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Die Erfindung bezieht sich auf eine Bremsanlage mit einer hydraulisch betätigbaren Betriebsbremse und einer elektromechanischen Feststellbremse, die derart angesteuert sind, dass in einer Parkstellung die Haltefunktion von der elektromechanischen Feststellbremse zunächst an die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse übergeben und beim Anfahren die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse gelöst wird.
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Kraftfahrzeuge weisen aus Sicherheitsgründen eine von der Betriebsbremse unabhängige Feststellbremse auf. Letztere wird auch als ”Handbremse” oder ”Parkbremse” bezeichnet. Im Unterschied zur üblicherweise hydraulischen Betriebsbremse erfordert die Feststellbremse nach dem Betätigen keine weitere Aktivierung. Vielmehr dient diese dazu, ein abgestelltes Fahrzeug ohne zusätzlichen Energieeintrag gegen Wegrollen zu sichern. Die Feststellbremse ist jedoch so auszulegen, dass mit dieser bei einem Ausfall der Betriebsbremse das Fahrzeug zum Stillstand gebracht werden kann.
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Herkömmlicherweise werden an Kraftfahrzeugen eigene Betätigungsorgane für die Feststellbremse vorgesehen, wie beispielsweise Handbremshebel oder Fußhebel, die über Seilzüge mit eigenen Zuspannorganen gekoppelt sind.
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Bei neueren Feststellbremssystemen wird die Betätigung durch Muskelkraft zunehmend durch eine automatisierbare, in der Regel elektromechanische Betätigungseinheit ersetzt. Ein Spannen oder Lösen der Feststellbremse kann hierbei z. B. durch eine Schalterbetätigung veranlasst werden. Verbreitung fanden bisher zwei unterschiedliche Betätigungsprinzipien, um die Zuspannkraft darstellen und dauerhaft halten zu können.
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Bei Trommel-Scheibenbremsen wird die Feststellbremsfunktion mittels einer Duo-Servo-Trommelbremse dargestellt. Das Spannen der Bremsbeläge erfolgt mittels der bereits bei konventionellen Feststellbremssystemen vorhandenen Seilzügen, die z. B. elektromotorisch gespannt werden. Der Spannantrieb ist dabei in der Regel selbsthemmend ausgeführt, so dass dieser in der statischen Halteposition energielos geschaltet werden kann. Diese sogenannten Seilreckersysteme weisen zumeist einen Zentralaktuator auf, der über eine Seiltrommel wechselseitig die Spannseile zu zwei Radbremsen betätigt.
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Darüber hinaus sind Kombi-Bremssattel-Konstruktionen bekannt, bei denen die Energie zum Zuspannen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe durch eine direkt an dem Bremssattel vorgesehene bzw. in diesen integrierte Aktuatoreinheit erfolgt. Dadurch können die Seilzüge entfallen. Jedoch werden dann für die Feststellbremsfunktion mehrere Aktuatoreinheiten an den betreffenden Rädern benötigt.
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Die Erfindung geht von einer Bremsanlage der letztgenannten Bauart aus, die u. a. in der
DE 103 45 485 A1 beschrieben wird. Bei dieser kommt eine elektromechanische Parkbremse zum Einsatz, bei der die Zuspannkraft an den Bremsbelägen mittels eines motorgetriebenen selbsthemmenden Spindeltriebs erzeugt und über einen hydraulischen Bremskolben an den Bremsbelägen zur Wirkung gebracht wird.
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Wegen der für Feststellbremssysteme geltenden gesetzlichen Anforderungen ist zur Gewährleistung der Fahrzeugstandsicherung an einer schiefen Ebene (20% Hang), sowie der geforderten Fahrzeugverzögerung durch eine Feststellbremse, eine fahrzeug- und radbremsenspezifische Mindestzuspannkraft in den Radbremsen der Hinterachse erforderlich. Diese Zuspannkraft muss in allen Betriebszuständen und über die gesamte Fahrzeuglebensdauer durch die Feststellbremse bereitgestellt werden, woraus hohe Anforderungen an die mechanische Festigkeit der Bauteile resultieren.
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Darüber hinaus sind im Hinblick auf den Komfort etwaige Betriebsgeräusche bei Spann- und Lösevorgängen möglichst gering zu halten. Diese entstehen insbesondere beim Erzeugen der für die Spann- und Lösevorgänge erforderlichen Kräfte in der Aktuatoreinheit der Feststellbremse. Durch die Positionierung der zugehörigen Aktuatoreinheit im hinteren Radhaus und die direkte Verschraubung des Gehäuses auf dem Bremssattel werden die Betriebsgeräusche deutlich an das Fahrzeugumfeld weitergeleitet. Eine Kapselung der Aktuatoreinheit an der Radbremse würde einen erhöhten Aufwand sowie zusätzliche Bauteile erfordern und ist daher unerwünscht.
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Insbesondere das automatisierte Öffnen der Feststellbremse beim Anfahren ist in dieser Hinsicht kritisch, da hierfür ein möglichst schnelles Lösen der Bremse benötigt wird. Ansonsten kann es sein, dass der Fahrer beim Anfahren aufgrund der noch nicht vollständig gelösten Feststellbremse einen Widerstand oder Ruck verspürt.
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Feststellbremsen weisen jedoch eine im Vergleich zur Betriebsbremse geringe Dynamik auf. Die Zeitspanne zwischen einem Lösebefehl und dem tatsächlichen Lösen der Bremse ist für eine elektromechanische Feststellbremse um ein Vielfaches größer als für eine hydraulisch betätigbare Betriebsbremse. Würde man jedoch die Aktuatoreinheit der Feststellbremse für eine höhere Dynamik auslegen, ergäben sich zum einen deutlich größere Abmessungen. Zum anderen würden durch einen schnelllaufenden Elektromotor die Geräuschemissionen beim Lösen der Feststellbremse weiter erhöht. Dies ist jedoch aus Komfortgründen nicht wünschenswert.
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Aus der
EP 0 825 081 B1 ist zur Verbesserung der Dynamik bekannt, bei Erkennen eines Anfahrwunsches aus der Parkstellung des Fahrzeugs die Haltefunktion von der elektromechanischen Feststellbremse zunächst an die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse zu übergeben. Hierzu wird zu einem geeigneten Zeitpunkt, der Rückschlüsse auf einen Anfahrwunsch erlaubt, wie beispielsweise die Aktivierung des fahrerseitigen Türschlosses, die Belegung des Fahrersitzes oder das Einschalten der Zündung die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse vorsorglich aktiviert. Dazu ist ein unabhängig vom Fahrzeugantrieb arbeitender hydraulischer Druckerzeuger vorgesehen, der im Hydrauliksystem der Betriebsbremse automatisch einen ausreichenden Bremsdruck erzeugt. Nach dem die Haltefunktion an die Betriebsbremse übergeben worden ist, wird die Feststellbremse automatisch geöffnet. Beim Anfahren wird dann die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse automatisch gelöst. Dies hat den Vorteil, dass zum einen die zum Anfahren benötigte Dynamik zur Verfügung steht, zum anderen die Feststellbremse nicht auf eine höhere Dynamik ausgelegt werden muss.
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Unter dem Gesichtspunkt der Geräuschemissionen der Feststellbremse und der Bauteilabmessungen derselben ist diese Lösung zwar befriedigend. Sie besitzt jedoch die folgenden Nachteile. Für die Bereitstellung des Bremsdrucks wird zusätzliche Energie benötigt, der in der Betriebsbremse beispielsweise über eine ESP-Pumpe erzeugt werden kann. Diese ESP-Pumpe stellt eine zweite Geräuschquelle dar, die vor allem deswegen problematisch ist, weil sich der Betrieb der ESP-Pumpe zeitlich mit dem Betrieb der Aktuatoreinheit der Feststellbremse überschneidet. Überdies erhöht der Anlauf der ESP-Pumpe die Lastkollektive, was aus Sicht der Bauteilauslegung unerwünscht ist.
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Weiterhin wird in der
EP 0 825 081 B1 ausgeführt, bei Inbetriebnahme eines abgestellten Fahrzeugs sei es in der Regel von Vorteil, die elektromechanisch gespannte Feststellbremse ohne den Umweg über den Wechsel auf die hydraulische Betätigung direkt zu lösen, da dies in der Ebene kein Problem darstelle. In dieser Situation ist allerdings davon auszugehen, dass das Fahrzeug bis zum eigentlichen Anfahren nicht gehalten wird.
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Bremsanlage der eingangs genannten Art zu schaffen, die beim Anfahren aus der Parkstellung eine hohe Dynamik des Lösens der Haltefunktion bei gleichzeitig geringen Geräuschemissionen aufweist.
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Diese Aufgabe wird durch eine Bremsanlage mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 gelöst. Die erfindungsgemäße Bremsanlage umfasst eine hydraulisch betätigbare Betriebsbremse und eine elektromechanische Feststellbremse. Diese sind derart angesteuert, dass in einer Parkstellung, z. B. bei Erkennen eines Anfahrwunsches oder einer einem Anfahren überlicherweise vorausgehenden Aktion oder Situation, die Haltefunktion von der elektromechanischen Feststellbremse zunächst an die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse übergeben und beim Anfahren die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse gelöst wird. Hierzu wird der Energieinhalt der Zuspannung beim Lösen der elektromechanischen Feststellbremse in die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse eingebracht, dort gespeichert und beim Lösen der hydraulisch betätigbaren Betriebsbremse abgebaut.
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Die Erfindung zeichnet sich dadurch aus, dass mit geringem Aufwand und insbesondere ohne einen aktiven Bremsdruckaufbau in der Betriebsbremse eine hohe Dynamik des Lösens der Haltefunktion ermöglicht wird, die Geräuschemissionen jedoch gering bleiben. Durch die passive Übertragung der Haltefunktion auf die Betriebsbremse wird der oben geschilderte Zielkonflikt zwischen hoher Dynamik und geringen Geräuschemissionen aufgelöst. Die Aktuatoreinheit der Feststellbremse kann mit einem langsam laufenden Motor ausgeführt werden, der eine weitere Verminderung der Geräuschemissionen ermöglicht.
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Durch die passive Übertragung der Haltefunktion werden überdies die Belastungen an der Radbremse sowie die Lastkollektive der Druckerzeuger in der hydraulischen Betriebsbremse verringert.
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Ein weiterer Vorteil ist darin zu sehen, dass in der Betriebsbremse kein zusätzlicher hydraulischer Druck aktiv aufgebaut werden muss, also im Vergleich zur
EP 0 825 081 B1 keine Zusatzenergie benötigt wird.
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Weitere, vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Patentansprüchen angegeben.
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So kann beispielsweise vorgesehen werden, dass in einer Parkstellung generell die elektromechanische Feststellbremse zugespannt und die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse entlastet ist.
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Weiterhin kann zumindest ein Teil des hydraulischen Volumens der Betriebsbremse gegen eine Entlastung abgesperrt werden. Dieses Volumen wird vorzugsweise klein gewählt, um zu gewährleisten, dass Systemelastizitäten bei einer Übertragung der Haltefunktion auf die Betriebsbremse nicht zu einem merklichen Abfall der Zuspannkraft führen. Beispielsweise ist es möglich, den Druck nicht auf alle Radbremsen, sondern durch eine entsprechende Ventilbetätigung auf eine kleinere Anzahl zu übertragen, wodurch sich ein variabler Enddruck darstellen lässt.
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Nötigenfalls kann die Feststellbremse auch auf einem entsprechend höheren Kraftniveau zugespannt werden.
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Das Absperren der hydraulisch betätigbaren Betriebsbremse gegen Entlastung erfolgt vorzugsweise über nahe der Radbremseinrichtung angeordnete Ventile. Hierzu können gegebenenfalls vorhandene ESP-Ventile oder Radbremsventile eines Antiblockiersystems verwendet werden.
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Die Übergabe der Haltefunktion von der elektromechanischen Feststellbremse an die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse erfolgt vorzugsweise automatisch durch geeignete Steuerungsmittel, so dass seitens des Fahrers zum Lösen der Feststellbremse keine weiteren Aktivitäten erforderlich sind. Vielmehr wird anhand an sich bekannter Kriterien auf ein bevorstehendes Anfahren geschlossen, wie sie beispielhaft, jedoch nicht ausschließlich, in der
DE 103 24 446 B3 ,
DE 101 04 498 A1 oder
FR 2 841 199 A1 beschrieben werden. Hierfür eignen sich grundsätzlich alle Aktionen und Zustände, die einem üblicherweise Anfahren vorausgehen. Es ist jedoch denkbar, zusätzlich eine Möglichkeit zur unmittelbaren Mitteilung der Anfahrabsicht durch den Fahrer vorzusehen.
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In vorteilhafter Ausgestaltung wird die Feststellbremse nach dem Absperren der Betriebsbremse automatisch gelöst, wodurch sich im Hydrauliksystem der Betriebsbremse ein Systemdruck passiv aufbauen kann. Beim Anfahren wird dann der Systemdruck der hydraulisch betätigbaren Betriebsbremse automatisch entlastet.
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Gemäß einer weiteren, vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung greifen die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse und die elektromechanische Feststellbremse gemeinsam an einem Zuspannorgan einer Radbremseinrichtung an.
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Das erfindungsgemäße Prinzip lässt sich grundsätzlich bei unterschiedlichen Bremsentypen einsetzen. Es eignet sich jedoch insbesondere für Scheibenbremsen, bei denen das Zuspannorgan ein Kolben an einem Bremssattel ist.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die Zeichnung zeigt in:
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1 eine schematische Ansicht eines Ausführungsbeispiels einer Bremsanlage nach der Erfindung,
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2 eine schematische Ansicht einer Radbremse der Bremsanlage, und in
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3 ein Diagramm zur Veranschaulichung der Übergabe der Haltefunktion von der elektromechanischen Feststellbremse an die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse.
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Das in den 1 bis 3 dargestellte Ausführungsbeispiel bezieht sich auf eine Bremsanlage 1 für ein Kraftfahrzeug. Diese umfasst eine an sich bekannte, hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 2 mit einer entsprechenden Hydraulikschaltung zur Bereitstellung eines Bremsdrucks, sowie eine elektromechanische Feststellbremse 3 mit entsprechenden Aktuatoreinheiten, die an ausgewählten Radbremsen 4 angreifen. Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel weist die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 2 zwei Bremskreisen auf. Dabei ist je Bremskreis eine elektromechanische Feststellbremse 3 vorgesehen, die sich jeweils an einer Radbremse 4 eines Hinterrads befindet.
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Die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 2 überträgt die auf ein Bremspedal 5 aufgebrachte Kraft unter Zwischenschaltung eines Bremskraftverstärkers 6 auf einen Hauptbremszylinder 7, von dem der hydraulische Druck über ein Druckleitungssystem 8 an die Radbremsen 4 übertragen wird. Weiterhin umfasst die Betriebsbremse 2 eine angetriebene Pumpe 9, die im Bedarfsfall einen automatischen Bremseingriff ermöglicht. Eine elektronische Steuereinrichtung 10 veranlasst in Abhängigkeit von erfassten Fahrzeugparametern und gegebenenfalls vom Fahrer vorgegebenen Parametern einen Bremseneingriff oder begrenzt einen solchen. In der Hydraulikschaltung der Betriebsbremse 2 vorgesehene Ventile 11 ermöglichen in Zusammenwirkung mit der Steuereinrichtung 10 die Funktionalitäten eines Antiblockiersystems, und/oder einer Antriebschlupfregelung und/oder eines elektronischen Stabilitätsprogramms.
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Der Steuereinrichtung 10 dient darüber hinaus dazu, einen fahrerseitig vorgegebenen Wunsch hinsichtlich des Spannens oder Lösens der Feststellbremsfunktion an die hierfür benötigten Einrichtungen weiterzugeben und deren Aktivierung bzw. Deaktivierung zu kontrollieren. Eine mechanische Kraftübertragung von dem hierfür vorgesehenen Betätigungsorgan 12, beispielsweise einem Schalter, zu den Radbremsen 4 ist dabei nicht vorgesehen. Vielmehr wird über das Betätigungsorgan 12 lediglich ein Signal übermittelt, das in der Steuereinrichtung 10 weitere Signale auslöst, um die Feststellbremsfunktion zu veranlassen bzw. aufzuheben.
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Bei dem hier dargestellten Ausführungsbeispiel sind die Radbremsen 4 als Kombi-Bremssattel-Konstruktionen ausgeführt, wie dies in 2 beispielhaft dargestellt ist. Jedoch ist die Erfindung nicht auf solche Bremsentypen beschränkt. Sie lässt sich vielmehr auf alle Arten von Scheibenbremsen und Trommelbremsen mit elektromechanischer Feststellbremse übertragen.
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2 zeigt einen Bremssattel 13 mit einem Gehäuse 14, das ein Zuspannorgan in Form eines Bremskolbens 15 gleitbewegbar aufnimmt. Die Rückseite des Bremskolbens 15 ist mit dem Druck der hydraulischen Betriebsbremse 2 beaufschlagbar. Bei Betätigung der Betriebsbremsfunktion drückt der Bremskolben 15 in 2 nach links, so dass die Bremsscheibe 16 zwischen den Bremsbelägen 17 und 18 mit Kraft beaufschlagt wird. Fällt der Druck ab, so kann die Bremsscheibe 16 zwischen den Bremsbelägen 17 und 18 frei drehen.
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An dem Bremssattel 13 sind weiterhin die Komponenten für die Feststellbremse 3 vorgesehen, die letztlich ebenfalls an dem Zuspannorgan bzw. dem Bremskolben 15 angreifen. Die Aktuatoreinheit der Feststellbremse 3 arbeitet unabhängig von der Betriebsbremse 2. Sie umfasst eine elektrische Antriebseinrichtung 19 in Form eines Elektromotors.
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Das von der elektrischen Antriebseinrichtung 19 erzeugte Moment wird auf einen Spindeltrieb 20 übertragen. Dieser Spindeltrieb 20 umfasst eine mit der Abtriebswelle der elektrischen Antriebseinrichtung 19 drehfest gekoppelte Spindel 21, welche in eine Mutter 22 eingreift. Die Mutter 22 ist über Nuten in dem Bremskolben 15 gegen Verdrehen gesichert, so dass eine Rotation der Spindel 21 in eine Translationsbewegung der Mutter 22 übersetzt wird. Gelangt die Mutter 22, wie in 2 dargestellt, in Anlage gegen einen axialen Anschlag 23 des Bremskolbens 15, so wird auf den Kolben 15 eine zusätzliche Zuspannkraft ausgeübt. Diese bleibt nach ihrer Erzeugung aufgrund der Selbsthemmung des Spindeltriebs 20 erhalten, so dass bei einer Deaktivierung der Antriebseinrichtung 19 eine einmal zugespannte Radbremse 4 in diesem Zustand verharrt, womit die Feststellbremsfunktion eingeschaltet ist. Zum Lösen der Radbremse 4 muss die Mutter 22 in die Gegenrichtung bewegt werden. Dies wird durch eine Umkehr der Drehbewegung der Antriebseinrichtung 19 realisiert.
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Der Vorgang des Lösens aus einer Parkstellung wird nachfolgend anhand von 3 näher erläutert.
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In einer Parkstellung ist die elektromechanische Feststellbremse 3 zugespannt, wohingegen die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 2 entlastet ist. Das Fahrzeug wird in diesem Fall allein durch die Feststellbremse 3 gehalten, wie dies in 3 anhand der Ausgangsstellung S0 dargestellt ist.
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Soll nun aus einer solchen Parkstellung angefahren werden, muss die Feststellbremse 3 gelöst werden. Bei der erfindungsgemäßen Bremsanlage wird hierzu jedoch nicht unmittelbar die Feststellbremse 3 freigegeben. Vielmehr erfolgt zunächst eine Übergabe der Haltefunktion an die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 3. Nach erfolgter Übergabe ist das Fahrzeug allein durch die Betriebsbremse 3 gehalten, die beim Anfahren mit hoher Dynamik gelöst wird.
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Bei Erkennen eines Anfahrwunsches oder einer sonstigen, einem Anfahren üblicherweise vorausgehenden Aktion oder Situation wie z. B. einer Türschloss- oder Zündungsbetätigung, etc., der bzw. die anhand vorgegebener Kriterien, beispielsweise mittels in der Steuereineinrichtung 10 implementierter Algorithmen, festgestellt werden kann, wird in einem ersten Schritt S1 zumindest ein Teil des hydraulischen Volumens der Betriebsbremse 2 gegen eine Entlastung abgesperrt. Bei dem hier dargestellten Ausführungsbeispiel werden, initiiert durch die Steuereinrichtung 10, die Ventile 11 der Hydraulikschaltung der Betriebsbremse 2 geschlossen, so dass ein mit dem Zuspannorgan 15 in Verbindung stehender Abschnitt gegen eine Entlastung abgesperrt wird.
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Wahlweise kann der Druck durch enstprechende Ansteuerung der Ventile lediglich in ausgewählten Radbremsen gespeichert werden, so dass der Enddruck variabel einstellbar ist.
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Anschließend wird in einem zweiten Schritt S2 die Feststellbremse 3 gelöst, indem die Aktuatoreinheit betätigt wird. Über die elektrische Antriebseinrichtung 19 wird die Spindel 21 in Rotation versetzt, so dass die Mutter 22 das Zuspannorgan bzw. den Kolben 15 entlastet. Der Energieinhalt der Zuspannung wird somit beim Lösen der elektromechanischen Feststellbremse 3 über das Zuspannorgan in die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 2 eingebracht und dort in dem abgesperrten Abschnitt als Systemdruck gespeichert. Die Haltefunktion geht dabei von der elektromechanischen Feststellbremse 3 auf die hydraulisch betätigbare Betriebsbremse 2 über.
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In dem anhand von Schritt S3 dargestellten Zwischenzustand ist die Feststellbremse 3 geöffnet, die Betriebsbremse 2 hingegen zugespannt.
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Erfolgt nun, wie in Schritt S4 dargestellt, ein tatsächliches Anfahren, so wird der Systemdruck der Betriebsbremse 2 durch Öffnen der Ventile 11 abgebaut und die Bremse mit hoher Dynamik gelöst. Durch eine entsprechende Ansteuerung der Ventile 11 über die Steuereinrichtung 10 kann hierbei die Anfahrsituation dahingehend berücksichtigt werden, dass z. B. beim Anfahren am Berg ein Zurückrollen des Fahrzeugs vermieden wird.
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Die vorstehend erläuterte Bremsanlage ermöglicht ein gutes Anfahrverhalten aus der Parkstellung mit geringen Geräuschemissionen. Hieraus resultiert ein deutlicher akustischer Komfortgewinn.
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Neben einer Verbesserung der Geräuschsituation werden überdies eine Verringerung der maximalen Kräfte an der Radbremse 4 sowie des Belastungskollektivs der Druckerzeugungseinrichtung der hydraulischen Betriebsbremse 2 erzielt.
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Die Erfindung ist nicht auf das dargestellte Ausführungsbeispiel beschränkt, sondern umfasst alle durch die Patentansprüche definierten Ausgestaltungen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bremsanlage
- 2
- hydraulisch betätigbare Betriebsbremse
- 3
- elektromechanische Feststell- bzw. Parkbremse (EPB)
- 4
- Radbremse
- 5
- Bremspedal
- 6
- Bremskraftverstärker
- 7
- Hauptbremszylinder
- 8
- Druckleitungssystem
- 9
- Pumpe
- 10
- Steuereinrichtung
- 11
- Ventil
- 12
- Betätigungsorgan
- 13
- Bremssattel
- 14
- Gehäuse
- 15
- Bremskolben
- 16
- Bremsscheibe
- 17
- Bremsbelag
- 18
- Bremsbelag
- 19
- Antriebseinrichtung (Motorgetriebeeinheit)
- 20
- Spindeltrieb
- 21
- Spindel
- 22
- Mutter
- 23
- Axialanschlag
- 24
- Druckbegrenzer