Verfahren zur Herstellung von aromatischen Nitrilen Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Ver fahren zur Herstellung von aromatischen Nitrilen, wel ches dadurch gekennzeichnet ist, dass eine aromatische Verbindung, deren Ring keine Nitrogruppe und als Substituent mindestens eine Gruppe der Struktur -CH2R oder einer damit tautomeren Struktur aufweist, in der R ein Wasserstoffatom, ein. Methylrest, ein Halogen atom oder eine Nitrosogruppe ist,
mit einem Stickstoff oxydhalogenid und/oder mit einem Gemisch eines Stick stoffoxyds und eines Halogenierungsmittels in Gegen wart eines tertiären Amins umgesetzt wird.
Die als Ausgangssubstanz verwendete aromatische Verbindung kann sich von Benzol, Naphthalin, Phenan- thren, Biphenyl und anderen aromatischen Systemen ableiten, wobei die Benzolderivate bevorzugt werden. Erfindungsgemäss ist es wesentlich, dass zumindest ein Substituent von der Struktur CH2R im Ring vorhanden ist, wobei R die oben angegebene Bedeutung hat.
Ge eignete Gruppen sind die Methyl-, Äthyl-; Chlormethyl-, Brommethyl-, Nitrosomethyl- und die Oximinomethyl- gruppe -CH=NOH, die mit der -CH,-NO-Gruppe tau- tomer ist. Das Nitrosomethylderivat kann natürlich auch in seiner bimolekularen Form verwendet werden.
Die Erfindung ist von besonderer Bedeutung für die Umwandlung von Methylsubstituenten in aromatischen Verbindungen in Nitrilgruppen.
Der aromatische Ring kann zusätzlich auch andere Substituenten aufweisen, etwa Halogenatome, Cyan- gruppen, Alkoxy- oder Carbalkoxygruppen und/oder höhere Alkylgruppen wie etwa eine tertiäre Butylgruppe. Besonders vorzugsweise werden durch Halogenatome substituierte Derivate und insbesondere solche Derivate verwendet, die in ortho-Stellung und möglicherweise in para-Stellung zur (-CH:,R)-Gruppe ein oder meh rere Halogenatome aufweisen.
Als Halogenatome kom men vorzugsweise Chloratome in Betracht. Beispiele von geeigneten Ausgangsverbindungen sind: Toluol, p-Xylol und 6-Chlor-2-methoxytoluol. Das Stickstoffoxyhalogenid, mit welchem die aro matische Verbindung umgesetzt wird, kann beispiels weise ein Nitrosylhalogenid wie NOCI, NOBr oder NOF oder ein Nitrylhalogenid wie etwa NO"C1 sein.
An stelle des Stickstoffoxyhalogenids kann auch ein Ge misch eines Stickstoffoxyds und eines Halogenierungs- mittels verwendet werden. Ein sehr geeignetes Gemisch ist ein solches von freiem Halogen, wie etwa Chlor oder Brom, und eines Stickstoffoxyds, in welchem das atomare Verhältnis zwischen Sauerstoff und Stickstoff nicht weniger als 1 und nicht mehr als 2 beträgt, in anderen Worten eines Oxyds der Formel NO, N2Os, N0_, und N20.1 oder eines Gemisches derselben.
Natürlich können in einigen Fällen mit Vorteil auch Gemische eines Stickstoffoxyhalogenids und eines Stick stoffoxyds und/oder eines Halogenierungsmittels ver wendet werden.
Vorzugsweise wird gewöhnlich ein Nitrosylhalogenid und im besonderen Nitrosylchlorid verwendet. Sehr gute Ergebnisse werden ebenfalls mit Gemischen von Chlor und NO oder von Chlor und NO" erhalten. Wenn auch das geeignetste Verhältnis der Komponenten in diesen Gemischen innerhalb weiter Grenzen variieren kann, was von der Ausgangssubstanz und den Reak tionsbedingungen abhängt, so ist doch die Anwendung eines Überschusses von Stickstoffoxyd oft von Vorteil. Sehr geeignet ist beispielsweise ein Gemisch von NO und Chlor in einem molaren Verhältnis von 1, 5-2 5 : 1. In bestimmten Fällen kann das molare Verhältnis 5 : 1 und mehr betragen.
Das Halogenierungsmittel ist vorzugsweise freies Halogen, wie etwa Chlor oder Brom, und vorzugsweise Chlor. Halogenierungsmittel, welche unter den Reak tionsbedingungen Halogen abgeben, wie etwa Sulfuryl- chlorid und Phosphorpentachlorid, sind ebenfalls ge eignet.
Auf Wunsch kann das Halogen oder ein Teil davon auch in situ entstehen, beispielsweise aus HCl oder aus einem Gemisch von HCl und HNO3. In letz terem Falle wird auch Nitrosylehlorid in situ gebildet. Weitere Halogenierungsmittel sind unter anderem Thio- nylchlorid und N-Bromsuccinimid.
Es ist klar, dass für die Umwandlung einer Methyl- gruppe in eine Nitrilgruppe zumindest die äquivalente Menge Stickstoffoxyd als solches oder in Form eines Stickstoffoxyhalogenids benötigt wird.
Das gleiche gilt für die Umwandlung einer Äthylgruppe oder einer halo- genierten Methylgruppe wie etwa -CH-,Cl. Ist die Aus gangssubstanz jedoch eine aromatische Verbindung, in welcher die Gruppe -CH,R eine Nitrosomethylgruppe oder die mit derselben tautomere Oximinomethyl- gruppe bedeutet, so sind gewöhnlich sehr geringe Men gen ausreichend. In den ersteren Fällen ist es im all gemeinen von Vorteil, einen überschuss anzuwenden.
Sehr gute Ergebnisse werden erhalten, wenn die aro matische Verbindung mit einer Menge Stickstoffoxyd in Form des Halogenids oder eines Gemisches mit einem Halogenierungsmittel umgesetzt wird, wobei die Menge 2 bis 6 Mol und insbesondere 3 bis 5 Mol pro Mol beträgt. Sind bereits Nitrogruppen im aromati schen Ring vorhanden, welche unter den vorhandenen Reaktionsbedingungen abgespalten werden, so genügt die Zufuhr einer geringen Menge Stickstoffoxyd (e) von aussen.
Das Stickstoffoxyhalogenid oder das (die) Stickstoff oxyd (e) enthaltende Gemisch wird vorzugsweise als Gas zugeführt, während die aromatische Verbindung in flüssiger Form vorliegt, beispielsweise in geschmolze nem Zustand oder als Lösung. Auf Wunsch können je doch auch die beiden Reaktionskomponenten in der Gasphase oder auch in der flüssigen Phase zur Um setzung gebracht werden. Das gasförmige Stickstoff- oxyhalogenid oder dasselbe enthaltende Gemisch wird gewöhnlich im Verlaufe von 8 bis 20 Stunden durch das aufgelöste oder im geschmolzenen Zustand vorlie gende Produkt geleitet, in welchem auch ein tertiäres Amin enthalten ist.
In einigen Fällen kann es jedoch auch vorteilhaft sein, eine kürzerer oder längere Reak tionsdauer zu benutzen. Die Zufuhrgeschwindigkeit ent spricht vorzugsweise 0,2 bis 0,7 Mol N-Oxyd pro. Mol Ausgangsprodukt in der Stunde und insbesondere 0,3 bis 0,5 Mol pro Mol in der Stunde.
Ein wesentliches Erfordernis für den Ablauf des neuen erfindungsgemässen Verfahrens ist das Vorhan densein eines tertiären Amins im Reaktionsgemisch. Die Wahl eines geeigneten Amins wird an erster Stelle durch dessen Beständigkeit unter den anzuwendenden Reaktionsbedingungen bestimmt. Natürlich sind Amine, welche sich unter den während des Reaktionsablaufes vorliegenden Bedingungen bis zu einem starken Grad zersetzen, ohne Nutzen.
Es hat sich herausgestellt, dass heterocyclische Amine sehr zufriedenstellende Ergebnisse liefern. Dies gilt insbesondere für diejenigen, welche in einem Ring eine oder mehrere C=H-Gruppen enthalten. Besonders geeignet sind heteroaromatische Stickstoffbasen. Ge eignete Substanzen sind darum Verbindungen wie etwa N-Methylpyrrol, Thiazol, N-Methylimidazol, Indol und deren Derivate.
Vorzugsweise wird ein heterocyclisches Amin verwendet, welches im Molekül einen Pyridinring aufweist, wie etwa Pyridin und dessen Derivate, ins b2sondere seine Homologen, vor allem die Pikoline, Lutidine und hollidin.
Pyridinderivate wie etwa Chinolin und dessen Deri vate sind ebenfalls geeignet. Ausgezeichnete Ergebnisse werden mit Pyridin und beta-Pikolin erhalten. Das tertiäre Amin kann in katalytischer Menge verwendet werden. Im allgemeinen sind mindestens 0,008 Mol pro Mol Ausgangsverbindung notwendig, während bei Vorhandensein von mehr als 0,22 Mol pro Mol die Ausbeute im allgemeinen vermindert wird.
Optimale Ausbeuten werden oft mit 0,02 bis 0,12 Mol pro Mol und insbesonderer mit 0,03 bis 0,06 Mol pro Mol erhalten. In bestimmten Fällen kann die optimale Menge des Amins jedoch auch höher oder niedriger sein.
Das Vorhandensein eines Lösungsmittels ist nicht wesentlich, kann jedoch oft von Vorteil sein. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise aromatische Kohlen wasserstoffe, wie etwa Benzol, chlorierte und fluorierte Kohlenwasserstoffe, wie etwa 1,2-Dichloräthan, o-Di- chlorbenzol und stärker chlorierte Benzolderivate. Ins besondere o-Dichlorbenzol und 1,2,4-Trichlorbenzol haben sich oft als sehr geeignet erwiesen. Die Reaktion wird im allgemeinen in einem relativ konzentrierten Medium durchgeführt,
das gewöhnlich nicht mehr als 5 bis 20 G-w.% Lösungsmittel, bezüglich des Reaktions gemisches, enthält.
Die Reaktionstemperatur ist in der Regel nicht niedriger als 120 C und nicht höher als 240 C. Eine höhere oder niedrigere Temperatur ist jedoch nicht ausgeschlossen. Vorzugsweise wird die Temperatur von von 150 bis 210 C und insbesondere eine solche von 170 bis 190 C angewandt.
Auf Wunsch kann die Reaktion unter Bestrahlung mit UV-Licht durchgeführt werden. In einigen Fällen kann dadurch die Reaktion zu Beginn beschleunigt werden.
Im allgemeinen ist es sehr wichtig, dass das während der Reaktion gebildete Wasser aus dem Reaktionsge misch abgetrennt wird. Dasselbe wird vorzugsweise so schnell abgetrennt, wie es gebildet wird, beispielsweise durch azeotrope oder nichtazeotrope Destillation.
Das erfindungsgemässe Verfahren kann chargenweise oder auch kontinuierlich durchgeführt werden.
In der Regel lässt man die Reaktion unter Atmo sphärendruck ablaufen. Zur Erhöhung der Reaktions geschwindigkeit und/oder der Ausbeute kann ein höhe rer Druck manchmal von Vorteil sein. Auf Wunsch kann auch ein Unterdruck angewendet werden.
Nachdem die Reaktion beendet ist, wird das gebildete Nitril nach einem beliebigen der hierfür bekannten Verfahren isoliert. In der Regel wird eine Verfahrensweise vorgezogen, bei der das Reaktionsge misch in ein geeignetes Lösungsmittel gegossen wird, aus welchem das Nitril ausfällt oder auskristallisiert. Für diesen Zweck haben sich Benzin oder halogenierte Kohlenwasserstoffe, wie etwa CCII, in vielen Fällen als sehr geeignet erwiesen. Fällt das Nitril bereits im Reaktionsmedium aus, beispielsweise beim Abkühlen desselben, so kann es direkt daraus abgetrennt werden.
Nach der Abtrennung des Nitrils lohnt es sich wirtschaftlich oft, ein oder mehrere Nebenprodukte zu isolieren und/oder dieselben weiteren Reaktionen zu unterwerfen. Dies ist besonders wichtig, wenn solche Produkte ebenfalls in das gewünschte Nitril umgewan delt werden können.
So kann das Nebenprodukt 2,6-Di- chlorbenzalchlorid leicht in das gleiche Nitril umge wandelt werden, beispielsweise über den entsprechenden Aldehyd und das Oxim oder auch direkt über das Oxim. Das zurückbleibende Gemisch kann auch für diesen Zweck verwendet werden, ohne dass das Benzal- chlorid zuerst isoliert wird.
Beispiele Die benutzte Apparatur bestand aus einem Reak tionsgefäss von 0,7 1 Fassungsvermögen, das mit einem Rückflusskühler, einem Gaseinleitungsrohr, einem Rüh- rer und einem Thermoelement ausgestattet war. Um das gebildete Wasser abtrennen zu können, war der Rückflusskühler über ein seitliches Rohr mit einem Scheidetrichter verbunden.
In dem Reaktionsgefäss wurde ein Gemisch des Ausgangsproduktes und eines tertiären Amins mit oder auch ohne Lösungsmittel auf die erforderliche Tempera tur erhitzt. Ein Strom von N-Oxyhalogenid oder des das (die) N-Oxyd(e) und Halogen enthaltenden Gemisches wurde dann durch die Mischung geleitet.
Das gebildete Nitril wurde in der Weise isoliert, dass das Reaktionsgemisch in Benzin mit einem Siedebe reich von 100 bis 120 C gegossen und der gebildete Niederschlag abfiltriert wurde. In anderen Fällen wurde das Reaktionsgemisch bis auf eine Bodentemperatur von 210 C bei einem Druck von 4 mm Hg destilliert, wonach das Nitril vom Destillat abfiltriert und mit Benzin ausgewaschen wurde. Eine Reinigung durch Umkristallisation, beispielsweise aus Benzin, erwies sich im allgemeinen als nicht notwendig.
Die unter verschiedenen Reaktionsbedingungen er haltenen Ergebnisse werden weiter unten wiedergegeben. <I>Beispiel 1</I> Das Ausgangsgemisch bestand aus 500g 2,6-Di- chlorbenzylchlorid (DCBY) und aus 10 g Pyridin (4,34 Mol%). Bei einer Temperatur von 180 C wurde ein Gemisch von NO und Ch in einem molaren Ver hältnis von 1 : 1 mit einer Geschwindigkeit von 0,2 Mol NO und 0,4 Mol HCl pro Mol Ausgangsprodukt DCBY in der Stunde zugeführt.
Nach Ablauf von 11 Stunden betrug die Ausbeute an 2,6-Dichlorbenzonitril 56% der Theorie. Es wurden<B>70%</B> des Ausgangsmaterials DCBY umgewandelt.
<I>Beispiel 2</I> Als Ausgangsstoff wurden 500 g 2,6-Dichlorbenzyl- chlorid (DCBY) verwendet, denen 5 Mol % Pyridin hinzugefügt worden waren und in die während der gesamten Reaktion zusätzlich eine gleiche Menge kon tinuierlich hineingepumpt wurde. Bei 180 C wurde ein Gemisch aus NO und Ch in einem Volumenverhältnis von 2: 1 während 12 Stunden mit einer Stundenge schwindigkeit von 0,4 Mol NO und 0,2 Mol Clz je Mol DCBY eingeführt.
Nach 12 Stunden waren 85% bei einer praktisch konstanten Selektivität gegenüber 2,6-Dichlorbenzonitril (DCBN) von 81% umgesetzt wor den. Die Ausbeute an DCBN betrug also 68 Mol%. Da neben wurden 15 Mol% 2,6-Dichlorbenzalchlorid ge bildet.
<I>Beispiel 3</I> Als Ausgangsstoff wurden 1 Mol 2,6-Dichlortoluol (DCT) und 5 MOL% Pyridin verwendet. Bei einer Tempe ratur von l60 C wurde ein Gemisch aus NO und C1,_, in einem Molverhältnis von 2: 1 mit einer Stun dengeschwindigkeit von 0,20 Mol NO und 0,10 Mol Q# je Mol DCT eingeführt. Nach 10 Stunden waren 0,35 Mol des Ausgangsmaterials umgesetzt worden.
Das Reaktionsgemisch enthielt u. a. 0,05 Mol 2,6-Dichlorbenzonitril (DCBN) und 0,28 Mol 2,6-Di- chlorbenzylchlorid (DCBY). Die auf umgesetztes DCT umgerechnete Ausbeute betrug somit 14,3 Mol% DCBN bzw. 80 Mol% DCBY.