Verwendung von Antioxidantien zur Behandlung von entzündlichen Hauterkrankungen
Die Erfindung betrifft die orale Verwendung von Antioxidantien zur Behandlung oder Prophylaxe von entzündlichen Hauterkrankungen. Unter entzündlichen Hauterkrankungen werden hier Erkrankungen wie atopische Dermatitis oder Neurodermits, Psoria- sis und Kontaktekzeme verstanden. Als Antioxidantien sollen insbesondere N-Acetylcystein, Ascorbinsäure, ß-Carotin und α- Tocopherol und deren Derivate genannt werden. Die Erfindung betrifft ferner die Verwendung einer Kombination von Antioxidantien zur Behandlung oder Prophylaxe von entzündlichen Hauterkrankungen.
Die Neurodermitis (atopische Dermatitis, atopisches Ekzem, endogenes Ekzem) ist in Deutschland eine der häufigsten chronisch rezidivierenden dermatologischen Erkrankungen. Etwa zwei bis vier Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Weitaus höher ist der Anteil derjenigen - Schätzungen reichen bis zu 30%-, die eine Prädisposition für diese physisch und psychisch meist stark belastende Hauterkrankung besitzen.
Bei der Neurodermitis handelt es sich um ein chronisches oder chronisch- rezidivierendes Ekzem, welches durch eine IgE - vermittelte Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp zusammen mit anderen immunbedingten und nicht-immunbedingten Faktoren (v.a. psycho- und neurovegetative Störungen) verursacht wird. Die Disposition wird wahrscheinlich polygen vererbt. Schon im frühen Kindesalter beginnt die Krankheit mit Juckreiz, Rötungen, Schuppung, Nässen und Krustenbildung. Die Haut ist insgesamt durch eine Unterfunktion der Talg- und Schweißdrüsen glanzlos und trocken, ihr Oberflächenrelief vergröbert (Lichenifikation) . Das Krankheitsbild wird durch psychische und Umweltfaktoren beeinflußt. Phasen der relativen Symptomfreiheit und akute Schübe wechseln sich ab. Je nach Schweregrad der Erkrankung können die symptomfreien Phasen auf ein Minimum sinken. Eine individuelle und vielschichtige Therapie ist notwendig, die Leiden zu lindern.
Bei Psoriasis, besser bekannt als Schuppenflechte, handelt es sich um eine entzündliche und schuppende Hauterkrankung, die pathologisch durch Hyperproliferation und anormale Differenzierung der Keratinozyten sowie durch erythematöse Herde charakterisiert ist. Die lokale Entzündung der Epidermis wird durch Aktivierung und Akkumulation inflammatorischer Mediatoren hervorgerufen. Als Primäreffloreszenz findet man meistens rote Flecke, die mit silbrig weißen Schuppen bedeckt sind. Entfernt man die Schuppen, beobachtete man punktförmige Blutungen. Heutzutage sind etwa 2% der weißhäutigen Bevölkerung in den westlichen Ländern davon betroffen.
Das Kontaktekzem tritt in mehreren Formen auf: a) toxisches Kontaktekzem
b) kumulativ-subtoxisches Kontaktekzem c) allergisches Kontaktekzem
Beim toxischen Kontaktekzem treten Schädigungen der Hautbarriere durch andauernden oder wiederholten Kontakt mit Säuren, Basen, Mineralölen, organischen Lösungsmitteln, etc. auf.
Das kumulativ-subtoxische Kontaktekzem zeichnet sich durch Hautschädigungen mit Fissur- und Rhagadenbildung aus. Die Austrocknung der Haut, besonders durch Wasser, erleichtert Hapte- nen die Permeation und Vollantigenbildung und begünstigt eine Kontaktallergie. Diese Form des Kontaktekzems kommt hauptsächlich bei Friseuren, Bäckern, Pflegepersonal und Hausfrauen vor.
Beim allergisches Kontaktekzem entsteht durch den Kontakt mit einem Hapten oder Allergen eine Überempfindlichkeit. Nach der Sensibilisierungsphase (mind. 5 Tage) führt erneuter Kontakt zu Erythemen, Ödemen, Papulosvesikeln und nässenden Erosionen mit einem Maximum meist nach 24-72 Stunden.
Zur Behandlung oben genannter entzündlicher Hauterkrankungen werden neben feuchten Umschlägen üblicherweise topische Korti- koide zur lokalen Entzündungshemmung eingesetzt. In schweren Exazerbationsphasen mit stark entzündlichen, großflächigen Ekzemen muß auf die ausschließlich systemische Gabe zurückgegriffen oder eine Kombination aus systemischer und topischer Applikation angewandt werden.
Die Nachteile dieser Behandlung liegen hauptsächlich im hohen Nebenwirkungspotential der eingesetzten Wirkstoffe. Die wiederholte lokale Anwendung bei pathologisch veränderter Haut
sowie die großflächige topische und systemische Anwendung von Kortikoiden ist mit einer beträchlichen Anzahl an Nebenwirkungen, die das ganze System betreffen, verbunden. Es treten Hautstreifen (Striae rubrae), Dünnwerden der Haut (Atrophie), punktförmige Hautblutungen (Petechien), Blutergüsse (Ekchymo- sen), Steroidakne, verzögerte Wundheilung, periorale Dermatitis und aber auch Überempfindlichkeitsreaktionen wie z.B. Ex- anthem im Hautbereich auf. Im Muskel- und Skelettbereich wurden Muskelschwäche (Atrophie), Osteoporose und aseptische Kno- chennekrosen am Kopf des Oberarm- und Oberschenkelknochens beobachtet. Die Funktionsfähigkeit der Augen kann durch eine Steigerung des Augeninnendruckes (Glaukom) und Linsentrübungen (Katarakt) beeinträchtigt werden. Auch das Auftreten von Depressionen, Gereiztheit, Euphorie, Antriebs- und Appetitsteigerung, Pseudotumor cerebri und die Manifestation einer latenten Epilepsie sind möglich. Die orale Einnahme kann desweiteren zu Magenbeschwerden, Magengeschwüren und Bauchspeicheldrüsenentzündungen führen. Der Einfluß auf den gesamten Stoffwechsel wird durch potentielle Nebenwirkungen wie Vollmondgesicht, Stammfettsucht, einen erhöhten Blutzuckerspiegel, Diabetes mellitus, Wasseransammlung im Gewebe, vermehrte Kaliumausscheidung, Inaktivierung bzw. Schwund der Nebennierenrinde, Wachstumsverzögerungen bei Kindern und Störungen der Sexualhormonsekretion verdeutlicht. Ebenso gibt es Berichte über einen Anstieg des Blutdruckes, eine Erhöhung des Arte- riosklerose- und Thromboserisikos, Gefäßentzündungen, Blutbildveränderungen und eine Behinderung der Immunvorgänge.
Aufgrund des hohen Nebenwirkungspotentials ist eine Langzeittherapie oder prophylaktische Behandlung im allgemeinen nicht zu verantworten.
Ein weiterer Nachteil der Anwendung von Kortikoiden ist die geringe Patientenakzeptanz gegenüber Kortikoiden, die sowohl für die topische als auch für die orale Behandlung gegeben ist.
Zur Linderung des Juckreizes können noch zusätzlich Antihista- minika verabreicht werden, die teilweise aber durch ihre sedative Wirkung zu einer Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens führen.
Antiseptika und Immunsuppressiva werden ebenso in bestimmten Fällen angewandt. Andere Behandlungsmaßnahmen stellen noch eine spezielle Hautpflege mit fettreichen, harnstoffhaltigen Präparaten, eine selektive Diät und die Klimatherapie dar.
All diese alternativen und ergänzenden Behandlungsmethoden sind ungeeignet für akute Krankheitsschübe, schwere Erkrankungen und aber auch wenig erfolgreich in der Langzeittherapie oder zur Prophylaxe.
Die topische Applikation unabhängig vom Wirkstoff ist zum Teil sehr aufwendig und stellt hohe Ansprüche an die Patienten-Com- pliance, besonders, wenn große Körperflächen betroffen sind und behandelt werden müssen.
Eine orale Therapie, die sowohl in der Prophylaxe, als auch bei akuten Krankheitsschüben und in der Langzeittherapie von entzündlichen Hauterkrankungen angewandt werden kann und die zudem keine unerwünschten Nebenwirkungen zeigt und eine hohe Patientenakzeptanz aufweist, ist bis heute nicht bekannt.
Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß bei der oraler Verabreichung von Antioxidantien in einer dem Krankheitsbild angepaßten Dosierung schon nach kurzer Zeit eine wesentliche Besserung bei entzündlichen Hauterkrankungen wie z.B. atopische Dermatitis, Psoriasis und Kontaktekzemen erreicht wird. Insbesondere wurde dies mit der oralen Gabe von N-Acetylcystein erreicht. Selbst in schweren Exazerbationsphasen konnte durch Verabreichung von N-Acetylcystein eine schnelle Linderung erzielt werden.
Es zeigte sich überraschenderweise auch, daß die prophylaktische orale Verabreichung von N- Acetylcystein oder von einer Kombination von N- Acetylcystein mit anderen Antioxidantien wie beispielsweise Ascorbinsäure, ß-Carotin, α-Tocopherol und deren Derivaten ein erneutes Ausbrechen der Erkrankung verhindern konnte bzw. zumindest in ihrem Ausmaß oder Schwere erheblich reduziert wurde.
Gemäß einer Ausführungsform betrifft die Erfindung die Verwendung einer Zusammensetzung bestehend aus oder enthaltend N- Acetylcystein oder ein Derivat davon zur Behandlung oder Prophylaxe von entzündlichen Hauterkrankungen.
Die erfindungsgemäße Verwendung kann dadurch gekennzeichnet sein, daß es sich bei den entzündlichen Hauterkrankungen um Neurodermitis, Psoriasis oder Kontaktekzeme handelt.
Ferner kann die erfindungsgemäße Verwendung dadurch gekennzeichnet sein, daß es sich um die orale Behandlung oder Prophylaxe von entzündlichen Hauterkrankungen handelt.
Ferner kann die erfindungsgemäße Verwendung dadurch gekennzeichnet sein, daß N-Acetylcystein oder ein Derivat davon Erwachsenen zur Behandlung in einer Menge von 100 bis 5000 und insbesondere 500 bis 3000 mg/Tag und Kindern zur Behandlung in einer Menge von 100 bis 3000 mg/Tag verabreicht wird, jeweils gegebenenfalls in Kombination mit 0,5 bis 2,5 g/Tag Ascorbin- säure und/oder 10 bis 100 mg/Tag ß-Carotin und/oder -Tocophe- rol in einer Menge, die 200 bis 1600 I.E. /Tag entspricht.
Ferner kann die erfindungsgemäße Verwendung dadurch gekennzeichnet sein, daß N-Acetylcystein oder ein Derivat davon Erwachsenen zur Prophylaxe in einer Menge von 100 bis 1500 und insbesondere 500 bis 1500 mg/Tag und Kindern zur Prophylaxe in einer Menge von 100 bis 500 mg/Tag verabreicht wird, jeweils gegebenenfalls in Kombination mit 0,5 bis 2,5 g/Tag Ascorbin- säure und/oder 10 bis 100 mg/Tag ß-Carotin und/oder -Tocophe- rol in einer Menge, die 200 bis 1600 I.E. /Tag entspricht.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform betrifft die Erfindung eine Zusammensetzung zur Behandlung oder Prophylaxe von entzündlichen Hauterkrankungen, wobei die Zusammensetzung N-Acetylcystein oder ein Derivat davon und mindestens ein weiteres Antioxidationsmittel enthält.
Die erfindungsgemäße Zusammensetzung kann dadurch gekennzeichnet sein, daß das weitere Antioxidationsmittel mindestens eine Verbindung, ausgewählt aus Ascorbinsäure, -Tocopherol und ß- Carotin oder Derivaten davon, ist.
Ferner kann die erfindungsgemäße Zusammensetzung dadurch gekennzeichnet sein, daß sie 100 bis 5000 mg N-Acetylcystein oder ein Derivat davon, und
0,5 bis 2,5 g Ascorbinsäure und/oder 10 bis 100 mg ß-Carotin und/oder
-Tocopherol in einer Menge enthält, die 200 bis 1600 I.E. /Tag entspricht.
Ferner kann die erfindungsgemäße Zusammensetzung dadurch gekennzeichnet sein, daß sie 500 bis 3000 mg N-Acetylcystein oder ein Derivat davon enthält.
Ferner kann die erfindungsgemäße Zusammensetzung die Form von Filmtabletten, Brausetabletten, Granulaten, Kapseln, Retardtabletten, Retardkapseln, Kautabletten, Säften oder Injektionen aufweisen.
Pharmazeutische Zubereitungen mit Gehalt an N-Acetylcystein für andere Indikationen als entzündliche Hauterkrankungen gehören zum Stand der Technik; vgl. beispielsweise Rote Liste.
Durch die Erfindung wird sowohl das Nebenwirkungspotential als auch die Patienten-Compliance im Vergleich zu den bisher bekannten Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert werden. Zum einen wird die Behandlung durch die orale Arzneistoff-Applikation wesentlich vereinfacht, was zu einer Erhöhung der Co pliance führt. Zum anderen haben zahlreiche klinische Studien in anderen medizinischen Bereichen ein Nebenwirkungspotential der in der Erfindung genannten Wirkstoffe gezeigt, das sich teilweise nicht vom Placebo-Niveau abhob. Jahrzehntelange therapeutische Erfahrungen mit N-Acetylcystein als Mykolytikum haben dies bestätigt und bewirkt, daß der Arzneistoff indika- tionsbezogen 1994 aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde.
Die pharmazeutische Zubereitung kann in Form verschiedener Darreichungsformen verwendet werden:
• als Filmtablette
• als Brausetablette
• als Granulat
• als Kapsel
• als Retardtablette
• als Retardkapsel
• als Kautablette
• als Saft
• als Injektion
Die aufgeführten Darreichungsformen können entsprechend den üblichen Herstellungsmethoden produziert werden.
Der Gehalt an N-Acetylcystein in allen aufgeführten Darreichungsformen der Erfindung liegt zwischen 100 - 5000 mg, insbesondere zwischen 500 - 3000 mg. Je nach Wirkstoffgehalt der Darreichungsform und Krankheitsbild erfolgt eine einmalige oder mehrmalige Einnahme pro Tag, wobei die bevorzugte Tagesdosis bei Kindern bei max. 3000 mg und bei Erwachsenen bei max. 5000 mg liegt. Zur Prophylaxe wird bei Erwachsenen eine Gabe von 500-1500 mg/Tag, bei Kindern von 100-500 mg/Tag verabreicht .
Alle angegebenen Darreichungsformen gelten auch für die Kombination von N-Acetylcystein mit anderen Antioxidantien.
In Kombinationspräparaten sollte der Gehalt der zum N-Acetylcystein beigefügten Antioxidantien folgende Werte aufweisen: Ascorbinsäure: 0,5 bis 2,5 g/Tag α-Tocopherol: 200 bis 1600 I.E. /Tag ß-Carotin: 10 bis 100 mg/Tag
Durch die Kombination mehrerer Antioxidantien erfolgt ein synergistischer antioxidativer Effekt. Alle aufgeführten Antioxidantien wirken über unterschiedliche Mechanismen und weisen unterschiedliche Lipophilie bzw. Wirkorte auf und können somit gegen die an unterschiedlichen Stellen angreifenden aggressiven Oxidantien wirken. Dadurch ergänzen sich die Wirkstoffe und bieten sowohl extrazellulär als auch in der Membran und zytoplasmatischen Schutz. Die Kombination mit Ascorbinsäure
(Vitamin C), ß-Carotin oder α-Tocopherol (Vitamin E) hat zudem ein hohe Patientenakzeptanz, da diese Stoffe zur Vorbeugung gegen verschiedene Krankheiten sehr nützlich sind.
Die Vorteile dieser Erfindung werden durch das folgende Beispiel verdeutlicht:
Beispiel 1:
Einer Gruppe von 6 Patienten, die an Neurodermitis mit akuten Exazerbationen bzw. chronischem Verlauf litten, wurden handelsübliche Tabletten mit Gehalt an N-Acetylcystein in einer Dosierung von 600 mg/Tag während einer Dauer von 10 Tagen verabreicht. Es konnte bereits nach wenigen Tagen eine deutliche Besserung der teils erheblichen Hautbeschwerden beobachtet werden. Nach den üblichen Erfahrungen wären vergleichbare Be-
handlungserfolge nur unter Einsatz hochpotenter Glukokorti- koide und fettfeuchter Verbände über mehrere Tage realisierbar gewesen.