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Die Erfindung betrifft ein Waffensystem mit einem Waffenrohr und mit einem getrennt von einer Treibladung in das Waffenrohr ladbaren und einen Geschoßboden umfassenden Geschoß, wobei das Waffenrohr heckseitig einen Ladungsraum aufweist, an den sich, in Schussrichtung gesehen, vorderseitig über einen Übergangskegel ein Geschoßwegteil anschließt.
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Bei derartigen Waffensystemen handelt es sich in der Regel um großkalibrige Artillerie-Waffensysteme zum Verschießen Drall stabilisierter Geschosse. Dabei wird beim Laden des jeweiligen Geschosses dieses mit einer bestimmten Geschwindigkeit oder Kraft in das Waffenrohr befördert, wobei sich das Führungsband des Geschosses im Anfangsbereich des Geschoßwegteiles des Waffenrohres durch Verformung verklemmt. Hierdurch soll eine Anfangsliderung sichergestellt und das Geschoss in seiner Position im Waffenrohr gehalten werden.
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Dieses sogenannte Ansetzen des Geschosses durch Verpressen des Führungsbandes im Anfangsbereich des Geschoßwegteiles weist unter anderem den Nachteil auf, dass das Geschoss, etwa bei einem Munitionswechsel, in der Regel nur mit extrem hoher Kraft wieder entladen werden kann.
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Allerdings kann es in manchen Fällen auch zu einem Zurückfallen des Geschosses in den Ladungsraum auf die dort befindliche Treibladung kommen, sodass eine geschoßseitige Liderung nicht mehr gegeben ist, da die Haltekräfte angesetzter Geschosse im Waffenrohr von einer Vielzahl von Parametern abhängen, wie dem Verschleißzustand des Waffenrohres, der Ansetzkraft, der Verschmutzung, den Vibrationen in dem Waffenträger, der Witterung etc.
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Da außerdem der ladungsraumseitige Anfang des Geschosswegeteiles mit der Zeit durch Erosion abgetragen wird, ändert sich bei bekannten Waffensystemen die Ansetztiefe eines Geschosses mit fortschreitender Erosion des Waffenrohres. Hiermit ändert sich auch das Verbrennungsraumvolumen für die Treibladung zu Beginn der Verbrennung. Diese Änderung des Verbrennungsraumvolumens beeinflusst aber die Innenballistik des Geschosses und verursacht eine entsprechende Streuung der Abgangsgeschwindigkeiten der Geschosse, was zu einer Verminderung der Schusspräzision führt.
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Die
US 4,047,466 A beschäftigt sich mit der Verhinderung des Zurückfallens eines Projektils in ein Waffenrohr. Aus der
WO 2009/004384 A1 ist ein Aufbau einer Halterung zum Halten einer Ladung im Bodenstück einer Waffe bekannt. Die
US 5 492 064 A beschreibt eine druckbetriebene Vorrichtung, die ein Projektil vor dem Abschuss im Waffenrohr hemmt und sich beim Abschuss automatisch löst. Mit der
DE 37 31 034 C2 wird ein Geschoss für eine Maschinenwaffe offenbart, das eine ringförmige Dichtmanschette umfasst, die unempfindlich gegenüber möglichen Beschädigungen ist, die beim Zuführen des Geschosses in eine Geschosskammer auftreten können.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Waffensystem der eingangs erwähnten Art zu offenbaren, bei dem einerseits das Geschoss durch einen minimalen Kraftaufwand wieder entladen werden kann und andererseits ein Zurückfallen geladener Geschosse in den Ladungsraum zuverlässig verhindert wird.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.
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Die Erfindung beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass das Geschoss im geladenen Zustand mit dem Waffenrohr über mindestens ein an dem Geschoss angeordnetes Halteelement verbunden ist, das radial zur Schussrichtung beweglich gelagert ist und in geladener Position des Geschosses in mindestens eine im Waffenrohr befindliche umlaufende Rille greift und das Geschoß in dieser Position fixiert.
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Bei einem Munitionswechsel kann dann die Verbindung zwischen Geschoss und Waffenrohr auf einfache Weise dadurch gelöst werden, dass ein an dem Geschossboden axial verschiebbares Element vorgesehen ist, welches über eine Steuerkontur auf das radial verschiebbare Halteelement einwirkt, derart, dass durch axiales Verschieben des verschiebbaren Elementes (beispielsweise mittels eines Ladeautomaten) die Fixierung durch das Halteelement aufgehoben und das Geschoß wieder entladen werden kann.
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Das erfindungsgemäße Waffensystem weist unter anderem die folgenden Vorteile auf:
- – Zum Ansetzen der Geschosse sind keine hohen Kräfte bzw. Geschossgeschwindigkeiten erforderlich, sodass das Laden des jeweiligen Geschosses durch einen Ladeautomaten wesentlich vereinfacht wird.
- – Die Geschosse können mit relativ geringem Kraftaufwand (manuell oder mittels des Ladeautomaten) wieder entladen werden.
- – Das Zurückfallen geladener Geschosse in den Ladungsraum wird zuverlässig verhindert, und zwar auch beim Fahren des Waffensystems mit angesetztem Geschoß.
- – Das jeweilige Geschoss setzt sich immer bei nahezu gleichem Gasdruck in Bewegung und das anfängliche Verbrennungsvolumen ist konstant.
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Bei einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist das geschoßbodenseitig angeordnete verschiebbare Element von einer hinteren Ruhestellung gegen den Druck eines Rückstellelementes in eine vordere Freigabestellung axial verschiebbar angeordnet, wobei das Element bei Abschuss des Geschosses mindestens in einem Teilbereich durch Treibladungsgase beaufschlagbar ist. Dabei weist das axial verschiebbare Element ein dem Halteelement zugeordneten nasenförmigen vorderen Vorsprung auf, der eine dem Halteelement zugewandte äußere Steuerkontur besitzt, die derart gewählt ist, dass sie in der Ruhestellung des verschiebbaren Elementes das Halteelement in radialer Richtung heckseitig abstützt und in der Rille des Waffenrohres fixiert und in der Freigabestellung des verschiebbaren Elementes ein Einschieben des Halteelementes in das Geschoß hinein zulässt.
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Vorzugsweise stützt sich das verschiebbare Element in seiner Ruhestellung heckseitig über klipsartige Verlängerungen an einer Hinterdrehung des Geschoßhecks ab.
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Bei dem Rückstellelement kann es sich um einen mit dem verschiebbaren Element vorderseitig verbundenen Federbügel handeln, der sich in einer in Schussrichtung vorderen Wand einer nutenförmigen Ausnehmung des heckseitigen Bereiches des Geschosses abstützt.
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Der nasenförmige Vorsprung des axial verschiebbaren Elementes weist vorzugsweise eine Steuerkontur auf, die im vorderen Bereich bauchig ausgebildet ist und an die sich heckseitig eine abfallende Außenkontur anschließt.
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Bei einer Ausführungsform der Erfindung sind in dem heckseitigen Bereich des Geschosses mindestens vier gleichmäßig über den Umfang des Geschosses verteilt angeordnete, radial zur Schussrichtung beweglich gelagerte stiftförmige Halteelemente vorgesehen, wobei auf jedes der Halteelemente ein separater, mit dem verschiebbaren Element verbundener, nasenförmiger vorderer Vorsprung in Wirkverbindung steht.
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Vorzugsweise sind dabei die in die Rillen des Waffenrohres eingreifenden Enden der Stifte abgerundet ausgebildet.
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Bei dem Waffensystem kann es sich vorzugsweise um ein solches zum Verschießen Drall stabilisierter Geschosse handeln, sodass es sich bei dem Geschosswegteil des Waffenrohres um ein gezogenes Rohr handelt.
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Sofern die Halteelemente sich in ihrer zurückgezogenen Position noch im Bereich des Führungsbandes des jeweiligen Geschosses befinden, sollten sie und/oder die nasenförmigen Vorsprünge des axial verschiebbaren Elementes aus einem gegenüber dem Werkstoff des Waffenrohres weicheren Metall bestehen, damit bei Schussabgabe die Halteelemente und/oder die Vorsprünge – ähnlich dem Führungsband des Geschosses – im Geschoßwegteil verquetscht werden.
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Um eine kostengünstige schnelle Montage der Geschosse zu ermöglichen, hat es sich als besonders vorteilhaft erwiesen, wenn das axial verschiebbare Teil mit den klipsartigen Verlängerungen, den nasenförmigen Vorsprüngen und den Rückstellelementen aus einem einzigen vormontierten Teil bestehen.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den folgenden, anhand von Figuren erläuterten Ausführungsbeispielen. Es zeigen:
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1 den Längsschnitt der oberen Hälfte eines Waffenrohres im Übergangsbereich zwischen dem sich an den Ladungsraum vorderseitig anschließenden Übergangskegel und dem Geschoßwegteil mit einem darin befindlichen Geschoss;
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2 eine perspektivische Darstellung des in 1 angedeuteten Geschosses schräg von hinten mit bodenseitig angeordnetem, axial verschiebbaren Ring;
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3 eine perspektivische Darstellung des axial verschiebbaren Ringes mit daran befestigten klipsartigen Verlängerungen, nasenförmigen Vorsprüngen und Rückstellelementen.
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In 1 ist mit 1 ein Waffensystem bezeichnet, welches ein gezogenes Waffenrohr 2, beispielsweise der Waffe eines Panzers, und ein getrennt von einer Treibladung (nicht dargestellt) in das Waffenrohr geladenes Geschoss 3 mit einem Führungsband 4 umfasst.
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Das Waffenrohr 2 weist heckseitig einen nicht dargestellten Ladungsraum auf, an den sich, in Schussrichtung gesehen, vorderseitig ein Übergangskegel 5 anschließt. Zwischen diesem Übergangskegel 5 und dem eigentlichen gezogenen Rohr (Geschosswegteil) 6 ist ein zylinderförmiges Rohrteil 7 angeordnet, in dem sich innenseitig eine umlaufende Rille 8 befindet.
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Das Geschoss 3 ist so weit in das Waffenrohr 2 geladen, dass sich das Führungsband 4 kurz vor dem Anfang des Feld-Zug-Profils des Geschosswegteiles 6 befindet.
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In dem Führungsband 4 befinden sich vier gleichmäßig über den Umfang des Geschosses 3 verteilt angeordnete, radial zur Schussrichtung beweglich gelagerte Stifte 9, die in die im Waffenrohr 2 befindliche Rille 8 eingreifen, sodass das Geschoss 3 in Schussrichtung in dem Waffenrohr 2 gehalten wird. Dabei sind die in die Rillen 8 des Waffenrohres 2 eingreifenden Enden 10 der Stifte 9 abgerundet ausgebildet und sind z. B. durch Stauchen der Bohrungen am Führungsband 4 gegen Herausfallen gesichert.
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Im Bereich des Geschossbodens 22 ist in dem Geschoss 3 ein von einer hinteren Ruhestellung gegen den Druck von vier Federbügeln 11 in eine vordere Freigabestellung axial verschiebbares ringförmiges Teil 12 angeordnet, welches bei Abschuss des Geschosses 3 mindestens in einem Teilbereich durch Treibladungsgase beaufschlagbar ist. Dabei stützen sich die mit dem ringförmigen Teil 12 vorderseitig verbundenen Federbügel 11 jeweils in einer in Schussrichtung vorderen Wand 13 einer nutenförmigen Ausnehmung 14 des Geschossbodens 22 ab.
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Das ringförmige Teil 12 weist vier nasenförmige vordere Vorsprünge 15 auf, die jeweils eine den Stiften 9 zugewandte äußere Steuerkontur 16 besitzen. Diese Steuerkontur 16 ist derart gewählt, dass sie in der Ruhestellung des ringförmigen Teiles 12 (1) die Stifte 9 in radialer Richtung heckseitig abstützen und in der Rille 8 des Waffenrohres 3 fixieren und in der nicht dargestellten Freigabestellung des ringförmigen Teiles 12 ein Einschieben der Stifte 9 in das Geschoss 3 hinein zulassen. Wie 1 entnehmbar, weisen hierzu die nasenförmigen Vorsprünge 15 des axial verschiebbaren Teiles jeweils eine Steuerkontur 16 auf, die im vorderen Bereich 17 bauchig ausgebildet ist und an die sich heckseitig eine abfallende Außenkontur 18 anschließt.
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Das ringförmige Teil 12 wird in seiner Ruhestellung heckseitig über vier klipsartige Verlängerungen 19 an einer Hinterdrehung 20 des Geschosshecks 21 abgestützt.
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Wie ferner 3 entnehmbar ist, bilden das axial verschiebbare ringförmige Teil 12 mit den klipsartigen Verlängerungen 19, den nasenförmigen Vorsprüngen 15 und den Federbügeln 11 zum Erzeugen der Axialkraft ein einteiliges vormontiertes Teil, sodass die Montage dieser Funktionsteile in dem Geschoss 3 denkbar einfach ist. Vorzugsweise kann dieses vormontierte Teil als Kunststoffformteil oder Blechprägeteil in großen Stückzahlen günstig hergestellt werden.
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Zum Laden des Geschosses 3 wird mit Hilfe eines manuell betätigbaren Ladestockes oder mit Hilfe eines automatischen Geschossladers (beide nicht dargestellt) das ringförmige Teil 12 gegen die Kraft der Federbügel 11 in die nutenförmige Ausnehmung 14 gedrückt und das Geschoss 3 durch laderseitige Krallen (nicht dargestellt), die in die Hinterdrehung 20 am Geschossheck 21 greifen, fixiert. Dabei wird durch die abfallende Außenkontur 18 der nasenförmigen Vorsprünge 15 die Fixierung der Stifte 9 in ihrer heraus geschobenen Position aufgehoben, sodass diese sich beim Laden des Geschosses 3 durch das zylinderförmige Rohrteil 7 radial in das Geschoß 3 hinein schieben.
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Das Geschoss 3 wird dann so weit in das Waffenrohr 2 geschoben, bis die Stifte 9 sich auf der Höhe der Rille 8 befinden. Um dabei die korrekte Positionierung des Geschosses 3 im Waffenrohr 2 zu gewährleisten, hat der nicht dargestellte Lader hierzu einen Anschlag, mit dem er gegen die Hinterkante des Waffenrohres 2 bzw. gegen den Übergangskegel 5 am Ende des Ladungsraumes fährt.
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Beim Lösen der laderseitigen Krallen aus der Hinterdrehung 20 wird das ringförmige Teil 12 wieder freigegeben und verschiebt sich durch die Kraft der Federbügel 11 gegen die Schussrichtung, wodurch die Stifte 9 von dem vorderen Bereich 17 der Steuerkontur 16 wieder unterstellt werden und in die Rille 8 des Waffenrohres 2 greifen. Das Geschoss 3 wird während dieses Vorganges von dem Lader noch in seiner Position gehalten.
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Beim Entladen des Geschosses 3 greifen die Krallen des Laders wieder hinter die Hinterdrehung 20 am Geschossheck 21. Anschließend wird das ringförmige Teil 12 vom Lader zum Entriegeln des Geschosses 3 in Schussrichtung geschoben, und das Geschoss 3 kann durch Ziehen an der Hinterdrehung 20 aus dem Waffenrohr gezogen werden.
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Beim Abschuss des geladenen Geschosses 3 verschiebt der durch die Treibladungsgase bewirkte Gasdruck das ringförmige Teil 12 ebenfalls in Schussrichtung, sodass die Unterstellung der Stifte 9 durch den vorderen Bereich 17 der Steuerkontur 16 der nasenförmigen Vorsprünge 15 aufgehoben wird. Beim Ansetzen des Führungsbandes 4 in das Feld-Zug-Profil des Waffenrohres 2 durch den Gasdruck werden die Stifte 9 entweder wie das Führungsband 4 verquetscht oder werden vom Beginn des Feld-Zug-Profils in den weicheren Werkstoff der nasenförmigen Vorsprünge 15 des ringförmigen Teiles 12 gepresst.
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Die Erfindung ist selbstverständlich nicht auf das vorstehend beschriebene Ausführungsbeispiel beschränkt. So können statt der Stifte mit abgerundeten Enden auch andere Halteelemente, die in die Rille im Waffenrohr greifen (z. B. ein geschlitzter, konzentrischer Ring), zum Einsatz kommen. Dabei kann die Anzahl der Halteelemente bzw. Stifte weitgehend beliebig variieren.
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Die Funktionen, die das ringförmige Teil erfüllt, können auch durch mehrere Bauteile (z. B. separate Federn zum Erzeugen der Axialkraft) übertragen werden. Außerdem kann das ringförmige Teil auch aus mehreren Formteilen hergestellt werden.
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Ferner kann es sich bei dem erfindungsgemäßen Waffensystem auch um ein System handeln, welches ein gezogenes Waffenrohr und ein leitwerkstabilisiertes Geschoß umfasst.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Waffensystem
- 2
- Waffenrohr
- 3
- Geschoss
- 4
- Führungsband
- 5
- Übergangskegel
- 6
- gezogenes Rohr, Geschoßwegteil
- 7
- Rohrteil
- 8
- Rille
- 9
- Halteelement, Stift
- 10
- Ende
- 11
- Federbügel, Rückstellelement
- 12
- ringförmiges Teil, Element
- 13
- Wand
- 14
- nutenförmige Ausnehmung
- 15
- nasenförmiger Vorsprung
- 15
- Steuerkontur
- 17
- vordere Bereich
- 18
- abfallende Außenkontur
- 19
- Verlängerung
- 20
- Hinterdrehung
- 21
- Geschossheck
- 22
- Geschossboden