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Die Erfindung betrifft den Bereich der Vorrichtungen zur Verbesserung der Steuerung von Projektilen sowie zur Steigerung ihrer Reichweite und insbesondere ein Projektil mit einer vorzugsweise symmetrischen Längsachse und einer vorderen, für gewöhnlich kegelförmigen Nase und ersten ausklappbaren Flügeln, die am hinteren Teil des Projektils in Richtung einer Längsachse angebracht sind, und ein zugehöriges Steuerungsverfahren.
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Die Steuerung von Projektilen, die aus einem gezogenen Lauf verschossen werden, ist aufgrund der hohen Rotationsgeschwindigkeit, die auf das Projektil beim Geschossabgang übertragen wird, nur mit Mühe zu realisieren. Die klassische Methode zur Lösung dieses Problems ist die Ausstattung des Projektils. mit einem hinteren Leitwerk, das sich ausklappt, sobald das Projektil das Abschussrohr verlassen hat. Das Leitwerk bremst die Rotation und gewährleistet gleichzeitig die Flugstabilität. Nach dieser Zwischenphase ähneln die Flugbedingungen für das Projektil denen für Lenkflugkörper, was bedeutet, dass das Projektil nicht länger drall-, sondern aerodynamisch stabilisiert wird. Dies bietet den Vorteil, dass die gleichen Steuerungsverfahren wie bei Lenkflugkörpern angewendet werden können. In diesem Zusammenhang ist die Patentanmeldung US 2003/0 071 166 A1 bekannt, die ein Artilleriegeschoss beschreibt, mit einer Basis, die erste Flügel enthält, welche nach einer festgelegten Flugdauer ausklappbar sind, sowie mit zusätzlichen Vorrichtungen zur Lenkung und Steuerung mit zweiten ausklappbaren Flügeln und Öffnungen für den Ausstoß von Gasen, welche sich im vorderen Teil des Projektils befinden und in regelmäßigem Abstand um das Projektil herum verteilt sind.
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Beim Betrieb wird das Projektil somit aus einer Kanone verschossen, wobei alle Flügel im Innern des Projektils eingeklappt sind. Solange die Flügel nicht ausgeklappt sind, wird das Projektil drallstabilisiert. Sobald die Flügel ausgeklappt sind, verringert sich die Rotationsgeschwindigkeit des Projektils rasch, bis eine Rotationsgeschwindigkeit Null erreicht wird, ab der die aerodynamische Lenkung mittels den zweiten Flügeln und Querausstoß von Gas aus den genannten Öffnungen stattfindet.
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Ein solches Lenkungsverfahren hat insbesondere den Nachteil, dass das Projektil Druckgas enthalten muss, wodurch sein Gewicht erhöht und die Reichweite oder das Volumen für die Nutzlast verringert wird. Die Aktivierung der Gasstrahlen in die richtige Richtung erfordert eine präzise Messung der Rollwinkellage des Projektils. Eine erhebliche Flugbahnkorrektur führt zu einem höheren Gasverbrauch. Was den Gebrauch aerodynamischer Ruder zur Steuerung betrifft, so erfordert dies ebenfalls eine präzise Messung der Rollwinkellage und eine Vorrichtung zur Ausrichtung der Flügel in Abhängigkeit vom Ausmaß der Korrektur. Um den guten Betrieb der Steuerflügel sicherzustellen, ist der Ausrichtwinkel für die Steuerflügel begrenzt. Die Geschwindigkeit, mit der die Steuerflügel ausgerichtet werden können, ist ebenfalls begrenzt, um plötzliche Schwingungen des Projektils zu vermeiden.
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Die
US 2005/0 116 113 A1 und die
US 5 582 364 A zeigen jeweils einen steuerbaren, flügelstabilisierten Flugkörper mit ein- und ausfahrbaren Lenkflügeln.
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Die
WO 2006/028 485 A1 zeigt ein gattungsgemäßes Projektil. Zur Steuerung klappen Lenkflügel während einer einzelnen Rotation ein und aus.
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US 5 379 968 A zeigt ein weiteres gattungsgemäßes Projektil. Zur Steuerung dient eine rotatorisch antreibbare Schubdüse.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein alternatives steuerbare Projektil zu schaffen. Ferner besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein alternatives, zugehöriges Steuerungsverfahren zu schaffen.
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Die Aufgabe der Erfindung wird durch ein Projektil gelöst, das die Merkmale des Patentanspruchs 1 aufweist.
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Die Lenkung erfolgt somit durch die Kontrolle der natürlichen Bewegung eines drallstabilisierten Projektils bzw. seiner Präzessionsbewegung.
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Es ist von Vorteil, wenn ein Projektil gemäß der Erfindung unter anderem mindestens eines der folgenden Merkmale aufweist:
- – während des Flugs erzeugt das Ausklappen der Flügel eine Verlagerung des Wirkungszentrums der Kraft, die aus dem aerodynamischen Moment am hinteren Teil des Schwerpunkts des Projektils resultiert; dieses Wirkungszentrum liegt zwischen 0,2 und 0,6 Kaliber hinter dem Schwerpunkt,
- – das Projektil enthält zweite ausklappbare Flügel, die am vorderen Teil des Geschosses angebracht sind, wobei die Längsachse dieser genannten zweiten Flügel mit der Längsachse des Projektils einen konstanten Winkel β bildet, der ungleich 0 Grad ist und der vorzugsweise dazu bestimmt ist, die gleiche Rotationsgeschwindigkeit ω wie die ersten, hinteren Flügel, zu erzeugen.
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Die Rotationsgeschwindigkeit ist gleich ω = V·α/r1 = V·β/r2, dabei ist V die Geschwindigkeit des Projektils und r1 und r2 sind jeweils die Abstände der Längsachse von den Zentren der ersten bzw. zweiten Flügel. Während des Flugs ermöglicht das Ausklappen der zweiten Flügel, eine Verlagerung des Wirkungszentrums der Kraft, die aus dem aerodynamischen Moment im vorderen Teil des Schwerpunkts des Projektils resultiert; dieses Wirkungszentrum liegt vorzugsweise zwischen 0,2 und 0,6 Kaliber vor dem Schwerpunkt. Die Winkel α und β bestimmen die Rotationsgeschwindigkeit und somit das Niveau der Kreiseleffekte und genauer, die Präzessionsfrequenz. Diese Ausrichtwinkel sind vorzugsweise konstant. Die Kombination aus Verlagerung des Wirkungszentrums des aerodynamischen Moments und des Ausrichtwinkels der Flügel ermöglicht es, die Zeitdauer der Präzessionsbewegung des Projektils zwischen etwa hundert Millisekunden und einigen Sekunden festzulegen und den Zeitraum dadurch an die Lenkung und an die Leistungen der Stellelemente anzupassen.
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Die Aufgabe der Erfindung wird auch durch ein Verfahren gelöst, das die Merkmale des Patentanspruchs 8 aufweist.
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Entsprechend einer besonderen Ausführungsform umfasst ein Verfahren gemäß der Erfindung mindestens eine zusätzliche Phase, in der:
- – während des Fluges entweder, ausgehend von einer Ausgangsposition, in der die Flügel ausgeklappt sind, diese genannten ersten Flügel zumindest teilweise in das Innere des Projektils eingefahren werden, wobei das Einfahren der Flügel dazu geeignet ist, die Richtung der genannten Präzessionsbewegung im Vergleich zu der der Ausgangsposition entsprechenden Richtung, umzukehren,
- – oder während des Fluges, ausgehend von einer Ausgangsposition, in der die Flügel ausgeklappt sind, indem zweite, am vorderen Teil des Projektils angebrachte Flügel, deren Längsachse mit der Längsachse des Projektils einen Winkel β bildet, der ungleich 0 Grad ist, ausgeklappt werden; der Anstellwinkel β ist dazu geeignet, die genannte Rotationsgeschwindigkeit des Projektils aufrecht zu erhalten, wobei das Ausklappen der genannten zweiten Flügel dazu geeignet ist, die Richtung der genannten Präzessionsbewegung umzukehren; der Winkel β kann insbesondere zwischen 2 und 10 Grad liegen.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform umfasst ein Verfahren gemäß der Erfindung eine zusätzliche Phase, in der im Voraus, während der Konzipierung, der feste Wert des Ausrichtwinkels der genannten zweiten Flügel und/oder der ersten Flügel, bestimmt wird.
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Weitere Vorteile und Besonderheiten sind in der Beschreibung von zwei Ausführungsformen der Erfindung und aus den beigefügten Figuren ersichtlich:
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1 zeigt die schematische Darstellung eines Projektils mit ausklappbaren Flügeln gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung, mit ausgeklappten Flügeln,
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2 zeigt Steuerungsvorrichtungen zum Ausklappen der genannten Flügel,
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3 zeigt die Neigung der Achse der genannten Flügel im Vergleich zur Symmetrieachse des Projektils,
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4 zeigt die Ausrichtung der Projektilnase in Abhängigkeit von der Dauer des Ausklappens der genannten Flügel,
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5 zeigt die schematische Darstellung eines Projektils gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung mit ersten und zweiten ausgeklappten Flügeln,
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die 6a und 6b zeigen die jeweiligen Steuerungsvorrichtungen zum Ausklappen der genannten ersten und zweiten Flügel,
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die 7a und 7b zeigen die jeweilige Neigung der Achse der genannten ersten und zweiten Flügel im Vergleich zur Symmetrieachse des Projektils,
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8 zeigt die Ausrichtung der Projektilnase in Abhängigkeit von der Dauer des Ausklappens der genannten zweiten Flügel,
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In 1 wird ein Projektil gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung dargestellt. Dieses Projektil 1 hat eine zylindrische Form, dessen eines Ende 2, nämlich der vordere Teil, kegelförmig ist und die Projektilnase bildet. Das Projektil hat eine Symmetrieachse X, die durch seinen Schwerpunkt G läuft, und ausklappbare Flügel 3. Wie in dargestellt, wird das Ausklappen oder Einfahren der ausklappbaren Flügel 3 ins Innere des Projektils von Steuerungsvorrichtungen 4 und Kontrollvorrichtungen, zu denen elektronische Kontroll-/Steuerungsvorrichtungen 5 und ein elektrisches Stellelement 6 gehören, gesteuert. Die Kontrolle der Steuerung des Ausklappens und Einfahrens der Flügel kann vorzugsweise mit Hilfe eines Taktgebers, der allein dazu geeignet ist, die Dauer des Ausklappens der Flügel zu kontrollieren, erfolgen. Bei einem festgelegten Ausrichtwinkel ist die Präzessionsfrequenz bekannt und um die Ausrichtung des Projektils mit ausreichender Präzision zu lokalisieren, reicht eine Messung der Zeit. Der ballistische Flug vor Beginn der Lenkung ermöglicht die Einleitung des Prozesses. Tatsächlich ist die Ausrichtung des Projektils am höchsten Punkt seiner Flugbahn eine Funktion der Kreiseleffekte und eine Größe, die im Voraus bestimmt werden kann. Anders ausgedrückt, besitzt das Projektil aufgrund seiner Rotation Kreiseleigenschaften und somit ein terrestrisches Bezugssystem (hoch-tief, links-rechts). Daher wird kein Sensor benötigt, um einen Bezug zur Erde zu erhalten.
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Die ausklappbaren Flügel 3 sind nicht in Richtung der Achse X des Projektils ausgerichtet, sondern sind alle wie in 3 dargestellt, entlang einer Achse Y geneigt; die Achse Y und die Achse X bilden einen Winkel α, der ungleich Null ist und zwischen 2 und 10 Grad liegt.
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Das empfohlene Moment für die Steuerung, das aerodynamische Moment, wirkt natürlicherweise auf das gesamte fliegende Projektil in einem Anstellwinkel ein. Das bedeutet, dass während des Flugs die geometrische Achse des Projektils nicht in derselben Richtung verläuft, wie sein Geschwindigkeitsvektor. Dieses Moment wirkt vor dem Schwerpunkt auf jedes drallstabilisierte Projektil. Bei einer positiven Rotation des Projektils löst dieses Moment eine Präzessionsbewegung nach rechts aus.
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Die Lenkvorrichtung gemäß dieser ersten Ausführungsform der Erfindung hat folgende Funktionsweise:
Das Projektil wird aus einer Kanone mit gezogenem Lauf verschossen und verlässt die Rohrmündung mit einer Rotationsgeschwindigkeit ω = 2·V·tan(αr)/D, wobei αr der Drallwinkel, D das Rohrkaliber und V die Abschussgeschwindigkeit des Projektils sind; diese Rotationsgeschwindigkeit stellt die Drallstabilisierung des Projektils sicher. Nach einer vorab festgelegten Flugzeit oder wenn das Projektil den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht hat, werden die Flügel 3 ausgeklappt.
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Bei einem gewöhnlichen Projektil ohne Leitwerk wirkt die Luftkraft entsprechend der ersten drallstabilisierten Flugphase, 2 bis 3 Kaliber vor dem Schwerpunkt.
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Dieses Ausklappen der Flügel 3, die in einem Winkel α im Vergleich zur Achse X des Projektils ausgerichtet sind, ermöglicht es einerseits, eine an die Präzessionsfrequenz, die für die Steuerung ausgewählt wurde, angepasste Rotationsgeschwindigkeit auf das Projektil zu übertragen und andererseits, das aerodynamische Moment, das auf das Projektil einwirkt, zu modifizieren. Größe und Anzahl der Flügel 3 werden so ausgelegt, dass das Moment hinter dem Schwerpunkt wirkt und somit einen Vorzeichenwechsel des aerodynamischen Moments bewirkt, sodass die Präzessionsbewegung nach links läuft. Wie bei den klassischen Methoden ist es vorzuziehen, mit Momenten von geringer Intensität zu steuern. Die Größe der Flügel 3 wird vorzugsweise so ausgewählt, dass das Wirkungszentrum der Kraft, die aus dem aerodynamischen Moment resultiert, etwa 0,5 Kaliber hinter dem Schwerpunkt liegt. Dadurch wird das Moment verringert.
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Eine Möglichkeit, erneut eine Präzessionsbewegung nach rechts zu erhalten, besteht darin, die Flügel teilweise einzufahren, damit das Wirkungszentrum der aus dem aerodynamischen Moment resultierenden Kraft etwa 0,5 Kaliber vor dem Schwerpunkt liegt.
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Ziel der Steuerung ist somit die Möglichkeit einer deutlichen Modifikation der Flugbahn. Allerdings ist die Präzessionsbewegung eine kreisförmige Bewegung. Während einer Präzessionsumdrehung gleichen sich die Auswirkungen der Luftkraft, die auf das Projektil einwirkt, fast aus und die Auswirkung auf die Flugbahn ist unerheblich. Wie in 4 dargestellt, kann man durch den Wechsel der Präzessionsbewegungen nach rechts und nach links die Flugbahn gezielt modifizieren.
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Während der ersten drallstabilisierten Flugphase befindet sich die Projektilnase in der Position A und ist nach rechts ausgerichtet. Dies ist die natürliche Position der Projektilnase einige Zeit nach dem Abschuss.
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Das Ausklappen der Flügel 3 während einer relativ langen Zeitdauer (Tr_1) leitet eine kreisförmige Präzessionsbewegung nach links ein und die Projektilnase befindet sich in Position B, die auf die Senkrechte bezogen symmetrisch zur Position A ist. Während dieser Bewegung fliegt das Projektil zunächst nach rechts und dann nach links; doch aufgrund der Symmetrie heben sich die beiden Bewegungen gegenseitig auf. Allerdings bleibt im Schnitt eine schwache Vertikalkomponente bestehen und das Projektil wird leicht nach oben ausgelenkt.
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In der Position B löst das Einklappen der Flügel 3 während einer Zeitdauer (Tl_1 < Tr_1) eine Präzessionsbewegung nach rechts aus und die Projektilnase wird in Position C gebracht. Während dieser Bewegung gleichen sich die Auswirkungen nach rechts und nach links nicht mehr aus. Zudem liegt eine mittlere Vertikalkomponente vor. Das Projektil wird nach links und nach oben ausgelenkt.
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Ein erneutes Ausklappen der Flügel 3 in der Position C während einer kurzen Zeitdauer (Tr_2 < Tl_1) ermöglicht von neuem den Erhalt der Position D, die auf die Senkrechte bezogen, symmetrisch zur Position C ist. Bei dieser Bewegung ist die Vertikalkomponente groß. Das Projektil wird nach oben ausgelenkt.
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Es ist also möglich, durch die Steuerung der Dauer der Flugphasen in der Konfiguration A und B, die Flugbahn eines Projektils so zu modifizieren, dass es mehr oder weniger weit oder nach rechts bzw. links fliegt. Die durchschnittliche Dauer der unterschiedlichen Flugphasen wird von der Präzessions-Winkelgeschwindigkeit, die ihrerseits eine Funktion der Rotationsgeschwindigkeit ist, bestimmt. Der Ausrichtwinkel der Flügel ermöglicht es daher, die durchschnittliche Dauer der unterschiedlichen Flugphasen zu regulieren.
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In 5 wird ein Projektil gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung dargestellt. Dieses Projektil 11 hat eine zylindrische Form, dessen eines Ende 12, nämlich der vordere Teil, kegelförmig oder ogivenförmig ist und die Projektilnase bildet. Es enthält eine Symmetrieachse X', die durch den Schwerpunkt G' läuft, und erste ausklappbare Flügel 13 hat, die auf einer Seite des Schwerpunkts G' des Projektils 11, nämlich am hinteren Teil 14 angebracht sind und zweite ausklappbare Flügel 15, die auf der anderen Seite des Schwerpunkts G' des Projektils 11, nämlich am vorderen Teil 16, auf Höhe des Teils der Projektilnase 12 mit dem größten Querschnitt 17 angebracht sind. Wie in den 6a und 6b dargestellt, werden diese ersten und zweiten ausklappbaren Flügel 13 und 15 von den jeweiligen Vorrichtungen 18 und 19 zur Steuerung und zur Kontrolle des Ausklappens dieser Flügel gesteuert; diese Vorrichtungen enthalten elektronische Kontroll-/Steuerungsvorrichtungen 20 und 21 und ein elektrisches Stellelement 22 und 23.
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Wie in den 7a und 7b dargestellt, sind diese ersten und zweiten ausklappbaren Flügel 13 und 15 nicht in Richtung der Achse X' des Projektils ausgerichtet, sondern, wie in 3 dargestellt, in Richtung einer Achse Y geneigt; die Achsen X' und Y' bilden die Winkel α und β, die ungleich Null sind.
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Die Lenkvorrichtung gemäß dieser zweiten Ausführungsform der Erfindung hat folgende Funktionsweise:
Das Projektil wird von einer Kanone mit gezogenem Lauf verschossen und verlässt die Rohrmündung mit einer für seine Stabilisierung notwendigen Rotationsgeschwindigkeit. Nach einer vorab festgelegten Flugzeit oder wenn das Projektil den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht hat, werden die Flügel 13 wie oben beschrieben, ausgeklappt.
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Das Ausklappen der ersten Flügel 13, die in einem Winkel α im Vergleich zur Achse X des Projektils ausgerichtet sind, ermöglicht es einerseits, eine an die Präzessionsfrequenz, die für die Steuerung ausgewählt wurde, angepasste Rotationsgeschwindigkeit auf das Projektil zu übertragen und andererseits, das aerodynamische Moment, das auf das Projektil einwirkt, zu modifizieren. Das Aus- und Einklappen der Flügel 15, die in einem Winkel β ausgerichtet sind, um dieselbe Rotationsgeschwindigkeit, die mit den Flügeln 13 erreicht wurde, beizubehalten, ermöglicht es, die Präzessionsbewegungen nach rechts und nach links abzuwechseln. Bei dieser Steuerungsart werden die Flügel 13 nicht mehr bewegt, nachdem sie ausgeklappt wurden. Die Präzessionsbewegung nach rechts wird durch Ausklappen der Flügel 15 erreicht und die Präzessionsbewegung nach links, durch das Einklappen der Flügel 15. Größe und Anzahl der ersten und zweiten Flügel 13, 15 werden so ausgelegt, dass das Moment hinter dem Schwerpunkt wirkt und somit einen Vorzeichenwechsel des aerodynamischen Moments bewirkt; die Präzessionsbewegung geht also nach links, während lediglich die ersten Flügel 13 ausgeklappt werden und dadurch vor dem Schwerpunkt einen Vorzeichenwechsel des aerodynamischen Moments bewirken; die Präzessionsbewegung geht nach rechts, wenn die zweiten Flügel 15 ebenfalls ausgeklappt werden. Wie bei den klassischen Methoden ist es vorzuziehen, mit Momenten von geringer Intensität zu steuern. Die Größe der ersten und zweiten Flügel 13, 15 wird vorzugsweise so gewählt, dass das Wirkungszentrum der Kraft, die aus dem aerodynamischen Moment resultiert, etwa 0,5 Kaliber hinter dem Schwerpunkt liegt, während die Kraft bei einem herkömmlichen Projektil ohne Leitwerk etwa 2 bis 3 Kaliber vor dem Schwerpunkt wirkt. Das Moment wird also durch das Ausklappen der Flügel verringert.
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In diesem Ausführungsbeispiel enthält das Projektil sechs erste und sechs zweite Flügel und in diesem Fall sind die zweiten Flügel von geringerer Größe als die ersten, da sie nur eine Verlagerung des Wirkungszentrums der Luftkraft von 0,5 Kaliber dahinter zu 0,5 Kaliber davor erzeugen dürfen, wohingegen die ersten ausklappbaren Flügel eine Verlagerung des Wirkungsszentrums der Luftkraft von 2 bis 3 Kaliber davor auf 0,5 Kaliber dahinter erzeugen sollen.
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Ziel der Steuerung ist die Möglichkeit einer deutlichen Modifizierung der Flugbahn. Nun ist aber die Präzessionsbewegung eine kreisförmige Bewegung. Während einer Präzessionsumdrehung gleichen sich die Auswirkungen der Luftkraft, die auf das Projektil einwirkt, fast aus und die Auswirkung auf die Flugbahn ist unerheblich. Wie in 8 dargestellt, erhält man durch den Wechsel von Präzessionsbewegungen nach rechts und nach links gezielte Modifikationen der Flugbahn.
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Nach dem Abschuss befindet sich das Projektil in einer Phase der Drallstabilisierung ohne Leitwerk und seine Projektilnase befindet sich natürlicherweise in der Position A; dies ist in 4 und aus Gründen der Verständlichkeit nicht in 8 dargestellt. Wie bereits in Bezug auf 4 erklärt, löst das Ausklappen der ersten Flügel 13 eine Präzessionsbewegung nach links aus, bis sich die Projektilnase in Position B befindet. Dies ist ihre natürliche Position einige Zeit nach dem Ausklappen der ersten, hinteren Flügel 13.
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Das Ausklappen der zweiten, vorderen Flügel 15 während eines relativ langen Zeitraums (T'r_1) leitet eine kreisförmige Präzessionsbewegung nach rechts ein und die Projektilnase befindet sich in Position C', die auf die Senkrechte bezogen symmetrisch zur Position B ist. Während dieser Bewegung bewegt sich das Projektil zunächst nach links und dann nach rechts; doch aufgrund der Symmetrie heben sich die Bewegungen auf. Allerdings bleibt im Schnitt eine schwache Vertikalkomponente bestehen und das Projektil wird leicht nach oben ausgelenkt.
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In der Position C' löst das zumindest teilweise Einklappen der vorderen Flügel in das Innere des Projektils, das dazu geeignet ist, die Richtung der Präzessionsbewegung umzukehren während einer Zeitdauer (T'l_1 < T'r_1) eine Präzessionsbewegung nach links aus und die Projektilnase wird in Position D' gebracht. Während dieser Bewegung heben sich die Auswirkungen nach rechts und nach links nicht mehr auf. Zudem liegt eine mittlere Vertikalkomponente vor. Das Projektil wird nach rechts und nach oben ausgelenkt.
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Ein erneutes Ausklappen der vorderen Flügel in Position D' während einer kurzen Zeitdauer (T'r_2 < T'l_1) ermöglicht von neuem den Erhalt der Position E', die auf die Senkrechte bezogen, symmetrisch zur Position D' ist. Bei dieser Bewegung ist die Vertikalkomponente groß. Das Projektil wird nach oben ausgelenkt.
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Es ist also möglich, nur durch Steuerung der Flugphasen in der Konfiguration B und C', die Flugbahn eines Projektils so zu modifizieren, dass es mehr oder weniger weit oder nach rechts bzw. links fliegt. Die durchschnittliche Dauer der unterschiedlichen Flugphasen wird von der Präzessions-Winkelgeschwindigkeit, die ihrerseits eine Funktion der Rotationsgeschwindigkeit ist, bestimmt. Der Ausrichtwinkel der Flügel ermöglicht es daher, die durchschnittliche Dauer der unterschiedlichen Flugphasen zu regulieren.
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Realistische Simulationen zeigen, dass mit diesem Verfahren die Reichweite eines 155-mm-Projektils von 30 km auf 50 km erhöht wird. Die Steuerung ermöglicht es, die Reichweite zwischen 40 km und 60 km zu variieren. Seitliche Korrekturen betragen ebenfalls einige Kilometer. Bei einem gegebenen Einschlagpunkt liegt die Abweichung bei unter 10 m. Der Ausrichtwinkel der Flügel wurde so gewählt, dass eine Rotationsgeschwindigkeit von 50 Hz erreicht wurde, die es ermöglicht, die Dauer der verschiedenen Flugphasen zwischen 1 s und 5 s zu variieren.
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Bei diesen Simulationen setzt die Steuerung erst nach dem höchsten Punkt der Flugbahn ein. Bis das Projektil den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht, verhält es sich wie ein klassisches drallstabilisiertes Projektil. Dieser verzögerte Beginn der Steuerungsphase bietet zwei Vorteile.
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Zum einen findet der gesteuerte Flug bei einer praktisch konstanten Geschwindigkeit statt, was die Steuerung erleichtert. Zum anderen findet die Einleitung der Präzessionsbewegung von alleine, wie bei jedem anderen drallstabilisierten Projektil statt. Das Projektil stellt sich an, da es dem vertikalen Richtungswechsel aufgrund der Krümmung der Flugbahn, nicht folgen kann. Das Ausklappen der hinteren Flügel verringert das Moment, das auf das Projektil einwirkt und verstärkt die Einleitung der Präzessionsbewegung. Die Einleitung der Präzessionsbewegung erfolgt also ohne zusätzliche Vorrichtung.