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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors an einem Fahrzeug sowie ein Verfahren zum Verwenden eines Beschleunigungssensors an einem Fahrzeug.
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Beschleunigungssensoren werden an Fahrzeugen eingesetzt, um bestimmte Betriebssituationen, zum Beispiel Unfälle oder dergleichen, und/oder Fahrmanöver erkennen und beurteilen zu können. Voraussetzung für eine sinnvolle Bewertung von durch Beschleunigungssensoren erfassten Beschleunigungsdaten ist die Kenntnis darüber, wie der montierte Beschleunigungssensor in Bezug auf das Fahrzeug ausgerichtet ist.
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Herkömmlicherweise wird bei der Erstmontage und insbesondere beim Nachrüsten von Beschleunigungssensoren auf eine entsprechende Orientierung des Beschleunigungssensors am Fahrzeug geachtet. Dies setzt beim Montieren eine Vielzahl von Handgriffen und einen entsprechenden Aufwand voraus.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors mit den Merkmalen des Anspruchs 1 weist demgegenüber den Vorteil auf, dass ohne Zutun durch einen Bediener und quasi während des Betriebs eine Kalibrierung eines Beschleunigungssensors an einem Fahrzeug mit hoher Genauigkeit möglich ist. Dies wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruchs 1 dadurch erreicht, dass ein Verfahren zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors eines Fahrzeugs an einem Fahrzeug geschaffen wird, welches ausgebildet ist mit den Schritten:
- (i) Erfassen einer Mehrzahl von Tupeln und insbesondere von Tripeln als Zeitreihe von Beschleunigungsmesswerten des Beschleunigungssensors in einem Bezugssystem des Beschleunigungssensors,
- (ii) Bestimmen der Komponenten der Längsbeschleunigung und der Querbeschleunigung der Fahrzeugbeschleunigung und insbesondere ihrer jeweiligen Werte im Bezugssystem des Beschleunigungssensors durch Hauptkomponentenanalyse der als multivariate Verteilung aufgefassten Mehrzahl von Tupeln oder Tripeln von Beschleunigungsmesswerten des Beschleunigungssensors und
- (iii) Bereitstellen und insbesondere Ausgeben der Komponenten der Längsbeschleunigung und der Querbeschleunigung der Fahrzeugbeschleunigung bzw. ihrer jeweiligen Werte und/oder von deren Richtungsvektoren zur Charakterisierung der Orientierung des Beschleunigungssensors am Fahrzeug.
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Durch das erfindungsgemäße Vorgehen kann der Beschleunigungssensor am Fahrzeug - insbesondere innerhalb der zulässigen Freiheitsgrade und/oder abhängig von der Dimension des Sensorbezugssystems - beliebig montiert sein oder werden, weil das automatische Verfahren ohne menschliches Zutun eine Charakterisierung der Orientierung des Beschleunigungssensors am Fahrzeug durch Bestimmung der Längsbeschleunigung und der Querbeschleunigung und somit eine Darstellung der Längsrichtung und der Quererstreckungsrichtung des Fahrzeugs im Bezugssystem des Beschleunigungssensors liefert.
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Der Sensor kann ferner zu einer beliebigen Zeit ins Fahrzeug eingebracht werden. Für eine hinreichend genaue Funktion genügt eine in sich stabile Befestigung am Fahrzeug, die eine deterministische Übertragung von Längs- und Querbeschleunigung zum Sensor ermöglicht. Zum Beispiel ist dies auch in der Zigarettenanzünderbuchse möglich.
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Die Anzahl der Komponenten der erfassten Tupel muss mindestens der Anzahl der Freiheitsgraden der Sensororientierung entsprechen, es sind zweidimensionale Tupel - also Paare - denkbar bei entsprechend reduzierten Freiheitsgraden.
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Im Sinne der vorliegenden Erfindung werden die Begriffe Komponente der Längsbeschleunigung und Komponente der Querbeschleunigung der Fahrzeugbeschleunigung auch kurz als Längskomponente bzw. Querkomponente der Fahrzeugbeschleunigung bezeichnet. Ein jeweiliger Wert der Längskomponente und/oder der Querkomponente kann auch als Intensität, Stärke oder Magnitude bezeichnet werden.
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Die Unteransprüche zeigen bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die Komponente der Längsbeschleunigung des Fahrzeugs bzw. deren Werte, Stärken oder Intensitäten und deren Richtung auf der Grundlage einer ersten Hauptkomponente der zu Grunde liegenden multivariaten Verteilung der Mehrzahl von Tupeln oder Tripeln von Beschleunigungsmesswerten des Beschleunigungssensors und insbesondere auf der Grundlage eines ersten Eigenvektors der zu der multivariaten Verteilung gehörigen Kovarianzmatrix bestimmt.
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Alternativ oder zusätzlich werden bei einer anderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens die Komponente der Querbeschleunigung des Fahrzeugs bzw. deren Werte, Stärken oder Intensitäten und deren Richtung auf der Grundlage einer zweiten Hauptkomponente der zu Grunde liegenden multivariaten Verteilung der Mehrzahl von Tupeln oder Tripeln von Beschleunigungsmesswerten des Beschleunigungssensors und insbesondere auf der Grundlage eines zweiten Eigenvektors der zu der multivariaten Verteilung gehörigen Kovarianzmatrix bestimmt.
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In diesem Zusammenhang ist es insbesondere vorgesehen, dass die zu der multivariaten Verteilung der Zeitreihe der Beschleunigungswerte gehörige Kovarianzmatrix C gemäß der Vorschrift (I)
gebildet wird.
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Dabei bezeichnen C die Kovarianzmatrix, A die dreispaltige Matrix aus der Zeitreihe der Beschleunigungswerte und also einer Anzahl N von Tupeln oder Tripeln
von Beschleunigungsmesswerten a
x,a
y,a
z des Beschleunigungssensors,
den Operator der Mittelwertbildung und
τ den Operator der Transposition.
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Die Komponente der Schwerebeschleunigung des Fahrzeugs in Richtung der Schwerkraft und deren Richtung können in besonders einfacher Art und Weise auf der Grundlage des Erwartungswerts der zu Grunde liegenden multivariaten Verteilung der Mehrzahl von Tupeln oder Tripeln von Beschleunigungsmesswerten des Beschleunigungssensors abgeleitet werden.
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Alternativ bietet sich dazu auch der Einsatz eines Tiefpassfilters an.
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Bei einer anderen Ausgestaltungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens können die Komponente der Querbeschleunigung des Fahrzeugs und deren Richtung auf der Grundlage der Komponente der Längsbeschleunigung des Fahrzeugs und der Komponente der Schwerebeschleunigung des Fahrzeugs unter Verwendung von deren Vektorprodukt bestimmt werden.
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Es bieten sich grundsätzlich sämtliche Verfahren an, die bei der Ableitung von Hauptwerten oder Hauptkomponenten, von jeweiligen Eigenvektoren und Eigenwerten im Hinblick auf multivariate Verteilungen bekannt sind.
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Besonders einfach gestaltet sich das erfindungsgemäße Verfahren gemäß einer anderen bevorzugten Ausgestaltungsform dann, wenn eine jeweilige Hauptkomponente, ein jeweiliger Eigenvektor und insbesondere ein jeweiliger erster Eigenvektor einer der jeweiligen multivariaten Verteilung von Beschleunigungsmesswerten zu Grunde liegenden Kovarianzmatrix bestimmt wird über eine Zerlegung der Kovarianzmatrix gemäß der Beziehung (II)
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Dabei sind die Spalten der M×M-Matrix V durch die Eigenvektoren der Matrix ATA gegeben und H bezeichnet den Hermiteschen Operator. Die Matrix Σ wird gebildet von den Quadratwurzeln der entsprechenden Eigenwerte.
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Es stellt sich ein besonders hohes Maß an Vereinfachung ein, wenn gemäß einer anderen vorteilhaften Ausgestaltungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens eine jeweilige Hauptkomponente, ein jeweiliger Eigenvektor und insbesondere ein erster Eigenvektor einer der jeweiligen multivariaten Verteilung von Beschleunigungsmesswerten zu Grunde liegenden Kovarianzmatrix bestimmt werden durch eine Van-Mises-Iteration.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung wird auch ein Verfahren zum Verwenden eines Beschleunigungssensors an einem Fahrzeug, insbesondere als Nachrüstkit, geschaffen.
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Bei diesem Verfahren wird ein Beschleunigungssensor an einem Fahrzeug angebracht, insbesondere als nachrüstbare Komponente.
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Bei der Verwendung des Beschleunigungssensors schließt sich eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors eines Fahrzeugs an einem Fahrzeug an.
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Um zeitlichen Schwankungen der Ausrichtung und Orientierung des Beschleunigungssensors am Fahrzeug Rechnung tragen zu können, zum Beispiel auf Grund thermomechanischer Verformungen, wegen manueller Dejustage oder wegen Alterung, ist es vorteilhaft, wenn gemäß einer anderen bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verwendens eines Beschleunigungssensors an einem Fahrzeug das Verfahren zum automatischen Kalibrieren des Beschleunigungssensors wiederholt ausgeführt wird.
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Insbesondere kann daran gedacht werden, das automatische Kalibrieren ständig auszuführen, indem zum Beispiel die Mehrzahl von Tripeln von Beschleunigungsmesswerten des Beschleunigungssensors im Bezugssystem des Beschleunigungssensors einen festen Umfang aufweist und unter ständiger Aktualisierung nach einem FIFO-Schema bewertet wird. Bei einem derartigen Bewertungsschema laufen zum Beispiel die Messwerte ständig aktuell in einen bewerteten Speicher ein, wobei die ältesten Werte aus dem Speicher wieder entfernt werden. Zur Reduktion des Speicherbedarfs ist auch ein Vorgehen mit einer rekursiven Approximation denkbar.
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Figurenliste
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Unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren werden Ausführungsformen der Erfindung im Detail beschrieben.
- 1 ist eine schematische Draufsicht auf ein mit einem Beschleunigungssensor versehenes Fahrzeug, welche die Definition der gegenseitigen Orientierung von Fahrzeug und Beschleunigungssensor erläutert.
- 2 erläutert schematisch die Definition der Zerlegung der Beschleunigung in die lineare Komponente und in die Komponente in Richtung der Schwerkraft.
- 3 erläutert schematisch die Definition der Zerlegung der linearen Beschleunigung in eine longitudinale Komponente und in eine transversale Komponente.
- 4 und 5zeigen Ausgestaltungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors eines Fahrzeugs an einem Fahrzeug.
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Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung
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Nachfolgend werden unter Bezugnahme auf die 1 bis 5 Ausführungsbeispiele der Erfindung und der technische Hintergrund im Detail beschrieben. Gleiche und äquivalente sowie gleich oder äquivalent wirkende Elemente und Komponenten werden mit denselben Bezugszeichen bezeichnet. Nicht in jedem Fall ihres Auftretens wird die Detailbeschreibung der bezeichneten Elemente und Komponenten wiedergegeben.
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Die dargestellten Merkmale und weiteren Eigenschaften können in beliebiger Form voneinander isoliert und beliebig miteinander kombiniert werden, ohne den Kern der Erfindung zu verlassen.
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1 ist eine schematische Draufsicht auf ein mit einem Beschleunigungssensor 10 versehenes Fahrzeug 1, welche die Definition der gegenseitigen Orientierung von Fahrzeug 1 und Beschleunigungssensor 10 erläutert. Die Darstellung der 1 ist tatsächlich rein schematisch und berücksichtigt etwaige Größenverhältnisse nicht.
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Am Fahrzeug 1, welches ein Bezugssystem 1' - zum Beispiel in Form eines Dreibeins mit Achsen I1, I2 und g, welche die longitudinale Richtung, die transversale Richtung und die Richtung der Schwerkraft repräsentieren - aufweist, ist ein Beschleunigungssensor 10 angebracht. Werden bei der Montage keine besonderen Maßnahmen ergriffen, so weist der Sensor 10 ein Bezugssystem 10' auf - zum Beispiel ein Dreibein mit Achsen x, y, z - welches im Allgemeinen nicht zu den Achsen I1, I2 und g des Bezugssystems 1' entsprechend ausgerichtet ist, sondern dazu verdreht vorliegt.
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Es ist ein Ziel der Erfindung, aus einer automatischen Beschleunigungsmessung in Form einer Zeitreihe mit Hauptkomponentenanalyse die Orientierung des Bezugssystems 10' des Beschleunigungssensors 10 in Relation zum Bezugssystem 1' des Fahrzeugs 1 ohne Zutun einer Bedienungsperson zu ermitteln.
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2 erläutert schematisch die Definition der vektoriellen Zerlegung der Beschleunigung
in die lineare Komponente
und in die Komponente
in Richtung der Schwerkraft, und zwar insbesondere auf der Grundlage einer Darstellung der gemessenen Beschleunigung
im Bezugssystem
10' des Beschleunigungssensors
10 mit Komponenten in der x-, y-und z-Richtung gemäß
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3 erläutert schematisch die Definition der Zerlegung der linearen Beschleunigung
in eine longitudinale Komponente oder Längskomponente
und in eine laterale oder seitliche Komponente oder Querkomponente
und zwar auf der Grundlage der durch das Bezugszeichen
20 bezeichneten Verteilung der Beschleunigungsmesswerte.
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Die 4 und 5 zeigen Ausgestaltungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens S, T zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors 10 eines Fahrzeugs 1 an einem Fahrzeug 1.
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Zunächst wird das in 5 dargestellte vereinfachte Kalibrierungsverfahren S erläutert:
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In einem ersten Schritt S1 wird zunächst ein Beschleunigungssensor 10 bereitgestellt und an einem Fahrzeug 1 angebracht.
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In einem nachfolgenden Schritt
S2 werden dann mittels des Beschleunigungssensors
10 Messdaten zur Beschleunigung erfasst, und zwar insbesondere als Zeitreihe von Messwerttripeln
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Es erfolgt dann im nachfolgenden Schritt
S3 das Bestimmen der Komponenten der Längsbeschleunigung
und der Querbeschleunigung
und zwar im Bezugssystem
10' des Beschleunigungssensors
10. Aus deren Richtungsvektoren ist die Orientierung des Beschleunigungssensors
10 und seines Bezugssystems
10' in Bezug auf das Bezugssystem
1' des Fahrzeugs
1 ablesbar.
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In den nachfolgenden Schritten
S4 und
S5 werden die Komponenten der Längsbeschleunigung
und der Querbeschleunigung
bereitgestellt bzw. ausgegeben und dienen der Charakterisierung der Orientierung des Beschleunigungssensors
10 am Fahrzeug
1.
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Im Zusammenhang mit 4 wird eine andere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens T zum automatischen Kalibrieren eines Beschleunigungssensors 10 an einem Fahrzeug 1 erläutert:
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In einer durch den Schritt T0 repräsentierten Startphase werden sämtliche Vorbereitungen zum Kalibrieren getroffen, insbesondere wird ein entsprechender Beschleunigungssensor 10 an einem Fahrzeug 1 bereitgestellt, montiert und in Betrieb genommen.
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In einem Schritt
T1 werden Beschleunigungswerte als Messwerttripel
erfasst.
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Diese werden in einem nachfolgenden Schritt T2 in einem Ringspeicher abgelegt. Zusätzlich oder alternativ ist ein Vorgehen mit einer rekursiven Schätzung der Kovarianzmatrix und des Mittelwerts denkbar, um den Speicheraufwand zu reduzieren. Das bedeutet, dass die Schätzung auf der Grundlage einer alten Schätzung und eines neuen Messwerts aktualisiert wird.
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Im Schritt T3 wird geprüft, ob der Ringspeicher gefüllt ist. Ist dies nicht der Fall - Entscheidung „Nein“ im Schritt T3 - so erfolgt der Rücksprung zum Schritt T1 zum Aufnehmen weiterer Beschleunigungsmesswerte.
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Wird im Schritt T3 festgestellt, dass der Ringspeicher gefüllt ist - Entscheidung „Ja“ im Schritt T3 - so wird zum Schritt T4 übergegangen, in welchem geprüft wird, ob das Fahrzeug 1 in einem Niedriggeschwindigkeitsbereich betrieben wird.
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In einem besonders einfachen Fall, bei welchem kein zusätzlicher Sensor vorgesehen ist oder wird, kann die eindimensionale Varianz des Beschleunigungssignals verwendet werden um zu erkennen, ob das Fahrzeug fährt oder sich in Ruhe befindet. Die Varianz steigt an, wenn sich das Fahrzeug nicht in Ruhe befindet, nämlich auf Grund der Vibrationen am Fahrzeug.
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Zur Durchführung der Prozesse im Schritt T3 können aus einer parallel laufenden Erfassung mit dem Schritt T5 entsprechende Geschwindigkeitswerte des Fahrzeugs 1 erfasst werden. Denkbar ist hier auch die Anwendung von a-priori-Wissen. Bei niedriger Geschwindigkeit ist die Längsbeschleunigung am größten. Somit können die ersten beiden Hauptkomponenten zugeordnet werden. Andere Verfahren, wie zum Beispiel einen Gierratensensor sind denkbar, um sicherzustellen, dass die Querbeschleunigung zum Zeitpunkt der Kalibrierung kleiner ist als die Längsbeschleunigung.
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Ist dies nicht der Fall - Entscheidung „Nein“ im Schritt T4 - so erfolgt ein Rücksprung zum Schritt T1 mit einem Erfassen weiterer Beschleunigungswerte.
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Wird im Schritt
T4 dagegen festgestellt, dass das Fahrzeug
1 im Niedriggeschwindigkeitsbereich betrieben wird - Entscheidung „Ja“ im Schritt
T4 - so wird zum Schritt
T6 und der Hauptkomponentenanalyse übergegangen, welche entsprechende Komponenten für die Längsbeschleunigung
für die Querbeschleunigung
und für die Beschleunigungskomponente
in Richtung der Schwerkraft liefert.
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Die Komponenten
werden dann im nachfolgenden Schritt
T7 aktualisiert und im Schritt
T8 einer Bewertung zur Ableitung eines Bezugssystems
1' des Fahrzeugs
1 in Relation zum Bezugssystem
10' des Sensors
10 zugeführt.
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Diese und weitere Merkmale und Eigenschaften der vorliegenden Erfindung werden an Hand der folgenden Darlegungen weiter erläutert:
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Technischer Hintergrund
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Durch die Anbringung von MEMS-basierten Nachrüstbeschleunigungssensoren 10 an Fahrzeugen 1 können Fahrereignisse erkannt werden.
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Solche Sensoren 10 können mehrere unabhängige Messachsen x, y, z aufweisen. Ereignisse wie Unfälle oder Manöver können über eine Signalverarbeitung auf einem Mikrocontroller identifiziert werden. Die Montage und Einrichtung des Sensors 10 sind auf Grund des Nachrüstcharakters nicht festgelegt. Daher ist die Beziehung zwischen den Sensorachsen x, y, z oder dem Sensorbezugssystem 10' und dem Bezugssystem 1' eines zu Grunde liegenden Fahrzeugs 1 im Voraus nicht bekannt und kann sich bei verschiedenen Anwendungsfällen unterscheiden.
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Unter Verwendung eines solchen Sensors 10 Kräfte zu identifizieren, die in einem fahrenden Fahrzeug 1 auftreten, erfordert eine geeignete Zuordnung zwischen einem Sensorbezugssystem 10' und einem Fahrzeugbezugssystem 1'.
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Derzeit wird dies durch eine Benutzerinteraktion - wie z.B. über definierte Fahrmanöver - erreicht, wodurch Referenzsignale erzeugt werden, die zur Kalibrierung ausgewertet werden können.
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Diese Kalibrierung muss, sobald sich die Ausrichtung des Sensors 10 in Bezug auf das Fahrzeugbezugssystem 1' ändert, jedes Mal wiederholt werden.
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Gegenstand der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung schlägt ein Verfahren vor, die Messungen von einem Nachrüstsatz eines Dreiachsenbeschleunigungsmessers oder -sensors auf Longitudinal- oder Längsbeschleunigungsrichtung, Lateral- oder Querbeschleunigungsrichtung und Gravitations- oder Schwerkraftrichtung eines sich bewegenden Fahrzeugs 1 und dessen Bezugssystem 1' automatisch zuzuordnen.
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Das Projizieren von Beschleunigungsmesswerten in ein Bezugssystem 1', das an einem Fahrzeug 1 ausgerichtet ist, macht eine Klassifizierung von Manövern möglich. Im Vergleich zu früheren Ansätzen ist erfindungsgemäß keine Benutzerinteraktion erforderlich.
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Die Erfindung stellt daher eine Art Echtzeit- oder Onlinekalibrierung zur Orientierungsbestimmung insbesondere bei Nachrüstsensoren 10 in Bezug auf ein Fahrzeugbezugssystem 1' eines Fahrzeug 1 vor.
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Vorteile der vorliegenden Erfindung
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Die Erfindung bietet als Vorteile unter anderem
- (1) einen reduzierten Montageaufwand für das Nachrüstgerät,
- (2) eine gesteigerte Robustheit bei Installationsänderungen, auch während der Verwendung, und
- (3) eine geringere thermische Anfälligkeit.
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Detaillierte Beschreibung
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Von einem Systemstandpunkt aus kann die vorliegende Erfindung gemäß einem Aspekt folgende Komponenten aufweisen:
- 1. einen Beschleunigungssensor 10, der eingerichtet ist, die Beschleunigung entlang dreier unabhängiger Raumachsen x, y, z, die einen dreidimensionalen Raum aufspannen, zu messen,
- 2. einen Controller oder eine allgemeine Steuerung - beispielsweise ein Mikrocontroller - der eingerichtet ist, die vom Beschleunigungssensor 10 gemessenen Sensordaten zu verarbeiten, und
- 3. eine Benutzeroberfläche oder Benutzerschnittstelle.
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Der Algorithmus des zu Grunde liegenden Kalibrierungsprozesses S, T kann vorzugsweise als Software implementiert werden und somit auf dem Mikrocontroller ausführbar sein. Alternativ ist eine ASIC-Realisierung möglich. Mischformen sind denkbar.
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Die Messungen des Beschleunigungsmessers oder Beschleunigungssensors 10 werden als Zeitreihe mehrdimensionaler Datenpunkte aufgefasst, z.B. gemäß den senkrechten x-, y- und z-Achsen des Bezugssystems 10' des Beschleunigungssensors 10.
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Jeder Datenpunkt - aufgefasst als vektorieller Wert einer Beschleunigung
kann dabei dargestellt werden als Linearkombination zu drei - insbesondere orthogonalen - Raumrichtungen, die mit dem oder am Fahrzeugbezugssystem
1' ausgerichtet sind. Die Darstellung kann für jeden Datenpunkt
gemäß der Beziehung (
1)
erfolgen, also in Bezug auf die drei Raumrichtungen
x,
y,
z im Bezugssystem
10' am Sensor
10.
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Die Beschleunigung
kann z.B. auch in eine lineare Beschleunigung
und in eine Schwerkraftkomponente
zerlegt im Bezugssystem
1' am Fahrzeug
1 aufgefasst werden.
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Darüber hinaus wird eine Rauschkomponente
angenommen und zugelassen, die aus einer multivariaten Gaußverteilung abgeleitet werden kann. Diese Zerlegung ist durch die Beziehung (
2)
gegeben. Der dreidimensionale Beschleunigungsvektor
kann in Bezug auf den xyz-Sensor
10 auch relativ zu einer Basis umgewandelt werden, die mit dem oder an dem Fahrzeugbezugssystem
1' ausgerichtet ist.
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Die lineare Beschleunigung
kann dabei in eine longitudinale Komponente oder Längskomponente
und in eine laterale oder seitliche Komponente oder Querkomponente
zerlegt werden.
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Zusammen mit der Komponente
in Schwerkraftrichtung wird gemäß der Beziehung (
3)
eine Orthonormalbasis definiert.
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1 erläutert diese Vektordarstellungen weiter.
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Der Vektor
und der dazugehörige Basisvektor in der g-Richtung oder der Richtung der Schwerkraft zeigen senkrecht in die Zeichenebene von
1.
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Ohne zusätzliche Informationen hinsichtlich der relativen Orientierung zwischen dem Sensor 10 und dem Fahrzeug 1 kann der Beschleunigungsvektor ä mittels einer Hauptkomponentenanalyse (engl. principal component analysis (PCA)) der multivariaten Verteilung der Beschleunigungsmesserwerte ax ,ay ,az abgeleitet werden. Dieses Vorgehen wird auch als Hauptachsentransformation oder Singulärwertzerlegung bezeichnet. Die Singulärwertzerlegung ist ein analytisches Verfahren für die Hauptachsentransformationen. Andere Verfahren sind denkbar, zum Beispiel die Van-Mises-Iteration.
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Wenn A die Nx3-Matrix der N Messwertetripel
aus der Messzeitreihe des Beschleunigungssensors
10 bezeichnet, kann die Kovarianzmatrix C über den Ausdruck (4)
ermittelt werden.
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Die Operator
bezeichnet die Mittelwertbildung über der jeweiligen Matrix bzw. über das Matrixprodukt.
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Der Term
selbst bildet eine Schätzung des Schwerkraftvektors, also der Komponente
der Beschleunigung
in Schwerkraftrichtung.
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Diese Komponente
kann alternativ auch durch drei Kanäle bestimmt werden, welche eine Tiefpassfilterung der Zeitreihensignale liefern.
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Nach Subtraktion des Schwerkraftterms
verbleibt die lineare Beschleunigungskomponente
wie dies in
2 dargestellt ist.
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Der verbleibende Vektor der linearen Beschleunigung
muss in die laterale Komponente
und die longitudinale Komponenten
zerlegt werden. Die Zuordnung zu den jeweiligen Achsen
I1 und
I2 des rechtwinkligen Fahrzeugbezugssystems
1' erfordert ein Vorwissen über die erwartete Rangfolge oder Größenbeziehung.
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Eine Ausführungsform der Erfindung nutzt die Geschwindigkeitsabhängigkeit der zentripetalen Beschleunigung und somit der Querbeschleunigung gemäß der Beziehung (
5)
wobei r den aktuellen Krümmungsradius der Fahrzeugtrajektorie und v die lokale Fahrzeuggeschwindigkeit am Sensor
10 bezeichnen.
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Wenn das Fahrzeug
1 startet oder stoppt, ist die Varianz der linearen Beschleunigung
hoch.
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Wegen der Geschwindigkeitsabhängigkeit der Querbeschleunigung
wird die Längsbeschleunigung
des Fahrzeugs
1 a priori die größte Varianz aufweisen und wird somit die erste Hauptkomponente. Es kann auch anderes a-priori-Wissen eingesetzt werden.
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Dementsprechend kann die Längsrichtung und folglich die Richtung des Vektors
durch die Richtung des ersten Eigenvektors der obigen Kovarianzmatrix C bestimmt werden.
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Nachdem die Richtungen der Vektoren
so ermittelt sind, kann die dritte orthogonale Komponente, nämlich die Richtung der Querbeschleunigung
im Beschleunigungsvektor
über das Vektorprodukt oder äußere Produkt berechnet werden.
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Wenn keine Geschwindigkeitsanzeige (z.B. Tachometer oder GPS) verfügbar ist, können Ereignisse mit niedriger Geschwindigkeit durch Untersuchen des Rauschens des Beschleunigungsmessers erkannt werden. Der RMS-Wert ändert sich plötzlich, wenn das Fahrzeug zu fahren beginnt oder stoppt. Auch andere Vorabinformationen können einfließen. Es ist wichtig, dass die Vorabinformation die erwartete Rangfolge der Hauptkomponenten im Vektor der Längsbeschleunigung
sicherstellt, um sie zuzuordnen. Wenn zum Beispiel der Krümmungsradius r sehr groß ist, ist die Querbeschleunigung
betragsmäßig auch kleiner als die Längsbeschleunigung
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Es gibt verschiedene Ansätze, um die Hauptkomponenten einer multivariaten Verteilung zu bestimmen, z.B. die Singulärwertzerlegung (SVD : engl. für Singular-Value-Decomposition) und die Van-Mises-Iteration.
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Singulärwertzerlegung (Singular-Value-Decomposition : SVD)
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Für die SVD einer NxM-Matrix A wird eine Zerlegung gemäß dem Ausdruck (7)
definiert, wobei die Spalten der MxM-Matrix V durch die Eigenvektoren der Matrix A
TA gegeben sind und H den Hermiteschen Operator bezeichnet. Dabei bezeichnet N die Anzahl der Messwerttupel und insbesondere der Messwerttripel. Die Dimension der Tupel wird mit M bezeichnet und es gilt M = 3 für Messwerttripel. Die Matrix U hat die Dimension N × N. Die Matrix V hat die Dimension M × M.
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Die Beziehung (7) beschreibt die Singulärwertzerlegung der Matrix A.
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Die Spalten von V sind die Eigenvektoren von ATA.
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Die Größe (A-E(a))T(A-E(a)) ist die Kovarianzmatrix von A.
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Das bedeutet, die Matrix U beinhaltet die Eigenvektoren der Kovarianzmatrix, wenn man von A vor der Singulärwertzerlegung den Mittelwert abzieht.
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Daher liefert nach dem Subtrahieren des Mittelwerts aus den Spalten der Matrix A die SVD die Hauptkomponenten der multivariaten Verteilung, die durch die Messungen des Beschleunigungssensors geliefert wird.
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Dieses Vorgehen und das Ergebnis sind in 3 erläutert.
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Die Matrix Σ enthält die Quadratwurzeln der entsprechenden Eigenwerte.
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Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Mittelwertbildung mit der ersten Hauptkomponente beendet wird, wenn vorab keine Subtraktion erfolgt. Die Reihenfolge aller anderen Hauptkomponenten werden um 1 reduziert und Schwankungen in der Gravitationsrichtung gehen verloren.
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Van-Mises-Iteration
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Wenn nur die Richtung der größten Varianz oder Abweichung von Interesse ist, kann der Rechenaufwand stark reduziert werden. Die Bestimmung der Hauptkomponente kann über eine Iteration implementiert werden, zum Beispiel mit der Van-Mises-Iteration. Diese Methode kann durch folgende Rekursionsrelation (
8)
beschrieben werden, wobei C die Kovarianzmatrix und
vk den geschätzten Eigenvektor der k-ten Iteration bezeichnen. Der Algorithmus beginnt mit einer ersten Schätzung für den Eigenvektor v (k = 0) und die Folge konvergiert gegen einen Eigenvektor, der mit dem dominanten Eigenwert verknüpft ist.
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Ein möglicher Autokalibrationsvorgang ist im Ablaufdiagramm von 5 dargestellt.
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Die automatische Kalibrierung kann verfeinert werden, indem die Längsrichtung jedes Mal, wenn eine geringe Geschwindigkeit erkannt wird, kontinuierlich aktualisiert wird. Um ohne Richtungsinformation eine Vorwärtsbewegung von einer Rückwärtsbewegung unterscheiden zu können, können Wahrscheinlichkeiten ausgewertet werden. Normalerweise bewegt sich ein Fahrzeug eher vorwärts als rückwärts. Die Mehrheitsauswahl ist hier eine einfache Realisierung.
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Zur Verbesserung der Robustheit auf Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen können weiter Vorabinformationen und Vorwissen eingeführt werden. Sobald die Wahrscheinlichkeit der Vorwärtsbewegung größer ist als die der Rückwärtsbewegung, genügt die Mehrheitsauswahl der Richtungen.
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Physikalisch gelten noch folgende Beziehungen (
9) bis (11):
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Die Transformation zwischen Messwerttupeln (
ax ,a
y,a
z) oder (x,y,z) und (a
l1,a
l2,a
g) gelingt durch orthogonale Projektion. Gemäß Definition der SVD ist die Matrix V unitär. D.h. es gilt die Beziehung (
12)
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Die Matrix V kann auch als Rotationsmatrix für die unbekannten Dejustagewinkel bezüglich des Fahrzeugbezugssystems 1' aufgefasst werden. Dabei handelt es sich natürlich nur um eine Schätzung, da die Einbaulage des Sensors prinzipbedingt unbekannt ist.