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Verfahren zur getrennten Gewinnung von Blausäure und Ammoniak aus
Gasen und Dämpfen Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur getrennten Gewinnung
von Blausäure und Ammoniak aus Gasen und Dämpfen, in denen diese Stoffe in freier
bzw. gebundener Form, gewöhnlich zusammen mit Kohlensäure, enthalten sind. Es ist
bekannt, aus solchen Gasen und Dämpfen das Ammoniak mit Wasser oder einer anderen
Ammoniak absorbierenden Flüssigkeit in Gegenwart von Kohlensäure auszuwaschen. Es
ist weiter bekannt, daß die Kohlensäure das Lösungsvermögen der Waschflüssigkeit
für Blausäure herabsetzt. Trotzdem nimmt die Waschflüssigkeit beträchtliche Mengen
an Blausäure auf, auch wenn nach einem weiterhin bekannten Vorschlage die Wäsche
der Gase und Dämpfe bei erhöhter Temperatur von etwa qo bis 6o° erfolgt. Bei diesen
und erstrecht bei noch höheren Temperaturen im Wascher verbleibt aber wegen des
verhältnismäßig hohen Dampfdrucks ein beträchtlicher Teil des Ammoniaks in den auszuwaschenden
Gasen bzw. Dämpfen. Ein weiterer Nachteil des bekannten Verfahrens besteht darin,
daß sich beim Auswaschen unter erhöhten Temperaturen gewisse Blausäureverbindungen
bzw. Polymerisationsprodukte bilden, die sich auf den Füllkörpern oder Einbauten
des Waschers niederschlagen. Abgesehen von der hierdurch verursachten Verschmutzung,
die ein häufiges Reinigen des Waschers erforderlich macht, geht der in diesen Niederschlägen
enthaltene Blausäureanteil verloren. Das gleiche gilt von der in der ablaufenden
Waschflüssigkeit gelösten Blausäure, da deren getrennte Gewinnung beim Aufarbeiten
der Waschflüssigkeit im allgemeinen aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist.
Alle
diese Nachteile mit Sicherheit zu vermeiden, ist das Ziel der vorliegenden Erfindung.
Sie beruht auf der Erkenntnis, daß die Waschflüssigkeit in Gegenwart einer genügend
großen Kohlensäuremenge, die ein Lösen der Blausäure in der Flüssigkeit verhindert
oder wenigstens weitgehend herabsetzt, außer Kohlensäure praktisch nur das Ammoniak
absorbiert, wenn die Auswaschung bei niedriger Temperatur von vorzugsweise 2o bis
30° und kurzer Berührungszeit zwischen Gas und Flüssigkeit erfolgt. Erfindungsgemäß
wird nach Vornahme einer solchen Wäsche die ablaufende Flüssigkeit in einer Destillationskolonne
abgetrieben, wobei zunächst die gesamte absorbierte Blausäure und der Hauptteil
der Kohlensäure entweicht, zumal wenn man das Abtreiben der Blausäure durch weitere
Zufuhr von Kohlensäure und Anwendung von erhöhtem Druck fördert. Sodann bilden sich
Ammoniak-dämpfe, die den Rest der Kohlensäure enthalten, aus denen man durch Berieseln
mit Kalkmilch od. dgl, die Kohlensäure entfernen kann und so reine Ammoniakdämpfe
erhält, die in bekannter Weise aufzuarbeit=n sind. Die gewaschenen Gase, in denen
praktisch neben inerten Bestandteilen nur noch Blau-und Kohlensäure enthalten sind,
werden mit einem geeigneten Absorptionsmittel für Blausäure, beispielsweise einem
Ester, behandelt. Man erhält auf diese Weise eine konzentrierte Blausäurelösung,
die frei von anderen Verunreinigungen ist.
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Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, die gewaschenen Gase
bzw. Dämpfe zur Abscheidung etwa noch vorhandener Ammoniakreste einer zweistufigen
Nachwäsche zu unterziehen. Dabei arbeitet man zweckmäßig in der ersten Stufe bei
erhöhten Temperaturen zwischen 35 und 6o° mit einer im Kreislauf geführten Waschflüssigkeit
und anschließend in der zweiten Stufe bei niedrigen Temperaturen von vorzugsweise
25 bis 30° mit Frischwasser. Der Ablauf der letzten Stufe wird dabei der ersten
Stufe zugeführt und aus der kreisenden Waschflüssigkeit ein entsprechender Teilstrom
abgezweigt, der, gegebenenfalls nach vorhergehender Kühlung, als Waschflüssigkeit
für die Hauptwäsche dient. In dieser hält man vorteilhafterweise ebenfalls eine
genügende Menge an Waschflüssigkeit im Kreislauf und zieht laufend eine dem Zugang
an Flüssigkeit entsprechende Teilmenge aus dem Kreisstrom zur Destillationskolonne
ab. Durch Einschaltung von Wärmeaustauschern wird dafür gesorgt, daß die fühlbare
Wärme der verschiedenen Flüssigkeiten möglichst weitgehend zur Vorwärmung des Ablaufs
der Hauptwäsche und der Kreislaufflüssigkeit in der ersten Stufe der Nachwäsche
ausgenutzt wird. Zur Vermeidung von Blausäureverlusten in der Nachwäsche durch Lösen
mittels der Waschflüssigkeit ist auch in dieser die Gegenwart einer genügenden Kohlensäuremenge
erforderlich. Die beim Abtreiben des Ablaufes der Hauptwäsche anfallenden sauren
Schwaden führt man zweckmäßig in den Gasstrom, vorzugsweise vor Eintritt in die
Nachwäsche, zurück. Vor der Blausäureabsorption schaltet man vorteilhafterweise
in die Gasleitung einen indirekten Kühler ein, in dem der von den Gasen oder Dämpfen
mitgeführte Wasserballast möglichst weitgehend auskondensiert wird. Das anfallende
Kondensat kann als Waschflüssigkeit in die Nach- bzw. Hauptwäsche zurückgeführt
werden, vorzugsweise durch Zusatz zum Frischwasser in der letzten Stufe der Nachwäsche.
Falls die Ausscheidung der Blausäure mittels eines organischen Lösungsmittels, beispielsweise
eines Esters, oder eines festen Adsorbens, beispielsweise Aktivkohle, erfolgt, ist
es zweckmäßig, vor die Abscheidevorrichtung zur Entfernung des nach der Kondensation
im Gas verbliebenen Wasserdampfes eine Trocknungsanlage zu schalten. Nach der Blausäureabsorption
enthält das Endgas außer inerten Bestandteilen nur noch Kohlensäure. Es wird zweckmäßig,
gegebenenfalls nach Abzweigung des Überschusses, als Kohlensäureträger in der Haupt-
und Nachwäsche sowie in der Destillationskolonne verwandt.
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Weitere Einzelheiten der Erfindung seien bei der Beschreibung der
in der Zeichnung schematisch dargestellten Anlage zur getrennten Gewinnung von Ammoniak
und Blausäure aus Gasen oder Dämpfen näher erläutert.
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Durch eine Leitung z gelangt das Ammoniak, Blausäure und gewöhnlich
auch Kohlensäure enthaltende Rohgas in einen Wascher 2, dem durch eine Leitung 3
noch zusätzlich Kohlensäure an verschiedenen Stellen zugeführt wird. Im Wascher
2 kreist über Umgangsleitung 4. mit Pumpe 44 ständig eine gewisse Flüssigkeitsmenge,
die sich um den durch eine Leitung 16 zugeführten Ablauf der Nachwäsche 6 des Gases
vermehrt. Eine entsprechende, aus dem Kreislauf ständig abgezweigte Teilmenge strömt
durch eine Leitung 24 über einen Wärmeaustauscher 7 einer Destillationskolonne 8
zu. In dieser Kolonne, die ebenfalls an verschiedenen Stellen an die Kohlensäureleitung
3 angeschlossen ist, werden aus der Flüssigkeit zunächst die sauren Bestandteile
abgetrieben, die durch eine Leitung g in die vom Wascher 2 zum Nachwascher 6 führende
Gasleitung 5 gelangen. Die an die Kohlensäureleitung 3 angeschlossenen Stutzen 25
befinden sich unterhalb der Flüssigkeitszuleitung 24 und der am Kopf der Kolonne
8 angeordneten Schwadenleitung g. Aus dem Unterteil der Kolonne werden die beim
weiteren Abtreiben der Flüssigkeit anfallenden Ammoniakdämpfe, in denen der Rest
der Kohlensäure enthalten ist, durch eine Leitung io einem Wascher ii zugeführt,
in dem durch Berieseln mit Kalkmilch die mitgeführte Kohlensäure abgeschieden wird.
Die durch Leitung 12 aus dem Wascher ii entweichenden Dämpfe enthalten nur noch
Ammoniak und können in bekannter Weise aufgearbeitet werden. Die Ablaufleitung 13
der Destillationskolonne 8 führt über den Wärmeaustauscher 7 zum Vorfluter.
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In der ersten Stufe 6" des Nachwaschers 6, die zuerst von dem durch
Leitung 5 zugeführten Gas durchströmt wird, kreist über eine Umgangsleitung 15 mit
Pumpe 15" eine Waschflüssigkeit. Diese vermehrt sich ständig um die aus der zweiten
Stufe 6b ablaufende Flüssigkeit und wird dadurch in gleicher Menge aufrechterhalten,
daß eine dem Zugang entsprechende Teilmenge ständig durch Leitung 16 zur Umgangsleitung
4 des Hauptwaschers 2 abfließt. Die beiden Stufen 6" und 6b des Nachwaschers erhalten
die erforderliche Menge an Kohlensäure durch eine Zweigleitung 14 der Kohlensäureleitung
3.
Das im Wascher 6 von den Ammoniakresten befreite und außer inerten
Bestandteilen nur Kohlen-und Blausäure enthaltende Gas strömt durch eine Leitung
17 über einen indirekten Kühler 18 in einen Absorptionsturm 21. Hier wird die Blausäure
durch Berieselung mit einem geeigneten Absorptionsmittel abgeschieden und als stark
konzentrierte Blausäurelösung durch eine Leitung 26 abgeführt. Das hochkohlensäurehaltige
Endgas entweicht durch eine Leitung 27 in die Leitung 3, wobei etwa vorhandener
Überschuß durch eine Leitung 22 abgeleitet wird.
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Je nach dem Kohlensäuregehalt des Rohgases bzw. je nach der Arbeitsweise
der Entsäuerungskolonne 8 kann es unter Umständen notwendig sein, in das System
zusätzlich Kohlensäure einzuführen. Diese Zufuhr erfolgt denn ebenfalls über Leitung
22.
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Das zum Betrieb der zweiten Stufe 6b des Nachwaschers erforderliche
Frischwasser strömt durch eine Leitung 20 auf den Kopf dieser Waschstufe. In die
Frischwasserleitung mündet eine vom Kühler 18 kommende Kondensatleitung i9. Gegebenenfalls
kann das durch Leitung 2o zugeführte Frischwasser vorher durch die Kühhnittelleitung
23 des Kühlers 18 geschickt werden. Wichtig ist ein derartiger Betrieb dieses Kühlers,
daß in ihm möglichst der gesamte Wasserballast des durch Leitung 17 strömenden Gases
auskondensiert, damit man im Turm 21 eine möglichst konzentrierte Blausäurelösung
erhält. Wie bereits erwähnt, muß die durch Leitung 16 von der Waschstufe 6" ablaufende
Flüssigkeit vor Eintritt in den Hauptwascher 2 gegebenenfalls gekühlt werden, da
in der Stufe 6" eine wesentlich höhere Temperatur als im Hauptwascher herrscht.
Zweckmäßig schaltet man in Leitung 16 einen Wärmeaustauscher ein, der andererseits
an die Ablaufleitung 24 des Hauptwaschers 2 angeschlossen ist. Auf jeden Fall ist
dafür zu sorgen, daß das Rohgas im Hauptwascher 2 bei niedrigen Temperaturen von
vorzugsweise 2o bis 30° gewaschen wird, wobei man durch geeignete Ausbildung des
Waschers die Berührungszeit zwischen Gas und Flüssigkeit entsprechend gering hält
und zweckmäßig nur auf wenige Sekunden beschränkt.
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Das im Rohgas enthaltene Ammoniak wird im Wascher 2 so weitgehend
von der an Ammoncarbonat und -cyanid angereicherten Waschflüssigkeit aufgenommen,
daß nur noch geringe Reste zum Nachwascher 6 gelangen. Sie werden dort von der Waschflüssigkeit
völlig absorbiert und mit dieser in den Hauptwascher 2, d. h. in den Flüssigkeitskreislauf
dieses Waschers, zurückgeführt. Das gesamte im Rohgas enthaltene Ammoniak findet
sich also schließlich im Ablauf des Hauptwaschers 2 wieder und wird in der Destillationskolonne
8 praktisch vollkommen abgetrieben. Die geringen Mengen Ammoniak, die am Kopf der
Kolonne zusammen mit den sauren Schwaden entweichen, gelangen in die Hauptgasleitung
vor der Nachwäsche und werden ebenfalls in der Nachwäsche aus dem Gas ausgeschieden.
Nur bei ungenügendem Abtreiben der Flüssigkeit im Unterteil der Kolonne 8 können
Ammoniakspuren mit dem Ablauf der Kolonne durch Leitung 13 zum Vorfiuter gelangen.
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Von der im Rohgas enthaltenen Blausäure geht ein geringer Anteil im
Wascher 2 in die Waschflüssigkeit über und gelangt so in die Destillationskolonne
B. Beim Entsäuern dieser Flüssigkeit, wobei in Gegenwart einer genügenden Kohlensäuremenge
ein vollständiges Abtreiben der gelösten Blausäure erfolgt, entweicht also deren
Gesamtmenge durch Leitung g und gelangt in die Hauptgasleitung 5 zurück. Der im
Nachwascher 6 von der Waschflüssigkeit absorbierte geringe Blausäureanteil gelangt
mit dem Ablauf dieses Waschers wieder in den Kreislauf der Waschflüssigkeit des
Hauptwaschers 2 und mit dessen Ablauf zur Kolonne 8, wo er abgetrieben und anschließend
in die Hauptgasleitung 5 zurückgeführt wird. Da sonst keine Verlustquellen für Blausäure
vorhanden sind, enthält das durch Leitung 17 zum Absorptionsturm 21 strömende Gas
die gesamte vom Rohgas mitgeführte Blausäure, die anschließend im Turm 21 in Form
einer konzentrierten Lösung aus dem Gas abgeschieden wird. Das Verfahren nach der
Erfindung ermöglicht daher eine vollständige Trennung und gesonderte Gewinnung von
Blausäure und Ammoniak mit denkbar geringsten Verlusten.