1- (2 '-Hydroxy- und 2 '-Sulfatoalkyl)glykoside
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft neue in der Alkylseitenkette funktionalisierte 1-Alkylglykoside, deren Herstellung und deren Verwendung als Tenside oder Emulgatoren in Wasch-, Reinigungs¬ oder Körperpflegemitteln.
Aus dem Tensid- und Emulgatoren-Sektor sind in den letzten Jahren in zunehmendem Maße meist nichtionische oberflächenaktive Sub¬ stanzen auf der Basis nachwachsender Rohstoffe in den Vordergrund getreten. Derartige Stoffe haben in der Regel eine gute biolo- gische Abbaubarkeit, eine geringe Toxizität und somit eine gute Umweltverträglichkei .
Eine wichtige Gruppe solcher nichtionischer Tenside stellen Alkylglykoside dar, bei denen der langkettige hydrophobe Alkyl- rest direkt an den hydrophilen Kohlenhydratteil des Moleküls in der 1-Position mittels einer acetalischen Bindung angeknüpft ist. Solche Produkte erfüllen die in sie gesetzten Erwartungen zwar schon weitgehend, erweisen sich aber in einigen Eigenschaften wie dem Schaum- und Netzvermögen, der Grenz- oder Oberflächenspannung oder dem Fettablösevermögen als noch verbesserungsbedürftig.
Aus der Literaturstelle Che . Ber. 101, 3721-3723 (1968) ist ein Verfahren zur Herstellung von 0- (2-hydroxyalkylierten) Glucose- derivaten durch Umsetzung von mit Isopropyliden-Schutzgruppen versehener Glucose mit Alkyl-l,2-epoxiden und anschließender
Abspaltung der Schutzgruppen bekannt. Die Stellung des auf diese Weise in das Glucose-Molekül eingeführten Alkylrestes ist gemäß Aussage dieser Literaturstelle unbekannt. Die Herstellung dieser O-alkylierten Glucosederivate interessierte insbesondere im Hin- blick auf ihre Grenzflächenaktivität und ihre biologische Abbau¬ barkeit. Über mögliche konkrete Anwendungen dieser Verbindungen ist nichts erwähnt.
Der vorliegenden Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, nicht- ionische Tenside bzw. Emulgatoren auf der Basis nachwachsender Rohstoffe bereitzustellen, die die oben geschilderten Mängel nicht mehr aufweisen.
Demgemäß wurden 1- (2' -Hydroxy- und 2 '-SulfatoalkyDglykoside der allgemeinen Formel I
X
:D
Gly CH CH-
gefunden, in der
X für eine Hydroxyl- oder eine Sulfatogruppe der Formel OS03M steht, wobei
M Wasserstoff, ein Alkalimetall- oder ein Ammoniumkation, welches durch organische Reste substituiert sein kann, bezeichnet,
R einen Cζ- bis C30-Alkyl- oder -Alkylenrest bedeutet und
Gly den Rest eines in der 1-Position durch die oben bezeichnete Gruppierung acetalisierten Monosaccharids bezeichnet.
Die Variable M bezeichnet neben Wasserstoff ein Alkalimetall¬ oder gegebenenfalls substituiertes Ammoniumkation. Als derartige Schwefelsäurehalbestersalze eignen sich vor allem die Lithium-, Kalium- und insbesondere Natriumsalze, daneben auch die unsub- stituierten Ammoniumsalze sowie organische Aminsalze mit einem tertiären Stickstoffatom. Als derartigen organischen Aminsalzen zugrundeliegende Basen kommen insbesondere tertiäre Amine wie Trialkylamine mit 1 bis 4 C-Atomen im Alkyl, z.B. Trimethyl- und Triethylamin, und Trialkanolamine mit 2 oder 3 C-Atomen im Alkanolrest, bevorzugt Triethanolamin, Tri-n-propanolamin oder Triisopropanolamin, in Betracht.
Der langkettige Rest R steht für verzweigtes oder vorzugsweise lineares Alkyl oder Alkenyl mit insbesondere 8 bis 20 C-Atomen, vor allem 9 bis 16 C-Atomen. Bei einer Kettenlänge von 10 bis
14 C-Atomen für R wird ein Optimum in den Anwendungseigenschaften erreicht, da hierbei offenbar das optimale Verhältnis zwischen hydrophoben und hydrophilen Molekülteilen vorliegt.
Als Beispiel für lineare Reste R seien die folgenden Alkyl- bzw. Alkenylgruppen aufgeführt:
n-Hexyl, n-Heptyl, n-Octyl, n-Nonyl, n-Decyl, n-Undecyl-, n-Dodecyl, n-Tridecyl, n-Tetradecyl, n-Pentadecyl, n-Hexadecyl, n-Heptadecyl, n-Octadecyl, Eicosyl, Hexadec-7-enyl, Hexadeca- 7,10-dienyl und Hexadeca-7,10, 13-trienyl.
Es können auch Gemische verschiedener Reste R auftreten, bei¬ spielsweise Gemische aus n-Decyl und n-Dodecyl oder n-Dodecyl und n-Tetradecyl.
Der Monosaccharidrest Gly ist aus üblichen Pentosen oder Hexosen aufgebaut. Als derartige Kohlenhydrate Gly-H dienen vorzugsweise Aldopentosen wie Ribose, Arabinose, Xylose und Lyxose, Aldo- hexosen wie Allose, Altrose, Glucose, Mannose, Gulose, Idose, Galactose und Talose sowie Ketohexosen wie Fructose. Bevorzugt werden hiervon Mannose, Glucose, Galactose und Fructose. Besonders bevorzugt wird Glucose.
Eingesetzt werden normalerweise die in der Natur vorkommenden Kohlenhydrate der D-Reihe, es können aber auch Vertreter der L-Reihe verwendet werden.
Die Verknüpfung der Kohlenhydrat-Komponenten mit der bezeichneten Seitenkette geschieht durch eine acetalische Bindung am anomeren C-Atom, d.h. am 1-C-Atom, wobei sowohl α- als auch ß-Anomere vor- liegen können.
Die Glykoside I werden in vorteilhafter Weise dadurch herge¬ stellt, daß man die zugrundeliegenden Monosaccharide Gly-H mit einem cyclischen Sulfat der allgemeinen Formel II
0 0 s
:ID
I I
CH2 CH•
in Gegenwart einer Base umsetzt und die gebildeten 1- (2'-Sulfato- alkyl)glykoside gewünschtenfalls zu dem 1- (2 '-Hydroxyalkyl)- Glykosiden hydrolysiert.
Die cyclischen Sulfate II sind bekannt und durch einfache Synthesen ausgehend vom entsprechenden Olefin CH2=CH-R leicht erhäl lich.
Als Basen eignen sich in erster Linie starke Basen wie vor allem Hydride, z.B. Natriumhydrid, Natriumborhydrid oder Lithium¬ aluminiumhydrid, daneben aber auch salzartige Amide, z.B. Lithiumdiisopropylamid, Alkoholate, z.B. Kalium-tert.-butylat, Natriumisopropylat, Natriummethylat oder Natriumethylat, Lithium- organyle, z.B. Alkyllithium-Verbindungen wie n-Butyllithium oder Methyllithium, oder Alkalimetallhydroxide, z.B. Natriumhydroxid,
Kaliumhydroxid oder Lithiumhydroxid. Es können auch Mischungen der genannten Basen eingesetzt werden.
In einer bevorzugten Ausführungsform arbeitet man in einem 5 (gegenüber dem cyclischen Sulfat II) inerten, basenstabilen, polaren organischen Lösungsmittel oder einer Mischung solcher Lösungsmittel. Hierfür eignen sich in besonderem Maße Carbon- säureamide wie 1,3-Dimethyl-3,4,5, 6-tetrahydro-2 (1H) -pyrimidinon (DMPU) , N,N-Dimethylformamid (DMF) , N,N-Diethylformamid, 10 N,N-Dimethylacetamid, N,N-Diethylacetamid oder N-Methylpyrrolidon (NMP) . Diese Lösungsmittel werden zweckmäßigerweise in möglichst wasserfreier Form verwendet.
Man setzt das cyclische Sulfat II als Alkylierungsmittel 15 üblicherweise im äquimolaren oder annähernd äquimolaren Verhältnis zum Monosaccharid Gly-H ein oder benutzt einen geringen bis mäßigen Überschuß, etwa bis 1,5 mol, insbesondere 1,35 mol II pro Mol Gly-H. Die Base wird ebenfalls in äquimolarer oder annähernd äquimolarer Menge oder im Überschuß, etwa bis 20 1,5 mol, insbesondere 1,25 mol Base pro Mol Gly-H, eingesetzt.
Die Reaktion wird in der Regel bei Normaldruck und bei Raum¬ temperatur, d.h. etwa bei 15 bis 30°C, durchgeführt, man kann aber auch bei schwach erhöhter Temperatur arbeiten, etwa bei 30 bis 25 60°C, um die Umsetzung zu beschleunigen. Arbeitet man bei Raum¬ temperatur, ist die Umsetzung normalerweise nach 5 bis 12 Stunden beendet.
Die Aufarbeitung geschieht in *der Regel durch Zerstörung über- 30 schüssiger Base, beispielsweise durch Zugabe einer protonen¬ aktiven Verbindung, z.B. eines Alkohols, und Isolierung des Produktes I durch Abdestillieren des Lösungsmittels und gegebe¬ nenfalls chromatographisch Reinigung.
35 Will man das 1- (2 '-HydroxyalkyDglykosid I erhalten, wird das nach dem beschriebenen Verfahren hergestellte 1- (2'-Sulfato- alkyDglykosid I noch nach üblichen Methoden, beispielsweise durch Behandeln mit katalytischen Mengen einer Mineralsäure wie Schwefelsäure oder äquimolaren Mengen eines Alkalimetallhydroxids
40 in einem geeigneten Medium wie einem Alkohol, Wasser, Dioxan, Tetrahydrofuran oder einer Mischung hieraus, hydrolysiert und gewünschtenfalls ähnlich wie in der Vorstufe gereinigt.
Die erfindungsgemäßen 1- (2'-Hydroxy- und 2 '-Sulfatoalkyl)gly o- 45 side I finden Verwendung als oberflächenaktive Substanzen, d.h. als nichtionische bzw. anionische Tenside, in Wasch- und Reini¬ gungsmitteln, beispielsweise für Reinigungsprozesse in Technik
und Haushalt wie für die Textilwäsche oder für Reinigungsprozesse im Nahrungsmittelbereich wie die Reinigung von Getränkeflaschen oder in Handgeschirrspülmitteln. Weiterhin dienen sie in Körper¬ pflegemitteln wie Hautcremes, Lotionen, Gelen, Hautölen oder Haarshampoos als Emulgatoren.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind ebenfalls Wasch-, Reinigungs- und Körperpflegemittel, welche 0,5 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 30 Gew.-% eines solchen Glykosides I oder einer Mischung solcher Glykoside I enthalten. Die üblichen
Bestandteile und Zusammensetzung von Wasch- und Reinigungsmitteln sowie von Körperpflegemitteln sind dem Fachmann bekannt und brauchen deshalb hier nicht weiter erörtert zu werden.
Die erfindungsgemäßen Glykoside I mit X=OS03M sind anionische Tenside bzw. Emulgatoren, die meist eine wirksame Erniedrigung der Oberflächenspannung bewirken, eine sehr niedrige kritische Micellbildungskonzentration haben und ein starkes Schaumvermögen aufweisen.
Die erfindungsgemäßen Glykoside I mit X=OH sind nichtionische Tenside bzw. Emulgatoren, die meist eine ungewöhnlich niedrige Grenzflächenspannung, vor allem gegen etherische Öle (bei An¬ wendungen in der Kosmetik als Solubilisator) , unpolare Öle wie Motorenöle (bei Anwendungen in technischen Reinigern) oder fette Öle wie Olivenöl (bei Anwendung in Handgeschirreinigungsmitteln) aufweisen, was sehr gut mit einem hohen Fettablösevermögen korreliert, und eine wirksame Erniedrigung der Oberflächen¬ spannung bewirken sowie eine sehr niedrige kritische Micellbil- dungskonzentration haben. Sie zeigen ein gutes Benetzungsvermögen harter Oberflächen wie Glas, Metall, Keramik oder Kunststoff, was sie für entsprechende Reinigungsmittel geeignet macht. Außerdem beobachtet man bei ihnen eine bei Alkylglykosiden bislang nicht bekannte verdickende Wirkung ohne Salzbedarf, was sie insbe- sondere für den kosmetischen Bereich interessant macht. Sie sind weiterhin in Wasser deutlich besser löslich als nicht funktiona- lisierte Monoalkylglykoside von Monosacchariden mit gleicher Alkyl-Kettenlänge. Sie weisen in der Regel ein sehr gutes Netz¬ vermögen, insbesondere auf textilen Oberflächen, auf und erzeugen beim Waschvorgang meist sehr wenig Schaum, was sie für Textil- waschmittel, insbesondere Pulverwaschmittel, geeignet macht.
Da in der Regel Wasch-, Reinigungs- und Körperpflegemittel Gemische von nichtionischen und anionischen und gegebenenfalls weiteren oberflächenaktiven Substanzen enthalten, sind die beiden
erfindungsgemäßen Glykosidtypen I wertvolle Bausteine zur Ein¬ stellung eines bestimmten Eigenschaftsprofils bei diesen Mitteln.
Die erfindungsgemäßen Glykoside I basieren auf reinen Mono- sacchariden und weisen somit die bekannten Probleme, die bei Alkylpolyglykosiden bei der Herstellung und Anwendung bzgl. Reinheit, Farbe oder Reproduzierbarkeit der Zusammensetzung auftreten, nicht auf.
Die erfindungsgemäßen Glykoside I sind biologisch abbaubar, nichttoxisch und haben somit eine gute Umweltverträglichkeit.
Beispiele
Allgemeine Arbeitsvorschrift zur anomeren O-Alkylierung mit cyclischen Sulfaten II
180 mg (1 mmol) Glucose und 1,8 mmol Alkylierungsmittel II gemäß Tabelle wurden in 10 ml 1,3-Dimethyl-3,4,5,6-tetrahydro-2 (1H)- pyrimidinon (DMPU) gelöst. Nach Zugabe von 28,5 mg (1,2 mmol) Natriumhydrid wurde 8 h bei 20°C gerührt. Das überschüssige Natriumhydrid wurde danach durch wenige Tropfen Methanol vernich¬ tet. Es wurde nochmals 1 h gerührt und dann die Reaktionslösung im Kugelrohrofen (0,05 mbar, 100°C) eingeengt. Der Rückstand wurde über eine RPis-Flash-Säule chromatographiert.
Allgemeine Arbeitsvorschrift zur Sulfatabspaltung
1 mmol des jeweils erhaltenen Schwefelsäurehalbester-Natrium- salzes wurde in 30 ml Dioxan suspendiert und mit 25 μl Schwefel¬ säure (0,1 mol/1) versetzt. Nach 4 h Rühren bei 20°C wurde die Reaktionslösung mit gesättigter Natriumhydrogencarbonatlösung neutralisiert und im Vakuum eingeengt. Der Rückstand wurde über eine kurze RPie-Flash-Säule chromatographiert.
Die Tabelle zeigt die eingesetzten cyclischen Sulfate II, die Ausbeuten an Umsetzungsprodukten sowie als Eigenschaften der Produkte das Anomeren-Verhältnis α:ß, die kritische Micellbil- dungskonzentration (CMC) und die Oberflächenspannung σ.
Tabelle
Bsp. e
Nr. Produkt Ausbeut α:ß CMC σ [%] [mmol/1] [mN/m]
1- (2'-Sulfatoalkyl)glucosid
1 R = n-Decyl 72 1:3 8,0 38,8
2 R = n-Dodecyl 72 1:3 2,7 37,3
3 R = n-Tetradecyl 65 1:3 0,6 43,0
1- (2'-Hydroxyalkyl)glucosid
4 R = n-Decyl 82 1:3 0,17 28,2
5 R = n-Dodecyl 84 1:3 0,02 28,0
6 R = n-Tetradecyl 84 1:3 - 1) 27, 82)
λ ) nicht gemessen
2) bei 40°C (0,2 g/1) gemessen; die übrigen CMC-Werte wurden bei 25°C (Konstanz) bestimmt
Die Oberflächenspannung σ wurde gemäß DIN 53 914 ermittelt.