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Die Erfindung betrifft allgemein vorgespannte Gläser, insbesondere betrifft die Erfindung das chemische Vorspannen von Lithium-Aluminosilikat-Gläsern. Chemischen Vorspannen, bzw. Ionenaustausch, durch das Eintauchen eines Glassubstrates in eine Kaliumnitratschmelze unterhalb der Transformationstemperatur TG, ist ein allgemein bekanntes Verfahren zur Festigkeitserhöhung von dünnen und sehr dünnen Silikat- oder Aluminosilikat-Gläsern. Chemisches Vorspannen wird vorzugsweise für Glasscheiben mit Dicken kleiner als 4 mm Dicke eingesetzt. Für Spezialanwendungen können auch dickere Scheiben chemisch vorgespannt werden. Bei Silikat- oder Aluminosilikat-Gläsern findet typischerweise immer nur ein Ionenaustausch zwischen Na-Ionen im Glas und Kalium-Ionen in der Salzschmelze statt. Durch diesen Austausch werden Oberflächendruckspannungen mit einer Tiefe von größer als 80 μm nur durch sehr lange Austauschzeiten, im Allgemeinen länger als 12 Stunden erreicht.
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Weiterhin ist allgemein bekannt, dass die Austauschtiefe der Ionen abhängig ist von der Zeit im Salzbad und der Temperatur des Salzbades. Höhere Temperaturen oder längere Zeiten erhöhen die Austauschtiefe. Die Austauschtiefe ist aber nicht gleich zusetzten mit der Oberflächendruckspannungszone. Je nachdem welche und wie viele Ionen in das Glas eintauchen, kann sich je nach Li-Gehalt und Na-Gehalt und deren Verhältnis zueinander und anderer Bestandteile des Glassubstrates, eine unterschiedliche Oberflächendruckspannungszone einstellen. Typischerweise reicht aber die Oberflächendruckspannungszone tiefer in das Glas hinein als die Tiefe der ausgetauschten Ionen.
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Normal hergestellte im Markt befindliche chemisch vorgespannte Gläser, wie zum Beispiel Aluminosilikat-Glas, oder normales Kalk-Natron-Glas weisen meist einen Na2O-Gehalt größer 10 Gewichtsprozent und werden standardmäßig in Kaliumnitrat-Salzbädern bei Temperaturen größer als 420°C vorzugsweise um 430°C und Vorspannzeiten länger als 12 Stunden vorgespannt. Die Oberflächendruckspannungszone erreicht hierbei eine Tiefe von 30 bis 70 μm. Der Wert der Oberflächenspannung beträgt zwischen ca. 550 MPa bei vorgespanntem Kalk-Natron-Glas oder von ca. 750 MPa bei Aluminosilikatglas.
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Für Anwendungen als Abdeckgläser besteht allerdings das Problem, dass Kratzer schnell weiter als die Oberflächenspannungszone in das Glas hineinreichen können, was eine erhebliche Festigkeitsreduzierung zur Folge hat.
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Auch für Anwendungen für Front- und Seitenverglasungen von Schienenfahrzeugen sowie Verglasungen für beschusssichere Fahrzeuge wären variabel einstellbare Eindringtiefen größer 80 μm und hohe Festigkeiten interessant, sofern akzeptabel kurze Prozesszeiten realisierbar sind.
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Die
DE 196 16 633 C1 beschreibt Aluminosilikatgläser, welche sich durch das chemische Vorspannen als Substratgläser zur Beschichtung von optischen und magnetischen Speichermedien eignen. Mit den Gläsern können zwar tiefe Vorspannungszonen und hohe Festigkeiten erreicht werden, allerdings bei langen Behandlungsdauern von mehr als 12 Stunden in der Salzschmelze und hohen Temperaturen von über 420°C.
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Die
DE 196 16 679 C1 beschreibt das chemische Vorspannen eines Aluminosilikatglases durch eine Kaliumnitrat-Schmelze bei Temperaturen von 350°C bis 500°C. Nach Tabelle 3 zeigt das beschriebene Glas zwar nach ca. 1,5 Stunden Behandlungsdauer eine Oberflächenspannung von 880 MPa jedoch bei einer Dicke der Druckspannungszone von nur ca. 15 μm. Für eine Druckspannungszone von 105 μm werden 15 Stunden Behandlung in der Salzschmelze benötigt.
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Die
US 4 156 755 A beschreibt Li
2O-haltige Aluminosilikat-Gläser für den Ionenaustausch. Mit diesem Glas konnten zwar Dicken der Druckspannungszone größer als 80 μm in kurzen Zeiten erreicht werden, jedoch beträgt die Oberflächenspannung maximal 600 MPa.
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Aus der
EP 0 884 289 B1 ist ein Lithium-Aluminosilikat-Glas für Fahrzeuge bekannt, welches auch chemisch vorgespannt werden kann. Der Li
2O Gehalt liegt bei 3 bis 4,5 Gewichtsprozent und der Na
2O-Gehalt zwischen 6 und 13 Gewichtsprozent. Nach Tabelle 7 erreicht dieses Glas mit nach 8 Stunden in einer 380°C heissen Natriumnitratschmelze eine Druckspannungszone von 80 μm Dicke, jedoch liegt die Oberflächenspannung nur bei 2600 kg/cm
2, entsprechend etwa 255 MPa. Auch nach 64 Stunden in der Schmelze beträgt die Spannung nur 3450 kg/cm
2, entsprechend 339 MPa, wobei die Dicke der Oberflächenspannung von 30 μm, was bei kürzeren Zeiten auf deutlich dünner Oberflächenspannungszonen deutet.
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In der
US 2007-00 604 65 A1 wird das chemische Vorspannen verschiedener Lithium-Aluminosilikat-Gläser mit einem Li
2O Gehalt von 3–9% und einem Na
2O + K
2O-Gehalt von nicht größer als 3% offenbart. Die beschriebenen Glaser werden hierbei Temperaturen zwischen 450°C und dem Kühlpunkt ausgesetzt.
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Die
WO 2010 005 578 A1 beschreibt das mehrmalige chemische Vorspannen von Aluminosilikat-Gläsern um das Maximum der Oberflächenspannung in eine bestimmte Tiefe zu setzten. Erst durch das mehrmalige Vorspannen (Einzel oder Mischschmelzen) und Zeiten deutlich über 8 Stunden werden Druckspannungszonen mit Tiefen größer 80 μm erreicht. Zudem beträgt die erzielte Druckspannung nach Tabelle II, Beispiel 13 bei einer Tiefe der Druckspannungszone von 81 Mikrometern nur 546 MPa. Die Prozesszeit zur Erreichung einer solchen Vorspannung beträgt mehr als 23 Stunden.
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Die
DE 42 06 268 C2 zeigt chemisch verstärkte Glaszusammensetzungen mit Kompressionsschichten, deren Dicke zwischen 200 und 260 μm liegt, wobei die Biegefestigkeit 800 bis 960 MPa beträgt. Die Ionenaustauschzeit beträgt vier Stunden bei einer Temperatur um 400°C in einem einstufigen Prozess.
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Die
JP 62187140 A zeigt ein Verfahren zur Herstellung eines vorgespannten Glases mit niedriger Entglasunsgtemperatur und hoher Säurebeständigkeit durch Ionenaustausch.
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Anhand dieser Diskussion des Standes der Technik wird deutlich, dass die aus dem Stand der Technik bekannten Gläser keine schnelle Vorspannung bei moderaten Temperaturen erlauben, die zu einer tiefen Oberflächenspannungszone mit hoher Oberflächenspannung führt.
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Es ist daher die Aufgabe der Erfindung, derartige Gläser, beziehungsweise mit derartigen Gläsern hergestellte chemisch vorgespannte Erzeugnisse bereitzustellen. Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den jeweiligen abhängigen Ansprüchen angegeben. Die Erfindung stellt für zukünftige Anwendungen von Abdeckgläsern, sowie Verglasungen für Fahrzeuge ein Material bereit, welches durch Verringerung der Vorspannzeit und der Vorspanntemperatur gleichzeitig eine Erhöhung der Oberflächenspannung bewirkt.
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Ein erfindungsgemäßer chemisch vorgespannter Glasgegenstand, vorzugsweise in Form einer Glasscheibe, ist aus Lithium-Aluminosilikatglas gefertigt, wobei das Glas zusätzlich zu den Bestandteilen SiO2 und Al2O3, welche Lithium-Aluminosilikatglas charakterisieren,
- – Li2O als Bestandteil mit 4,6 bis 5,4 Gewichtsprozent und
- – Na2O als Bestandteil mit 8,1 bis 9,7 Gewichtsprozent enthält, und wobei
- – das Glas aufgrund der chemischen Vorspannung eine Druckspannungszone an der Oberfläche aufweist, und
- – die Druckspannungszone bis in eine Tiefe von mindestens 50, vorzugsweise mindestens 80 Mikrometern in das Glas hineinreicht, und wobei in der Druckspannungszone Lithiumionen zumindest teilweise durch andere Alkaliionen ausgetauscht sind, und wobei
- – die Druckspannungszone eine Druckspannung, beziehungsweise Oberflächenspannung von mindestens 600 MPa, vorzugsweise mindestens 800 MPa aufweist.
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Die Messungen der Festigkeit wurden mit Hilfe der Doppelringmethode nach EN 1288-5 durchgeführt und ermittelt.
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Die Oberflächenspannung, beziehungsweise die Druckspannung in der Druckspannungszone kann spannungsoptisch ermittelt werden. Dazu werden die Glasproben zerschnitten und die Oberflächen senkrecht zur Betrachtungsrichtung poliert. Danach kann mittels eines Mikroskops und verschiedener Kompensatoren die Druckspannung in der Oberfläche bestimmt werden.
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Auch die Dicke/Tiefe der Druckspannungszone kann an den Schnitten spannungsoptisch ermittelt werden.
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Für die Messungen der Austauschtiefe können EDX-Tiefenprofile der Alkaliionen gemessen werden.
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Besonders geeignet haben sich für den Zweck der Erfindung Gläser mit folgender Zusammensetzung erwiesen:
58 bis 65 Gewichtsprozent SiO2;
16 bis 20 Gewichtsprozent Al2O3;
Vorzugsweise 0,1 bis 1 Gewichtsprozent B2O3;
4,6 bis 5,4 Gewichtsprozent Li2O;
8,1 bis 9,7 Gewichtsprozent Na2O;
0,05 bis 1,0 Gewichtsprozent K2O;
0,2 bis 2,0 Gewichtsprozent CaO;
2,5 bis 5,0 Gewichtsprozent ZrO2 und gegebenenfalls einen oder mehrere der Bestandteile SnO2, CeO2, P2O5 und ZnO zu einem Anteil von insgesamt 0 bis 2,5 Gewichtsprozent.
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Ein bevorzugter Zusammensetzungsbereich ist:
60 bis 62 Gewichtsprozent SiO2;
17,5 bis 19,5 Gewichtsprozent Al2O3;
0,5 bis 0,7 Gewichtsprozent B2O3;
4,8 bis 5,2 Gewichtsprozent Li2O;
8,5 bis 9,5 Gewichtsprozent Na2O;
0,2 bis 0,5 Gewichtsprozent K2O;
0,5 bis 1,2 Gewichtsprozent CaO;
3,2 bis 3,8 Gewichtsprozent ZrO2, sowie
SnO2, CeO2, P2O5 und ZnO mit einem Anteil von insgesamt 0,25 bis 1,6 Gewichtsprozent.
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Besonders bevorzugt zur Erzielung einer tiefen Vorspannungszone mit hoher Druckspannung bereits bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen der Salzschmelze ist folgende Zusammensetzung:
61 bis 62 Gewichtsprozent SiO2,
17,5 bis 18,5 Gewichtsprozent Al2O3,
0,5 bis 0,7 Gewichtsprozent B2O3,
4,9 bis 5,1 Gewichtsprozent Li2O,
8,8 bis 9,3 Gewichtsprozent Na2O,
0,2 bis 0,5 Gewichtsprozent K2O,
0,5 bis 1,2 Gewichtsprozent CaO,
3,2 bis 3,8 Gewichtsprozent ZrO2, sowie
SnO2, CeO2, P2O5 und ZnO mit einem Anteil von insgesamt 0,5 bis 1,0 Gewichtsprozent.
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Mit der Erfindung können insbesondere auch Floatglas-Scheiben mit den entsprechenden Zusammensetzungen vorgespannt werden. In dieser Weiterbildung besitzt das vorgespannte Glas dann demgemäß zwei nicht polierte Oberflächen. Mit anderen Worten sind die Top-Seite und Bottom-Seite nicht mechanisch poliert. Im Speziellen ist eine Oberfläche durch Feuerpolitur entstanden, die andere ist durch Auffließen auf ein flüssiges Zinnbad entstanden. Eine Floatglasscheibe kann damit an der feuerpolierten Oberfläche einerseits, sowie an den Zinn-Verunreinigungen der gegenüberliegenden Seite identifiziert werden.
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Mit den Gläsern wie oben angegeben ist es nun möglich, das Glas bei Temperaturen kleiner 420°C und in einem Zeitraum von höchstens 8 Stunden chemisch mit einer oder mehrerer alkalihaltigen Salzschmelze(n), vorzugsweise Alkalinitratschmelze(n) vorzuspannen. Die erhaltenen Gläser können unter anderem als Abdeckglas für Mobilfunkgeräte, Digitale Kameras, digitale Bilderrahmen, Personal Digital Assistance (PDA), als Abdeckglas für Solarenergievorrichtungen oder als Substrate für Bildschirm-Tastfelder (Touch Panel-Anzeigen) einsetzbar sein. Weitere Anwendungen sind beschusssichere Verglasungen für Bodenfahrzeuge, sowie Front- oder Seitenscheiben für Hochgeschwindigkeitszüge. Um eine Dicke der Druckspannungszone größer 50 μm, vorzugsweise größer 80 μm und Oberflächenspannungen, beziehungsweise Druckspannungen in der Druckspannungszone größer 800 MPa zu erreichen, können die Prozesszeiten in der Salzschmelze gegebenenfalls sogar auf höchstens 4 Stunden, sogar höchstens 3 Stunden reduziert werden.
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Dementsprechend sieht die Erfindung auch ein Verfahren zur Herstellung eines chemisch vorgespannten Glasgegenstands vor, bei welchem ein Glas bereitgestellt wird, welches zusätzlich zu SiO2 und Al2O3
- – Li2O als Bestandteil mit 4,6 bis 5,4 Gewichtsprozent und
- – Na2O als Bestandteil mit 8,1 bis 9,7 Gewichtsprozent enthält, und wobei
- – der Glasgegenstand in einer alkalihaltigen Salzschmelze gelagert wird, um Alkaliionen des Glases mit größeren Alkaliionen der Salzschmelze auszutauschen und damit eine Druckspannungszone an der Oberfläche des Glasgegenstands aufzubauen, so dass eine chemische Vorspannung des Glases erzielt wird, wobei
- – eine Oberflächenspannung größer als 800 MPa und eine Druckspannungszone tiefer als 80 μm in höchstens 3 Stunden aufgebaut wird, indem eine Mischschmelze mit mindestens zwei verschiedenen Alkali-Ionen verwendet wird, wobei die Mischschmelze mindestens 15 Gewichtsprozent NaNO3 enthält, und wobei die Temperatur der Mischschmelze weniger als 400°C beträgt, und das Lagern in der Mischschmelze für einen Zeitraum von höchstens 8 Stunden erfolgt
oder,
dass eine Oberflächenspannung größer als 750 MPa mit einer Druckspannungszone einer Dicke von mehr als 80 μm aufgebaut wird, indem das chemische Vorspannen des Glasgegenstands in zumindest zwei Schritten in Alkalisalz-Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung erfolgt, wobei in einer zweiten Salzschmelze ein Salz verwendet wird, welches Alkaliionen enthält, die einen größeren Ionenradius aufweisen, als die Alkaliionen der im ersten Schritt verwendeten Schmelze, wobei die Temperatur der Schmelzen beim chemischen Vorspannen weniger als 400°C beträgt, und wobei die Gesamtzeit der Lagerung des Glasgegenstands in allen Salzschmelzen höchstens 3 Stunden beträgt.
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Verschiedene der in der Einleitung aufgeführten Druckschriften geben einen gewissen Anteil von Li
2O oder Na
2O für das chemische Vorspannen mit Alkalinitraten an, um entsprechende Oberflächenpannungen und Druckspannungszonen zu erzielen. Zwar konnten bisher bereits Oberflächenspannungen größer als 800 MPa hergestellt werden, diese jedoch nicht in Verbindung mit einer Druckvorspannungszone mit einer Tiefe größer als 80 μm innerhalb von 8 h und bei weniger als 430°C. Die
US 2007 00 604 65 A1 beschreibt zwar Gläser mit hohen Vorspannungen und tiefer Vorspannungszone, allerdings werden diese bei hohen Temperaturen von größer 450°C und Na
2O-Gehalten kleiner 3 Gewichtsprozent erzielt. Bei diesen Temperaturen entstehen jedoch schon giftige Nitrat-Dämpfe, welches ein normales Prozessieren erschwert. Weiter entstehen durch die hohen Temperaturen höhere Prozesskosten als bei Temperaturen von ca. 430°C oder < 420°C. Zudem wird das Prozessfenster sehr eng, da hier der Kühlpunkt des Glases in der Nähe der Behandlungstemperatur liegt. Nähert man sich dem Kühlpunkt an, so kann dies zu einem Spannungsabbau führen. Damit besteht die Gefahr, dass die Vorspannung inhomogen wird.
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Bei der Studie von Lithium-Aluminosilikat-Glassubstraten wurde ein Zusammenhang zwischen der Tiefe der Druckspannungszone und der Oberflächenspannung sowie der auszutauschenden Ionen beim chemischen Vorspannen beobachtet.
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Um Tiefen der Druckspannungszone von größer 80 μm in höchstens 8 Stunden Behandlungsdauer zu erreichen, sollte der Ionenradius des eindringenden Ions sich nicht deutlich von dem des auszutauschenden Ions unterscheiden, um einen schnellen Austausch zu gewährleisten. Zusätzlich sollte der Ionenradius des eindringenden Ions nicht deutlich größer sein als der Ionenradius der sich im Glassubstrat befindlichen Stoffe.
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Ideale Partner für den Austausch mit Natrium-Ionen oder Kalium-Ionen sind das Li-Ion oder das Na-Ion. Das Li-Ion besitzt einen Ionenradius von ca. 1,45·10–10 m, das Na-Ion besitzt einen Ionenradius von ca. 1,8·10–10 m. Weitere Bestandteile des Glases besitzen folgende Radien:
Si-Ion ca. 1,1·10–10 m,
Al-Ion 1,25·10–10 m,
K-Ion 2,2·10–10 m und
Zr-Ion 1,55·10–10 m.
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Aufgrund des größeren Inter-Diffusions-Koeffizienten-Lithium-Natrium gegenüber dem Inter-Diffusions-Koeffizienten-Natrium-Kalium und des geringen Unterschiedes des Ionenradius des Natrium-Ions zum Lithium-Ion und zu den anderen Bestandteilen im Glas wird eine hohe Penetrationsgeschwindigkeit ermöglicht. Das führt zu einer schnellen Durchdringung des Glassubstrates. Die Natriumionen fügen sich besser in die Fehlstellen mit geringerem Platz ein bzw. wird ihre Durchdringung aufgrund der geringen Größe nicht so stark beeinflusst, wie bei größeren Ionenradien der anderen Alkalimetalle.
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Wird eine Kalium-haltige Salzschmelze eingesetzt, so findet nicht nur ein Austausch von Lithium-Ionen statt, die sich in einer niedrigeren Lithium-Konzentration in der Druckspannungszone äußert. In diesen Fall findet sich dann zusätzlich auch in der Druckspannungszone eine gegenüber dem Inneren des Glases mindestens bereichsweise erhöhte Kaliumkonzentration.
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Um Tiefen größer 80 μm in der entsprechenden Zeit von höchstens 8 Stunden zu erreichen, sollte erfindungsgemäß ein Mindestanteil von Li2O im Glas enthalten sein, vorzugsweise mindestens 4,6 Gewichtsprozent. Mehr Li2O führt zu einem schnelleren Austausch, jedoch sorgt ein zu hoher Li2O-Gehalt dafür, dass sich keine hohen Oberflächenspannungen aufbauen können. Hierzu sollte der Li2O-Gehalt andererseits höchstens 5,4 Gewichtsprozente betragen. Es hat sich gezeigt, dass mit Gläsern mit derartigen Lithium-Gehalten Oberflächenspannungen größer als 600 MPa oder sogar größer als 800 MPa bei kurzen Prozesszeiten von höchstens 8 Stunden erreicht werden.
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Die Einstellung der Tiefe erfolgt erfindungsgemäß vorzugsweise durch den Li-Na-Austausch. Ein Austausch nur mit größeren Alkali-Ionen als Natrium führt zu einer Erhöhung der Temperatur auf über 430°C, oder verlängert die Zeit auf länger als 8 Stunden, um die gewünschten Eindringtiefen zu erreichen.
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Um jedoch Oberflächenspannungen von größer 800 MPa zu erreichen, ist es erfindungsgemäß vorzugsweise vorgesehen, weitere Alkaliionen am Austausch mit zu beteiligen. Hierzu eignen sich das Na-Ion im Glas und das K-Ion in der Salzschmelze. Die deutlich größeren Ionen aus der Salzschmelze führen zu einer deutlichen Erhöhung der Spannung in der Oberfläche, und somit auch zu einer Erhöhung der Oberflächenspannung. Die verschiedenen oben aufgeführten Druckschriften beschreiben Na
2O-Gehalte von bis zu 3% oder von mehr als 10%. Bei Na
2O-Gehalten kleiner 3% sind aber Temperaturen von größer 450°C notwendig um Oberflächenspannungen um 800 MPa zu erreichen, wie etwa in der
US 2007-00 604 65 A1 beschrieben. Bei Na
2O-Gehalten größer 10 Gewichtsprozent können zwar ca. 700 bis 800 MPa erreicht werden, allerdings bei Temperaturen um 430°C und Zeiten länger als 8 Stunden. Bei den Untersuchungen der verwendeten Gläser hat sich ergeben, das demgegenüber bei Na
2O-Gehalten zwischen 8,1 und 9,6 Gewichtsprozent Oberflächenspannungen größer als 800 MPa bei Temperaturen kleiner als 420°C und Zeiten von höchstens 8 Stunden ergeben können.
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Um Oberflächenspannungen größer 600 MPa bzw. sogar größer 800 MPa und Oberflächendruckspannungszonen (DOL) mit Tiefen größer 50 μm bzw. sogar größer 80 μm bei Temperaturen der Salzschmelze von kleiner 420°C und einer Behandlungsdauer von höchstens 8 Stunden zu erreichen, wird also erfindungsgemäß der Li2O-Anteil zwischen 4,6% und 5,4% und der Na2O zwischen 8,1% und 9,7% gewählt.
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Es hat sich gezeigt, dass Druckspannungszonen von größer 50 μm Dicke und Oberflächenspannungen größer 600 MPa in höchstens 8 Stunden Behandlung in der Salzschmelze erreicht werden können, wenn die oben aufgeführten erfindungsgemäßen Gläser in einer vorzugsweise reinen (mindestens 95%-Reinheitsgrad) NaNO3-Schmelze bei Temperaturen von 370°C bis 420°C einmalig chemisch vorgespannt werden. Die Vorspannzeiten betragen hier zwischen 2 h und 8 h. (siehe hierzu auch in der untenstehenden Tabelle 2 Glas 17 oder 27). Wenn das Glassubstrat demgegenüber mit einer reinen (min. 95% Reinheitsgrad) KNO3-Schmelze bei Temperaturen von 380–400°C vorgespannt wird, ergeben sich Oberflächenspannungen von bis zu 1000 MPa, jedoch nur Tiefen der Druckspannungszone (DoL) von 10 bis 28 μm.
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Um aber eine Oberflächenspannung größer 800 MPa mit Druckspannungszonen einer Tiefe größer 80 μm in höchstens 8 Stunden Behandlungsdauer zu erreichen, ist es sehr günstig, einen zweiten (reine Schmelze oder Mischschmelze), dritten (reine Schmelze oder Mischschmelze) oder vierten (reine Schmelze oder Mischschmelze) Schritt mit einer/mehreren weiteren Alkali-NO3-Schmelzen durchzuführen, wobei hier der Ionenradius eines des verwendeten Alkalimetalle beim zweiten Schritt größer sein sollte als das bei der ersten Schmelze.
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Beim dritten oder vierten Schritt können die Alkali-Ionen wieder kleiner sein als beim zweiten Schritt. Bevorzugt als zweiter Schritt sollte hier Kaliumnitrat (KNO3) verwendet werden, aber auch andere Alkalimetall-Salze können verwendet werden. Die hierbei verwendeten Temperaturen liegen bei KNO3 vorzugsweise zwischen 380°C und 420°C. Für Schritt 1 vorteilhaft in einer NaNO3-Schmelze reichen Behandlungsdauern von höchstens 6 Stunden aus. Für Schritt 2 mit KNO3 oder K2SO3 können in Weiterbildung der Erfindung 2 Stunden oder noch weniger angesetzt werden. Die gegebenenfalls zusätzlich durchgeführten Schritte 3 und 4 können in Summe kürzer als eine Stunde gehalten werden. Damit ist die Summe aller Schritte kleiner als 8 Stunden, wie anhand der in Tabelle 3 beschriebenen Gläser 17 oder 27 beispielhaft belegt ist.
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In Weiterbildung der Erfindung ist daher vorgesehen, dass die chemische Vorspannung des Glasgegenstands nacheinander in zumindest zwei Alkalisalz-Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung, insbesondere unterschiedlich hinsichtlich der enthaltenen Alkalimetall-Spezies durchgeführt wird, wobei die Lagerung des Glasgegenstands in den Schmelzen insgesamt höchstens 8 Stunden beträgt, wobei die Temperatur in den Salzschmelzen während der Vorspannung jeweils geringer ist als 420°C und eine Druckspannungszone mit einer Tiefe von mehr als 80 μm und einer Druckspannung von mehr als 800 MPa erreicht wird.
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Eine weitere Möglichkeit Oberflächenspannungen größer als 800 MPa und Druckspannungszonen tiefer als 80 μm in höchstens 8 Stunden Behandlungsdauer zu erreichen, ist die Verwendung von Mischschmelzen. Diese Mischschmelzen enthalten Salze verschiedener Alkalimetalle, vorzugsweise verschiedene Alkalimetall-Nitrate. Um die hohen Eindringtiefen zu gewährleisten, ist es günstig, einen Gehalt von mindestens 15 Gew%, vorzugsweise 15 bis 25 Gew%, besonders bevorzugt um 20 Gewichtsprozent NaNO3 in der Schmelze zu verwenden. Die Nitratmischschmelze enthält mindestens zwei verschiedene Alkali-Ionen, zum Beispiel Na und K oder aber auch Na und Rb. Es können aber auch drei oder vier verschiedene Alkalimetalle enthalten sein.
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Bevorzugte Mischschmelzen sind eine Mischung aus NaNO3 und KNO3. Die hierbei verwendeten Temperaturen liegen bei NaNO3/KNO3 zwischen 380°C und 420°C. Die Zeit für den Austauschprozess kann damit ebenfalls auf höchstens 8 Stunden gehalten werden, wie anhand der Tabelle 4 für die Gläser 17 oder 27 beispielhaft belegt ist.
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Um Oberflächenspannungen größer als 1000 MPa zu erreichen, können beim chemischen Vorspannen Rb-Ionen oder Cs-Ionen verwendet werden.
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Um Eindringtiefen von 50 μm bzw. 80 mm und größer in kurzer Zeit, im Speziellen höchstens 4 Stunden zu erreichen, ist erfindungsgemäß das auszutauschende Alkali-Ion im Glas, Li2O und/oder Na2O in ausreichender Menge vorhanden. Die Menge an Li2O liegt vorzugsweise im Bereich von 4,8 Gew% bis 5,2% und die Menge an Na2O vorzugsweise im Bereich von 8,5 Gew% bis 9,5 Gew%.
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Diesen Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens ist gemein, dass die chemische Vorspannung des Glasgegenstands in einer oder mehreren Schmelzen erfolgt, wobei in der oder den Schmelzen zumindest zwei Alkaliionen-Spezies mit unterschiedlichen Ionenradien enthalten sind.
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Um Austauschtiefen von mehr als 50 μm und Oberflächenspannungen größer als 600 MPa in höchstens 4 Stunden zu erreichen, können die erfindungsgemäßen Glasgegenstände auch in einer reinen (min 95% Reinheitsgrad) NaNO3-Schmelze bei Temperaturen von 380°C bis 390°C einmalig chemisch vorgespannt werden. (siehe Tabelle 2 Glas 19 oder 25). Die Vorspannzeiten zur Erzielung solcher Druckspannnungszonen betragen hier lediglich zwischen 2 und 4 Stunden. Wenn das Glassubstrat mit einer reinen (min. 95% Reinheitsgrad) KNO3-Schmelze bei Temperaturen von 380°C bis 400°C vorgespannt wird, ergeben sich zwar Oberflächenspannungen von bis zu 1000 MPa, jedoch nur DoL von 10 μm bis 28 μm.
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Um aber sogar eine Oberflächenspannung größer 800 MPa mit Druckspannungszonen tiefer als 80 μm in höchstens 4 Stunden zu erreichen, wird vorgeschlagen, einen zweiten (reine Schmelze oder Mischschmelze), gegebenenfalls noch einen dritten (reine Schmelze oder Mischschmelze), gegebenenfalls noch einen vierten (reine Schmelze oder Mischschmelze) Schritt mit einer/mehreren weiteren Alkali-NO3-Schmelzen durchzuführen. Es ist dabei günstig, wenn der Ionenradius eines Typs der verwendeten Alkaliionen der Schmelze beim zweiten Schritt größer ist als in der ersten Schmelze.
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Beim dritten oder vierten Schritt können die Alkali-Ionen wieder kleiner sein als beim zweiten Schritt. Bevorzugt wird beim zweiten Schritt KNO3 als Bestandteil der Schmelze verwendet, aber auch andere Alkalimetall-Salze können verwendet werden. Die hierbei verwendeten Temperaturen liegen bei KNO3 vorzugsweise zwischen 380°C und 400°C.
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Um eine schnelle Vorspannung bei tiefreichender Druckspannungszone zu erzielen werden dabei folgende Parameter bevorzugt:
Die Vorspanndauer im ersten Schritt in einer NaNO3-Schmelze beträgt höchstens 2 Stunden;
die Vorspanndauer im zweiten Schritt mit einer KNO3 Schmelze beträgt höchstens 1,5 Stunden;
Die Dauer für den dritten und vierten Schritt beträgt in Summe weniger als 0,5 Stunden.
In Tabelle 3 sind Glas 19 und Glas 25 als Beispiele für einen solchen Prozess angegeben.
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Eine weitere Möglichkeit Oberflächenspannungen > 800 MPa und Eindringtiefen > 80 μm in < 4 h zu erreichen ist die Verwendung von so genannten Mischschmelzen. Diese Mischschmelzen bestehen aus verschiedenen Alkalimetall-Nitraten. Um die hohen Eindringtiefen zu gewährleisten, wird eine Alkalimetallsalz-Schmelze mit mindestens 15 Gew%, vorzugsweise 15 bis 25 Gew%, besonders bevorzugt etwa 20 Gew% NaNO3 verwendet. Die Nitratmischschmelze enthält mindestens zwei verschiedene Alkaliionen-Spezies, zum Beispiel Na und K oder aber auch Na und Rb. Es können aber auch 3 oder 4 Alkalimetalle enthalten sein.
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Bevorzugte Mischschmelzen sind eine Mischung aus NaNO3 und KNO3. Die hierbei verwendeten Temperaturen liegen bei NaNO3/KNO3 zwischen 380°C und 400°C. Die notwendige Zeit für den Austauschprozess beträgt < 4 h. (siehe Tabelle 4 Glas 19 oder 25)
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Besonders kurze Behandlungsdauern von 4 Stunden oder weniger können wie folgt erzielt werden:
Um Eindringtiefen von 50 μm bzw. 80 μm und größer in kurzer Zeit von höchstens 3 Stunden zu erreichen, wird wiederum ein Glas verwendet, welches das auszutauschende Alkali-Ion im Glas, Li oder Na in ausreichender Menge enthält. Der Gehalt an Li2O beträgt dazu vorzugsweise zwischen 4,9 Gewichtsprozent und 5,1 Gewichtsprozent und der Gehalt an Na2O vorzugsweise zwischen 8,8 Gewichtsprozent bis 9,5 Gewichtsprozent.
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Um Austauschtiefen von > 50 μm und Oberflächenspannungen > 600 MPa in < 3 h zu erreichen, können die oben aufgeführten Glaskörper in einer reinen (min. 95% Reinheitsgrad) NaNO3- bei Temperaturen von 380°C bis 385°C einmalig chemisch vorgespannt werden. Die Vorspannzeit kann sogar auf zwei bis drei Stunden reduziert werden. Ein Beispiel ist in Tabelle 2 für Glas 22 angegeben. Wenn das Glassubstrat mit einer reinen (min. 95% Reinheitsgrad) KNO3-Schmelze bei Temperaturen von 380°C bis 400°C vorgespannt wird, ergeben sich Oberflächenspannungen von bis zu 1000 MPa, jedoch nur DoL (Tiefen der Druckspannungszone) von 10–28 μm.
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Um sogar eine Oberflächenspannung größer als 750 MPa, vorzugsweise größer als 800 MPa mit Druckspannungszonen einer Dicke, beziehungsweise Tiefe von mehr als 80 μm in höchstens 3 Stunden zu erreichen, ist gemäß einer Ausführungsform der Erfindung vorgesehen, dass das chemische Vorspannen des Glasgegenstands in zumindest zwei Schritten in Alkalisalz-Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung erfolgt, wobei in einer zweiten Salzschmelze ein Salz verwendet wird, welches Alkaliionen enthält, die einen größeren Ionenradius aufweisen, als die Alkaliionen der im ersten Schritt verwendeten Schmelze, wobei die Temperatur der Schmelzen beim Vorspannen weniger als 400°C beträgt. Die Gesamtzeit der Lagerung des Glasgegenstands in allen Salzschmelzen beträgt dabei höchstens 3 Stunden.
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Im Speziellen wird in Weiterbildung dieser Ausführungsform der Erfindung dem zweiten Schritt in einer reinen Schmelze oder Mischschmelze ein dritter Schritt in einer reinen Schmelze oder Mischschmelze und gegebenenfalls einem vierten Schritt in reiner Schmelze oder Mischschmelze nachgeschaltet. Vorzugsweise kommen Alkalinitrat-Schmelzen zum Einsatz, wobei der Ionenradius einer Spezies der verwendeten Alkali-Ionen beim zweiten Schritt gemäß noch einer Weiterbildung der Erfindung größer ist, als die der ersten Schmelze.
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Beim dritten oder vierten Schritt können die Alkali-Ionen wieder kleiner sein als beim zweiten Schritt. Bevorzugt als zweiter Schritt kann hier ein Kaliumsalz, besonders bevorzugt KNO3 verwendet werden, aber auch andere Alkalimetall-Salze können alternativ oder zusätzlich eingesetzt werden. Die hierbei verwendeten Temperaturen liegen bei KNO3 vorzugsweise zwischen 380°C und 390°C. Folgende Parameter haben sich bei dieser Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens als günstig erwiesen: Im ersten Schritt 1 in einer NaNO3-Schmelze beträgt die Austauschzeit in der Schmelze höchstens 1,5 Stunden. Für den zweiten Schritt wird eine KNO3-Schmelze verwendet, wobei hier die Lagerungszeit in der Schmelze höchstens 1,0 Stunden beträgt. Die Zeitdauern für die Schritte 3 und 4 betragen in Summe weniger als 0,5 Stunden. Ein Beispiel für dieses Verfahren ist in Tabelle 3 für Glas 22 angegeben.
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Eine weitere Möglichkeit, Oberflächenspannungen, beziehungsweise Druckspannungen in der Druckspannungszone größer als 800 MPa und Eindringtiefen, beziehungsweise Druckspannungszonen mit einer Tiefe von mehr als 80 μm in 3 Stunden oder weniger zu erreichen, ist die Verwendung von so genannten Mischschmelzen. Diese Mischschmelzen bestehen aus verschiedenen Alkalimetall-Salzen, vorzugsweise Alkalimetall-Nitraten. Um die hohen Eindringtiefen zu gewährleisten, werden vorzugsweise mindestens 15 Gewichtsprozent NaNO3 in der Schmelze verwendet. Die Nitratmischschmelze enthält mindestens zwei verschiedene Alkali-Ionen, zum Beispiel Na und K oder aber auch Na und Rb. Es können aber auch 3 oder 4 verschiedene Alkalimetalle enthalten sein. Eine Temperatur von kleiner als 400°C ist im Allgemeinen dabei ausreichend, um eine wie oben erwähnte Druckspannungszone aufzubauen.
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Bevorzugte Mischschmelzen sind dazu eine Mischung aus NaNO3 und KNO3. Die hierbei verwendeten Temperaturen liegen bei einer solchen NaNO3-KNO3-Schmelze bevorzugt zwischen 380°C und 390°C. Für den Austauschprozess ist zur Erzielung einer Druckspannungszone mit mehr als 800 MPa Druckspannung und Tiefe der Druckspannungszone von mehr als 80 μm eine Zeit von höchstens 3 Stunden erforderlich. Ein Beispiel für dieses Verfahren ist in Tabelle 4 für das Glas 22 angegeben.
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Nachfolgend werden die beigeschlossenen Tabellen mit den Ausführungsbeispielen näher erläutert. Tabelle 1 zeigt Zusammensetzungen für 16 Gläser, die für die Erfindung einsetzbar sind. Die Zusammensetzungen sind in Gewichtsprozent angegeben. Weiterhin sind die Dichte ρ, der lineare Temperaturausdehnungskoeffizient α, die Glasübergangstemperatur Tg und die Temperaturen, bei denen die Viskosität η des Glases die Werte 104 Pa·s, 107,6 Pa·s und 1013 Pa·s aufweist, sowie Elastizitätsmodul, Schermodul und Knoop-Härte angegeben.
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Außerdem sind die Ionenaustausch-Bedingungen angegeben. Im Speziellen wurden bei diesen Ausführungsbeispielen Kaliumnitrat-, Natriumnitrat- oder Kaliumnitrat-/Natriumnitrat-Mischschmelzen verwendet. Die Anteile von KNO3 und NaNO3 an der Schmelzenzusammensetzung sind jeweils in Gewichtsprozent angegeben. Weiterhin aufgelistet sind die jeweiligen Temperaturen der Salzschmelze
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Die Vorspannungszeit betrug in allen Fällen 8 Stunden.
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Die Gläser 1 bis 4 wurden in reinen Natriumnitrat-Schmelzen vorgespannt. Bei den Gläsern 5 bis 8 wurden eine reine Kaliumnitrat-Schmelze und bei den Gläsern 9 bis 16 Natriumnitrat/Kaliumnitrat-Mischschmelzen verwendet.
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Die höchsten Druckspannungen werden bei den Gläsern 5 bis 8, also bei den Gläsern erzielt, die in einer Kaliumnitrat-Schmelze vorgespannt wurden. Auch die Biegezugfestigkeit („Modulus of Rupture”) (MOR) zeigt bei diesen Gläsern die höchsten Werte. Überraschenderweise zeigen die anderen Gläser aber vorteilhafte mechanische Eigenschaften, die sie unter anderem besonders für Verglasungen von Hochgeschwindigkeits-Schienenfahrzeugen geeignet machen.
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Für den Bereich Fahrzeugverglasung, beispielsweise für Hochgeschwindigkeitszüge oder auch für Verglasungen beschusssicherer Fahrzeuge sollen die Gläser verschiedenste Test bestehen.
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Die Frontscheibe von Verglasungen von Hochgeschwindigkeitszügen soll dem so genannten Rock-Strike-Test (RS942612) bestehen. Dieser Test soll einen Steinschlag bei hohen Geschwindigkeiten simulieren. Hierbei wird ein 20 g schweres angespitztes Aluminiumprofil mit 400 km/h auf die Scheibe geschossen. Die Glasscheibe darf nicht zerspringen.
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In Tabelle 1 ist die erreichte maximale Geschwindigkeit, welcher diese Gläser beim vorstehend beschriebenen Steinschlagtest widerstehen, für Glas 7, Glas 11 und Glas 15 aufgelistet. Überraschenderweise widerstehen die Gläser 11 und 15 mit 440, beziehungsweise 540 km/h wesentlich höheren Geschwindigkeiten als Glas 7 mit 290 km/h, obwohl Glas 7 eine deutlich höhere Druckspannung (870 MPa gegenüber 730 MPa bei Glas 11 und 799 MPa bei Glas 15) aufweist. Die höhere Widerstandsfähigkeit der Gläser 11 und 15 liegt in der erfindungsgemäß tiefreichenden Druckspannungszone begründet. Während die Austauschtiefen bei den erfindungsgemäßen Gläsern 11 und 15 jeweils mehr als 80 μm betragen (92 μm bei Glas 11 und 87 μm bei Glas 15), liegt die Austauschtiefe bei Glas 7 bei nur 16 μm.
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Tabelle 2 zeigt die Eigenschaften von erfindungsgemäßen Glasgegenständen nach einstufiger chemischer Vorspannung unterschiedlicher Dauer in einer NaNO3-Schmelze. Glas 27 weist die niedrigsten Gehalte an Li2O und Na2O auf. Bei diesem Glas wird eine Druckspannung von 600 MPa nach 8 Stunden in der Schmelze noch erreicht. Auch bei Glas 17 mit den höchsten Gehalten an Li2O und Na2O wird eine Vorspannungsdauer von etwa 8 Stunden in dieser Schmelze benötigt, um eine Druckspannung von 600 MPa zu erzielen.
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Die Gläser mit mittleren Gehalten an Li2O und Na2O können sogar noch schneller vorgespannt werden. So wird bei Glas 22 mit einem Li2O-Gehalt von 5 Gew% und einem Na2O-Gehalt von 9,48 Gew% eine hohe Vorspannung von 650 MPa bereits nach 3 Stunden Lagerung in der Salzschmelze erzielt. Bei allen Gläsern wurde mit einmaliger chemischer Vorspannung in der NaNO3-Schmelze bei Temperaturen im Bereich von 370°C bis 420°C demgemäß jeweils eine Druckspannungszone von mehr als 50 μm Dicke mit einer Oberflächenspannung größer als 600 MPa in höchstens 8 Stunden Behandlung in der Salzschmelze aufgebaut.
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Tabelle 3 zeigt die mechanischen Eigenschaften der auch in Tabelle 2 gelisteten Gläser nach zweistufiger chemischer Vorspannung. Die Gläser wurden in einem ersten Schritt in einer NaNO3-Schmelze und in einem nachfolgenden zweiten Schritt in einer KNO3-Schmelze vorgespannt. Demgemäß erfolgte hier die chemische Vorspannung der Glasgegenstände in mehreren Schmelzen, wobei in den Schmelzen zumindest zwei Alkaliionen-Spezies mit unterschiedlichen Ionenradien enthalten sind. Im Speziellen erfolgt die chemische Vorspannung des Glasgegenstands nacheinander in zwei Alkalisalz-Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung, die sich in den enthaltenen Alkalimetall-Spezies unterscheiden, wobei die Lagerung des Glasgegenstands in den Schmelzen insgesamt höchstens 8 Stunden beträgt.
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Die Lagerungsdauern wurden wie in der Tabelle 3 angegeben variiert. Wie anhand der Tabelle 3 zu erkennen ist, kann mit der zweistufigen Vorspannung, bei welcher in der zweiten Salzschmelze ein Salz verwendet wird, welches Alkaliionen enthält, die einen größeren Ionenradius aufweisen, als die Alkaliionen der im ersten Schritt verwendeten Schmelze (K-Ionen gegenüber Na-Ionen), bei Temperaturen der Schmelze von weniger als 400°C bei allen Gläsern innerhalb von 8 Stunden eine Vorspannung von über 700, insbesondere auch über 800 MPa bei einer Tiefe der Druckspannungszone) von mehr als 80 μm erreicht werden.
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Bei Glas 22 konnte sogar eine Oberflächenspannung größer als 800 MPa (841 MPa) mit einer Druckspannungszone einer Dicke von mehr als 80 μm (82 μm) bei einer Temperatur der Salzschmelze von weniger als 400°C und einer Gesamtzeit der Lagerung des Glasgegenstands in allen Salzschmelzen von höchstens 3 Stunden aufgebaut werden.
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Weiterhin zeigt sich, dass mit den erfindungsgemäßen Gläsern bei Vorspannzeiten von länger als 8 Stunden sogar wieder eine Erniedrigung der Druckspannung erfolgt.
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Tabelle 4 listet Ausführungsbeispiele der Erfindung, bei welchen eine Oberflächenspannung größer als 800 MPa und Druckspannungszonen tiefer als 80 μm in weniger als 8 Stunden Behandlungsdauer erreicht wird, indem eine Mischschmelze für die chemische Vorspannung verwendet wird, wobei die Mischschmelze Salze verschiedener Alkalimetalle enthält, und einen Gehalt von mindestens 20 Gewichtsprozent NaNO3 aufweist. Es wurden dieselben Glaszusammensetzungen wie in den Ausführungsbeispielen nach den Tabellen 2 und 3 verwendet. Für die Salzschmelze wurde ein Gemisch aus 20 Gew% Natriumnitrat und 80 Gew% Kaliumnitrat verwendet.
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Im Speziellen konnte in der Mischschmelze bei allen Gläsern eine Druckspannungszone von mehr als 80 μm entsprechend der gemessenen Austauschtiefe und eine Druckspannung von mehr als 800 MPa innerhalb von höchstens 8 Stunden Vorspannzeit und Temperaturen kleiner als 400°C erreicht werden. Auch hier zeigt sich ähnlich wie bei den in Tabelle 3 gelisteten Ausführungsbeispielen, dass längere Behandlungsdauern von 12 Stunden zwar die Druckspannungszone etwas erhöhen, die Druckspannung aber sogar wieder absinkt.
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Die Gläser 19, 22 und 25 erreichen eine Vorspannung von mehr als 800 MPa bei Tiefen der Druckspannungszone von mehr als 80 μm bereits nach 4 Stunden Vorspannzeit. Bei Glas 22 werden diese Werte sogar nach 3 Stunden Lagerung in der Schmelze erreicht.
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Anhand der vorstehenden Beispiele wird deutlich, dass sich erfindungsgemäße Gläser mit den Li- und Na-Gehalten gemäß der Erfindung besonders schnell mit tiefreichenden Druckspannungszonen vorspannen lassen, wenn eine Natrium-haltige Salzschmelze, vorzugsweise eine Natriumnitrat-haltige Salzschmelze für das chemische Vorspannen des Glasgegenstands verwendet wird.