-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
- Bereitstellen eines Stahlblechs, zumindest teilweises Austenitisieren des Stahlblechs bei einer Temperatur von mindestens Ac1, zumindest teilweises Härten des zumindest teilweise austenitisierten Stahlblechs zu einem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil, wobei das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech auf eine Temperatur unterhalb Ms abgekühlt wird, zumindest teilweises Anlassen des zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteils bei einer Temperatur von weniger als Ac1 zur Herstellung eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils. Weiterhin ist ein zumindest teilweise vergütetes Stahlblechbauteil Gegenstand der Erfindung.
-
Die Herstellung von Stahlblechbauteilen mittels Warmumformen hat sich bereits industriell etabliert, insbesondere zur Herstellung von Karosserieteilen wie zum Beispiel zur Herstellung von sicherheitsrelevanten A-Säulen, B-Säulen oder Längs- als auch Querträgern. Diese Stahlblechbauteile können im direkten wie auch im indirekten Warmumformverfahren hergestellt werden. Dabei werden ebene Platinen (direkt) oder bereits vorgeformte bzw. endabmessungsnahe (kalt)geformte Halbzeuge/Teile (indirekt) aus einem Stahlblech, insbesondere aus einem härtbaren Stahlblech, auf eine Temperatur erwärmt, bei welcher abhängig von der Zusammensetzung des verwendeten Stahlblechs eine Gefügeumwandlung innerhalb des Stahlblechs eintritt. Mit Ac1 beginnt die Gefügeumwandlung in Austenit und mit Erreichen von Ac3 bzw. oberhalb von Ac3 liegt ein im Wesentlichen vollständig austenitisches Gefüge vor. Die Erwärmung oberhalb von mindestens Ac1 wird in Fachkreisen auch „Austenitisieren“ genannt, insbesondere wenn eine vollständige Umwandlung in Austenit erfolgen soll (>= Ac3). Nach der Erwärmung wird das warme (austenitisierte) Stahlblech in ein Umformwerkzeug eingelegt und warm umgeformt. Dabei wird im Zuge oder nach Beendigung des Warmumformens das noch warme Stahlblech derart gekühlt, vorzugsweise innerhalb des Umformwerkzeugs, welches vorzugsweise aktiv gekühlt wird, sodass das Gefüge in ein hartes Gefüge aus Martensit und/oder Bainit, vorzugsweise im Wesentlichen aus Martensit, umgewandelt wird. In Fachkreisen wird die Abkühlung respektive Abschreckung des Stahlblechs innerhalb des Umformwerkzeugs bzw. durch Einwirken eines (Härte-)Werkzeugs, welches die Endkontur des herzustellenden Blechbauteils aufweist, auch „Presshärten“ genannt. Alternativ kann eine Abkühlung/Abschreckung außerhalb eines Umformwerkzeugs/ Härtewerkzeugs erfolgen, insbesondere in einem (kalten) Medium, beispielsweise in einem Ölbad, und wird als „Härten“ bezeichnet. Erwärmungs- und Abkühlkurven zur Einstellung der geforderten Gefügestruktur sind abhängig von der chemischen Zusammensetzung des verwendeten, härtbaren Stahlblechs und lassen sich aus sog. ZTA- bzw. ZTU-Schaubildern entnehmen bzw. ableiten. Mittels Warmumformen ist die Einstellung einer im Wesentlichen martensitischen Gefügestruktur mit hohen Festigkeiten möglich. Mit der klassischen Warmumformung bzw. durch das Presshärten von insbesondere Mangan-Bor-Stählen zur Herstellung von Strukturbauteilen im Fahrzeugbereich ist eine gute Balance zwischen Festigkeit und Gewicht gefunden worden.
-
Pressgehärtete Strukturbauteile haben jedoch den Nachteil, dass sie aufgrund des eingestellten harten Gefüges nur ein sehr geringes Dehnungsverhalten aufweisen. Um die Bruchdehnung eines Bauteils zu verbessern, ist es bekannt, die gehärteten Bauteile einem Anlassen zu unterziehen, wodurch das Bruchdehnungsverhalten verbessert werden kann, jedoch auch eine Reduzierung der durch das Härten eingestellten Festigkeit zur Folge hat, s. beispielsweise die Offenlegungsschrift
DE 10 2008 055 514 A1 der Anmelderin.
-
Zur Einstellung einer gezielten Festigkeit und Bruchdehnung in Bauteilen kommt das sogenannte Q+P-Verfahren (Quenching and Partitioning) zur Anwendung, bei welchem ein Stahlblech austenitisiert, zu einem Bauteil warm umgeformt und dabei abgeschreckt (Quenching) wird und anschließend, ohne dass sich das Bauteil auf Raumtemperatur abkühlt, einem Anlassen (Partitioning) unterhalb der Gefügeumwandlungstemperatur von Ac1 zugeführt wird, s. beispielsweise die Schriften
EP 2 546 375 B1 ,
US 8 518 195 B2 ,
DE 10 2013 010 946 B3 .
-
Bei vielen strukturellen Bauteilen, beispielsweise für die Anwendung in einem Kraftfahrzeug, muss in einem Crashfall sichergestellt werden, dass zwei Kernfunktionen erfüllt werden. Zum einen sollte Crashenergie durch Verformung aufgenommen werden. Zum anderen muss die Fahrgastzelle geschützt bleiben. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass bestimmte Bereiche lokal verformen oder einknicken, um die makroskopische Verformung zu lenken. Im derzeitigen Stand der Technik wird dies bei pressgehärteten Bauteilen dadurch erreicht, dass einzelne Stellen z.B. mittels Laser angelassen werden, wodurch in diesem Bereich eine höhere lokale Umformbarkeit sowie eine geringere Härte vorliegt, s. beispielsweise die Schrift
DE 10 2011 101 991 B3 . Hierdurch ergeben sich aber einige entscheidende Nachteile: eine Nachbehandlung mittels Laser ist sehr kostenintensiv und bedeutet auch einen entsprechenden Bauteilverzug, sodass eine flächige Anwendung nicht wirtschaftlich angewendet werden kann; für eine verbesserte lokale Umformbarkeit müsste ein deutlicher Festigkeitsverlust in Kauf genommen werden; die Bildung von Zementitausscheidungen wird angeregt, was ggf. mit einer erhöhten Rissempflichkeit einhergeht, vor allem in Bezug auf die verringerte Festigkeit. Des Weiteren findet die Anwendung des Lasers einseitig statt, sodass es bei höheren Bauteildicken zu unterschiedlichen Anlasszuständen und somit einer inhomogenen Verteilung der Duktilitätseigenschaften über die Dicke kommen kann.
-
Aufgabe ist daher, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, welches die Herstellung eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils in einer Art und Weise erlaubt, dass das resultierende Stahlblechbauteil eine im Vergleich zum Stand der Technik verbesserte Eigenschaft aufweist und wirtschaftlich herstellbar ist.
-
Die Aufgabe wird mit einem Verfahren zur Herstellung eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils mit den Merkmalen des Anspruches 1 sowie mit einem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil mit den Merkmalen des Anspruches 13 gelöst.
-
Gemäß einer ersten Lehre der Erfindung zur Herstellung eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils umfasst das erfindungsgemäße Verfahren folgende Schritte: Bereitstellen eines Stahlblechs; zumindest teilweises Austenitisieren des Stahlblechs bei einer Temperatur von mindestens Ac1; zumindest teilweises Härten des austenitisierten Stahlblechs zu einem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil, wobei das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech auf eine Temperatur unterhalb Ms abgekühlt wird; zumindest teilweises Anlassen des zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteils bei einer Temperatur von weniger als Ac1 zur Herstellung eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils, wobei das zumindest teilweise Anlassen zur Herstellung des zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils bei unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt wird, um am zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil Bereiche mit unterschiedlichen Eigenschaften einzustellen.
-
Die Erfinder haben überraschend festgestellt, dass ein kostengünstiges Stahlblechbauteil mit zielgerichteten Eigenschaften hergestellt werden kann und die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile kompensiert werden können, insbesondere durch die Integration des Q+P-Verfahrens in den Warmumform- und/oder Härteprozess (Quenching) in Kombination mit lokal angepassten Wärmebehandlungsparametern beim Anlassen (Partitioning). Ein solch zumindest teilweise vergütetes Stahlblechbauteil hat dann mehrere Bereiche mit unterschiedlichen Eigenschaften, die prozesstechnisch durch das zumindest teilweise Anlassen des Stahlblechbauteils bei unterschiedlichen Anlasstemperaturen (TP1, TP2, TP3, TP4) eingestellt werden.
-
Das Stahlblech kann ein im Wesentlichen ebenes Stahlblech oder ein vorgeformtes Stahlblech mit einer konstanten Dicke bis zu 10,0 mm, insbesondere bis 6,0 mm, vorzugsweise bis zu 3,5 mm, bevorzugt bis zu 2,0 mm sein. Das Stahlblech weist eine Dicke von mindestens 0,5 mm, insbesondere von mindestens 0,8 mm, vorzugsweise von mindestens 1,0 mm auf. Das Stahlblech kann sowohl warmgewalzt, als auch kaltgewalzt sein. Alternativ kann auch ein ebenes Stahlblech oder ein vorgeformtes Stahlblech mit variierender Dicke (tailored rolled blank) bereitgestellt werden. Des Weiteren kann unter Stahlblech auch ein „tailored product“ verstanden werden, welches aus mindestens zwei, insbesondere stoffschlüssig, miteinander verbundenen Stahlblechen mit unterschiedlicher Dicke und/oder Güte, als ebenes Halbzeug (Stahlblech) oder als vorgeformtes Teil (Stahlblech), als „patchwork blank“ oder „tailored welded blank“ besteht. Darüber hinaus kann das Stahlblech auch mit einer Beschichtung versehen sein, wobei vorzugsweise eine metallische Beschichtung auf der Basis von Aluminium oder Zink zum Einsatz kommt. Diese kann über einen Schmelztauch-, elektrolytischen oder coil coating Prozess auf das aufgewickelte oder bereits vorgeschnittene Stahlblech aufgebracht werden.
-
Das Stahlblech wird zumindest teilweise auf eine Temperatur von mindestens Ac1 oder darüber, insbesondere auf mindestens Ac3 oder darüber, zur Bildung von Austenit erwärmt bzw. austenitisiert, vorzugsweise in einem Zeitraum, welcher ausreichend ist, um, insbesondere abhängig von der Dicke des eingesetzten Stahlblechs, das Stahlblech in der Dicke vollständig durchzuwärmen bzw. um den im Stahlblech vorhandenen Kohlenstoff im Austenit im Wesentlichen zu homogenisieren und/oder falls das Stahlblech mit einem metallischen Überzug versehen ist, im Wesentlichen ein Legieren des Überzugs, welcher insbesondere eine schnellere Verarbeitbarkeit im Umformprozess ermöglicht, zu gewährleisten. Bei einer Austenitisierung zwischen Ac1 und Ac3 ist der Austenitgehalt sowie der Kohlenstoffgehalt im Austenit abhängig von der Austenitisierungsdauer, sodass eine vollständige Austenitisierung > Ac3 bevorzugt ist.
-
Unter „Härten“ ist zu verstehen, dass das Stahlblech infolge der gezielten Austenitisierung, wie sie beim direkten und indirekten Warmumformen zur Herstellung eines Stahlblechbauteils durchgeführt wird, das Stahlblechbauteil zumindest teilweise (partiell/lokal) eine höhere Härte bzw. Festigkeit im Vergleich zum bereitgestellten Stahlblech aufweist. Das zumindest teilweise Härten kann in einem Werkzeug (Presshärten) oder in einem Medium (Härten) erfolgen. Erfolgt eine Abkühlung des zumindest teilweise austenitisierten Stahlblechs auf eine Temperatur unterhalb von Ms, kann sichergestellt werden, dass die Ausbildung eines harten Gefüges von Austenit zumindest teilweise in Martensit erzwungen wird, insbesondere durch geeignete Abkühlgeschwindigkeiten. Die durchschnittliche Abkühlgeschwindigkeit beträgt insbesondere mindestens 10K/s, vorzugsweise mindestens 15K/s, bevorzugt mindestens 20K/s, wobei auch Abkühlraten von 50 K/s bis zu 300 K/s möglich sind. Abgeschlossen wäre die Umwandlung vollständig in Martensit bei Erreichen bzw. Unterschreiten der Mf - Temperatur. Dies ist erfindungsgemäß nicht gewünscht, sodass insbesondere eine Temperatur zwischen Ms und Mf gewählt wird, welche vorzugsweise unterhalb der Temperatur liegt, bei der bevorzugt mindestens 50% des Austenits in Martensit umwandeln kann.
-
Kenngrößen wie Ac1, Ac3, Ms, Mf, (kritische) Abkühlgeschwindigkeiten etc. sind abhängig von der verwendeten Stahlzusammensetzung und lassen sich aus sogenannten ZTU- bzw. ZTA-Diagrammen ableiten.
-
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen gehen aus der nachfolgenden Beschreibung hervor. Ein oder mehrere Merkmale aus den Ansprüchen, der Beschreibung wie auch der Zeichnung können mit einem oder mehreren anderen Merkmalen daraus zu weiteren Ausgestaltungen der Erfindung verknüpft werden. Es können auch ein oder mehrere Merkmale aus den unabhängigen Ansprüchen durch ein oder mehrere andere Merkmale verknüpft werden.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das zumindest teilweise Anlassen zeitlich unmittelbar nach dem Härten durchgeführt, so dass die in dem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil noch vorhandene Wärme genutzt werden kann, um das Stahlblechbauteil schneller auf die Zieltemperaturen während des zumindest teilweise Anlassens erwärmen zu können, wodurch das Verfahren schneller und somit wirtschaftlicher betrieben werden kann. Das direkte Anlassen ermöglicht zudem einen Teil des Austenits soweit zu stabilisieren, sodass im weiteren Verlauf des Prozesses nicht mehr in Martensit umwandelt und als Restaustenit im finalen Bauteil vorliegt.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das zumindest teilweise Anlassen zur Erzeugung eines Bereichs mit einer ersten Eigenschaft an dem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil bei einer ersten Anlasstemperatur TP1 zwischen 300°C und 470°C und zur Erzeugung mindestens eines weiteren Bereichs mit einer weiteren Eigenschaft bei mindestens einer der folgenden Anlasstemperaturen TP2, TP3, TP4 durchgeführt:
- Bereich mit einer zweiten Eigenschaft bei einer zweiten Anlasstemperatur TP2 zwischen 250°C und 430°C mit TP2 <= TP1 - 10°C; und/oder
- Bereich mit einer dritten Eigenschaft bei einer dritten Anlasstemperatur TP3 zwischen 470°C und weniger als Ac1; und/oder
- Bereich mit einer vierten Eigenschaft bei einer vierten Anlasstemperatur TP4 bis 300°C.
-
An dem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil wird während des zumindest teilweise Anlassens ein (erster) Bereich mit der ersten Eigenschaft eingestellt, wobei zur Erzeugung des ersten Bereichs eine (erste) Anlasstemperatur TP1 zwischen 300°C und 470°C gewählt wird. In diesem Temperaturbereich kann eine Kohlenstoffdiffusion innerhalb des Gefüges vom Martensit in den Restaustenit sowie dessen Homogenisierung erreicht werden, bevorzugt um ein Stabilitätskriterium (S_RA) zu gewährleisten. Soll zusätzlich der Abbau innerer Spannungen begünstigt werden, wird die Anlasstemperatur TP1 insbesondere zwischen 350°C und 470°C gewählt. Wird die Anlasstemperatur TP1 vorzugsweise zwischen 400°C und 460°C gewählt, kann eine Stabilisierung des Restaustenits besonders einfach erreicht werden, bevorzugt innerhalb von weniger als 50s.
-
An dem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil wird während des zumindest teilweise Anlassens neben dem ersten Bereich mit der ersten Eigenschaft mindestens ein weiterer Bereich mit einer weiteren Eigenschaft eingestellt. Der erste Bereich mit der ersten Eigenschaft ist nicht lokal auf nur einen Bereich respektive nur auf einen Abschnitt am zumindest teilweise zu vergütenden Stahlblechbauteil beschränkt, sondern kann auch an mehreren Bereichen bzw. Abschnitten des zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils vorhanden sein. Ebenso kann dies für den mindestens einen weiteren Bereich mit der mindestens einen weiteren Eigenschaft zutreffen.
-
Der mindestens eine weitere Bereich kann einen zweiten Bereich mit einer zweiten Eigenschaft umfassen, wobei zur Erzeugung des zweiten Bereichs eine zweite Anlasstemperatur TP2 zwischen 250°C und 430°C mit TP2 <= TP1 - 10°C gewählt wird. Durch die im Vergleich zur ersten Anlasstemperatur TP1 verringerte zweite Anlasstemperatur TP2 im zweiten Bereich kann eine reduzierte Restaustenitstabilität im Vergleich zum ersten Bereich gewährleistet werden. Für eine gezielt eingestellte Härte, was mit einer Verringerung der Bruchdehnung einhergehen kann, beträgt die zweite Anlasstemperatur TP2 insbesondere TP2 <= TP1-40°C, vorzugsweise TP2 <= TP1-80°C.
-
Der mindestens eine weitere Bereich kann einen dritten Bereich mit einer dritten Eigenschaft umfassen, wobei zur Erzeugung des dritten Bereichs eine dritte Anlasstemperatur TP3 > 470°C gewählt wird, sodass durch die hohe Anlasstemperatur gezielt ein dritter Bereich mit reduzierter Härte erreicht werden kann. Die dritte Anlasstemperatur TP3 kann insbesondere > 500°C gewählt werden, um zudem einen erwünschten Zerfall von kohlenstoffübersättigtem Restaustenit zu beschleunigen.
-
Der mindestens eine weitere Bereich kann einen vierten Bereich mit einer vierten Eigenschaft umfassen, wobei zur Erzeugung des vierten Bereichs eine vierte Anlasstemperatur TP4 bis 300°C gewählt wird, sodass durch die im Vergleich zu den anderen sehr geringen Anlasstemperaturen eine Restaustenitstabilisierung sowie ein Erweichen des Martensits verhindert werden kann. Die vierte Anlasstemperatur TP4 kann insbesondere < 250°C, vorzugsweise < 200°C, bevorzugt < 00°C gewählt werden, sodass die vierte Anlasstemperatur TP4 nicht unbedingt eine Temperaturerhöhung nach dem Härten im vierten Bereich benötigt, sondern vielmehr ein Halten bzw. Absenken, je nach bzw. abhängig von der Temperatur, auf welche das zumindest teilweise gehärtete Stahlblechbauteil während des zumindest teilweisen Härtens abgekühlt wurde, sodass der Austenit im vierten Bereich sich schon vor der Beaufschlagung mit der vierten Anlasstemperatur TP4, insbesondere Haltetemperatur, fast vollständig in Martensit umgewandelt hat, was zu einer besonders homogenen Härteverteilung im vierten Bereich führen kann. Die vierte Anlasstemperatur TP4 kann mindestens 0°C, insbesondere mindestens 20°C, vorzugsweise mindestens 25°C, bevorzugt mindestens 30°C, weiter bevorzugt mindestens 40°C, besonders bevorzugt mindestens 50°C betragen, um beispielsweise zu einer höheren Streckgrenze als vergleichsweise bei Temperaturen unterhalb von 0°C zu gelangen.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden zwischen den Bereichen mit unterschiedlichen Eigenschaften an dem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil ein oder mehrere Übergangsbereiche eingestellt, die einen harmonischen Übergang des Eigenschaftenverlaufs zwischen den Bereichen mit unterschiedlichen Eigenschaften aufweisen. Dadurch kann ein sprunghafter bzw. abrupter und damit störanfälliger Übergang (metallurgische Kerbe) verhindert werden.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Stahlblech mit folgender chemischer Zusammensetzung in Gew.-% bereitgestellt:
C = | 0,08 | bis | 0,5, |
Si + AI >= | 0,5, | mit | Si + 2*Al < 5, |
Mn = | 0,5 | mit | 4, |
sowie optional eines oder mehrerer der folgenden Elemente:
P | bis | 0,1, |
S | bis | 0,1, |
N | bis | 0,1, |
Cr | bis | 1,5 |
Mo | bis | 1, |
Ti , | bis | 0,2, |
B | bis | 0,01, |
Nb | bis | 0,2, |
V | bis | 0,5, |
Ni | bis | 2, |
Cu | bis | 2, |
Sn | bis | 0,5, |
Ca | bis | 0,1, |
Mg | bis | 0,1, |
REM | bis | 0,1, |
Rest Fe und unvermeidbare Verunreinigungen.
-
Kohlenstoff (C) übernimmt mehrere wichtige Funktionen. In erster Linie ist C ein Martensitbildner und damit essentiell für die Einstellung einer gewünschten Härte im zumindest teilweise gehärteten respektive zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil, sodass mindestens ein Gehalt von 0,08 Gew.-%, insbesondere mindestens ein Gehalt von 0,1 Gew.-%, vorzugsweise mindestens ein Gehalt von 0,15 Gew.-% vorhanden ist, um auch den Restaustenit mit Kohlenstoff stabilisieren zu können. Weiterhin trägt C in großem Maße zu einem höheren CEV-Wert (CEV=Kohlenstoffäquivalent) bei, wodurch die Schweißeignung negativ beeinflusst wird, sodass ein Gehalt bis maximal 0,5 Gew.-%, zur Verringerung der Neigung zu Einrissen insbesondere bis maximal 0,44 Gew.-%, vorzugsweise bis maximal 0,38 Gew.-%, bevorzugt bis maximal 0,35 Gew.-% eingestellt wird. Des Weiteren können durch die angegebene Obergrenze negative Einflüsse in Bezug auf die Zähigkeitseigenschaften, die Umformeigenschaften und die Schweißeignung vermieden werden. Je nach erforderlicher Umformbarkeit und Zähigkeit kann der C-Gehalt innerhalb der angegebenen Spannen individuell eingestellt werden.
-
Silizium (Si) kann als Legierungselement alternativ oder zusätzlich zu Aluminium als Desoxidationselement wirken und kann daher mit einem Gehalt von maximal 3 Gew.-% zulegiert werden. Zur Sicherstellung der Wirksamkeit wird insbesondere ein Gehalt von mindestens 0,01 Gew.-% verwendet. Allerdings kann Si auch zur Festigkeitssteigerung beitragen, sodass vorzugsweise ein Gehalt von mindestens 0,1 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,15 Gew.-% zulegiert wird. Wird dem Stahl zu viel Si zulegiert, kann dies einen negativen Einfluss auf die Zähigkeitseigenschaften, die Umformbarkeit und die Schweißeignung haben. Daher ist der Gehalt insbesondere auf maximal 3 Gew.-%, zur Verbesserung der Oberflächenqualität vorzugsweise auf maximal 1,6 Gew.-%, bevorzugt auf maximal 1,4 Gew.-% begrenzt, um eine Benetzung im Falle einer Schmelztauchveredelung zu verbessern.
-
Aluminium (Al) kann alternativ oder zusätzlich zu Silizium als Legierungselement zur Desoxidation in Gehalten von mindestens 0,01 Gew.-% zulegiert werden. Insbesondere kann AI zum Abbinden von gegebenenfalls vorhandenem Stickstoff verwendet werden, sodass optional zulegiertes Bor seine festigkeitssteigernde Wirkung entfalten kann. Daher wird insbesondere ein Gehalt von mindestens 0,02 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,1 Gew.-% zulegiert. AI kann zudem zur Dichtereduktion verwendet werden. Zur Vermeidung gießtechnischer Probleme wird der Gehalt auf maximal 1 Gew.-%, insbesondere auf maximal 0,8 Gew.-%, begrenzt.
-
Zur Unterdrückung der Zementitbildung aus dem kohlenstoffübersättigten Martensit wird eine gewisse Zulegierung von Si und/oder AI benötigt, sodass Si + AI > 0,5 Gew.-% zulegiert wird. Damit dies auch in einem breiten Prozessfenster gewährleistet ist, wird insbesondere Si + Al > 0,75 Gew.-% zulegiert. Wird vorzugsweise Si + Al > 1,3 Gew.-% zulegiert, kann der größte Teil des Kohlenstoffs in den kohlenstoffübersättigten Austenit partitionieren und Zementitausscheidungen können im Wesentlichen verhindert werden. Um die Bildung von Austenit beim Austenitisieren zu ermöglichen, muss der Gehalt an im Eisengitter gut löslichen Ferritbildnern wie Si und AI beschränkt werden auf Si + 2*Al < 5 Gew.-%. Um eine verringerte Austenitisierungstemperatur zu ermöglichen, insbesondere um Ac3 herunterzusetzen, ist insbesondere eine Zulegierung auf Si + 2*Al < 3 Gew.-% beschränkt.
-
Mangan (Mn) ist ein Legierungselement, das zur Härtbarkeit beiträgt. Gleichzeitig verringert Mn die Neigung zur unerwünschten Bildung von Perlit während der Abkühlung und setzt die kritische Abkühlgeschwindigkeit herab, wodurch die Härtbarkeit erhöht wird. Zudem kann Mn zur Abbindung von S, um zu verhindern, dass die Warmwalzbarkeit durch ein FeS Eutektikum zu sehr beeinträchtigt wird, und/oder Verringerung des Perlitanteils verwendet werden, sodass insbesondere ein Gehalt von mindestens 0,5 Gew.-% vorhanden ist. Eine zu hohe Mn-Konzentration wirkt sich dagegen negativ auf die Schweißeignung aus, sodass Mn auf maximal 4 Gew.-% begrenzt ist. Zur Gewährleistung der gewünschten Umformbarkeit wird der Gehalt insbesondere auf maximal 3 Gew.-%, zur Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften vorzugsweise auf maximal 2,5 Gew.-% beschränkt. Zur Einstellung der angestrebten Festigkeitseigenschaften wird ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,8 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 1,0 Gew.-% zulegiert. Soll der kohlenstoffübersättigte Restaustenit für besonders lange Anlasszeiten stabilisiert werden, wird Mn vorzugsweise mit mindestens 1,7 Gew.-% zulegiert.
-
Das Stahlblech kann optional eines oder mehrere Legierungselemente aus der Gruppe (P, S, N, Cr, Mo, Ti, B, Nb, V, Ni, Cu, Sn, Ca, Mg, SEM) enthalten.
-
Phosphor (P) ist ein optionales Legierungselement, das zur Verzögerung der Zementitbildung und somit zur Stabilisierung des Restaustenits in Gehalten bis zu 0,1 Gew.-% eingestellt werden kann. Zur Sicherstellung der gewünschten Verzögerung und Stabilisierung werden Gehalte von insbesondere mindestens 0,004 Gew.-%, vorzugsweise mindestens 0,007 Gew.-% eingestellt. Allerdings wirkt sich P stark zähigkeitsmindernd und dadurch ungünstig auf die Umformbarkeit aus. P kann zudem aufgrund seiner sehr unterschiedlichen Aktivität in der Schmelze und im erstarrten Stahl beim Erstarren der Schmelze zu starken Seigerungen führen. Negative Einflüsse auf die Umformbarkeit und/oder Schweißbarkeit können sicher ausgeschlossen werden, wenn der Gehalt insbesondere auf maximal 0,05 Gew.-%, zur zusätzlichen Verringerung der Seigerungseffekte vorzugsweise auf maximal 0,05 Gew.-% begrenzt wird.
-
Schwefel (S) kann als optionales Legierungselement in Gehalten bis zu 0,1 Gew.-% eingestellt werden, um zur Duktilität beispielsweise bei einer am Stahlblechbauteil möglichen vorgenommenen Schweißung beizutragen, indem es als Sulfid mit Mn und/oder Fe ausgeschieden eine Kornvergröberung im Austenit nach der Erstarrung verringert. Um den gewünschten Effekt zu erreichen, wird insbesondere ein Gehalt von mindestens 0,0002 Gew.-%, insbesondere von mindestens 0,0005 Gew. % eingestellt. Allerdings weist S im Stahl eine starke Neigung zur Seigerung auf und kann die Umformbarkeit respektive Zähigkeit in Folge der übermäßigen Bildung von FeS, MnS bzw. (Mn, Fe)S negativ beeinträchtigen. Der Gehalt wird daher insbesondere auf maximal 0,05 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,05 Gew.-%, bevorzugt auf maximal 0,01 Gew.-% begrenzt.
-
Stickstoff (N) kann als optionales Legierungselement in Gehalten bis zu 0,1 Gew.-% zur Nitridbildung und/oder Verbesserung der Härtbarkeit eingestellt werden. Grundsätzlich lässt sich N bei der Stahlherstellung durch die N-haltige Erdatmosphäre nicht vollständig vermeiden, kann jedoch, abhängig von weiteren Legierungselementen, sehr vorteilhaft sein. N kann genauso wie C zur Steigerung der Martensithärte eingesetzt werden, schwächt aber im Vergleich zu C die Korngrenzen weniger. Um diese Wirkung zu erzielen, werden insbesondere Gehalte von mindestens 0,0005 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,001 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,002 Gew.-% eingestellt. Allerdings führt N insbesondere in Verbindung mit AI und/oder Ti zur Bildung von groben Nitriden, die sich negativ auf die Umformbarkeit auswirken können. Der Gehalt ist daher insbesondere auf maximal 0,015 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,01 Gew.-%, bevorzugt auf maximal 0,007 Gew.-% begrenzt. Falls Ti vorhanden ist, sollte im Falle von Ti-Gehalten > 0,01 Gew.-% der N-Gehalt besonders bevorzugt zwischen 0,001% < N < 0,004 % eingestellt werden.
-
Chrom (Cr) kann als optionales Legierungselement zur Einstellung der Härte und der Festigkeit insbesondere mit einem Gehalt von mindestens 0,01 Gew.-% zulegiert werden, da es wie C die Umwandlung in Austenit unterstützen und auch die Bildung von Ferrit und Perlit beim Abschrecken verzögern kann. Aus Kostengründen ist die Obergrenze mit 1,5 Gew.-% definiert. Bei zu hohem Gehalt kann die Schweißeignung und/oder die Zähigkeit negativ beeinflusst werden, sodass der Gehalt insbesondere auf maximal 0,75 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,45 Gew.-% begrenzt wird. Um die Kohlenstoffdiffusion herabzusetzen und so eine gleichgewichtsferne Umwandlung zu begünstigen, werden insbesondere Gehalte von mindestens 0,01 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,1 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,15 Gew.-% zulegiert.
-
Molybdän (Mo) kann als optionales Legierungselement die Festigkeit und die Härte erhöhen. Da es zur Verstärkung der Wirksamkeit von Cr beitragen bzw. den Einsatz dieses Legierungselements ersetzen kann, kann es optional mit einem Gehalt bis zu 1 Gew.-%, insbesondere zwischen 0,01 und 0,8 Gew.-%, zur Erzielung einer möglichst großen Härte und zur Verringerung der Kohlenstoffdiffusion vorzugsweise zwischen 0,1 und 0,5 Gew.-% zulegiert werden.
-
Zur Vermeidung der Ferritbildung während der Abkühlung können neben Mn sowohl Cr und/oder Mo zulegiert werden. Um eine ausreichende Menge an Martensit zu bilden, sollte folgende Bedingung erfüllt sein: Mn + Cr + 2*Mo >= 1 Gew.-%. Um eine frühzeitige Gefügeumwandlung, beispielsweise beim Transfer zwischen dem Austenitisieren und dem Härten zu vermeiden, sollte insbesondere die Bedingung erfüllt sein: Mn + Cr + 2*Mo >= 1,8 Gew.-%. Um das Verfahren zur Herstellung eines vergüteten Stahlblechbauteils zu stabilisieren und/oder eine Bainitbildung während des Anlassens im Wesentlichen zu unterdrücken, sollte vorzugsweise die Bedingung erfüllt sein: Mn + Cr + 2*Mo >= 2,4 Gew.-%.
-
Titan (Ti) kann als optionales Legierungselement die Festigkeit durch Bildung von Carbiden, Nitriden und/oder Carbonitriden steigern und als Mikrolegierungselement wirken. Des Weiteren kann die Bildung von grobem Austenitgefüge unterdrückt werden, insbesondere in gelöster Form den Restaustenit stabilisieren. Auch kann Ti zur Kornfeinung und/oder Stickstoffabbindung und, falls Bor vorhanden ist, die Wirksamkeit von Bor erhöhen. Da es zudem zur Verstärkung der Wirksamkeit von Cr beitragen kann, kann es optional mit einem Gehalt bis zu 0,2 Gew.-% zulegiert werden. Aus Kostengründen wird der Gehalt insbesondere auf maximal 0,15 Gew.-%, zur sicheren Vermeidung der Bildung zu großer Titannitride vorzugsweise auf maximal 0,1 Gew.-%, bevorzugt auf maximal 0,05 Gew.-% beschränkt. Zur Sicherstellung der Wirksamkeit kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,005 Gew.-% zulegiert werden. Zur Ausnutzung der festigkeitssteigernden Wirkung können vorzugsweise Gehalte von mindestens 0,01 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,015 Gew.-% verwendet werden.
-
Bor (B) kann als optionales Legierungselement auf den Phasengrenzen segregieren und deren Bewegung verhindern. Dies kann zu einem feinkörnigen Gefüge führen, was sich vorteilhaft auf die mechanischen Eigenschaften auswirken kann. Insbesondere kann B die Energie von Austenit/Austenit Korngrenzen senken, sodass bei der Abkühlung die Keimbildung von Ferrit unterdrückt werden kann. Um die Wirksamkeit dieser Effekte zu gewährleisten und die Härtbarkeit zu erhöhen, kann ein Gehalt bis zu 0,01 Gew.-%, insbesondere bis maximal 0,005 Gew.-%, und zur sicheren Vermeidung einer Versprödung an Korngrenzen bevorzugt bis maximal 0,004 Gew.-%, sowie insbesondere zur Gewährleistung der sicheren Wirksamkeit auch bei Vorhandensein von N, beispielsweise in Form von technisch unvermeidbaren Verunreinigungen der Stahlschmelze mit N, insbesondere von mindestens 0,0005 Gew.-%, zur Erhöhung der Feinkörnigkeit, vorzugsweise von mindestens 0,0010 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,0015 Gew.-%, zulegiert werden. Beim optionalen Zulegieren von B sollte zudem ausreichend Ti und/oder AI für die Abbindung von N zulegiert sein.
-
Vanadium (V) und/oder Niob (Nb) können als optionale Legierungselemente einzeln oder in Kombination zur Kornfeinung, zur Restaustenitstabilisierung und/oder zur Verzögerung der wasserstoffinduzierten Rissbildung zulegiert werden. Diese optionalen Legierungselemente können wie Ti als Mikrolegierungselemente eingesetzt werden, um festigkeitssteigernde Carbide, Nitride und/oder Carbonitride zu bilden. Zur Gewährleistung ihrer Wirksamkeit können V und/oder Nb insbesondere mit Gehalten von (jeweils) mindestens 0,005 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,01 Gew.-%, bevorzugt von mindestens 0,015 Gew.-%, eingesetzt werden. Für Nb und V liegt der Mindestgehalt einzeln oder in Summe besonders bevorzugt bei mindestens 0,02 Gew.-%. V ist auf maximal 0,5 Gew.-%, insbesondere auf maximal 0,2 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,1 Gew.-% begrenzt, da höhere Gehalte sich nachteilig auf die Werkstoffeigenschaften, insbesondere negativ auf die Zähigkeitseigenschaften des Stahls auswirken können. Durch sein geringeres Löslichkeitsprodukt mit C ist Nb auf maximal 0,2 Gew.-%, insbesondere auf maximal 0,1 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,06 Gew.-% begrenzt, um möglichst feine und fein verteilte Niobkarbide bzw. Niobkarbonitride bilden zu können.
-
Nickel (Ni) kann als optionales Legierungselement den Austenit stabilisieren und die Härtbarkeit verbessern, sodass optional ein Gehalt bis zu 2 Gew.-% zulegiert werden kann. Zur Sicherstellung der Wirksamkeit kann ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,02 Gew.-% zulegiert werden. Zur Begünstigung der gewünschten Phasenumwandlung können vorzugsweise Gehalte von mindestens 0,05 Gew.-%, zur Erhöhung der Zähigkeit bevorzugt von mindestens 0,1 Gew.-%, zulegiert werden. Zur Verbesserung der Schweißbarkeit wird der Gehalt vorzugsweise auf maximal 2 Gew.-%, aus Kostengründen bevorzugt auf maximal 1,5 Gew.-%, besonders bevorzugt auf maximal 0,8 Gew.-% beschränkt.
-
Kupfer (Cu) kann als optionales Legierungselement zur Verbesserung der Härtbarkeit und der Ausscheidungshärtung während des Anlassens mit einem Gehalt bis zu 2 Gew.-% zulegiert werden. Um diese Wirkung zu gewährleisten, können Gehalte insbesondere von mindestens 0,01 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,05 Gew.-% zulegiert werden. Der Gehalt wird insbesondere auf maximal 1 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,5 Gew.-% begrenzt, um negative Einflüsse auf die Schweißeignung und die Zähigkeitseigenschaften in der Wärmeeinflusszone einer am Stahlblechbauteil möglichen vorgenommenen Schweißung zu vermeiden.
-
Zinn (Sn) kann als optionales Legierungselement mit einem Gehalt bis zu 0,5 Gew.-% zulegiert werden, um die Zähigkeit erhöhen und die Zementitausscheidung auf den Korngrenzen unterdrücken zu können. Zur Sicherstellung einer zumindest geringfügigen Wirksamkeit wird ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,001 Gew.-% zulegiert. Um diese Wirkung in erhöhtem Maße zu gewährleisten, wird ein Gehalt vorzugsweise von mindestens 0,002 Gew.-% zulegiert. Um eine Verschlechterung der Zähigkeit des Stahls zu vermeiden, wird die Obergrenze insbesondere auf maximal 0,4 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,25 Gew.-%, bevorzugt auf maximal 0,1 Gew.-% eingeschränkt.
-
Calcium (Ca) kann als optionales Legierungselement der Schmelze als Entschwefelungsmittel und zur gezielten Sulfidbeeinflussung in Gehalten bis zu 0,1 Gew.-%, insbesondere bis maximal 0,05 Gew.-%, vorzugsweise bis maximal 0,01 Gew.-%, bevorzugt bis maximal 0,005 Gew.-% zulegiert werden, was zu einer veränderten Plastizität der Sulfide bei der Warmwalzung führen kann. Die beschriebenen Effekte können ab einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,0005 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,001 Gew.-% wirksam sein.
-
Magnesium (Mg) kann als optionales Legierungselement alternativ oder zusätzlich zu Ca der Schmelze zur gezielten Sulfidbeeinflussung in Gehalten bis zu 0,1 Gew.-%, insbesondere bis maximal 0,05 Gew.-%, vorzugsweise bis maximal 0,01 Gew.-%, bevorzugt bis maximal 0,005 Gew.-% zulegiert werden, was zu einer veränderten Plastizität der Sulfide bei der Warmwalzung führen kann. Die beschriebenen Effekte können ab einem Gehalt insbesondere von mindestens 0,0005 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,001 Gew.-% wirksam sein.
-
Seltenerdmetalle wie Cer, Lanthan, Neodym, Praseodym, Yttrium und andere, die einzeln oder in Summe mit SEM abgekürzt werden, können als optionale Legierungselemente hinzugegeben werden, um S, P und/oder 0 abzubinden und die Bildung von Oxiden und/oder Sulfiden sowie Phosphorsegregationen an Korngrenzen zu verringern bzw. ganz zu vermeiden und so die Zähigkeit zu erhöhen. Des Weiteren kann SEM zur Feinung von Ausscheidungen und/oder Einschlüssen beitragen. Um eine erkennbare Wirkung zu erzielen, wird bei Einsatz von SEM ein Gehalt insbesondere von mindestens 0,0005 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,001 Gew.-% zulegiert. Der SEM-Gehalt wird auf maximal 0,1 Gew.-%, insbesondere auf maximal 0,05 Gew.-%, vorzugsweise auf maximal 0,01 Gew.-% begrenzt, um nicht zu viele zusätzliche Ausscheidungen zu bilden, welche die Zähigkeit negativ beeinflussen können. Bevorzugt wird SEM aus Kostengründen bis maximal 0,005 Gew.-% zulegiert.
-
Die als optional angegebenen Legierungselemente können alternativ auch als Verunreinigungen in Gehalten unterhalb der angegebenen Mindestgrenzen toleriert werden, ohne die Eigenschaften des Stahls zu beeinflussen, vorzugsweise nicht zu verschlechtern.
-
Alle Angaben zu Gehalten der in der vorliegenden Anmeldung angegebenen Legierungselemente sind auf das Gewicht bezogen in Gew.-%.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist das Stahlblech warmgewalzt und bevorzugt kaltgewalzt, wobei das Stahlblech, insbesondere neben der oben genannten chemischen Zusammensetzung, bevorzugt weniger als 10% Ferritkörner mit einem äquivalenten Durchmesser > 50 µm aufweist, um eine homogene Kohlenstoffverteilung nach der zumindest teilweise Austenitisierung zu gewährleisten. Dies ist insbesondere von Vorteil, um beim Abschrecken zwischen Ms und beispielsweise 50°C eine präzise Menge an Martensit erreichen zu können. Ist lokal der Kohlenstoffgehalt im Austenit erhöht, verschiebt sich die Martensitbildung zu geringeren Temperaturen, sodass sich an dieser Stelle bei einer vorher definierten Abschrecktemperatur weniger Martensit bilden kann. Entsprechend kann sich an Stellen respektive in Bereichen mit geringerem Kohlenstoffgehalt mehr Martensit bilden. Solche lokalen, nicht steuerbaren Inhomogenitäten der gebildeten Martensitmenge sind beispielsweise nicht erwünscht, können aber durch feine Kohlenstoffverteilung vor der Austenitisierung, beschrieben durch weniger als 10 % Ferritkörner mit einem äquivalenten Durchmesser > 50 µm, vorzugsweise > 30 µm, verringert oder gar vermieden werden.
-
Der äquivalente Durchmesser eines Ferritkorns entspricht dem Durchmesser eines Kreises mit derselben Fläche wie dem Ferritkorn (im Schliff).
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das zumindest teilweise Härten in einem Presshärtewerkzeug durchgeführt. Durch die Verwendung eines Presshärtewerkzeugs kann ein besonders maßhaltiges Stahlblechbauteil hergestellt werden, da das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech in Kontakt mit einer formgebenden Kontur des Presshärtewerkzeugs gelangt. Um ein zumindest teilweises Härten zu erzielen, ist das Presshärtewerkzeug aktiv gekühlt und stellt entsprechende Abkühlgeschwindigkeiten bereit, um ein hartes Gefüge in dem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil einstellen zu können (Quenching). Das Presshärtewerkzeug bewirkt nur eine geringfügige Formgebung im Rahmen einer Kalibrierung und/oder Korrektur auf Sollmaß oder Endgeometrie des herzustellenden Stahlblechbauteils. Diese Ausgestaltung berücksichtigt vorzugsweise das indirekte Warmumformen, wobei ein bereits vorgeformtes bzw. endabmessungsnah geformtes Stahlblech, welches nach der Austenitisierung in dem Presshärtewerkzeug gehärtet respektive pressgehärtet wird.
-
Alternativ kann das zumindest teilweise Härten bei der indirekten Warmumformung auch in einem Medium, an Luft oder in einem flüssigen Medium gehärtet werden, insbesondere mit oder ohne Fixierung des zu härtenden Stahlblechbauteils.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vor dem zumindest teilweise Härten das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech in mindestens einem Warmumformwerkzeug warm umgeformt. Das direkte Warmumformen berücksichtigt vorzugsweise die Bereitstellung eines im Wesentlichen ebenen Stahlblechs, welches nach der Austenitisierung in mindestens einem Warmumformwerkzeug warm umgeformt wird. Die Warmumformung kann je nach Komplexität des herzustellenden Stahlblechbauteils und/oder abhängig von der Taktzeit auch in zwei oder mehreren Warmumformwerkzeugen warm umgeformt werden. Das anschließende zumindest teilweise Härten kann entweder zusätzlich in dem mindestens einen Warmumformwerkzeug mittels Warmumformen und Presshärten oder in mindestens einem Warmumformwerkzeug mittels Warmumformen und anschließend in mindestens einem Presshärtewerkzeug erfolgen.
-
Alternativ ist auch vorstellbar, das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech in mindestens einem Warmumformwerkzeug mittels Warmumformen warm umzuformen und anschließend in einem Medium, an Luft oder in einem flüssigen Medium, zu einem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil zu härten, insbesondere mit oder ohne Fixierung des zu härtenden Stahlblechbauteils.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das zumindest teilweise Anlassen in mindestens einem Anlasswerkzeug durchgeführt, welches mindestens zwei unterschiedlich temperierte Bereiche/Zonen aufweist. In der einfachsten Art und Weise ist das mindestens ein Anlasswerkzeug vorzugsweise analog zu dem Warmumformwerkzeug und/oder Presshärtewerkzeug aufgebaut mit Konturen, die mit dem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil in Kontakt gelangen und der Endgeometrie des zumindest teilweise zu vergütenden Stahlblechbauteils korrespondieren. Das Anlasswerkzeug hat mindestens einen Bereich (erste Zone) zur Einstellung des ersten Bereichs mit der ersten Eigenschaft, welche mit einer Anlasstemperatur TP1 betrieben wird, und mindestens einen weiteren Bereich (mindestens eine weitere Zone) zur Einstellung mindestens eines der zweiten, dritten und/oder vierten Bereiche mit mindestens der zweiten, dritten und/oder vierten Eigenschaft, wobei dieser mindestens eine weitere Bereich (mindestens eine weitere Zone) im Anlasswerkzeug mit mindestens einer der zweiten, dritten und/oder vierten Anlasstemperaturen (TP2, TP3 und/oder TP4) betrieben wird. Das Anlasswerkzeug ist somit unterschiedlich temperierbar, insbesondere aktiv unterschiedlich temperierbar. Die unterschiedlichen Anlasstemperaturen können auch durch lokal unterschiedliche Wärmeübergänge und/oder Wärmeleitfähigkeiten im Anlasswerkzeug eingestellt werden.
-
Alternativ ist auch vorstellbar, das zumindest teilweise gehärtete Stahlblechbauteil in mindestens einer Temperiereinheit, welches mindestens zwei unterschiedliche Temperierzonen zur Einstellung der unterschiedlichen Eigenschaften an dem zumindest teilweise zu vergütenden Stahlblechbauteil aufweist. Die Temperiereinheit kann beispielsweise ein Ofen mit unterschiedlichen Temperierzonen, insbesondere mit unterschiedlich ansteuerbaren Wärmequellen sein. Beispielsweise kann in mindestens einer der Temperierzonen eine Temperatur von mindestens 0°C, insbesondere mindestens 20°C, vorzugsweise mindestens 25°C, bevorzugt mindestens 30°C, weiter bevorzugt mindestens 40°C, besonders bevorzugt mindestens 50°C vorherrschen. Diese Temperaturzone(n) kann beispielsweise nicht aktiv temperiert sein.
-
Die Anlassdauer hängt von der bzw. von den Anlasstemperaturen (TP1) und (TP2, TP3 und/oder TP4) ab, sodass sehr unterschiedliche Werte möglich sind von 1s bis 3600s. Aus prozesstechnischen Gründen wird das zumindest teilweise Anlassen insbesondere bei einer Anlassdauer zwischen 5s und 100s, für einen besonders zeiteffizienten Durchsatz bei vorzugsweise einer maximalen Anlassdauer von 70s, bevorzugt einer maximalen Anlassdauer von 50s durchgeführt.
-
Die zweite Lehre der Erfindung betrifft ein zumindest teilweise vergütetes Stahlblechbauteil, welches Bereiche mit unterschiedlichen Eigenschaften aufweist, einen ersten Bereich mit einer ersten Eigenschaft enthaltend eine Gefügestruktur mit Restaustenit zwischen 3% und < 35%, 35% bis 97% Martensit, bis zu 30% Bainit und unvermeidbare Gefügebestandteile, und mindestens einen weiteren Bereich mit einer weiteren Eigenschaft, umfassend mindestens eine der folgenden Eigenschaften:
- - einen zweiten Bereich mit einer zweiten Eigenschaft enthaltend eine Gefügestruktur mit einem Restaustenit-Anteil, der im Vergleich zum ersten Bereich geringer ist, Rest Martensit und optional Bainit und unvermeidbare Gefügebestandteile, und/oder
- - einen dritten Bereich mit einer dritten Eigenschaft enthaltend eine Gefügestruktur mit einem Restaustenit-Anteil, der im Vergleich zum ersten Bereich und, falls vorhanden, im Vergleich zum zweiten Bereich geringer ist, Rest Martensit und optional Bainit und unvermeidbare Gefügebestandteile, und/oder
- - einen vierten Bereich mit einer vierten Eigenschaft enthaltend eine Gefügestruktur mit einem Restaustenit < 3%, Rest Martensit und optional Bainit und unvermeidbare Gefügebestandteile.
-
Dabei kann Martensit sowohl nicht angelassenen, als auch angelassenen, als auch entkohlten Martensit umfassen. Bainit, falls vorhanden, kann sowohl unteren, als auch oberen, als auch globularen, als auch acicular ausgeprägten Bainit umfassen.
-
Das erfindungsgemäße zumindest teilweise vergütete Stahlblechbauteil weist grundsätzlich immer einen ersten Bereich mit einer ersten Eigenschaft auf, welche eine besonders gute lokale Umformbarkeit bei gleichzeitig hoher Festigkeit sicherstellt. Zusätzlich weist das zumindest teilweise vergütete Stahlblechbauteil mindestens einen weiteren Bereich mit mindestens einer weiteren Eigenschaft auf, welcher bzw. welche abhängig von den benötigten Eigenschaften einstellbar ist/sind. Der mindestens eine weitere Bereich kann einen zweiten Bereich, einen dritten Bereich und/oder einen vierten Bereich umfassen. Sowohl der erste Bereich als auch der mindestens eine weitere Bereich können in einem oder in mehreren Abschnitten lokal am vergüteten Stahlblechbauteil vorhanden sein. Je nach Ausführung kann das zumindest teilweise vergütete Stahlblechbauteil insbesondere bis zu vier unterschiedliche Eigenschaften aufweisen.
-
Verbleibende Gefügebestandteile können in Form von Ferrit, Perlit, Zementit vorhanden sein. Die verbleibenden Gefügebestandteile sind insbesondere < 5%, vorzugsweise < 2%, bevorzugt < 1%. Die angegebenen Gefügebestandteile werden durch Auswertung von licht- oder elektronenmikroskopischen Untersuchungen bestimmt und sind daher als Flächenanteile in Flächen-% zu verstehen. Eine Ausnahme hiervon bildet der Gefügebestandteil Austenit bzw. Restaustenit, welcher als Volumenanteil in Vol.-% angegeben wird.
-
Der erste Bereich mit der ersten Eigenschaft, welche lokal in einem oder mehreren Bereichen oder Abschnitten des zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils vorhanden ist, weist eine besonders gute lokale Umformbarkeit aus. Der erste Bereich mit der ersten Eigenschaft enthält eine Gefügestruktur mit Restaustenit (A_RA) zwischen 3% und < 35%, 35% bis 97% Martensit, bis zu 30% Bainit und unvermeidbare Gefügebestandteile. Der Anteil an Restaustenit A_RA kann insbesondere unter Einhaltung eines Restaustenitstabilität-Werts (S_RA) zur lokalen Umformbarkeit beitragen, indem durch die sehr geringe Verfestigung mit zunehmender Umformung/Versetzungsdichte ein geringer Verfestigungsexponent erreicht wird, wobei hierdurch eine lokale Umformung bei geringer Spannungszunahme verlaufen kann, sodass eine Rissbildung durch Erreichen einer kritischen Rissspannung verzögert werden kann. Alternativ oder zusätzlich kann der Restaustenit lamellar zwischen Martensitlanzetten liegen, wodurch eine Rissausbreitung gehemmt werden kann. Alternativ oder zusätzlich kann durch Anwesenheit von Restaustenit ein Anstieg von Versetzungen im umliegenden Martensit während der Verformung verringert werden, wodurch nicht nur die Verformungsverfestigung eingeschränkt wird sondern auch die Härtedifferenz zum Restaustenit. Beispielsweise kann dadurch eine Risseinleitung verzögert werden. Insbesondere sollte der Anteil an Restaustenit auf < 30%, vorzugsweise auf < 25%, bevorzugt auf < 20%, beschränkt werden, damit die Streckgrenze im zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil ausreichend hoch bleibt.
-
Der optional vorhandene zweite Bereich mit der zweiten Eigenschaft weist einen höheren Widerstand gegen Verformen oder Einknicken auf als der erste Bereich mit der ersten Eigenschaft. Dies kann durch eine höhere Härte und größere Verfestigung im Vergleich zum ersten Bereich bereitgestellt werden. Durch die vergleichsweise größere Verfestigung wird die Umformung in weniger verfestigende Bereiche, beispielsweise in den ersten Bereich, verschoben. Insbesondere durch eine verringerte Stabilität (S_RA) im Vergleich zum ersten Bereich wandelt der Restaustenit im zweiten Bereich früher spannungs- und/oder verformungsinduziert zu Martensit um, was zu einer Festigkeitssteigerung im zweiten Bereich führt. Dies hat zur Folge, dass sich die Umformung in den weniger verfestigten, insbesondere in den ersten Bereich verschiebt. Somit trägt der etwas instabilere Restaustenit im zweiten Bereich zu einer Verformungskonzentration im ersten Bereich bei.
-
Der optional vorhandene dritte Bereich mit der dritten Eigenschaft weist eine besonders geringe Härte und auch Verfestigung auf. Hierdurch können verschiedene Funktionen abgebildet werden, insbesondere nach dem Härten nachfolgende Operationen, wie zum Beispiel die Lochaufweitung kann verbessert werden; der Beschnitt kann deutlich vereinfacht und die Schnittqualität verbessert werden; Schweißen kann erleichtert und die Tiefe des Härteabfalls zwischen Grundwerkstoff und Wärmeeinflusszone der Schweißnaht kann deutlich reduziert werden; das Bereitstellen von Sollverformungsstellen, welche bei einem Crash mit geringer Geschwindigkeit Energie aufnehmen können, ohne dass sich weitere Bauteile, insbesondere der Rest der Karosserie, plastisch verformt, wodurch der Reparaturaufwand deutlich reduziert werden kann. Der dritte Bereich enthält eine Gefügestruktur mit einem Restaustenitanteil A_RA kleiner dem vom ersten Bereich und, falls vorhanden, kleiner dem vom zweiten Bereich. Insbesondere ist der A_RA des dritten Bereichs um mindestens 3% kleiner als der A_RA des ersten Bereichs, vorzugsweise kleiner 3% bezogen auf den A_RA des dritten Bereichs (inklusive 0). Durch den verringerten Restaustenitanteil kann auch die Menge an potentiell gebildeten spannungs- und/oder verformungsinduzierten Martensit reduziert werden, sodass sowohl der Schnittprozess als auch lokale Verformungsoperationen, zum Beispiel Lochaufweitung, verbessert werden können und somit auch die damit einhergehende Verfestigung verringert werden kann.
-
Der optional vorhandene vierte Bereich mit der vierten Eigenschaft weist eine besonders hohe Härte auf und ist so besonders für einen oder mehrere Bereiche respektive Abschnitt an einem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil ausgelegt, um die Form im Crashfall mit geringer Dehnung möglichst formtreu beizubehalten. Da der Restaustenitanteil durch seine geringere Festigkeit keine direkte Stützwirkung im Gefüge ausübt, ist ein Gehalt < 3% (inklusive 0) für einen möglichst hohen Verformungswiderstand einzustellen.
-
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführungen des erfindungsgemäßen Verfahrens Bezug genommen.
-
Der erste Bereich mit der ersten Eigenschaft an dem erfindungsgemäßen Stahlblechbauteil ist dazu ausgelegt, Crashenergie im Falle eines Crashs aufzunehmen und durch Verformung abzubauen. Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Stahlblechbauteils lassen sich der erste Bereich mit der ersten Eigenschaft und der mindestens eine weitere Bereich mit der mindestens einen weiteren Eigenschaft durch Größen wie dem Restaustenitstabilität-Wert, wiedergegeben durch einen Si und/oder Al-korrigierten Gitterparameter (S_RA), und/oder einem Gefügehärte-Wert Hv_rC weiter charakterisieren. Der erste Bereich weist einen Wert S_RA > 0,3590 nm, bevorzugt > 0,3598 nm, besonders bevorzugt > 0,3606 nm auf. Durch den Si und/oder Al-korrigierten Gitterparameter wird die Restaustenitstabilität wiedergegeben. Diese sollte besonders hoch sein, damit die Verfestigung durch spannungs- und/oder verformungsinduzierte Martensitbildung möglichst gering bleibt. Je größer der Gitterparameter, desto höher der Anteil an im Restaustenitgitter gelösten Legierungselementen, wobei insbesondere C, Mn und optional Cr die Restaustenitstabilität erhöhen können. Si und AI hingegen sind besonders effektive Ferritbildner, die auch Einfluss auf den Gitterparameter haben. Daher sollte der Restaustenit-Gitterparameter um Si und AI korrigiert werden, nach folgender Formel:
-
Wird der S_RA > 0,3598 nm überschritten, ist die Restaustenitstabilität soweit erhöht, dass kaum noch spannungsinduzierte Martensitbildung stattfinden kann. Wird der S_RA > 0,3606 nm überschritten, ist auch die verformungsinduzierte Martensitbildung so weit eingeschränkt, dass auch größere Austenitbereiche stabil bleiben. Wird S_RA > 0,3598 nm nicht eingehalten, wandelt der Restaustenit schon bei sehr geringen Spannungen in Martensit um. Dadurch ergibt sich eine hohe Härtedifferenz im Gefüge, welche dem Ziel einer hohen lokalen Umformbarkeit direkt entgegensteht. Außerdem kann es durch die Martensitbildung begleitende lokale Umformung, bekannt als „Bain strain“, zu einem Bauteilverzug bereits bei sehr geringen, globalen Spannungen kommen.
-
S_RA wird in der Art berechnet, um den Legierungselementeinfluss sowohl auf die Gitterkonstante, als auch auf die Restaustenitstabilität auszugleichen. Der Restaustenit-Gitterparamer (G_RA) wird aus dem röntgendiffraktometrisch aufgenommenen Diffraktogramm ermittelt, gemäß DIN 13925 „Röntgendiffraktometrie von polykristallinen und amorphen Materialien“ unter Anwendung der Rietveld-Methode.
-
Der erste Bereich weist zusätzlich oder alternativ einen Gefügehärte-Wert Hv_rC < 320 + 800 * (%C+%N) + 75*(%Nb)^0,5 auf. Verschiedene Legierungselemente addieren sich zur Härte des Gefüges. Während Festigkeitssteigerungen durch Kohlenstoff oder Ausscheidungen kaum einen Einfluss auf die Verfestigung bei Verformung ausüben, führen Gefügeverspannungen zu einer unerwünschten Verfestigung bei Verformung. Wird die obige Ungleichung erfüllt, sind die gröbsten Verspannungen im Gefüge abgebaut. Ist insbesondere Hv_rC < 290 + 750 * (%C+%N) + 50*(%Nb)^0,5, sind innere Verspannungen deutlich reduziert und fast vollständig abgebaut, wenn vorzugsweise Hv_rC < 270 + 700 * (%C+%N) + 30*(%Nb)^0,5 beträgt.
-
Hv_rC ist eine gemessene Härte nach Vickers (Hv1). In der Ungleichung ist der Anlasseffekt (geringere Härte als vollständig durchgehärtet (Martensit in Abhängigkeit von C und N) und ausgehärtet/korngefeint (Ausscheidungen in Abhängigkeit von Nb)) berücksichtigt. Die Bedingung fordert eine Härte, die geringer ist, als die maximale Härte, die unter der Berücksichtigung der chemischen Zusammensetzung erreicht werden könnte.
-
Der optionale zweite Bereich mit der zweiten Eigenschaft weist ein Wert S_RA auf, der kleiner ist als der S_RA des ersten Bereichs. Um eine erhebliche spannungs- und/oder verformungsinduzierte Martensitbildung im zweiten Bereich zu ermöglichen, und einen gewissen Abstand zum erste Bereich einzustellen, und bevor diese im ersten Bereich beginnt, ist der S_RA um mindestens 0,0004 nm kleiner als der S_RA des ersten Bereichs. Ist der S_RA vorzugsweise um mindestens 0,0010 nm kleiner als der S_RA des ersten Bereichs, ist es möglich, eine weitestgehende Restaustenitumwandlung im zweiten Bereich bei gleichzeitig minimaler Restaustenitumwandlung im ersten Bereich zu erreichen.
-
Der optionale zweite Bereich mit der zweiten Eigenschaft weist alternativ oder zusätzlich einen Wert Hv_rC auf, der größer ist als der Hv_rC im ersten Bereich, sodass die Verformung hauptsächlich in Bereichen geringerer Härte, falls nur ein erster Bereich und kein dritter Bereich vorhanden ist, also eher im ersten Bereich stattfindet. Insbesondere ist der Hv_rC um mindestens 10 Hv größer als der Hv_rC im ersten Bereich. Insbesondere ist der Hv_rC des zweiten Bereichs bis zu maximal 120 Hv, weiter vorzugsweise bis zu maximal 100 HV größer als der Hv_rC im ersten Bereich, bevorzugt bis zu maximal 40 Hv größer als im ersten Bereich. Somit kann sichergestellt werden, dass sich die Verformung des Bauteils im Crashfall auch auf den zweiten Bereich ausdehnt, bevor der erste Bereich kritisch versagt.
-
Der optionale dritte Bereich mit der dritten Eigenschaft weist einen Restaustenitanteil, der geringgehalten wird, sodass nicht unbedingt eine bestimmte Restaustenitstabilität eingestellt werden muss. Ist der Restaustenitanteil im dritten Bereich A_RA > 0, ist der Wert S_RA > 0,3595 nm, insbesondere S_RA > 0,3600 nm eingestellt, um die spannungs- und/oder verformungsinduzierte Martensitbildung im Wesentlichen unterdrücken zu können.
-
Der optionale dritte Bereich mit der dritten Eigenschaft weist alternativ oder zusätzlich einen Wert Hv_rC auf, der um mindestens 10 HV kleiner ist als der Hv_rC im ersten Bereich, vorzugsweise um mindestens 25 HV kleiner als der Hv_rC im ersten Bereich, für eine verbesserte Lochaufweitung, bevorzugt um mindestens 50 Hv kleiner als der Hv_rC im ersten Bereich, um Schnittkanten höchster Qualität und geringe Schnittkräfte zu ermöglichen.
-
Der optionale vierte Bereich mit der vierten Eigenschaft weist, falls ein Restaustenitgehalt A_RA zwischen > 0% und < 3% vorhanden ist, einen Wert S_RA < 0,3595 nm, insbesondere S_RA < 0,3590 nm auf, um den Restaustenit möglichst schnell in Martensit umzuwandeln und somit zum Verformungswiderstand beizutragen.
-
Der optionale vierte Bereich mit der vierten Eigenschaft weist zusätzlich oder alternativ einen Wert Hv_rC auf, der um mindestens 40 Hv größer ist als der Hv_rC des ersten Bereichs, um die Deformation bei Bauteilbelastung in andere Bereiche zu lenken. Insbesondere ist der Hv_rC um mindestens 60 Hv, vorzugsweise um mindestens 80 Hv größer als der Hv_rC im ersten Bereich, um im Crashfall das vergütete Stahlblechbauteil möglichst nah an seiner Ursprungsform beizubehalten. Falls der optionale zweite Bereich vorhanden ist, ist der Hv_rC des vierten Bereichs um mindestens 10 Hv größer ist als der Hv_rC des zweiten Bereichs.
-
Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Stahlblechbauteils weist das zumindest teilweise vergütete Stahlblechbauteil zwischen den Bereichen mit unterschiedlichen Eigenschaften einen oder mehrere Übergangsbereiche auf, wobei der oder die Übergangsbereiche die unterschiedlichen Bereiche mit einer Quererstreckung von mindestens 5 mm voneinander beabstandet, um einen harmonischen und nicht sprunghaften Übergang des Eigenschaftenverlaufs zwischen den einzelnen Bereichen mit unterschiedlichen Eigenschaften bereitzustellen. Die Quererstreckung beträgt insbesondere mindestens 20 mm, vorzugsweise mindestens 50 mm. Die Quererstreckung des Übergangsbereichs zwischen den einzelnen Bereichen beträgt beispielsweise maximal 400 mm, insbesondere maximal 250 mm, vorzugsweise maximal 150 mm, bevorzugt maximal 100 mm. Als besonders vorteilhaft für eine Bauteilauslegung und Prognosequalität der Gebrauchseigenschaften beträgt die Quererstreckung des Übergangsbereichs zwischen den Bereichen unterschiedlicher Eigenschaften besonders bevorzugt zwischen 10 mm und 50 mm.
-
Im Folgenden werden konkrete Ausgestaltungen der Erfindung mit Bezugnahme auf die Zeichnung im Detail näher erläutert. Die Zeichnung und begleitende Beschreibung der resultierenden Merkmale sind nicht beschränkend auf die jeweiligen Ausgestaltungen zu lesen, dienen jedoch der Illustration beispielhafter Ausgestaltung. Weiterhin können die jeweiligen Merkmale untereinander wie auch mit Merkmalen der obigen Beschreibung für mögliche weitere Entwicklungen und Verbesserungen der Erfindung, speziell bei zusätzlichen Ausgestaltungen, welche nicht dargestellt sind, genutzt werden.
-
Die Zeichnung zeigt in
- 1) einen schematischen Ablaufplan einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel,
- 2) einen schematischen Ablaufplan einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel,
- 3) einen schematischen Ablaufplan einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einem dritten Ausführungsbeispiel,
- 4) einen schematischen Ablaufplan einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einem vierten Ausführungsbeispiel,
- 5) einen schematischen Ablaufplan einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einem fünften Ausführungsbeispiel,
- 6) einen schematischen Ablaufplan einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einem sechsten Ausführungsbeispiel,
- 7) eine schematische Perspektivansicht eines vergüteten Stahlblechbauteils gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel,
- 8) eine schematische Perspektivansicht eines vergüteten Stahlblechbauteils gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel und
- 9) eine schematische Perspektivansicht eines vergüteten Stahlblechbauteils gemäß einem dritten Ausführungsbeispiel.
-
In den 1 bis 6 sind schematische Ablaufpläne unterschiedlicher Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt.
-
Mit (0) ist eine Einrichtung bzw. Vorrichtung zum Formen eines Stahlblechs gekennzeichnet, in welcher das Stahlblech geformt bzw. umgeformt, insbesondere endabmessungsnah geformt wird, vorzugsweise kalt geformt bzw. umgeformt wird, um ein vorgeformtes Stahlblech für den weiteren Prozess bereitzustellen. Die Einrichtung (I) umfasst Mittel zum Formen der Stahlbleche. Die Einrichtung (0) kann in Form eines oder mehrerer Werkzeuge ausgebildet sein.
-
Mit (I) ist eine Einrichtung bzw. Vorrichtung zum zumindest teilweisen Austenitisieren eines bereitgestellten Stahlblechs gekennzeichnet, in welcher das Stahlblech auf eine Temperatur von mindestens Ac1, insbesondere von mindestens Ac3 respektive oberhalb von Ac3 austenitisiert wird. Die Einrichtung (I) umfasst Mittel zum zumindest teilweise Erwärmen der bereitgestellten Stahlbleche. Insbesondere kann das bereitgestellte Stahlblech auch vollständig erwärmt bzw. austenitisiert werden. Die Einrichtung (I) kann in Form eines Ofens, beispielsweise in Form eines Durchlaufofens ausgebildet sein.
-
Mit (II) ist eine Einrichtung bzw. Vorrichtung zum zumindest teilweise Härten eines zumindest teilweise austenitisierten Stahlblechs gekennzeichnet, in welcher das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech zu einem zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteil gehärtet wird, wobei das zumindest teilweise austenitisierte Stahlblech auf eine Temperatur unterhalb Ms abgekühlt wird. Die Einrichtung (II) umfasst Mittel zum aktiven Kühlen der zumindest teilweise austenitisierten Stahlbleche, welche beispielsweise mindestens ein Werkzeug und/oder ein Medium zum Härten umfasst. Das mindestens eine Werkzeug kann als Presshärtewerkzeug (II.1), als Warmumform- und Presshärtewerkzeug (II.2), als Warmumform-, Presshärte- und Anlasswerkzeug (II.2, III) oder als Presshärte- und Anlasswerkzeug (II.1, III) ausgebildet sein. Das mindestens eine Werkzeug kann des Weiteren zusätzliche Funktionen aufweisen, zum Beispiel Mittel zum Beschneiden und/oder Lochen (IV) umfassen.
-
Mit (III) ist eine Einrichtung bzw. Vorrichtung zum zumindest teilweise Anlassen eines zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteils gekennzeichnet, in welcher das zumindest teilweise gehärtete Stahlblechbauteil zu einem zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteil vergütet wird, wobei das zumindest teilweise gehärtete Stahlblechbauteil auf eine Temperatur von weniger als Ac1 angelassen wird. Die Einrichtung (III) umfasst Mittel zum aktiven Temperieren der zumindest teilweise gehärteten Stahlblechbauteile, welche beispielsweise mindestens ein Werkzeug und/oder ein Medium zum Anlassen umfasst, wobei unterschiedliche Temperaturzonen bereitgestellt werden, um am zumindest teilweise zu vergütenden Stahlblechbauteil (1) unterschiedliche Bereiche (2, 3, 4, 5) mit unterschiedlichen Eigenschaften einstellen zu können. Das mindestens eine Werkzeug kann als Anlasswerkzeug (III.1) separat oder integriert in einem Werkzeug, insbesondere zum Warmumformen und/oder Presshärten (II.1, II.2) ausgebildet sein. Das mindestens eine Werkzeug kann des Weiteren zusätzliche Funktionen aufweisen, zum Beispiel Mittel zum Beschneiden und/oder Lochen (IV) umfassen.
-
Mit (IV) ist eine Einrichtung bzw. Vorrichtung zum Nachbearbeiten eines zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteils gekennzeichnet, in welcher das zumindest teilweise vergütete Stahlblechbauteil nachbearbeitet wird, insbesondere geschnitten und/oder gelocht wird. Die Einrichtung (IV) umfasst Mittel zum Bearbeiten der zumindest teilweise vergüteten Stahlblechbauteile. Umfasst die Einrichtung (IV) Mittel zum Bescheiden und/oder Lochen, kann es sich um thermische Mittel, beispielsweise in Form eines Lasers, oder um mechanische Mittel, beispielsweise um eines oder mehrerer Schneid- und/oder Stanzwerkzeuge, handeln. Die Einrichtung (IV) kann separat oder integriert in einem Werkzeug, insbesondere zum Warmumformen und/oder Presshärten (II.1, II.2) oder Anlassen (III) ausgebildet sein.
-
In 1 sind vier separate Einrichtungen (I, II, III, IV) gezeigt, in welchen das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen vergüteten Stahlblechbauteils (1) umgesetzt werden kann. Ein ebenes Stahlblech wird bereitgestellt und in einem Ofen (I) vollständig auf eine Temperatur oberhalb von Ac3 austenitisiert. Anschließend wird das austenitisierte Stahlblech aus dem Ofen (I) entnommen und mittels geeigneten Transfermitteln in ein Warmumform- und Presshärtewerkzeug (II.2) überführt, in welchem das austenitisierte Stahlblech warm umgeformt und auf eine Temperatur unterhalb Ms abgekühlt und somit zu einem Stahlblechbauteil gehärtet wird. Das gehärtete Stahlblechbauteil wird anschließend in ein Anlasswerkzeug (III) mittels geeigneten Transfermitteln überführt, in welchem das gehärtete Stahlblechbauteil mit unterschiedlichen Temperaturen zu einem vergüteten Stahlblechbauteil (1) mit Bereichen (2, 3, 4, 5) mit unterschiedlichen Eigenschaften angelassen wird. Das vergütete Stahlblechbauteil (1) kann abschließend in ein Werkzeug (IV) zum Beschneiden und/oder Lochen beispielsweise mittels Laser mit geeigneten Transfermitteln überführt. Nach dem Beschnitt und/oder Lochen im Werkzeug (IV) kann das fertig konfektionierte, vergütete Stahlblechbauteil (1) entnommen werden.
-
In der zweiten Ausführung in 2 sind die Einrichtungen (III, IV) im Vergleich zu der ersten Ausführung in 1 in einer Einrichtung respektive in einem Werkzeug vereint. Das Anlasswerkzeug (III) verfügt über die zusätzliche Funktion, das zu vergütende Stahlblechbauteil zusätzlich mechanisch zu bearbeiten bzw. nachzubearbeiten, insbesondere zu schneiden und/oder zu lochen, beispielsweise über in oder an dem Anlasswerkzeug (III) zusätzlich integrierte oder angeordnete Schneid- und/oder Stanzwerkzeuge (IV).
-
In der dritten Ausführung in 3 sind die Einrichtungen (II, III, IV) in einer Einrichtung, wie zum Beispiel einer Transferpresse, respektive in einem Werkzeug vereint. Das Warmumform- und Presshärtewerkzeug (II.2) ist gleichzeitig auch Anlasswerkzeug (III) und verfügt zusätzlich über Schneid- und/oder Stanzwerkzeuge (IV). Die Ausführung kann auch in der Art erfolgen, dass die Einrichtungen (II, III, IV) getrennt oder zumindest teilweise getrennt voneinander in einer Einrichtung verbaut sind.
-
In der vierten Ausführung in 4 sind die Einrichtungen (II, III) in einer Einrichtung respektive in einem Werkzeug vereint. Das Werkzeug umfasst ein Warmumform-, Presshärte- und Anlasswerkzeug (II.2, III). Die Einrichtung (IV) zum Nachbearbeiten ist separat ausgebildet.
-
In Anlehnung an die erste Ausführung in 1 zeigt auch die fünfte Ausführung in 5 vier separate Einrichtungen (0, I, II, III), wobei im Unterschied zu den ersten vier Ausführungen, bei denen ein im Wesentlichen ebenes Stahlblech in Form einer Platine bereitgestellt und anschließend austenitisiert wird, hier und auch in der sechsten Ausführung ein vorgeformtes Stahlblech zum Austenitisieren bereitgestellt wird. Da das vorgeformte Stahlblech vorzugsweise bereits eine endabmessungsnahe Geometrie aufweist, ist auch keine Warmumformung erforderlich, sodass das Härten in einem Presshärtewerkzeug (II.1) in der Einrichtung (II) durchgeführt wird. Eine Nachbearbeitung in einer nichtdargestellten weiteren Einrichtung ist bei Bedarf denkbar.
-
In der sechsten Ausführung in 6 sind die Einrichtungen (II, III) in einer Einrichtung respektive in einem Werkzeug vereint. Das Werkzeug umfasst ein Presshärte- und Anlasswerkzeug (II.1, III). Die Einrichtung (IV) zum Nachbearbeiten ist separat ausgebildet.
-
In einer Untersuchung wurden aus drei Schmelzen A, B und C mit der in Tabelle 1 angegebenen chemischen Zusammensetzung in einer Stranggießanlage zu einem Strang gegossen und jeweils zu Brammen abgeteilt. Die Brammen wurden anschließend in einem Hubbalkenofen bei Temperaturen oberhalb von 1100°C durchgewärmt und in einer Warmbandstraße zu einem Warmband mit 3,2 mm warmgewalzt. Die Warmbänder wurden konditioniert und anschließend zu Kaltbändern mit 1,5 mm kaltgewalzt. Die aus den Schmelzen A und C hergestellten Kaltbänder wurden konventionell mit einem Aluminium-Silizium-Überzug beschichtet, wohingegen das aus der Schmelze B hergestellte Kaltband unbeschichtet blieb. Sowohl aus den Kaltbändern hergestellt aus der Schmelze A und C wie auch aus dem Kaltband aus der Schmelze B wurden jeweils sieben Stahlbleche herausgetrennt und einer Kaltumformung in einer Einrichtung (0) unterzogen, wobei sie jeweils in Form eines vorgeformten Stahlblechs bereitgestellt wurden.
-
Wie in der fünften Ausführung gemäß 5 skizziert, wurden die insgesamt 21 bereitgestellten Stahlbleche in einem Ofen (I) vollständig oberhalb von Ac3 bei einer Ofentemperatur von 920°C für eine Dauer von 300s austenitisiert, s. Tabelle 2. Die austenitisierten Stahlbleche wurden in ein Presshärtewerkzeug (II.1) mit einer Transferzeit von 7s überführt, in welchem die austenitisierten Stahlbleche abgekühlt respektive abgeschreckt und somit zu Stahlblechbauteilen gehärtet wurden. Die Temperatur des Presshärtewerkzeugs (II.1) bei den AS-beschichteten Stahlblechen betrug einheitlich 224°C und bei den unbeschichteten Stahlblechen einheitlich 240°C, wobei die Zuhaltedauer des Presshärtewerkzeugs (II.1) jeweils 6s betrug. Die gemessenen Entnahmetemperaturen der jeweils gehärteten Stahlblechbauteile sind aus der Tabelle 2 zu entnehmen. Zeitlich unmittelbar nach dem Härten wurden die gehärteten Stahlblechbauteile in ein Anlasswerkzeug (III) überführt, wobei ein Abkühlen unterhalb von Mf verhindert wurde. Das Anlasswerkzeug (III) verfügte über vier unterschiedlich temperierbare Zonen, um am zu vergütenden Stahlblechbauteil (1) auch Bereiche (2, 3, 4, 5) mit bis zu vier unterschiedlichen Eigenschaften einstellen zu können. Die eingestellten Temperaturen in den jeweiligen Zonen des Anlasswerkzeugs (III), sowie die gemessenen Anlasstemperaturen TP1 bis TP4 in den entsprechenden Bereichen (2, 3, 4, 5) mit unterschiedlichen Eigenschaften an den vergüteten Stahlblechbauteilen (1) bei Entnahme aus dem Anlasswerkzeug (III), sowie die entsprechenden Zuhaltezeiten des Anlasswerkzeugs (III) zur Einstellung der unterschiedlichen Eigenschaften sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Die vergüteten Stahlblechbauteile (1) gemäß Ausführung 1, 6 und 7 sind beispielhaft in den 7, 8 und 9 als schematisch in einer Perspektivansicht gezeigt.
-
Hier nicht dargestellt können Stahlblechbauteile hergestellt werden, welche nur teilweise austenitisiert, nur teilweise gehärtet und nur teilweise vergütet werden.
-
7 zeigt ein vergütetes Stahlblechbauteil (1) mit einem ersten Bereich (2) mit einer ersten Eigenschaft und einen vierten Bereich (5) mit einer vierten Eigenschaft, wobei ein Übergangsbereich (1.1) die beiden Bereiche (2, 5) mit einem definierten Abstand in Quererstreckung (Q) voneinander trennt, wobei die Quererstreckung (Q) mindestens 10 mm beträgt.
-
8 zeigt ein vergütetes Stahlblechbauteil (1) mit drei ersten Bereichen (2) mit einer ersten Eigenschaft, zwei dritten Bereichen (4) mit einer dritten Eigenschaft und einen vierten Bereich (5) mit einer vierten Eigenschaft, wobei Übergangsbereiche (1.1) die unterschiedlichen Bereiche (2, 4, 5) jeweils mit einem definierten Abstand in Quererstreckung (Q) voneinander trennen. Die drei ersten Bereiche (2) sind abschnittsweise am vergüteten Stahlblechbauteil (1) vorhanden, wobei zwischen den drei ersten Bereichen (1) zwei dritte Bereiche (4) vorhanden sind. Der vierte Bereich (5) definiert am vergüteten Stahlblechbauteil (1) einen Endabschnitt.
-
9 zeigt im Vergleich zu 8 ein vergütetes Stahlblechbauteil (1) mit zwei ersten Bereichen (2) mit einer ersten Eigenschaft, einen zweiten Bereich (3) mit einer zweiten Eigenschaft, zwei dritte Bereiche (4) mit einer dritten Eigenschaft und einen vierten Bereich (5) mit einer vierten Eigenschaft, wobei Übergangsbereiche (1.1) die unterschiedlichen Bereiche (2, 3, 4, 5) jeweils mit einem definierten Abstand in Quererstreckung (Q) voneinander trennen. Der Übergangsbereich (1.1) zwischen dem ersten dritten Bereich (4) und dem zweiten ersten Bereich (2) ist in seiner Quererstreckung (Q) im Vergleich zu den anderen Übergangsbereichen (1.1) breiter dimensioniert.
-
Tabelle 3 liefert eine detaillierte Übersicht zu den unterschiedlichen Eigenschaften, die sich in den jeweiligen Bereichen (2, 3, 4, 5) an den vergüteten Stahlblechbauteilen (1) durch das erfindungsgemäße Verfahren, wie sie in Tabelle 2 angegeben ist, eingestellt hatten.
-
Die Anlasstemperaturen (TP1, TP2, TP3, TP4) beziehen sich auf die Temperatur in den entsprechenden Bereichen (2, 3, 4, 5) an dem vergüteten Stahlblechbauteil (1) bei oder kurz nach der Entnahme aus dem Anlasswerkzeug (III). Sie können und müssen nicht den Werkzeugtemperaturen in den Zonen, die mit den Bereichen (2, 3, 4, 5) in Kontakt stehen, entsprechen.
-
Messmethoden
-
Hv_rC: Härte nach Vickers (Hv1)
-
A_RA, G_RA: Beide Parameter wurden aus dem röntgendiffraktometrisch aufgenommenen Diffraktogramm ermittelt, gemäß DIN 13925 „Röntgendiffraktometrie von polykristallinen und amorphen Materialien“ unter Anwendung der Rietveld-Methode.
-
S_RA: Berechnet aus G_RA nach angegebener Formel
-
Abkürzungen:
-
Tabelle1:
- Oberf: Beschichtung Oberfläche U: unbeschichtet, AS: Aluminium-Silizium-beschichtet A_F40: Anteil (Anzahl%) an Ferritkörnern mit einem äquivalenten Durchmesser > 40µm
-
Tabelle2:
- T_WkzA: Werkzeugtemperatur Presshärtewerkzeug
- T_Abs: Temperatur Bauteil bei Entnahme aus Presshärtewerkzeug
- Z_Abs: Zuhaltedauer Presshärtewerkzeug
- T_WkzX: Temperatur des Anlasswerkzeuges im Werkzeugbereich X (X:1-4)
- TPX: Bauteiltemperatur im Bereich in Kontakt mit Werkzeugbereich X des Anlasswerkzeuges bei Entnahme aus Anlasswerkzeug
- Z_Temp: Zuhaltezeit des Anlasswerkzeuges
-
Tabelle3:
- Hv_rC: Härte nach Vickers (Hv1)
- A_RA: Anteil an Restaustenit im Gefüge (Vol.-%)
- G_RA: Gitterkonstante des Restaustenits
- S_RA: Berechnet aus G_RA nach im Text angegebener Formel, beschreibt die Restaustenitstabilität
-
Durch das erfindungsgemäße Verfahren können kostengünstige Stahlblechbauteile mit zielgerichteten Eigenschaften hergestellt werden, insbesondere Karosserieteile wie zum Beispiel A-Säulen, B-Säulen oder Längs- als auch Querträger, aber auch Kombinationen daraus, zum Beispiel ein Türring. Das erfindungsgemäße Verfahren ist nicht nur auf monolithische dickenkonstante Stahlbleche anwendbar, sondern auch auf monolithische in der Dicke variierende Stahlbleche (tailored rolled blanks). Des Weiteren ist das erfindungsgemäße Verfahren auch allgemein auf tailored products anwendbar, beispielsweise mindestens zwei miteinander verbundene Stahlbleche in Form von „patchwork blanks“ oder „tailer welded blanks“ mit unterschiedlicher Dicke und/oder Güte.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102008055514 A1 [0003]
- EP 2546375 B1 [0004]
- US 8518195 B2 [0004]
- DE 102013010946 B3 [0004]
- DE 102011101991 B3 [0005]