Extender für Anstrichmittel und Verfahren zu deren Herstellung Die Erfindung betrifft Extender für Anstrichmittel sowie ein Verfahren zu deren Herstellung.
Zur Herstellung von Anstrichmitteln, insbesondere für Metalle, werden als wichtigste Rohstoffe: Binde mittel, Lösungsmittel, reaktive Pigmente und Füllstoffe, sog. Extender, verwendet. Die reaktiven Pigmente wer den im Anstrichfilm meistens unter Wassereinfluss verändert, so dass sie in der Lage sind, auf der Oder fläche der Metalle, insbesondere Eisen, Komplexverbin dungen einzugehen, die dann diese Oberfläche gegen die Atmosphärilien schützen.
Als wichtigste reaktive Pigmente verwendet man Bleimennige, weiter Zink-, Strontium-, Barium-, und Bleichromate und -phosphate, seltener Kalziumplumbat, Zink-und Kalziummolybdat, Pyrophosphate und Man ganphosphate.
Die chemische Wirkungsweise dieser reaktiven Pig mente ist noch nicht durchwegs abgeklärt und bildet Gegenstand aktueller Forschung. Es spielen Wertigkeit der Kationen, Löslichkeit, Kristallwassergehalt, pH-Wert usw. eine wichtige Rolle. Für den praktischen Einsatz sind ferner oft die Eigenfarbe und natürlich der Preis von Bedeutung .
Extender beeinflussen das Füllen oder sog. Körper geben, ferner das Fliessverhalten des A nstrichmittels. Als Extender dienen meist feingemahlene natürliche Mi neralien, wobei man je nach den gewünschten Eigen schaften des Anstrichfilms im allgemeinen Calcit und Dolomit, für säurefeste Anstriche, insbesondere Tal kum, Kaolin, Asbestmehl, Glimmer usw. wählt.
Die meisten dieser Extender besitzen aber die uner wünschte Eigenschaft mit den passivierenden Hydrolyse produkten der reaktiven Pigmente, vorwiegend Anio nen, chemisch zu reagieren, d.h. diese zu binden, und so ihrer primären Aufgabe der Passivierung der Unter lage zu entziehen. Diesem bedeutenden Nachteil der Extender konnte bisher nur durch starke Überdosierung von, verglichen mit den Füllstofen, teuren reaktiven Pigmenten in der sog. Anfangsphase des Schutzsystems wirksam begeg net werden.
Aufgabe der Erfindung war daher eine bessere Aus- nützung der reaktiven Pigmente in Anstrichmitteln zu erreichen. Dazu wird der neue Begriff e anionaktiver Extender eingeführt, womit man im Anstrichmittel Anionen abgebende Extender bezeichnet. Anionaktive Extender auf z.B. Carbonat-Basis, ermöglichen dem Lackchemiker eine besser gesteuerte Ausnützung der reaktiven Komponenten im Anstrichmittel und ermö glichen so die Herstellung wirksamerer Produkte zu niedrigerem Preis.
<I>Extender</I> vona Carbonattyp Die guten Eigenschaften, die Calcit und Dolomit als typische Carbonat-Extender im Anstrichmittel zeigen, liessen beim Lacktechniker den Wunsch wach werden, diese Extender auch in grösseren Mengen in Schutzgrun dierungen einzusetzen. Die Schutzwirkung war jedoch in vielen Fällen enttäuschend. Speziell in billigen sog.
Primern, die nur einen geringen Gehalt an reaktiven Pigmenten aufweisen, können in der Anfangsphase des Schutzsystems, z.B. Unterrostungen entstehen, da die Carbonat-Extender, die durch Hydrolyse, z.B. Kalzium hydroxyd bilden, einen grossen Anteil der zur Passi- vierung erforderlichen Anionen chemisch binden und in weniger wirksame oder erst zu spät wirksam wer dende Verbindungen überführen.
Obwohl Extender vom Carbonattyp eine gewisse Schutzwirkung zeigen, die auf der bekannten passivie renden Wirkung des Kalzium- bzw. Magnesiumhydro- oxydes beruhen, ist die davon vorhandene Menge für eine selbständige Schutzwirkung viel zu gering, liegen doch die Wasserlöslichkeit mit 0,003 Gewichtsprozent für Calcit und 0,007 Gewichtsprozent für Dolomit zur Bildung von genügend Passivierungskomplexen zu niedrig.
Die Bildung des Hydroxydes erfolgt nach folgenden Gleichungen: Caleit CaCO3 -I- 2 HOH Ca(OH)2 -I- 12C03 Dolomit CaMg(C03)w -f- 4 HOH Ca(OH)2 -I- Mg(OH)
." -f- 2 H.C0.3 Die durch Hydrolyse entstandenen OH-Ionen blockieren nun die aus den reaktiven Pigmenten zum Teil ebenfalls durch Hydrolyse entstandenen passivierenden Anionen nach dem folgenden Reaktionsschema
EMI0002.0022
Es können so weniger wirksame Mg- bzw. Ca-Verbin- dungen entstehen, die wohl passivierende Eigenschaften besitzen, jedoch weniger stabile Inhibitorkomplexe bil den und die Qualität der Schutzanstriche verschlechtern.
Obwohl bis heute eine gewisse Reaktivität der Carbonatextender festgestellt wurde, herrschte über den Reaktionsmechanismus grosse Ungewissheit.
Nachbehandlungen der Carbonatextender mit z.B. Fettsäuren zu ihrer besseren Dispergierbarkeit bei Ver wendung in Dispersionen werden häufig durchgeführt. Auch Nachbehandlungen zur Erzielung einer grösse- ren Wasserfestigkeit von z.B. Zinkchromatpigmenten sind bekannt.
Hingegen ist die Nachbehandlung von Carbonatexten- dern mit Anionen, die einen hohen sog. Passivierungs- wert besitzen und eine mehr oder weniger lösliche Ober flächenschicht mit dem Extender bilden, neu.
Da die Wasserlöslichkeit der natürlichen Carbonat- extender sehr niedrig ist, benötigt man zur Nachbehand lung nur geringe Mengen von Anionen. Es darf nur eine sehr dünne Schutzschicht auf den Extendern er zeugt werden, um während der nur wenige Wochen dauernden Anfangsphase des Schutzanstrichsystems die gute, spezifische Wirkung des Carbonatextenders, z.B. als blasenverhinderndes Mittel, nicht zu gefährden.
Durch Witterungseinflüsse können im Anstrichfilm zahlreiche Wasserstoffionen entstehen, die auf der Metalloberfläche Elektronen aufnehmen und dadurch zu Wasserstoffgas reduziert werden, das sich in Form von Blasen im Anstrichfilm sammeln kann. Das sich aus den Carbonatextendem bildende Ca(OH)2 bzw. Mg(OH)2 ist in der Lage, die überflüssigen H+- -Ionen in Wasser überzuführen. Diese Reaktionsmöglichkeit darf den Extendern nach der Bildung der anfänglichen Inhibitorkomplexe auf der Metallunterlage nicht ver sagt werden.
Ein richtig nachbehandelter anionaktiver Extender vom Carbonattyp im Anstrichfilm stellt der Metallober fläche eine genügend grosse Menge passivierender Anio nen zur Verfügung, so dass eine optimale Schutzschicht für die Anfangsphase des Schutzanstrichsystems erhalten wird. Die grosse Oberfläche der Extender bietet dem Wasser eine Hydrolysemöglichkeit, wie sie kein reak tives Pigment bieten könnte. Diese Fähigkeit der Exten- der ist für den Fachmann unerwartet und übernaschend.
<I>Beispiel 1</I> Millicarb (Warenzeichnen für sehr feinen Calcit) wird mit einer etwas Zinkphosphat enthaltenden Phosphor säurelösung behandelt,
EMI0003.0001
wobei das Zinkphosphat leichter lösliche primäre und sekundäre Zinkphosphate bildet. Das sich gleichzeitig bildende sekundäre Kalziumphosphat ist relativ schwer löslich.
Extender vonz Silicnttyp Säurefeste Extender, wie Talcum, Asbestmehl, Pla- storit (Warenzeichnen) usw: werden meist in ihrer na türlichen Form mehr oder weniger fein gemahlen zur Herstellung von Anstrichmitteln verwendet.
Sie zeich nen sich durch ihre faserige oder blättchenförmige Struktur aus und verbessern die physikalischen Eigen schaften des Anstrichfilms durch Beeinflussen seiner Thixotropie und allfällige Viskositätssteigerung das rheologische Verhalten des Anstrichmittels. Ferner kön nen die Adhäsionseigenschaften des Anstrichfilms ver bessert werden.
Diese wichtige Extendergruppe liegt meist als Magne- siumhydroxylkomplex vor ; sie ist jedoch amphoter und kann, je nach dem Medium als Hydroxylkoinplex oder als basische Komplexsäure reagieren.
Wie zahlreiche Versuche gezeigt haben, können diese Hydroxylkomplexe oder basischen Komplexsäuren in Anstrichfilmen, die für die Passivierung der Unterlage wichtigen Anionen abbinden und damit die Schutzeigen schaften, insbesondere in der Anfangsphase des An strichmittelsystems stark gefährden.
Diese überraschende Erkenntnis widerspricht den bis herigen Ansichten über Extender, wonach diese nur die physikalischen Eigenschaften der Anstrichmittel beein flussen.
Es ist bekannt, dass gewisse Talcum-Typen mit sehr grosser Oberfläche, z.B. 20 mz/g bei 6 Mikron Korn feinheit in der Lage sind, z.B. Harze zu absorbieren. Von dieser Eigenschaft wird in der Papierindustrie zur Entharzung der Zellulose Gebrauch gemacht.
Betrachtet man das Talcummolekül als Magnesium- hydroxylkomplex der Formel: 2 Mg O . 4 Si O. . Mg (OH)". oder
EMI0004.0039
so wird eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Hydroxyl- apatit der Formel
EMI0004.0042
EMI0004.0043
auffallen.
Vom Hydroxylapatit der Zähne ist bekannt, dass er als Anionaustauscher wirkt: die OH-Gruppen können durch Fluorionen ausgetauscht werden zum Apatit der Formel nach Werner [Ca @Ca3 (POl@3] F@ Es wurde daher untersucht, ob komplexgebundenes Mg (OH)., ebenfalls als Anionenaustauscher wirken kann. Natürlich wird diese Reaktion nur an der Extender- teilchenoberfläche stattfinden.
Die durchgeführten Versuche zeigen, dass ein Anio- nenaustausch an der Extenderteilchenoberfläche tat sächlich stattfindet. Folglich können geeignete Extender durch Nachbehandlung mit geeigneten Anionen in anionaktive Extender übergeführt werden, d.h. in solche, die im Anstrichfilm keine zur Passivierung notwendi gen, z.B. durch Hydrolise entstandenen Anionen aus reaktiven Pigmenten aufnehmen, sondern vielmehr unter geeigneten Bedingungen solche abgeben.
Die praktische Bedeutung solcher anionaktiver Extender, die sehr billig hergestellt werden können und eine wesentliche Einsparung an teuren Inhibitorpigmenten ermöglichen, dürfte ausserordentlich gross sein.
Bis heute ist kein einziger Extender für Anstrich mittel auf dem Markt, der eine weisse Farbe besitzt, säure- und laugenbeständig ist und in praktisch jeder Kombination erfolgreich eingesetzt werden kann.