Die Marktanforderungen ändern sich und mit ihnen auch die Prozesse in der Produktion. Zentral sind zwei Trends: die fortschreitende Verkürzung der Lieferzeiten und die Individualisierung der Produkte. Verbraucher erwarten, dass Produkte ihren individuellen Anforderungen exakt gerecht werden. Dazu reicht eine große Variantenvielfalt nicht aus. Vielmehr wünschen sich Kunden Produkte wie aus der Maßkonfektion, ohne höhere Preise zahlen zu wollen, was nur durch die Mass Customization möglich ist. Moderne Produktionskonzepte und flexible, unternehmensübergreifende IT-Lösungen begegnen dieser Herausforderung erfolgreich.
Die Marktanforderungen ändern sich und mit ihnen auch die Prozesse in der Produktion. Zentral sind zwei Trends: die fortschreitende Verkürzung der Lieferzeiten und die Individualisierung der Produkte. Verbraucher erwarten, dass Produkte ihren individuellen Anforderungen exakt gerecht werden. Dazu reicht eine große Variantenvielfalt nicht aus. Vielmehr wünschen sich Kunden Produkte wie aus der Maßkonfektion, ohne höhere Preise zahlen zu wollen. Moderne Produktionskonzepte und flexible, unternehmensübergreifende IT-Lösungen begegnen dieser Herausforderung erfolgreich.
Auf Konsumgüter- und Investitionsgütermärkten mit hoher Nachfrage hängt die Wettbewerbsposition zunehmend von der Anpassparkeit der Produkte an individuelle Kundenwünsche ab. Unternehmen müssen zukünftig Produkte anbieten, deren Eigenschaften wie Farbe, Gestaltung, Ausstattung, technische Eigenschaften oder Passform vom Kunden weitgehend bestimmt werden können. Nur so erreichen die Anbieter den Mehrwert, der den Kunden kaufen und auch wiederkommen lässt.
Mass Customization als Lösungsansatz
Die Produktindividualisierung wird unter dem Stichwort der Mass Customization oder der kundenindividuellen Massenproduktion diskutiert. Vertreter des Mass Customization-Ansatzes definieren den Ansatz als „die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen, zu Kosten, die ungefähr denen einer massenhaften Fertigung eines zugrunde liegenden Standardprodukts entsprechen.“
Der Kunde zahlt eine bestimmte Prämie für den Mehrwert des Produktes. Der Anbieter erschließt so neue Umsatzpotentiale, die einen höheren Gewinn ermöglichen. Der Hersteller muss zur Festlegung der Prämie die Zusatzkosten der Mass Customization mit den Vorteilen des Produktangebots und der erzielbaren Prämie abwägen.
Die Zusatzkosten begründen sich in der höheren Komplexität der Leistungserstellung. Fertigungs- und Beschaffungslose verringern sich, die Anzahl der Maschinen steigt, die Produktionsprozesse wechseln häufiger, die Investitionen in Informations- und Fertigungstechnologien wachsen. Dies ist nur mit einer Modularisierung der Produkte, flexiblen Fertigungskonzepten, einer modernen IT-Infrastruktur und einer hohen Automatisierung der Prozesse, vor allem auch in der Kommunikation, möglich. Wie diese Modularisierung und die technische Umsetzung aussieht, verdeutlicht z. B. das Auto smart: Die Farbe von Karosserieteilen kann hier individuell bestimmt werden.
Effekte abwägen
Den Zusatzkosten stehen Einsparungen entgegen. Da Produkte nicht auf Verdacht produziert werden, muss weniger Ware abgeschrieben, durch Sonderaktionen verkauft, hin und her versandt und gelagert werden.
Wichtiger ist jedoch der Produktmehrwert für die Nachfrage und damit für die Wettbewerbsposition des Herstellers. Individualisierte Produkte haben eine höhere Attraktivität und differenzieren sich so von Wettbewerbsprodukten: Kundenanforderungen werden besser erfüllt, der Kunde ist daher eher zu höheren Preisen und zum Wiederkauf bereit. Die Kundentreue steigt und Werbe- und Sonderaktionen eines Wettbewerbers bewegen den Kunden nicht zum Wechsel. Daraus ergeben sich Konstanz in der Nachfrage und höhere Planungssicherheit in Produktion und Beschaffung.
Der Mass Customization-Ansatz hat somit Konsequenzen in den Bereichen Marketing und Vertrieb, Entwicklung und Konstruktion, Produktion, Beschaffung, Logistik und Service. Die Herausforderungen bei der Realisierung dieses Ansatzes sind daher ein bereichsübergreifendes Denken und eine durchgängige Berücksichtigung der Konsequenzen und aller Interdependenzen in der Organisation, den Geschäftsprozessen, der IT-Infrastruktur, der Kommunikation sowie in den Beziehungen zu Kunden und Zulieferern. Letztlich wird damit Collaborative Commerce (C-Commerce) realisiert, d. h. die internetbasierte, vernetzte Zusammenarbeit aller Beteiligten einer Wertschöpfungskette – vom Rohstofflieferanten bis zum Kunden.
Konsequenzen in allen Bereichen
Grundbedingung für Mass Customization ist, dass die Flexibilität der Leistungserstellung bereits in der Entwicklung und Konstruktion der Produkte berücksichtigt wird, da das Produkt modularisiert ist.
Der kundenindividuelle Auftrag wird aus dem Vertriebs- in das Produktionssystem weiter gegeben. Dazu werden z. B. mit Produktkonfiguratoren über Internet die Individualisierungsparameter abgefragt. Mit dem Internet wird die Individualisierung auch für preiswerte Konsumgüter möglich, bei denen beispielsweise nur die Verpackung bestimmbar ist. Hintergrund ist, dass bei intelligenter Nutzerführung im Konfigurationsprozess keine Beratung notwendig ist, die die Kosten in die Höhe treiben würde. Individuelle Kundenbetreuung, -ansprache und Vertrieb erhalten somit eine höhere Relevanz.
Der Service muss ebenfalls die Individualität der eingesetzten Produkte kennen sowie die Wartung qualifiziert und im Extremfall mit individuell gefertigten Modulen durchführen. Dafür muss der begreichsübergreifende Zugriff auf alle relevanten Daten sowie die Auftragserteilung zur Produktion individueller Module möglich sein. Dies unterstützen integrierte Customer Relationship Management-Systeme (CRM-Systeme) mit Anwendungen für die Kundenbetreuung an allen Kundenkontaktpunkten, d. h. insbesondere in Marketing, Vertrieb und Service.
Module in der Produktion
Das CRM-System stellt die Individualität der Kundenaufträge sicher. Mass Customization bedeutet jedoch nicht, dass die Produkte vollständig kundenindividuell gefertigt werden. Dadurch würden die Kosten extrem steigen. Die Produktion erfolgt hingegen in Modulen, die kundenindividuell kombiniert werden, so dass nur einzelne Module auftragsabhängig produziert oder finalisiert werden. So kann der Zuschnitt eines Teils standardisiert, die Lackierung oder Färbung jedoch kundenindividuell erfolgen. In der Produktion wird für die einzelnen Module die Entscheidung zwischen Make-to-Order (auftragsabhängige Fertigung) und Make-to-Stock (auftragsunabhängige Fertigung) getroffen.
Damit wird die Stufe definiert, ab der kundenindividuell produziert wird. Diese ist abhängig von den jeweiligen Individualisierungseigenschaften der Produkte, der eingesetzten Fertigungstechnologie, den Beschaffungsoptionen und der Nachfrage. Der für die Stufenfestlegung wichtige Faktor der wirtschaftlichen Größe eines Fertigungsloses ist von den möglichen Fertigungstechnologien abhängig.
Module, die standardmäßig verwendet werden, werden weiterhin auftragsunabhängig produziert. Sie werden auf Vorrat gelagert, während die auftragsabhängigen Module zeitnah produziert werden. Die Produktion selbst erfolgt mit einem hohen Automatisierungsgrad und in hoher Interdependenz mit dem Vertrieb auf der einen und mit den Lieferanten auf der anderen Seite. Auch in der Logistik muss durchgängig die Individualität der Aufträge beachtet werden, sowohl in der Produktions- und Beschaffungslogistik als auch bei der Auslieferung.
Flexibilität in der Zulieferkette
Mass Customization setzt nicht die die Erhöhung der Fertigungstiefe des Herstellers voraus. Vielmehr werden die Zulieferer über Internet und EDI (Electronic Data Interchange) noch enger in den Wertschöpfungsprozess eingebunden. Gemeinsam werden Produktions- und Logistikmodelle bestimmt sowie Make-to-Order und Make-to-Stock-Entscheidungen für die Module des Zulieferers getroffen, um kurze Lieferzeiten der Endprodukte zu erreichen. Die effiziente Abstimmung entlang der Wertschöpfungskette ist nur mit einer integrierten Supply Chain Management-Lösung möglich, die sowohl die Planung der unternehmensübergreifenden Produktion als auch deren Steuerung leistet.
Die Herausforderung realisieren
Die hohe Interdependenz der Prozesse, Informationen und Unternehmensbereiche zeigt, dass die IT-Systeme die gesamte Wertschöpfungskette vom Kunden bis zum Zulieferer abdecken müssen. Hierzu muss eine C-Commerce-Lösung gefunden werden, die eine Integration der einzelnen Softwaremodule bei Durchgängigkeit der Unternehmensprozesse leistet. Verknüpft werden müssen insbesondere das Enterprise Resource Planning System (ERP), Customer Relationship Management und Supply Chain Management. In der Praxis erlauben Enterprise Application Integration-Ansätze sowie EDI- und Internet-Standards die technische Verknüpfung. Die Herstellung individualisierter Produkte ist also mit Hilfe moderner IT- und Fertigungstechnologien zu bewältigen. Mass Customization ist somit eine reale Chance für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
Bedeutung für den Mittelstand
Der Mittelstand ist auf der einen Seite selbst Anbieter von Mass Customization-Produkten. Auf der anderen Seite sind mittelständische Unternehmen in der Zulieferkette von Mass Customization-Herstellern zu finden. Ihr Vorteil ist der hohe Spezialisierungsgrad und die Flexibilität in Konstruktion und Entwicklung, Produktion und Logistik. Auch Zulieferer profitieren von der höheren Planungssicherheit. Es kommt zu einer hohen Abhängigkeit des Herstellers von den Zulieferern: Wenn die Integration eng ist und tadellos funktioniert, ist der Wechsel des Partners unwirtschaftlich und negativ für die Lieferfähigkeit, das Ansehen des Anbieters und somit für seine Wettbewerbsfähigkeit. Dies stärkt Mittelständler insbesondere in Industrieländern mit hohem Lohnniveau. Als Infrastruktur stehen am Markt spezielle Lösungen für den Mittelstand bereit.