Die Erfindung betrifft mehrere Verfahren zur Erhöhung der
Verfügbarkeit von dezentralen Achszähl- und Gleisfreimeldesystemen
gemäß dem Oberbegriff der Patentansprüche 1, 3, 4
und 5.
Achszähl- und Gleisfreimeldesysteme dienen der Steuerung des
Bahnbetriebes und müssen, insbesondere bei stark frequentierten
Bahnstrecken, sehr hohen Zuverlässigkeits- und Verfügbarkeitsanforderungen
genügen. Die Sicherheit und Unfallfreiheit
des Bahnbetriebes hängt entscheidend von der einwandfreien
Funktion der Achszähl- und Gleisfreimeldesysteme ab. Insbesondere
auf freien Strecken, in größerer Entfernung zu Bahnhöfen,
kommen dezentrale, d. h. stellwerksunabhängige Achszähl-
und Gleisfreimeldesysteme zum Einsatz. Dabei sind jedem
Zählpunkt ZP1, ZP2, ZP3 (Figur 1) Vorverarbeitungseinheiten
VV ZP1, VV ZP2, VV ZP3 zur signaltechnischen Aufbereitung der
Zählergebnisse zugeordnet. Zwischen benachbarten Zählpunkten
ZP1 und ZP2 bzw. ZP2 und ZP3 sind Gleisfreimeldeabschnitte A1
bzw. A2 definiert, deren Belegungszustand durch Vergleich der
Zählergebnisse der benachbarten Zählpunkte ermittelt wird.
Die im Wesentlichen softwaremäßig realisierten Vorverarbeitungseinheiten
VV ZP1, VV ZP2, VV ZP3 und die Verarbeitungseinheiten
VE A1, VE A2 zur Ermittlung des Belegungszustandes
des Gleisfreimeldeabschnittes A1, A2 sind auf Hardwarekomponenten
DZ1, DZ2, DZ3 implementiert. Bei der in Figur 1 dargestellten
Standardkonfiguration für die auf dezentraler Achszählung
basierende Gleisfreimeldung ist die Verarbeitungseinheit
VE A1 der Hardware DZ2 des Zählpunktes ZP2 zugeordnet.
Denkbar wäre jedoch auch eine Zuordnung der Verarbeitungseinheit
VE A1 zur Hardware DZ1 des Zählpunktes ZP1. Nachteilig
bei dieser Standardkonfiguration sind vor allem die durch
Störungen und Ausfälle verursachten Wirkungen. Störungen umfassen
vor allem durch Umwelteinflüsse verursachte Modifikationen
der Signalverläufe oder der Auswertung. Als Ursache
für die Störung wird ein Ausfall ausgeschlossen. Ein Ausfall
ist eine permanente oder intermittierende Fehlfunktion einer
Funktionseinheit. Ausfälle, die keine Wirkung zeigen, werden
nicht betrachtet.
Die nachfolgenden beiden Tabellen vermitteln einen Überblick
über verschiedene Arten von Störungen St und Ausfällen Au.
| Betrachtete Störung | Wirkung |
St1 | VV ZP1 / VV ZP3 ermittelt nicht korrekte Achszahl bei Zugüberfahrt | VE A1 / VE A2 nimmt Zustand belegt ein |
St2 | VV ZP 2 ermittelt nicht korrekte Achszahl bei Zugüberfahrt | VE A1 und VE A2 nehmen Zustand belegt ein |
St3 | VV ZP1 / VV ZP3 ermittelt aufgrund eines Störimpulses eine Beeinflussung (ohne Zugüberfahrt) | VE A1 / VE A2 nimmt Zustand belegt ein |
St4 | VV ZP2 ermittelt aufgrund eines Störimpulses eine Beeinflussung (ohne Zugüberfahrt) | VE A1 und VE A2 nehmen Zustand belegt ein |
| Betrachteter Ausfall | Wirkung |
Au1 | ZP1 / ZP3 fällt aus | VE A1 / VE A2 nimmt Zustand belegt ein |
Au2 | ZP2 fällt aus | VE A1 und VE A2 nehmen Zustand belegt ein |
Au3 | Totalausfall DZ1 / DZ3 | A1 / A2: Belegungszustand unbekannt |
Au4 | Totalausfall DZ2 | A1 und A2: Belegungszustand unbekannt |
Die aufgeführten Störungen und Ausfälle verringern die Verfügbarkeit
des Systems. Darüber hinaus wird die Beseitigung
der Störungen und Ausfälle bei der bekannten Konfiguration
durch Menschen durchgeführt, deren Fehlerquote bekanntermaßen
erheblich höher als die elektronischer Systeme ist.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die oben geschilderten
Nachteile zu beseitigen und gattungsgemäße Verfahren
anzugeben, die es gestatten, zumindest einen Teil der oben
tabellarisch aufgeführten Störungen und Ausfälle zu beherrschen.
Die Aufgabe wird alternativ mit den kennzeichnenden Merkmalen
der Ansprüche 1, 3, 4 und 5 gelöst. Der erfindungsgemäße Ansatz
aller Verfahren besteht dabei darin, verschiedene Redundanzen
zu schaffen. Dabei wird das offensichtlich fehlerhafte
oder nicht vorhandene Signal zum Belegungszustand durch ein
auf anderem Wege ermitteltes gleichwertiges Signal ersetzt.
Redundante Zweitsignale können permanent, d. h. zu allen Ausgabesignalen
bezüglich des Belegungszustandes gebildet werden,
aber auch zyklisch, sporadisch oder nur im Falle einer
realen Störung oder eines Ausfalls.
Gemäß Anspruch 1 wird die Redundanz durch Bildung zusätzlicher,
mehrere benachbarte Gleisfreimeldeabschnitte umfassender,
übergeordneter Gleisfreimeldeabschnitte hergestellt.
Vorzugsweise ist gemäß Anspruch 2 eine bedarfsabhängige Vorgabe
der übergeordneten Gleisfreimeldeabschnitte vorgesehen.
Je nach gewünschtem Redundanzgrad kann die Bildung der übergeordneten
Gleisfreimeldeabschnitte auf sehr unterschiedliche
Weise erfolgen. Beispielsweise können mehrere Zählpunkte
überbrückt werden oder es können - gegebenenfalls von der Art
des Fehlers abhängig - zu einem Störungs- oder Ausfallfehler
quasi unterschiedlich lange übergeordnete Gleisfreimeldeabschnitte
definiert werden. Dabei können auch mehrere übergeordnete
Gleisfreimeldeabschnitte ineinander verschachtelt
werden. Auf diese Weise lässt sich ein Teil der Störungen und
Ausfälle quasi überbrücken. Die Wirkung dieser und weiterer
im Folgenden zu erläuternden Verfahrensweisen in Bezug auf
die verschiedenen Störungs- und Ausfallkonstellationen ist in
den weiter unten dargestellten Tabellen näher erläutert.
Eine weitere, in Anspruch 3 gekennzeichnete Verfahrensweise
beruht auf Redundanz durch zusätzliche Referenzzählpunkte und
Gleisfreimeldeabschnitte, während nach Anspruch 4 mehrere unabhängige
Verarbeitungseinheiten zur Ermittlung des Belegungszustandes
der Gleisfreimeldeabschnitte vorgesehen sind.
Um einen Großteil oder sämtliche Fehlerursachen zu berücksichtigen,
sieht Anspruche 5 die parallele Anwendung mindestens
zwei der drei vorstehend angegebenen Verfahrensweisen
vor.
Vorzugsweise werden die Hardware-Komponenten der Zählpunkte
für die Software sowohl von Vorverarbeitungseinheiten zur
Aufbereitung der Zählergebnisse als auch von Verarbeitungseinheiten
zur Feststellung des Belegungszustandes des Gleisfreimeldeabschnittes
quasi mehrfach benutzt. Auf diese Weise
entfallen zusätzliche Hardware-Installationen. Je nach Anwendungsfall
kann es jedoch auch sinnvoll sein, für verschiedene
Teilaufgaben separate Hardware-Komponenten einzusetzen, um
das Ausfallrisiko zu reduzieren.
Die Verfahren und deren Kombinationen lassen sich sinngemäß
auch auf sich verzweigende Streckenverläufe anwenden.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand figürlicher Darstellungen
näher erläutert. Es zeigen:
- Figur 1
- eine Standardkonfiguration gemäß dem Stand der Technik,
- Figur 2
- eine erste Verfahrensvariante auf der Grundlage redundanter
übergeordneter Abschnitte,
- Figur 3
- eine zweite Verfahrensvariante auf der Grundlage zusätzlicher
Zählpunkte und Gleisfreimeldeabschnitte
und
- Figur 4
- eine dritte Verfahrensvariante auf der Grundlage redundanter
Gleisfreimeldeabschnittsberechnungen.
Figur 1 wurde einleitend zum Stand der Technik ausführlich
erläutert. Die Bezugszeichensystematik wird nachfolgend weiterverwendet,
wobei die Zählpunkte ZP1 und ZP3 Streckenbegrenzungen
bilden sollen und im Folgenden als Grenzzählpunkte
bezeichnet werden.
Figur 2 illustriert die Bildung eines redundanten übergeordneten
Zählpunktabschnitts ÜA1. Es ist ersichtlich, dass die
zugehörige Verarbeitungseinheit VE ÜA1 auf der Hardware-Plattform
DZ2 implementiert ist und die Ausgangsdaten der
Vorverarbeitungseinheiten VV ZP1 und VV ZP3 der Zählpunkte
ZP1 und ZP3 verarbeitet. In der nachfolgenden Tabelle sind
die Wirkungen bei den oben beschriebenen Störungen und Ausfällen
zusammengefasst. Beherrschbare Störungen und Ausfälle
sind grau unterlegt.
| Wirkung |
St1 | VE A1 / VE A2 nimmt Zustand belegt ein, da über Grenzzählpunkte ZP1 / ZP3 keine ÜA's gebildet werden können. |
St2 | Der Belegungszustand von A1 / A2 kann mit Hilfe der Information von VE ÜA1 korrekt ermittelt werden. VE A1 und VE A2 nehmen den Zustand frei ein. |
St3 | VE A1 / VE A2 nimmt den Zustand belegt ein, da über Grenzzählpunkte ZP1 / ZP3 keine ÜA's gebildet werden können. |
St4 | Da der Abschnitt VE ÜA1 nicht belegt ist und keine Achsen "vom Himmel fallen", kann eine Befahrung ausgeschlossen werden, Daher nehmen VE A1 und VE A2 den Zustand frei ein, Randbedingung: Aussetzungsfahrzeuge müssen ausgeschlossen werden, oder die Menge der akzeptablen Störimpulse muss geeignet eingeschränkt werden. |
Au1 | VE A1 / VE A2 nimmt Zustand belegt ein, da über Grenzzählpunkte ZP1 / ZP3 keine ÜA's gebildet werden können. |
Au2 | Der Belegungszustand von A1 / A2 kann mit Hilfe der Information von VE ÜA1 korrekt ermittelt werden. |
Au3 | VE A1 / VE A2 nimmt Zustand belegt ein, da über Grenzzählpunkte ZP1 / ZP3 keine ÜA's gebildet werden können. |
Au4 | A1 und A2: Belegungszustand unbekannt. |
Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass insbesondere Störungen
und Ausfälle der Grenzzählpunkte ZP1 und ZP3 mittels des
übergeordneten Gleisfreimeldeabschnitts ÜA1 nicht behebbar
sind, da über die Grenzzählpunkte ZP1 und ZP2 keine übergeordneten
Gleisfreimeldeabschnitte gebildet werden können.
Dieses Problem kann durch Hinzufügen zusätzlicher Referenzzählpunkte
ZP1r und ZP3r umgangen werden. Figur 3 veranschaulicht
eine mögliche Konfiguration. Dabei sind die verschiedenen
Möglichkeiten, wie die Gleisfreimeldeabschnitte R1 und R2
bezügliche der Referenzzählpunkte ZP1r und ZP3r gebildet werden
können dargestellt. Folgende Fälle können unterschieden
werden:
- Die Vorverarbeitungseinheit VV ZP1r befindet sich auf derselben
Hardware DZ1 wie die Vorverarbeitungseinheit
VV ZP1,
- die Vorverarbeitungseinheit VV ZP3r befindet sich nicht
auf derselben Hardware wie die Vorverarbeitungseinheit
VV ZP3,
- der Referenzgleisfreimeldeabschnitt R2 wird auf derselben
Hardware DZ3 wie der Gleisfreimeldeabschnitt A2 verwaltet
oder
- der Referenzgleisfreimeldeabschnit R1 wird nicht auf derselben
Hardware DZ2 wie der Gleisfreimeldeabschnitt A1
verwaltet.
Diese Fälle lassen sich kombinieren. In der nachfolgenden Tabelle
sind die Wirkungen bei den oben beschriebenen Störungen
und Ausfällen aufgelistet.
| Wirkung |
St1 ZP1 | Der Belegungszustand von A1 kann mit Hilfe der Information von VE R1 korrekt ermittelt werden. |
St1 ZP3 | Der Belegungszustand von A2 kann mit Hilfe der Information von VE R2 korrekt ermittelt werden. |
St2 | VE A1 Und VE A2 nehmen Zustand belegt ein. |
St3 | Der Belegungszustand von A1 / A2 kann mit Hilfe der Information von VE R1 / VE R2 korrekt ermittelt werden. |
St4 | VE A1 und VE A2 nehmen Zustand belegt ein. |
Au1 | Der Belegungszustand von A1 / A2 kann mit Hilfe der Information von VE R1/VE R2 korrekt ermittelt werden. |
Au2 | VE A1/VE A2 nehmen Zustand belegt ein. |
Au3 | A1 / A2: Belegungszustand unbekannt |
Au4 | A1 und A2: Belegungszustand unbekannt |
Insbesondere Totalausfälle einer dezentralen Einheit sind mit
den bisherigen Methoden noch nicht zu beherrschen. An dieser
Stelle kann die mehrfache Redundanz VE ÜA1 sowohl auf DZ1 als
auch auf DZ2 herangezogen werden. In Figur 4 ist exemplarisch
dargestellt, wie eine solche Konfiguration aussehen könnte.
Das Verfahren lässt sich auch auf Grenzzählpunkte ZP1 und ZP3
anwenden, so dass alle oben angeführten Störungen und Ausfälle
beherrschbar sind. In dem Beispiel wird der übergeordnete
Gleisfreimeldabschnitt ÜA1 redundant auf DZ1 und DZ2 berechnet.
Nimmt man den Ausfall Au4 an, dann ist der Zählpunkt ZP2
ausgefallen, so dass ein übergeordneter Gleisfreimeldeabschnitt
ÜA1 zur Informationsgewinnung verwendet werden muss.
Da aber die Hardwareplattform DZ2 vollständig ausgefallen
ist, steht die Verarbeitungseinheit VE ÜA1 auf der Hardwareplattform
DZ2 nicht zur Verfügung. Durch die redundante Auslegung
der Verarbeitungseinheit VE ÜA1 auf der Hardwareplattform
DZ1 kann diese Information verwendet werden und somit
der Ausfall beherrscht werden.
Die vorgestellten Verfahren können in ihrer Redundanz und
Kombination geeignet dimensioniert werden. Durch die flexible
Kombinierbarkeit der Redundanzen lässt sich das Verfahren
kostengünstig installieren.
Die Erfindung beschränkt sich nicht auf das vorstehend angegebene
Ausführungsbeispiel. Vielmehr ist eine Anzahl von Varianten
denkbar, welche auch bei grundsätzlich anders gearteter
Ausführung von den Merkmalen der Erfindung Gebrauch machen.