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Aromatische Aldehyde besitzen Bedeutung als Zwischen- und Endpro-
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dukte für zahlreiche Verwendungszwecke; sie sind beispielsweise wertvolle
Zwischenprodukte für die Herstellung optischer Aufheller, für Farbstoffe und Textilhilfsmittel,
Pharma- und Pflanzenschutzprodukte.
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Zu ihrer Herstellung ist eine Reihe von Verfahren bekannt, wie aus
fast jedem Lehrbuch der organischen Chemie ersichtlich. Zu den am häufigsten angewandten
Methoden zur Einführung der Aldehydgruppe in Aromaten gehören die Gattermann-Koch'sche
Formylierung mit Kohlenmonoxid (Houbel-Weyl, Band 7/1, Seite 16 ff; G. Thieme Verlag
Stuttgart 1964), die Vilsmeyer'sche Aldehyd-Synthese mit Formamiden (ibid., Seite
29 ff) und die Gattermann-Reaktion mit Cyanwasserstoff (ibid. Seite 20 ff).
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Wenn man bei der letztgenannten Gattermann-Reaktion von reinen Aromaten
ausgeht, muß man mit Cyanwasserstoff, Chlorwasserstoff und Aluminiumchlorid kondensieren
und oft Reaktionstemperaturen bis zu 900C anwenden. Geht man von Phenolen aus, so
kann man das Aluminiumchlorid durch das schwächer wirkende Zinkchlorid ersetzen
und in ätherischer Verdünnung arbeiten. Sehr reaktionsfähige Aromaten wie z.B. Resorcin,
Phloroglucin etc. lassen sich sogar ohne Friedel-Crafts'sche Katalysatoren nur mit
Cyanwasserstoff und Chlorwasserstoff in Sther- bzw. Chloroformlösung formylieren.
Die dabei entstehenden Formimidchloride (= Aldimin-Verbindungen) werden dann zweckmäßig
durch Erhitzen mit verdünnter Salzsäure zu den gewünschten Aldehyden hydrolysiert.
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Die genannten, an sich sehr gängigen Aldehyd-Synthesen haben -mit
Ausnahme nur der speziellen Ausführungsart der Gattermann-Reaktion, bei welcher
sehr reaktionsfähige Aromaten als Ausgangsprodukte verwendet werden - den gemeinsamen
Nachteil, daß zu ihrer Durchführung Katalysatoren wie Aluminiumchlorid, Zinkchlorid,
Phosphoroxichlorid etc. erforderlich sind, die bei der Aufarbeitung der Reaktionsgemische
nicht nur verloren gehen, sondern auch eine erhebliche Abwasserbelastung mit sich
bringen. Weiter sind die - durchweg erforderlichen - eingesetzten organischen Lösungsmittel
wegen der wässrigen Aufarbeitung sehr häufig erst nach ihrer Trocknung und Destillation
wieder verwendbar.
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Im Zuge der ständig steigenden Anforderungen an die Rationalisierung
von
Verfahren und insbesondere an die Erhöhung von deren Umweltfreundlichkeit war es
nun wünschenswert und bestand die Aufgabe, ein verbessertes Verfahren zur Herstellung
aromatischer Aldehyde zu finden, bei dem sowohl der Katalysator als auch das Lösungsmittel
auf einfache Weise zurückgewonnen und wieder verwendet werden können und das in
gleicher Weise wie die erwähnten bekannten Methoden von gut zugänglichen Ausgangsmaterialien
ausgeht.
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Diese Aufgabe konnte erfindungsgemäß in befriedigender und eleganter
Weise dadurch gelöst werden, daß man in Abwandlung der Gattermann schen Aldehydsynthese
aromatische Kohlenwasserstoffe mit Cyanwasserstoff in mindestens etwa 90 gew.-%iger
Flußsäure umsetzt.
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Erfindungsgegenstand ist somit ein Verfahren zur Herstellung aromatischer
Aldehyde durch Umsetzung aromatischer Kohlenwasserstoffe mit Cyanwasserstoff in
Gegenwart eines Halogenwasserstoffs bei Raumtemperatur oder bei erhöhter Temperatur
und Hydrolyse der intermediär entstehenden Aldiminverbindungen mit wässriger Mineralsäure,
das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Umsetzung der aromatischen Kohlenwasserstoffe
mit Cyanwasserstoff in mindestens etwa 90gew.-%iger Flußsäure durchführt.
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Als aromatische Ausgangs-Kohlenwasserstoffe können alle diejenigen
aromatischen Kohlenwasserstoffe verwendet werden, welche auch der Gattermann'schen
Aldehydsynthese zugänglich sind.
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Vorzugsweise werden als Ausgangsverbindungen aromatische Kohlenwasserstoffe
der Fomeln
eingesetzt, in denen R1 bis R3 unabhängig voneinander Wasserstoff, Alkyl (vorzugsweise
mit 1-10, insbesondere mit 1-4 C-Atomen),
Hydroxyl (=OH), Alkoxy
(vorzugsweise mit einer Alkylgruppe von 1 - 10, insbesondere von 1-4 C-Atomen),
Phenoxy oder Halogen (vorzugsweise Cl, Br) bedeuten, wobei jedoch höchstens einer
der Reste = Halogen sein soll und für diesen Fall mindestens ein weiterer Substituent
einen Rest aus der angegebenen Gruppe außer Wasserstoff und Halogen bedeutet und
wobei zwei der Reste R1, R2 und R3 auch zusammen einen Alkylenrest von 2-4 C-Atomen
bedeuten können.
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Die aus den aromatischen Kohlenwasserstoffen der Formeln (I) und (II)
erhaltenen Aldehyde besitzen dann die Formel
in denen R1 - R3 die vorstehend bei den Formeln (I) und (II) angegebene Bedeutung
besitzen.
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Beispielshafte aromatische Ausgangskohlenwasserstoffe der Formeln
(I) und (II) sind: Toluol, Xylole, Mesitylen, Tetralin, Biphenyl, ein- und mehrwertige
Phenole und Phenoläther wie die verschiedenen Kresole, Xylenole, Anisol, Hydrochinondiäthyläther,
Resorcin, Dimethyläther, Diphenyläther; Naphthalin, Methylnaphthaline, Acenaphthin,
Methoxynaphthaline, Monochlornaphthaline etc.
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Die Flußsäure, die sowohl als Reaktionsmedium wie auch als Reaktionspartner
dient, soll mindestens etwa 90 Gew.-%, vorzugsweise etwa 95 - 100 Gew.-%, insbesondere
etwa 98 - 100 Gew.-% Fluorwasserstoff enthalten und wird in Mengen von etwa 3 -
15, vorzugsweise 5 - 10 Gewichtsteilen pro Gewichtsteil Aromat eingesetzt. Wenn
der Fluorwasserstoff nicht 100%ig eingesetzt wird, ist der Rest Wasser.
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Der Cyanwasserstoff wird vorzugsweise in äquimolaren Mengen bezogen
auf den aromatischen Ausgangskohlenwasserstoff eingesetzt, aber auch ein Uberschuß
bis 100 % oder mehr ist möglich. Der
Cyanwasserstoff kann durch
seine Alkalisalze, insbesondere das Na- oder K-Salz, ersetzt werden, aus denen er
in Gegenwart von Säure (Flußsäure) freigesetzt wird. Selbstverständlich ist auch
ein Überschuß an Aromaten zur besseren Ausnutzung des Cyanwasserstoffes möglich;
der nicht umgesetzte Anteil aromatischer Verbindung kann dann nach der Reaktion
nach an sich bekannten Methoden zurückgewonnen und neu eingesetzt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann beispielsweise so durchgeführt
werden, daß man bei Temperaturen von zweckmäßig unterhalb -300C den Cyanwasserstoff
zur Flußsäure tropft bzw. das Alkalicyanid in die Flußsäure einträgt, anschließend
den Aromaten in äquimolarer Menge oder vorzugsweise im Unterschuß zugibt und das
Reaktionsgemisch, zweckmäßig unter Rühren, auf die gewünschte Reaktionstemperatur
bringt. Die umgekehrte Reihenfolge der Zugabe ist ebenfalls möglich, wie auch einer
oder beide Reaktionspartner kontinuierlich zugefügt werden können. So ist das Verfahren
dadurch in einfacher Weise kontinuierlich durchführbar, daß man alle drei Komponenten
gleichmäßig einem Reaktionsgefäß bzw.
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Reaktionsrohr zuführt. Die Reaktionszeit beträgt je nach Reaktionstemperatur
und Reaktivität des eingesetzten Aromaten eine bis zu 30 Stunden.
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Da die erfindungsgemäße Umsetzung bei Temperaturen oberhalb des Siedepunktes
der Flußsäure (200C) durchgeführt wird, ist die Verwendung von Druckgefäßen, wie
beispielsweise Autoklaven, erforderlich. Bevorzugtes Gefäßmaterial ist dabei Stahl.
Die Reaktionsdrucke entsprechen im wesentlichen dem Eigendruck der Flußsäure.
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Nach Beendigung der Reaktion wird zweckmäßig so verfahren, daß man
die Flußsäure bei Normaldruck abdestilliert, den Rückstand zur Verseifung des zunächst
gebildeten Aldimins mit wäßriger Mineralsäure kurz erwärmt und anschließend nach
an sich bekannten Methoden (Umkristallisieren, Destillieren, Säulenchromatographie,
etc.) aufarbeitet. Auch kann nach beendeter Reaktion die Flußsäurelösung in Wasser
eingetragen und die Reaktionsprodukte nach kurzem Erwärmen abgesaugt oder mit Halogenkohlenwasserstoffen
extrahiert werden.
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Das Verfahren zeichnet sich durch sehr gute Ausbeuten und seine Umweltfreundlichkeit
besonders aus.
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Die Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele näher erläutert.
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Beisniel 1: In einem Polyäthylengefäß wurden 32,5 g Kaliumcyanid (0,5
Mol) unter Rührcn und Kühlen auf -30°C in 150 ml wasserfreie FluP-säure eingetragen
und 34,5 g Resorcindimethyläther (0,25 lol) zugetropft. Die Lösung wurde in einen
eisgekühlten 250 ml V4A-Autoklaven umgefüllt und 10 Stunden auf 700C erhitzt. Nach
dem Abkühlen wurde der Ansatz auf Eis gegossen, 15 Minuten auf dem Dampfbad erwärmt
und mit Methylenchlorid extrahiert.
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Nach dem Trocknen und Einengen der organischen iihase verblieben 38,7
g hellbraune Kristalle vom Fp. 66° - 69°C mit 99 % Gehalt (nach Gaschromatographie)
an 2,4-Dimethoxybenzaldehyd (92 Co d.
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Th. bezogen auf eingesetzten Resorcindimethyläther).
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Beispiel 2: Analog Beispiel 1 wurden 90,3 g Mesitylen (0,75 Mol) mit
97,8 g Kaliumcyanid (1.,5 Mol) in 500 ml wasserfreier flußsäure umgesetzt. Nach
Beendigung der Reaktion und Abkühlen wurde der Fluorwasserstoff unter Normaldruck
abdestilliert und de Rückstand mit Eiswasser und Methylenchlorid aus dem Druckgefäß
herausgespült. Nach der Aufarbeitung analog Beispiel 1 wurden 108,8 g eines gelben
Oeles mit 85 % Gehalt (nach Gaschromatographie) an 2,4,6-Trimethylbenzaldehyd erhalten
(83 0 d. Th.
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bezogen auf eingesetztes Mesitylen).
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Beispiel 3: 35,6 g 2-Methylnaphthalin (0,25 Mol) wurden mit 32,5 g
Kaliumcyanid (0,5 Mol) in 150 ml Flußsäure analog Beispiel 1 umgesetzt. Nach der
Aufarbeitung verblieben 39,6 g einer grünbraunen kristallinen Masse, die nach Gaschromatographie
91 % Methylnaphthaldehyd-Isomerengemisch enthielt (85 0 d. Th. bezogen auf eingesetztes
2-Methylnaphthalin). Zweimaliges Umkristallisieren
aus n-Hexan
ergab 22,5 g hellbraune Kristalle vom Fp. 510-520C, die NMR-spektroskopisch als
2-Methyl-lnaphthaldehyd identifiziert werden konnten.
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Beispiele 4 - 12: Analog Beispiel 1 wurden folgende Umsetzungen durchgefwhrt:
Beispiel Ausgangs- Produkt Ausbeute Isomeren-Nr. material (% d.Th.1)) verh.
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4 m-Xylol Dimethyl- 53 2,4 : 2,6 = benzaldehyd 75 : 25 5 Anisol Methoxy-
45 0 : p = benzaldehyd 31 : 69 6 l-Methoxy- 4-Methoxy-1- 67 isomerenfrei naphthalin
naphthaldehyd 7 2-Methoxy 2-Methoxy-l- 80 isomerenfrei naphthalin naphthaldehyd
8 m-Kresol Hydroxy-methyl- 62 78 % 4-Hydroxybenzaldehyd 2-methylbenzaldehyd 9 3,4-Di-
Hydroxy-di- 44 72 % 2-Elydroxymethyl- methyl-benz- 4, 5-dimethylphenol aldehyd benzaldehyd
10 Naphthalin Naphthaldehyd 22 1 : 2 : 94 : 6 11 Pyrogallol 2,3,4-Tri- 77 isomerenfrei
trimethyl- methoxyäther benzaldehyd 12 Acenaphthen 5-Formyl- 60 isomerenfrei acenaphthen
1) Ausbeute in % d. Th. bezogen auf eingesetzten Aromaten