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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines Kraftfahrzeugs, ein Steuergerät für ein System zum Steuern eines Kraftfahrzeugs, ein Kraftfahrzeug sowie ein Computerprogramm zur Durchführung des Verfahrens.
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Eine der Hauptherausforderungen für Fahrassistenzsysteme, die eine Längsbewegung und eine Querbewegung eines Kraftfahrzeugs teilweise automatisiert steuern, und vor allem für vollständig automatisiert fahrende Kraftfahrzeuge besteht darin, eine konkrete Situation, in der sich das Kraftfahrzeug befindet, zu analysieren und basierend darauf entsprechende sinnvolle Fahrmanöver für das Kraftfahrzeug herzuleiten.
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Zu diesem Zweck zeichnen Sensoren des Kraftfahrzeugs, beispielsweise Radarsensoren und/oder Kameras, die Umgebung des Kraftfahrzeugs auf, um ein Abbild der Umgebung zu erzeugen. Dieses Abbild der Umgebung wird dann dazu verwendet, das Kraftfahrzeug zu steuern.
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Eine besondere Schwierigkeit stellt es dabei dar, eine Wechselwirkung des Kraftfahrzeugs, genauer gesagt von Fahrmanövern des Kraftfahrzeugs mit umgebenden Verkehrsteilnehmern korrekt zu berücksichtigen. Insbesondere müssen voraussichtliche Fahrmanöver der umgebenden Verkehrsteilnehmer bei der Steuerung des Kraftfahrzeugs berücksichtigt werden, was aufgrund von Unsicherheiten dieser voraussichtlichen Fahrmanöver erschwert ist.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren sowie ein Steuergerät für ein System zum Steuern eines Kraftfahrzeugs bereitzustellen, das eine zuverlässige Steuerung des Kraftfahrzeugs in Gegenwart von weiteren Verkehrsteilnehmern ermöglicht.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Steuern eines Kraftfahrzeugs, das auf einer Straße in einer momentanen Fahrspur fährt, wobei die Straße wenigstens eine weitere Fahrspur aufweist, die zur momentanen Fahrspur des Kraftfahrzeugs benachbart ist. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte: Eine Verkehrsentwicklungsverteilung wird generiert und/oder empfangen, welche Informationen über die jeweilige Wahrscheinlichkeit verschiedener möglicher Entwicklungen einer momentanen Verkehrssituation enthält. Mögliche Fahrmanöver für das Kraftfahrzeug werden basierend auf der Verkehrsentwicklungsverteilung ermittelt. Eines der ermittelten Fahrmanöver wird zumindest basierend auf der Verkehrsentwicklungsverteilung ausgewählt.
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Dabei bezeichnet eine „mögliche Entwicklung“ der Verkehrssituation alle größeren Änderungen an der Verkehrssituation. Beispiele hierfür sind Spurwechsel und/oder Überholmanöver weiterer Verkehrsteilnehmer. Zum Beispiel bleiben kleinere Lageänderungen der Verkehrsteilnehmer innerhalb der gleichen Fahrspur unberücksichtigt.
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Die Erfindung basiert auf dem Grundgedanken, die momentane Verkehrssituation und deren mögliche Entwicklung in der Zukunft wahrscheinlichkeitstheoretisch zu behandeln. Die entsprechenden mathematischen Methoden und deren Computerimplementierung sind bereits weit fortgeschritten, sodass die wahrscheinlichkeitstheoretische Behandlung der Verkehrssituation in Echtzeit erfolgen kann. Dementsprechend stellt das erfindungsgemäße Verfahren eine Möglichkeit bereit, die Fahrmanöver weiterer Verkehrsteilnehmer in Echtzeit bei der Planung des Fahrmanövers für das Kraftfahrzeug zu berücksichtigen.
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Gleichzeitig ist das erfindungsgemäße Verfahren durch die wahrscheinlichkeitstheoretische Behandlung nicht „überkonservativ“, sodass das erfindungsgemäße Verfahren auch in komplizierteren Verkehrssituationen eingesetzt werden kann und ein „Einfrieren“ der automatischen Steuerung des Kraftfahrzeugs verhindert wird. Dieses Problem wird im Englischen auch als „freezing robot problem“ bezeichnet.
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Ein Beispiel für eine solche überkonservative Behandlung einer Verkehrssituation wäre die Forderung, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, dass sich einer der anderen Verkehrsteilnehmer in einem Bereich der Straße aufhält, durch den das mögliche Fahrmanöver verläuft, gleich null sein muss.
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Ein Aspekt der Erfindung sieht vor, dass die Verkehrsentwicklungsverteilung wenigstens eine Trajektorienverteilung für wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmer enthält, wobei die Trajektorienverteilung Informationen über die jeweilige Wahrscheinlichkeit verschiedener möglicher Trajektorien des wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmers enthält, insbesondere wobei die Verkehrsentwicklungsverteilung jeweils eine Trajektorienverteilung für jeden weiteren Verkehrsteilnehmer enthält.
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Unter dem Begriff „Trajektorie“ ist dabei und im Folgenden stets eine Raum-Zeit-Kurve zu verstehen, die das Kraftfahrzeug oder der wenigstens eine weitere Verkehrsteilnehmer durchläuft.
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Die wenigstens eine Trajektorienverteilung beschreibt im Gegensatz zu den möglichen Entwicklungen der Verkehrssituation kleinere Änderungen einer vorhergesagten Trajektorie des wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmers innerhalb der jeweiligen möglichen Entwicklung der Verkehrssituation. Beispiele hierfür sind kleinere Kurskorrekturen innerhalb einer der Fahrspuren sowie leichtes Verzögern oder leichtes Beschleunigen des wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmers.
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Dementsprechend werden in dieser Ausgestaltung der Erfindung auch diese kleineren Änderungen der vorhergesagten Trajektorie des wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmers bei der Auswahl des Fahrmanövers berücksichtigt.
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Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung werden die möglichen Fahrmanöver für die wahrscheinlichste Entwicklung der momentanen Verkehrssituation und/oder für die wahrscheinlichste Trajektorie des wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmers ermittelt. Es werden also nicht sämtliche Eventualitäten unbeachtlich ihrer eventuell verschwindenden Wahrscheinlichkeit mitberechnet, sondern die möglichen Fahrmanöver werden lediglich für das wahrscheinlichste Szenario ermittelt. Dadurch werden Rechenzeit und Rechenressourcen eingespart, was die Echtzeitfähigkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens weiter verbessert.
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Gegebenenfalls werden die möglichen Fahrmanöver für die zwei, drei oder mehr wahrscheinlichsten Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation und/oder für die für die zwei, drei oder mehr wahrscheinlichsten Trajektorien des wenigstens einen weiteren Verkehrsteilnehmers ermittelt. Insbesondere geschieht dies, wenn die zwei, drei oder mehr wahrscheinlichsten Entwicklungen bzw. die zwei, drei oder mehr wahrscheinlichsten Trajektorien in etwa die gleiche Wahrscheinlichkeit aufweisen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung werden die ermittelten Fahrmanöver jeweils optimiert, bevor eines der ermittelten Fahrmanöver ausgewählt wird. Insbesondere wird zur Optimierung der ermittelten Fahrmanöver ein Kostenfunktional ermittelt, welches der Raum-Zeit-Trajektorie, die das jeweilige Fahrmanöver beschreibt, einen Kostenfaktor zuordnet. Um das Fahrmanöver zu optimieren, wird das Kostenfunktional extremiert, insbesondere minimiert. Dementsprechend werden zur Auswahl des Fahrmanövers nur bereits optimierte Fahrmanöver miteinander verglichen, sodass bei der Auswahl nicht ein zufällig beinahe optimales mit einem zufällig suboptimalen Fahrmanöver verglichen wird.
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Vorzugsweise werden verdeckte Bereiche der Straße ermittelt, wobei beim Auswählen eines der ermittelten Fahrmanöver berücksichtigt wird, ob und/oder wie lange sich das Kraftfahrzeug in wenigstens einem der verdeckten Bereiche aufhält, wenn das ausgewählte Fahrmanöver ausgeführt wird.
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Ein Bereich der Straße ist genau dann verdeckt, wenn er für Sensoren des Kraftfahrzeugs nicht erfassbar ist. Im Falle von optischen Systemen bedeutet dies, dass weitere Verkehrsteilnehmer, Straßenschilder, Bauwerke, Bäume, Büsche etc. zwischen dem Kraftfahrzeug und dem betreffenden Bereich der Straße liegen und so die Sicht der Sensoren blockieren.
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Folglich lässt sich mittels Sensoren des Kraftfahrzeugs auch nicht ermitteln, ob sich Gegenstände, Personen, Hindernisse, weitere Verkehrsteilnehmer etc. in den verdeckten Bereichen befinden. Dementsprechend sollte sich das Kraftfahrzeug beim Ausführen des ausgewählten Fahrmanövers gar nicht oder möglichst kurz in den verdeckten Bereichen aufhalten. Der oben beschriebene Aspekt des erfindungsgemäßen Verfahrens berücksichtigt dies.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass basierend auf der Verkehrsentwicklungsverteilung, insbesondere basierend auf der wenigstens einen Trajektorienverteilung, Belegungswahrscheinlichkeiten und/oder Belegungswahrscheinlichkeitsdichten dafür ermittelt werden, dass ein jeweiliger Teilbereich der Straße durch einen anderen Verkehrsteilnehmer belegt ist. Umgekehrt führt eine Kenntnis der Belegungswahrscheinlichkeiten bzw. Belegungswahrscheinlichkeitsdichten dazu, dass auch die Wahrscheinlichkeiten dafür bekannt sind, dass ein bestimmter Teil der Straße frei ist. Dementsprechend kann bei der Ermittlung der Fahrmanöver und/oder bei der Auswahl des Fahrmanövers berücksichtigt werden, ob ein bestimmter Bereich der Straße wahrscheinlich frei oder wahrscheinlich belegt ist.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird für die möglichen Fahrmanöver basierend auf den Belegungswahrscheinlichkeiten und/oder den Belegungswahrscheinlichkeitsdichten jeweils eine kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit für das jeweilige Fahrmanöver ermittelt.
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Zur Ermittlung der kumulierten Belegungswahrscheinlichkeit werden die einzelnen Wahrscheinlichkeiten dafür aufsummiert, dass kleinere Teilbereiche der Straße entlang des möglichen Fahrmanövers belegt sind. Die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit ist daher gleich der Gesamtwahrscheinlichkeit dafür, dass wenigstens einer der kleinere Teilbereiche der Straße entlang des möglichen Fahrmanövers belegt ist.
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Anders ausgedrückt ist die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit die Gesamtwahrscheinlichkeit dafür, dass die Straße entlang des möglichen Fahrmanövers nicht frei ist.
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Die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit stellt daher ein natürliches Maß für die Wahrscheinlichkeit einer Kollision entlang des jeweiligen möglichen Fahrmanövers dar.
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Insbesondere werden zur Ermittlung der kumulierten Bewegungswahrscheinlichkeit die Belegungswahrscheinlichkeiten und/oder die Belegungswahrscheinlichkeitsdichten mit einer Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Kraftfahrzeug und dem entsprechenden weiteren Verkehrsteilnehmer gewichtet, der den jeweiligen Teilbereich belegt, oder die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit wird mit einer Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Kraftfahrzeug und dem entsprechenden weiteren Verkehrsteilnehmer gewichtet. Auf diese Weise wird nicht nur berücksichtigt, wie wahrscheinlich eine Kollision ist, sondern auch, wie stark die Kollision wäre.
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Vorzugsweise wird die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit bzw. die gewichtete kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit beim Auswählen eines der möglichen Fahrmanöver berücksichtigt wird. Dabei werden jedoch nicht alle Fahrmanöver verworfen, die eine Kollisionswahrscheinlichkeit ungleich null aufweisen, um das oben genannte „freezing robot problem“ zu vermeiden. Jedoch kann hier das Fahrmanöver mit der geringsten Kollisionswahrscheinlichkeit ausgewählt werden.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung sieht vor, dass zumindest die momentane Fahrspur und/oder die wenigstens eine weitere Fahrspur in ein Frenet-Serret-Koordinatensystem transformiert werden bzw. wird. In diesem Koordinatensystem ist jede Straße krümmungsfrei, sodass unabhängig von einem tatsächlichen Verlauf der Straße jede Straßenverkehrssituation auf die gleiche Art und Weise behandelt werden kann.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung wird das Kraftfahrzeug basierend auf dem ausgewählten Fahrmanöver wenigstens teilweise automatisiert gesteuert, insbesondere vollautomatisch. Alternativ oder zusätzlich werden dem Fahrer auf Basis des ausgewählten Fahrmanövers Hinweise gegeben. Das Kraftfahrzeug wird dabei basierend auf dem ausgewählten Fahrmanöver wenigstens teilweise automatisiert gesteuert, insbesondere vollautomatisch.
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Denkbar ist auch, dass wenigstens zwei voneinander verschiedene Fahrmanöver auswählt werden. Einem Fahrer des Kraftfahrzeugs werden Informationen über die verschiedenen ausgewählten Fahrmanöver angezeigt und der Fahrer kann entscheiden, welches der Fahrmanöver ausgeführt werden soll.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Steuergerät für ein System zum Steuern eines Kraftfahrzeugs oder für ein Kraftfahrzeug, wobei das Steuergerät dazu ausgebildet ist, ein oben beschriebenes Verfahren durchzuführen. Hinsichtlich der Vorteile und Merkmale wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, die entsprechend auch für das Steuergerät gelten und umgekehrt.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Kraftfahrzeug mit einem oben beschriebenen Steuergerät. Hinsichtlich der Vorteile und Merkmale wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, die entsprechend auch für das Kraftfahrzeug gelten und umgekehrt.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Computerprogramm mit Programmcodemitteln, um die Schritte eines oben beschriebenen Verfahrens durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einem Computer oder einer entsprechenden Recheneinheit ausgeführt wird, insbesondere einer Recheneinheit eines oben beschriebenen Steuergeräts. Hinsichtlich der Vorteile und Merkmale wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, die entsprechend auch für das Computerprogramm gelten und umgekehrt.
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Unter „Programmcodemitteln“ sind dabei und im Folgenden computerausführbare Instruktionen in Form von Programmcode und/oder Programmcodemodulen in kompilierter und/oder in unkompilierter Form zu verstehen, die in einer beliebigen Programmiersprache und/oder in Maschinensprache vorliegen können.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den beigefügten Zeichnungen, auf die Bezug genommen wird. In diesen zeigen:
- - 1 schematisch eine Straßenverkehrssituation;
- - 2 ein schematisches Blockschaltbild eines erfindungsgemäßen Systems zum Steuern eines Kraftfahrzeugs;
- - 3 ein Ablaufdiagramm der Schritte eines erfindungsgemäßen Verfahren;
- - die 4(a) und 4(b) schematisch eine Straße vor einer Transformation in ein Frenet-Serret-Koordinatensystem bzw. die Straße nach einer Transformation in ein Frenet-Serret-Koordinatensystem
- - 5 die Straßenverkehrssituation aus 1 mit angedeuteten Trajektorienverteilungen der Verkehrsteilnehmer; und
- - 6 die Straßenverkehrssituation aus 1 mit eingezeichneten für das Kraftfahrzeug verdeckten Bereichen.
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In 1 ist schematisch eine Straßenverkehrssituation gezeigt, in der ein Kraftfahrzeug 10 auf einer Straße 12 in einer momentanen Fahrspur 14 fährt. In Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs 10 gesehen links neben der momentanen Fahrspur 14 verläuft eine weitere Fahrspur 16. Rechts neben der momentanen Fahrspur 14 verläuft ein Beschleunigungsstreifen 18.
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Auf der Straße 12 fahren außerdem ein erster weiterer Verkehrsteilnehmer 20 in der momentanen Fahrspur 14, ein zweiter weiterer Verkehrsteilnehmer 22 auf dem Beschleunigungsstreifen 18 sowie ein dritter weiterer Verkehrsteilnehmer 24 in der weiteren Fahrspur 16. Im gezeigten Beispiel handelt es sich bei den weiteren Verkehrsteilnehmern 20, 22, 24 um Personenkraftwagen, es könnte sich jedoch auch um Lastkraftwagen, Krafträder oder um beliebige andere Verkehrsteilnehmer handeln.
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In 1 sind beispielhaft zwei verschiedene mögliche Entwicklungen der abgebildeten Verkehrssituation angedeutet. In beiden Fällen will der zweite weitere Verkehrsteilnehmer 22 in naher Zukunft vom Beschleunigungsstreifen 18 auf die momentane Fahrspur 14 des Kraftfahrzeugs 10 wechseln, wie durch die Trajektorien 26 und 26' angedeutet ist. Dies zeigt der zweite weitere Verkehrsteilnehmer 22 zum Beispiel durch Verwendung des entsprechenden Fahrtrichtungsanzeigers an.
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Dabei ist in 1 aus Übersichtsgründen lediglich eine räumliche Komponente der Trajektorien 26, 26' abgebildet. Unter dem Begriff „Trajektorie“ ist dabei und im Folgenden jedoch stets eine Raum-Zeit-Kurve zu verstehen, die das Kraftfahrzeug 10 oder einer der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 durchläuft.
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Die Trajektorie kann durch eine Funktion beschrieben werden, welche die Abhängigkeit einer longitudinalen Position L(t) in Längsrichtung L sowie einer lateralen Position N(t) in Querrichtung N des Kraftfahrzeugs 10 bzw. des betreffenden weiteren Verkehrsteilnehmers 20, 22, 24 von der Zeit t beschreibt.
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Alternativ kann die Trajektorie aus durch eine Parametrisierung der Zeit t(a), der longitudinalen Position L(a) und der lateralen Position N(a) in Abhängigkeit von einem Paramter α beschrieben werden.
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Eine bestimmte Trajektorie entspricht dabei genau einem bestimmten Fahrmanöver, weswegen diese Begriffe im Folgenden synonym gebraucht werden.
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Die beiden möglichen Fahrmanöver des zweiten weiteren Verkehrsteilnehmers 22 unterscheiden sich in dem gezeigten Beispiel dadurch, wann der zweite weitere Verkehrsteilnehmer 22 auf die momentane Fahrspur 14 wechselt. Genauer gesagt wechselt der zweite weitere Verkehrsteilnehmer 22, wenn er der Trajektorie 26 folgt, zeitlich und räumlich früher auf die momentane Fahrspur 14 als wenn er der Trajektorie 26' folgt.
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Als Reaktion auf das Fahrmanöver 26 des zweiten weiteren Verkehrsteilnehmers 22 wechselt der erste weitere Verkehrsteilnehmer 20 von der momentanen Fahrspur 14 auf die weitere Fahrspur 16, wie durch die Trajektorie 28 angedeutet ist.
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Der Wechsel des ersten weiteren Verkehrsteilnehmers 20 auf die weitere Fahrspur 16 veranlasst wiederum den dritten weiteren Verkehrsteilnehmer 24 dazu zu bremsen, wie durch die Trajektorie 30 angedeutet ist.
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Folgt der zweite weitere Verkehrsteilnehmer 22 hingegen der Trajektorie 26', so weicht der erste weitere Verkehrsteilnehmer 20 nicht auf die weitere Fahrspur 16 aus, sondern bleibt hinter dem zweiten weiteren Verkehrsteilnehmer auf der momentanen Fahrspur 14 (Trajektorie 28'). Dementsprechend muss der dritte weitere Verkehrsteilnehmer 24 nicht bremsen und kann ungehindert auf der weiteren Fahrspur 16 weiterfahren (Trajektorie 30').
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Wie in 2 gezeigt ist, weist das Kraftfahrzeug 10 ein System 32 zum Steuern des Kraftfahrzeugs 10 auf. Das System 32 umfasst mehrere Sensoren 34 und zumindest ein Steuergerät 36.
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Die Sensoren 34 sind vorne, hinten und/oder seitlich am Kraftfahrzeug 10 angeordnet und dazu ausgebildet, die Umgebung des Kraftfahrzeugs 10 zu erfassen, entsprechende Umgebungsdaten zu generieren und diese an das Steuergerät 36 weiterzuleiten.
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Genauer gesagt erfassen die Sensoren 34 Informationen zumindest über die momentane Fahrspur 14, die weitere Fahrspur 16, den Beschleunigungsstreifen 18 und über die weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24.
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Bei den Sensoren 34 handelt es sich jeweils um eine Kamera, um einen Radarsensor, um einen Abstandssensor, um einen LIDAR-Sensor und/oder um eine beliebige andere Art von Sensor, die dazu geeignet ist, die Umgebung des Kraftfahrzeugs 10 zu erfassen.
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Alternativ oder zusätzlich kann zumindest einer der Sensoren 34 als Schnittstelle zu einem Leitsystem ausgebildet sein, das wenigstens dem gezeigten Abschnitt der Straße 12 zugeordnet und dazu ausgebildet ist, Umgebungsdaten über die Straße 12 und/oder über die weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 an das Kraftfahrzeug 10 und/oder an die weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 zu übermitteln. Der eine Sensor 34 kann in diesem Fall als Mobilfunkkommunikationsmodul ausgeführt sein, zum Beispiel zur Kommunikation gemäß dem 5G Standard.
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Allgemein ausgedrückt verarbeitet das Steuergerät 36 die von den Sensoren 34 erhaltenen Umgebungsdaten und steuert das Kraftfahrzeug 10 basierend auf den verarbeiteten Umgebungsdaten wenigstens teilweise automatisiert, insbesondere vollautomatisch. Auf dem Steuergerät 36 ist also ein Fahrassistenzsystem implementiert, das eine Querbewegung und/oder eine Längsbewegung des Kraftfahrzeugs 10 wenigstens teilweise automatisiert steuern kann, insbesondere vollautomatisch.
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Dabei muss das Kraftfahrzeug 10 die Fahrmanöver der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 berücksichtigen, insbesondere um Kollisionen mit den weiteren Verkehrsteilnehmern 20, 22, 24 zu vermeiden.
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Das Steuergerät 36 ist dazu ausgebildet, die im Folgenden anhand der 3 bis 6 erläuterten Verfahrensschritte durchzuführen. Genauer gesagt umfasst das Steuergerät 36 einen Datenträger 38 und eine Recheneinheit 40, wobei auf dem Datenträger 38 ein Computerprogramm gespeichert ist, das auf der Recheneinheit 40 ausgeführt wird und das Programmcodemittel umfasst, um die Schritte des im Folgenden erläuterten Verfahrens durchzuführen.
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Zunächst wird die Straße 12, genauer gesagt ein auf den von den Sensoren 34 erhaltenen Umgebungsdaten basierendes Abbild der momentanen Fahrspur 14, der weiteren Fahrspur 16 und des Beschleunigungsstreifens 18 in ein Frenet-Serret-Koordinatensystem transformiert (Schritt S1).
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Der Schritt S1 ist in 4 illustriert. 4 (a) zeigt die Straße 12, wie sie tatsächlich verläuft. Im gezeigten Beispiel weist die Straße, in Längsrichtung L gesehen, eine Krümmung nach links auf. Durch eine lokale Koordinatentransformation wird die Straße 12 in das Frenet-Serret-Koordinatensystem transformiert, in dem die Straße 12 keine Krümmung mehr aufweist, wobei das Ergebnis dieser Transformation in 4 (b) gezeigt ist. Wie klar zu erkennen ist, verläuft die Straße 12 in diesem Koordinatensystem gerade und ohne Krümmung entlang der Längsrichtung L.
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Um die Trajektorien der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 beim wenigstens teilweise automatisierten Steuern des Kraftfahrzeugs 10 zu berücksichtigen, wird eine Verkehrsentwicklungsverteilung generiert oder empfangen (Schritt S2).
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Die Verkehrsentwicklungsverteilung enthält allgemein ausgedrückt Informationen darüber, wie wahrscheinlich verschiedene mögliche Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation sind, in der sich das Kraftfahrzeug 10 befindet.
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Unter einer „möglichen Entwicklung“ der Verkehrssituation ist dabei und im Folgenden ein Satz von Trajektorien zu verstehen, für jeden der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 eine zugeordnete Trajektorie umfasst.
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Anders ausgedrückt entspricht eine mögliche Entwicklung der Verkehrssituation jeweils einem bestimmten Satz von Fahrmanövern für die weiteren Verkehrsteilnehmer.
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Im Allgemeinen enthält die Verkehrsentwicklungsverteilung also für mehrere mögliche, insbesondere für jede mögliche Entwicklung der Verkehrssituation die entsprechende Wahrscheinlichkeit, dass diese Entwicklung eintritt.
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So gibt die Verkehrsentwicklungsverteilung in dem in 1 gezeigten Beispiel an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die erste oder die zweite mögliche Entwicklung der Verkehrssituation eintritt, also, die Wahrscheinlichkeiten, dass die weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 die Fahrmanöver 28, 26, 30 bzw. 28', 26' 30' ausführen.
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So kann, rein beispielhaft, die erste mögliche Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit von 30 % und die zweite mögliche Entwicklung eine Wahrscheinlichkeit von 70 % aufweisen.
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Natürlich kann es auch mehr als zwei verschiedene mögliche Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation geben. Die Verkehrsentwicklungsverteilung enthält dann Informationen über die jeweilige Wahrscheinlichkeit mehrerer dieser möglichen Entwicklungen, insbesondere über die jeweilige Wahrscheinlichkeit aller dieser möglichen Entwicklungen.
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Die Verkehrsentwicklungsverteilung kann vom Kraftfahrzeug 10, genauer gesagt vom Steuergerät 36 generiert werden. Zu diesem Zweck kann das Steuergerät 36 ein Vorhersagemodul 42 aufweisen, das dazu ausgebildet ist, basierend auf den von den Sensoren 34 erhaltenen Umgebungsdaten und/oder basierend auf per Inter-Fahrzeug-Kommunikation mit den weiteren Verkehrsteilnehmern 20, 22, 24 ausgetauschten Daten mögliche Trajektorien der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 zu ermitteln.
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Basierend auf den ermittelten Trajektorien der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 ermittelt das Vorhersagemodul 42, beispielsweise mittels einer Simulation der momentanen Straßenverkehrssituation, die möglichen Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation und weist ihnen jeweils eine Wahrscheinlichkeit zu.
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Alternativ kann das Steuergerät 36 die prognostizierten Trajektorien der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 auch vom Leitsystem und/oder von den weiteren Verkehrsteilnehmern 20, 22, 24 erhalten, basierend darauf die möglichen Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation ermitteln und ihnen jeweils eine Wahrscheinlichkeit zuweisen.
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Alternativ kann das Steuergerät 36 die Verkehrsentwicklungsverteilung auch vom Leitsystem erhalten. In diesem Fall muss das Kraftfahrzeug 10, genauer gesagt das Steuergerät 36 also die möglichen Entwicklungen der Verkehrssituation nicht selbst bestimmen, sondern bekommt diese Informationen direkt vom Leitsystem, das die Ermittlung der möglichen Entwicklungen der Verkehrssituation zentralisiert übernimmt.
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Zusätzlich zu den Informationen über die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen möglichen Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation umfasst die Verkehrsentwicklungsverteilung für jeden weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 jeweils eine Trajektorienverteilung, welche Informationen über die jeweilige Wahrscheinlichkeit verschiedener möglicher Trajektorien des jeweiligen Verkehrsteilnehmers 20, 22, 24 enthält.
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Genauer gesagt umfassen die Trajektorienverteilungen für jede mögliche Entwicklung der momentanen Verkehrssituation jeweils Informationen über die Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen möglichen Trajektorien innerhalb dieser speziellen Entwicklung der momentanen Verkehrssituation.
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Dabei bezeichnet eine „mögliche Entwicklung“ der Verkehrssituation alle größeren Änderungen an der Verkehrssituation. Beispiele hierfür sind Spurwechsel und/oder Überholmanöver der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24.
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Die Trajektorienverteilungen beschreiben hingegen kleinere Änderungen der Trajektorien des entsprechenden Verkehrsteilnehmers 20, 22, 24 innerhalb der jeweiligen möglichen Entwicklung der Verkehrssituation. Beispiele hierfür sind kleinere Kurskorrekturen innerhalb einer der Fahrspuren 14, 16 sowie leichtes Verzögern oder leichtes Beschleunigen der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24.
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Anders ausgedrückt umfasst die Verkehrsentwicklungsverteilung also Trajektorienverteilungen Po
i (L,N,t|Ej), wobei i ∈ {1,2, ..., nVKTN} und j ∈ {1,2, ..., nEntw}. Dabei ist nVKTN die Zahl der in der momentanen Verkehrssituation zur Steuerung des Kraftfahrzeugs relevanten Verkehrsteilnehmer und nEntw die Zahl der möglichen Entwicklungen der momentanen Verkehrssituation. „|Ej“ gibt dabei an, dass die Trajektorienverteilung unter der Einschränkung gilt, dass die mögliche Entwicklung Ej der Verkehrssituation eintritt. Im oben aufgeführten Beispiel ist also nVKTN = 3 und nEntw = 2.
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Die Trajektorienverteilungen Po
i (L,N,t|Ej) können dabei als Wahrscheinlichkeiten bzw. als Wahrscheinlichkeitsdichten dafür aufgefasst werden, dass ein bestimmter räumlich-zeitlicher Teilbereich (L,N,t) der Straße 12 vom Verkehrsteilnehmer i belegt ist, falls die Entwicklung Ej eintritt.
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Die Trajektorienverteilungen sind in 5 illustriert, und zwar aus Gründen der Übersichtlichkeit lediglich für die Fahrmanöver 26', 28' und 30'. Die nachfolgenden Erläuterungen gelten jedoch entsprechend auch für die Fahrmanöver 26, 28, 30.
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Die in 5 eingezeichneten Ellipsen begrenzen jeweils einen Bereich, in dem sich der entsprechende weitere Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 zu einem bestimmten Zeitpunkt höchstwahrscheinlich aufhält. Beispielsweise liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich der entsprechende weitere Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 innerhalb der jeweiligen Ellipse aufhält, über 90 %, insbesondere über 95 %, beispielsweise über 99 %.
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Die eingezeichneten Trajektorien 26', 28', 30' entsprechen dabei dem Mittelwert, insbesondere einem gewichteten Mittelwert aller möglichen in der entsprechenden Trajektorienverteilung umfassten Trajektorien.
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Für die wahrscheinlichste Entwicklung der momentanen Verkehrssituation werden nun mögliche Fahrmanöver für das Kraftfahrzeug 10 ermittelt (Schritt S3).
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Dabei werden die möglichen Fahrmanöver für das Kraftfahrzeug 10 basierend auf den wahrscheinlichsten Trajektorien 26', 28', 30' der weiteren Verkehrsteilnehmer 22, 20 bzw. 24 ermittelt, also basierend auf den Mittelwerten der Trajektorienverteilungen.
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In dem oben aufgeführten Beispiel werden die Fahrmanöver also für die Trajektorien 26', 28', 30' ermittelt.
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Hierzu kann beispielsweise die Straße
12 mittels geometrischer Methoden in verschiedene Teilbereiche aufgeteilt werden, die anschließend graphentheoretisch behandelt und ausgewertet werden, um die möglichen Fahrmanöver zu generieren. Ein solches Verfahren ist beispielsweise in der deutschen Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen
10 2018 132 523.1 beschrieben.
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Es können jedoch auch andere bekannte Verfahren zur Ermittlung der möglichen Fahrmanöver verwendet werden.
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Nun werden die ermittelten möglichen Fahrmanöver jeweils optimiert (Schritt S4).
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Zur Optimierung der möglichen Fahrmanöver wird ein Kostenfunktional F bestimmt, das der Raum-Zeit-Trajektorie
die das jeweilige Fahrmanöver beschreibt, einen Kostenfaktor K = F(x) zuordnet.
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Genauer gesagt ist das Kostenfunktional F quadratisch in der Raum-Zeit-Trajektorie x und ist wie folgt definiert:
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Dabei enthalten die Matrix P und der Zeilenvektor qT sämtliche Kostenparameter, die nötig sind, um dem jeweiligen möglichen Fahrmanöver den entsprechenden Kostenfaktor zuzuordnen. Ein Fahrmanöver ist dabei umso ungünstiger, je höher der ihm zugeordnete Kostenfaktor ist.
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Genauer gesagt umfasst das Kostenfunktional Kostenparameter, die einen Fahrkomfort während der Fahrt und/oder eine gewünschte zu erreichende Geschwindigkeit berücksichtigen. Alternativ oder zusätzlich umfasst das Kostenfunktional Strafterme, die den Kostenfaktor für vordefinierte Fahrmanöverbestandteile erhöhen. Beispielsweise kann ein Strafterm für Spurwechsel vorgesehen sein, sodass solche Fahrmanöver unterdrückt werden, die viele solcher Spurwechsel erfordern.
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Um das jeweilige mögliche Fahrmanöver zu optimieren, wird das Kostenfunktional extremiert, genauer gesagt minimiert. Es wird also dasjenige Fahrmanöver bestimmt, dessen Raum-Zeit-Trajektorie zu einem lokalen Minimum des Kostenfunktionals führt. Dem optimierten Fahrmanöver ist also ein lokal minimaler Kostenfaktor zugeordnet, insbesondere ein global minimaler Kostenfaktor.
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Das Kraftfahrzeug 10 unterliegt diversen intrinsischen Beschränkungen. Beispielsweise hat das Kraftfahrzeug 10 eine maximale Beschleunigung und eine maximale Verzögerung, die es jeweils nicht überschreiten kann. Außerdem unterliegt das Kraftfahrzeug 10 diversen externen Beschränkungen. Beispielsweise darf es sich nicht am gleichen Ort aufhalten wie ein Hindernis, was einem Crash gleichkommen würde. Ferner gilt auf den meisten Straßen eine Geschwindigkeitsbeschränkung.
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Um die intrinsischen und externen Beschränkungen zu berücksichtigen, werden basierend auf den Beschränkungen Nebenbedingungen ermittelt, unter denen das Kostenfunktional dann minimiert wird.
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Auf diese Weise wird ein optimiertes mögliches Fahrmanöver erhalten, wobei das optimierte mögliche Fahrmanöver das, unter den gegebenen Nebenbedingungen, optimale Fahrmanöver darstellt.
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Als Ergebnis von Schritt S4 werden also mehrere mögliche, jeweils bereits optimierte Fahrmanöver für das Kraftfahrzeug 10 generiert.
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Aus diesen optimierten Fahrmanövern wird nun eines ausgewählt (Schritt S5). Bei dem ausgewählten Fahrmanöver handelt es sich um dasjenige Fahrmanöver, das vom Kraftfahrzeug 10 ausgeführt werden soll.
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Bei der Auswahl des Fahrmanövers wird berücksichtigt, wie wahrscheinlich es ist, dass die Teilbereiche, durch die hindurch das jeweilige mögliche Fahrmanöver führt, durch einen der anderen Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 belegt sind.
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Zu diesem Zweck wird für jedes der möglichen Fahrmanöver basierend auf der Verkehrsentwicklungsverteilung, genauer gesagt basierend auf den Trajektorienverteilungen eine kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit ermittelt, welche die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass entlang der Trajektorie, die dem möglichen Fahrmanöver entspricht, wenigstens ein räumlich-zeitlicher Teilbereich der Straße 12 von einem der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 belegt ist.
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Anders ausgedrückt wird also zumindest für jeden räumlich-zeitlichen Teilbereich (L, N, t) der Straße 12, der zur Ausführung des entsprechenden möglichen Fahrmanövers relevant ist, eine Wahrscheinlichkeitsdichte Pocc(L, N, t|Ej) dafür ermittelt, dass der Teilbereich belegt ist. Pocc wird im Folgenden auch als „Belegungswahrscheinlichkeitsdichte“ bezeichnet.
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Auch hier gibt „|Ej“ wieder an, dass die Ermittlung der Belegungswahrscheinlichkeitsdichte Pocc für die mögliche Entwicklung Ej der Verkehrssituation geschieht.
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Insbesondere wird die Belegungswahrscheinlichkeitsdichte ermittelt, indem diejenige Trajektorienverteilung ermittelt wird, die in dem entsprechenden räumlich-zeitlichen Teilbereich den größten Wert aufweist.
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Um die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit P
kum zu erhalten, wird die Belegungswahrscheinlichkeitsdichte P
occ entlang der Trajektorie integriert, die dem jeweiligen möglichen Fahrmanöver entspricht. Es wird also für jedes der optimierten möglichen Fahrmanöver das folgende Integral berechnet:
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Dabei ist ℓ(c
k) die Länge der Kurve c
k, welche die Trajektorie beschreibt und
ist das Integrationsmaß für die Integration entlang der Kurve c
k.
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Typischerweise liegen die möglichen Fahrmanöver in Form von diskreten Punkten vor, wobei ein zeitlicher Abstand TS der einzelnen Punkte dem Inversen einer Abtastfrequenz fS entspricht. In diesem Fall ergeben sich statt der der oben beschriebenen Belegungswahrscheinlichkeitsdichten Pocc diskrete Belegungswahrscheinlichkeiten pocc, über die summiert wird, wie auf der rechten Seite der obigen Gleichung angedeutet. Dabei ist Nc
k die Zahl der Punkte, welche die Kurve ck repräsentieren.
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Die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit Pkum ist ein natürliches Maß für eine Kollisionswahrscheinlichkeit mit einem der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24.
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Dementsprechend wird also möglichst dasjenige der möglichen Fahrmanöver ausgewählt, das die geringste kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit aufweist, außer es sprechen andere Faktoren dagegen, beispielsweise die weiter unten beschriebene Aufenthaltszeit in verdeckten Bereichen.
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Optional kann die kumulierte Belegungswahrscheinlichkeit auch noch mit einer Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Kraftfahrzeug 10 und dem entsprechenden weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 gewichtet werden. Das auszuführende Fahrmanöver wird dann basierend auf dieser gewichteten kumulierten Belegungswahrscheinlichkeit ausgewählt. Auf diese Weise wird nicht nur berücksichtigt, wie wahrscheinlich eine Kollision ist, sondern auch, wie stark die Kollision wäre.
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Zusätzlich zur kumulierten Belegungswahrscheinlichkeit wird, wie in 6 illustriert ist, bei der Auswahl des Fahrmanövers berücksichtigt, ob bzw. wie lange sich das Kraftfahrzeug 10 beim Ausführen des Fahrmanövers in Teilbereichen Vocc der Straße 12 aufhalten wird, die momentan durch einen der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 und/oder durch andere Hindernisse verdeckt, also für die Sensoren 34 des Kraftfahrzeugs 10 momentan unsichtbar sind. Bei den anderen Hindernissen kann es sich beispielsweise um Straßenschilder, Bauwerke, Bäume, Sträucher etc. handeln.
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Grundsätzlich soll dabei die Aufenthaltszeit in den verdeckten Bereichen Vocc minimiert werden, sodass also eher ein Fahrmanöver mit einer geringen Aufenthaltszeit des Kraftfahrzeugs 10 in den momentanen verdeckten Bereichen ausgewählt wird. Die Aufenthaltszeit in verdeckten Bereichen Vocc kann beispielsweise im Kostenfunktional berücksichtigt werden.
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Wie in 6 gut zu erkennen ist, handelt es sich bei der Ermittlung der momentan verdeckten Teilbereiche Vocc der Straße 12 um eine verhältnismäßig einfache geometrische Operation. Bei den verdeckten Teilbereichen Vocc handelt es sich nämlich einfach um einen Teil eines Dreiecks, dessen Spitze vom Kraftfahrzeug 10 ausgeht und dessen beiden Schenkel den entsprechenden weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 jeweils seitlich berühren.
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Insbesondere ist eine Kenntnis der voraussichtlichen Trajektorien der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 zur Ermittlung der momentan verdeckten Teilbereiche Vocc nicht notwendig.
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Basierend auf dem ausgewählten Fahrmanöver wird das Kraftfahrzeug 10 vom Steuergerät 36 wenigstens teilweise automatisiert gesteuert, insbesondere vollautomatisch (Schritt S6).
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Das oben beschriebene Verfahren stellt die noch eine Möglichkeit automatisierten Steuerung des Kraftfahrzeugs 10 bereit, bei dem voraussichtliche Fahrmanöver der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 berücksichtigt werden, um eine Kollisionswahrscheinlichkeit beim Ausführen eines Fahrmanövers zu minimieren.
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Durch die wahrscheinlichkeitstheoretische Behandlung der Trajektorien der weiteren Verkehrsteilnehmer 20, 22, 24 kann dies zum einen Echtzeit erfolgen und verhindert zum anderen, dass das Kraftfahrzeug 10 oder genauer gesagt das Steuergerät 36 aufgrund einer überkonservativen Einschätzung bzw. Behandlung der Straßenverkehrssituation handlungsunfähig wird, was im Englischen auch als „freezing robot problem“ bezeichnet wird.
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Ein Beispiel für eine solche überkonservative Behandlung einer Verkehrssituation wäre die Forderung, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, dass sich einer der anderen Verkehrsteilnehmer in einem Bereich der Straße aufhält, durch den das mögliche Fahrmanöver verläuft, gleich null sein muss.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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