hat die Armenpflege bis auf 5 Morgen, wovon ihn die Herrschaft bezieht. Von allen Novalfeldern bezieht die Herrschaft den großen und kleinen Zehenten. [126] Gefälle beziehen

der Staat, aus 4 ehemaligen Erblehen, aus Zinsgütern und an Theilgebühren:

Früchte – 11 Scheffel.

Geld und zu Geld berechnete Gefälle noch 30 fl. 29 kr.

Die Gemeindepflege des Orts 5 fl. 43 kr.
Die Heiligenpflege 16 fl. 3 kr.
Die Pfarrey 12 fl. 53 kr.

Ferner beziehen die Stiftungspflegen von Reutlingen und von 8 benachbarten Orten kleine Geldgefälle.

In dem ganzen Orte befand sich vor wenigen Jahren nicht ein einziger Brunnen, alles Wasser wurde entweder aus der Echaz oder aus den Quellen unmittelbar, hauptsächlich aus dem Kesselbrunnen geschöpft. Erst der jetzige Pfarrer Fischer legte einen laufenden Brunnen bey dem Pfarrhaus an, und seinem Beyspiele folgte der Rößlenswirth.

Bey dem engen Thale ist die Markung des Orts sehr beschränkt; es gehört zwar dazu noch ein ansehnliches Ackerfeld auf der Alp, aber wegen seiner Lage wird dieß nur als Wechselfeld und Weide benutzt. Hanf und Obst ist ein Haupterzeugniß der Thalgüter, auch wird hier noch Wein gebaut.

Unter den Bäumen befinden sich hier insbesondere viele Nußbäume. S. o.

Unterhausen scheint früher unter mehrere Herrn getheilt gewesen zu seyn. Im Jahr 1089 schenkt der Graf Luithold von Achalm dem Kloster Zwifalten 3 Mühlen zu Husen; im Jahr 1331 verkauft der Graf Heinrich von Vöhringen den Wutumshof sammt Kirchensatz und Vogtey der Kirche um 190 lb an den Priester Hugo Spechzart in Reutlingen, dessen Vetter, Meister Conrad Spechzart, Schulmeister in Reutlingen überläßt 1360 diesen Besitz gegen ein Leibgeding von 26 lb. Heller den Feldsiechenleuten zu Reutlingen, woraus später das Armenhaus entstand. Nach einem Lehenbrief Kaisers Maximilian vom Jahr 1518 verkaufte Bernhard Remp von Pfullingen den Lachenzehenten an das Armenhaus. Im Jahr 1355 verkauft Schwigger von Greifenstein unter Anderm auch alle seine Güter, die er zu Hausen besessen, an Würtemberg. [40] [127] Auf der Markung von Unterhausen lag die Burg Stahleck, wovon noch Wall und Graben übrig sind; das Stahlecker Thal hat davon seinen Namen. Die Burg stand über Felsen am Rande des Gebirgs an dem Ende des romantischen Thälchens. Die Geschichte hat uns aber wenig davon aufbewahrt; 1322 kommt ein Dietrich von Stahleck als Zeuge vor.

Unterhausen gegenüber, auf der rechten Thalseite, ragt das sogenannte Burgholz mit einem vorspringenden Felsen hervor, welcher der Burgerstein, Burgstein genannt wird, und nach Crusius einst eine Greifensteinische Burg trug. Unter demselben bemerkt man noch ein gemauertes Gewölbe, das tief in den Berg hineinführt, und der Sage nach mit einem, unter der Echaz durchgehenden unterirdischen Gang zusammenhängt.

Dem Burgstein gegenüber, auf der andern Thalseite, erhebt sich der Lippenthaler Hohberg, der weit und breit sichtbar ist. Die darauf stehende hohe Buche nimmt man auf den Höhen von Stuttgart wahr. Der Berg gehört theils zur Unter- und Oberhäuser, theils noch zur Pfullinger Markung. An demselben ereignete sich im Jahr 1758 ein merkwürdiger Erdfall. Nach einem lange anhaltenden Regenwetter hörte man Morgens, am 29. Julius, auf den Haidenäckern ein Gerassel im Boden, des Mittags riß ein etliche hundert Fuß langes und 30 Fuß tiefes Stück vom Berge los, lief die Halde herab, nahm Feld und Bäume mit sich fort und richtete im Thale große Verwüstungen an.


11. Oberhausen,

ein evangelisches Kirchdorf mit 501 Einwohnern, an der Echaz, über welche im Orte eine Brücke führt, eine Viertelstunde oberhalb Unterhausen, wovon es Filial ist; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach.

Den großen Zehenten und den Heuzehenten bezieht die Armenpflege Reutlingen, den kleinen und den Obstzehenten die Pfarrey; von ungefähr 54 Morgen Alpäckern (Wechselfeld) hat die Orts-Heiligenpflege den großen und kleinen [128] Zehenten; den Novalzehenten aus etwa 114 Morgen bezieht die Herrschaft. Ferner bezieht die Herrschaft aus 4 Morgen und der Spital Nürtingen wieder aus 4 Morgen den Zehenten.

Gefälle beziehen:

der Staat, aus ehemals Churischen und Zwifaltischen Lehen und aus Zinsgütern an Geld und in Geld verwandelten Küchengefällen noch 28 fl. 37 kr. und einige kleine Fruchtgefälle.

Die Gemeindepflege des Orts Hellerzinse auf Häusern ruhend 12 fl. 24 kr.

Die Heiligenpflegen von Unter- und Oberhausen, von Honau und Holzelfingen und die Pfarrey Unterhausen auch kleine Gefälle.

Der Ort hat eine Kirche, worin alle 4 Wochen ein Sonntags-Gottesdienst gehalten wird; das Schulhaus war in früherer Zeit das Schulhaus von 5 Orten, nämlich von Unterhausen, Oberhausen, Honau, Holzelfingen und Klein-Engstingen, also gerade von denselben Orten, welche auch durch ein Gericht, das Thalgericht mit einander verbunden waren. Erst 1651 nahmen die zu Holzelfingen und nachher auch die andern einen eigenen Schulmeister an. Aber Unterhausen hat bis jetzt noch kein eigenes Schulhaus, und dessen Heiligenpflege daselbst hat noch ein Mit-Eigenthumsrecht auf das Schulhaus zu Oberhausen, und muß 2/3 an der Baulast tragen. Die Bevölkerung ist seit 10 Jahren um mehr nicht als 6 Menschen gestiegen. Die Culturverhältnisse sind in Oberhausen dieselben wie in Unterhausen, ausgenommen, daß der Weinbau ein Ende hat.

Eine halbe Stunde von Oberhausen, auf der Grenze der Markung, liegt die merkwürdige Nebehöhle, wovon schon oben S. 12 etc. etc. umständlich Nachricht gegeben ist.

An dem Eingang in das zu der Höhle führende Seitenthälchen, nahe bey dem Orte erhebt sich der malerische Gießstein, dessen felsiger Scheitel ganz täuschend einer Burgruine gleich sieht. Weiterhin liegt der Gaisspitzberg, worunter sich das Geldloch oder Goldloch befindet. S. S. 20.


12. Honau,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 405 Einwohnern, an der Echaz, über welche hier eine steinerne Brücke führt, 1790 Fuß über [129] der Meeresfläche, eine kleine halbe Stunde oberhalb Oberhausen, und 2¾ Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Das Patronat besitzt die Landesherrschaft, die auch den Pfarrer besoldet.

Den großen Zehenten und den Novalzehenten bezieht die Herrschaft, den kleinen und den Heuzehenten die Pfarrey; zehentfrey sind 11 Morgen.

Gefälle beziehen

der Staat aus Lehen- und Zinsgütern, Geld- und Küchengefälle 44 fl. 30 kr.

Ferner beziehen die Pfarrey, die Gemeindepflege und die Heiligenpflege des Orts, die Gemeindepflege Oberhausen und 7 benachbarte Stiftungspflegen kleine Gefälle. Jedes Haus, das einen Rauch hat, zahlt eine alte Henne, Rauchhenne.

Das Dörflein liegt äußerst malerisch in dem engen Thale auf einer hohen Au, wovon es ohne Zweifel den Namen hat, umgeben von einer wahren Schweizernatur. Von der Thal-Erhöhung, auf welcher der Ort liegt, stürzt sich in mehreren Fällen brausend die Echaz, welche unweit des Dorfes ihre Quellen hat, (S. 22) über Tuffsteinfelsen herab. Die Erhöhung selbst besteht ganz aus solchen Felsen, welche dem Ort einen nicht unerheblichen Nahrungszweig gewähren, da sie theils hier, theils aus den Brüchen, von den beyden Hausen überall hin in die Umgegend zum Bauen geholt werden.

Unmittelbar hinter dem Ort beginnt die schöne Honauer Steige (s. S. 75), die, wenn einmal der Straßenzug seinen natürlichen Gang nehmen sollte, für das Örtchen sehr wichtig werden kann.

Die Markung des Orts ist im Verhältnisse zur Einwohnerzahl die kleinste im ganzen Oberamt; dennoch hat hier die Bevölkerung seit 10 Jahren verhältnißmäßig mehr als im ganzen Thale, wenn gleich nicht mehr als um 19 Personen zugenommen. Vergl. S. 42.

Wie im ganzen Thale, so wird auch hier viel Hanf gebaut, daneben zeichnet sich der Ort durch einen starken Zwiebelbau aus. Auch Obst wird ziemlich gewonnen, doch ist es rauh und geräth minder gern, als thalabwärts. [130] Honau kommt schon im Jahr 937 in der oben angeführten Urkunde Kaisers Otto, unter dem Namen Hohenowe, Hohenau vor. Der Priester Hartbert, der von dem Kaiser hier beschenkt wurde, gelangte später zur bischöflichen Würde in Chur, und es ist merkwürdig, daß noch im Jahr 1686 der Bischof Ulrich von Chur sich bey dem Herzog von Würtemberg beschwert, daß er aus seiner Feilenschmidte zu Honau, ungeachtet dieselbe ganz zerfallen, doch noch die alte Steuer fortbezahlen solle. Zu derselben Zeit besaß Chur hier auch noch mehrere eigenthümliche Güter und noch in dem neuesten Cameralamts-Grundbuch wird ein Theil der oben genannten Lehen- und Zinsgüter als ehemals Churische Lehen aufgeführt. Auch Groß Engstingen war, wie wir unten sehen werden, Churisch. Bemerkenswerth ist, daß eine Zellg der Markung auf der Höhe „Pfullenberg“ heißt; in dem Ort selber wird noch ein Haus das Schlößle genannt. Hinter Honau schließt sich das enge Thal ganz, zwischen hohen Felsen, im sogenannten Dobel. Zwischen Honau und Oberhausen, gegenüber von Lichtenstein, steht an der Bergwand eine Reihe von etlich und 20 Felsen. Der erste und einer der größten davon heißt der Sonnenstein. Die Bewohner von Honau benutzen ihn statt einer Sonnen-Uhr, um die Mittagszeit darnach zu bestimmen. Der Felsen hat nämlich eine große Vertiefung, in welche die Sonnenstrahlen gerade um die Mittagsstunde fallen.

Zu Honau gehört

Lichtenstein,

ein Förstershaus und Sitz eines Revierförsters, unmittelbar über Honau. Es ist dieß das berühmte Lichtensteiner Schlößchen, sogenannt, weil es auf dem Grunde des alten Lichtensteiner Schlosses steht, das im Jahr 1802 als baufällig abgebrochen und durch das gegenwärtige Gebäude ersetzt worden ist. Dieses neue Gebäude hat nun freylich nicht mehr das Aussehen eines alten Ritterschlosses, aber um seiner Lage willen ist es nichts desto weniger eine große Merkwürdigkeit der Alp. Das [131] Gebäude ruht auf einem sehr hohen, frey aufsteigenden und von der Gebirgswand ganz abgesonderten Felsen, so daß es die ganze Fläche des Felsenscheitels einnimmt und mit dem Gebirge nur durch eine Brücke, als dem einzigen Zugang, verbunden ist. Es liegt 2540 Pariser oder 2880 Würtemberg. Fuß über der Meeresfläche, und ungefähr 800 Fuß über dem Echazthale, in welches man aus den Fenstern schaudernd hinabblickt. Man genießt hier eine herrliche und weite Aussicht, tief in das Unterland hinab. Das alte Schloß war eines der festesten und sichersten Rittersitze, der bey aufgezogener Brücke ganz unerreichbar war. Der vertriebene Herzog Ulrich soll deßwegen auch, nach Crusius, hieher seine Zuflucht genommen, und eine Zeit lang heimlich hier sich aufgehalten haben, so daß er, wenn er vor das Schloß kam, immer nur mit den Worten anrief: „der Mann ist da.“

Das Schloß war ehedem Eigenthum und Sitz der Herren von Lichtenstein, welche in- und außerhalb der Gegend mehrere Güter und Rechte hatten, übrigens Vasallen von Würtemberg waren. Im Jahr 1243 verkauft Gero von Lichtenstein dem Kloster Bebenhausen den halben Zehenten zu Tusselingen (Dußlingen) für 75 lb. und von dieser Zeit an kommen die Lichtenstein gar häufig vor. Ein Lichtenstein war auch unter den Gefallenen bey Reutlingen, und Johannes von Lichtenstein war mit Graf Eberhard dem Milden von Würtemberg auf dem Concilium zu Constanz. Schon frühzeitig verkauft die Familie ein Gut nach dem andern. Unter den verkauften Gütern waren auch Bitz und Willmandingen. Es ist jedoch zu bemerken, daß es auch auf der südlichen Seite der Alp in der Gegend der Lauchart, bey Neufren, zwey Schlösser gleiches Namens (Hinter- und Vorder-Lichtenstein) gab, und es läßt sich nicht angeben, ob die Besitzer von Einer Familie waren, und von welchem Theile gerade jene Verkäufe zu verstehen sind? Überhaupt wiederholt sich der Name Lichtenstein so häufig als die Namen Lichtenberg, Leuchtenberg etc. etc.; ohne Zweifel alle von den Feuerzeichen, die ehemals da gegeben wurden, so genannt. Zu unserem Lichtenstein waren, laut Lagerbuchs, [132] die im Pfullinger Thale gelegenen 3 Dörfer nebst Holzelfingen, bis auf unsere Zeiten frohnpflichtig.

Es ist nicht genau anzugeben, wann Lichtenstein an Würtemberg gekommen; in dem, von dem Grafen von Sulz dem Kaiser übergebenen Würt. Lehensverzeichniß vom Jahre 1420 kommt Lichtenstein als der Herrschaft Würtemberg eigen, vor. Aus einem, nach dem Städtekrieg, im Jahr 1389 zwischen Würtemberg und Reutlingen abgeschlossenen Vergleich erhellt, daß die Stadt Reutlingen sich in den Besitz von Lichtenstein gesetzt hatte, daß aber dieses den Reutlingern von Würtemberg abgenommen, und als ein offen Haus und Lehen angesprochen wurde. In eben demselben Vergleiche wird auch wegen eines Herrn von Lichtenstein festgesetzt: „und als Anshelm von Liechtenstein (nach Sattler von Höllenstein)[41] und Schwenger von Liechtenstein sich scharfer und ehrenrühriger Wort wider die von Reutlingen vor dem Krieg vermerken lassen, wollen die von Reutlingen der Herrschaft Würtemberg zu Dienst und unterthänigen Ehren, als wenn sie nit geredt wären worden, lassen hin seyn.“

Eine Viertelstunde oberhalb Lichtenstein, auf derselben Thalseite findet man noch die Spuren eines zweyten Schlosses, „die alte Burg“ genannt.

An der Fahrstraße, welche von Lichtenstein in das Thal hinab führt, sieht man das sogenannte Brunnenloch. S. Seite 21.


Orte auf der Alp.


13. Holzelfingen,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 364 Einwohnern, auf der Höhe, am Rande der Alp, 2½ Stunden von Reutlingen; Revier [133] Offenhausen, Forstamt Urach. Das Patronat besitzt die Landesherrschaft, welche auch den Pfarrer besoldet. Den großen Zehenten und den Novalzehenten bezieht die Cameral-Verwaltung, den kleinen und den Heuzehenten, die Pfarrey; der große Zehenten ist seit 1820 auf 18 Jahre an die Gemeinde verpachtet.

An Gefällen beziehen

der Staat, nachdem neuerlich mehrere abgelöst worden, noch 27 Sch. 2 Sri. Dinkel, 26 Sch. 3 Sri. Haber und 8 fl. 23 kr. Geld, aus Lehen und Zinsgütern;

die Heiligenpflege des Orts 5 Sch. 3 Sri. Dinkel und 4 Sch. 3¼ Sri. Haber, nebst 1 fl. 14 kr. Geld.

Ferner haben auch die Gemeindepflege des Orts, die Heiligenpflege Oberhausen, und die Pfarrey Unterhausen kleine Gefälle.

Äußerst malerisch ist die Lage der Kirche auf steilen Felsen, ganz am Rade des Gebirgs. Wie auf der ganzen Alp, so findet man auch hier schon die Strohdächer; besonders sind fast alle Wohngebäude mit Stroh, als der wärmern und gegen Sturm und Schneegestöber mehr schützenden Decke, bedeckt; die Scheuren dagegen haben meist Ziegeldächer.

Der Ort hat keine Brunnen, nicht einmal Cisternen, sondern blos „Hülen,“ in Hölen oder Vertiefungen zusammengelaufenes Wasser, das, obgleich sehr unrein und übel riechend, doch von dem Vieh gern getrunken wird. Das Quellwasser muß unten an der Steige geholt werden, wo sich in verschiedenen Abstufungen Zieh- und Schöpfbrunnen befinden.

Die Bevölkerung hat hier seit 10 Jahren nicht nur nicht zugenommen, sondern sogar um 21 Menschen abgenommen. Vergl. S. 41. Übrigens zeichnet sich der Ort Holzelfingen vortheilhaft durch die geringe Zahl von unehelichen Geburten aus. Der Boden ist gut, und großen Theils auch gut angebaut; doch besteht noch über ein Drittel des Ackerlandes in Wechselfeld. Es wird mehr Klee und Esper gebaut, und da der Ort, wie man auf der Alp sagt, stark eingeschlagen liegt, d. h. von schützenden Höhen umgeben ist; so findet man in und um denselben auch noch viele Obstbäume. Die Einwohner sind sehr [134] fleißig, sparsam und wohlhabend, und auch der Gemeindezustand ist gut. S. S. 78. Ein wichtiger Nahrungszweig der Einwohner ist neben dem Feldbau auch der Holzhandel.

In früheren Zeiten gehörte auch noch der Hof Traifelberg zu Holzelfingen, der gegen die Honauer Steige hin lag, im dreyßigjährigen Kriege aber untergegangen ist. Auf der Holzelfinger Markung lag auch

Greiffenstein, ein Schloß unweit Holzelfingen, am Rande des Gebirgs, auf hohen steilen und von 3 Seiten freystehenden Felsen, einst der Sitz der Herrn von Greiffenstein; gegenwärtig aber nur noch in wenigen Überresten vorhanden. Die Greiffenstein waren eine blühende Familie; der erste, den man davon kennen lernt, ist Mereboto de Grifinstein, der in einer Urkunde vom Jahr 1123, worin König Heinrich V. dem Kloster Alpirspach seine Freyheiten bestätigt, als Zeuge erscheint. In der Folge findet man sie in Würtembergischen Diensten; im Jahr 1331 sitzt Albrecht von Greyffenstein als Würtembergischer Landrichter auf dem Landgericht zu Cannstatt zu Gericht. [42] Im Jahr 1355 verkauft Schwigger von Greiffenstein seine Herrschaft, nämlich die Burg Greiffenstein ob Reutlingen, sammt dem Dorf Holzelfingen und allen seinen Gütern, die er zu Hausen in dem Dorf, in dem Thal und auf der Alp diesseits Münsingen besessen, an Würtemberg. [43]

Der Kirchensatz von Holzelfingen wurde im Jahr 1419 von einem Bürger zu Reutlingen an das Kloster Güterstein bey Urach verkauft.

Auf dem Kirchhofe zu Holzelfingen sollen sich Grabsteine der Herrn von Greiffenstein befunden haben; gegenwärtig sieht man nur noch einen einzigen daselbst, den ein vormaliger Pfarrer in seinen Nutzen verwendet und zu einem Denkmal für seine verstorbenen Kinder gebraucht hat.

Nach einem Schreiben eines ehemaligen Pfarrers von Holzelfingen an Crusius, stand in der Nähe von Holzelfingen auch [135] noch ein Schloß, Hochbidegg genannt, das den Greiffensteinern gehörte. [44]

Aus der Umgebung von Holzelfingen verdient das höchst malerische Thälchen bemerkt zu werden, das von Pfullingen und Unterhausen dahin führt und zwischen hohen Felsen und Waldwänden hinläuft. Man erblickt darin zuerst links die Stelle von Stahleck, dann Greiffenstein in wildschöner Lage; außerordentlich wird man aber durch den Anblick der Holzelfinger Kirche überrascht, die wie in den Wolken schwebend von den Felsen durch den Wald herab sieht.


14. Klein-Engstingen,

ein evangelisches Kirchdorf, Filial von Kohlstetten, mit 426 Einwohnern, in einer sanften Niederung auf der Alp, an der Straße, die von Honau über das Gebirg führt, 3¾ Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Den großen und den kleinen Zehenten und den Heu- und Öhmdzehenten bezieht die Herrschaft zu 2/3, die Pfarrey Groß-Engstingen zu 1/3, den Novalzehenten hat die Herrschaft allein; die Pfarrgüter von Groß-Engstingen und 63½ Morgen Wiesen sind zehentfrey.

Gefälle beziehen:

der Staat aus ehemals Churischen, Kloster Offenhausischen und andern Lehen- und Zinsgütern.

Geld und Küchengefälle 34 fl. 10 kr.
Dinkel 22 Sch. 5 Sri., Haber 19 Sch. 5 Sri.

Ferner hat jedes Haus, das einen Rauch hat, 1 Sri. Rauchhaber und eine alte Henne zu liefern.

Die Heiligenpflege des Orts:

Geld und zu Geld gerechnete Gefälle 8 fl. 36 kr.
Dinkel 7 Sch. 57/8 Sri. Haber, eben so viel;

die Heiligenpflege Upfingen

Geld 47 kr. Dinkel 2 Sch. 3½ Sri. Haber eben so viel.

Auch beziehen die Stiftungen zu Groß-Engstingen und Trochtelfingen und die Gemeinde-Pflege des Orts kleine Gefälle.

In der Kirche werden alle Sonn- und Feyertags-Gottesdienste [136] gehalten. Klein-Engstingen gehört zu den bessern Alporten. Die Einwohner sind fleißig.

Mitten im Ort quillt eine Mineral-Quelle, welche bey allem sonstigen Wassermangel auch in dem heißesten Sommer nicht vertrocknet; sie gehört zu den Sauerwassern. S. S. 35.

Als man im Jahre 1580, wo diese Quelle entdeckt wurde, zugleich an einer andern Stelle nach einem Brunnen grub, fand man 2 Särge, einen vermoderten hölzernen und einen eisernen, der noch ganz neu aussah und Gebeine nebst einem Silbergeräthe enthielt. Crusius, der diese Nachricht gibt, vermuthet, daß eine Capelle der Freyherrn von Engstingen an dem Ort gestanden habe, ohne jedoch von diesen Freyherren selber irgend Etwas beyzubringen.

In dem Pfullinger Kellerey-Lagerbuch von 1555, und auch in andern alten Dokumenten wird Klein-Engstingen Frey-Engstingen genannt. Geschah dieß wohl, weil Groß-Engstingen weniger frey war? oder weil es dem Gerichtszwange der andern Pfullinger Orte nicht unterworfen war?


15. Groß-Engstingen,

ein katholisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 627 Einwohnern, nur ¼ Stunde von Klein-Engstingen und 3½ Stunden von Reutlingen, wie dieses, in einer sanften Niederung gelegen; Land-Capitel Zwifalten, Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Das Patronat hat die Landesherrschaft. Den großen und kleinen Zehenten bezieht die Herrschaft zu 2/3, die Pfarrey zu 1/3; den Novalzehenten hat die Herrschaft allein; 51 Morgen Wiesen und Gärten und das Pfarrwitthumgut mit 19½ Morgen, nach altem Maaß, sind zehentfrey.

An Gefällen beziehen

der Staat aus 29 Erblehen und aus Zinsgütern:

Geld und zu Geld gerechnete Küchengefälle 145 fl. 48 kr., Dinkel 102 Sch. 2 Sr., Haber 52 Sch. 1 Sri.

Die Heiligenpflege des Orts:

Hellerzinse 6 fl. 4 kr. – Dinkel 12 Sch. 2 Sri., Haber 12 Sch. 2 Sri. Die Meßnerey: Dinkel 6 Sch. 1½ Sri. [137] Durch Vertrag vom 4. Juni 1753 hat die Herrschaft der Gemeinde die Weidegerechtigkeit auf der Ortsmarkung gegen jährliche 200 fl., deßgleichen die besondern herrschaftlichen Weiden gegen jährliche 50 fl. abgetreten. Durch denselben Vertrag wurden die Unterthanen im Ort sämmtlicher Frohndienste entlassen, wofür die Gemeindepflege noch weiter jährlich 200 fl. zu bezahlen hat.

Wenn man die Honauer Steige herauf kommt, so liegen beyde Engstingen wie Zwillinge da, und stellen sich auf den grünen Matten sehr freundlich dar. Die Kirche ist ein hübsches Gebäude, das auf einer kleinen Anhöhe steht und von Zwifalten in den Jahren 1717/19 gebaut worden ist.

Die Bevölkerung hat zwar seit 10 Jahren um 19 Menschen zugenommen, dennoch aber ist Groß-Engstingen derjenige Ort im Oberamt, wo die Sterblichkeit am größten ist. S. S. 43.

Die Einwohner unterscheiden sich in Leben, Kleidung und Sitten auffallend von ihren Nachbarn, eine Wirkung theils der verschiedenen Religion, theils der verschiedenen Herrschaft in früherer Zeit. Ein großer Theil der Einwohner besteht aus Handwerkern, welche für die ganze Gegend arbeiten; übrigens aber mit Ausnahme der Metzger keine Geschäfte von Bedeutung machen. S. o. S. 65 etc. Der Feldbau ist vernachlässigt, und es herrscht hier nicht der Fleiß, wie in Klein-Engstingen; der Ort steht auch nicht zum besten; manche Güter haben gar keinen Werth, und selbst die Häuser gelten hier ¼ weniger, als in Klein-Engstingen. Unglücklicher Weise ist der Ort überdieß noch 5 Jahre lang hintereinander mit Wetterschlag heimgesucht worden, wodurch die Verarmung sehr hoch stieg. Indeß soll sich ganz neuerlich der Zustand wieder bessern. Seit 1822 ist hier auch eine Industrie-Anstalt für Kinder errichtet, welche guten Fortgang hat. Der Ort hat 4 Krämer- und Viehmärkte, die aber unbedeutend sind. Bey dem Orte befindet sich ein Hungerbrunnen, s. o. S. 21.

Groß-Engstingen kam erst i. J. 1751, durch Beendigung eines langen Streits, von Zwifalten an Würtemberg. Zwifalten [138] hatte den Ort mit der ganzen Herrschaft Engstingen, wozu außer Groß-Engstingen Güter und Rechte zu Klein-Engstingen, Meidelstetten, Honau und Unter- und Oberhausen gehörten, im Jahr 1694 von dem Bisthum Chur, für 90.000 Gulden gekauft. Früher besaßen die Herrn von Neuhausen die Herrschaft als Churisches Lehen, bis sie im Jahr 1635 ausstarben, worauf der Bischof von Chur sich in eigener Person zu Groß-Engstingen huldigen ließ und die Herrschaft als „jetzt regierender Herr vor sich selbst,“ in Besitz nahm.

Es ist wahrscheinlich, daß die Herrschaft durch den Bischof Hartbert, den wir oben S. 5. 122. 130. durch die Urkunde des Kaisers Otto IV. kennen gelernt haben, an Chur gekommen, und daß dieser Hartbert ein Herr von Engstingen gewesen sey. Ein Conrad von Engstingen kommt noch in einer Urkunde vom Jahr 1292 als Zeuge vor.[45] Noch sind auch die Ruinen eines ansehnlichen Schlosses in Groß-Engstingen vorhanden, wo ohne Zweifel die alten Herrn von Engstingen ihren Sitz hatten, wie ihn später die Herrn von Neuhausen und nach ihnen die Churischen und endlich die Zwifaltischen Obervögte darin hatten. Das Schloß wurde erst von Herzog Karl nach der Erwerbung des Orts abgebrochen. Mit dem Schlosse war ein Gut verbunden, das Karl, der die Erwerbung als Kammerschreiberey gut behandelte, an die Einwohner verkaufte.

Ohne Unterscheidung, ob Groß- oder Klein? kommt Engstingen in zwey Urkunden des 13ten Jahrhunderts vor; in der einen schenkt Berthold von Lichtenstein im Jahr 1278 dem Kloster Offenhausen Güter in Ochsenwang, und entschädigt dafür die von Bürglen, von denen er sie zu Lehen hatte, mit Gütern in Angstingen (Engstingen), in der andern schenkten schon vorher Berthold und Albert von Nifen (Neufen) demselben Kloster einen Hof in Engstingen.[46] Ohne [139] Zweifel ist, wenigstens bey der letzten Schenkung, Klein-Engstingen zu verstehen, wo nach den obigen Nachrichten das Kloster Offenhausen mehrere Lehengüter besaß.


16. Genkingen,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 678 E. in einer leichten Niederung auf der Alp, 2400 P. oder 2721 W. Fuß über der Meeresfläche auf der Wasserscheide, s. o. S. 29, 3 Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach.

Das Patronat der Kirche besitzt die Landesherrschaft, welche auch den Pfarrer besoldet. Ebendieselbe bezieht den großen und Novalzehenten und die ½ des kleinen Zehenten, die Pfarrey hat die andere Hälfte des kleinen Zehenten, den Obstzehenten und 2/3 des Heu- und Öhmdzehenten; 1/3 davon beziehen die Besitzer eines herrschaftlichen Lehens. Zehentfrey sind 31 Morgen Wiesen.

Gefälle beziehen

die Herrschaft aus 39 Erblehen, wovon ehemals 29 dem Kloster Pfullingen, 5 Zwifalten, 2 Offenhausen, 1 dem Stift Urach, 1 Chur, nachher auch Kloster Pfullingen gehörten, und aus Zinsgütern an Geld und zu Geld gerechneten Küchengefällen, und an Früchten

Geld. Dinkel. Haber.
54 fl. 17 kr. 51 Sfl. 4¾ Sr. 61 Sfl. 6¼ Sr.
der Ortsheilige 2 fl. 31 kr. 7 Sfl. 65/8 Sr. 7 Sfl. 25/8 Sr.
die Gemeindepflege 2 fl. 43 kr.
Spital Reutlingen 5 Sr. 5 Sr.
die Ortspfarrey 19 kr. 5 Sfl. 4 Sr. 5 Sfl. 4 Sr.
der Heilige in Erpfingen 1 Sfl. 3¾ Sr. 1 Sfl. 3¾ Sr.
die Pfarrey Melchingen 1 fl. 58 kr. 5 Sfl. 5 Sfl.
die Herren v. Schilling 36 fl. 11 kr. 3 Sfl. 2/4 Sr. 3 Sfl. 12/4 Sr.
der Heilige in Trochtelfingen 4 fl. 57 kr.

Erst 1647 erhielt der Ort einen eigenen Schulmeister, vorher mußten die Kinder nach Undingen in die Schule gehen.

Die Bevölkerung hat seit 10 Jahren nicht nur nicht zugenommen, sondern in Folge von Auswanderungen S. o 41. sogar um 11 Personen abgenommen. [140] Für die Armen ist hier besonders durch eine von den Klosterfrauen zu Pfullingen herrührende jährliche Stiftung von 30 Scheffel Dinkel und 51 Scheffel Haber gesorgt.

Genkingen gehörte früher zu dem Klosteramt Pfullingen und war Besitzthum des ehemaligen Frauenklosters daselbst. Die Kirche und den Kirchensatz besaß lange das Kloster Zwifalten, welches jene im Jahr 1358 dem Kloster einverleibte. Erst in spätern Zeiten kam Würtemberg in den Besitz. Vor Alters hatte Genkingen seine eigenen Edelleute, welche auch Güter im Herrenberger Oberamt besaßen und schon frühe vorkommen. Im Jahr 1112 schenkt Ratherus de Genkingen, Mönch in Zwifalten mit seinen Söhnen Conrad und Eberhard und seiner Frau (thori consorte) einer Zwifalter Vestalin, dem Kloster Zwifalten ein Gut bey Willmandingen.[47] Im Jahr 1300 haben Anselm und Werner von Genkingen Streit wegen der Kirche zu Genkingen, und 1309 schenkt Heinrich der Wildmann von Genkingen dem Kloster Zwifalten 2 Wiesen zu Genkingen. Ebenderselbe und sein Bruder Werner verkaufen 1322 an das Kloster Pfullingen einen Theil des Ruschenbergs, der später vollends ganz in den Besitz des Klosters kommt. Der letzte bekannte von Genkingen ist Wilhelm von Genkingen, der im Jahr 1427 seinen Theil an der Vogtey zu Ober-Öschelbronn verkauft. Um diese Zeit war Genkingen selber schon in fremden, wahrscheinlich verwandten, Händen. Denn im Jahr 1428 verkaufen die von Buwstetten (Baustetten) ihren halben Theil an Genkingen, Burg und Dorf, an das Kloster Pfullingen um 2000 fl. und im Jahr 1447 verkauft Hans Truchseß von Waldeck, und zu gleicher Zeit dessen Schwager Benz von Bochingen (beyde werden die Vogtherrn von Genkingen genannt) die übrigen Theile vollends an das Kloster.

Die Geschichte des Dorfes Genkingen reicht bis in das achte Jahrhundert hinauf. Schon in einer Urkunde vom Jahr 772 (a. IV Caroli M. XV. Cal. Oct.) wird Genkingen – [141] Gancgingen – mit andern benachbarten Orten im Burichinggau genannt.[48] Auf gleiche Weise kommt es im Jahr 805 mit Undingen vor.[49] In einer Urkunde vom Jahr 806 widmet ein gewisser Hartold sub annuo censu, quicquid in villa Undinga, vel in villa Genchinga possidet. Actum in pago Purichinga, in villa, quae vocatur Utinga (Undingen) publice.[50]

In und um Genkingen findet man noch die Spuren von 3 Schlössern und Burgen:

1) auf einem Berge an der Grenze der Markung und seit langer Zeit (man sagt für einen Laib Brod) zur Undinger Markung geschlagen. Man findet zwar nur noch wenige Ruinen, der Ort heißt aber noch jetzt die Burg;

2) nahe bey Genkingen, im Walde. Man bemerkt hier noch einen Graben und der Platz wird noch im Burgstall genannt;

3) im Orte selbst, an dem obern Ende. Noch jetzt heißt man es hier „ufm Burggraben“ und unter den oben angeführten Trochtelfinger Gefällen sind 2 fl. 58 kr., welche aus der alten Burg oder dem (uneigentlich sogenannten) Frauenkloster bezahlt werden.

In alten Landbüchern kommt auch noch eine Burg mit dem Namen „Hohen Genkingen“ vor, wahrscheinlich war es die erstgenannte Burg, und diese der Sitz der alten Herrn von Genkingen.

Am Fuße des Ruschenbergs, Rüschenbergs, oder Reuschenbergs, wie er jetzt genannt wird, finden sich noch Grundmauern, welche der Sage nach, von einem Pfullinger Kloster herrühren sollen. Da man sonst nirgends eine Spur von diesem Kloster findet, so möchte man vermuthen, daß die Ruinen von einem Hofe, Klosterhofe herrühren, und daß der, nach der oben mitgetheilten Nachricht in den Jahren 1322 [142] bis 1331 von dem Kloster Pfullingen gekaufte Ruschenberg eben dieser Hof sey.

Über die Markung von Genkingen zieht die alte Schanze hin, wovon oben S. 7. die Rede war; sie nimmt ihren Lauf über den sogenannten Burgstall.

Zu Genkingen gehört

die Thalmühle, welche eine halbe Stunde von Genkingen in einem tiefen Thaleinschnitte, woraus die Wiesaz hervorkommt, die ihre Quelle bey Genkingen hat, liegt.


17. Undingen,

ein evangelisches Kirchdorf und Filial von Genkingen mit 706 E. auf der hohen Alp, zwischen Hügeln, ½ Stunde von Genkingen und 31/3 Stunde von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Den großen Zehenten und den größten Theil des kleinen Zehenten bezieht die Herrschaft, den Heuzehenten haben die Herrschaft und die Pfarrey gemeinschaftlich; die letztere hat auch den kleinen Zehenten aus einigen Ländern; 132 Morgen Wiesen sind zehentfrey.

Gefälle beziehen

der Staat aus 51 vormaligen Lehen, worunter 22 der ehemaligen Kellerey Pfullingen, 21 Zwifaltische und 6 Stift Urachische; und aus Zinsgütern, nachdem einige abgelöst worden, noch

Geld und zu Geld gerechnete Küchengefälle 82 fl. und Dinkel 73 Scheffel – Haber 86 Scheffel 3 Simri.

Die Pfarrey Genkingen – Geld 2 fl. 17 kr., und Dinkel 1 Schfl. – Haber 1 Schfl.

Der Heilige zu Genkingen 1 fl. 10 kr.

Die Gemeindepflege des Orts 1 fl. 34 kr.

Die Heiligenpflege 3 fl. 40 kr. und Dinkel 3 Schfl. 1½ Simri – Haber ebensoviel; Roß- und Rinder-Dinkel (Weidezins) ungefähr 4 Schfl.

Die Kirchenpflege Reutlingen 39 kr. und Dinkel 4 Schfl. 2 Sri., Haber 6 Schfl. 4 Sri.

Ferner die Spital- und die Armenpflege Reutlingen und die Pfarrey Melchingen jeder Theil c. 20 kr.

Zusammen Geld 92 fl. 20 kr. Früchte 180 Scheffel. [143] In der hiesigen Kirche, welche im Jahr 1487 gebaut und dotirt,[51] 1811 aber neu gebaut wurde, werden alle Gottesdienste, wie in der Mutterkirche gehalten. Daß ehedem die Schule von Undingen auch die Schule von Genkingen war, ist oben, bey Genkingen, schon bemerkt worden.

Undingen zieht sich in einer langen Linie zwischen Anhöhen hin, und ist der längste Ort im ganzen Oberamt. Auch hier hat die Bevölkerung in den letzten 10 Jahren um 25 Menschen abgenommen; im Jahr 1817 zogen 61 Menschen hinweg. Merkwürdig ist, daß hier in 10 Jahren nur 2 Todtgeborne unter 293 Gebornen vorkamen.

Die Markung des Orts ist sehr ansehnlich und die einzige von den Alporten, welche keine Wechselfelder hat; dagegen enthält sie viele einmädige Wiesen. Undingen hat unter allen Orten des Oberamts die meisten Pferde, das meiste Rindvieh, und auch die meisten Schweine, dessen ungeachtet aber keine Schweinszucht. Die beyden hiesigen Ölmühlen werden von Pferden getrieben, arbeiten aber nur wenige Wochen im Jahr.

Als ein besonderer Erwerbszweig muß hier noch der Handel mit Schnecken angeführt werden. S. o.

Das hohe Alter von Undingen erhellt schon aus den oben, bey Genkingen, angeführten Urkunden, wovon die eine, vom Jahr 806, zu Undingen ausgefertigt und von Erchampert, dem Grafen des Burichingaus mit seinem Siegel versehen worden. In dem Codex Lauresh. kommt mehrmals auch eine Undinger Marca vor.

Ums Jahr 1089 schenkte Graf Luithold von Achalm dem Kloster Zwifalten das Wirthshaus in Undingen und die Vogtey über das halbe Dorf mit mehreren Gütern. Die Schenkungsurkunde hat Crusius.[52]

Von den oben berührten Hügeln, welche Undingen umgeben, zeichnen sich besonders 3 aus: der Kirchberg, welcher mit Linden bewachsen ist, und seinen Namen daher hat, [144] weil die Kirche des Orts an seinem südlichen Fuße steht; der Weinstein gegenüber vom Kirchberg und der Eselsberg, neben welchem noch der Egelsberg steht. Von diesen Hügeln hat man eine herrliche Aussicht auf die Schneegebirge der Alpen, nach dem Schwarzwald und ins tiefe Unterland hinab.


18. Willmandingen,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 601 E. in einer Muhlde auf der hohen Alp, 4 Stunden südlich von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Das Patronat der Kirche hat die Landesherrschaft, welche auch den Pfarrer besoldet. Den großen Zehenten bezieht die Herrschaft, Theil daran haben die Pfarrey Genkingen und die Herrschaft Hechingen; der kleine Zehenten gehört der Ortspfarrey, und der (nun aufgelösten) Amtey, Theil daran haben Hechingen und die Pfarrey Genkingen; den Heuzehenten beziehen die Ortspfarrey und die Amtey. Öhmdzehenten wird nicht gereicht; die Pfarrgüter und einige andere Güter sind zehentfrey.

Gefälle beziehen

der Staat, Geld 13 fl. 4 kr. Dinkel 33 Schfl., Haber 50 Schfl., Ackerbohnen 10¼ Simri;

das Kloster Stetten bey Hechingen, Geld 10 fl. 8 kr. Dinkel 36 Schfl., Haber 18 Schfl., Ackerbohnen 10¼ Simri;

die Armenpflege Reutlingen, Geld 3 fl. 16 kr. Dinkel 7 Schfl., Haber 7 Schfl.

die Spitalpflege Reutlingen ebenso;

die Herrn von Schilling, Geld 1 fl. 41 kr. Dinkel 4½ Schfl., Haber 4½ Schfl.

Ferner beziehen die Pfarrey und die Heiligenpflege des Orts und die Pfarrey Melchingen kleine Gefälle.

Willmandingen liegt schon im Donaugebiete. Es theilt sich in 2, ungefähr 300 Schritte von einander abgelegene, Orte – [145] das Kirchdorf und das (jenseits gelegene) Jendorf, welche ein gutes Aussehen haben, obgleich die Gebäude, wie in allen Alp-Dörfern, mit Stroh bedeckt sind. Jeder Theil hat seine eigene reiche Brunnquelle, welche ihn überflüssig mit Wasser versieht; besonders stark ist diejenige, welche oberhalb des Kirchdorfs unter einer Linde hervorquillt. Beyde Quellen bilden den ersten Ursprung der Lauchart. S. o. S. 26. Der Name des Orts wird in alten Schriften und Urkunden Willimundingen, Willimundinga, auch Willamundinga etc. geschrieben, und wäre nach der letzten Schreibart vermutlich so viel als: villa Mundingen.

Die Bevölkerung hat auch hier in den letzten 10 Jahren um 34 Personen abgenommen; die Ursache davon ist wieder eine starke Auswanderung im Jahr 1817 von 42 Personen. Übrigens zeichnet sich Willmandingen ebensosehr durch große Sterblichkeit, als insbesondere durch viele Todtgeborne aus. S. S. 42 und 43.

Unter den Gütern befinden sich auch noch einzelne Baumgüter, man sieht aber nur noch alte Bäume, neue Nachpflanzungen sucht man vergeblich. Eine nicht unbedeutende Erwerbsquelle hat sich neuerlich dem Ort in der oben schon genannten Entdeckung von vorzüglichem Eisenerz (Bohnerz) eröffnet (vergl. S. 48.) Das Hauptlager befindet sich auf dem Bohl.

Die hieher gehörige Mühle liegt in einer engen tiefen Thalschlucht an den Quellen des Seebachs. S. S. 25.

Seit neuerer Zeit ist in Willmandingen eine Königliche Beschälplatte eingerichtet.

Willmandingen bildete, wie aus des Fleckens Lagerbüchlen de anno 1557 erhellt, Jahrhunderte lang, mit den benachbarten Orten Undingen, Erpfingen, Hausen an der Lauchart und Mägerkingen ein eigenes Unteramt und war der Sitz eines Amtmanns. Die Auflösung des Unteramts geschah im Jahr 1819, in Folge der neuern Staatseinrichtung.

Auf den umliegenden Höhen von Willmandingen hat man weite Aussichten, das Willmandinger Hardt gehört zu [146] den höchsten Hochebenen der Alp; unter den einzelnen Bergen zeichnen sich gegen Abend Riedern und der Ruchberg, gegen Mitternacht der Bohlberg, und nahe am Ort, gegen Mittag der Lenglochberg aus. Die vortrefflichste Aussicht eröffnet sich auf der fortlaufenden Höhe des Bohlbergs am Abhange gegen Öschingen, „auf der hintern Wiese,“ wo man Tübingen und seine Umgegend, Herrenberg und den Schwarzwald und das Unterland bis Heilbronn übersieht. Auf dem äußersten nordwestlichen Rücken von Riedern bemerkt man noch die Ruinen einer Burg, welche die Heidenburg genannt wird, eine Benennung, die auf Römischen Ursprung schließen läßt, da fast Alles, was von den Römern herrührte, mit dem Beysatz Heide beehrt wurde. Nördlich von Riedern an und auf dem Bohlberg liegen die alten, oben S. 8 bemerkten Schanzen, wovon die eine von dem Öschinger Wege durchschnitten wird.

Auch Willmandingen hat ein sehr hohes Alter für sich; wir finden es schon mit Genkingen in der Urkunde vom Jahr 772; wie jenes wird es zum Burichinggau gezählt. In einer Urkunde vom 1. August 773 schenkt ein gewisser Rodtaus seine Güter und Leibeigenen der Kirche, welche „in pago, qui dicitur Turichingas (Burichingas)“ erbaut worden, und die Urkunde ist ausgestellt „in villa publici, qui dicitur Willimundingas.“[53] Daß die genannte Kirche in Willmandingen selbst erbaut worden sey, beweist eine weitere Urkunde vom 10. Juli 775, worin ebenderselbe Rodtaus, oder, wie sein Name jetzt geschrieben ist, Ruothaus basilicam a se aedificatam in pago Burichincas, in villa Willimundincas unacum dote den Mönchen zu St. Gallen schenkt.[54]

Von den fernern Schicksalen des Orts erfährt man wenig; im Jahr 1310 stiftete Adelheid, Herzog Conrads zu Teck ehliche Wirthin, einen Jahrstag für sich und ihren Vater, den Markgrafen Heinrich von Burgau und für ihre Mutter Agnes gen Stetten unter Zollern in das Kloster [147] (Gnadenthal) aus etlichen Gütern zu Willmandingen; daher zum Theil die obigen Hechinger Gefälle. Als Herren von Willmandingen lernt man später die von Lichtenstein kennen, welche bey Neufra saßen, und im Jahr 1428 das Dorf an einen Edelmann Hans Schwelhern um 1200 fl. verkauften. Die Tochter dieses Schwelhern heirathete einen von Sachsenheim und dessen Sohn verkaufte das Dorf im Jahr 1473 an Graf Joß Niklausen von Zollern, welcher zugleich von Conrad von Fürst in einem Gesammtkauf das Schloß Hölenstein mit den Dörfern Stetten und Herschwag und einen Hof zu Erpfingen an sich kaufte. Hans von Bubenhofen, Würtembergischer Landhofmeister, gab dem Grafen das Geld dazu unter der Bedingung, daß ihm das Dorf Willmandingen zu Lehen gegeben wurde. Ehe aber ein Jahr verging, verkaufte Bubenhofen dieses Lehen sammt dem Hof zu Erpfingen an Graf Eberhard von Würtemberg, welcher ihm dagegen seinen Theil an dem Dorf Neufra und an den Burgställen Hinter- und Vorder-Lichtenstein überließ.[55] Schon damals scheint mit Willmandingen die Vogtey über die oben genannten Orte verbunden gewesen zu seyn, welche das Willmandinger Amt bildeten, das in der Folge einen Theil des Uracher Oberamts ausmachte, bis es 1809 mit Reutlingen vereinigt wurde. Im Jahr 1763, in der traurigen Zeit, da in Würtemberg Alles käuflich war, kauften auch die Pfullinger von Montmartin das Willmandinger Amt zu ihrem Amtsbezirk; sie gaben aber ihr Geld vergeblich aus, das Amt wurde bald wieder, vermuthlich weil Urach noch mehr bezahlte, mit dem alten Oberamt vereinigt.


19. Erpfingen,

ein evangelisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 655 E. am südlichen Abhange der Alp, an den Quellen eines Astes der Lauchart, s. S. 26., 5 Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach.

Das Patronat hat die Landesherrschaft, welche auch [148] den Pfarrer besoldet. Ebendieselbe bezieht den großen und kleinen Zehenten und den Heuzehenten mit Ausnahme des Wittumguts, aus welchem die Heiligenpflege den Zehnten bezieht. Die Pfarrgüter und 109 Morgen Wiesen sind zehentfrey.

Gefälle beziehen

der Staat (meist von Pfullinger Kellereylehen) Geld 52 fl. 39 kr. Dinkel 69 Schfl. 3 Sri., Haber 71 Schfl. 1 Sri.;

die Heiligenpflege des Orts Geld 5 fl. 1 kr. Dinkel 6 Schfl. 5 Sri., Haber ebensoviel;

die Gemeindepflege Geld 5 fl. 29 kr.

Ferner beziehen einige auswärtige Stiftungspflegen kleine Gefälle.

Die Bevölkerung hat seit 10 Jahren um 68 Menschen abgenommen, und es findet hier der eigene und einzige Fall im Oberamte statt, daß, neben einer starken Auswanderung von 59 Personen im Jahr 1817, im letzten Jahrzehend mehr Menschen gestorben, als geboren sind.

Erpfingen hat die größte, aber auch rauheste Markung unter allen Dörfern des Oberamts; der Boden ist sehr undankbar und der Anbau, wie der Ertrag, gering; die Hälfte des Feldes erhält nie Dünger etc.; der Ertrag vergütet deßwegen auch kaum die Baukosten: die Güter stehen hier am niedrigsten im Werth. Übrigens werden hier außer dem Getreide viel Hülsenfrüchte, Erbsen, Linsen, Wicken, Bohnen, auch Hanf und Flachs erzeugt, dagegen aber wenig Klee und anderes Futter.

Der Ort hat Überfluß an Quellwasser; der beyden starken Quellen – Anraus und Brechloch – ist früher, bey der Lauchart, schon gedacht worden. Bey der letztern Quelle befindet sich der Eselsbrunnen, der seinen Namen davon haben soll, daß hier in ältern Zeiten durch Esel das Wasser auf das Schloß an dem gegenüber gelegenen Berg geholt worden seyn soll. [149] Der Flecken hat 3 Jahrmärkte, Vieh- und Krämermärkte, die aber nicht viel heißen wollen.

Erpfingen hat dasselbe hohe Alter aufzuweisen, wie Willmandingen, Undingen etc. Unter dem Namen Erphinga kommt es schon in der oben angeführten Urkunde vom Jahre 772 und in einer andern vom Jahre 778 als im Burichinggau gelegen vor. In der Folge findet man eigene Edelleute im Besitz des Dorfes, die sich von Erpfingen schrieben. Im Jahre 1347 verkauft Burkhardt Schenk von Erpfingen an die Grafen Eberhard und Heinrich von Werdenberg seine Burg zu Erpfingen, Leute und Güter mit allen Rechten um 400 Pfd. und im Jahr 1418 übergibt Werner Schenk von Erpfingen dem Grafen Eberhard IV. von Würtemberg die Kirche und den Kirchensatz zu Erpfingen.

Allmählig erhielten auch andere Familien – die Rempen von Pfullingen, die Fürst, die Hölenstein, die Bubenhofen – Theil an Erpfingen. Der Rempische Antheil kam ohne Zweifel mit Pfullingen an Würtemberg; von demselben rühren wohl die oben genannten Pfullinger Kellerey-Lehen her. Wie der Antheil der Fürst und Bubenhofen an Würtemberg gekommen, ist oben bey Willmandingen gesagt; die übrigen Theile wurden eingetauscht, indem Graf Ludwig der ältere im Jahr 1450 seinen Antheil an Melchingen dem Grafen Eberhard von Werdenberg gegen seinen und Rudolphs von Hölenstein Antheil an Erpfingen hingab.[56] Von jenen alten Zeiten sind noch die Ruinen von 2 Schlössern übrig; auf den Mauern des einen steht das Pfarrhaus, alte Leute zu Erpfingen erinnern sich noch bedeutender Überreste davon; von der andern ist an der gegenüber liegenden Bergecke, an dem Berg, welcher noch der Schloßberg heißt, ein Thurm zu sehen. [57] [150] Die Mahlmühle liegt abwärts im Thale, eine Viertelstunde von dem Ort an dem Aste der Lauchart, vor einem Damm, der einst den ganzen Thalbezirk in einen See verwandelte (daher auch noch die Wiesen die Weiherwiesen heißen), seit undenklichen Zeiten aber durchschnitten ist. Die Mühle wurde 1632 erbaut und gehörte der Gemeinde, bis sie vor 9 Jahren an den jetzigen Müller verkauft wurde.

Hungerbrunnen und Erdfälle s. o. S. 12 und 21.


Orte jenseits der Alp,
und vom Königreiche ganz abgeschnitten.


20. Mägerkingen,

vormals gemeiniglich Mägerichingen und deßwegen besser Mägerkingen, als Mägerköngen (wie Überkingen von Überichingen) geschrieben, ein evangelisches Pfarrdorf mit 486 E. in einem Thälchen an der Seckach, nahe am Lauchartthale, 6 Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach.

An Gefällen beziehen

der Staat aus vormaligen 4 Marienberger und 12 Kellerey Pfullingischen Lehen und aus Zinsgütern Geld und in Geld verwandelte Küchengefälle 35 fl. 45 kr. und 5 Schfl. 2¾ Sri. Vogt-Haber.

die Heiligenpflege des Orts 5 fl. 6 kr.

die Herrschaft Trochtelfingen (Fürstenberg) Geld 24 fl. 12 kr. Dinkel 5 Schfl. 3 Sr., Haber 8 Schfl. 1 Vierling;

die Pfründen und Stiftungen zu Trochtelfingen zusammen 6 fl. 21 kr.

Obgleich im Thale gelegen, gehört Mägerkingen seiner Natur und Beschaffenheit nach noch ganz der Alp an, die [151] Häuser sind auch noch meist mit Stroh bedeckt. Hier und da findet man, besonders im Orte selber, auch Obstbäume; sie haben aber kein rechtes Gedeihen; überhaupt wird das Mägerkinger Feld nach dem Erpfinger das geringste im ganzen Oberamte seyn. Über der Sägemühle, welche eine Viertelstunde oberhalb des Dorfes an der Seckach liegt, findet man noch die Ruinen einer Burg, welche Roßmannskreuz genannt wird. Wie die Dorfbewohner erzählen, hätte der Bewohner Roßmann, die Burg aber Kreuz geheißen? Die Gegend unter der Burg nennt man noch „unterm Schlößle“ etc.

Mägerkingen ist ein sehr alter Ort, der mit Willmandingen, Erpfingen etc. schon im achten Jahrhundert vorkommt und wie jener zum Burichinger Gau gehörte. S. o. S. 5 etc. Wie es an Würtemberg kam? ist unbekannt; man vermuthet mit der Grafschaft Urach; aber nach den Gefällen zu schließen, hat es wahrscheinlich zu Pfullingen oder zu Achalm gehört.


21. Hausen an der Lauchart,

ein evangelisches Pfarrdorf mit 383 E. an der Lauchart, über welche hier 2 Brücken und 1 Steeg führen, 6 Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach.

Das Patronat besitzt die Landesherrschaft, die auch den Pfarrer besoldet. Ebenderselben gehört der große Zehente und der Novalzehente; den Heu- und Öhmdzehenten, und den kleinen Zehenten bezieht die Pfarrey, 59 Morgen Wiesen sind zehentfrey.

Gefälle beziehen, nachdem die von der Kellerey Pfullingen herrührenden Gefälle abgelöst sind, noch einige auswärtige Pflegen; sie sind jedoch ganz unbedeutend.

Die Dorfkirche steht malerisch auf einem Felsen und der Kirchhof sieht so aus, wie wenn einst eine Burg darauf gestanden hätte. Die Häuser sind meist auch hier mit Stroh bedeckt. Das Pfarrhaus wurde im Jahr 1817 neu gebaut. [152] Das Feld ist schlecht und liefert, da es überdieß noch mager gebaut wird, einen geringen Ertrag. Übrigens wird hier viel Flachs und Hanf gepflanzt. Die Wiesen sind, da sie gewässert werden, ergiebig; ihr Flächeninhalt beträgt aber nicht mehr, als 64 Morgen. Es wird viel gesponnen und die Einwohner zeichnen sich hierin vor ihren Nachbarn vortheilhaft aus; es wird aber meist auf Rechnung ausländischer Fabrikanten gesponnen, und zwar so, daß von den ersten 6 Schnellern aus 1 Pfd. Flachs nichts, für die übrigen dann in steigendem Verhältnisse 3 bis 5 kr. vom Schneller bezahlt werden. Auf diese Weise wird zwar sehr fein, bis auf 24 Schneller, aber auch schlecht gesponnen. Auch die Fischerey (Forellen und Aschen) ist für einige Einwohner kein ganz unbedeutender Erwerbszweig. Im Ganzen aber ist der Ort arm.

Um der durch wiederholten Wetterschlag immer größer gewordenen Armuth willen wurde hier im Jahr 1822 eine Armenbeschäftigungs-Anstalt für Kinder und Erwachsene errichtet. Die Einwohner von Hausen sind übrigens viel geselliger, als ihre Nachbarn, die Mägerkinger.

Hausen war lange Filial von Mägerkingen; während des dreyßigjährigen Kriegs und nach demselben, wo aus Mangel an Geistlichen so mancherley Vereinigungen vorgenommen werden mußten, war es bald mit Willmandingen, bald mit Erpfingen, eine Zeit lang auch mit Genkingen verbunden. Im Jahr 1639 hatten die 6 Orte – Genkingen, Undingen, Willmandingen, Erpfingen, Mägerkingen und Hausen zusammen nur Einen Pfarrer, den Pfarrer zu Genkingen. Wann und wie? Hausen an Würtemberg gekommen, ist unbekannt; nach der gewöhnlichen Meinung ist es mit Urach erworben worden; nach den Gefällen zu schließen, gehörte es aber wahrscheinlich, wie Mägerkingen, zu Pfullingen oder Achalm. Auch die Pfullinger sagen in einer Vorstellung im vorigen Jahrhundert von Hausen, daß es mit den benachbarten Ortschaften zur Grafschaft Pfullingen gehört habe. Die Mühle liegt oberhalb des Dorfs an der Lauchart. In der Nähe befindet sich der merkwürdige Bröller, wovon, so wie über [153] die Erdfälle, die Lauchart, den Michelbrunnen und Mitzelbrunnen in dem 1sten Abschnitt nähere Nachricht gegeben worden ist.


22. Mariaberg,

ein aufgehobenes Benedictiner Frauenkloster an der Lauchart, 6½ Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Nach der Bevölkerungsliste hat Mariaberg 11 Einwohner, es sind aber darunter nur die Klosterfrauen mit ihrem Beichtvater begriffen; von den übrigen 27 Einwohnern sind die katholischen bey Brunnen, die evangelischen bey Mägerkingen, wohin sie eingepfarrt sind, gezählt. In bürgerlicher Hinsicht gehört Mariaberg zur Schultheisserey Brunnen. Die Cameralverwaltung hat hier einen Filialkasten. Das Kloster ist noch mit 7 Klosterfrauen, 3 Schwestern und 1 Beichtvater besetzt, welchen hier der Rest ihrer Tage zu verleben vergönnt ist.

Mariaberg liegt, wie die voranstehende Abbildung zeigt, sehr malerisch auf einem Felsen über der Lauchart, die Gebäude sind gut und stellen sich sehr gefällig dar;[58] mit dem Kloster ist eine niedliche Kirche verbunden. Sämmtliche Gebäude, so wie Grund und Boden sind, mit Ausnahme der im Thale stehenden Mühle, Staatseigenthum. Die Güter sind verpachtet. Die Bierbrauerey und Wirthschaft mit einigen Gütern wurden von dem Kloster im Jahr 1800 in ein Falllehen verwandelt und gegen einen Ehrschatz von 1000 fl. verliehen. Die Mühle, bisher Falllehen, wurde neuerlich allodificirt.

Das Kloster Mariaberg – Kloster Berg zur lieben Frauen, auch häufig blos „Kloster zum Berg“ genannt – wurde im Jahr 1265 von Graf Hugo von Montfort gestiftet, nachdem jedoch schon vorher eine Art von Beguinenhaus sich hier befunden hatte. Nach der Stiftungsurkunde, wovon noch eine Abschrift in dem Montforter Archiv zu Tettnang aufbewahrt wird und welche auch Sulger in [154] seinen Zwifalter Annalen mittheilt (P. I. p. 217.), wurde der Graf durch ein besonderes Familien-Unglück zu der Stiftung veranlaßt. Seine Söhne, zwey Knaben gingen von dem Schlosse Altenburg aus, wo Hugo seinen Sitz hatte, an die Lauter zu baden. Nach dem Bade legten sie sich in einer Schuppe am Flusse aufs Heu und schliefen ein. Indeß wurde neues Heu eingeführt, und die schlafenden Kinder wurden damit bedeckt. Vergeblich suchte man sie mehrere Wochen lang; die trostlosen Eltern gelobten, zur Ehre Gottes und der heiligen Jungfrau ein Kloster zu stiften, wenn ihnen die Gnade würde, ihre Kinder lebend oder todt zu finden. Im folgenden Frühjahre wurde das Heu in der Schuppe geholt und man fand die Knaben todt nebeneinander liegen. Hugo seines Gelübdes eingedenk, stiftete nun das Kloster Mariaberg. Er bestimmte dazu das Eigenthum von Mariaberg mit der Vogtey und allen Gütern.

Neben der Montforte Stiftungs-Urkunde aber hat man noch eine zweyte Urkunde,[59] wonach die Stiftung mit denselben Gütern von Graf Wolfrad dem ältern, von Vöhringen, gemacht worden wäre. Allein vermuthlich war dieß blos eine, den Verhältnissen angemessene, Übergabe der Güter durch die Hand Wolfrads und eine damit verbundene stillschweigende Verzichtleistung auf Ansprüche. Die in dem Montfortischen Archiv davon aufbewahrte Abschrift ist wirklich auch nicht Stiftungs-, sondern Übergabsbrief überschrieben und in der Urkunde selber nennt der Graf von Vöhringen sein frommes Werk eine Contraditio und sagt, daß der Graf Hugo von Montfort und seine Miterben die Güter ihm übertragen haben. Beyde Urkunden sind zu Constanz, die Montfortische den 6. April, die Vöhringische den 7. April 1265 ausgestellt. Das Andenken Graf Hugos, als Stifters, wird noch durch ein in dem Kloster aufgehängtes Ölgemählde geehrt. Übrigens nennt in einem Schreiben vom Jahr 1628 die Priorin des Klosters neben den Grafen von Montfort auch die Grafen von Vöhringen und von Würtemberg Stifter [155] des Klosters, und in dem K. Staats-Archiv ist eine Urkunde vom Jahr 1271 – datum Cannestat, in Abschrift aufbewahrt,[60] worin die Grafen Ulrich und Eberhard von Würtemberg auf Bitten ihres Vetters, des Grafen Wolfrads von Vöhringen oder vielmehr, wie der Name in allen ältern Urkunden geschrieben ist, Veringen, vom Prediger-Orden, der Priorin und dem ganzen Convent des Klosters Mariaberg bey Truchtelfingen die Vogtey des Städtchens (oppidi) in Brunnen und all ihr Recht in dem Städtchen selber, wie es ihnen schon ihr Vater Ulrich geschenkt hatte, schenken und bestätigen; ferner befindet sich eine Original-Urkunde vom Jahr 1288 in dem K. Archiv, wodurch Graf Eberhard von Würtemberg die Schenkung seines ehemaligen Vasallen, Swiggers von Truchtelfingen, bestehend in einigen Gütern zu Truchtelvingen und Stainhulwe (Stainhülben) bestätigt.

Im Jahr 1281 wurde das Kloster von dem Papst Johannes XXII. in seinen Schutz genommen; im J. 1293 wurde es von dem Bischof Rudolph von Constanz dem Abt und Convent Zwifalten in Schutz und Schirm übergeben und deren Obrigkeit sowohl in leiblichen, als in geistlichen Dingen unterworfen.[61] Des Leiblichen nahmen sich jedoch in der Folge die weltlichen Herren an: wir finden die Schirmsvogtey des Klosters immer mit dem Besitz der Herrschaften Gamertingen und Hettingen verbunden; und der Abt von Zwifalten blieb nur der geistliche Obere, Visitator und Hausvater; der auch den Beichtvater setzte.

Nachdem im Jahr 1523 die jetzigen Besitzer von Gamertingen, die Herrn von Speth, die obigen Herrschaften erkauft hatten, und damit die Kasten-, Schutz- und Schirmsvögte des Klosters geworden waren, entstanden bald allerhand Mißhelligkeiten. Das Kloster kündigte ihnen den Schirm auf, verglich sich aber nachher wieder und erkannte in dem Vertrage von 1579 und in verschiedenen andern Verträgen [156] nicht nur den Schutz und Schirm der Spethe an, sondern verstand sich auch zu einer jährlichen Schirmsfrucht; dagegen ließen sich die Spethe Zugeständnisse in dem Weiler Brunnen gefallen und versprachen mit Zwifalten, das Kloster bey keiner Reichssteuer mit anzulegen. In der Folge machte sich das Kloster von dieser Verbindung los und war frey und unabhängig, ohne jedoch ein immatrikulirtes Reichskloster zu seyn. Im Jahr 1802 wurde es mit dem Weiler Brunnen von Würtemberg in Besitz genommen. Außer Brunnen und einigen auswärtigen Gefällen hatte es keine andere Besitzungen.

Was das Schloß Altenburg betrifft, wovon oben die Rede war, so lag dasselbe in der Nähe von Mariaberg, dem Kloster gegenüber, auf Mariaberger Markung. Man sieht noch Reste von dem Burggraben.


23. Brunnen,

ein katholisches Dörflein, das in die ausländische Pfarrey Gamertingen eingepfarrt ist, mit 94 E. an der Lauchart, über welche hier eine Brücke führt, ½ Stunde unter Mariaberg und 7 Stunden von Reutlingen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Den großen Zehenten bezieht die Herrschaft, den kleinen und den Heu- und Blutzehenten die Pfarrey Gamertingen.

Die Gefälle werden, bis auf 2 fl. 16 kr., welche die Pfarrey Gamertingen bezieht, ganz von dem Staate bezogen; sie sind sehr bedeutend, weil außer einigen wenigen Zinsgütern bisher alles Grundeigenthum in vormals klösterlichen Lehen, und zwar 7 Erblehen und 15 Falllehen bestand, und das Feudalsystem hier in seinem ganzen Umfang sich erhalten, ja in neuern Zeiten erst vollends ausgebildet hatte. Es wurden nämlich 160 Jauchert Ackers und 22½ Mannsmad Wiesen, welche das Kloster Mariaberg selbst baute, von dem Kloster erst kurz vor seiner Aufhebung, im Jahr 1800, in leibfälliger Eigenschaft verliehen, so daß 12 von den obigen Falllehen erst von dieser Zeit herrühren. Die jährlichen Gefälle von Brunnen betragen jetzt [157] Geld 313 fl. 46 kr., davon 278 fl. 20 kr. aus den neuern Falllehen.

Früchte in rauhen – 56 Schfl. und 7¼ Simri Ackerbohnen.

Dazu kommen die außerordentlichen Gefälle in Veränderungsfällen, Laudemien etc. Als im Jahr 1800 die 12 Falllehen geschaffen wurden, ließ sich das Kloster dafür 2335 fl. Ehrschatz und für die Verleihung eines der 3 ältern Lehen, des sogenannten Klosterhofs, 1000 fl. bezahlen.

Der Ort hat eine Capelle, worin alle 4 Wochen eine Messe gelesen wird.

Brunnen, so, und nicht Bronnen schrieben alle ältern Urkunden, war ehedem ein zur Ritterschaft steuernder Ort, und gehörte, wie schon bemerkt worden, dem Kloster Mariaberg. Zum Besitz desselben gelangte das Kloster allmählig; der Grund dazu wurde schon durch die erste Stiftung und die oben angeführte Schenkung Graf Ulrichs mit dem Daumen und seiner Söhne gelegt. Die Vogtey scheint jedoch in der Folge wieder verloren gegangen zu seyn; denn im Jahr 1447 kaufte Graf Ulrich von Würtemberg selbst wieder mit den Herrschaften Gamertingen und Hettingen und mit der Klostersvogtey Mariaberg auch den Ort Brunnen, oder, wie es an einer andern Stelle heißt, die Vogtey über das Weiler Klosterbrunnen von Hanß von Rechberg zu Hochenrechberg, wie die Herrschaften von dem Grafen von Veringen und Gamertingen an die von Rechberg gekommen war, für 18.500 fl. Im Jahr 1468 verkaufte Ulrich die Herrschaften wieder mit allen Rechten an die von Bubenhofen für 14.500 fl. und von diesen gingen dieselben wieder durch Kauf im Jahr 1524 an die von Speth über. So stand nun Brunnen als Bestandtheil der Herrschaft Gamertingen unter Spethischer Herrschaft; das Kloster war zwar Grundherr, die Spethe aber übten die hohe und niedere Gerichtsbarkeit aus. Noch in einem Vergleich von 1652 werden die zu Brunnen des Klosters Lehensleute und der Spethischen Herrschaft Leibeigene und hohe und niedergerichtliche Leute genannt. Gegen den Ausdruck Leibeigene protestirte jedoch das Kloster. Erst später i. J. 1706 [158] kam der Ort ganz, mit der hohen und niedern Gerichtsbarkeit, durch Kauf an das Kloster. Bis dahin hatte es zwischen beyden Theilen immer mancherley Zwistigkeiten gegeben. Um desto festern Fuß zu behalten, hatten die Speth ein Schlößchen in Brunnen gebaut; die Klosterfrauen brachten es aber mit Hülfe der Grafen von Montfort, die sich ihrer immer treulich annahmen, und des Klosters Zwifalten dahin, daß durch ein Reichskammergerichtliches Urtheil dasselbe, weil es auf klösterlichem Grund und Boden erbaut war, dem Kloster zugesprochen wurde; durch den oben angeführten Vergleich vom Jahr 1652 kamen aber beyde Theile dahin überein, daß betreffend das Schlößlein Brunnen, solches gänzlich demolirt und rasirt werden solle etc., was auch geschah.

Man findet noch die Überreste dieses Schlosses; ob aber nicht auch schon in frühern Zeiten ein Schloß in Brunnen gestanden, oder das Örtchen selber eine Art von Burg gebildet habe, läßt sich um so weniger bestreiten, als der Ort in der Canstatter Urkunde oppidum genannt wird.

In der Nähe von Brunnen verdient auch eine nicht ganz unbedeutende Höhle, Löwenmaul genannt, bemerkt zu werden.


Nachtrag zu S. 29, 49, 111.

Auf der äußersten westlichen Grenze des Oberamts, gegen die Steinlach hin, in der Markung Stockach, befindet sich eine Steingrube, welche Mühl- und Werksteine liefert.

[159]
Plan und Inhaltsanzeige.


A. Beschreibung des Oberamts im Allgemeinen.


Seite
I. Lage und Umfang des Oberamts 2
1. Geographische Lage.
2. Grenzen.
3. Größe.
4. Figur.
5. Bestandtheile.
II. Geschichtliche Denkwürdigkeiten 5
1. Nachrichten von frühern Verhältnissen.
a. Von der alten bürgerlichen Eintheilung.
b. Von der ältern kirchlichen Eintheilung.
2. Alterthümer:
a. römische.
b. deutsche.
III. Natürliche Beschaffenheit 9
1. Gebirge und Berge 9
2. Thäler 10
3. Ebenen und Bezirke mit besondern Namen 12
4. Erdfälle und Höhlen 12
5. Höhen und Abdachung 27
6. Gewässer 21
7. Boden und Gebirgsarten 29
8. Klima 31
9. Naturerzeugnisse 32
IV. Einwohner 39
1. Bevölkerung:
a. Stand;
b. Gang.
2. Eigenschaften der Einwohner:
a. Körperliche Beschaffenheit.
b. Lebensweise und Sitten.
c. Charakter.
V. Wohnorte 45
1. Orte:
a. Gattung und Anzahl;
b. Lage und Beschaffenheit.
2. Gebäude:
a. Anzahl;
b. Art und Bestimmung;
c. Eigenthum;
d. Kataster;
e. Brandversicherung;
f. Vergleichung.
VI. Nahrungsstand 47
1. Vermögen:
a. Bestand und Vertheilung;
b. Geldwerth.
2. Wirthschaft:
a. Landbau und Viehzucht;
b. Kunst und Gewerbe.
c. Handel.
VII. Gesellschaftlicher Zustand 70
1. Grundherrliche Verhältnisse.
2. Staats- und kirchliche Einrichtung.
a. Eintheilung.
b. Vorgesetzte Behörden.
c. Allgemeine Anstalten.
3. Oberamts- und Gemeindehaushalt.
a. Vermögen und Schulden.
b. Umlagen und Steuern.
[160]
B. Ortsbeschreibung.
1. Literatur, 2. Eigenschaft, Lage und Einwohnerzahl; 3. Ämterzutheilung; 4. im Orte befindliche Staatsämter; 5. Grund- und Patronatrechte; 6. Beschaffenheit und merkwürdige Gebäude; 7. Bevölkerung und Nahrungsverhältnisse; 8. Anstalten. 9. Gemeindezustand. 10. Merkwürdigkeiten und Geschichte.
Orte diesseits der Alp. Seite
1. Reutlingen 79
    Altenburger Hof 96
    Gaisbühlhof 97
2. Betzingen 105
3. Wannweil 107
4. Omenhausen 109
5. Stockach 110
6. Gomaringen mit Unnothhof 111
7. Hinterweiler 114
8. Bronnweiler 115
9. Pfullingen 116
    Übersberger Hof 125
    Capelhof
10. Unterhausen
11. Oberhausen 127
12. Honau 128
    Lichtenstein 130
Orte auf der Alp.
13. Holzelfingen 132
14. Klein-Engstingen 136
15. Groß-Engstingen 136
16. Genkingen 139
17. Undingen 142
18. Willmandingen 143
19. Erpfingen 147
Orte jenseits der Alp.
20. Mägerkingen 150
21. Hausen an der Lauchart 151
22. Mariaberg 153
23. Brunnen 156
C. Tabellen über sämmtliche Orte.

I.   Orte, Einwohner und Gebäude.

II.   Grund und Boden:

a. nach dem prov. Kataster, b. nach der Landesvermessung [62]

III. Viehstand.

IV.   Mühlen, Werke, Wirthschaften und Getränkefabriken.

V.   Gewerbsliste.

VI.   Gemeinde- und Stiftungshaushalt.

  1. Eichhorn Episcop. Cur. Nr. 15.
  2. Die alte Schreibart und jetzige Aussprache findet sich noch in dem Familiennamen Phul; ebenso Erpfingen für Erphingen.
  3. Nachrichten von dem Rural-Capitel Reutlingen, von G. D. Beger, Lindau 1765.
  4. Um diese Aufnahme hat sich besonders der Herr Cameral-Verwalter Zimmer in Pfullingen verdient gemacht, der die schwierigsten Theile selber aufnahm.
  5. Es kommt bey dem Gedeihen des Pflanzenreichs nicht blos auf heiße Sommertage, woran es der Alp nicht fehlt, sondern auf die Summe der Wärme im ganzen Jahre, oder auf den Durchschnitt derselben für jeden Tag, auf die mittlere Temperatur, an. Petersburg z. B. hat heißere Sommertage als Rom bey der größten Hitze, deßwegen wachsen aber doch keine Orangen daselbst. Seine mittlere Temperatur steigt kaum 2½ Grad über den Eispunkt, während die zu Stockholm 4, zu Berlin 7½, zu Wien 8½, zu Paris 9, und zu Rom 13 Grad beträgt. Der Wein verlangt meistens 7, die Orange 13 bis 14, der Kaffee 14 bis 15, der Zucker 18 Grade.

    WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt

  6. Es würde zu weit führen und zu häufige Wiederholungen veranlassen, wenn bey jedem Oberamt ein besonderes botanisches Verzeichniß mitgetheilt werden wollte; es wird deßwegen blos das Eigenthümliche und Hervorstechende angeführt. Diese Bemerkung gilt auch für das Thierreich. Ein Verzeichniß der in der Gegend von Reutlingen und auf der benachbarten Alp wachsenden Pflanzen findet sich schon in einer Dissertation von Weinmann. Tübingen 1768.

    WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt

  7. Um diese und die folgenden Verhältnisse mit dem Ganzen des Königreichs vergleichen zu können, und diese Vergleichung nicht bey jeder Oberamtsbeschreibung wiederholen zu müssen, werden wir in einem der nächsten Hefte der Würt. Jahrbücher die ähnlichen Verhältnisse von der Gesammtbevölkerung des Königreichs mittheilen, worauf wir hier ein für allemal verweisen.
  8. Wie das Verhältniß der Lebenden über 60 Jahre, und überhaupt die höhern Altersstufen zu der Gesammtbevölkerung sey, und in welchen Orten verhältnißmäßig die meisten alten Personen leben, läßt sich nicht angeben. Da die bisherigen Bevölkerungslisten bey dem weiblichen Geschlecht vom 14ten Jahr an gar nicht und bey dem männlichen nur bis 60 Jahr nach Stufen unterschieden.
  9. Würtemb. Jahrbücher 1823. 2s Heft.
  10. Wer diese und andere Berechnungen mit dem Ganzen des Königreichs vergleichen will, den verweisen wir auf die Würt. Jahrbücher 1823. 2s Heft.
  11. Vergl. Würt. Jahrbücher 1824. 1s Heft.
  12. Ebend. 1823. 2s. Heft. S. 416.
  13. In der Gegend von Reutlingen heißt ein Baumgut Bongart (Baumgarten).
  14. Ein mit den Verhältnissen genau bekannter Beobachter macht folgende Bemerkung: „Nicht nur das Mittel zur Besserung, sondern der Nutzen des Melkviehs überhaupt wird durch Mißbrauch der Weide außerordentlich geschmälert. Keine Milch, kein Pfund Butter oder Schmalz wird in dem Orte oder aus demselben (und der Ort ist einer der bedeutendsten Alporte) verkauft, vielmehr wird häufig sogar noch Butter und Schmalz gekauft. Durch die Weiden wird überdieß manches Stück Vieh hinweggerafft, im Jahr 1819 allein über 100. Die Farren sind sehr schlecht, oft ganz unbrauchbar, woran die Hexen Schuld seyn müssen, während die Ortsbehörden gemeiniglich die Schuld tragen.“ Bey der wachsamen Aufsicht und Sorgfalt der gegenwärtigen Oberamtsbehörde dürfte dem letzten Übelstand wenigstens bald begegnet werden.
  15. WS-Anmerkung: Marli (frz.) = Gaze. Marlinhauben waren Hauben mit einer Art Schleier, der das halbe Gesicht verdeckte
  16. Durch die neue Bezirks-Eintheilung der evang. luth. Generalate vom 18. Okt. 1823 ist nun Reutlingen selbst Hauptort eines Generalates.
  17. Das Rural-Kapitel Reutlingen, dessen oben S. 7 gedacht worden, besteht als Antiquität noch neben dem Dekanat; der Pfarrer in Mittelstadt ist Dekan, der Pfarrer in Unterhausen Kammerer des Kapitels. Das Kapitel hat noch ein kleines Kapital von ungefähr 1000 fl., dessen Zinse zu der jährlichen Zusammenkunft der Geistlichen verwendet werden. Diese Zusammenkünfte, wodurch allein noch das Leben des Körpers sich äußert, haben ungefähr denselben Zweck, wie die Diöcesan-Disputationen.
  18. Dieselbe Nachricht, welche die Dauer von dem Baue der Marienkirche auf 70 Jahre angibt, setzt die Vollendung auf das Jahr 1343. Es müßten somit 25 Jahre auf die Vorbereitungen hingegangen seyn.
  19. Nach der neuesten Bevölkerungsliste vom 1. November 1823 beträgt die Zahl der Ortsangehörigen 9666.
  20. In dem Gedränge, worin sich Conradin befand, fügte er – consideratis fidelibus et devotis servitiis, quae dilectus fidelis noster Vir Nobilis Ulricus Comes de Wirtenberch nobis exhibuit et exhibere poterit in futuro – kraft einer in dem K. Archiv noch aufbewahrten Original-Urkunde, zu der Summe von 500 Mark, wofür Ulrich die Pfandschaft besaß, im Jahr 1262 noch weitere 400 Mark hinzu, so daß die Wiederlosung nur gegen 900 Mark hätte geschehen können.
  21. Die Urkunde ist mit dem Stadtsiegel – einem einfachen Adler mit der Inschrift: S. Universitatis De Riutelingen versehen.
  22. Merkwürdig ist auch die Art, wie sich Reutlingen die Juden vom Hals schaffte. Im Jahr 1349 verkaufte der Kaiser sämmtliche Juden zu Reutlingen mit Hab und Gut, Häusern und Hofstätten an die Grafen von Würtemberg, und diese verkaufen sie in eben demselben Jahre wieder für 1200 fl. an Reutlingen, Reutlingen aber verjagt sie bald darauf ganz aus der Stadt.

    WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt

  23. Die Richtschnur war die Steuer-Instruction vom Jahr 1744, welche sich in der Schrift: Briefe eines Würtembergers aus Hamburg. I. B. Leipzig 1820 abgedruckt findet.
  24. Steinhofers Chronik. Thl. II. S. 141.
  25. Nachrichten von dem Rural-Capitel etc. S. 53.
  26. Besold Docum. rediv. p. 374.
  27. Steinhofers Chronik. II. Th. S. 136.
  28. Sattler, Herzoge. B. V. S. 22.
  29. Über die Erwerbung liegen in dem Reutlinger Archiv Urkunden vergraben.
  30. Sattler Top. Geschichte. S. 422.
  31. Hüllmann deutsche Finanzgeschichte S. 29.
  32. Über den Namen Pfullingen und Phullingen s. o. S. 5.
  33. Die Urkunde, welche vom 23. Mai 937 ist, sagt:
    . . cuidam presbytero dilecti comitis nostri Herimanni, nomine Hartbertus in Allamani in commitatu ejusdem comitis Harimanni in pago Phullichgowe in loco Hohenowa (Honau) nominato quandam piscationem hactenus ad regiam potestatem pertinentem a natatorio fluminis Achaza nuncupati usque ad gurgitem, quem circummanentes abusivo nomine lacum appellant, cum fundo et alvo ipsius fluminis cum omnibus ad ipsum fundum et alvum pertinentibus in proprietatem donavimus. Actum Moguntiae. – Es verdient bemerkt zu werden, daß die abusive Benennung Lacus sich bis jetzt erhalten hat, denn noch heutzutag heißt ein Bezirk Wiesen bey Pfullingen, „im Entensee.“
  34. Bucelini Constantia sacra et profana p. 174. Neugart Cod. Dipl. 320. 321. Besoldi Mon. virg. S. 334.
  35. Neugart Episcop. Constant. S. 390. u. f.
  36. Besoldi Docum. red. S. 519. Sattlers Top. Geschichte S. 420.
  37. Crus. P. II. L. 8. C. 12.
  38. Besold Mon. virg. p. 335.
  39. Sattler Geschichte der Grafen II. S. 17.
  40. Steinhofers Chronik. II. S. 307.
  41. II. S. 484. Sattler Grafen I. S. 261.
  42. Canstatt und seine Umgebung, von Memminger. S. 100.
  43. Steinhofers Chronik. II. 307.
  44. Crusius II. 426.
  45. Sulger Annal. Zwif. P. 1. p. 247.
  46. Die Originale von beyden Urkunden befinden sich in dem Königl. Staatsarchiv.
  47. Sulger Annal. Zwif. I. 298.
  48. Neugart Episc. Const. p. XLVIII. Codex Lauresh. Nr. 3275.
  49. v. Arx Geschichte des Cantons St. Gallen. I. B. S. 56.
  50. Neugart Cod. Diplom. p. 135. Nr. CLIX.
  51. Sulger Annal. Zwif. II. S. 81.
  52. Crusius I. S. 491.
  53. Neugart Cod. Diplom. I. p. 51.
  54. I. c. p. 60. Nr. LXIII.
  55. Sattler, Grafen III. 99. Steinhofers Chronik III. 236.
  56. Steinhofers Chronik. II. S. 921.
  57. Den Grafen von Werdenberg gehörte das benachbarte Trochtelfingen und ein Zweig derselben hatte dort seinen Sitz. Im Jahr 1416 starb Graf Eberhard von Werdenberg zu Trochtelfingen, und verordnete seinen Vetter, Graf Eberhard von Würtemberg zum Vormund seiner Söhne. Sowohl zu Trochtelfingen, als auch an der Heid-Capelle findet sich noch das Werdenbergische Wappen, die Fahne der Pfalzgrafen von Tübingen, mit welchen die Werdenberg von Einer Familie waren.
    WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt
  58. Nach Sulger wurde das Kloster 1682 neu erbaut.
  59. Sie ist auch abgedruckt in Neugart Cod. Dipl. II. 232. Nr. 988.
  60. Sie ist abgedruckt in Lünigs Reichsarchiv B. XVIII. und in Sulgers Annal. Zwif. I. S. 223.
  61. Sulger Annal. Zwif. P. I. p. 248.
  62. Diese Tabelle kann für Reutlingen erst mit dem nächsten Hefte geliefert werden, weil die Publikation des Flächenmaßes noch nicht in allen Gemeinden des Oberamts vollendet ist.

Beilagen

Karte des Oberamts.
Skizze der Nebelhöhle.

Tabellen

[T1]

I. Orte, Bevölkerung und Gebäude.


Orte. Einwohner.
Gebäude.
Namen Eigenschaft Gemeinde
Klasse
protest. kath. Anzahl
sämmtl.
Gebäude
Art und Bestimmung Eigenthum Kataster Brandversicherung Es kommen
Menschen
auf 1 Wohngeb.
Kirchen u.
Kapellen
Rath-
häuser
Schul-
häuser
Rath- und
Schulhäuser
zu anderen
öffentlichen
Zwecken
Wohn-
gebäude
Wirthschafts-
Gebäude
des
Staats
der
Körper-
schaften
der Ein-
wohner
Zahl der
steuerfreien
Zahl der
steuerpflich-
tigen
Kataster-
Anschlag
Durchschnitt
auf 1
Zahl der
versicherten
Assecuranz-
Anschlag
Durchschnitt
auf 1
 
Reutlingen
Kreis u. Ober-
amtsstadt
 
I.
 
9420
 
55
 
1285
 
4
 
1
 
2
 
 
12
 
920
 
346
 
6
 
72
 
1207
 
37
 
1248
fl.   
1419125
fl.   
1137
   
1260
fl.   
822400
fl.   
653
 
10
Betzingen Pfarrdorf II. 1103 190 1 1 162 26 2 5 183 5 185 93125 503 190 32475 171 7
Brunnen Dorf III. 94 24 1 15 8 1 1 22 1 23 14275 621 23 mit Mariabg.
29025
907 6
Bronnweiler Pfarrdorf III. 110 31 1 1 20 9 7 24 4 27 12000 444 30 6050 202
Erpfingen Marktflecken III. 655 152 1 1 115 35 3 7 142 5 147 41500 282 151 40150 266 6
Genkingen Pfarrdorf III. 678 127 1 1 100 25 4 5 118 6 121 53000 438 126 57000 451 7
Gomaringen Marktflecken II. 1218 206 1 1 1 131 72 12 2 192 14 192 93725 488 203 mit Hinterweiler
87075
363 9
Groß-Engstingen Marktflecken III. 627 124 1 1 102 20 2 3 119 4 120 46325 386 121 41625 344 6
Hausen, a. d. Lauchart Pfarrdorf III. 383 96 1 1 64 30 3 5 88 4 92 24200 266 95 31400 330 6
Hinterweiler Weiler gehört zu
Gomaringen
244 5 39 29 10 2 37 39 18875 484 37 bei Gomaringen
Holzelfingen Pfarrdorf III. 364 81 1 1 1 58 20 3 5 73 6 75 30925 412 80 26975 337 6
Honau Pfarrdorf III. 405 73 1 57 15 9 1 63 10 63 34200 543 71 36825 519 7
Klein-Engstingen Dorf III. 419 7 89 1 1 1 67 19 4 85 3 86 42925 499 89 31450 353 6
Mägerkingen Pfarrdorf III. 483 3 113 1 1 1 77 33 4 5 104 7 106 46175 436 112 36850 328 6
Mariaberg Kloster gehört zu
Brunnen
11 9 1 5 3 5 4 5 4 2300 575 9 bei Brunnen
Oberhausen Dorf III. 501 98 1 1 79 17 3 95 2 96 48900 510 97 32700 337 6
Omenhausen Pfarrdorf III. 838 4 122 1 1 101 19 2 3 117 5 117 62600 535 122 17200 141 8
Pfullingen Stadt II. 3435 5 599 1 1 1 4 458 134 33 16 550 39 560 314725 562 586 328950 561
Stockach Dorf III. 163 31 26 5 1 30 31 19300 623 31 5100 165 6
Undingen Dorf III. 795 1 165 1 1 1 124 38 1 7 157 4 161 57725 359 163 71200 437 6
Unterhausen Pfarrdorf III. 663 1 118 1 107 10 5 113 4 114 60925 535 116 45325 391 6
Wannweil Pfarrdorf III. 488 4 97 1 1 69 26 5 92 4 93 47750 513 93 13975 150 7
Willmandingen Pfarrdorf III. 601 140 1 1 98 40 4 7 129 6 134 42475 317 139 60375 434 6
Summen 22966 817 4009 24 4 13 4 20 2984 960 94 171 3744 175 3834 2627075 685¼ 3944 1854125 470 8

[T2]

II. Grund-Kataster.


[Teil 1]

Namen
der
Orte
Äcker Wiesen Weinberge
mit Dreifelder-Wirthschaft Wechselfelder etc. etc. einmähdige zweimähdige Morgen-
zahl
Roh-
Ertrag
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Roh-
Ertrag
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Roh-
Ertrag
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Roh-
Ertrag
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Roh-
Ertrag
Rein-
Ertrag
Sch. Sri. Vrlg. fl. kr. Sch. Sri. Vrlg. fl. kr. Ctnr. fl. kr. Ctnr. fl. kr. E. I. M. fl. kr.
Reutlingen 27427/8 5.   1.   31/2 5 51 —   —   — 3619/32 71/2 3 20 12281/8 28 9 56 6213/8 2.     5.   — 8 18
Betzingen 11613/4 4.   6.   23/4 5 15 —   —   — 13/4 8 3 51 6343/8 272/3 10 17 81/2 1.   —   — 4
Brunnen mit Mariaberg 5593/4 4.   —   — 3 39 —   —   — 711/2 29 12 20 —     —   —   —
Bronnweiler 1193/8 4.   2.   — 4 15 —   —   — 2     8 4 9 293/8 243/4 10 31 4     1.   —   — 4
Erpfingen 3013     31/10. —   — 2 45 3073/4 2.   2.   1   1 4 37     2 45 1813/4 21 6 38 —     —   —   —
Genkingen 13545/8 3.   5.     1/2 3 37 2723/4 2.   —    2/5 1 471/2 81/2 3 13 1117/16 24 7 28 —     —   —   —
Großengstingen 13213/4 3.   7.   2   3 47 2021/8 2.   2.     — 1 21/2 11/8 6 2 30 1383/4 251/2 9 39 —    —   —   —
Gomaringen mit Hinterweiler 14603/8 3.   7.   2   3 50 —     —   —   — —    7531/4 211/2 7 10 151/4 1.   —   — 4
Hausen an der Lauchart 11165/8 3.   3.   — 2 48 —     —   —   — —    571/2 271/5 11 —    —   —   —
Holzelfingen 7973/8 3.   7.   — 5 49 5837/8 2.   —   31/2 1 11/2 161/2 6 2 15 108     22 6 40 —     —   —   —
Honau 3321/4 5.   —   21/2 5 33 1493/8 2.   1.    11/3 1 —    391/4 27 9 14 —    —   —   —
Kleinengstingen 11417/8 41/10. —   —   4 7 2391/8 2.   —   —   58 581/8 13 4 28 1027/8 251/2 9 4 —     —   —   —
Mägerkingen 19955/8 3.   —   — 2 35 —     —   —   — —     1351/4 251/4 9 51 —     —   —   —
Oberhausen 1521/4 5.   4.   11/2 6 1190    1.   7.   3   1 13/8 6 2 24 531/2 263/5 9 13 —     —   —   —
Omenhausen 8313/4 4.   3.   — 4 46 —     —   —   — 93/8 8 3 24 2733/8 241/2 9 17 251/4 1.   —   — 4
Pfullingen 25553/4 5.   —   2   4 54 —     —   —   — 10875/8 54/5 2 6 341     275/8 13 18 3847/8 1.   11.   7 8 10
Stockach 1863/4 4.   2.   2   4 16 —     —   —   — 7     7 3 40 791/2 211/2 6 53 —     —   —   —
Undingen 20491/8 3.   4.   1   3 24 —     —   —   — 2431/8 61/2 1 57 214     22 6 38 —     —   —   —
Unterhausen 2783/8 5.   2.   1   5 43 6813/8 1.   7.   11/2 56 —     733/8 19 5 35 183/4 1.   —   — 4 30
Wannweil 6831/4 4.   3.   3   4 47 —     —   —   — 41     8 3 38 3161/2 271/2 11 50 —     —   —   —
Willmandingen 12193/8 4. —   1   4 18 4873/4 2.   2.   1   1 9 183/8 71/3 3 40 73     241/2 7 37 —     —   —   —
Summen 25.0737/8 4.   —   2   4 61/2 40341/8 2.   1.   — 1 1/2 160815/32 62/7 2 161/2 501522/32 251/2 9 22 1078     2.   —   3   8

Der Rein-Ertrag ist jährlich, der Roh-Ertrag bei den Äckern blos von den Baujahren zu verstehen. Zu Holzelfingen sind 29 Morgen, zu Gomaringen 7 Morgen blos zur Staatssteuer und zu Hausen an der Lauchart 21/2 Morgen blos zur Amts- und Gemeindesteuer beitragspflichtig.

Die entsprechenden Kataster-Summen sind 203 fl. 34 kr.; 42 fl. 55 kr.; 5 fl. 27 kr., wovon die lezte nicht im Kataster enthalten ist.

[Teil 2]

Namen
der
Orte
Gemüsegärten
und Länder
Baumäcker, Baum-
wiesen und Baum-
gärten
Waldungen Weiden mit be-
stimmter Fläche
Gesammt
Morgen-
zahl
Schafweiden Haupt-
Kataster-
Summe
Hiervon
Real-
Lasten
Gefäll-
Kataster
Verhältnisse
Mor-
gen-
zahl
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Rein-
Ertrag
Mor-
gen-
zahl
Rein-
Ertrag
be-
stimmte
Weide-
fläche
Zahl
der
Schafe
Kataster-
Ansatz
für 1
Schaf
Durch-
schnitt
des Rein-
Ertrags
auf 1
Morgen
Morgen
auf 1
Menschen
fl. kr. fl. kr. fl. kr. fl. kr. kr. fl. kr. fl. kr. fl. kr. M. V.
Reutlingen 293/4 17 2 11732/4 14 181/2 12133/4 1 31 9183/4 45 796423/32 4593/8 600 30 53.683 22 693 59 3150 3 6 44 31/2
Betzingen 21/2 13 45 821/2 9 37     1273/8 1 18 280    1 8 22983/4 62    283 21 14.094 24 585 447 4 6 8 2 1/2
Brunnen mit Mariaberg 5    9 15 —    —    2753/4 47 432    1 1344    2151/8 200 9 3647 41 367 10 2 42 14 3
Bronnweiler 1/2 13 22 561/4 11 34    93/4 1 18 111    1 3321/4 —    1616 15 92 36 83 4 52 3
Erpfingen 163/4 7 24 11/4 13 46    7191/4 41 1021    1 5 52973/4 3521/2 600 12 11.695 4 346 7 54 58 2 12 8 21/2
Genkingen 215/8 8 25 63/4 9 46    805    1 6 1130    1 17 374911/16 4137/8 225 21 8784 42 342 46 83 15 2 20 6 1/2
Großengstingen 35/8 11 15 2    10 25    5923/4 46 964    1 28 32261/8 1551/4 413 15 8419 41 488 29 48 28 2 36 5 11/2
Gomaringen mit Hinterweiler 62    7 4 3205/8 6 38    8571/2 1 19 719    1 4 4188    72    289 18 15.595 56 918 16 16 12 3 43 3
Hausen an der Lauchart 71/8 8 14 —    —    4953/4 34 327    51 2004    1625/8 262 15 4464 10 14 27 2 22 2 13 5 21/2
Holzelfingen 1/4 9 59 93/4 6 40    614    1 26 500    1 26293/4 2483/4 292 15 7564 22 137 32 25 10 2 52 7 31/2
Honau 127/8 19 13 303/4 12 261/2 4141/2 1 8 250    1 12 1229    35    150 30 3829 50 57 24 18 8 3 7 3 1/2
Kleinengstingen 43/8 11 45 17/8 12 9    9731/2 1 21 997    1 14 35183/4 1323/4 320 18 8885 34 171 55 58 44 2 31 8 2
Mägerkingen 111/4 9 15 —    —    7463/8 40 673    58 35611/2 336    360 15 7847 3 78 56 3 41 2 12 8
Oberhausen 1/4 16 18 1231/8 11 21/2 725    1 10 380    45 26151/2 —    5093 51 49 33 214 2 1 56 5 1
Omenhausen 37/8 12 19 1703/8 15 22    3837/8 1 12 —    16977/8 47    130 15 9790 23 345 1 241 56 5 46 2
Pfullingen 4611/16 14 3 87913/16 14 331/2 32773/4 1 21 8323/4 1 20 94061/4 250    594 18 41.717 38 783 9 1601 55 4 26 2 3
Stockach 1/8 12 48 271/2 7 48    1941/4 1 20 40    1 5351/8 —    1892 43 169 32 137 13 3 32 3 1
Undingen 83/4 9 18 81/4 7 35    10013/8 58 630    1 4 41545/8 3191/2 550 18 10.986 55 419 12 41 23 2 38 5 21/2
Unterhausen 1    16 18 2553/8 20 321/2 8683/8 1 10 300    45 24765/8 —    187 12 9247 4 75 24 377 17 3 44 3 3
Wannweil 5/8 10 4 37    6 34    3095/8 1 5 210    1 14 1598    105    220 12 7937 9 489 4 741 58 4 58 3 2
Willmandingen 121/2 12 52 251/2 7 47    395    1 8 11083/4 1 32401/4 117    279 24 8403 20 382 79 33 2 34 5 2
Summen 2517/16 11 12 32123/16 13 36    15.0001/2 1 10 11.8241/4 1 6 67.0981/2 34837/8 5954 18 245.197 7 7007 32 7426 22 3 29 3

WS: Vereinzelt treten kleinere Abweichungen der Endsummen zu den Summen der Einzelpositionen auf.

[T3]

III. Viehstand.


Namen
der
Orte
Pferde Rindvieh Esel Schafe Schwei-
ne
 
Zie-
gen
 
Bie-
nen-
stöcke
Es kommen
Menschen auf
Es kommen Mor-
gen Landes auf
über
2 Jahren
unter
2 Jahren
Ochsen u.
Stiere
über 2
Jahren
Kühe Schmal-
vieh
span-
ische
Bastard- Land- 1 Pferd  1 Stück
Rindvieh
1 Pferd   1 Stück
Rindvieh
Reutlingen 189 26 14 614 131 127 158 2607 55 43 55 44     125/10 37     101/2
Betzingen 56 15 149 180 98 165 40 30 155/10 25/10 333/8 51/2
Brunnen mit Mariaberg 30 14 20 60 55 18 60 22 5 11 24/10 8/10 503/4 161/2
Bronnweiler 1 1 42 31 46 15 12 9 23 55     9/10 181     3    
Erpfingen 88 10 24 180 60 30 170 12 76 24 66/10 25/10 58     211/2
Genkingen 36 15 115 160 94 36 5 10 50 15 133/10 18/10 92     121/2
Gomaringen 50 40 86 255 170 300 200 300 16 25 30 135/10 24/10 45     8    
Großengstingen 37 5 76 151 130 6 30 140 40 48 25 15     18/10 95     111/8
Hausen an der Lauchart 36 3 32 88 64 15 35 19 36 20 98/10 21/10 561/2  12    
Hinterweiler 16 2 28 45 30 100 50 4 2 8 139/10 24/10 45     8    
Holzelfingen 67 10 20 136 90 175 150 10 40 30 48/10 15/10 44     131/2
Honau 48 6 90 20 20 30 30 12 75/10 37/10 361/2 18    
Kleinengstingen 42 18 50 180 64 95 40 20 25 71/10 15/10 61     121/2
Mägerkingen 73 40 160 90 200 300 25 50 15 66/10 16/10 531/2 131/2
Oberhausen 30 58 95 40 6 40 60 166/10 26/10 88     133/4
Omenhausen 17 11 34 140 185 15 80 30 25 30     23/10 63     47/8
Pfullingen 58 12 272 436 98 5 282 130 80 10 85 64 49     43/10 139     133/4
Stockach 5 3 26 30 15 6 2 20     24/10 861/4 93/4
Undingen 112 20 40 230 225 6 30 60 100 60 70 33 6     16/10 421/2 113/4
Unterhausen 40 90 110 75 4 20 130 60 40 166/10 24/10 693/4 101/8
Wannweil 36 20 28 60 84 200 20 9 12 9     28/10 305/8 10    
Willmandingen 70 32 75 200 65 15 45 40 25 56 30 6     18/10 383/4 111/2
Im ganzen Oberamt 1137 263 1319 3631 1929 15 896 1096 4748 486 754 589 17     35/10 543/8 11    
Bloß auf dem Land 948 237 1305 3017 1798 15 769 938 2141 431 711 534 12     23/10 58     111/8

[T4]

IV. Mühlen und Werke, Wirthschaften, Getränke-Fabriken und Kataster-Ansatz sämmtlicher Gewerbe.


Namen
der
Orte
Mühlen und Werke Ziegel-
hütten
Wirthschaften und Getränke-Fabriken Kataster-Ansatz
sämmtlicher
Gewerbe
Mahl- Öl- Gyps- Keltern Schild- Speise- beständige
Wein-
Bier-
schenken
Brannt-
wein-
Essig- und
Obstmost-
schenken
Bier-
braue-
reien
Brannt-
weinbren-
nereien
Mühlen
Werke Gänge Werke Pressen Werke Steine Wirthschaften fl. kr
Reutlingen 5      27 5       8 4      6     
u. 1 Hanfreibe
3 2 8 11 45 9 6 6 68 4756 32
Betzingen 1        5 1       1 —       2 3 4 6 98 59
Brunnen mit Mariaberg 1        4 —       —       1 1 1 1 2 23 32
Bronnweiler —       —       —       1 1 1 6 3
Erpfingen 1        3 1       1 —       1 3 1 3 6 51 10
Genkingen 1        3 —       —       1 1 1 3 38 47
Gomaringen mit Hinterweiler 2        6 1       2 1      2      1 5 1 1 1 5 1 11 108 46
Großengstingen —       —       —       3 2 2 43 4
Hausen an der Lauchart 1        3 —       —       2 5 29 31
Holzelfingen —       —       —       1 1 1 1 14 24
Honau 2        7 1       1 und 1 2 1 3 67 7
Kleinengstingen —       —       —       2 1 1 1 27 32
Mägerkingen 1        3 2       2 und 2 2 2 4 52 26
Oberhausen 1        3 —       —       1 3 1 1 38 28
Omenhausen —       —       —       1 1 6 25 30
Pfullingen 5      18 2       2 2      4     
u. 1 Hanfreibe
2 1 4 11 1 6 13 609 15
Stockach —       —       —       2 48
Undingen —       2        2 —       1 2 4 42 43
Unterhausen 3      10 1        1 —       2 1 1 106 29
Wannweil —       —       —       1 2 25 25
Willmandingen 1        2 1        1 —       1 5 44 39
Summen       25      94 17     21 7     15      8 7 46 12 63 14 25 17 145 6213 22

Ferner befinden sich im Oberamt: Sägmühlen – 1 zu Reutlingen, 1 zu Pfullingen (mit einer Hanfreibe) und eine Säge in der Öl- und Gypsmühle zu Mägerkingen; Schleifmühlen – 4 zu Reutlingen mit 9 Steinen; Lohmühlen – 1 zu Reutlingen mit 4 Werken, und 1 zu Pfullingen; Walkmühlen – 2 zu Reutlingen; Eisenhammerwerke – 2 zu Reutlingen, 1 zu Pfullingen (sind in dem Kataster der Handwerker enthalten); – 1 Billard zu Reutlingen; 1 Essigsiederey ebendaselbst.

[T5]

V. Gewerbsliste.


Gewerbe Reutlingen Gewerbe Reutlingen Pfullingen Gewerbe Reutlingen Pfullingen Bet- zin- gen Brun- nen mit Maria- berg Bronn- wei- ler Erp- fin- gen Gen- kin- gen Go- ma- rin- gen Groß- Eng- stin- gen Hau- sen a. d. Lau- chart Hin- ter- wei- ler Hol- zel- fin- gen Hon- au Klein- Eng- stin- gen Mä- ger- kin- gen Ober- hau- sen Omen- hau- sen Stock- ach Un- din- gen Un- ter- hau- sen Wann- weil Will- man- din- gen Summen der
Mei-
ster
Gehül-
fen
Mei-
ster
Gehül-
fen
Mei-
ster
Gehül-
fen
Mei-
ster
Gehül-
fen
Mei-
ster
Gehül-
fen
Mei-
ster
Gehül-
fen
A.
In Reutlingen allein
1 1 Sensenschmide 3 Barbierer 5 3 1 1 1 1 1 1 14
Abdecker 1 1 Silberarbeiter 3 2 Bäcker 84 4 26 2 4 2 8 4 2 1 1 3 1 3 4 2 5 1 2 155 4
Beindreher 4 Sporer 1 Feldmesser 5 2 2 1 1 1 1 13
Bleicher 1 1 Tuchscheerer 2 2 Glaser 8 2 3 1 2 14 2
Buchdrucker 12 54 Weißgerber 15 5 Hafner 7 3 6 1 1 1 16 3
Bürstenbinder 1 Zinkenisten 1 1 Huf- und
Waffenschmide
19 1 6 3 2 2 4 2 3 2 2 2 3 2 2 1 3 3 1 2 64 1
Färber 9 7 Zinngießer 1 Kammmacher 6 4 2 8 4
Feilenhauer 1 Zirkelschmide 1 1 Keßler 1 1 2 0
Garnsieder 1 Zuckerbäcker 6 Kleinhändler 14 1 1 5 2 2 1 1 1 1 1 30
Glockengießer 3 2 B.
In Reutlingen und Pfullingen.
Kübler 6 4 2 1 1 1 2 17
Gürtler 4 Küfer 24 9 2 1 3 1 1 1 1 1 2 46
Holzmesser 4 Leineweber 25 1 34 49 1 9 9 11 26 6 6 12 6 5 11 4 10 20 3 22 16 17 24 326 1
Hutmacher 7 Apotheker 3 3 1 Maurer 15 4 14 5 5 3 5 2 1 5 3 2 7 5 5 5 2 3 87 4
Kalkmesser 1 Bortenwirker 37 4 20 3 Metzger 97 24 2 2 4 3 132
Karrenfuhrleute 49 Buchbinder 10 2 1 Nagelschmide 12 7 2 2 1 3 1 21 7
Kirschner 1 1 Büchsenmacher 1 1 Pottaschesieder 1 1 2
Kleinuhrenmacher 3 1 Flaschner 2 1 Sailer 7 2 1 1 2 11 2
Knopfmacher 1 Fuhrleute 2 4 1 Sattler 11 2 1 2 2 18
Lakirer 2 2 Hammerschmide 2 3 1 1 Säckler 29 1 1 1 31 1
Leimsieder 13 11 Hauderer 11 2 2 Schäfer 4 3 4 1 3 3 18
Lein- und Barchentweber 11 5 Kaminfeger 1 1 1 1 Schneider 28 5 17 5 1 5 7 8 2 2 1 1 3 3 3 2 7 2 8 4 4 6 119 5
Leistschneider 3 Kupferschmide 8 1 Schreiner 19 4 8 2 3 2 3 5 2 1 1 3 1 2 2 2 2 56 6
Mackler 1 Rothgerber 71 30 3 1 Schumacher 80 23 25 3 5 1 1 4 5 14 7 1 2 4 3 1 2 4 4 8 6 2 4 183 26
Mehlhändler 2 Schlosser 13 1 2 2 Siebmacher 1 1 1 2 4 1
Messerschmide 27 Tuchmacher 12 4 1 Strumpfstricker 2 1 1 1 5
Nadler 4 C.
In Pfullingen allein.
Strumpfweber 10 3 4 1 1 1 2 19 3
Peruquier 1 Wagner 4 1 5 1 2 4 5 2 1 2 3 2 2 1 3 3 1 2 42 2
Pflästerer 2 2 Papierformen-
macher
1 Zeugmacher 8 2 1 1 10 2
Saffiangerber 2 Holzdreher 2 Ziegler 5 4 1 1 1 1 1 1 10 5
Saifensieder 9 Zimmerleute 15 3 11 1 2 2 3 2 2 3 1 2 3 2 3 2 54 3
Summe: 180 87 Summe: 206 65 39 8 Summen: 550 75 214 7 81 4 11 47 44 94 56 24 16 17 29 28 31 36 43 5 63 50 32 52 1527 82
Zusammen: 936 227 253 15 Hauptsumme: 1952 242

[T6]

VI. Gemeindehaushalt.


Namen der
Gemeinden.
Vermögen. Einkünfte Ausgaben Umlagen
1822/23
Staatssteuer
Grund-Eigenthum Gebäude Kapitalien der Ge- mein- den der Stif- tun- gen der Ge- mein- den der Stif- tun- gen Amts- Scha- den Ge- mein- de- Scha- den bis- heri- ge neue
Gebautes Land Weiden Wald Hauptgebäude Nebengebäude Activa Passiva Grund- steuer Gefälle- steuer Gebäude- steuer Gewerbe- steuer Summe
Gemein- de Eigen- thum Stif- tungs- Eigen- thum Gemein- de Eigen- thum Stif- tungs- Eigen- thum Gemein- de Eigen- thum Stif- tungs- Eigen- thum Gemein- de Eigen- thum Stif- tungs- Eigen- thum Gemein- de Eigen- thum Stif- tungs- Eigen- thum der Gemeinden der Stif- tungen der Gemeinden der Stif- tun- gen
Ver- zins- liche sonstige mit Aus- nahme der Steuer- ausstände Ver-
zins-
liche
sonstige mit Aus- nahme der Steuer- ausstände
Reutlingen M. 
835
M. 
435
M. 
1082
M. 
M. 
1048
M. 
472
 
16
 
16
 
19
 
13
fl. 
41.600
fl. 
58.000
fl. 
169.254
fl. 
271.027
fl. 
37.288
fl. 
12.844
fl. 
25.000
fl. 
27.833
fl. 
38.000
fl. 
28.617
fl. 
4983
fl. 
5547
fl. 
17.027
fl. 
5814
kr. 
6
fl. 
345
kr. 
8
fl. 
4036
kr. 
51
fl. 
5125
kr. 
9
fl. 
15.321
kr. 
14
Betzingen 264 ¾ 280 127 1 2 1 1 842 2194 8383 33 1400 399 1165 299 498 1689 1482 15 49 10 265 106 39 1903 4
Brunnen
mit Mariaberg
½ 260 206 1 78 53 1035 60 334 203 57 197 359 57 47 6 25 21 432 24
Bronnweiler 14 111 10 1 3 1 2 218 551 1209 459 184 163 46 149 197 167 21 9 7 34 6 6 30 217 4
Erpfingen 217 1138 772 1 2 4 82 408 1838 5432 3 16 1770 139 1372 128 345 1313 1245 12 6 118 55 9 1424 21
Genkingen 60 481 812 1 1 3 3292 464 6957 3250 180 23 1455 377 1080 388 280 957 926 15 9 7 150 45 41 48 1127 55
Gomaringen
mit Hinterweiler
217 543 522 2 1 1 592 152 3936 4960 160 300 2584 270 2084 289 430 1454 1610 24 1 45 320 21 117 12 2049 42
Groß-
Engstingen
48 1184 384 1 1 1 3205 641 3402 6157 141 338 1556 306 1415 250 190 150 797 870 12 5 19 131 45 46 21 1053 37
Hausen an der Lauchart 8 328 217 2 2 1 1248 213 152 4706 343 744 39 634 45 144 497 488 12 15 68 48 31 48 589 3
Holzelfingen 210 547 480 2 2 1 2160 1200 2310 215 425 875 200 550 100 100 628 814 51 2 45 87 57 15 33 921 6
Honau 385 576 622 1 1040 330 1974 1240 1400 700 160 400 140 35 497 413 54 1 57 97 15 72 15 585 21
Klein-
Engstingen
159 997 973 1 2 1 2000 1200 1123 2200 1187 185 1000 70 600 70 125 100 750 956 6 6 24 122 6 29 42 1114 18
Mägerkingen 11 1 1198 820 2 2 1 791 184 580 2199 526 986 67 756 100 245 854 852 12 21 131 21 56 27 1040 21
Oberhausen 200 872 720 2 1 972 770 1197 450 75 450 45 117 722 553 18 23 24 139 6 41 27 757 15
Omenhausen 143 21 384 1 2 1907 2165 241 4235 1343 2691 31 1095 26 136 136 882 1036 24 26 30 178 6 27 27 1268 27
Pfullingen 732 1779 2288 7 1 8 3700 3080 55.118 1056 8600 300 5500 250 803 5134 4491 18 175 48 895 27 656 18 6218 51
Stockach 5 40 194 1 273 965 392 85 186 36 109 197 188 57 15 3 54 54 3 261 54
Undingen 237 530 640 4 3250 260 642 9126 1068 2392 90 1675 102 327 1116 1159 30 4 30 164 12 45 57 1374 9
Unterhausen 600 5 235 722 2 3 366 45 8043 3200 1205 158 800 400 600 350 191 1023 1006 18 41 21 173 18 114 42 1335 39
Wannweil 71 210 309 1 2 2 265 3920 799 5125 272 90 383 70 753 53 116 232 732 817 12 81 24 135 48 27 21 1061 45
Willmandingen 349 938 512 2 5 1661 454 849 2491 25 1403 74 1232 88 261 901 880 6 8 42 120 48 47 54 1057 30
Summe 4765½ 454¼ 13.350 12.762 472 39½ 47½ 53 23 68.371 73.679 214.333 383.890 48.763 13.954 55.392 30.900 59.913 31.340 9515 6423 37.564 26.134 814 7473 6694 41.115

WS: Es treten Differenzen zwischen ausgewiesener Endsumme und Summe der Einzelposten auf.