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Die Erfindung bezieht sich auf die Anhebung des pH-Wertes und die Verbesserung der Wasserbeschaffenheit saurer oder versauerungsgefährdeter Oberflächengewässer mittels stationärer und beweglicher Rohrsysteme unter Ausnutzung windinduzirter seeinterner Strömungen.
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Nach der Beendigung des Bergbaus im Besonderen des weltweit verbreiteten Braunkohlenbergbaus mit umfangreicher Landinanspruchnahme werden Hohlräume in der genutzten Landschaft geschaffen, die sich nach und nach mit Grund- und Oberflächenwasser füllen. In vielen Fällen werden durch das wieder aufgehende Grundwasser sowie die damit verbundenen geologischen und chemischen Bedingungen im neu geschaffenen Deckgebirge Seen geschaffen, die durch saure Wässer mit hohen Schwermetallgehalten, insbesondere mit hohen Eisen- und Aluminiumgehalten gekennzeichnet sind.
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Haupteintragsquelle für gelöste Stoffe und Säuren in einen derartigen Tagebausee sind das Grundwasser und die das angrenzende Kippenmaterial durchströmenden Grundwassermassen. Das durch den Bergbaubetrieb abgelagerte und verwitterte Kippenmaterial wird im Laufe der Zeit durch Grund- und Sickerwasser ausgewaschen, die so mobilisierten Stoffe abtransportiert und beispielsweise in Tagebauseen mit dem Grundwasserwiederanstieg in die neu entstehenden Gewässer eingebracht. Eine zweite Eintragsquelle ist die Erosion von Ufern aus Kippenmaterial. Die Mobilisierung erfolgt hier durch Wellenschlag, Regenwasser etc. Resultat der Verwitterung und Auswaschung ist ein hoch mineralisiertes saures Wasser, in dem als Säureträger Sulfat- und Eisenionen dominieren.
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Aus dem Stand der Technik ist bekannt, derartig saure Wässer vor Anbindung dieser Gewässer an die Vorflut mittels so genannter Grubenwasserreinigungsanlagen (GWRA) zu behandeln, Das eigentlich saure Gewässer verbleibt jedoch in diesem Falle in seinem sauren lebensfeindlichen Milieu und ist in seiner Nutzbarkeit eingeschränkt. Hinzu kommt das derart saure Seen quasi als Säuregeneratoren wirken und Stromabwarts die anschließenden Gundwasserleiter negativ belasten.
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Bekannt sind des Weiteren Inlake-Verfahren, wie z. B. in
DE 103 04 009.9 beschrieben, nach dem unter Nutzung der Inlake-Verfahrenstechnik, Injektor- und Mischtechnik sowie feinkörniger Neutralisationsmittel und intelligenter Verteiltechnik über schwimmende Rohrleitungen ein verbesserter Effekt beim Einsatz von Neutralisationsmitteln erreicht wird. Eine gute Vermischung des Neutralisationsmittels und die Verteilung der Suspensionen auf der Seeoberfläche sind begrenzt im Wirkungsgrad, beim Stoffumsatz und damit bei der Kostenoptimierung derartiger Verfahren. Für das Erreichen hoher Wirkungsgrade sind große Volumenströme zu bewegen und hohe Energiemengen einzubringen wodurch sehr hohe Betriebskosten verursacht werden.
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Gemäß eines Vorschlages nach Aktenzeichen
DE 103 44 857.8 wird durch Gestaltung der Verteileinrichtung, die Einstellung der Stoffkonzentration auf < 1% auf der Seeoberfläche und der pH-Wert-Einstellung in Abhängigkeit vom Einsatzstoff im Wasserkörper die Erzielung eines hohen Wirkungsgrades erreicht. Insbesondere bei morphologisch ungünstigen Gewässern mit überwiegend Flachwasserbereichen und/oder tiefen Schläuchen sowie stark gegliederten Gewässern ggf. mit Inselbereichen hat dieses Verfahren seine Grenzen.
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Auch in den Offenlegungsschriften
DE 4124073 A1 und
WO 02/16272 A1 sind Verfahren zur Behandlung saurer Wässer beschrieben. Die Anwendung bei größeren Tagebauseen erfordert jedoch einen unverhältnismäßig hohen technisch-ökonomischen und im Besonderen energetischen Aufwand und ist hier nicht geeignet.
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In
DE 20 2004 002 159.5 ist eine Anordnung beschrieben, die durch eine Kombination von Tank-/Silofahrzeug, Zwischenlagerbehälter, einer schwimmenden mobilen und beweglichen/fahrbaren Lager- und Eintragseinheit mit einem Verteilsystem gekennzeichnet ist und mit der Neutralisationsmittel auf ein saures Gewässer transportiert und verteilt werden sollen. Der Nachteil dieser Anordnung besteht darin, das diese Anordnung nur an Gewässern einsetzbar ist, deren Uferbereich zumindest stellenweise entsprechend befestigt ist. Durch den erforderlichen Transportaufwand sind große und kostenintensive schwimmende Einrichtungen erforderlich. Die komplexe Lager- und Eintragseinheit muss eine hohe Tragfähigkeit aufweisen und verursacht einen hohen Energiebedarf.
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Nach einem weiteren Verfahrensvorschlag nach
DE 10 2004 032 404 soll die Stoffkonzentration der jeweils eingesetzten Neutralisationsmittel durch die Geschwindigkeit einer schwimmenden mobilen und beweglichen Lager-/Transport- und Eintragseinheit auf der Gewässeroberfläche bis in einem Meter Tiefe auf < 0,2% eingestellt werden. Der Nachteil dieser Lösung besteht darin, das nach der Entleerung der Lager- und Transportvorrichtung das System leer über den Wasserkörper fahren muss und die Effektivität des Systems zusätzlich durch erforderliche Umschlagsprozesse verringert ist. Insgesamt sind dadurch die Betriebskosten im Vergleich zu den Produktkosten erheblich. Das komplexe System muss eine hohe Tragfähigkeit aufweisen und ist damit sehr aufwendig in der Herstellung und verursacht hohe Betriebskosten.
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Nach
DE 10 2006 024 386 A1 wird eine Landanlage zur Herstellung und Förderung einer Suspension aus Konditionierungsmittel und Wasser mit direkter Kopplung über ein schwimmendes Leitungssystem mit einer schwimmenden, mobilen und beweglichen Eintragseinheit, die über einen eigenen Antrieb sowie eine Verteileinrichtung für den Konditionierungsmittelsuspensionsaustrag in das betreffende Oberflächengewässer verfügt, vorgeschlagen. Für das Erreichen günstiger Wirkungsgrade sind große Volumenströme zu fördern und das Verteilsystem auf der Wasseroberfläche zu bewegen, wodurch sehr hohe Betriebskosten verursacht werden. Die Wirkung auf den gesamten Wasserkörper kann nur unvollständig erfolgen.
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Ziel und Aufgabe der Erfindung bestehen darin, eine Lösung auf der Grundlage der Inlake-Behandlung saurer oder versauerungsgefährdeter Gewässer zu finden, nach der die Einsatzstoffe zur pH-Wertanhebung und/oder zur Aufpufferung sehr effektiv, mit hohem Reaktionswirkungsgrad, mit geringem Zeitaufwand und im Besonderen mit geringen Energiekosten unter Nutzung der erneuerbaren Windenergie zur Anwendung gelangen können.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe, dadurch gelöst, dass im pH-Bereich von 2 bis 5 eine mobile oder ortsfeste unmittelbar in der Nähe einer Fremdwasserzuführung stationierte Landanlage zur Herstellung und Förderung einer Suspension aus alkalischen Stoffen und Stoffen zum Pufferaufbau wie vorzugsweise von Kalksteinmehl, Dolomitsteinmehl, gebrannten Kalkprodukten, Kalkhydrat, Natronlauge, Soda und ab pH 4,3 bis pH 9 Kohlendioxyd in flüssiger, gelöster oder suspendierter Form oder deren Kombinationen mit Seewasser und/oder mit Fremdwasser betrieben wird und die in der Landanlage erzeugte Einsatzstoffsuspension direkt in die Fremdwasserzuführung eingespeist wird.
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An die Fremdwasserzuführung wird erfindungsgemäß am Gewässerufer ein bewegliches aus ein oder mehreren Rohrsystemen bestehendes Verteilungssystem angeschlossen, welches die alkalische Suspension und oder Kohlendioxyd in gelöster Form auf der Gewässeroberfläche oder in geringer Tiefe derart verteilt das mit den windinduzierten seeinternen Strömungen ein maximaler Reaktionsraum und optimale Reaktionsbedingungen bezüglich Raum und Zeit für den Ablauf der Neutralisations und Löseprozesse gegeben sind.
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Erfindungsgemäß wird das bewegliche Rohrverteilungssystem in Abhängigkeit der seeinternen Strömungen zusätzlich entsprechend den morphologischen Gegebenheiten des Gewässers und den Temperaturverhältnissen in den Vollzirkulationsphasen im Epilimnion und in den Stagnationsphasen sowohl Epilimnion als auch im Hypolimnion des betreffenden Gewässers positioniert.
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Bei der Durchführung des Gesamtverfahrens erfolgt die weitere pH-Wertanhebung aus einem Bereich von pH 4 bis pH 5 aus bis pH 9 in einer 2. Behandlungsstufe durch einen separaten Einsatzstoffeintrag in suspendierter Form mittels Sanierungsschiffen.
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Die Steuerung der zuzuführenden Alkalinitätsmenge erfolgt erfindungsgemäß über den mit der Strömungsgeschwindigkeit der das Verteilungssystem umströmenden Wassermengen gegebenen Reaktionsraum und Reaktionszeit wobei der pH-Wert, die Leitfähigkeit, Trübung, Temperatur und Wassergeschwindigkeit als Führungsgrößen für die Mengenermittlung der zuzugeben Alklinitäts- und Kohlendioxidmenge genutzt wird.
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Erfindungsgemäß erfolgt die Steuerung der zuzuführenden Alkalitätsmenge sowohl über die der Fremdwasserzuführung eingespeisten Kalksuspensionsmenge als auch über die Stoffkonzentration der Kalksuspension bzw. in kombinierter Weise. Für den Aufbau eines Säurepuffers wird CO2 separat oder als Lösungsvermittler hierbei genutzt.
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Erfindungsgemäß erfolgt Zuführung der Alkalinität zum Fremdwasser in flüssiger, fester und suspendierter Form und von Kohlendioxid in gelöster oder gasförmiger Form über eine Mischstrecke im Zuführungsrohr von 10–300 m.
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Das flexible Rohverteilungssystem zur Stoffverteilung im Gewässer besitzt abgestufte Rohrdurchmesser wobei die Teilbereiche des Rohrsystems eine Länge von 10–300 m aufweisen und die Abstufung der Rohrdurchmesser so ausgeführt ist, dass in jedem Teilabschnitt des Systems eine Wassergeschwindigkeit von ≥ 1,5 m/s aufrecht erhalten wird.
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Die Teilabschnitte des Rohrsystems sind mit einer solchen Anzahl von Bohrungen an jedem Abschnitt am Umfang versehen, dass ein über die Gesamtlänge des Rohrsystems gleichmäßig verteilter Neutralisationsstoffaustrag in das Gewässer bewirkt wird und der Durchmesser der Einzelbohrung dabei im Bereich von 1–8 mm liegt.
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Durch eine am Seeboden und/oder an schwimmenden Einrichtungen, wie an Bojen oder Pontons befindliche Verankerung des beweglichen Rohrverteilungssystems kann die Positionierung desselben in einem Bereich von der Seeoberfläche bis zum Gewässergrund in beliebiger Höhe über dem Gewässergrund bewirkt werden.
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Das bewegliche Rohrverteilungssystem wird zur Verbesserung des Gesamtwirkungsgrades in der Arbeitsstellung vorzugsweise in solchen Bereichen des Gewässers positioniert, welches stets einen maximalen Reaktionsraum für die eingebrachte Alkalinitätsmenge zur Verfügung stellt.
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Die eingesetzten festen Neutralisationsstoffe weisen einen Körnungsbereich von < 200 μm auf und werden vor dem Einspeisen in das Fremdwasser in einer Vormischung als Suspension aufbereitet.
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Bei der Realisierung des Verfahrens wird das verwendete Rohrverteilungssystem im Gewässer flexibel in einem Tiefenbereich von 0,1 bis 10 m positioniert und in Abhängigkeit der seeinternen Strömungen räumlich verlagert.
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Das Prinzip der Erfindung soll nachfolgend an Hand eines Ausführungsbeispieles näher erläutert werden.
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Ein saurer Tagebaurestsee, mit einer Fläche von 8 km2, einem mittleren Durchmesser von 2,44 km einer mittleren Seetiefe von 18 m und einem Volumen von 40 Mio m3, der einen pH-Wert von 2,9 und einem Eisengehalt von 23 mg/l aufweist, soll mit einer mit Alkalität aufgepufferten Fremdwasserzuführung neutralisiert und anschließend mittels Einsatz von CO2 mit einem Säurepuffer versehen werden.
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Aus einem 80 m3 Silo mit geregeltem Austrag werden 10 t/h Alkalitätsprodukt in einem Mischbehälter mit Rührwerk zur Herstellung einer Suspension eingetragen. Dazu werden 200 m3/h Seewasser bzw. Fremdwasser genutzt.
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Die erzeugte 5%ige Suspension wird mittels einer Pumpe in die Rohrleitung für die Fremdwasserzuführung für den Tagebaurestsee gefördert und damit einem ersten Mischprozess mit dem 500 m3/h herantransportierten Fremdwasserstrom unterzogen. Die so hergestellte 0,7%ige Suspension wird am Ufer des Sees in ein bewegliches Rohrverteilungssystem gegeben, welches die Verteilung der Suspension auf der Seeoberfläche bzw. im Seekörper selbst übernimmt.
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Das eingesetzte bewegliche flexible Rohrverteilungssystem besteht aus zwei Einzelsträngen und jeder Strang besitzt 800 Einzelbohrungen für die Verteilung der Suspension.
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Im See sind in unmittelbarer Umgebung des Verteilungssystems Sensoren zur Erfassung der Parameter pH-Wert, Leitfähigkeit, Trübung, Seetiefe, Wassergeschwindigkeit und Temperatur angeordnet. Die jeweils ermittelten Messwerte dienen der Steuerung der zuzuführenden Alkalitäts- und CO2 Menge über die Veränderung der einzubringenden Alkalitätsmenge oder die Veränderung der zuzuführenden Gesamtwassermenge.
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Weitere Parameter für die Steuerung des Gesamtprozesses sind Windstärke und Windgeschwindigkeit, welche die seeinternen Strömungen entscheidend beeinflussen.
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Den Wetterverhältnissen entsprechend wird das bewegliche flexible Rohrverteilungssystem für den Suspensionseintrag an solchen Stellen des Sees positioniert, welches stets einen maximalen Reaktionsraum für den vollständigen und schnellen Ablauf der Reaktionsprozesse zur Seeneutralisation bzw. den Pufferaufbau gewährleistet.
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Die Erfassung und Übertragung aller erforderlichen Messdaten erfolgt automatisiert in eine Leitzentrale von wo aus alle Steuerimpulse zur Prozesssteuerung für das vollautomatisierte Gesamtsystem ausgegeben werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10304009 [0005]
- DE 10344857 [0006]
- DE 4124073 A1 [0007]
- WO 02/16272 A1 [0007]
- DE 202004002159 [0008]
- DE 102004032404 [0009]
- DE 102006024386 A1 [0010]