-
Faserwerkstoff
-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Faserwerkstoffs
wie Papier, Karton, Pappe und Faserplatten, gebildet aus einem blatt- bzw. plattenförmigen
Faser-Wirrwerk, hergestellt vorzugsweise unter Verwendung von pflanzlichen Fasern,
bei dessen Herstellung drei Phasen - die Aufbereitung von Holz und anderen Rohstoffen
zu Halbstoffen, die Aufbereitung der Halbstoffe zum Ganzstoff und die Herstellung
des geschlossenen Vlieses auf Langsieb- oder Rundsiebmaschinen - zu unterscheiden
sind, wobei die Aufbereitung zum Ganzstoff das Mahlen der Fasern zu einem Faserbrei
und die Zugabe von Veredelungsstoffen umfaßt.
-
Die ständig höheren Forderungen an den Brandschutz von Materialien
aller Art machen es erforderlich, auch diese
Faserwerkstoffe vor
Brand zu schützen bzw. sie so auszurüsten, daß sie nicht zur Entstehung oder Weiterführung
und Unterstützung eines Brandes beitragen. Die Herstel--lung dieser Faserwerkstoffe
gelingt auf wirtschaftliche Art und Weise jedoch nur im Naßverfahren, wobei beispielsweise
zur Herstellung eines Kilogramm Papiers bis zu 300 Liter Wasser, zur Herstellung
von 1 kg Holzfaserplatten bis zu 100 Liter Wasser benötigt werden. Die Herstellung
geht also in sehr dünnen wässrigen Suspensionen vor sich, was der Einbringung von
Brandschutzmitteln, die wie Borsäure beiwpielsweise nicht oder praktisch nicht in
Wasser löslich sind, entgegensteht. Aufgabe der Erfindung ist es daher, derartige
wasserunlösliche Brandschutzmittel in die Faserwerkstoffe einzubringen, ohne daß
das bewährte und wirtschaftlich durchführbare Naßverfahren bei deren Herstellung
aufgegeben werden muß.
-
In der deutschen Paptentanmeldung P 28 31 616.7 ist ein Verfahren
zur Herstellung eines aus mineralischen Stoffen hergestellten, nicht brennbaren
Werkstoffes angegeben, bei dem unter Verwendung von Restabwasserklärschlämmen und/oder
feuchten Holz-Schneidspänen ein fester Körper dadurch hergestellt wird, daß diesen
Grundstoffen Bormineralien beigemischt, diese Bormineralien mit konzentrierter Schwefelsäure
versetzt werden und das sich ergebene Gemenge dann mit einem Kunststoffharz beleimt
und heiß verpreßt wird. Dieser so erzielbare Werkstoff weist ähnliche Werkstoffeigenschaften
wie Spanholz auf, ist jedoch, durch den Anteil der in ihm enthaltenen Borsäure sowie
zumindest teilweise glas- oder keramikbildenden Mineralien, nicht brennbar. Die
Verwandtschaft dieses bekannten Werkstoffs zu Spanholz äußert sich auch in der Art
seiner Herstellung, die bis auf die Aufbereitung der Brandschutzmittel mit der Herstellung
von
Spanholz identisch ist. Die Ausgangsmaterialien sind daher praktisch trocken, bzw.
weisen eine minimale Feuchtigkeit bis maximal 25% auf.
-
Im Gegensatz hierzu werden die von der Erfindung erfaßten Faserwerkstoffe
im Naßverfahren auf Papiermaschinen - Langsieb- oder Rundsiebmaschinen - hergestellt,
wobei die wässrige Ausgangssuspension einen Feststoffgehalt von nur 0,5 bis maximal
2% aufweisen soll. Wäre also im Falle der bekannten Werkstoff-Herstellung noch die
trockene Einbringung von pulvrigen, wasserunlöslichen Brandschutzmaterialien möglich,
so scheidet dies bei der Herstellung der angesprochenen Faserwerkstoffe, die papierartig
sind, oder Karton, Pappe oder Faserplatten entsprechen, aus. Trotzdem soll die Erfindung
sich dieses bewährte Verfahren der Umwandlung von Bormineralien in Borsäure nutzbar
machen, da die Anwendung dieses Verfahrens nicht nur verspricht, einen guten Brandschutz
zu erreichen, sondern weil es auch sehr wirtschaftlich ist.
-
Eine weitere Uberlegung bei der Anwendung dieses bekannten Verfahrens
ist die, daß es möglich sein müßte, bei der Kombination des bekannten Naßverfahrens
zur Herstellung von Papier, Karton, Pappe und Faserplatten mit dem bekannten Verfahren
zur trockenen Herstellung von brandgeschützten Werkstoffen, armierte Gipsplatten
herzustellen, die verhältnismäßig gute Festigkeiteigenschaften aufweisen sollten.
Derartige Gipsplatten werden dringend zum trockenen Innenausbau und Verputz von
Wänden benötigt, da sie nicht nur gute das Innenklima verbessernde Eigenschaften
aufweisen, sondern auch einfach zu montieren und, bei Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens, auch wirtschatlich herstellbar sein müßten. Auch hier wäre selbstverständlich
der Brandschutz von sehr großer Bedeutung, da dieser Schutz gerade für die Innenauskleidung
von Räumen gefordert
werden muß.
-
Nach der Erfindung gelingt es, den einleitend beschriebenen Faserwerkstoff
in brandgeschützter Ausführung dadurch herzustellen, daß dem Faserbrei Bormineralien
wie beispielsweise Boracit, Borax, Colemanit, Kernit, Pandermit, Rasorit oder Ulexit
in feingemahlener Form beigemengt wird, daß nach Gleicher teilung dieses Minerals
bzw. dieser Mineralien dem Gemenge Mineralsäure, insbesondere Schwefelsäure (968-)
oder Phosphorsäure, vorzugsweise in der zur Bildung von Borsäure aus den Bormineralien
notwendigen stöchiometrischen Menge, beigefügt wird und daß der so vorbehandelte
Faserbrei nach einer Reifezeit von etwa einer Stunde zu dem gewünschten Faserwerkstoff
weiterverarbeitet wird.
-
Ohne daß das bewährte Naßverfahren verlassen wird, werden somit den
Ausgangsmaterialien zur Herstellung von Papier, Karton, Pappe und Faserplatten Mineralien
beigemengt, die für sich allein schon brandhemmend wirken, jedoch auch Borsäure,
die bekanntermaßen sehr gute brandschützende Eigenschaften aufweist.
-
Diese Brandschutzmaterialien stören den bekannten Herstellungs-Ablauf
dieser Materialien nicht und sind zudem äußerst preiswert, so daß die Endprodukte
dadurch nur unwesentlich verteuert werden. Der außerordentliche Fortschritt hierbei
besteht jedoch darin, daß die Endmaterialien nicht nur brandgeschützt sind, sondern
dadurch, daß bei der Umwandlung der Bormineralien Calciumsulfat (Gips) entsteht,
eine sehr hohe Festigkeit der Materialien erreicht wird. Dies kann dadurch erklärt
werden, daß das Colciumsulfat die Bindung der einzelnen Fasern zueinander unterstützt
bzw. das Faser-Wirrwerk außerordentlich verfestigt.
-
Es können auf diese Art und Weise jedoch nicht nur Faserwerkstoffe
wie Papier, Karton, Pappe und Faserplatten hergestellt werden, sondern1 wie dies
bereits angesprochen wurde, auch armierte Gipsplatten, wobei, sollte das sich bildende
Calciumsulfat für die Charakteristik dieses sich bildenden Faserwerkstoffes als
Gipsplatte nicht ausreichend sein, durchaus dem Faserbrei auch noch angemachter
Gips beigefügt werden kann. Es entsteht somit ein ganz neuer Faserwerkstoff, der
von außerordentlicher Bedeutung gerade für den Innenausbau von Räumen ist, da er
gegenüber den bekannten Gipsplatten wesentlich verbesserte Festigkeitseigenschaften
aufweist.
-
Statt die Mineralsäure im stöchiometrischen Verhältnis einzubringen,
kann sie auch in solcher Menge beigegeben werden, daß das Gemenge, unmittelbar nach
Zugabe der Mineralsäure, einen pH-Wert zwischen 1,5 und 3,0 vorzugsweise 2,0 erreicht.
Eine zur Neutralisierung gehende Tendenz läßt sich bei der Durchführung des Verfahrens
durch die Verlängerung der Reifezeit nach Beifügung der Mineralsäure erreichen.
-
Zweckmäßigerweise wird die Beimengung der Bormineralien im Anschluß
an die Aufbereitung zum Ganzstoff durchgeführt, also entweder in den Aufbbreitungsmaschinen
- beispielsweise Holländer oder Refiner - oder in den Bütten.
-
Sollte eine Beschwerung des Ausgangsmaterials notwendig bzw. gewünscht
sein, so ist es auch möglich, in diesem Stadium dem Faserbrei vor der Weiterverarbeitung
weitere grob- bis feinkörnig gemahlene Mineralien beizufügen.
-
Sehr bewährt hat es sich, daß das Produktionswasser im Kreislauf geführt
wird, da hierdurch die in diesem Produktionswasser gelösten Chemikalien, insbesondere
der Anteil der im Wasser gelösten Borsäure wieder dem Produktionsablauf zugefügt
wird. Durchaus kann dieses Produktionswasser auch dem Faservlies auf der Siebpartie
aufgedüst werden wobei auch wasserlösliche Brandschutzmittel mit aufgedüst werden
können. Möglich ist auch die Herstellung von Zwei- oder Mehrschichtplatten, wobei
durch Zweistoff- bzw. Mehrstoffauflauf Faserbrei mit relativ höherem Bormineral/Mineralsäuregehalt
auf ein vorhergehendes bzw. sich bildendes Vlies aufgegossen werden kann.
-
Insgesamt ergibt sich somit ein Faserwerkstoff, an dessen Fasern Borsäurepartikel
angelagert und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Fasern zumindest teilweise
mit Gips ausgefüllt sind, also Faserwerkstoffe die je nach dem Mineralanteil mehr
faserplattenförmig oder mehr gipsplattenförmig sind.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren soll an vier Beispielen näher erläutert
werden: Beispiel 1 Zur Herstellung eines schwer entflammbaren Papieres für Verpackungen
werden in den Holländer der Ganzstoffaufbereitung für ca. 1000 kg Endprodukt eingetragen:
321 kg atro Altpapier (Zeitungspapier) 321 kg atro gekollerte Natronzellulose und,
nach genügendem Faseraufschluß, 240 kg Colemanit mit 44% Borgehalt, feingemahlen.
-
Für den Faserbrei wird zunächst Frischwasser und später das aus der
Produktion solchen Papieres stammende Abwasser der Rund- oder Langsiebmaschine verwandt.
-
Das Faser/Colemanitgemisch wird nun durch langsame Zugabe von 117
kg einer 96%igen Schwefelsäure auf einen pH-Wert von 2,0 bis 2,5 abgesäuert. Das
Gemisch soll anschließend mindestens eine Stunde reifen und wird dann wie üblich
weiter verarbeitet.
-
Bis zu dieser Verarbeitung ist der pH-Wert auf ca.
-
4,5 angestiegen. Das Endprodukt ist ein festes nicht mehr entflammbares
Papier.
-
Beispiel 2 Zur Herstellung eines schwer entflammbaren Kartons, beispielsweise
für die Innenverkleidung von Automobilen, werden in den Holländer der Ganzstoffaufbereitung
für 1000 kg Endprodukt eingetragen: 300 kg atro gekollertes Natronkraftpapier 200
kg atro Altpapier (gekollerte Akten) 100 kg Ia Natronkraft.
-
Für die Herstellung des Faserbreis wird zunächst Frischwasser und,
nach Anlauf der Fertigung, das Rückwasser von der Saugpartie der Langsiebmaschine
verwandt.
-
In den Faserbrei werden 240 kg Colemanit (ca. 45% Borgehalt) homogen
eingemischt. Sobald das Faser/Colemanitgemisch die gewünschtc Gleichverteilung erreicht
hat werden 117 kg konzentrierte Schwefelsäure (96%) langsam in den umlaufenden Faserbrei
zugegeben und solange weitergemischt, bis die Mischung homogen ist und einen pH-Wert
von 2,0 bis 2,5 erreicht hat. In der Maschinenbütte kann der Stoff reifen; der pH-Wert
ist dann auf ca. 4,5 bis 4,8 angestiegen. Die Verarbeitung des Faserbreis erfolgt
wie üblich. Das Ergebnis ist ein fester Karton, der nicht mehr entflammbar ist.
-
Beispiel 3 Zur Herstellung von ca. 1000 kg einer schwer entflammbaren
Holzfaserdämmplatte wird in den Holländer der Ganzstoffaufbereitung 643 kg Defibratorstoff
oder
Holzschliff oder eine Mischung der beiden Stoffe eingebracht.
Dieses Gemisch wird durch Nachmahlen auf den gewünschten Mahlgrad gebracht und sodann
240 kg Colemanit (ca. 45% Borgehalt) homogen eingemischt und sodann langsam 117
kg konzentrierte Schwefelsäure (96%) untergemischt. Der pH-Wert der Mischung sollte
bei 2,0 bis 2,5 liegen. Anschließend soll das Gemisch in der Bütte etwa eine Stunde
reifen und dann der Weiterverarbeitung zugeleitet werden. Der pH-Wert nach der Reifung
ist auf etwa 4,5 bis 4,8 anc3estieyen. Eine derart hergestellte Holzfaserdämmplatte
ist nicht nur brandgeschützt, sondern weist auch hervorragende Festigkeitswerte
auf.
-
Beispiel 4 Zur Herstellung einer faserverstärkten Gipsplatte werden
in den Holländer der Ganzstoffaufbereitung 225 kg Holzschliff oder Defibratorstoff
oder eine Mischung aus beiden eingetragen und zunächst mit Frischwasser, später
mit Produktionswasser, in einer Fasersuspension mit 5% Feststoffgehalt gebracht.
Anschließend wird 480 kg Colemanit (ca. 45t Borgehalt) -zugegeben und solange gemischt,
bis eine homogene Mischung entstanden ist. Danach werden 235 kg konzentrierte Schwefelsäure
(96%) langsam untergemischt wobei der Anfangs-pH-Wert der Mischung nicht unter 2,0
jedoch auch nicht über 2,8 liegen soll. In der Maschinenbütte reift dieses Gemisch
mindestens eine Stunde, wobei der pH-Wert auf 4,5 bis 4,8 ansteigt. Das Fasergemisch
wird sodann weiterbearbeitet wie eine Faserdämmplatte, wobei jedoch das Endprodukt
als armierte Gipsplatte anzusprechen ist.
-
Interessant ist hierbei, daß der Borsäuregehalt der Gipsplatte bei
im Kreislauf geführten Produktionswasser etwa 26 Gew.% im Endprodukt beträgt, das
Produkt also damit unbrennbar im Sinne der DIN 4102, Klasse A2 ist, Um noch weitergehend
bei der Durchführung dieses Verfahrens den
Charakter einer Gipsplatte
zu erhalten, ist es möglich zusätzlich dem gereiften Faserbrei zweckmäßigerweise
mit Produktionswasser angemachten Gips beizufügen.
-
Das Endergebnis ist auf jeden Fall eine armierte Gipsplatte, die nicht
nur brandgeschützt bzw. unbrennbar ist, sondern auch bemerkenswerte Festigkeitseigenschaften
aufweist.