Verwendung eines Q&P-Stahls zur Herstellung einer geformten
Komponente für Verschleißanwendungen
Technisches Gebiet
Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Q&P-Stahls zur Herstellung einer geformten Komponente für Verschleißanwendungen.
Technischer Hintergrund
Die aus dem Stand der Technik bekannten Verschleißstähle sind für ihren Einsatzzweck extrem hart ausgebildet und weisen dementsprechend eine hohe Festigkeit in Verbindung mit einer eingeschränkten Duktilität auf. Die bei einem Verschleißstahl erforderliche hohe Härte zielt auf einen ausreichend hohen Widerstand gegen abrasiven Verschleiß ab.
Konventionelle Verschleißstähle mit einer hohen Härte sind in der Regel nur bedingt umformbar und weisen beispielsweise bei einer Härte von 400 HB ein minimales Biegeverhältnis von ca. r/t=2,5 auf, wobei r beim Biegen des Stahls dem Innenradius des gebogenen Teils und t der Materialdicke des Stahls/Teils entsprechen. Mit zunehmender Härte verschlechtert sich die Biegefähigkeit des Stahls und ein Biegeverhältnis r/t<2,5 ist nicht mehr oder nur aufwendig möglich, wodurch die Weiterverarbeitung des Stahls insbesondere zu komplex geformten Komponenten (Bauteilen) in hohem Maße beeinträchtigt respektive beschränkt ist. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass beim Formen/Umformen des Verschleißstahls abhängig von der herzustellenden Geometrie respektive Komplexität bzw. bei einer weiteren Belastung im Einsatz des Stahls Mikrorisse/Risse bzw. Anrisse in der Oberfläche bzw. im oberflächennahen Bereich des Verschleißstahls entstehen, die aufgrund der geringen Duktilität sogar zu einem vollständigen Bauteilversagen führen können.
Komplex, geformte Bauteile für Verschleißanwendungen sind mit konventionellen Verschleißstählen aufgrund ihrer hohen Härte und eingeschränkter Duktilität nicht aus einem Teil herstellbar, so dass bei entsprechenden Anwendungen auf Schweißkonstruktionen zurückgegriffen werden muss, welche aus mehreren verschiedenen Komponenten respektive Bauteilen gebildet sind. Insbesondere im Bereich der Herstellung von Baggerlöffeln sind derartige Konstruktionen vergleichsweise schwer und dadurch muss die Beladungsmenge reduziert werden, da beispielsweise der Ausleger eines Baggers ein maximales Gewicht nicht überschreiten darf. Das Schweißen von konventionellen Verschleißstählen stellt zudem eine hohe Anforderung an die Ausführung der Schweißverbindung, wobei abhängig von den
Legierungselementen und -gehalten einige konventionelle Verschleißstähle nur mit hohem Aufwand schweißbar sind. Im Bereich der Schweißverbindung bildet sich infolge der Erwärmung während des Schweißens eine mehrere Millimeter breite Zone (Wärmeeinflusszone, WEZ) mit verringerter Härte und geringerer Verschleißfestigkeit aus, welche lokal im Vergleich zum restlichen Bereich der Konstruktion durch Belastung versagensanfällig ist.
Q&P-Stähle, sogenannte „Quenching and Partitioning"-Stähle, und die Fertigung zur Einstellung ihrer mechanischen Eigenschaften sind aus dem Stand der Technik bekannt. Diese speziell für die Fahrzeugindustrie entwickelten Stähle vereinen hohe Festigkeiten mit gleichzeitig hohen Dehnungen und sind als Bauteile besonders für den Einsatz in crashrelevanten Bereichen besonders gut geeignet, da sie im Falle eines Aufpralls/Crashs bedingt durch ihre mechanischen Eigenschaften die Aufprallenergie optimal durch Verformung abbauen können. Beispielhaft sind die europäischen Offenlegungsschriften EP 2 837 707 AI, EP 2 559 782 AI und EP 2 930 253 AI genannt. Ein Hinweis, derartige Stähle auch für Verschleißanwendungen vorzusehen, ist nicht aus diesen Schriften zu entnehmen.
Zusammenfassung der Erfindung
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, einen Q&P-Stahl bereitzustellen, mit welchem Komponenten mit komplexer Geometrie für Verschleißanwendungen hergestellt werden können.
Gelöst wird diese Aufgabe mit den Merkmalen des Patentanspruchs l.
Die Erfinder haben überraschend festgestellt, dass durch die Fertigung der Q&P-Stähle in der Gefügestruktur gezielt überwiegend ein Anteil an Martensit mit mindestens 70 Flächen-%, insbesondere mit mindestens 80 Flächen-%, vorzugsweise mit mindestens 85 Flächen-% eingestellt werden kann, wobei mindestens die Hälfte angelassener Martensit ist, und der verbleibende Rest aus einem oder mehrere Anteile an bis zu 30 Flächen-% Ferrit, an bis zu 30 Flächen-% Restaustenit, an bis zu 30 Flächen-% Bainit, an bis zu 5 Flächen-% Zementit bestehen kann, wobei je nach Legierungselementen und Gefügestruktur der Q&P-Stähle Härten erzielt werden können, die auf einem Niveau mit vergleichbaren Verschleißstählen liegen können, welche jedoch ein im Vergleich zu den Verschleißstählen höheres Umformvermögen durch die im Vergleich zum Martensit weicheren Anteile in der Gefügestruktur aufweisen, eine geformte Komponente insbesondere mit komplexer Geometrie mit hervorragenden Verschleißeigenschaften hergestellt werden kann. Die geformte Komponente kann
durch Biegen, Kanten, Tiefziehen etc. hergestellt werden. Der Q&P-Stahl weist eine Härte von mindestens 230 HB, insbesondere mindestens 300 HB, vorzugsweise mindestens 370 HB, bevorzugt mindestens 400 HB, weiter bevorzugt mindestens 425 HB, besonders bevorzugt mindestens 450 HB auf. HB entspricht der Brinellhärte und wird gemäß DIN EN ISO 6506-1 ermittelt. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Q&P-Stahl respektive aus einem Q&P- Stahl hergestellte Komponente im Vergleich zu einem konventionellen Verschleißstahl respektive einem aus einem konventionellen Verschleißstahl hergestellte Komponente der gleichen Härteklasse einen vergleichbaren Abrieb aufweist, wobei durch das höhere Umformvermögen ein Biegewinkel α von mindestens 60°, insbesondere mindestens 75°, vorzugsweise mindestens 85°, bevorzugt mindestens 90°, besonders bevorzugt mindestens 95°, ermittelt nach VDA238-100, und/oder ein Biegeverhältnis von r/t<2,5, insbesondere r/t<2,0, vorzugsweise r/t< l,5, bevorzugt r/t< l,0, wobei t der Materialdicke des Stahls und r dem (Innen-) Biegeradius des Stahls entsprechen, möglich ist.
Die Fertigung der Q&P-Stähle und die Einstellung der mechanischen Eigenschaften, insbesondere der vorgenannten Gefügestruktur sind der Fachwelt bekannt. Gemäß einer ersten Ausgestaltung besteht der Q&P-Stahl respektive die aus dem Q&P-Stahl hergestellte Komponente neben Fe und herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen in Gew.-% aus:
C: 0, 1 - 0,3 %,
Si: 0,5 - 1,8 %,
Mn: 1,5 - 3,0 %,
AI: bis 1,5 %,
N: bis 0,008 %,
P: bis 0,02 %,
S: bis 0,003 %,
optional aus einem oder mehrere Elemente der Gruppe„Cr, Mo, Ni, Nb, Ti, V, B" mit
Cr: bis 0,4 %,
Mo: bis 0,25 %,
Ni: bis 1,0 %
Nb: bis 0,06 %,
Ti: bis 0,07 %,
V: bis 0,3 %,
B: bis 0,002 %.
Der Q&P-Stahl ist vorzugsweise ein Warmband mit einer Zugfestigkeit (Rm) zwischen 800 und 1500 MPa, einer Dehngrenze (Re) von oberhalb 700 MPa, einer Bruchdehnung (A50) zwischen 7 und 25% nach DIN EN ISO 6892 und einer sehr guten Umformbarkeit, z. B. eine Loch- aufweitung >20% nach DIN ISO 16630.
Kohlenstoff (C) hat mehrere wichtige Funktionen im Q&P-Stahl. In erster Linie spielt der C- Gehalt eine entscheidende Rolle bei der Austenitbildung während der Herstellung, was insbesondere entscheidend für den Martensit im Endprodukt ist. Die Festigkeit des Martensits hängt ebenfalls stark vom C-Gehalt der Zusammensetzung des Stahls ab. Weiterhin trägt der C-Gehalt im Vergleich zu anderen Legierungselementen am Stärksten zu einem höheren CE- Wert (CE=Kohlenstoffäquivalent) bei, wodurch die Schweißbarkeit negativ beeinflusst wird. Mit dem verwendeten C-Gehalt kann das Festigkeitsniveau des Endproduktes gezielt beeinflusst werden. Daher wird der C-Gehalt insgesamt zwischen 0, 1 und 0,3 Gew.-% begrenzt.
Mangan (Mn) ist ein wichtiges Element für die Härtbarkeit des Q&P-Stahls. Gleichzeitig verringert Mn die Neigung zur unerwünschten Bildung von Perlit während der Abkühlung. Diese Eigenschaften ermöglichen die Einstellung eines geeigneten Ausgangsgefüges aus Martensit und Restaustenit nach dem ersten Abschrecken (Quench-Schritt) mit Abkühlraten < 100 K/s. Ein zu hoher Mn-Gehalt wirkt sich dagegen negativ auf die Dehnung und die Schweißbarkeit, also den CE-Wert, aus. Daher wird der Mn-Gehalt zwischen 1,5 und 3,0 Gew.-% eingeschränkt. Zur Einstellung der angestrebten Festigkeitseigenschaften wird bevorzugt 1,9 bis 2,7 Gew.-% verwendet.
Silizium (Si) hat einen entscheidenden Anteil an der Unterdrückung der Perlitsteuerung und Steuerung der Karbidbildung. Durch die Bildung von Zementit wird Kohlenstoff gebunden und steht somit nicht mehr für die weitere Stabilisierung des Restaustenits zur Verfügung. Auf der anderen Seite verschlechtert ein zu hoher Si-Gehalt die Bruchdehnung sowie die Oberflächenqualität durch beschleunigte Bildung von Rotzunder. Eine ähnliche Wirkung kann auch durch das Zulegieren von AI (>= 0,5 Gew.-%) erreicht werden, so dass in Kombination mit AI >= 0,5 Gew.-% ein Si-Gehalt zwischen 0,5 und 1, 1 Gew-% eingestellt wird. Für die Einstellung der oben beschriebenen Merkmale ist ein Minimum von 0,7 Gew.-% erforderlich, bevorzugt werden Gehalte ab 1,0 Gew.-% zur sicheren Einstellung des angestrebten Gefüges berücksichtigt. Die Obergrenze wird wegen der angestrebten Bruchdehnung auf maximal 1,8 Gew.- % begrenzt, bevorzugt auf maximal 1,6 Gew.-% zur Erreichung der gewünschten Oberflächenqualität.
Aluminium (AI) wird zur Desoxidation und zum Abbinden von gegebenenfalls vorhandenem Stickstoff verwendet. Des Weiteren kann AI auch, wie bereits beschrieben, zur Unterdrückung von Zementit eingesetzt werden, ist jedoch nicht so effektiv wie Si. Gleichzeitig wird durch eine erhöhte AI-Zugabe die Austenitisierungstemperatur deutlich erhöht, weswegen die Zementit- Unterdrückung bevorzugt nur durch Si realisiert wird. Zur Begrenzung der Austenitisierungstemperatur wird ein AI-Gehalt von 0 bis 0,003 Gew.-% eingestellt, wenn ausreichend Si zur Unterdrückung von Zementit verwendet wird. Wird hingegen der Si-Gehalt, beispielsweise aus Gründen der angestrebten Oberflächenqualität, weiter eingeschränkt, wird AI mit einem Mindestgehalt von 0,5 Gew.-% zur Zementit-Unterdrückung zulegiert. Der maximale AI-Gehalt von 1,5 Gew.-%, bevorzugt 1,3 Gew.-%, ergibt sich aus der Vermeidung gießtechnischer Probleme.
Phosphor (P) wirkt sich ungünstig auf die Schweißbarkeit aus und soll daher auf maximal 0,02 Gew.-% begrenzt sein.
Schwefel (S) führt in ausreichend hoher Konzentration zur Bildung von MnS bzw. (Mn, Fe)S, welches sich negativ auf die Dehnung auswirkt. Daher wird der S-Gehalt auf maximal 0,003 Gew.-% begrenzt.
Stickstoff (N) führt zur Bildung von Nitriden, die sich negativ auf die Umformbarkeit auswirken. Daher wird der N-Gehalt auf maximal 0,008 Gew.-% begrenzt.
Chrom (Cr) ist ein effektiver Inhibitor des Perlits und kann so die erforderliche Mindest- abkühlgeschwindigkeit herabsetzen, weshalb es optional zulegiert wird. Zur wirksamen Einstellung dieses Effektes ist ein Minimumanteil von 0, 1 Gew.-%, bevorzugt 0, 15 Gew.-%, vorgesehen. Gleichzeitig wird die Festigkeit durch die Zugabe von Cr stark erhöht und es besteht zudem die Gefahr der ausgeprägten Korngrenzenoxidation. Des Weiteren wirken sich hohe Cr-Gehalte negativ auf die Verformungseigenschaften und auf die Dauerfestigkeit bei zyklischer Belastung aus, die insbesondere bei verschleißbeständigen, komplex geformten und zyklisch belasteteten Komponenten eine entscheidende Rolle spielen. Daher wird der Cr- Gehalt auf maximal 0,4 Gew.-%, bevorzugt 0,35 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,3 Gew.-% begrenzt.
Molybdän (Mo) ist ebenfalls ein sehr wirksames Element zur Unterdrückung der Perlitbildung. Bei entsprechend definierten Analysenzusammensetzungen ist zur sicheren Vermeidung von
Perlit ein Mindestgehalt von 0,05 Gew.-%, bevorzugt 0, 1 Gew.-%, erforderlich. Aus Kostengründen ist eine Begrenzung auf maximal 0,25 Gew.-% sinnvoll.
Nickel (Ni) ist ebenso wie Cr ein Inhibitor des Perlits, jedoch nicht so effektiv. Bei einer Zulegierung mit Ni ist der entsprechende Minimumgehalt somit deutlich höher als der von Cr und kann daher 0,25 Gew.-%, bevorzugt 0,3 Gew.-%, betragen. Gleichzeitig ist Ni ein sehr teures Legierungselemnt und durch die Zugabe von Ni wird die Festigkeit stark erhöht. Daher wird der Ni-Gehalt auf maximal 1,0 Gew.-%, bevorzugt 0,5 Gew.-%, begrenzt.
Dem hier beschriebenen Q&P-Stahl können auch Mikrolegierungselemente (MLE), wie V, Ti oder Nb zulegiert werden. Diese Elemente können durch die Bildung sehr fein verteilter Karbide (bzw. Karbonitride bei gleichzeitigem Vorhandensein von N) zu einer höheren Festigkeit beitragen. Die Wirkungsweise dieser drei Elemente ist jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein minimaler MLE-Gehalt führt zu einer Einfrierung der Korn- und Phasengrenzen nach dem Warmwalzprozess während des Partitioning-Schritts, was die gewünschte Eigenschaftskombination aus Festigkeit und Umformbarkeit durch Kornfeinung begünstigt. Der minimale MLE-Gehalt liegt für Ti bei 0,02 Gew.-%, für Nb bei 0,01 Gew.-% und für V bei 0, 1 Gew.-%. Eine zu hohe Konzentration der MLE führt zur Bildung von Karbiden und somit zur Abbindung von Kohlenstoff, der dann nicht mehr für die Stabilisierung des Restaustenits zur Verfügung steht. Entsprechend der Wirkungsweise der einzelnen Elemente wird daher die Obergrenze für Ti bei 0,07 Gew.-%, für Nb bei 0,06 Gew.-% und für V bei 0,3 Gew.-% festgelegt.
Bor (B) segregiert auf den Phasengrenzen und behindert deren Bewegung. Dies führt zu einem feinkörnigen Gefüge, was sich vorteilhaft auf die mechanischen Eigenschaften auswirken kann. Daher ist bei Einsatz dieses Legierungselementes ein Mindestgehalt von 0,0008 Gew.-% einzuhalten. Bei der Zulegierung von B muss allerdings ausreichend Ti für die Abbindung des N vorhanden sein. Zur vollständigen Abbindung von N wäre der Gehalt an Ti mit mindestens 3,42*N vorzusehen. Die Auswirkung von B ist bei einem Gehalt von rund 0,002 Gew.-% gesättigt, welcher somit der Obergrenze entspricht.
Das Gefüge im Endprodukt kann beispielsweise mittels Raster Elektronen Mikroskopie (REM) und einer mindestens 5000-fachen Vergrößerung bestimmt werden. Die quantitative Bestimmung des Restaustenits kann beispielsweise mittels Röntgen-Beugung (XRD) nach ASTM E975 erfolgen.
Entscheidend für die mechanischen Eigenschaften des Endprodukts ist neben den reinen Phasenanteilen vor allem die Verzerrung des Kristallgitters. Diese Gitterverzerrung stellt ein Maß für den initialen Widerstand zur plastischen Verformung dar, welcher auf Grund der angestrebten Festigkeitsbereiche eigenschaftsbestimmend ist. Eine geeignete Methode für die Messung und somit Quantifizierung der Gitterverzerrung ist die Elektron Backscatter Diffraktion (EBSD). Mit EBSD werden viele sehr lokale Beugungsmessungen generiert und zusammengefügt, um kleine Unterschiede und Verläufe sowie lokale Missorientierungen im Gefüge festzustellen. Ein in der gängigen Praxis verwendetes EBSD Auswerteverfahren ist die sog. Kernel Average Missorientation (KAM; weitere Beschreibung im Handbuch „OIM Analyis v5.31 " von EDAX Inc., 91 McKee Drive, Mahwah, NJ 07430, USA), bei dem die Orientierung eines Messpunktes mit der Orientierung der Nachbarpunkte verglichen wird. Unterhalb eines Schwellwerts, der typischerweise bei 5° liegt, werden benachbarte Punkte dem gleichen (verzerrten) Korn zugeordnet. Oberhalb dieses Schwellwerts erfolgt die Zuordnung der benachbarten Punkte zu unterschiedlichen (Sub-)Körnern. Aufgrund des sehr fein ausgeprägten Gefüges wird eine maximale Schrittweite von lOOnm für das EBSD Auswerteverfahren gewählt. Zur Beurteilung der Q&P-Stähle wird die KAM jeweils in Bezug zwischen dem aktuellen Messpunkt und seinem drittnächsten Nachbarpunkt ausgewertet. Der Q&P- Stahl weist eine Gefügestruktur aus angelassenem und nicht angelassenem Martensit mit Anteilen an Restaustenit auf. Bainit ist bevorzugt nur in geringem Anteil im Gefüge enthalten. Das angestrebte Gefüge ist durch eine definierte, lokale Missorientierung im Eisengitter gekennzeichnet. Diese wird quantifiziert durch die KAM. Das Endprodukt kann ein KAM- Mittelwert aus einem Messbereich von mindestens 75pm x 75pm von >1,20°, vorzugsweise > 1,25°, aufweisen.
Gemäß einer Ausgestaltung kann der Q&P-Stahl respektive die aus dem Q&P-Stahl hergestellte Komponente gebeizt und/oder ein- oder beidseitig mit einem Korrosionsschutzüberzug und/oder ein- oder beidseitig mit einer organischen Beschichtung beschichtet sein. Vorzugsweise ist der Q&P-Stahl respektive die aus dem Q&P-Stahl hergestellte Komponente ein- oder beidseitig einen Korrosionsschutzüberzug, insbesondere auf Zinkbasis versehen. Besonders bevorzugt ist ein ein- oder beidseitig elektrolytischer Zinküberzug vorgesehen. Das Durchführen einer elektrolytischen Beschichtung hat den Vorteil, dass die Eigenschaften des Q&P-Stahls nicht negativ insbesondere durch thermische Einflüsse, wie sie beispielsweise bei der Durchführung einer Schmelztauchbeschichtung auftreten würden, verändert werden. Alternativ oder zusätzlich kann der Q&P-Stahl respektive die aus dem Q&P-Stahl hergestellte Komponente ein- oder beidseitig mit einer organischen Beschichtung, vorzugsweise mit
einem Lack versehen sein. Dadurch können Q&P-Stähle respektive die aus dem Q&P-Stahl hergestellte Komponenten für Verschleißanwendungen mit verbesserter Lackanmutung bereitgestellt werden.
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung weist der Q&P-Stahl respektive die aus dem Q&P-Stahl hergestellte Komponente eine Materialdicke zwischen 1,5 bis 15 mm, insbesondere eine Dicke zwischen 2,5 bis 10 mm, vorzugsweise zwischen 3,5 bis 8 mm auf.
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung wird aus dem Q&P-Stahl eine Komponente hergestellt, welche in Bau-, Agrar-, Bergbau-, Transportmaschinen oder Förderanlagen eingesetzt wird. Vorzugsweise ist die hergestellte Komponente ein Greifer, insbesondere für einen Schrottgreifer oder ein Teil davon, oder ein Löffel, insbesondere für einen Bagger oder ein Teil davon, insbesondere für Erdbewegungen, oder ein Teil einer Fördervorrichtung, insbesondere zum Fördern von abrasiven Suspensionen oder festen Stoffen.
Kurze Beschreibung der Zeichnung
Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels darstellenden Zeichnung näher erläutert. Es zeigt:
Figur 1) eine perspektivische Darstellung eines Baggerlöffels. Beschreibung der bevorzugten Ausführungsformen
In der einzigen Figur ist ein Baggerlöffel (1) in einer perspektivischen Darstellung gezeigt. Der Baggerlöffel (1) ist eine Schweißkonstruktion, welche aus beispielsweise drei Komponenten (2, 3) zusammengestellt ist, aus einer komplex geformten Halbschale (2) und zwei stoffschlüssig an die Halbschale (2) angebundene Seitenkomponenten (3) zum Erzeugen eines nach einer Seite hin offenen Hohlraums (4), welcher zur Aufnahme eines nicht dargestellten Abraumgutes dient. Entlang des Teilumfangs des Halbzeugs (2) sind vier parallel zueinander verlaufende Verprägungen (2.1) insbesondere zur Verstärkung des Baggerlöffels (1) eingeformt. Durch das Einformen der Verprägungen (2.1) kann die Materialdicke (t) der Halbschale (2) im Vergleich zu einer Halbschale ohne Verprägungen bei gleicher Performance reduziert werden, sodass das Gesamtgewicht des Baggerlöffels (1) reduziert und bei einer maximal zulässigen Last des Auslegers eines Baggers die Beladungsmenge erhöht werden kann.
Die Komponente respektive die Halbschale (2) besteht aus einem Q&P-Stahl mit, neben Fe und herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen, in Gew.-%:
C: 0, 1 - 0,3 %,
Si: 0,5 - 1,8 %, bevorzugt Si: 1,0 - 1,6 %,
Mn: 1,5 - 3,0 %, bevorzugt Mn: 1,9 - 2,7 %,
AI: bis 1,5 %,
N: bis 0,008 %,
P: bis 0,02 %,
S: bis 0,003 %,
optional mit einem oder mehreren Elementen der Gruppe„Cr, Mo, Ni, Nb, Ti, V, B" mit
Cr: bis 0,4 %, bevorzugt Cr: 0, 15 - 0,35 %,
Mo: bis 0,25 %, insbesondere Mo: 0,05 - 0,25 %,
Ni: bis 1,0 %, insbesondere Ni: 0,25 - 1,0 %,
Nb: bis 0,06 %, insbesondere Nb: 0,01 - 0,06 %,
Ti: bis 0,07 %, insbesondere Ti: 0,02 - 0,07 %,
V: bis 0,3 %, insbesondere V: 0, 1 - 0,3 %,
B: bis 0,002 %, insbesondere B: 0,0008 - 0,002 %.
Zur Herstellung eines Q&P-Stahls wird eine Stahllegierung mit der vorgenannten Zusammensetzung erschmolzen und zu einer Bramme oder Dünnbramme vergossen. Die Bramme oder Dünnbramme wird mit einer Temperatur zwischen 1000 und 1300°C durcherwärmt, und zu einem Warmband mit einer Materialdicke zwischen 1,5 und 15 mm warmgewalzt, wobei das Warmwalzen bei einer Warmwalzendtemperatur von > Ac3-100°C (Ac3 abhängig von der Stahlzusammensetzung) beendet wird, gefolgt von einem Abschrecken (Quench-Schritt) des Warmbandes von der Warmwalzendtemperatur mit einer Abkühlrate zwischen 30 und 100 K/s auf eine Quench-Temperatur, mit RT < Quench-Temperatur < Ms + 100°C, wobei RT der Raumtemperatur entspricht und Ms abhängig von der Stahlzusammensetzung ist und wie folgt ermittelt werden kann: Ms [°C] = 462 -273 %C - 26 %Mn - 13 %Cr - 16 %Ni - 30 %Mo. Das auf Quench-Temperatur abgeschreckte Warmband kann optional gewickelt werden. Anschließend wird das Warmband bei einer Temperatur -80°C < Quench-Temperatur < +80°C für eine Dauer zwischen 6 und 2880 min gehalten. Das Warmband wird auf eine Partitioning- Temperatur erwärmt oder bei einer Partioning-Temperatur gehalten, die mindestens der Quench-Temperatur +/- 80°C des Warmbandes und höchstens 500°C beträgt, bei einer Partitioning-Dauer zwischen 30 und 1800 min. Im Falle dass eine Erwärmung auf die
Partitioning-Temperatur stattfindet, beträgt die Aufheizrate höchstens 1 K/s. Anschließend erfolgt die Abkühlung des Warmbandes auf RT.
Das entsprechend hergestellte Warmband aus Q&P-Stahl hat vorzugsweise eine Zugfestigkeit (Rm) zwischen 800 und 1500 MPa, eine Dehngrenze (Re) von oberhalb 700 MPa, eine Bruchdehnung (A50) zwischen 7 und 25% nach DIN EN ISO 6892 und eine sehr gute Umformbarkeit, z. B. eine Lochaufweitung >20% nach DIN ISO 16630. Das Warmband weist vorzugsweise ein Gefüge mit einem Martensitanteil > 85 Flächen-%, bevorzugt > 90 Flächen- % auf, wovon > 50 % angelassener Martensit ist. Der Anteil an Restaustenit liegt bei < 15 Flächen-%, die Anteile an Bainit, polygonalem Ferrit und Zementit betragen jeweils weniger als 5 Flächen-%, wobei eines oder mehrere der Anteile Bainit, polygonales Ferrit und Zementit nicht vorhanden sind. Des Weiteren kann das Warmband gebeizt und/oder mit einem insbesondere anorganischen Korrosionsschutzüberzug und/oder einer organischen Beschich- tung beschichtet sein. Aus dem hergestellten Warmband werden Halbzeuge abgeteilt und zur Herstellung von Komponenten für Verschleißanwendungen bereitgestellt. Die Q&P-Stähle eignen sich für die Herstellung von Komponenten insbesondere mit komplexer Geometrie, beispielsweise für Geometrien mit ein Biegewinkel α von mindestens 60°, insbesondere mindestens 75°, vorzugsweise mindestens 85°, bevorzugt mindestens 90°, besonders bevorzugt mindestens 95°, beispielsweise der Umformgrad der Halbschale (2), und/oder mit einem Biegeverhältnis von r/t<2,5, insbesondere r/t<2,0, vorzugsweise r/t< l,5, wobei t der Materialdicke des Stahls und r dem (Innen-) Biegeradius des Stahls entsprechen, beispielsweise im Bereich der Verprägungen (2.1), s. Figur l. Die Seitenkomponenten (3 können, wenn sie keiner komplexen Formgebung unterzogen werden müssen, aus konventionellen Verschleißstählen bereitgestellt werden.
Die Erfindung ist nicht auf das in der Zeichnung dargestellte Ausführungsbeispiel sowie auf die Ausführungen in der allgemeinen Beschreibung beschränkt. Vielmehr können auch andere Komponenten für beliebige Verschleißanwendungen, die insbesondere eine komplexe Geometrie aufweisen, aus einem Q&P-Stahl hergestellt werden, welche insbesondere kalt geformt, werden, insbesondere Komponenten oder Teile für Bau-, Agrar-, Bergbau-, Transportmaschinen oder Förderanlagen.