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Verfahren zur Nachbehandlung von auf Aluminium bzw. seinen Legierungen
erzeugten Oxydüberzügen . Es ist bekannt, auf Aluminium und seinen Legierungen bzw.
den daraus hergestellten Werkstücken durch eine elektrolytische Behandlung in geeigneten
Lösungen Oxyd- oder Hydroxydschichten zu erzeugen, die einen hohen Isolationswert
gegen elektrische Beanspruchung besitzen und korrosiven Einflüssen gegenüber widerstandsfähig
sind.
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Bisher ist es jedoch nicht gelungen, gewisse schwerwiegende Nachteile
solcher Oxydschichten, die ihre Anwendung -in der Praxis bisher stark hinderten,
zu beseitigen.
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Diese Nachteile, bestehen vor allem darin, daß die Schichten spröde,
nicht genügend biegsam, porös und feuchtigkeitsempfindlich sind. Sie weisen daher
alle Nachteile solcher Schichten auf, wie z. B. Reißen beim Biegen, hohe Glimmverluste
bei elektrischer Beanspruchung, Aufnahme von Feuchtigkeit und Unsicherheit der Werte
der elektrischen Durchschlagsfestigkeit wegen unregelmäßiger Anordnung der Poren.
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Die vorliegende Erfindung betrifft @ehie Nachbehandlung, durch welche
diese Nachteile beseitigt werden und damit die praktische Einführung mit solchen
Schichten versehener Leichtmetallgegenstände in größerem Umfange überhaupt erst
ermöglicht wird.
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Es ist bekannt, die Sprödigkeit dieser Schichten dadurch zu verringern,
daß die Gegenstände während ihrer Erzeugung in einem elektrolytischen Bad mechanischen
Beanspruchungen, z. B. Hinundherbiegen, ausgesetzt werden. Dieses Verfahren ist
umständlich und als ein immer noch rohes mechanisches Verfahren zu betrachten, mit
dem natürlich niemals die in den meisten Fällen erwünschte absolut gleichmäßige
Erhöhung der Biegefähigkeit an allen Stellen der Schicht erreicht werden kann. -Demgegenüber
werden gemäß der vorliegenden Erfindung durch chemische oder physikochemische Wirkungen
Struktur- und Modifikationsänderungen der fertigen Oxydschichten bewirkt, durch
die diese ihre Sprödigkeit verlieren und in einen elastischen Zustand überführt
werden. Diese Struktur- und Modifikationsänderungen sind im allgemeinen begleitet
von Volumenänderungen innerhalb der Schicht und Veränderung der Oberflächenspannung,
durch die ein feines Aufreißen der äußeren Oberfläche der Schicht bewirkt wird,
das wiederum zur Erhöhung der Biegefähigkeit beiträgt. Unter dem Mikroskop sind
diese Risse deutlich als ein filigranartiges Netzwerk zu erkennen. Die erwähnten
Modifikations- und Strukturänderungen, verbunden mit dem feinen Aufreißen der Oberfläche,
bewirken
eine bedeutende Erhöhung der Elastizität und Biegsamkeit
der Oxydschicht bei viel größerer Gleichmäßigkeit dieser Werte über die ganze Oberfläche,
als sie jemals bei dem erwähnten Verfahren erreicht werden .konnte, ohne daß die
Härte der Schicht im wesentlichen beeinträchtigt wird. Es sei jedoch ausdrücklich
darauf hingewiesen, daß das Aufreißen der Oberfläche nicht unbedingt ein .Charakteristikum
der vorliegenden Erfindung ist. Die betreffende Modifkations-und Strukturänderung
kann auch vor sich ;;eben, ohne daß sich das erwähnte feine Netzwerk von Rissen
zeigt. Zweifellos wirkt jedoch dieses Netzwerk von Haarrissen im Sinne einer Erhöhung
der Biegefähigkeit. Die chemischen oder physikochemischen Wirkungen rufen im allgemeinen
gleichzeitig eine Lockerung bzw. ein Aufquellen der Oxydschichten hervor und machen
sie dadurch besonders geeignet zur Aufnahme von Füll-und Isolierstoffen usw. Wenn
also durch den eigentlichen Erweichungsprozeß vielleicht auch eine Erhöhung der
Porosität und damit eine Erhöhung der Wasseraufnahmefähigkeit bewirkt wird, so wird
dieser Nachteil sofort dadurch wettgemacht bzw. zu einem Vorteil gestaltet, insofern
damit aüch_ die Aufnahmefähigkeit der Schicht für die obenerwähnten Stoffe vergrößert
wird. Es wird sich also in den meisten Fällen empfehlen, an die erste Phase der
Nachbehandlung, den Ätzprozeß, noch eine zweite Phase, den Imprägnierungsprozeß,
anzuschließen. Wie bereits erwähnt, kann die Imprägnierung mit allen möglichen flüssigen
und pastenartigen Stoffen und je nach dem besonderen Zweck mit Isolier-, Füll- oder
Dichtungsstoffen bewirkt werden.
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Die Durchführung dieses Verfahrens kann auch auf verschiedene Weise
erfolgen. Nachstehend sind einige- Ausführungsbeispiele gegeben: Ein mit einem Gemisch
aus Oxalsäure und Chromsäure fertigoxydierter Aluminiumdraht zeigt beim Wickeln
auf einen schon recht starken Dorn auf der äußeren Seite ein starkes Einreißen der
O#cydschicht, wodurch auf der dem Dorn zugekehrten Seite eine Aufwulstung derselben
eintritt. Ein derartig beschädigter Draht hält natürlich keine wesentlichen Durchschlagsspannungen
aus und besitzt keine genügende Isolationsfähigkeit. Dieses Aufreißen bzw. Aufwulsten
der Oxydschicht beim Wickeln des Drahtes tritt nicht mehr auf; der Draht ist also
als 'Wicklungsmaterial durchaus geeignet, wein nach der Oxydation folgende Nachbehandlung
angewandt worden ist: Der oxydierte Draht wird einem Ätznatronbad,,beispielsweise
3oog Natronlauge auf 11
Wasser, 25 Sekunden bis i Minute ausgesetzt. Das Bad
besitzt eine Temperatur von etwa 3o°. Nach dem Eintauchen in dieses Bad ist es vorteilhaft,
den Draht noch in kaltem Wasser nachzuspülen und mit Salpetersäure nachzubehandeln,
um die Natronlauge zu neutralisieren. Wie bereits erwähnt, ist die Oxydschicht durch
diese Behandlung biegsam und elastisch geworden. Gleichzeitig besitzt sie eine starke
Aufnahmefähigkeit für Füll- und Isolierstoffe. Taucht man diesen Draht beispielsweise
in geschmolzenes Paraffin, so schäumt das Bad stark auf, und große Mengen von Paraffin
werden von der Oxydschicht aufgesogen. Hiernach ist die Oxydschicht völlig unhygroskopisch
geworden.
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Ein in einer Schwefelsäurelösung oxydierter Aluminiumdraht wird beispielsweise
in einem haliumchloratbad nachbehandelt, das aus einer Lösung von i 5d
g Kaliumchlorat und i 1 Wasser besteht. Die Temperatur des Bades ist auf
etwa 3o° zu halten. Die Behandlungsdauer beträgt 3o Minuten. Nach dieser Behandlung
ist die vorher spröde Oxydschicht elastisch und biegsam geworden. Der Draht wird
darauf durch Firnis oder Lack hindurchgezogen und auf diese Weise imprägniert.
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Zur Nachbehandltuig eignen sich außer den bereits erwähnten Lösungen
beispielsweise Kalialaun, Kaliumbichromat und calcinierte Soda oder heiße Bäder
aus mehreren dieser Stoffe. An Stelle derartiger Bäder können eine große Reihe anderer
ähnlicher Stoffe treten, z. B. solche organische Aluminiumverbindungen, Chromverbindungen,
Metallseifen, d. h. Mittel, die man unter der Bezeichnung Quellmittel versteht rund
die also befähigt sind, die Kapillaren eines Stoffes durch Eindringen in denselben
und Aufquellen innerhalb derselben zu erweitern und somit das Gefüge des betreffenden
Stoffes aufzulockern. Die Behandlungszeit richtet sich jeweils nach dem gewünschten
Erweichungsgrad und liegt im allgemeinen zwischen i bis i o Minuten. Sie richtet
sich naturgemäß auch andererseits nach der Konzentration und der Temperatur des
Bades und nach dem Druck, unter dem die Behandlung vorgenommen wird. Man kann auch
mehrere Bäder der gleichen oder verschiedener Zusammensetzung verwenden, die Druck-
und Temperaturverhältnisse variieren, die ätzstoffe gasförmig einführen oder auch
die Erhitzung durch Einleitung von Dampf oder Gasen bewirken.
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Nach einer weiteren Ausführungsform der Erfindung kann die physikochemische
Aufbereitung auch dadurch erzielt werden, daß man die oxydbedeckten Gegenstände
im Vakuum erhitzt.- Die Folge ist wahrscheinlich ebenfalls eine Umwandlung des I3y
dratzustandes, die ganz ähnlich der mit den rein chemischen llittelii erzielten
Umwandlung ist.
Bei wiederholter Durchführung des Verfalirens kann
zwischen den einzelnen Etappen eine Trocknung bzw. Erhitzung der Schicht cingeschalfet
werden.
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Für die Durchführung der zweiten Phase des Verfahrens, die Imprägnierun,
eignen sich außer dem bereits erwähnten' Paraffin auch Isolierstoffe, Lacke, natürliche
und synthetische Harze, Ole, Wachs, Farben usw., die, ohne die Geschmeidigkeit der
Schicht herabzusetzen, entweder ihre Isolierfähigkeit oder Durchschlagsfestigkeit
verbessern oder ihre Widerstandsfähigkeit gegen den Angriff chemischer Reagenzien
oder das Eindringen von Wasser erhöhen.
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Selbstverständlich kann man auch diese zweite Phase des Verfahrens
durch Variierung von Druck und Temperatur beeinflussen.
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Charakteristisch für derartig nachbehandelte, beispielsweise mit Isolierstoffen
imprägnierte Oxydschichten ist die Tatsache, daß bei Verwendung von Quecksilberelektroden
im Gegensatz zu der unbehandelten Oxydschicht ein Eindringen von Quecksilber nicht
mehr stattfindet.
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Es ist bekannt, Metall- und Metalloxydüberzüge oder metallische Schichten,
die z. B. durch Zerstäuben flüssiger oder durch Niederschlagen verdampfter Metalle
gebildet sind, insbesondere auch Chromüberzüge durch-Eintauchen in Füllinittelbäder
zu verdichten oder die Poren mit festen pulverigen Stoffen auszufüllen. Eine Aluminiumoxydschicht
nimmt bei Anwendung dieser bekannten Methoden die Tränkungsmittel nicht auf.
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Es ist auch bekannt, anodisch oxydierte Aluminiumgegenstände mit ölen
und ähnlichen Stoffen nachzubehandeln. Im vorliegenden Falle handelt :es sich ja
nicht darum, Füll-, Isolier- und Dichtungsstoffe in die lediglich oxydierte Schicht
einzuführen, sondern es handelt sich darum, die durch die erste Phase der Behandlung
gelockerte Oxydschicht durch Einführung solcher Schichten nachzubehandeln.
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Nährend nach bekannten Verfahren oxydiert und dann beispielsweise
mit Öl imprägniert wird, wird gemäß der Erfindung oxydiert; dann wird beispielsweise
in einem alkalischen Kalialaunbade gekocht, und dann erst wird das betreffende Stück
in einem Füll-, Isolier- oder Dichtungsstoffbade behandelt; es wird also durch die
vorgängige Aufbereitungsbehandlung die spröde, glatte U-Oxyd-Schicht erst in einen
Zustand versetzt, der die Aufnahme von Dichtungsstoffen in so hohem Maße wie hier
ermöglicht.
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Die erfindungsgemäß fertigbehandelten Gegenstände können dann auch
an sich bekannten Härtungs- und Alterungsverfahren tuiterworfen werden.. Die hier
beschriebene Einwirkung von ,itzstoffen usw. auf die Eigenschaft- der: :11S03-Schichten
stellt ein etwas völlig Neues dar, wofür eine völlig befriedigende theoretische
Erklärung noch nicht gegeben werden kann. 1?s ist zu vermuten, daß die genannten
Ätzstoffe in Verbindung mit in den Poren Tier Oxydschicht eingeschlossenen Resten
aus dem Oxydationsbad selbst im Sinne einer gleichzeitigen Peptisierung und Koagolation
wirken, wodurch Modifikations- -und Strukturänderungen des Hydrozyds bewirkt werden,
in dem Sinne, daß die starre Modifikation iii eine elastische überführt wird. Es
ist möglich, daß die Peptisiertmg hervorgerufen wird durch den betreffenden Ätzstoff,
während die Koagölation durch Elektrolytreste verursacht wird. Mit der Modifikationsänderung
einher gehen Volumenänderungen, wahrscheinlich ein Schwund der einzelnen Tonerdepartikel,
wodurch das Aufreißen der Oberfläche' hervorgerufen wird.
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Ebenso wie die gewünschte Wirkung, allerdings nicht in dem starken
Maße, erzielt werden kann, ohne daß die Oberfläche aufgerissen wird, können auch
solche Verfahren angewandt werden, die das Aufreißen der Oberfläche allein bewirken,
wobei die Modifikations- oder Strukturänderungen keinen ausschlaggebenden Einfluß
zu haben brauchen.