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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Abstimmung von Trajektorien für zwei hintereinanderfahrende Fahrzeuge mittels modellbasierter prädiktiver Regelung (Im Englischen: Model Predictive Control oder abgekürzt: MPC).
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Es ist bekannt, bei Abstandsregeltempomaten (im Englischen: Adaptive Cruise Control; abgekürzt: ACC) auch Effizienzkriterien bei der Planung von Geschwindigkeitstrajektorien zu berücksichtigen. Ein stark wachsender Ansatz hierbei ist die Trajektorien-Planung mit Hilfe eines sogenannten MPC-Solvers. Bei diesem Ansatz wird eine Vielzahl möglicher Trajektorien über einem virtuellen Horizont hinsichtlich Ihrer Gesamteffizienz bewertet. Hierbei können auch andere Verkehrsteilnehmer einen Einfluss auf die Gesamteffizienz der ausgewählten Trajektorie ausüben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein vorwegfahrendes Fahrzeug einen Bremsvorgang einleitet oder langsamer fährt und dadurch den Lösungsraum des MPC-Solvers des Ego-Fahrzeugs verkleinert, weswegen das Ego-Fahrzeug auf eine weniger optimale Trajektorie gezwungen wird.
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Ein grundlegendes Problem hierbei ist, dass dem Ego-Fahrzeug in der Regel nicht bekannt ist, wie sich ein vorwegfahrendes Fahrzeug verhalten wird. Aus der
WO 2021/115567 A1 der Anmelderin ist in diesem Zusammenhang bekannt, eine Trajektorie für ein erstes Fahrzeug mittels modellbasierter prädiktiver Regelung zu ermitteln, und zwar unter Verwendung von Trajektorie-Informationen über ein zweites Fahrzeug. Eine Ermittlung der Trajektorie für das erste Fahrzeug erfolgt dabei basierend auf untereinander ausgetauschten und bearbeiteten Diskretisierungspunkten. Weiterer Stand der Technik, der Hintergrund zu der vorliegenden Erfindung bildet, ist aus der
DE 10 2015 221 817 A1 , der
DE 10 2018 109 885 A1 , der
DE 10 2019 122 250 A1 , der
DE 10 2020 122 232 A1 und der
DE 10 2019 219 577 A1 bekannt.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung kann darin gesehen werden, eine MPC-Regelung für ein erstes Fahrzeug und ein vor dem ersten Fahrzeug fahrendes zweites Fahrzeug bereitzustellen, wobei die Effizienz einer MPC-Regelung beider Fahrzeuge verbessert wird.
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Die Aufgabe wird gelöst durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche. Vorteilhafte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche, der folgenden Beschreibung sowie der Figuren.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird angenommen, dass das vorwegfahrende Fahrzeug ebenso longitudinal MPC-gesteuert ist wie das nachfolgende Fahrzeug (Ego-Fahrzeug). Die vorliegende Erfindung schlägt einen gemeinsamen Optimierungsprozess der beiden MPC-gesteuerten Fahrzeuge vor. Dieser gemeinsame Optimierungsprozess erhöht die Schwarm effizienz. Die Kostenfunktionen der MPC-Steuerungen der beiden Fahrzeuge liefern für die optimierten Trajektorien der beiden Fahrzeuge jeweils einen Kostenwert. Addiert man diese beiden Kostenwerte, so erhält man einen Gesamtkostenwert für die Trajektorien beider Fahrzeuge. Dieser Gesamt-kostenwert kann reduziert werden, wenn der gemeinsame Optimierungsprozess gemäß der vorliegenden Erfindung angewendet wird (im Vergleich zu einer Ermittlung der Trajektorien ohne den gemeinsamen Optimierungsprozess). Der erfindungsgemäße gemeinsame Optimierungsprozess ermöglicht, dass beide Fahrzeuge von der Steigerung der Schwarmeffizienz profitieren, d.h. es kann sich eine Verbesserung hinsichtlich jedes lokal berechneten Optimums einstellen.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird insbesondere ein Austausch zwischen verschiedenen Fahrzeugen hinsichtlich ihrer geplanten Geschwindigkeitstrajektorien vor-geschlagen. Dabei kann insbesondere ein V2V-Kommunikationsprozess zur Verwendung von V2V-Informationen in einer MPC-basierten longitudinalen Fahrstrategie zum Einsatz kommen. Unter einer V2V-Kommunikation kann ein Austausch von Informationen und Daten zwischen Fahrzeugen verstanden werden. Dabei wird das Ziel verfolgt, den Fahrzeugen und/oder deren Fahrern frühzeitig kritische und gefährliche Situationen zu melden. Die V2V-Informationen können in eine MPC-basierte Fahrstrategie integriert werden, wobei die V2V-Informationen in Form einer Beschneidung des MPC-Lösungsraums genutzt wird. Infolgedessen wird eine verbesserte Auswahl einer optimalen longitudinalen Geschwindigkeitstrajektorie ermöglicht.
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In diesem Sinne wird gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung ein Verfahren zur Abstimmung von Trajektorien für zwei hintereinanderfahrende Fahrzeuge mittels modellbasierter prädiktiver Regelung vorgeschlagen, wobei insbesondere ein erstes Fahrzeug vor einem zweiten Fahrzeug fährt, welches dem ersten Fahrzeug folgt. Das Verfahren umfasst das Ermitteln von Primärtrajektorien und Sekundärtrajektorien des ersten Fahrzeugs und des zweiten Fahrzeugs, wobei die Primärtrajektorien und Sekundärtrajektorien jeweils mittels einer modellbasierten Prädiktion ermittelt werden, sodass jeweils eine Kostenfunktion minimiert wird, die für jede der Primärtrajektorien und Sekundärtrajektorien einen individuellen Kostenwert annimmt. Unter dem Merkmal „Trajektorie für das erste Fahrzeug“ kann ein Pfad verstanden werden, welchem das jeweilige Fahrzeug innerhalb eines vorausliegenden Prädiktionshorizonts folgen soll (Zeit-Weg-Datenpaare), z.B. innerhalb der nächsten Sekunden. Solch einem Pfad kann ein Geschwindigkeitsprofil zugeordnet sein, wobei das Geschwindigkeitsprofil für jeden Wegpunkt bzw. Diskretisierungspunkt entlang des Pfades eine Sollgeschwindigkeit für das erste Fahrzeug vorgeben kann. Diese Zuordnung aus Pfad und Geschwindigkeit ergibt eine Geschwindigkeitstrajektorie des ersten Fahrzeugs.
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Die Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs verkleinert einen Lösungsraum für das Ermitteln der Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs derart, dass die Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs die Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs nicht schneidet. Die Primärtrajektorie für das erste Fahrzeug wird insbesondere ohne Ein-beziehen bzw. nicht in Abhängigkeit einer Trajektorie für das zweite Fahrzeug ermittelt. Die Primärtrajektorie für das erste (vorwegfahrende) Fahrzeug beschränkt statt-dessen den Lösungsraum für die Ermittlung der Sekundärtrajektorie für das zweite (nachfolgende) Fahrzeug. Somit wird die Sekundärtrajektorie für das zweite (nachfolgende) Fahrzeug unter Einbeziehen bzw. in Abhängigkeit von der Primärtrajektorie für das erste (vorwegfahrende) Fahrzeug ermittelt. Die Primärtrajektorie für das erste (vorwegfahrende) Fahrzeug beschränkt dabei den Lösungsraum für die Ermittlung der Trajektorie für das zweite (nachfolgende) Fahrzeug.
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Die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs verkleinert einen Lösungsraum für das Ermitteln der Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs derart, dass die Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs nicht schneidet. Die Primärtrajektorie für das zweite Fahrzeug wird insbesondere ohne Ein-beziehen bzw. nicht in Abhängigkeit einer Trajektorie für das erste Fahrzeug ermittelt. Die Primärtrajektorie für das zweite (nachfolgende) Fahrzeug beschränkt stattdessen den Lösungsraum für die Ermittlung der Sekundärtrajektorie für das erste (vorwegfahrende) Fahrzeug. Somit wird die Sekundärtrajektorie für das erste (vorwegfahrende) Fahrzeug unter Einbeziehen bzw. in Abhängigkeit von der Primärtrajektorie für das zweite (nachfolgende) Fahrzeug ermittelt. Die Primärtrajektorie für das zweite (nach-folgende) Fahrzeug beschränkt dabei den Lösungsraum für die Ermittlung der Trajektorie für das erste (vorwegfahrende) Fahrzeug.
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In einem weiteren Verfahrensschritt erfolgt das Ermitteln einer Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs und des zweiten Fahrzeugs basierend auf der Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs und der Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs, wenn eine Kombination der Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs mit der Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs weniger aufsummierte individuelle Kostenwerte ergibt als eine Kombination der Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs mit der Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs, wobei die Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs zur Regelung des ersten Fahrzeugs und die Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs zur Regelung des zweiten Fahrzeugs genutzt werden. Somit wird eine Trajektorie-Kombination ausgewählt, mittels der eine Kollision vermieden wird und deren assoziierte aufsummierte Kosten optimal sind.
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Eine Trajektorie-Kombination, mittels der zwar ebenfalls eine Kollision vermieden wird, deren assoziierte aufsummierte Kosten jedoch höher sind, kann verworfen werden. In diesem Sinne ist gemäß einer Ausführungsform vorgesehen, dass die Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs zur Regelung des ersten Fahrzeugs und die Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs zur Regelung des zweiten Fahrzeugs ausgewählt wer-den, wenn eine Kombination der Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs mit der Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs mehr aufsummierte individuelle Kostenwerte verursacht als eine Kombination der Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs mit der Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs.
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Die Auswahltrajektorien können besonders einfach ermittelt werden, indem die Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs der Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs entspricht und die Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs der Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs entspricht.
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Um zu verhindern, dass es trotz Vermeidung einer Überschneidung der Trajektorien zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge kommt (die vordere Stoßstange des zweiten Fahrzeugs berührt die hintere Stoßstange des ersten Fahrzeugs), kann die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs mit einem Sicherheitsabstand zu dem ersten Fahrzeug versehen werden und ein entsprechender Datensatz an das erste Fahrzeug übermittelt werden. In diesem Sinne ist gemäß einer weiteren Ausführungsform vor-gesehen, dass das zweite Fahrzeug die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs in Form eines Trajektorie-Datensatzes an das erste Fahrzeug übermittelt, wobei der Trajektorie-Datensatz auf Basis der Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs berechnete Zeit-Weg-Wertepaare umfasst und wobei ein Sicherheitsabstand zwischen dem ersten Fahrzeug und dem zweiten Fahrzeug in der Berechnung der Zeit-Weg-Wertepaare berücksichtigt wird.
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Um das Kosteneinsparungspotential zu bewerten, können Opportunitätskosten für das zweite Fahrzeug berechnet werden. Dabei kann die Kostenfunktion für die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs einen Primärkostenwert annehmen, wobei die Kostenfunktion für die Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs einen Sekundärkostenwert annimmt. Ein Opportunitätskostenwert des zweiten Fahrzeugs kann ermittelt und an das erste Fahrzeug übermittelt werden, wobei der Opportunitätskostenwert des zweiten Fahrzeugs durch eine Differenz zwischen dem Sekundärkostenwert des zweiten Fahrzeugs und dem Primärkostenwert des zweiten Fahrzeugs ermittelt wird.
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Auch für das erste Fahrzeug können entsprechende Opportunitätskosten berechnet werden. Dabei kann die Kostenfunktion für die Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs einen Primärkostenwert des ersten Fahrzeugs annehmen, wobei die Kostenfunktion für die Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs einen Sekundärkostenwert des ersten Fahrzeugs annimmt. Ein Opportunitätskostenwert des ersten Fahrzeugs kann ermittelt werden, wobei der Opportunitätskostenwert des ersten Fahrzeugs durch eine Differenz zwischen dem Primärkostenwert des ersten Fahrzeugs und dem Sekundär-kostenwert des ersten Fahrzeugs ermittelt wird.
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Aus den Opportunitätskosten des ersten und zweiten Fahrzeugs kann ein Sparpotential ermittelt werden, anhand dessen die Auswahl der geeignetsten Trajektorie aus Kostensicht abgeleitet werden kann. So kann das Sparpotential durch eine Summe aus dem Opportunitätskostenwert des zweiten Fahrzeugs und dem Opportunitätskostenwert des ersten Fahrzeugs ermittelt werden. Die Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs und des zweiten Fahrzeugs kann dabei basierend auf der Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs und der Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs ermittelt werden, wenn das Sparpotential einen positiven Wert annimmt. Anschließend können die Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs zur Regelung des ersten Fahrzeugs und die Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs zur Regelung des zweiten Fahrzeugs ausgewählt werden. Alternativ können die Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs zur Regelung des ersten Fahrzeugs und die Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs zur Regelung des zweiten Fahrzeugs ausgewählt werden, wenn das Sparpotential den Wert null oder einen negativen Wert annimmt.
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Um dem vorausfahrenden ersten Fahrzeug einen weiteren Anreiz zu geben, von seiner für ihn günstigeren Primärtrajektorie abzuweichen, um die Kosten für das nachfolgende zweite Fahrzeug zu verringern und die Schwarmeffizienz zu erhöhen, können die ausgewählten Trajektorien derart geändert werden, dass eine Kosten-Kompensation für beide Fahrzeuge entsteht. Beispielsweise können die vermiedenen und entstandenen Opportunitätskosten in Form von eingesparter oder zusätzlich verwendeter Energie kalkuliert werden. Über einen derzeitigen Strompreis kann dies dann in eine monetäre Einheit überführt werden. Dieser Wert könnte dann z.B. über Car-e-Wallets zwischen den Fahrern oder Haltern der Fahrzeuge übertragen werden. Damit sich eine Pareto-Verbesserung einstellt, werden die Auswahltrajektorien beider Fahrzeuge angepasst. Insbesondere werden die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs und die Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs angepasst, was entsprechend auch alternative Kosten mit sich bringt.
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Die Kompensation ist dabei derart gewählt, dass es zu einer Pareto-Verbesserung kommt, bei der sich für beide Fahrzeuge eine Minimierung der Einzelkosten einstellen kann. Die Kompensation erfolgt derart, dass die ausgewählten Trajektorien derart geändert werden, dass die Kosten für das erste Fahrzeug wieder etwas gesenkt werden (als Kompensationsausgleich dafür, dass es auf seine mit höheren Kosten verbundene Sekundärtrajektorie ausweicht) und für das zweite Fahrzeug etwas angehoben werden (sozusagen als Preis dafür, dass das zweite Fahrzeug seiner kostengünstigeren Primärtrajektorie folgen darf). In diesem Sinne ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass beim Ermitteln der Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs die Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs derart abgeändert wird, dass der Sekundärkostenwert des ersten Fahrzeugs um einen Kompensationskoeffizienten verringert wird, wobei beim Ermitteln der Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs derart abgeändert wird, dass der Primärkostenwert des zweiten Fahrzeugs um den Kompensationskoeffizienten erhöht wird. Der Kompensationskoeffizient kann beispielsweise aus einer Summe des Betrags des Opportunitätskostenwerts des ersten Fahrzeugs zuzüglich der Hälfte des Sparpotentials berechnet werden, das für beide Fahrzeuge gilt. Mit dieser Formel kann ein besonders harmonischer und effizienter Ausgleich zwischen den ausgewählten Trajektorien beider Fahrzeuge geschaffen werden.
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Die Trajektorien Planung findet wiederholt statt, wobei sich die assoziierten Kosten entsprechend ändern können, z.B. wenn ein weiteres Fahrzeug innerhalb des Prädiktionshorizonts auftaucht. Um dies zu berücksichtigen, wird der Kompensationskoeffizient mit einem Streckenfaktor multipliziert. In diesem Sinne ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass beim Ermitteln der Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs die Sekundärtrajektorie des ersten Fahrzeugs derart abgeändert wird, dass der Sekundärkostenwert des ersten Fahrzeugs um ein Produkt aus dem Kompensationskoeffizienten und einem dimensionslosen Streckenfaktor verringert wird, der einen Wert von kleiner als 1 annimmt, wobei beim Ermitteln der Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs die Primärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs derart abgeändert wird, dass der Primärkostenwert des zweiten Fahrzeugs um das Produkt aus dem Kompensationskoeffizienten und dem dimensionslosen Streckenfaktor erhöht wird.
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Der Streckenfaktor ergibt sich insbesondere aus einer Iterationslänge x in Metern dividiert durch eine Länge l des Prädiktionshorizonts in Metern. Die Regelmäßigkeit der Iteration wird dabei durch die Iterationslänge x bestimmt. Dies kann z.B. alle 10 Meter der Fall sein. Die Distanz x kann, muss aber nicht einem Abstand von Diskretisierungspunkten innerhalb des Prädiktionshorizonts entsprechen. Wenn der Prädiktionshorizont l beispielsweise eine Länge von 1000 Metern aufweist, sollte die Kompensation dementsprechend nur über einen Anteil der ersten 10 Meter erfolgen. Da dies nicht mit der intrinsischen Logik der MPC-Trajektorien Planung vereinbar ist, wird die Kompensation anteilig durchgeführt, in dem genannten Beispiel 10/1000 = 1 % multipliziert mit dem Kompensationskoeffizienten. Da sich der Kompensationskoeffizient sich aus den Opportunitätskosten über die gesamte Länge des Prädiktionshorizonts ergibt, die MPC-Algorithmen der Fahrzeuge aber schon nach 10 Metern erneut aus-geführt werden, wird nur anteilig durch Multiplikation mit dem Streckenfaktor kompensiert.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der schematischen Zeichnung näher erläutert, wobei gleiche oder ähnliche Elemente mit dem gleichen Bezugszeichen versehen sind. Hierbei zeigt
- 1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs,
- 2 eine Draufsicht auf ein erstes Fahrzeug, welches vor einem zweiten Fahrzeug auf einer Straße fährt,
- 3 ein Ausführungsbeispiel eines Ablaufs eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Abstimmung von Trajektorien für die zwei hintereinanderfahrenden Fahrzeuge nach 2 mittels modellbasierter prädiktiver Regelung,
- 4 ein Zeit/Weg-Diagramm mit einer Primärtrajektorie des ersten Fahrzeugs und einer Sekundärtrajektorie des zweiten Fahrzeugs nach 2,
- 5 Kostenwerte des ersten Fahrzeugs,
- 6 Kostenwerte des zweiten Fahrzeugs.
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1 zeigt ein erstes Fahrzeug 1. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel handelt es sich bei dem ersten Fahrzeug 1 um ein Kraftfahrzeug, z.B. um einen Personenkraftfahrwagen. Das erste Fahrzeug 1 umfasst ein MPC-System 2 zur Abstimmung von Trajektorien für zwei hintereinanderfahrende Fahrzeuge mittels modellbasierter prädiktiver Regelung. Das erste Kraftfahrzeug 1 umfasst weiterhin ein Fahrerassistenzsystem 16 mit einer Prozessoreinheit 19 und mit einer Kommunikationsschnittstelle 20. 2 zeigt das erste Fahrzeug 1 auf einer Straße 21, wobei ein zweites Fahrzeug 18 dem ersten Fahrzeug 1 folgt. Auch bei dem zweiten Fahrzeug 18 handelt es sich in dem gezeigten Ausführungsbeispiel um ein Kraftfahrzeug, z.B. ebenfalls um einen Personenkraftfahrwagen. Das zweite Fahrzeug 18 weist in dem gezeigten Ausführungsbeispiel die gleichen Elemente und Funktionen auf wie das erste Fahrzeug 1. Insbesondere weist das zweite Fahrzeug 18 ebenfalls ein MPC-System 2 auf, wie dies im Folgenden näher im Zusammenhang mit dem ersten Fahrzeug nach 1 beschrieben ist.
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Das MPC-System 2 umfasst in dem gezeigten Ausführungsbeispiel eine Prozessoreinheit 3, eine Speichereinheit 4, eine Kommunikations-Schnittstelle 5 und eine Erfassungseinheit 6 zur Erfassung von das erste Kraftfahrzeug 1 betreffenden Umgebungsdaten und Zustandsdaten. Das erste Kraftfahrzeug 1 umfasst weiterhin einen Antriebsstrang 7, der beispielsweise eine elektrische Maschine 8, die als Motor und als Generator betrieben werden kann, eine Batterie 9 und ein Getriebe 10 umfassen kann. Die elektrische Maschine 8 kann im Motorbetrieb Räder des Kraftfahrzeugs 1 über das Getriebe 10 antreiben, das beispielsweise eine konstante Übersetzung aufweisen kann. Die dazu notwendige elektrische Energie kann die Batterie 9 bereitstellen. Die Batterie 9 kann durch die elektrische Maschine 8 aufgeladen werden, wenn die elektrische Maschine 8 im Generatorbetrieb betrieben wird (Rekuperation). Die Batterie 9 kann optional auch an einer externen Ladestation aufgeladen werden. Ebenfalls kann der Antriebsstrang des Kraftfahrzeugs 1 optional einen Verbrennungs-kraftmotor 17 aufweisen, welcher alternativ oder zusätzlich zu der elektrischen Maschine 8 das Kraftfahrzeug 1 antreiben kann. Der Verbrennungskraftmotor 17 kann auch die elektrische Maschine 8 antreiben, um die Batterie 9 aufzuladen.
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Auf der Speichereinheit 4 ist ein Computerprogrammprodukt 11 gespeichert. Das Computerprogrammprodukt 11 kann auf der Prozessoreinheit 3 ausgeführt werden, wozu die Prozessoreinheit 3 und die Speichereinheit 4 mittels der KommunikationsSchnittstelle 5 miteinander verbunden sind. Wenn das Computerprogrammprodukt 11 auf der Prozessoreinheit 3 ausgeführt wird, leitet es die Prozessoreinheit 3 an, die im Zusammenhang mit der Zeichnung beschriebenen Funktionen zu erfüllen bzw. Verfahrensschritte auszuführen.
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Das Computerprogrammprodukt 11 enthält einen MPC-Algorithmus 13. Der MPC-Algorithmus 13 wiederum enthält ein Längsdynamikmodell 14 des Antriebsstrangs 7 des ersten Kraftfahrzeugs 1. Weiterhin enthält der MPC-Algorithmus 13 eine zu minimierende Kostenfunktion 15. Die Prozessoreinheit 3 führt den MPC-Algorithmus 13 aus und ermittelt dabei Trajektorien des ersten Kraftfahrzeugs 1 basierend auf dem Längsdynamikmodell 14, sodass die Kostenfunktion 15 minimiert wird.
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Als Output der Optimierung durch den MPC-Algorithmus 13 können sich beispielsweise eine optimale Drehzahl und ein optimales Drehmoment der elektrischen Maschine 8 für Diskretisierungspunkte im Vorausschauhorizont ergeben. Die Prozessoreinheit 3 kann dazu eine Eingangsgröße für die elektrische Maschine 8 ermitteln, sodass sich die optimale Drehzahl und das optimale Drehmoment einstellen. Die Prozessoreinheit 3 kann die elektrische Maschine 8 basierend auf der ermittelten Eingangsgröße steuern. Weiterhin kann dies jedoch auch durch das Fahrerassistenzsystem 16 erfolgen.
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Die Erfassungseinheit 6 kann aktuelle Zustandsgrößen des ersten Kraftfahrzeugs 1 messen, entsprechende Daten aufnehmen und dem MPC-Algorithmus 13 zuführen. Weiterhin können Streckendaten aus einer elektronischen Karte für einen Vorausschauhorizont bzw. Prädiktionshorizont (z.B. 400 m) vor dem Kraftfahrzeug 1 insbesondere zyklisch upgedated bzw. aktualisiert werden. Die Streckendaten können beispielsweise Steigungsinformationen, Kurveninformationen, und Informationen über Geschwindigkeitslimits beinhalten. Des Weiteren kann eine Kurvenkrümmung über eine maximal zulässige Querbeschleunigung in ein Geschwindigkeitslimit für das Kraftfahrzeug 1 umgerechnet werden. Außerdem kann mittels der Erfassungseinheit 6 eine Ortung des ersten Kraftfahrzeugs 1 erfolgen, insbesondere über ein von einem GNSS-Sensor 12 generiertes Signal zur genauen Lokalisierung auf der elektronischen Karte. Ferner kann die Erfassungseinheit 6 insbesondere zur Ermittlung der Position und/oder Geschwindigkeit von vorausfahrenden Fahrzeugen einen RadarSensor 22 aufweisen. Die Prozessoreinheit 3 kann auf Informationen der genannten Elemente beispielsweise über die Kommunikations-Schnittstelle 5 zugreifen. Diese Informationen können in das Längsmodell 14 des Kraftfahrzeugs 1 einfließen, insbesondere als Beschränkungen oder Nebenbedingungen.
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Das stark vereinfachte zweidimensionale (Dimensionen x, y) Beispiel nach 2 zeigt das erste Kraftfahrzeug 1 auf einer Straße 21. Das erste Kraftfahrzeug 1 fährt unter-stützt durch die vorstehend beschriebene Fahrerassistenzfunktion autonom mit einer ersten Geschwindigkeit v1 in einer ersten Fahrtrichtung x1. Das zweite Kraftfahrzeug 18 befindet sich hinter dem ersten Kraftfahrzeug 1 ebenfalls auf der Straße 21. Das zweite Kraftfahrzeug 18 fährt hinter dem ersten Kraftfahrzeug 1 mit einer zweiten Geschwindigkeit v2 in einer zweiten Fahrtrichtung x2. In dem gezeigten Ausführungsbei-spiel verläuft die Straße 21 gerade und die erste Fahrtrichtung x1 des ersten Kraft-fahrzeugs 1 entspricht der zweiten Fahrtrichtung x2 des zweiten Kraftfahrzeugs 18. Dies ist jedoch rein beispielhaft und nicht zwingend. Die erste Geschwindigkeit v1 des ersten Kraftfahrzeugs 1 kann der zweiten Geschwindigkeit v2 des zweiten Kraftfahr-zeugs 18 entsprechen (v1 = v2), was jedoch ebenfalls rein beispielhaft und nicht zwingend ist. Die erste Geschwindigkeit v1 des ersten Kraftfahrzeugs 1 kann auch von der zweiten Geschwindigkeit v2 des zweiten Kraftfahrzeugs 18 abweichen (v1 ≠ v2). Das erste Kraftfahrzeug 1 fährt dem zweiten Kraftfahrzeug 18 voraus. Das zweite Kraft-fahrzeug 18 folgt dem ersten Kraftfahrzeug 1.
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4 zeigt ein Diagramm mit einem Weg s auf der x-Achse und einer Zeit t auf der y-Achse. In diesem Diagramm sind Trajektorien der Geradeausfahrt der Fahrzeuge 1, 18 aus 2 dargestellt. Die Prozessoreinheit 3 des ersten Fahrzeugs 1 führt in einem ersten Verfahrensschritt 100 (3) den MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahrzeugs 1 aus und ermittelt dabei basierend auf dem Längsdynamikmodell 14 für das erste Fahrzeug 1 und unter Minimierung der Kostenfunktion 15 des MPC-Algorithmus` 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahrzeugs 1 eine Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs 1 bzw. für das erste Fahrzeug 1 sowie einen individuellen Kostenwert, welchen die Kostenfunktion 15 für die Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs 1 annimmt. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel wird dieser individuell für die Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs 1 berechnete Kostenwert als Primärkostenwert 27 (5) des ersten Fahrzeugs 1 bezeichnet und nimmt beispielhaft den Wert „10“ an. Zur Ermittlung bzw. Berechnung der Primärtrajektorie 23 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 bleiben mögliche Trajektorien des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 unberücksichtigt. Mit anderen Worten schränkt eine mögliche Trajektorie des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 einen Lösungsraum für die Ermittlung der Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs 1 nicht ein. In einem zweiten Verfahrensschritt 200 (3) werden die Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs 1 und der zugehörige Kostenwert (10) an das nachfolge zweite Fahrzeuge 18 übermittelt, z.B. mittels der Kommunikations-Schnittstellen der beiden Fahrzeuge 1, 18.
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Die Prozessoreinheit 3 des zweiten Fahrzeugs 18 führt in einem dritten Verfahrensschritt 300 (3) den MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des zweiten Fahrzeugs 18 aus und ermittelt dabei basierend auf dem Längsdynamikmodell 14 des zweiten Fahrzeugs 18 und unter Minimierung der Kostenfunktion 15 des MPC-Algorithmus` 13 des MPC-Systems 2 des zweiten Fahrzeugs 18 eine Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 bzw. für das zweite Fahrzeug 18 sowie einen individuellen Kostenwert, welchen die Kostenfunktion 15 für die Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 annimmt. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel wird die-ser individuell für die Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 berechnete Kostenwert als Sekundärkostenwert 28 des zweiten Fahrzeugs 18 bezeichnet und nimmt beispielhaft den Wert „10“ an. Zur Ermittlung bzw. Berechnung der Sekundärtrajektorie 24 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 wird die ermittelte und übermittelte Primärtrajektorie 23 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 berücksichtigt. Mit anderen Worten schränkt die Primärtrajektorie 23 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 einen Lösungsraum für die Ermittlung der Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 ein. In 4 ist ein nicht zugelassener Bereich 25 des Lösungsraums rechts neben der Primärtrajektorie 23 markiert. Die Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 darf nicht innerhalb dieses unzulässigen Lösungsraums 25 verlaufen bzw. diesen nicht schneiden, da das zweite nachfolgende Fahrzeug 18 ansonsten auf das vorwegfahrende erste Fahrzeug 1 auffahren würde.
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Die Prozessoreinheit 3 des zweiten Fahrzeugs 18 führt in einem vierten Verfahrensschritt 400 (3) den MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des zweiten Fahrzeugs 18 erneut aus (zusätzlicher Solveraufruf) und ermittelt dabei basierend auf dem Längsdynamikmodell 14 des zweiten Fahrzeugs 18 und unter Minimierung der Kostenfunktion 15 des MPC-Algorithmus` 13 des MPC-Systems 2 des zweiten Fahrzeugs 18 eine Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 bzw. für das zweite Fahrzeug 18 sowie einen individuellen Kostenwert, welchen die Kostenfunktion 15 für die Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 annimmt. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel wird dieser individuell für die Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 berechnete Kostenwert als Primärkostenwert 29 des zweiten Fahrzeugs 18 bezeichnet und nimmt beispielhaft den Wert „8“ an. Zur Ermittlung bzw. Berechnung der Primärtrajektorie 26 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 bleibt die ermittelte und übermittelte Primärtrajektorie 23 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 unberücksichtigt. Mit anderen Worten schränkt die Primärtrajektorie 23 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 den Lösungsraum für die Ermittlung der Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 nicht ein. Es wird somit zugelassen, dass die Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 innerhalb des für die Ermittlung der Sekundärtrajektorie 24 des zweiten nachfolgenden Fahrzeugs 18 unzulässigen Lösungsraums 25 verläuft bzw. diesen schneidet, obwohl das zweite nachfolgende Fahrzeug 18 auf das vorweg-fahrende erste Fahrzeug 1 auffahren würde, wenn das vorwegfahrende erste Fahr-zeug 1 seiner ermittelten Primärtrajektorie 23 folgt.
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In einem fünften Verfahrensschritt 500 (3) wird ein Opportunitätskostenwert 30 (6) für das zweite nachfolgende Fahrzeug 18 berechnet. Diese Berechnung kann insbesondere durch das MPC-System 2 des zweiten Fahrzeugs 18 erfolgen, wobei entsprechender Programmcode in dem MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des zweiten Fahrzeugs 18 enthalten sein kann. Der Opportunitätskostenwert 30 des zwei-ten Fahrzeugs 18 wird ermittelt, indem der Primärkostenwert 29 („8“ in dem gezeigten Beispiel) des zweiten Fahrzeugs 18 von dem Sekundärkostenwert 28 („10“ in dem gezeigten Ausführungsbeispiel) des zweiten Fahrzeugs 18 abgezogen wird. Somit nimmt der Opportunitätskostenwert 30 für das nachfolgende zweite Fahrzeug 18 den positiven Wert „2“ an. In einem sechsten Verfahrensschritt 600 (3) werden die Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 1 und der Opportunitätskostenwert 30 („2“) an das vorwegfahrende erste Fahrzeug 1 übermittelt, z.B. mittels der Kommunikations-Schnittstellen 5 der beiden Fahrzeuge 1, 18. Mit dem Übermitteln schlägt das nachfolgende Fahrzeug 18 dem vorausfahrenden Fahrzeug 1 vor, dass das erste Fahrzeug 1, anstatt seine ermittelte Primärtrajektorie 23 umzusetzen, eine nachfolgend näher beschriebene Sekundärtrajektorie ermitteln soll, welche die Primärtrajektorie 26 berücksichtigt und insgesamt zu weniger Kosten führt.
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Die Primärtrajektorie 26 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 wird in dem gezeigten Ausführungsbeispiel als ein Vektor bzw. als ein Trajektorie-Datensatz 36 an das erste Fahrzeug 1 übermittelt. Solch ein Trajektorie-Datensatz 36 richtet sich nach der Primärtrajektorie 26 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 und beinhaltet in dem gezeigten Ausführungsbeispiel einen Sicherheitsabstand zwischen den beiden Fahr-zeugen 1, 18, der sich in dem seitlichen Versatz widerspiegelt, der zwischen dem Trajektorie-Datensatz 36 und der Primärtrajektorie 26 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 besteht. Beispielsweise kann die Primärtrajektorie 26 des nachfolgen-den zweiten Fahrzeugs 18 als Zeit-Ort-Wertepaare dargestellt werden. Ein Wertepaar könnte z.B. t=10s und s=500m sein. Das bedeutet, dass sich das zweite Fahrzeug 18 bei Auswahl der Primärtrajektorie 26 in 10 Sekunden an einem Ort befinden soll, welcher von der derzeitigen Position 500m entfernt ist. Faktisch bezieht sich diese Aus-sage auf die Vorderstoßstange des zweiten Fahrzeugs 18. Typischerweise bezieht sich der Sicherheitsabstand auf eine Distanz zu dem vorwegfahrenden Fahrzeug 1. Ohne diesen Sicherheitsabstand bestünde die Gefahr, dass das vorwegfahrende erste Fahrzeug 1 selbst keinen Sicherheitsabstand einplant und eine eigene Trajektorie plant, welche die Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 zwar nicht kreuzt, aber berührt (=Stoßstange auf Stoßstange). Um diesem Fall vorzubeugen, ist in die einzelnen Wertepaare des Trajektorie-Datensatzes 36 jeweils ein Sicherheitsabstand eingerechnet.
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In einem siebten Verfahrensschritt 700 (3) führt die Prozessoreinheit 3 des ersten Fahrzeugs 1 den MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahrzeugs 1 erneut aus (erneuter Solveraufruf) und ermittelt dabei basierend auf dem Längsdynamikmodell 14 des ersten Fahrzeugs 1 und unter Minimierung der Kostenfunktion 15 des MPC-Algorithmus` 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahrzeugs 1 eine vorstehend bereits erwähnte Sekundärtrajektorie 31 (7) des ersten Fahrzeugs 1 bzw. für das erste Fahrzeug 1 sowie einen individuellen Kostenwert, welchen die Kosten-funktion 15 für die Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 annimmt. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel wird dieser individuell für die Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 berechnete Kostenwert als Sekundärkostenwert 32 des ersten Fahrzeugs 1 bezeichnet und nimmt beispielhaft den Wert „11“ an. Zur Ermittlung bzw. Berechnung der Sekundärtrajektorie 31 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 wird die ermittelte und übermittelte Primärtrajektorie 26 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 berücksichtigt. Mit anderen Worten schränkt die Primärtrajektorie 26 des nachfolgenden zweiten Fahrzeugs 18 einen Lösungsraum für die Ermittlung der Sekundärtrajektorie 31 des vorwegfahrenden ersten Fahrzeugs 1 ein. In 4 ist ein nicht zugelassener Bereich 33 des Lösungsraums links neben der Primärtrajektorie 26 des ersten Fahrzeugs 33 markiert. Die Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 darf nicht innerhalb dieses unzulässigen Lösungsraums 33 verlaufen bzw. diesen nicht schneiden, da das zweite nachfolgende Fahrzeug 18 ansonsten auf das vorweg-fahrende erste Fahrzeug 1 auffahren würde.
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In einem achten Verfahrensschritt 800 (3) wird ein Opportunitätskostenwert 34 (5) für das vorwegfahrende erste Fahrzeug 1 berechnet. Diese Berechnung kann insbesondere durch das MPC-System 2 des ersten Fahrzeugs 1 erfolgen, wobei entsprechender Programmcode in dem MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahrzeugs 1 enthalten sein kann. Der Opportunitätskostenwert 34 des ersten Fahrzeugs 1 wird ermittelt, indem der Sekundärkostenwert 32 („11“ in dem gezeigten Beispiel) des ersten Fahrzeugs 1 von dem Primärkostenwert 27 („10“ in dem gezeigten Ausführungsbeispiel) des ersten Fahrzeugs 1 abgezogen wird. Somit nimmt der Opportunitätskostenwert 34 für das vorwegfahrende erste Fahrzeug 1 den negativen Wert ,,-1" an.
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In einem neunten Verfahrensschritt 900 (3) wird ein gemeinsames Sparpotential 35 (6) für beide Fahrzeuge 1, 18 berechnet. Diese Berechnung kann insbesondere durch das MPC-System 2 des ersten Fahrzeugs 1 erfolgen, wobei entsprechender Programmcode in dem MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahr-zeugs 1 enthalten sein kann. Das Sparpotential 35 wird ermittelt, indem der Opportunitätskostenwert 34 des ersten Fahrzeugs 1 zu dem Opportunitätskostenwert 30 des zweiten Fahrzeugs 18 addiert wird. Da der Opportunitätskostenwert 34 des ersten Fahrzeugs 1 in dem gezeigten Beispiel negativ ist (,,-1) wird der Opportunitätskosten-wert 34 des ersten Fahrzeugs 1 in dem gezeigten Beispiel von dem Opportunitätskostenwert 30 (,,+2) des zweiten Fahrzeugs 18 abgezogen. Somit nimmt das Sparpotential 35 für die beiden Fahrzeuge 1, 18 den positiven Wert „+1“ an.
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Anhand des Sparpotentials 35 kann bewertet werden, welche Kombination der Trajektorien 23, 31 bzw. 24, 26 der beiden Fahrzeuge 1, 18 für den Schwarm aus dem ersten Fahrzeug1 und dem zweiten Fahrzeug 18 (bzw. aus deren Trajektorien) aus Kostensicht am sinnvollsten ist. In dem vorliegenden Fall wird in einem zehnten Verfahrensschritt 1000 (3) eine für den Schwarm aus Kostensicht vorteilhafte Trajektorie-Kombination ausgewählt. Diese Auswahl kann insbesondere durch das MPC-System 2 des ersten Fahrzeugs 1 erfolgen, wobei entsprechender Programmcode in dem MPC-Algorithmus 13 des MPC-Systems 2 des ersten Fahrzeugs 1 enthalten sein kann.
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Wenn das Sparpotential 35 einen positiven Wert annimmt, wie dies in dem vorliegenden Beispiel der Fall ist, dann wird gemäß einer ersten Alternative (elfter Verfahrensschritt 1100) eine Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs 1 und des zweiten Fahrzeugs 18 basierend auf der Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 und der Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 ermittelt, wobei in einem 12. Verfahrensschritt 1200 die Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs 1 zur Regelung des ersten Fahrzeugs 1 genutzt wird und die Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs 18 zur Regelung des zweiten Fahrzeugs 18 genutzt wird. Das nachfolgende zweite Fahr-zeug 18 kann dabei die Primärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 als eine harte Nebenbedingung einbinden, die zwingend erfüllt sein muss, z.B. indem die Primärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 in Form eines Constraint-Vektors/Datenarrays berücksichtigt wird. Unter Einhaltung dieser Nebenbedingung kann die Auswahltrajektorie für das zweite Fahrzeug ermittelt und umgesetzt werden. In einem einfachen Beispiel kann die Auswahltrajektorie des ersten Fahrzeugs 1 dabei der Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 entsprechen (ggfs. unter Einbeziehen des vorstehend beschriebenen Sicherheitsabstands zu dem vorausfahrenden ersten Fahrzeug 1), wobei die Auswahltrajektorie des zweiten Fahrzeugs 18 der Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 entspricht.
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Somit nimmt das erste Fahrzeug 1 in Kauf, seiner Sekundärtrajektorie 31 mit höheren Kosten zu folgen, damit das zweite Fahrzeug 18 seiner Primärtrajektorie 26 mit reduzierten Kosten folgen kann. Diesen Kostennachteil nimmt das erste Fahrzeug 1 auch deshalb in Kauf, weil die Summe aus den individuellen Kostenwerten der Primärtrajektorie 26 des zweiten Fahrzeugs 18 und der Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahr-zeugs 1 geringer ist (8 + 11 = 19) als die Summe aus den individuellen Kostenwerten der Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs und der Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 (10 + 10 = 20). Im Rahmen dieser Alternative (Verfahrens-schritte 1100, 1200) kann das erste Fahrzeug 1 eine Kooperationsbestätigung an das nachfolgende zweite Fahrzeug 18 senden, anschließend die Sekundärtrajektorie 31 umsetzen und die Sekundärtrajektorie 31 an das erste Fahrzeug 18 kommunizieren.
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Um dem vorausfahrenden ersten Fahrzeug 1 einen weiteren Anreiz zu geben, von seiner für ihn günstigeren Primärtrajektorie 23 abzuweichen, um die Kosten für das nachfolgende zweite Fahrzeug 18 zu verringern und die Schwarmeffizienz zu erhöhen, können die ausgewählten Trajektorien 26, 31 derart geändert werden, dass eine Kosten-Kompensation für das erste Fahrzeug 1 und für das zweite Fahrzeug 18 entsteht. Die Kompensation ist dabei derart gewählt, dass es zu einer Pareto-Verbesserung kommt, bei der sich für beide Fahrzeuge 1, 18 eine Minimierung der Einzelkosten einstellen kann. Die Kompensation findet statt, bevor die ausgewählten Trajektorien 26, 31 in den Fahrzeugen 1, 18 umgesetzt werden.
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Gemäß der Sekundärtrajektorie 31 des ersten Fahrzeugs 1 soll das vorausfahrende erste Fahrzeug mit dem Kostenwert = 11 und das nachfolgende zweite Fahrzeug 18 gemäß seiner Primärtrajektorie 26 mit einem Kostenwert = 8 fahren. Damit ein Anreiz für das vorausfahrende erste Fahrzeug 1 zu dieser Anpassung entsteht, wird parallel eine Kompensation vorgenommen. Dazu wird ein gemeinsamer Kompensationsfaktor 37 für beide Fahrzeuge 1,18 berechnet. Der Kompensationskoeffizient 37 ergibt sich beispielsweise aus einer Summe des Betrags des Opportunitätskostenwerts 34 des ersten Fahrzeugs 1 zuzüglich der Hälfte des Sparpotentials 35, das für beide Fahr-zeuge 1, 18 gilt. In dem gezeigten Beispiel ergibt sich somit für den Kompensations-koeffizient 37 ein Wert von |-1| + 0,5 * 1 = 1,5. Der Kompensationskoeffizient 37 wird von dem Sekundärkostenwert 32 des ersten Fahrzeugs 1 abgezogen, sodass sich ein kompensierter Sekundärkostenwert von 11 - 1,5 = 9,5 für das erste Fahrzeug 1 ergibt. Der Kompensationskoeffizient 37 wird zu dem Primärkostenwert 29 des zweiten Fahrzeugs 1 addiert, sodass sich ein kompensierter Primärkostenwert von 8 + 1,5 = 9,5 für das erste Fahrzeug 1 ergibt.
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Die Trajektorien Planung findet wiederholt statt, wobei sich die assoziierten Kosten entsprechend ändern können, z.B. wenn ein weiteres Fahrzeug innerhalb des Prädiktionshorizonts auftaucht. Daher wird der Kompensationskoeffizient 37 mit einem Streckenfaktor multipliziert. Der Streckenfaktor ergibt sich aus einer Iterationslänge x in Metern dividiert durch eine Länge l des Prädiktionshorizonts in Metern. Die Regelmäßigkeit der Iteration wird durch die Iterationslänge x bestimmt. Dies kann z.B. alle 10 Meter der Fall sein. Die Distanz x kann, aber muss nicht einem Abstand von Diskretisierungspunkten innerhalb des Prädiktionshorizonts entsprechen. Wenn der Prädiktionshorizont l beispielsweise eine Länge von 1000 Metern aufweist, sollte die Kompensation dementsprechend nur über einen Anteil der ersten 10 Meter erfolgen. Da dies nicht mit der intrinsischen Logik der MPC-Trajektorien Planung vereinbar, wird die Kompensation anteilig durchgeführt, in dem genannten Beispiel 10/1000 = 1 % von 1.5. Da sich der Kompensationskoeffizient 37 (in dem Beispiel mit dem Wert ,,1.5") sich aus den Opportunitätskosten über die gesamte Länge des Prädiktionshorizonts ergeben, die MPC-Algorithmen 13 der MPC-Systeme 2 der Fahrzeuge 1, 18 aber schon nach 10 Metern erneut ausgeführt werden, wird nur anteilig durch Multiplikation mit dem Streckenfaktor kompensiert.
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Wenn das Sparpotential hingegen den Wert null oder einen negativen Wert annimmt, dann wird in einem 13. Verfahrensschritt 1300 die Primärtrajektorie 23 des ersten Fahrzeugs 1 zur Regelung des ersten Fahrzeugs 1 und die Sekundärtrajektorie 24 des zweiten Fahrzeugs 18 zur Regelung des zweiten Fahrzeugs 18 ausgewählt und die beiden Fahrzeuge 1, 18 werden in einem 14. Verfahrensschritt 1400 entsprechend geregelt. Dies entspricht einer Auswahl und Umsetzung der ursprünglich geplanten Trajektorien 23, 24, die insgesamt weniger Kosten verursachen als die alternativen Trajektorien 26, 31, die durch das vorausfahrende erste Fahrzeug 1 abgelehnt wer-den.
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Bezugszeichen
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- v1
- Geschwindigkeit des ersten Fahrzeugs
- x1
- Fahrtrichtung des ersten Fahrzeugs
- v2
- Geschwindigkeit des zweiten Fahrzeugs
- x2
- Fahrtrichtung des zweiten Fahrzeugs
- 1
- erstes Fahrzeug (vorausfahrend)
- 2
- MPC-System
- 3
- Prozessoreinheit des ersten Fahrzeugs
- 4
- Speichereinheit
- 5
- Kommunikationsschnittstelle
- 6
- Erfassungseinheit
- 7
- Antriebsstrang
- 8
- elektrische Maschine
- 9
- Batterie
- 10
- Getriebe
- 11
- Computerprogrammprodukt
- 12
- GNSS-Sensor
- 13
- MPC-Algorithmus
- 14
- Längsdynamikmodell
- 15
- Kostenfunktion
- 16
- Fahrerassistenzsystem
- 17
- Verbrennungskraftmotor
- 18
- zweites Fahrzeug (folgend)
- 19
- Prozessoreinheit des Fahrerassistenzsystems
- 20
- Kommunikationsschnittstelle des Fahrerassistenzsystems
- 21
- Straße
- 22
- Radarsensor
- 23
- Primärtrajektorie erstes Fahrzeug
- 24
- Sekundärtrajektorie zweites Fahrzeug
- 25
- unzulässiger Lösungsraum
- 26
- Primärtrajektorie zweites Fahrzeug
- 27
- Primärkostenwert erstes Fahrzeug
- 28
- Sekundärkostenwert zweites Fahrzeug
- 29
- Primärkostenwert zweites Fahrzeug
- 30
- Opportunitätskostenwert zweites Fahrzeug
- 31
- Sekundärtrajektorie erstes Fahrzeug
- 32
- Sekundärkostenwert erstes Fahrzeug
- 33
- unzulässiger Lösungsraum
- 34
- Opportunitätskostenwert erstes Fahrzeug
- 35
- Sparpotential
- 36
- Trajektorie-Datensatz
- 37
- Kompensationsfaktor
- 100 bis 1400
- Verfahrensschritte