CMP-aktivierte fluoreszierende Sialinsäuren sowie Verfahren zu ihrer Herstellung
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein neues Verfahren zur Herstellung von CMP-aktivierten, fluoreszierenden bzw. absorbierenden sowie neue, CMP-aktivierte fluoreszierende bzw. absorbierende Sialinsäuren.
Sialinsäuren (auch als Acylneuraminsäuren bezeichnet) sind Bestandteile vieler bakterieller und tierischer Glykoproteine und Glykolipide. Bei Entzündungen, gewebszerstörenden Prozessen und bestimmten Tumorerkrankungen werden auch im Blutplasma höhere Konzentrationen an Sialinsäuren, insbesondere 5-N-Acetylneuraminsäure, und erhöhte Aktivitäten von sogenannten Sialyltransferasen gefunden. Letztere bauen physiologischerweise intrazellular die Sialinsäure in Glykokonjugate ein; es handelt sich um Glykoprotein-Enzyme, welche eine definierte Spezifität für die Glycansequenz des Glykokonjugat-Akzeptors, in welchem die Sialinsäure eingebaut wird, und für den glycosidischen Bindungstyp, in welchem die eingebaute Sialinsäure chemisch gebunden wird, haben. Sowohl der Nachweis der Sialinsäurekonzentration im Blut und Gewebe, insbesondere auch das Sialylierungsmuster auf der Zellmembranoberfläche, als auch der Nachweis der Sialyltransferaseaktivitat und -spezifität in Zellen oder Körperflüssigkeiten wird in zunehmendem Maβe für die medizinische Diagnostik interessant.
Problematisch beim Nachweis solcher Enzyme ist es, daβ sie normalerweise in auβerordentlich geringer Aktivität vorliegen, so daβ direkte Nachweisraethoden schwierig sind. Nach dem Stand der Technik wurden deshalb radioaktiv markierte
CMP-aktivierte Sialinsäuren als Substrate eingesetzt, um Sialyltransferase-katalysierte Umsetzungen zu bestimmen.
(Vgl. Beyer et al. Adv. Enzymol. Relat. Areas Mol. Biol. 52, 23-175 (1981)). Auβer, daβ es an vielen Orten schwierig ist, radioaktive Substanzen zu handhaben, ist dieses Verfahren zeitaufwendig und teuer.
Es bestand daher ein Bedürfnis nach einer einfacheren, problemloser zu handhabenden Markierungssubstanz, mit der auch geringe Mengen an Umsetzungsprodukten der Sialyltransferasereaktion sicher, einfach und empfindlich nachgewiesen werden können.
In Eur. J. Biochem. 177 583-589 (1988) ist deshalb ein Verfahren beschrieben, 9-Amino-5-N-acetyl-neuraminsäure mit Fluoresceinyl-Isothiocyanat zu kuppeln, welches gemäβ dem von Groβ und Brossmer, Glycoconjugate J., (1987), Volume 4, 145-176, bzw. Eur. J. Biochem. (1987) 168. 595-602,
beschriebenen Verfahren mit CMP gekuppelt werden kann. Die auf diese Weise hergestellte Fluorescein-markierte CMP- Sialinsäure erweist sich als Indikator den bekannten radioaktiv-markierten CMP-Sialinsäuren gegenüber überlegen.
Sowohl die Darstellung der Fluoresceinyl-N-acetylneuraminsäure als auch die anschlieβende CMP-Aktivierung verlaufen aufgrund der schlechten Umsetzung und vielfältigen Reinigungsschritte nur mit einer Ausbeute von etwa 5 %, bezogen auf die anfangs eingesetzte 9-Amino-5-N-acetylneuraminsäure. Es bestand daher ein Bedürfnis, diese Substanz auf einfachere Weise und mit höherer Ausbeute herzustellen und damit preiswerter zur Verfügung zu stellen.
Überraschenderweise wurde gefunden, daβ man diese Verbindung sowie andere, bisher nicht bekannte CMP-aktivierte, fluoreszierende Sialinsaurederivate auch herstellen kann, indem man zunächst 9-Amino-5-N-acetylneuraminsäure mit CMP verknüpft, wie es in der Literatur beschrieben ist (vgl. Groβ et al.
Eur. J. Biochem. (1987) 168, 595-602). Diese Umsetzung verläuft mit hoher Ausbeute (95 %) und auch die Reinigung des Endproduktes ist vergleichsweise einfach. Anstelle der bevorzugten 5-Acetyl-Gruppe kann auch eine andere Acylgruppe vorhanden sein. Freie 5-Aminogruppen sind nicht geeignet, da diese Verbindungen nicht stabil sind.
Erfindungsgemäβ kann das so erhaltene Produkt nunmehr mit einer aktivierten fluoreszierenden Verbindung, beispielsweise mit Fluorescein-isothiocyanat gekuppelt werden. Auch diese Umsetzung verläuft überraschenderweise mit sehr hoher Ausbeute und vergleichsweise einfacher Reinigung der Endprodukte, obwohl zu vermuten gewesen war, daβ zahlreiche Nebenreaktionen durch die Vielzahl der möglichen reaktiven Zentren eintreten würden und daβ eine erhebliche Zersetzung der CMP-Glykoside eintreten würde. Weitere Untersuchungen zeigten, daβ dieses Verfahren nicht nur bei Fluoresceinverbindungen eingesetzt werden kann, sondern daβ auch praktisch alle anderen fluoreszierenden Verbindungen, welche eine kupplungsfähige Hydroxy-, Amino-, Carboxy-, Triazinyl- oder Sulfonsäuregruppe enthalten mittels geeigneter Aktivatoren bzw. kuppelnder Verbindungen an eine CMP-aktivierte 9-Amino N-acetylneuraminsäure gebunden werden könnten. Es hat sich weiterhin gezeigt, daβ die biochemische Aktivität (d.h. die enzymkinetischen Daten) solcher Verbindungen sogar noch gesteigert wird, wenn die fluoreszierende Gruppe nicht über die Aminogruppe in 9-Stellung, sondern über eine Aminogruppe in der 5-Stellung der N-Acylneuraminsäure gebunden wird, wobei in letzterem Fall zuerst noch eine Omega-Amino-Acylgruppe, beispielsweise β-Aminoacetyl, als Spacer an die 5- Aminogruppe ankondensiert wird. Obwohl dieser fluoreszente Rest dann dem glycosidischen Zentrum und damit der bedeutensten Position für die enzymatische Katalyse räumlich näher kommt, und obwohl bis dato die N-Acetyl-Gruppe an dieser Position stets als wichtiges Strukturmerkmal für die Enzym- Substrat-Interaktion angesehen wurde, weisen verschiedene Sialyltransferasen zu solchen Verbindungen im Vergleich zu
der entsprechenden Substitution in der 9-Stellung jeweils sogar eine höhere Affinität (d.h. kleinere Michaelis-Konstante) auf. Gleichermaβen hat sich gezeigt, daβ die fluoreszierenden Gruppen, welche relativ hydrophob sind, die Affinität der meisten Sialyltransferasen zum CMP-Glykosid erhöhen, und somit als Indikatoren mit Vorteil eingesetzt werden können.
Das erfindungsgemäβe Verfahren besteht demgemäβ darin, eine 5-Acylamido-9-amino-3,5,9-tridesoxy-β-D-glycero-D-galacto- nonulosonsäure oder 5-Arainoacylamido-3,5-didesoxy-β-D - glycero-D-galacto-nonulosonsäure der Formel I (im folgenden kurz als 9-Amino-5-N-acyl-Neu bzw. 5-Aminoacyl-Neu bezeichnet), der Formel I
in der R1 eine Aminogruppe und R2 eine Acylgruppe oder R1 eine Hydroxygruppe oder Acylaminogruppe und R2 eine Aminoacylgruppe darstellt mit Cytidintriphosphat (CTP) in Gegenwart einer CMP-Sialin- säuresynthase zu CMP-aktivierten Sialinsäuren der Formel II
→
in der R
1 und R
2 die obige Bedeutung haben,
umzusetzen, und diese mit einer fluoreszierenden Verbindung der Formel III
Fl - Sp - X (III ) in der Fl eine fluoreszierende Verbindung,
Sp eine Valenz oder eine kuppelnde Spacergruppe und
X eine aktivierte Carboxy- oder Thiocarbonyl-, Triazinyl- oder Sulfonsäuregruppe bedeutet, zu CMP-aktivierten, fluoreszierenden Sialinsäuren der Formel IV umzusetzen
wobei entweder R
3 die Gruppe Fl - Sp - X' - NH und
R4 eine Acylgruppe oder
R3 eine Hydroxy- oder Acylamino-Gruppe und
R4 die Gruppe Fl - Sp X' NH Acyl bedeutet, und
Fl und Sp jeweils die obige Bedeutung haben und
X' eine -CO-, -CS-, -SO 2- oder Triazinyl-Gruppe bedeutet.
Die aktivierte Säuregruppe X ist eine mit einer Aminogruppe chemisch reagierende Gruppe, und zwar entweder zu einem
Amid, z.B. ein Ester, Säurechlorid, Saureazid, oder zu einem Harnstoff bzw. Thioharnstoff, z.B. ein Isocyanat,
Isothiocyanat oder zu einem Aminotriazin, z.B. eine
Triazinyldichlorid-Gruppe. Entsprechende Reaktionen sind für die Bildung von Säureamiden gut bekannt. Äquivalente Gruppen sollen daher ebenfalls mit umfaβt sein.
Die Gruppe Sp ist überwiegend eine Valenz, da die absorbierenden bzw. fluoreszierenden Verbindungen häufig eine kupplungsfähige Gruppe X' direkt am Chromophor enthalten. In anderen Fällen kann jedoch auch eine Seitenkette, insbesondere eine Alkylkette mit 1-10, vorzugsweise 2-6 C-Atomen, zwischengeschaltet sein. Mittels einer Halogenalkylcarbonsäure oder Halogenalkylsulfonsäure läβt sich eine solche Gruppe leicht zusammen mit einer kuppelnden Gruppe X an eine Hydroxy- oder Aminogruppe des Chromophors anknüpfen.
Reaktionsprinzip:
Die AusgangsSubstanz für die Synthese von CMP-aktivierten fluorescenten Neurarainsäureanaloga ist CMP-9-Amino-N-acetyl- neuraminsäure oder CMP-5-Aminoacetamido-neuraminsäure;
auβerdem eignen sich alle 5-substituierte Analoga mit längeren Ketten (z.B. N-(ε-Aminocaproyl)-neuraminsäure) an C-5 analog zur 5-Arainoacetyl-Gruppe.
Die Reaktion erfolgt durch Verknüpfung der Ausgangsmaterialien über die primäre Aminogruppe an Position C-9 oder C-5 mit verschiedenen reaktiven fluoreszenten oder absorbierenden Substanzen, die leicht mit einer Aminofunktion reagieren. Aktivierte Substituenten können vorliegen als
Isothiocyanate, Isocyanate, als N-Hydroxysuccinimidester, p-Nitrophenylester, Sulfonsäurechloride, als Triazinchloride oder als Säureazide.
Die Reaktion erfolgt in teilweise wässrigem Milieu im neutralen oder alkalischen pH-Bereich (7.5 - 10; am besten
erfolgt die Reaktion bei pH 8.5 - 9) bei 20º C oder besser 37º C, mit Zusatz von organischem Lösungsmittel zur Solubilisierung der reaktiven Substanz (z.B. 30 % - 80 % Methanol, DMF, DMSO, Aceton oder Acetonitril, o.a.). Das CMP-Glykosid Ausgangsmaterial und das gebildete CMP-NeuAc Analogon bleibt im genannten pH- Bereich stabil (weniger als 5 % Zersetzung). Der Überschuβ an aktiviertem fluoreszentem Agens kann bei Isothiocyanaten nur 2-fach betragen, um über 90 % umgesetztes CMP-Glykosid zu erreichen; bei N-Hydroxysuccinimid- estern liegt er besser bei 3-5 fach um den gleichen Umsatz zu erreichen; prinzipiell ist ein 10-facher Überschuβ günstig zur Verkürzung der Reaktionszeit (bei Isothiocyanaten im Regelfall 10 - 15 min bei 37º C, bei N-Hydroxysuccinimid- estern bis 20-30 min). Bei Triazinyldichlorid als reaktive Gruppe empfiehlt sich ein höherer Überschuβ (6 bis 15-fach), die Reaktionszeit bis zum kompletten Umsatz (90 %) beträgt mindestens 15-20 h bei 37º C.
In allen Fällen wird eine Umsetzung zum fluoreszenten bzw. absorbierenden CMP-NeuAc Analogon von 90 % oder mehr erreicht. Anschlieβend wird das synthetisierte fluoreszente bzw. absorbierende CMP-NeuAc Analogon über präparative HPLC gereinigt (vgl. Groβ und Brossner, Eur. J. Biochem 177, 583- 89). ("Spherisorb NH2" (Zinsser), Aminoprepyl (Serva),
"Lichroprep NH2" (E. Merck) als stationäre Phase und 15 mM KH2PO4 in Wasser / 50-70 % Acetonitril als mobile Phase).
Vorteile der neuen Methode
Zum ersten Mal wurden mit lieser Methode neue CMP-NeuAc Analoga direkt aus einem CMP-Glykosid chemisch dargestellt. Der Vorteil der hier gezeigten Methode ist die direkte Verknüpfung des reaktiven Substituenten mit einer Aminogruppe eines CMP-Glykosids; dadurch entfällt eine langwierige und aufwendige chemische Synthese zuerst der entsprechenden freien NeuAc Analoga, deren Reinigung und die anschlieβende enzyma
tische Aktivierung jedes freien NeuAc Analogons mit CMP- Sialinsäuresynthase mit nachfolgender, weiterer Reinigung. Nach der erfindungsgemäβen chemischen Synthese muβ lediglich eine einfache Reinigungsprozedur durchgeführt werden. Auβerdem liegen die Ausbeuten bei dieser enzymatischen Umsetzung von freien NeuAc Analoga mit groβen fluoreszenten Substituenten an C-9 oder C-5 wesentlich niedriger (etwa 15 %), wie an der enzymatischen Synthese von CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc gezeigt wurde. Dagegen kann CMP-9-Amino-NeuAc mit optimaler Ausbeute von 95 % über CMP-NeuAc Synthasereaktion hergestellt werden. Die Knüpfungsreaktion von fluoreszenten Substituenten an CMP-9-AminoNeuAc verlaufen ebenfalls mit
Urasatzraten von 90 % und mehr, so daβ die neue Methode optimale Ausbeute garantiert. Die Methode ist also ökonomisch, einfach und zeitsparend, und ermöglicht eine Vielfalt von CMP-NeuAc Analoga durch die Vielfalt der möglichen, aktivierten Substituenten herzustellen. Die bekannte Instabilität der CMP-Glykoside stellt dabei keinen Hinderungsgrund dar, da speziell CMP-9-Amino-NeuAc im geschilderten pH-Bereich (pH 7.5 -9.5) überraschend stabil ist.
Charakteristik der dargestellten CMP-NeuAc Analoga:
Die neuen fluoreszenten oder absorbierenden CMP-Glykoside wurden nach der Reinigung mit verschiedenen Methoden charakterisiert (siehe folgende Tabelle).
1. Die Retentionszeit im analytischen HPLC-System (275 nm) unterschied sich vom CMP-9-Amino-NeuAc bzw. CMP-5-Aminoace- tamido-Neu, der Absorptionskoeffizient (ε) der neuen CMP- Glykoside im HPLC-System bei 275 nm lag über 1.0 (bezogen auf ε275nm von CMP).
2. Durch milde saure Hydrolyse (1N HCl, 45 min bei RT) wurden die neuen CMP-Glykoside vollständig zu CMP zersetzt und nachfolgend durch analytische HPLC (275 nm) bestimmt. Im analytischen HPLC-System bei 200 nm erscheint nach saurer Hydrolyse der Peak des freigesetzten, fluoreszenten bzw. absorbierenden NeuAc Analogons.
3. Das Absorptionsspektrum und das Fluoreszenzspektrum der neuen CMP-Glykoside wurde gemessen; die Absorptions- oder Fluoreszenzmaxima der fluoreszenten bzw. absorbierenden Substituenten konnten praktisch bei identischer Wellenlänge im neuen CMP-Glykosid wiedergefunden werden (siehe folgende Tabelle).
4. Die Kontamination mit freiem CMP oder freiem NeuAc Derivat lag bei den neuen CMP-Glykosiden unter 6 %, CTP war kleiner 0,1 %, und anorganisches Phosphat unter 50 %.
Die erfindungsgemäβen neuen Substrate lassen sich für folgende analytische Methoden einsetzen:
1. Aktivitätsbestimmung von Sialyltransferase
2. Akzeptorspezifitätsbestimraung und Bestimmung der kinetischen Akzeptordaten von Sialyltransferasen
3. Fluoreszenzmarkierung von Zelloberflächen
4. Markierung von Glykoproteinen und Gangliosiden
I. Messung der Sialyltransferaseaktivität
Der Test basiert auf dem Einbau der fluoreszierenden Neuraminsäurederivate aus dem entsprechenden CMP-Glykosid durch eine Sialyltransferase in einen Akzeptor, beispielsweise ein Glykoprotein oder Gangliosid, Trennung der substituierten und unsubstituierten Akzeptormoleküle von dem Überschuβ der Reagenzien durch Gelfiltration oder Ausfällung und Messung der akzeptorgebundenen Fluoreszenz durch ein entsprechendes spektrometrisches Verfahren. Diese Methode eignet sich zur
Bestimmung aller bisher bekannten Sialyltransferasen, trotz unterschiedlicher Bindungs- (α2,3-; α2,6-) und Akzeptorspezifität (Galβ1, 4GlcNAc-; Galβ1, 4 (3)Glc- NAc-; Galβ1,3GalNAc-; GalNAc-), da offenbar generell die Substratspezifität in bezug zur Position C9 oder C5 der CMP-aktivierten Neuraminsäuren gering ausgeprägt ist. Wie vorstehend gesagt, erweisen sich C5-substituierte Neuraminsäuren und durch hydrophobe Substituenten substituierte Neuraminsäuren als Substrate mit besonders hoher Affinität.
Für einen einfachen Test werden normalerweise 30 μl Reaktionslösung, oder gegebenenfalls bis zu nur 10 μl Reaktionslösung benötigt. Diese enzymatische Reaktion wird beispielsweise in einem Puffer mit pH 6 oder 6,5 durchgeführt (je nach dem pH Optimum der Sialyltransferase), wobei 0,1 - 10,0 mg/ml Akzeptor [(Asialo)Gly- koprotein oder Gangliosid], entsprechend 690 - 1.875 μM Galaktose oder N-Acetylgalaktosaminakzeptorstellen, und 10 - 100 μM der jeweiligen CMP-aktivierten fluoreszenten N-Acetylneuraminsäurereagentien zugegeben werden. Die Reaktionslösung wird im Regelfall 10 min bis 45 min bei 37º C gehalten und anschlieβend an einer Sephadex G50-Säule (0,4 x 12 cm) mit 0,1 M Trispuffer
pH 8,6 getrennt [bei Gangliosidakzeptoren enthält der Puffer zusätzlich 100 mM NaCl und 0,3 % Detergenz (z.B. Triton X-100)]. Das Ausmaβ der Reaktion wird über eine Fluoreszenzmessung der makromolekular gebundenen fluoreszenten Neuraminsäure quantifiziert, kann auch gegebenenfalls über eine Messung des nicht-umgesetzten fluoreszenten CMP-Glykosids bestimmt werden. Im Gegensatz zu radiometrischen Tests für Sialyltransferaseaktivität reichen wesentlich kleinere Konzentrationen der fluoreszenten CMP-Glykoside (5-15-fach kleiner) aus, um das Enzym mit dem CMP-Glykosid zu sättigen, und die geringen zur Fluoreszenzmessung nötigen Volumina ermöglichen geringe Reaktionslösungen (bis min. 10 μl), was die Methode insgesamt sehr ökonomisch macht. Trotzdem ist die Meβempfindlichkeit des fluororaetrischen Tests in einem radiometrischen Test nur schwer zu erreichen (erfordert sehr hohe spezifische Radiomarkierung).
Der Test eignet sich in dieser Form auch besonders zur Messung der geringen Sialyltransferaseaktivitäten in Kulturzellinien, Operations- oder Biopsiematerial und in Körperflüssigkeiten, insbesondere in Blutplasma oder -serum.
Als Alternative zur Gelfiltration ist bei Glykoprotein- Akzeptoren eine Fällung zur Trennung vom Donor möglich; dazu wird ein Assay wie oben mit 1 ml 1 % PWS in 0,5N HCl bei 4º C und 20 min prazipitiert. Das Sediment wird 2-mal gewaschen mit Ethanol/0,1M Tris pH 7,5 (9/1) und gelöst in einem geeigneten Volumen 1 N NaOH (PWS = Phosphorwolframsäure).
II. Sialyltransferasen verschiedener Herkunft weisen teilweise erhebliche Unterschiede in ihrer Akzeptorsubstratspezifität auf. Unter Verwendung der erfindungsgemäβen Indikatoren läβt sich daher eine leichte
Unterscheidungsreaktion darauf aufbauen, den vorstehenden Test unter standardisierten Bedingungen jeweils mit verschiedenen Akzeptoren (d.h. Glykoprotein-,
Glykolipid- oder Oligosaccharid-Akzeptoren mit unterschiedlichen Glykansequenzen) durchzuführen, und die j eweils gefundene Aktivität zu vergleichen .
Der Test ermöglicht auch die Erstellung der enzymkinetischen Daten (Michaelis-Konstante, Vmax) für den jeweiligen Akzeptor. Im Plasma bzw. Serum ermöglicht der Test zum ersten Mal eine Differenzierung von zwei Sialyltransferasen, eine mit Spezifität für die N- gebundene, terminale Glycansequenz Galβ1, 4GlcNAc, eine andere für O-gebundene GalNAc-Reste.
III. Es ist ferner möglich, die Sialinsäureakzeptoren auf
Zellmembranen auf einfache Weise mit den erfindungsgemäβen Indikatoren zu markieren, indem man eine entsprechende Reaktionslösung der CMP-aktivierten fluoreszenten Sialinsäuren in Gegenwart von Sialintransferase einwirken läβt, den Überschuβ des Indikators auswäscht und am Ausmaβ der Fluoreszenz der isolierten Zellen Oberflächeneigenschaften bestimmter, zu untersuchender Zellen bestimmt. Auβerdem kann die Zelle auf diese Weise selektiv im Glykanteil fluoreszenzmarkiert werden, ohne eine chemische Wärmebehandlung.
Die Messung der oberflächengebundenen Fluoreszenz erfolgt sehr einfach im Durchfluβcytometer, kann aber auch unter dem Fluoreszenzmikroskop beobachtet werden.
IV. Die erfindungsgemäβen Verbindungen erweisen sich ferner als vorteilhaft, wenn gewisse, in ihrer räumlichen Struktur besonders empfindliche Proteine fluoreszenzmarkiert werden sollen, um sie bei Einsatz in einem biologischen System anhand der Fluoreszenz verfolgen zu können. Eine solche Markierung kann enzymatisch relativ schonend und vollständig durchgeführt werden, läβt die eigentliche Aminosäuresequenz des Proteins unmodifiziert, erfolgt selektiv in bestimmten Glykansequenzen und ermöglicht, die überflüssige Indikatorsubstanz leicht wieder abzutrennen. Die Verfahrensweise ist prinzipiell die gleiche wie unter I. geschildert.
Bevorzugte fluoreszente bzw. absorbierende CMP-Glykoside
(Abgekürzte Nomenklatur analog Seite 23)
CMP-9-TRITC-NeuAc: diese Substanz wird praktisch nur von Galβ1, 4GalNAc α2, 6Sialyltrans- ferasen auf Glykoproteine übertragen, könnte also zur Differenzierung dienen; auβerdem andere Excitation und Emission (rot-fluores- zent).
CMP-9-DTAF-NeuAc: stark hydrophob, bessere kinetische
Daten für verschiedene Sialyltrans- ferasen, besonders für Galβ1, 3Gal- NAc α2,3-Sialyltransferase ist Vmax/Kin 6,5 fach höher als für CMP-Fluores-ceinyl-NeuAc.
CMP-9-RESOS-NeuAc: sehr gute Absorption im sichtbaren
Bereich; bei Fluoreszenz andere Emmission auch Excitation als FITC; Fluoreszenz auch im sauren pH- Bereich im Gegensatz zu FITC.
CMP-9-AMCA-NeuAc: Anregung im UV-Bereich, geringer
"Innerer Quench" durch 100 nm
Abstand zwischen Excitation und Emission; Fluoreszenz nicht pH- abhängig in einem weiteren Bereich.
CMP-9-DAB-NeuAC: Anregung im UV-Bereich; hohe
Absorption im UV-Bereich, daher gute Eignung für einen Absorptions- assay für UV-Durchfluβspektrophoto- meters.
CMP-5-FITC-Neu: Günstige Emission und Excitations- frequenzen bei hoher Fluoreszenz- ausbeute. Kinetische Daten bei Sialyltransferasen verschiedendster Akzeptorspezifitat stets denen von CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc überlegen (Vmax/Kin: 2,8-20 fach höher).
CMP-Sialinsäurederivate ausgewählt aus der Gruppe
jweils: Trivialname
exakte chemische Nomenklatur
abgekürzter Trivialname
CMP-9-Tetramethylrhodaminylamino-NeuAc
CMP-[5-Acetamido-9-(3-Tetramethylrhodaminylthioureido)-3,5,9- tridesoxy]-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-9-TRITC-NeuAc)
siehe Abb.: Struktur 2, Rest C
CMP-9-Rhodaminylamino-NeuAc
CMP-[5-Acetamido-9-(3-Rhodaminylthioureido)-3,5,9-tridesoxy] β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(-.-)
CMP-9-Eosinylamino-NeuAc
CMP-[5-Acetamido-9-(3-Eosinylthioureido)-3,5,9-tridesoxy]-β- D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(-.-)
CMP-9-(4-N,N'-Dimethylaminoazobenzo-4)amino-NeuAc
CMP-[5-Acetamido-9-(4-N,N'-Dimethylaminoazobenzo-4'- thioureido)-3,5,9-trideoxy]-β-D-glycero-D-galacto- nonulosonsäure
(CMP-9-DAB-NeuAc)
siehe Abb.: Struktur 2 , Rest D
CMP-9-Fluoresceinyl-(5,6)carboxamido-NeuAc
CMP-5-Acetamido-[9-fluoresceinyl-(5,6)carboxamido]-3,5,9- tridesoxy-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-9-FlUOS-NeuAc)
CMP-9-Rhodaminyl-(5,6)carboxamido-NeuAc
CMP-5-Acetamido-[9-rhodaminyl-(5,6)carboxamido]-3,5,9- tridesoxy]-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-9-RHODOS-NeuAc)
CMP-9-Resorufinyl-amino-NeuAc
CMP-5-Acetamido-9-[(N-resorufin-4-carbonyl)-piperidin-4- carboxamido)]-3,5,9-tridesoxy-β-D-glycero-D-galacto- nonulosonsäure
(CMP-9-RESOS-NeuAc)
siehe Abb.: Struktur 1, Rest A
CMP-9-(7-Amino-4-methyl-cumarinylacetamido)-NeuAc
CMP-5-Acetamido-9-(7-amino-4-methyl-coumarinylacetamido)- 3,5,9-tridesoxy-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-9-AMCA-NeuAc)
siehe Abb.: Struktur 1, Rest B
CMP-9-N-(Fluoresceinylamino-chlorotriazinyl)-amino-NeuAc
CMP-5-Acetamido-9-fluoresceinylamino-chlorotriazinylamino- 3,5,9-tridesoxy-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-9-DTAF-NeuAc)
siehe Abb.: Struktur 3, Rest E
CMP-9-Dansylamino-NeuAc
CMP-5-Acetamido-9-(dansylamido)-3,5,9-tridesoxy-β-D-glycero- D-galacto-nonulosonsäure
siehe Abb.: Struktur 3, Rest F
CMP-9-(Texas-Red)amino-NeuAc
CMP-5-Acetamido-9-N-(Texas-Red)amino-3,5,9-tridesoxy-β-D- glycero-D-galacto-nonulosonsäure
CMP-5-Fluoresceinylaminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-(fluoresceinylthioureido)-acetamido-β-D- glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-FITC-NeuAc)
siehe Abb.: Struktur 4, (Fluoresceinyl-Isomer I)
CMP-5-Tetramethylrhodaminylaminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-(tetramethylrhodaminylthioureido)- acetamido-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-TRITC-Neu)
CMP-5-Rhodaminylaminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-(rhodaminylthioureido)-acetamido-β-D- glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(-.-)
CMP-5-Eosinylaminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-(eosinylthioureido)-acetamido-β-D-glycero- D-galacto-nonulosonsäure
(-.-)
CMP-5-Xanthenrhodaminylaminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-(xanthenrhodaminylthioureido)-acetamido-β- D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-XRITC-Neu)
CMP-5-(4-N,N'-Dimethylaminoazobenzo-4'-)aminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-(4-N,N'-Dimethylaminoazobenzo-4'- thioureido)-acetamido-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-DAB-Neu)
CMP-5-Fluoresceinyl-(5,6)carboxamido-acetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-fluoresceinyl-(5,6)carboxamido-acetamido- β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-FLUOS-Neu)
CMP-5-Rhodaminyl-(5,6)carboxamido-acetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-rhodaminyl-(5,6)carboxyamido-acetamido-β- D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-RHODOS-Neu)
CMP-5-Resorufinylacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-N-(resorufin-4-carbonyl)-piperidin-4- carboxamido)-acetamido-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-RESOS-Neu)
CMP-5-(7-Amino-4-methyl-cumarinylacetamido)-acetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-N-(7-amino-4-methyl-cumarinylacetamido)- acetamido-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-AMCA-Neu)
CMP-5-Fluoresceinylamino-chlorotriazinyl-aminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-N-(fluoresceinylamino-chlorotriazinyl)- aminoacetamido-β-D-glycero-D-galacto-nonulosonsäure
(CMP-5-DTAF-Neu)
CMP-5-Dansyl-aminoacetyl-Neu
CMP-5-Dansylamino-acetamido-β-D-glycero-D-galacto- nonulosonsäure
CMP-5-(Texas-Red)-aminoacetyl-Neu
CMP-3,5-Didesoxy-5-N-(Texas-Red)amino-acetamido-β-D-glycero- D-galacto-nonulosonsäure
Darstellung von fluorogenen CMP-Glykosiden im Detail a) Synthese CMP-9-Fluoresceinylamino-NeuAc (Nomenklatur analog Seite 23)
Fluoresceinylisothiocyanat (Isomer I oder II wird gelöst in Methanol oder DMF (1-4 mg = ca. 2,5-10 μmol; in 200 μl), dann werden 1,25 umol CMP-9-Amino-NeuAc, gelöst in 200 μl Wasser, zugegeben (2 Mol Fluoresceinylisothiocyanat pro Mol CMP-9-Amino-NeuAc sind ausreichend); dann werden 20 μl einer Pufferlösung
pH 9-9,5 (z.B. 0,5 M NaHCO3/Na2CO3) zugegeben, so daβ pH 8,5-9 erreicht wird. Die Reaktion der Aminogruppe an C-9 des NeuAc-Teils des CMP-Glykosids mit dem Fluoresceinylisothiocyanat ist nach spätestens 15 min komplett (gröβer 90 %). Die Umsetzung kann über analytische HPLC beobachtet werden, die Retentionszeit von CMP-9-Amino-NeuAc ist wesentlich kleiner als die des gebildeten fluoreszenten CMP-Glykosids. Die
Reinigung des erhaltenen CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc erfolgt über präparative HPLC und Ethanolfällung, wie beschrieben (Groβ und Brossner (1988), Eur. J.
Biochem. 177, 583-89). b) Synthese von CMP-9-Resorufinyl-amino-NeuAc
0,5 mg N-(Resorufin-4-carbonyl-)piperidin-4-carbon- säure-N'-hydroxysuccinimidester (RESOS 0,5 mg
ca. 1,1 μmol) wird gelöst in 100 μl DMF; dann werden 20 bis 80 μl einer wäβrigen Lösung von CMP-9-Amino-NeuAc
(0,5 μmol) zugegeben, und 20 μl Puffer pH 9-9,5 (siehe Synthese CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc). Das pH der Reaktionslösung sollte 8,5-9 haben, die Bildung von CMP-9- Resorufinyl-NeuAc (Ausbeute über 90 %) ist nach 20 min komplett (analyt. HPLC wie oben). Die Reinigung erfolgt wie bei CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc.
c) Synthese vom CMP-5-Fluoresceinylaminoacetyl-Neu
Die Synthese erfolgt exakt wie für CMP-9-Fluoresceinyl- NeuAc oben beschrieben, aber mit CMP-5-Aminoacetamido- Neu als Ausgangsmaterial (2 Mol Fluoresceinylisothio- cyanat/Mol CMP-5-Aminoacetaraido-Neu). Die Kupplung wird mit über 90 % Ausbeute in 15 min erreicht (analyt. HPLC wie oben). Die Reinigung wird wie bei CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc durchgeführt. d) Synthese von CMP-9-N-(Fluoresceinylamino-chlorotriazinyl)-amino-NeuAc
2,0 mg (= 3,75 μMol) Dichlorotriazinylaminofluorescein, (DTAF) wurde gelöst in 100 μl DMF; dann wurden 20-50 μl einer wäβrigen Lösung von CMP-9-Amino-NeuAc (max.
0,5 μMol) und 20 μl Puffer pH 9-9,5 (wie Synthese CMP- 9-Fluoresceinyl-NeuAc) zugegeben (7,5-19 Mol DTAF/Mol CMP-9-Amino-NeuAC). Nach 3 h sind etwa 75 % der CMP-9- Amino-NeuAc umgesetzt, nach 15 h über 90 % (analyt.
HPLC wie oben). Die Reinigung erfolgt wie bei CMP-9- Fluoresceinyl-NeuAc beschrieben. e) Synthese von CMP-9-(7-Amino-4-methyl-curaarinyl- acetamido)-NeuAc
0,3 mg AMCA-N-hydroxysuccinimidester (ca. 1 μMol) wurde gelöst in 130 μl DMF; dann wurden 70 μl einer wäßrigen Lösung von CMP-9-Amino-NeuAc (ca. 0,5 μMol) und 30 μl Puffer pH 9-9,5 (wie Synthese CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc) zugegeben (2 Mol AMAC/Mol CMP-9-Amino- NeuAc). Nach 20 min sind etwa 90-95 % der CMP-9-Amino- NeuAc umgesetzt (analyt. HPLC wie oben).
Die Reinigung erfolgt wie bei CMP-9-Fluoresceinyl-NeuAc beschrieben.