DE19806431C1 - Neues Verfahren zur Identifikation und Charakterisierung von mRNA-Molekülen - Google Patents
Neues Verfahren zur Identifikation und Charakterisierung von mRNA-MolekülenInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur qualitativen und quantitativen Erfassung differentiell exprimierter mRNA-Moleküle. Diese Verfahren dienen insbesondere der Erfassung möglichst aller in einer Zelle oder in einem Gewebe vorliegenden mRNA-Moleküle sowie deren Vergleich mit anderen Zellen oder Geweben oder mit bestimmten Zuständen (Krankheits- oder Entwickungsstadien) oder Behandlungsphasen derselben. Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt somit z. B. die Erstellung eines umfassenden Abbildes der in einer definierten mRNA-Population vorliegenden verschiedenen mRNA-Moleküle sowie die anschließende Verwendung der hierbei erhaltenen, vorzugsweise digitalen Information im Rahmen von Datenbankanalysen.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur qualitativen und quantitativen Erfassung
differentiell exprimierter mRNA-Moleküle. Die der Erfindung zugrundeliegende Technik wird
nachfolgend kurz mit DEPD (Digital Expression Pattern Display) bezeichnet.
Das Genom höherer Organismen umfasst nach gegenwärtigen Schätzungen etwa 100.000
verschiedene Gene, von denen jedoch nur eine vergleichsweise kleine Anzahl in jeder Zelle
eines Organismus exprimiert und damit in Polypeptide und Proteine umgesetzt wird. Es wird
davon ausgegangen, dass weitgehend alle Prozesse und Stoffwechselleistungen im
Bereich der lebenden Materie davon abhängen, welche Gene zu welchem Zeitpunkt in
welchen Geweben an- bzw. abgeschaltet werden. So weisen zahlreiche Befunde darauf
hin, dass zelluläre Prozesse wie beispielsweise Homöostase, Reaktionen auf Allergien,
Regulation des Zellzyklus, Altern und das Eintreten von Zellen in den programmierten
Zelltod (Apoptose) auf der differentiellen Expression bestimmter Gene basieren oder hiermit
im Zusammenhang stehen. Sowohl der Verlauf einer normalen Entwicklung als auch die zu
Erkrankungen wie z. B. Krebs führenden pathologischen Erscheinungen beruhen im
wesentlichen auf Veränderungen in der Genexpression.
Dementsprechend besteht Bedarf an spezifischen Verfahren zur Erfassung unterschiedlich
bzw. differentiell exprimierter mRNA-Moleküle, um Unterschiede in der Genexpression im
Vergleich zu geeigneten Kontrollen zu identifizieren. Derartige Verfahren wären sowohl
diagnostisch als auch im Wege der Evaluierung therapeutischer Targets von grosser
Bedeutung.
Das erfindungsgemässe Verfahren dient insbesondere der Erfassung möglichst aller in
einer Zelle oder in einem Gewebe vorliegenden mRNA-Moleküle sowie deren Vergleich mit
anderen Zellen oder Geweben oder mit bestimmten Zuständen (Krankheits- oder
Entwicklungsstadien) oder Behandlungsphasen derselben, und zwar vorzugsweise sowohl
in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht. Das erfindungsgemässe Verfahren erlaubt
somit z. B. die Erstellung eines umfassenden Abbildes der in einer definierten mRNA-
Population vorliegenden verschiedenen mRNA-Moleküle sowie die anschliessende
Verwendung der hierbei erhaltenen, vorzugsweise digitalen Information im Rahmen von
Datenbankanalysen. Es ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft alle humanen
Gensequenzen in entsprechenden Datenbanken zur Verfügung stehen werden. Das
vorliegende Verfahren erlaubt deshalb die gesamtheitliche Erfassung und Charakteri
sierung von zellulären Vorgängen, die sich in spezifischen Expressionsmustern auf der
Ebene der mRNA-Populationen wiederspiegeln. Hierdurch können beispielsweise
Veränderungen im Expressionsmuster einzelner, an einem spezifischen Prozess beteiligter
Gene schnell und verlässlich identifiziert werden. Dadurch lassen sich auch neue
Substanzwirkziele für pharmazeutische Wirkstoffe definieren. Die erhaltenen Informationen
können auch eingesetzt werden, um über nachvollziehbare biochemische Signal- bzw.
Synthesewege den kausalen Zusammenhang zwischen bekannten Zielgenen und
Zielproteinen herzustellen.
Dem Fachmann auf dem betreffenden Gebiet ist die oben dargelegte Aufgabenstellung
bekannt. Im Stand der Technik sind zur Lösung der gestellten Aufgabe verschiedene Wege
beschritten worden.
Beispielsweise beschreiben P. Liang und A. B. Pardee ein Verfahren zur Tennung
individueller mRNAs mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) (P. Liang & A. B. Pardee
1992 Science 257, 967-971). Dieses Verfahren wurde angewendet, um die von zwei
verwandten Zelltypen exprimierten mRNA-Populationen zu vergleichen. Eine Auftrennung
der komplexen Mischung aus mRNA-Molekülen in Fraktionen, jeweils bestehend aus 50-
100 Genen der totalen Population, wurde erreicht durch: 1) reverse Transkription der mRNA
in einzelsträngige cDNA mit 12 sogenannten 3'-Anker-Primern der Form T11VN (wobei T11 =
elf aufeinanderfolgende T's, V = A, C, G; N = A, C, G, T); 2) PCR-Amplifikation jeder
einzelnen cDNA-Fraktion mit dem entsprechenden 3'-Ankerprimer und einem willkürlich
gewählten 10 Nukleotide umfassenden 5'-Oligomer in Gegenwart von radioaktiv markierten
Desoxyribonukleotiden. Die Produkte wurden auf Sequenziergelen aufgetrennt und es
wurden 50-100 Banden im Grössenbereich von 100-500 Nukleotiden beobachtet. Die
Banden resultierten aus der Amplifikation von cDNAs, die mit den 3'-Enden von mRNAs
korrespondieren, welche das Komplement des 3'-Ankerprimers sowie des willkürlich
gewählten 5'-Oligomers enthielten. Für jedes Primerpaar waren die Muster der aus beiden
cDNAs amplifizierten Banden ähnlich, wobei die Intensitäten von etwa 80% der Banden
nicht unterscheidbar waren. Bestimmte Banden traten in dem einen oder anderen PCR-
Ansatz stärker in Erscheinung, während einige lediglich in einem der beiden Ansätze
nachweisbar waren.
Wenn sämtliche der für Säugetiere erwarteten 50.000-100.000 verschiedenen mRNAs mit
den willkürlich gewählten 5'-Primern (abitrary primer) erfassbar wären, dann wäre eine
Anzahl von 80-95 solcher Oligonukleotide und ca. 1.000 PCRs notwendig, um mit hoher
Wahrscheinlichkeit etwa zwei Drittel dieser mRNAs zu detektieren. Aus zahlreichen
Untersuchungen der letzten Jahre hat sich gezeigt, dass das oben dargestellte Verfahren zu
einer hohen Rate (bis 90%) von falsch-positiven Signalen führt.
Die WO 95/13369 offenbart ein Verfahren (TOGA - TOtal Gene Expression Analysis) zur
gleichzeitigen Identifizierung differentiell exprimierter mRNAs und zur Messung deren
relativer Konzentrationen. Das Verfahren basiert auf der Erstellung doppelsträngiger cDNA
aus isolierter mRNA unter der Verwendung eines spezifischen Sets an Oligo(dT)-Primern.
Dabei wird eine Mischung aus 12 Ankerprimern mit der folgenden Struktur eingesetzt: von
5' beginnend folgt einem "Stuffer"- oder "Heel"-Fragment von 4-40 Basen eine
Erkennungssequenz für eine Restriktionsendonuklease (typischerweise Notl), 7-40 dT-
Nukleotide und schliesslich zwei "Ankerbasen" V, N am 3'-Ende des Primers. Dabei
bezeichnet V ein Desoxyribonukleotid der Gruppe dA, dC oder dG, während N die
Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT definiert. Die auf diese Weise erhaltene cDNA
wird anschliessend mit einem Restriktionsenzym, welches 4 Basen als Sequenz für die
Schnittstelle erkennt (z. B. Mspl), vollständig verdaut, mit Notl geschnitten und in einen
entsprechend behandelten Plasmid-Vektor kloniert. Die Orientierung des Inserts ist dabei
"antisense" relativ zu einem Vektor-kodierten, Bakteriophagen-spezifischen Promotor
(typischerweise T3). Die Ligationen werden in einen E.coli-Stamm transformiert, wodurch
cDNA-Banken generiert werden. Die Plasmid-DNA dieser cDNA-Bibliotheken wird isoliert
und mit Hilfe von Kombinations-Verdaus durch 6 unterschiedliche Restriktionsenzyme, die
von den oben verwendeten verschieden sind, linearisiert. Die linearisierte cDNA wird durch
die T3-Polymerase in cRNA übersetzt und anschliessend in 16 Sub-Fraktionen
einzelsträngiger cDNA transkribiert. Dabei wird eine thermostabile reverse Transkriptase bei
hoher Temperatur und je einer von 16 verschiedenen cRNA-Primern, dessen beiden 3'-
Nukleotide aus einer vollständigen Permutation der 4 möglichen Desoxyribonukleotide dA,
dC, dG und dT besteht, verwendet. Die Produkte der 16 cDNA-Fraktionen werden als
Template für PCR eingesetzt unter Verwendung eines 3'-Oligonukleotides, welches einer
Vektor-Sequenz nahe der Klonierungsstelle des Inserts entspricht, und einem 5'-Oligomer,
das einem der 16 cDNA-Synthese-Primer mit zusätzlich zwei 3'-Nukleotiden der
vollständigen Permutation der 4 möglichen Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT
entspricht. So werden bis zu 256 verschiedene Pools generiert, deren radioaktiv markierte
Banden (35S-dATP oder 32P-dCTP) auf Polyacrylamid-Gelen analysiert werden. Aufgrund
der erhaltenen Information über die Länge und Zusammensetzung der 8 identifizierten
Basen einer markierten Bande soll es theoretisch möglich sein, ohne Klonierungs- und
Sequenzierungsschritte auf die Identifikation des zugehörigen Gens in einer kompletten
Datenbank zu schliessen.
Die oben dargelegte Methodik wirft folgende Probleme im Zusammenhang mit der
erfindungsgemäss angestrebten hohen Spezifität, Selektivität und Reproduzierbarkeit auf:
- 1. potentieller Verlust von cDNA-Sequenzen durch Notl-Verdau;
- 2. potentieller Verlust von cDNA-Sequenzen durch Vektor-Ligation;
- 3. potentieller Verlust von cDNA-Sequenzen durch Transformation in E.coli und unterschiedliche Amplifikationsraten für verschiedene cDNA-Inserts;
- 4. Kontamination der PCR-Templates mit bakterieller genomischer DNA nach Plasmid- Amplifikation und Reinigung aus E.coli;
- 5. Kontamination der Templates für die T3-RNA-Polymerase-Reaktion mit Insert-freier Plasmid-DNA;
- 6. Verlust von cDNA-Inserts durch kombinierte Linearisierungs-Verdaus mit 6 unterschiedlichen Restriktionsendonukleasen;
- 7. Verlust von cDNA-Sequenzen durch cRNA-Synthese-Amplifikation;
- 8. Verlust von cDNA-Sequenzen durch die zweite cDNA-Synthese-Amplifikation;
- 9. Fragliche Spezifität der thermostabilen reversen Transkriptase für die permutierten Primer, die für die zweite cDNA-Synthese eingesetzt werden, da die Selektivität der reversen Transkriptase bei Basen-Misspaarung im allgemeinen ca. 10-1.000-fach (für AMV- RT) unterhalb der Selektivität der Taq-Polymerase liegt (L. V. Mendelman et al. 1990, J. Biol. Chem. 265, 2338-2346);
- 10. Fragliche Selektivität der Taq-Polymerase für die verwendeten permutierten 5'- Oligomere in der PCR unter den beschriebenen Bedingungen, da Basenmisspaarungen bei den eingesetzten Primern toleriert werden. Die korrekte Analyse der Informationen ist deshalb nicht gewährleistet.
M. Matz et al. beschreiben ein weiteres Verfahren (ODD - ordered differential display -
1997, Nucl. Acid. Res. 25, 2541-2542) zur Identifizierung differentiell exprimierter Gene,
welches auf der PCR-Amplifikation durch Adaptor-spezifische Oligonukleotide und dem
Effekt der PCR-Suppression beruht. Hierbei wird doppelsträngige cDNA unter Verwendung
eines Oligonukleotides der Struktur "Heel-dT(13)" erzeugt, wobei "Heel" eine Folge von 12
Basen darstellt. Die cDNA wird von einem Restriktionsenzym mit einer 4 Basen
umfassenden Erkennungssequenz (Rsal) vollständig verdaut und mit einem "Pseudo-
Doppelstrang-Adaptor" ligiert. Dieses Molekül besteht aus einem längeren (39 Basen) und
einem kürzeren (12 Basen komplementär zum 3'-Ende des längeren) Oligomer, welche
unter geeigneten Bedingungen gegeneinander hybridisiert werden. Die 5'-Enden der
Oligonukleotide sind dabei nicht phosphoryliert. Theoretisch ist so in einer 1. PCR die
spezifische Amplifikation der 3'-Enden der cDNA mit Hilfe des cDNA-Synthese-Primers und
eines Primers, der dem 5'-Ende des längeren Adaptor-Oligomers entspricht, bei hoher
Annealing-Temperatur in der PCR (65°C) möglich. Eine Auftrennung der komplexen cDNA
in unterschiedliche Fraktionen wird in einer 2. PCR erreicht. Dabei wird der cDNA-Synthese-
Primer mit zusätzlich zwei 3'-Nukleotiden der vollständigen Permutation aller vier
Desoxyribonukleotide dA, dc, dG und dT und ein Primer, welcher dem 3'-Ende des
längeren Adaptor-Oligomers mit zusätzlich zwei 3'-Nukleotiden der vollständigen
Permutation aller vier Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT entspricht, verwendet. Für
eine erhöhte Spezifität des Adaptor-Primers wurde eine artifizielle Misspaarung (Mismatch)
in das Oligonukleotid an der Position-4 relativ zum 3'-Ende des Primers eingeführt.
Die oben dargelegte Methodik wirft folgende Probleme im Zusammenhang mit der
erfindungsgemäss angestrebten hohen Spezifität, Selektivität und Reproduzierbarkeit auf:
- 1. Die Verwendung eines nicht-geankerten cDNA-Synthese-Primers erlaubt keine Garantie der Reproduzierbarkeit der gefundenen Fragmentlängen;
- 2. Die Amplifikation der 3'-Enden der cDNA unter Verwendung eines Oligomers der Struktur "Heel-dT (13)" bei hohen Annealing-Temperaturen in der PCR ist nicht reproduzierbar;
- 3. Die selektive Amplifikation der 3'-Enden der cDNA durch Verwendung eines "Pseudo- Doppelstrang-Adaptors" ist nicht gesichert;
- 4. Die erhöhte Spezifität in der 2. PCR für die permutierten 5'-Oligonukleotide durch die Einführung eines artifiziellen Mismatches ist unbefriedigend;
- 5. Die in der 2. PCR eingesetzten 3'-Oligomere enthalten keinen artifiziellen Mismatch und sind daher nicht ausreichend selektiv für die Primer-Permutation;
- 6. Durch die spezielle Anordnung der PCR ist die aus der Gel-Analyse erhaltene Information über die einzelnen DNA-Fragmente (Fragmentlänge und 6 bekannte Nukleotide) ohne zusätzliche Klonierungs- bzw. Sequenzierungschritte nicht ausreichend.
Y. Prashar und S. Weissman (1996, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 93, 659-663) beschreiben
ein Verfahren, bei welchem doppelsträngige cDNA mittels 12 Oligonukleotiden hergestellt
wird, die folgende Struktur aufweisen: von 5' beginnend folgt einer "Heel"-Struktur eine
Folge von 18 dT-Nukleotiden und zwei "Ankerbasen" V, N am 3'-Ende des Primers. Dabei
bezeichnet V ein Desoxyribonukleotid der Gruppe dA, dC oder dG, während N die
Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT definiert. Die cDNA-Synthese erfolgt bei einer
Temperatur von 50°C und soll eine Aufteilung der komplexen Mischung in 12
unterschiedliche Pools ermöglichen. Nach vollständigem Verdau der cDNA mit
verschiedenen Restriktionsendonukleasen, welche sechs Nukleotide als Sequenz für die
Schnittstelle erkennen, werden die entstandenen DNA-Fragmente mit einem Adaptor
versehen, welcher die Struktur eines Ypsilons aufweist. In der nachfolgenden PCR wird ein
3'-Primer verwendet, der an die "Heel"-Struktur der cDNA bindet. Als 5'-Primer wird ein
Oligonukleotid eingesetzt, dessen Bindungsstelle in der äusseren Region des Ypsilon-
Adaptors liegt und die erst entsteht, wenn in einer ersten Synthese der komplementäre
Strang zu dieser Region gebildet wird. Alle Fragmente, welche auf beiden Seiten einen
Ypsilon-Adaptor besitzen, können nicht amplifiziert werden.
Die von den Autoren behauptete Auftrennung der cDNA-Produkte in unterschiedliche
Fraktionen ist durch die verwendeten, am 3'-Ende permutierten cDNA-Synthese-Primer
nicht reproduzierbar. Zudem können durch die Verwendung der speziellen Adaptor-Struktur
keine permutierten PCR-5'-Primer eingesetzt werden.
Die WO 97/29211 beschreibt die Technik 'Restriction Display (RD-PCR)', bei welcher
doppelsträngige cDNA mittels 12 Oligonukleotiden hergestellt wird. Diese Primer weisen
folgende Struktur auf: von 5' beginnend folgen einer "Heel"-Struktur zwei Desoxynukleotide
der vollständigen Permutation aller vier Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT, eine
Folge von 17 dT-Nukleotiden und zwei "Ankerbasen" V, N am 3'-Ende des Primers. Dabei
bezeichnet V ein Desoxyribonukleotid der Gruppe dA, dC oder dG, während N die
Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT definiert. Nach vollständigem Verdau der cDNA
mit einem oder mehreren Restriktions-Endonukleasen wird ein Adaptor-Molekül an die
cDNA-Fragmente ligiert. In einer sich anschliessenden PCR wird ein 3'-Primer verwendet,
der selektiv an die "Heel"-Struktur der cDNA bindet und zusätzlich zwei 3'-Nukleotide V, N
am 3'-Ende des Primers besitzt. Dabei bezeichnet V ein Desoxyribonukleotid der Gruppe
dA, dC oder dG, während N die Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT definiert. Als 5'-
Primer wird ein der 3'-Sequenz des Adaptor-Primers entsprechendes Oligonukleotid
eingesetzt, welches zusätzlich ein 3'-Nukleotid oder zwei 3'-Nukleotide oder drei 3'-
Nukleotide der vollständigen Permutation aller vier Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT
aufweist. Die PCR wird dabei mit unterschiedlichen Permutations-Kombinationen derart
durchgeführt, dass in einer ersten PCR (oder in den ersten 10-25 PCR-Zyklen) 5'-Primer mit
nur einer Permutation und anschliessend in einer zweiten PCR (oder in den restlichen PCR-
Zyklen) 5'-Primer mit nur zwei oder drei Permutationen eingesetzt werden. Hierdurch soll
die Selektivität für die verschiedenen 5'-Primer-Permuationen deutlich erhöht werden.
Die oben dargelegte Methodik wirft folgende Probleme im Zusammenhang mit der
erfindungsgemäss angestrebten hohen Spezifität, Selektivität und Reproduzierbarkeit auf:
- 1. Die Verwendung von verschiedenen cDNA-Synthese-Primern mit 3'-Permutationen ist nicht selektiv und erlaubt daher keine Garantie der Reproduzierbarkeit der Methode;
- 2. Die Aufteilung des Amplifikationsschrittes in mehrere PCR-Runden mit 5'-Primern, welche eine unterschiedliche Anzahl an 3'-Permutationen aufweisen, ist allein für sich nicht Sequenz-selektiv genug, um die Technik z. B. in einer Datenbank-orientierten Gen- Expressions-Analyse einzusetzen.
Kato beschreibt ein Verfahren ('molecular indexing' - 1995, Nucl. Acids Res., Vol. 23, 3685-
90 und 1996, Nucl. Acids Res., Vol. 24, 394-95), das auf dem Verdau der doppelsträngigen
cDNA mit Restriktionsendonukleasen der Klasse IIS beruht. Diese generieren 5'-Überhänge
der cDNA von unbekannter Sequenz. Es werden dann 64 biotinylierte Adaptoren, deren
Nukleotide 2-4 (relativ zum 5'-Ende) ihrer 5'-Überhänge komplementär zu je einem 64-stel
des gesamten cDNA-Pools sind, mit DNA-Ligase aus E.coli ligiert. Das jeweilige 5'-
Nukleotid der Adaptoren-Überhänge bleibt undefiniert. Die dabei ligierten cDNA-Fragmente
werden über die Bindung an Streptavidin-gekoppelte magnetische Partikel gereinigt. In
einer sich anschliessenden PCR werden die Adaptor-ligierten 3'-Enden der cDNA unter
Verwendung eines Adaptor-Oligonukleotids und eines Oligo-(dT)-Oligomers, welches am 3'-
Ende um eines der drei Nukleotide dA, dC oder dG verlängert ist, bei geringer Annealing-
Temperatur amplifiziert. Die cDNA wird derart in 192 unterschiedliche Pools aufgetrennt.
Auch diese Methodik wirft folgende Probleme im Zusammenhang mit der erfindungsgemäss
angestrebten hohen Spezifität, Selektivität und Reproduzierbarkeit auf:
- 1. Die Ligation von Adaptoren mit vier Nukleotiden als 5'-Überhang ist ohne weitere Nachbehandlung nicht Permutations-spezifisch genug, um mit Sicherheit die ersten drei oder vier Basen des cDNA-Inserts bestimmen zu können;
- 2. Um eine möglichst hohe Ligationsspezifität zu erreichen, wird nur eine sehr geringe Menge an Adaptor-Molekül in die Ligation eingesetzt, was jedoch zu deutlich verringerter Ligations-Effizienz führt. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Sensitivität der gesamten Methode reduziert wird;
- 3. Die Aufteilung der cDNA in Pools unter Verwendung von geankerten Oligo-(dT)-Primern bei geringer Annealing-Temperatur in der PCR ist nicht erfolgreich durchführbar.
Aufgrund der geschilderten Nachteile der oben dargestellten Techniken des Standes der
Technik, insbesondere in Bezug auf die mangelnde oder nur geringe Reproduzierbarkeit
und Sequenz-Spezifität während der PCR-Amplifikation der 3'-Enden der cDNA, ergibt sich
die Notwendigkeit der Entwicklung und Etablierung eines Verfahrens, welches den
bekannten Verfahren bezüglich Spezifität, Selektivität, Sensitivität und verlässlicher
Reproduzierbarkeit sowie reduzierter Fehlerrate der erhaltenen Ergebnisse deutlich
überlegen ist. Diese Kriterien sind insbesondere dann erforderlich, wenn z. B. eine
Datenbank-gestützte Analyse zur differentiellen Gen-Expression mittels digitalem Display
durchgeführt werden soll.
Erfindungsgemäss wird daher ein Verfahren gemäss Hauptanspruch bereitgestellt.
Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemässen Verfahrens werden durch die
Gegenstände der Unteransprüche 2 bis 11 beansprucht.
Das erfindungsgemässe Verfahren DEPD wurde entwickelt, um die Fehlerrate bei der
Identifizierung einiger Nukleotide der cDNA-Fragmente, welche wiederum die Identifizierung
des kodierten Gens in einer geeigneten Datenbank zulassen, deutlich zu reduzieren.
Die verbesserte Leistungsfähigkeit des erfindungsgemässen Verfahrens ergibt sich aus der
Anwendung spezifischer Ligations-Techniken in geeigneter Kombination mit permutations
spezifischer Mismatch-PCR. Dabei wird nach selektiver Aufreinigung der 3'-Enden der
cDNAs an das 5'- und 3'-Ende der Fragmente ein Adaptor-Molekül ligiert. In der folgenden
PCR werden Primer eingesetzt, die vorzugsweise je zwei Basen als Permutation aufweisen.
Die Permutations-Spezifität der PCR-Primer kann bei hoher Annealing-Temperatur und
vorzugsweise bei gleichzeitiger Einführung von artifiziellen Template-Fehlpaarungen an
selektive Oligonukleotid-Stellen deutlich erhöht werden.
Durch die erfindungsgemässe Kombination mehrerer Einzelschritte, welche zur
Bestimmung von Nukleotid-Sequenzen mittels PCR eingesetzt werden, zeigt sich ein
Synergie-Effekt was die Spezifität der Technik betrifft. Es ergibt sich eine Art Kontroll-
Mechanismus für die einzelnen Prozeduren, da jeder Fehler, der z. B. in der Ligation erfolgt,
durch die selektive PCR mittels Mismatch-Primern korrigiert werden kann. Die
Permutations-Selektivität der PCR wurde durch die bevorzugte Einführung von definierten
Template-Fehlpaarungen deutlich gesteigert.
Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsform erhält man durch die Verwendung von
Permutations-Primern auf beiden Seiten des cDNA-Templates einen Fehler-korrigierenden
Effekt, da solche Amplifikations-Produkte, welche fäschlicherweise mittels eines Oligomers
in einer der ersten PCR-Runden erstellt wurden, in ihrer weiteren Vermehrung supprimiert
werden können, falls der Gegen-Primer nur die korrekte Permutation amplifiziert. Ferner ist
es gemäss einer weiteren bevorzugten Ausführungsform durch den geeigneten,
kombinierten Einsatz von Ligations- und PCR-Permutations-Technik bei der DEPD-Methode
möglich, 9 Nukleotide und die Länge eines amplifizierten Fragmentes zu definieren. Diese
Information sollte zur sicheren Identifikation eines Gens, vorzugsweise mittels Datenbank-
Analyse, auch dann hinreichend sein, falls sich ein Fehler bei der Bestimmung der Basen-
Sequenz des cDNA-Fragementes ergeben sollte.
Die Anwendung des erfindungsgemässen DEPD-Verfahrens ermöglicht u. a. eine
umfassende Analyse des Zusammenspiels aller in einem definierten System und/oder in
einer definierten Situation involvierten Gene auf der Ebene der mRNA-Expressionsmuster,
wobei für spezifische und reproduzierbare Ergebnisse lediglich geringe Mengen an Gewebe
oder Zellen benötigt werden. Das Verfahren kann in einer Vielzahl von Anwendungsberei
chen eingesetzt werden. Hierzu zählen z. B. der Vergleich von Organen, Geweben,
Gewebeteilen, oder von erkrankten Geweben oder Gewebeteilen mit entsprechendem
gesunden Material, ggfs. auch im Rahmen einer vergleichenden Untersuchung unter
Verwendung von pharmazeutischen Wirkstoffen gegenüber entsprechenden Kontrollen
ohne Wirkstoffapplikation. Ferner ermöglicht das erfindungsgemässe Verfahren einen
Vergleich von definierten Zuständen in Tiermodellen, wobei hier insbesondere
vergleichende Analysen von Organen, Geweben, Gewebeteilen oder erkrankten Geweben
bzw. Gewebeteilen gegenüber entsprechendem gesunden Material bevorzugt sind. Weitere
Anwendungsgebiete betreffen die Analyse transgener Tiere, welche auch sog. 'knock-out'-
Tiere einschliessen, sowie die phänotypische Evaluierung des Einsatzes von Antikörpern,
Antisense- und Ribozym-Oligonukleotiden und vergleichbarer Mittel, die im Rahmen von
funktionellen Ansätzen zur Aufklärung der Relevanz bestimmter Gene eingesetzt werden.
Der Einsatz einer solchen Technik erlaubt es, die Screening-Geschwindigkeit von zu
untersuchendem Material deutlich zu erhöhen, da eine Isolierung differentiell exprimierter
Gene mit anschliessender Klonierung und Sequenzierung nicht mehr notwendig ist. Es ist
daher möglich, eine viel grössere Zahl an Proben. bzw. weitaus mehr verschiedene Stadien
einer Probe (z. B. zeitliche Verläufe von Veränderungen der Genexpression über mehrere
Stunden/Tage etc.) zu untersuchen. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Entdeckung neuer
möglicher 'drug targets' wichtig, sondern auch besonders unter dem Aspekt der Aufklärung
von Wirkmechanismen potentieller therapeutischer Substanzen, da hier bei detailierter
Untersuchung besonders viel Probenmaterial anfallen kann.
Ein weiterer Gesichtspunkt der vorliegenden Erfindung ist deren bevorzugte Anwendung im
Rahmen eines Datenbak-orientierten Gen-Expressions-Analyse-Verfahrens. Im Gegensatz
zum enormen technischen Aufwand bereits etablierter Verfahren mit ähnlich hoher
Leistungsfähigkeit wie z. B. der Chip-Hybridisierungs-Technologie (z. B. Affymetrix, USA),
von der Chip-Herstellung über die Auswertungstechnik der Chip-Hybridisierung bis zur
automatisierten Datenanalyse, stellt das erfindungsgemässe Verfahren eine überraschend
einfache und kostengünstige Alternative dar, welche bekannten Verfahren des eingangs
geschilderten Typs qualitativ deutlich überlegen ist.
Nachfolgend wird das erfindungsgemässe Verfahren sowie bevorzugte Ausführungsformen
desselben im Detail beschrieben. Hinsichtlich detaillierter Angaben zu etablierten Standard-
Verfahren wird z. B. verwiesen auf J. Sambrook et al. 1989: Molecular Cloning: A Laboratory
Manual, Cold Spring Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor, New York.
Die Abb. 1 ist eine schematische Darstellung des erfindungsgemässen Verfahrens.
Die Isolierung und Aufreinigung von Gesamt-RNA aus zu untersuchenden Geweben,
Gewebeteilen, Biopsieproben, Zellen etc. erfolgt nach beschriebenen Standard-Verfahren.
Zur vollständigen Abtrennung von eventuellen Kontaminationen der isolierten RNA mit
genomischer DNA wird ein enzymatischer Verdau mit DNasel (Boehringer Mannheim,
Deutschland) durchgeführt. Es folgt dann die Reinigung von PolyA+-mRNA aus der totalen
RNA mittels Oligo(dT)-gekoppelter magnetischer Partikel (Oligo(dT) magnetic beads,
Promega, WI, USA).
Doppelsträngige cDNA wird aus mRNA synthetisiert unter Verwendung einer Mischung aus
12 Anker-Primern mit folgender Struktur: von 5' beginnend folgt auf ein "Heel"-Fragment
aus 5-6 Basen eine Erkennungssequenz für eines der Restriktions-Enzyme Bsgl oder
Eco57I. Anschliessend folgt eine Abfolge von 14 dT-Nukleotiden und die zwei Anker-
Nukleotide V, N am 3'-Ende des Primers. Dabei bezeichnet V ein Desoxyribonukleotid der
Gruppe dA, dC oder dG, während N die Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT definiert.
Die Desoxyribonukleotide des "Heel"-Fragmentes und der dT-Folge sind hierbei komplett
substituiert durch 2'-O-methylierte Ribonukleotide. Der cDNA-Synthese-Primer ist am 5'-
Ende und/oder an einem oder mehreren internen dT-Nukleotiden mit einem Biotin-Rest (C9-
Spacer) versehen.
Vollständiger Verdau der cDNA mit einem Restriktionsenzym des Typs IIS, welches 5
Basen als Sequenz für die Schnittstelle erkennt (z. B.: Fokl, Bsm AI, Bsm FI oder Bbv I) und
vier unbekannte Nukleotide als Überhang der cDNA generiert.
- a) Durch den Enzym-Verdau entsteht ein 5'-Überhang von vier unbekannten Nukleotiden in
der cDNA. Sechzehn Adaptor-Moleküle, bestehend aus zwei Oligomeren (nicht 5'-
phosphoryliert, "Pseudo-Doppelstrang"-Adaptoren) werden nach erfolgtem Restriktions-
Verdau mit der cDNA ligiert. Typischerweise besteht der Adaptor aus zwei unterschiedlich
langen Oligonukleotiden, wobei das längere aus 25-35, das kürzere (komplementär zum 3'-
Ende des längeren) aus 8-12 Basen besteht. Der Adaptor entsteht durch Hybridisierung der
beiden Oligonukleotide gegeneinander unter geeigneten Bedingungen und bildet einen 4-
Nukleotid-Überhang, wobei das Nukleotid 3 bzw. 4 ('innere' Nukleotide - relativ zum 5'-Ende
des Oligomers) eines der vier möglichen Desoxyribonukleotide dA, dc, dG und dT sein
kann, während die 'äusseren' Nukleotide 1 bzw. 2 (relativ zum 5'-Ende des Oligomers)
undefiniert bleiben, d. h. immer als Mischung aus der vollständigen Kombination aller vier
Desoxyribonukleotide bestehen. So entstehen 16 permutierte Adaptoren, deren 'innere'
beiden Nukleotide die Spezifität der Ligation bestimmen. Zur Sicherstellung der korrekten
Adaptoren-Ligation werden die Ligations-Ansätze nachträglich mit einer Nuklease,
ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus T4-Endonuclease VII, S1-Nuclease, und Mung
Bean Nuklease, inkubiert.
Die Ligation der 16 permutierten Adaptor-Moleküle erfolgt bei 4-37°C, 1-16 Stunden, 0-150 mM Na-Acetat, 1-5 Einheiten T4-DNA-Ligase (oder Taq-DNA-Ligase oder E.coli-DNA- Ligase) in geeignetem Puffer. Jeder der 16 Ligationsansätze wird nach Aufreinigung in einer PCR als Template eingesetzt (siehe (8a)). - b) Alternativ werden statt 16 schliesslich 64 verschiedene "Pseudo-Doppelstrang"- Adaptoren, welche einen 4-Nukleotid-Überhang bilden, mit der cDNA ligiert. Dabei setzen sich die 64 Adaptoren-Überhänge aus allen Desoxyribonukleotid-Kombinationen der Basen 2-4 (relativ zum 5'-Ende des Oligomers) zusammen, während das 'äussere' Nukleotid (relativ zum 5'-Ende des Oligomers) als Mischung aller vier Nukleotide eingesetzt wird. Damit bestimmen die 'inneren' drei Nukleotide die Spezifität der Ligation. Dieses Verfahren beruht auf der Erkenntnis, dass die DNA-Ligase aus E.coli die drei ersten Basen des Adaptor-Überhangs in der Ligation zu diskriminieren vermag. Diese erfolgt unter den bereits oben beschriebenen Bedingungen. Zur Sicherstellung der korrekten Adaptoren-Ligation werden die Ligations-Ansätze nachträglich mit einer Nuklease, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus T4-Endonuclease VII, S1-Nuclease, und Mung Bean Nuklease, inkubiert.
- c) Alternativ werden statt der Ligation von 16 oder 64 verschiedenen "Pseudo- Doppelstrang"-Adaptoren die 5-Überhänge der cDNA sukzessive mit Desoxyribonukleotiden unter Verwendung von Klenow-DNA-Polymerase aufgefüllt. Dies ist möglich durch den Einsatz von Didesoxyribonukleotiden (ddNTP) und kompetitiven Adaptor-Molekülen. Zudem werden die 3'-Enden der cDNA nicht von den magnetischen Partikeln eluiert, um die eingesetzten Nukleotide nach jedem Schritt entfernen zu können. Soll beispielsweise der Basen-Überhang 5'-GGTT-3' aufgefüllt werden, wird die cDNA zuerst mit ddC-Nukleotiden inkubiert, um alle Überhänge, welche mit einem dG beginnen zu blockieren. Nach Entfernung der Didesxoribonukleotide wird die cDNA mit dA-Nukleotiden inkubiert. Danach erfolgt die Ligation eines Adaptor-Moleküls, das ein 'blunt' und ein 'sticky'-Ende besitzt, an diejenigen cNDAs, die bis dahin einen aufgefüllten 5'-Überhang aufweisen. Im gleichen Schritt werden zwei kompetitive Adaptor-Moleküle ligiert. Diese weisen ebenfalls ein 'sticky'- Ende auf und einen 5'-Überhang, der aus einem dC- bzw. drei dC-Molekülen besteht. Diese blockieren die cDNA-5'-Überhänge 5'-GTTT-3' bzw. 5'-GGGT-3'. Es folgt eine weitere Aufreinigung der Streptavidin-gebundenen cDNA-Fragmente, die dann mit dC-Nukleotiden inkubiert wird. Anschliessend erfolgt die Ligation eines Adaptor-Moleküls mit einem 'blunt'- Ende, welcher nur an die vollständig und korrekt aufgefüllte cDNA ligieren kann. Auf die Art und Weise wird jeder der 256 möglichen cDNA-5'-Überhänge mit DNA-Polymerase komplett aufgefüllt und anschliessend in eine PCR eingesetzt.
Zur Gewährleistung der selektiven Amplifikation der 3'-Enden der cDNA wird die
spezifische Aufreinigung dieser Fragmente aus dem Gesamt-Pool der komplexen cDNA
durchgeführt. Die 3'-Enden der cDNA können vorzugsweise mit Hilfe von magnetischen
Partikeln (magnetic beads), welche an Streptavidin gekoppelt sind, aus dem cDNA-
Gemisch selektiv aufgereinigt werden (s. auch Biomagnetic Techniques in Molecular
Biology, Dynal, N-0212 Oslo, Norwegen). Diese Art der Aufreinigung stellt sicher, dass in
der nachfolgenden PCR keine unspezifische Amplifikation von internen (d. h. Nicht-3'-
Enden) cDNA-Fragmenten erfolgt. Die Elution der cDNA von den magnetischen Partikeln
erfolgt entweder durch die Extraktion mit organischen Lösungsmitteln bei hoher Temperatur
(65°C) oder durch enzymatischen Verdau mit einer der Restriktionsendonukleasen Bsgl
oder Eco57I (s. u.).
Vollständiger Verdau der ligierten cDNA mit einem der Restriktionsenzyme Bsgl oder
Eco57I. Dabei werden die Oligo-dT-Nukleotide des 3'-Endes der cDNA komplett
abgespalten und ein 2-Nukleotid-Überhang der letzten beiden 3'-Basen (V, N) der cDNA,
welche 5' relativ zum Poly-dA-Stretch der mRNA liegen, generiert.
Je vier Adaptoren-Moleküle, bestehend aus zwei Oligomeren, werden nach erfolgtem
Restriktions-Verdau mit je einem Ligations-Ansatz aus (4b) ligiert. Typischerweise besteht
der Adaptor aus zwei unterschiedlich langen Oligonukleotiden, wobei das längere aus 25-
35, das kürzere (komplementär zum 3'-Ende des längeren, 5'-phosphoryliert) aus 22-30
Basen besteht. Der Adaptor entsteht durch Hybridisierung der beiden Oligonukleotide
gegeneinander unter geeigneten Bedingungen und bildet ein 2-Nukleotid-Überhang, wobei
das 'äussere' 3'-Nukleotid eines der vier Desoxyribonukleotide dA, dC, dG oder dT sein
kann, während das 'innere' Nukleotid aus einer Mischung der drei Basen dA, dC oder dG
definiert ist. Somit bestimmt das 'äussere' 3'-Nukleotid des Adaptor-Überhangs die
Spezifität der Ligation. Die Ligations-Bedingungen sind wie oben beschrieben. Jeder der
256 Ligationsansätze wird nach Aufreinigung in eine PCR als Template eingesetzt (siehe
(8b)).
In insgesamt 256 PCRs wird als 3'-Primer der komplett durch 2'-O-methylierte
Ribonukleotide substituierte cDNA-Synthese-Primer verwendet. Dabei kann durch die
erhöhte Dissoziations-Temperatur der modifizierten Basen des Oligonukleotides eine
deutlich höhere (bis zu 40%, s. z. B. L. L. Cummins 1995, Nucl. Acids Res., 23, 2019-2024)
Annealing-Temperatur in der PCR verwendet werden als mit einem nicht-substituierten
Primer.
Als 5'-Primer werden entweder in einer ersten PCR-Runde ((a1) in Abb. 1) 16
Oligomere der Länge 18-27 Basen, die dem 3'-Ende des Sense-Adaptor-Oligonukleotids
mit zusätzlich zwei 3'-Nukleotiden der vollständigen Permutation aller vier
Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT entsprechen, verwendet. Die hier eingesetzten
Primer-Permutationen entsprechen dabei den in den Ligations-Ansätzen unter (4a)
definierten Basen 3 und 4 der Adaptoren-Überhänge. In einer zweiten sich anschliessenden
PCR-Runde ((a1) in Abb. 1) werden pro erste PCR weitere 16 PCRs durchgeführt mit
demselben 3'-Primer und je 16 5'-Oligonukleotiden der Länge 18-27 Basen, die dem 5'-
Primer der ersten PCR entsprechen, jedoch um zwei 5'-Nukleotide der vollständigen
Permutation aller vier Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und dT verlängert sind. Alternativ
zur dargestellten Variante, werden die unter (4a) generierten 16 Ligations-Ansätze zu je
1/16 in eine PCR eingesetzt ((a2 in Abb. 1). Dabei wird als 3'-Primer das cDNA-
Synthese-Oligonukleotid verwendet, während als 5'-Primer 256 Oligonukleotide der Länge
18-27 Basen, die dem 3'-Ende des Sense-Adaptor-Oligonukleotids mit zusätzlich vier 3'-
Nukleotiden der vollständigen Permutation aller vier Desoxyribonukleotide dA, dC, dG und
dT entsprechen, eingesetzt werden.
Zur Gewährleistung der Spezifität der Amplifikation der verschiedenen Permutationen in der
PCR werden selektive PCR-Primer verwendet, welche mehrere artifiziell eingeführte
Fehlpaarungen gegenüber der Template-DNA enthalten können. Diese Mismatches können
sich an irgendeiner Stelle des Oligomers befinden, wobei 2 Mismatches an den Positionen
-2 und -3 oder 1 Mismatch an der Position -1 relativ zum 3'-Ende des Primers (Position 0)
bevorzugt sind.
Das PCR-Profil ist typischerweise: 3 min, 95°C gefolgt von 20-40 Zyklen mit 45 sec, 95°C,
45 sec, 65°C, 60 sec, 72°C und einer abschliessenden Extension für 60 sec bei 72°C, und
wird in Gegenwart von radioaktiv markierten Nukleotiden durchgeführt.
In insgesamt 256 PCRs ((b) in Abb. 1) werden 64 5'-Primer der Länge 18-27 Basen,
die dem 3'-Ende des Sense-Oligonukleotids des ersten ligierten Adaptor-Moleküls (s. (4b))
mit zusätzlich drei 3'-Nukleotiden der vollständigen Permutation aller vier Desoxyribo
nukleotide dA, dc, dG und dT entsprechen, verwendet. Die hier eingesetzten Primer-
Permutationen entsprechen dabei den in den Ligations-Ansätzen unter (4b) definierten
Basen 2-4 der Adaptoren-Überhänge. Als 3'-Primer werden vier Oligonukleotide der Länge
18-27 Basen, die dem 3'-Ende des Sense-Oligonukleotids des zweiten ligierten Adaptor-
Moleküls (s. (7)) entsprechen, eingesetzt.
Das PCR-Profil ist typischerweise: 3 min, 95°C gefolgt von 20-40 Zyklen mit 45 sec, 95°C,
45 sec, 65°C, 60 sec, 72°C und einer abschliessenden Extension für 60 sec bei 72°C, und
wird in Gegenwart von radioaktiv markierten Nukleotiden durchgeführt.
In insgesamt 256 PCRs (für jede 'Auffüllreaktion' eine PCR) wird ein 5'-Primer der Länge
18-27 Basen, die dem 3'-Ende des Sense-Oligonukleotids des ligierten Adaptor-Moleküls
entspricht, eingesetzt. Als 3'-Primer wird das cDNA-Synthese-Oligonukleotid verwendet.
Das PCR-Profil ist typischerweise: 3 min, 95°C gefolgt von 20-40 Zyklen mit 45 sec, 95°C,
45 sec, 65°C, 60 sec, 72°C und einer abschliessenden Extension für 60 sec bei 72°C, und
wird in Gegenwart von radioaktiv markierten Nukleotiden durchgeführt.
Die Analyse der PCR-Fragmente erfolgt typischerweise auf 6%-igen Polyacrylamidgelen
(PAA-Gelen) mit 7-8 M Harnstoff.
Aus den Ergebnissen zeigt sich, dass die Selektivität für die Amplifikation der korrekten 5'-
Nukleotide der cDNA für die 5'-Primer der TOGA-Methode nicht hinreichend gegeben ist,
insbesondere wenn die Durchführung einer Computergestützten Datenbank-Analyse der
Resultate angestrebt wird. Die Fehler-Rate bei der erfindungsgemässen Verwendung der
5'-Primer beträgt ≦5%. Die Fehler-Rate lässt sich durch die oben beschriebene Ligations-
Methode weiter reduzieren auf annähernd 0%. Angesichts dieser extrem niedrigen Fehler-
Rate wird auch die Etablierung einer automatisierten Daten-Analyse ermöglicht.
Claims (10)
1. Verfahren zur Identifikation und Charakterisierung von mRNA-Molekülen, welches die
folgenden Schritte umfasst:
- a) Isolierung und Reinigung von PolyA+-RNA aus Gewebeproben;
- b) Synthese von doppelsträngiger cDNA aus den mRNA-Molekülen;
- c) Verkürzen der cDNA durch enzymatischen Verdau mit Restriktionsendonukleasen;
- d) Hybridisierung und Ligation von Adaptor-Molekülen an die geschnittene cDNA;
- e) Auffüllen der 5'-Überhänge der cDNA mit Desoxyribonukleotiden und Klenow-DNA- Polymerase;
- f) selektive Aufreinigung der 3'-Enden der cDNA;
- g) Abtrennung der 3'-ständigen Poly-dA-Nukleotide der cDNA durch enzymatischen Verdau mit einer Restriktionsendonuklease;
- h) Hybridisierung und Ligation von Adaptor-Molekülen an die geschnittene cDNA;
- i) Amplifizierung der cDNA-Fragmente durch PCR (polymerase chain reaction);
- j) Auftrennung der Amplifikationsprodukte nach ihrer Länge;
- k) Analyse der Amplifikationsprodukte;
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Oligo-dT-Nukleotid
vollständig durch 2'-O-methylierte Ribonukleotide substituiert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Oligo-dT-
Nukleotid an seinem freien 5'-Ende und/oder an internen dT-Nukleotiden mit einem
Biotinrest über einen C9-Spacer versehen wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (c) ein
Restriktionsenzym der Klasse IIS verwendet wird, welches 5 Nukleotide als
Erkennungssequenz besitzt und einen aus 4 Nukleotiden, die nicht Teil der
Erkennungssequenz sind, bestehenden Überhang der geschnittenen cDNA-
Fragmente generiert.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (f) die selektive
Aufreinigung der 3'-Enden der cDNA unter Verwendung von paramagnetischen
'beads' erfolgt, die das Biotin-bindende Molekül Streptavidin gekoppelt haben.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (g) ein
Restriktionsenzym der Klasse IIS verwendet wird.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Produkte aus Schritt
(h) vor der Amplifizierung gemäss Schritt (i) mit einer Nuklease, ausgewählt aus der
Gruppe bestehend aus T4-Endonuclease VII, S1-Nuclease, und Mung Bean
Nuclease, inkubiert werden.
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (i) die
Amplifizierung der cDNA-Fragmente unter Verwendung von Oligonukleotiden erfolgt,
die an die 'sense'-Oligomere der ligierten Adaptoren hybridisieren.
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (k) die Analyse
anhand der unterschiedlichen Längen der Produkte sowie in Kenntnis der durch die
Manipulation bekannten Basensequenz von 9 Nukleotiden erfolgt.
10. Anwendung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche zur
gegebenenfalls rechnergestützten Identifizierung und Isolierung sowie Analyse neuer
Gene.
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Legal Events
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Owner name: BIOFRONTERA PHARMACEUTICALS GMBH, 51377 LEVERKUSEN |
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Owner name: BIOFRONTERA PHARMACEUTICALS AG, 51377 LEVERKUSEN, |
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8380 | Miscellaneous part iii |
Free format text: IM HEFT 26/02, SEITE 10540, SP.3: DIE RECHTKRAFT IST NICHT EINGETRETEN, WIRKSAMER EINSPRUCH 14.01.00 EINGEGANGEN |
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Owner name: BIOFRONTERA PHARMACEUTICALS GMBH, 51377 LEVERKUSEN |
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Owner name: BIOFRONTERA BIOSCIENCE GMBH, 51377 LEVERKUSEN, DE |
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