Medikament zur Hemmung der Expression eines Zielgens
Die Erfindung betrifft ein Medikament und eine Verwendung zur Hemmung der Expression eines Zielgens.
Aus Jansen, B. et al . , The Lancet, Vol. 356, 2000, S. 1728 bis 1733 ist es bekannt, Antisinn-Oligonukleotide in Dosierungen von 0,6 bis 6,5 mg/kg und Tag Patienten zu verabrei- chen. Eine Dosierung von 0,6 mg/kg und Tag führte zu keiner Verminderung der Konzentration des von dem Zielgen kodierten Proteins. Als biologisch relevant wird eine dauerhafte Plasmakonzentration von über 1 mg/1 erachtet. Dies kann durch eine Dosierung des Antisinn-Oligonukleotids von etwa 2 mg/kg Körpergewicht und Tag erreicht werden. Die Therapie ist nur bei einem Teil der Patienten erfolgreich.
Aus der DE 101 00 586 Cl ist ein Verfahren zur Hemmung der Expression eines Zielgens in einer Zelle mittels RNA- Interferenz bekannt. Dabei wird ein Oligoribonukleotid mit doppelsträngiger Struktur in die Zelle eingeführt. Ein Strang der doppelsträngigen Struktur ist dabei komplementär zum Zielgen. Es ist nicht bekannt, wie ein solches Oligoribonukleotid in vivo zur Hemmung eines Zielgens eingesetzt werden kann .
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Nachteile nach dem Stand der Technik zu beseitigen. Es soll insbesondere ein wirksames Medikament und eine Verwendung zur Hemmung der Ex- pression eines Zielgens bereitgestellt werden.
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1 und 16 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 15 und 17 bis 30.
BESTATIGUNGSKOPIE
Erfindungsgemäß ist ein Medikament zur Hemmung der Expression eines Zielgens vorgesehen, wobei das Medikament in mindestens einer Verabreichungseinheit vorliegt, welche eine zur Hemmung der Expression des Zielgens mittels RNA-Interferenz geeignete doppelstrangige Ribonukleinsäure (dsRNA) enthält. Die dsRNA kann dabei in der Verabreichungseinheit in einer Menge enthalten sein, welche eine Dosierung von höchstens 5 mg pro kg Körpergewicht und Tag ermöglicht. Eine dsRNA liegt vor, wenn die aus einem oder zwei Ribonukleinsäure-Strängen bestehende Ribonukleinsäure eine doppelstrangige Struktur aufweist. Nicht alle Nukleotide der dsRNA müssen kanonische Watson- Crick-Basenpaarungen aufweisen. Insbesondere einzelne nicht komplementäre Basenpaare beeinträchtigen die Wirksamkeit kaum oder gar nicht. Die maximal mögliche Zahl der Basenpaare ist die Zahl der Nukleotide in dem kürzesten in der dsRNA enthaltenen Strang. Das Zielgen kann ein Onkogen, Cytokin-Gen, Idiotyp-Protein-Gen (Id-Protein-Gen) , Priongen, Gen zur Expression von Angiogenese induzierenden Molekülen, von Adhäsions-Molekülen und Zelloberflächenrezeptoren, Gen von Protei- nen, die an metastasierenden und/oder invasiven Prozessen beteiligt sind, Gen von Proteinasen sowie Apoptose- und Zellzy- klus-regulierenden Molekülen, Gen zur Expression des EGF-Re- zeptors, das Multidrug-Resistance 1-Gen (MDRl-Gen) , ein in pathogenen Organismen, vorzugsweise Plasmodien, exprimiertes Gen oder ein Bestandteil eines, insbesondere humanpathogenen, Virus sein.
Die Verabreichungseinheit kann für eine einmalige Verabreichung bzw. Einnahme pro Tag konzipiert sein. Dann ist die ge- samte Tagesdosis in einer Verabreichungseinheit enthalten. Ist die Verabreichungseinheit für eine mehrmalige Verabreichung bzw. Einnahme pro Tag konzipiert, so ist die dsRNA darin in einer entsprechend geringeren das Erreichen der Tagesdosis ermöglichenden Menge enthalten. Die Verabreichungsein- heit kann auch für eine einzige Verabreichung bzw. Einnahme
für mehrere Tage konzipiert sein, z. B. indem die dsRNA über mehrere Tage freigesetzt wird. Die Verabreichungseinheit enthält dann ein entsprechend Mehrfaches der Tagesdosis.
Das Medikament enthält die dsRNA in einer zur Hemmung der Expression des Zielgens in einem damit zu behandelnden Organismus ausreichenden Menge. Das Medikament kann auch so konzipiert sein, dass mehrere Einheiten des Medikaments zusammen die ausreichende Menge in der Summe enthalten. Die ausrei- chende Menge hängt auch von der pharmazeutischen Formulierung des Medikaments ab.
Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass die dsRNA in vivo in der niedrigen Dosierung von höchstens 5 mg pro kg Körper- gewicht und Tag in einem Säugetier oder Menschen hochwirksam ist. Das ist insbesondere auch deshalb überraschend, weil es in Säugetieren und Menschen Mechanismen gibt, welche doppelstrangige Nukleinsäuren als körperfremd erkennen und abbauen.
Vorzugsweise enthält die Verabreichungseinheit die dsRNA in einer Menge, welche eine Dosierung von höchstens 2,5 mg, insbesondere höchstens 200 μg, bevorzugt höchstens 100 μg, besonders bevorzugt höchstens 50 μg , insbesondere höchstens 25 μg, pro kg Körpergewicht und Tag ermöglicht. Es hat es sich nämlich gezeigt, dass die dsRNA sogar in dieser noch niedrigeren Dosierung eine ausgezeichnete Effektivität in der Hemmung der Expression des Zielgens aufweist.
Bei einer Ausgestaltung ist die dsRNA in dem Medikament in einer Zubereitung enthalten, welche, insbesondere ausschließlich, aus einem physiologisch verträglichen Lösungsmittel und der darin gelösten dsRNA besteht. Bei dem Lösungsmittel handelt es sich im Allgemeinen um einen Puffer. Darin können Zusätze enthalten sein, z. B. solche, welche den Puffer physio- logisch verträglicher oder haltbar machen. "Ausschließlich"
bedeutet hier, dass keine Stoffe enthalten sind, welche die Aufnahme der dsRNA in das Zielgen exprimierende Zellen bewirken oder vermitteln. Solche Stoffe sind z. B. micellare Strukturen, insbesondere Liposomen, oder Kapside. Überra- schenderweise hat sich gezeigt, dass eine lediglich in einem physiologisch verträglichen Lösungsmittel gelöste und verabreichte dsRNA von das Zielgen enthaltenen Zellen aufgenommen wird und die Expression des Zielgens hemmt. Obwohl es in der Zellkultur erforderlich ist, dsRNA durch Mikroinjektion, Li- pofektion, Viren, Viroide, Kapside, Kapsoide oder sonstige Hilfsmittel in die Zellen einzuschleusen, ist das in vivo überraschenderweise nicht erforderlich. Das Medikament kann auch ausschließlich aus der genannten Zubereitung bestehen. Ein solches Medikament ist dann beispielsweise zu intravenö- sen Applikationen geeignet.
Bevorzugt ist das Lösungsmittel eine physiologische Kochsalzlösung oder ein physiologisch verträglicher Puffer, insbesondere eine phosphatgepufferte Salzlösung.
Die dsRNA kann in dem Medikament von einer micellaren Struktur, vorzugsweise einem Liposom, einem Kapsid, einem Kapsoid oder einer polymeren Nano- oder Mikrokapsel umschlossen oder an einer polymeren Nano- oder Mikrokapsel gebunden vorliegen. Eine micellare Struktur, ein Kapsid, ein Kapsoid oder eine polymere Nano- oder Mikrokapsel kann die Aufnahme der dsRNA in Zellen erleichtern. Die dsRNA kann von einem viralen natürlichen oder einem auf chemischem oder enzymatischem Wege hergestellten künstlichen Kapsid oder einer davon abgeleite- ten Struktur eingeschlossen sein. Die polymere Nano- oder Mikrokapsel besteht aus mindestens einem biologisch abbaubaren Polymer, z.B. Polybutylcyanoacrylat . Die polymere Nano- oder Mikrokapsel kann darin enthaltene oder daran gebundene dsRNA im Körper transportieren und freisetzen.
Die dsRNA kann oral, mittels Inhalation, Infusion oder Injektion, insbesondere intravenöser, intraperitonealer oder in- tratumoraler Infusion oder Injektion, verabreicht werden. Bei einer Ausgestaltung weist das Medikament daher eine Zuberei- tung auf, die zur Inhalation, oralen Aufnahme, Infusion oder Injektion, insbesondere zur intravenösen, intraperitonealen oder intratumoralen Infusion oder Injektion, geeignet ist. Wie eine solche Zubereitung hergestellt werden kann, ist aus der Pharmazie bekannt. Eine zur Inhalation, Infusion oder In- jektion geeignete Zubereitung kann im einfachsten Fall aus einem physiologisch verträglichen Lösungsmittel, vorzugsweise einer physiologischen Kochsalzlösung oder einem physiologisch verträglichen Puffer, insbesondere einer phosphatgepufferten Salzlösung, und der dsRNA bestehen.
Vorzugsweise weist ein Strang Sl der dsRNA einen zum Zielgen zumindest abschnittsweise komplementären, insbesondere aus weniger als 25 aufeinander folgenden Nukleotiden bestehenden, Bereich auf. Unter dem "Zielgen" wird im Allgemeinen der DNA- Strang der doppeisträngigen für ein Protein kodierenden DNA verstanden, welcher komplementär zu einem bei der Transkription als Matrize dienenden DNA-Strang einschließlich aller transkribierten Bereiche ist. Bei dem Zielgen handelt es sich also im Allgemeinen um den Sinn-Strang. Der Strang Sl kann somit komplementär zu einem bei der Expression des Zielgens gebildeten RNA-Transkript oder dessen Prozessierungsprodukt, wie z.B. einer mKNA, sein. Bei dem Zielgen kann es sich aber auch um einen Teil eines viralen Genoms handeln. Das virale Genom kann auch das Genom eines (+) -Strang-RNA-Virus, insbe- sondere eines Hepatitis C-Virus, sein.
Der komplementäre Bereich der dsRNA kann 19 bis 24, bevorzugt 20 bis 24, besonders bevorzugt 21 bis 23, insbesondere 22 oder 23, Nukleotide aufweisen. Eine dsRNA mit dieser Struktur ist besonders effizient in der Inhibition des Zielgens. Der
Strang Sl der dsRNA kann weniger als 30, vorzugsweise weniger als 25, besonders vorzugsweise 21 bis 24, insbesondere 23, Nukleotide aufweisen. Die Zahl dieser Nukleotide ist zugleich die Zahl der in der dsRNA maximal möglichen Basenpaare. Eine solche dsRNA ist intrazellulär besonders beständig.
Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn zumindest ein Ende der dsRNA einen aus 1 bis 4, insbesondere 2 oder 3, Nukleotiden gebildeten einzelsträngigen Überhang auf- weist. Eine solche dsRNA weist gegenüber einer dsRNA ohne einzelsträngige Überhänge an mindestens einem Ende eine bessere Wirksamkeit bei der Hemmung der Expression des Zielgens auf. Ein Ende ist dabei ein Bereich der dsRNA, in welchem ein 5'- und ein 3 ' -Strangende vorliegen. Eine nur aus dem Strang Sl bestehende dsRNA weist demnach eine Schleifenstruktur und nur ein Ende auf . Eine aus dem Strang Sl und einem Strang S2 gebildete dsRNA weist zwei Enden auf. Ein Ende wird dabei jeweils von einem auf dem Strang Sl und einem auf dem Strang S2 liegenden Strangende gebildet.
Vorzugsweise befindet sich der einzelsträngige Überhang am 3 ' -Ende des Strangs Sl . Diese Lokalisation des einzelsträngigen Überhangs führt zu einer weiteren Steigerung der Effizienz des Medikaments. In einem Ausführungsbeispiel weist die dsRNA nur an einem, insbesondere dem am 3 ' -Ende des Strangs Sl gelegenen, Ende einen einzelsträngigen Überhang auf. Das andere Ende ist bei einer zwei Enden aufweisenden dsRNA glatt, d.h. ohne Überhänge, ausgebildet. Überraschenderweise hat es sich gezeigt, dass zur Verstärkung der Interferenz- Wirkung der dsRNA ein Überhang an einem Ende der dsRNA ausreichend ist, ohne dabei die Stabilität in einem solchen Maße zu erniedrigen wie durch zwei Überhänge. Eine dsRNA mit nur einem Überhang hat sich sowohl in verschiedenen Zellkulturmedien als auch in Blut, Serum und Zellen als hinreichend be- ständig und besonders Wirksam erwiesen. Die Hemmung der Ex-
pression ist besonders effektiv, wenn sich der Überhang am 3 ' -Ende des Strangs Sl befindet. Es ist daher insbesondere bei einer dsRNA mit einem oder zwei glatten Ende/n ausreichend, wenn die Verabreichungseinheit die dsRNA in einer Men- ge enthält, welche eine Dosierung von höchstens 100 μg, bevorzugt höchstens 50 μg, insbesondere höchstens 25 μg, pro Tag und kg Körpergewicht ermöglicht.
Vorzugsweise weist die dsRNA neben dem Strang Sl einen Strang S2 auf, d.h. sie ist aus zwei Einzelsträngen gebildet. Besonders wirksam ist das Medikament, wenn der Strang Sl (Anti- sinn-Strang) eine Länge von 23 Nukleotiden, der Strang S2 eine Länge von 21 Nukleotiden und das 3 ' -Ende des Strangs Sl einen aus zwei Nukleotiden gebildeten einzelsträngigen Über- hang aufweist. Das am 5 ' -Ende des Strangs Sl gelegene Ende der dsRNA ist dabei glatt ausgebildet. Der Strang Sl kann zum primären oder prozessierten RNA-Transkript des Zielgens komplementär sein.
Erfindungsgemäß ist weiterhin die Verwendung einer doppel- strängigen Ribonukleinsäure in einer Dosierung von höchstens 5 mg pro kg Körpergewicht und Tag zur Hemmung der Expression eines Zielgens mittels RNA-Interferenz in einem Säugetier oder Menschen vorgesehen.
Wegen der vorteilhaften Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verwendung wird auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen beispielhaft erläutert. Als Abkürzung der Konzentrationsangabe "mol/1" wird dabei "M" verwendet. Es zeigen:
Fig. 1 GFP-spezifische Immunoperoxidase-Färbung an Nieren- Paraffinschnitten transgener GFP-Mäuse,
Fig. 2 GFP-spezifische Immunoperoxidase-Färbung an Herz- Paraffinschnitten transgener GFP-Mäuse,
Fig. 3 GFP-spezifische Immunoperoxidase-Färbung an Pankre- as-Paraffinschnitten transgener GFP-Mäuse,
Fig. 4 Western-Blot-Analyse der GFP-Expression im Plasma,
Fig. 5 Western-Blot-Analyse der GFP-Expression in der Niere,
Fig. 6 Western-Blot-Analyse der GFP-Expression im Herz,
Fig. 7 Prozentuale GFP-Expression (FACS-Analyse) im Blut GFP-transgener Mäuse nach Behandlung mit spezifischer (GFP-Gruppe) und unspezifischer (Kontrollgruppe) dsRNA,
Fig. 8 Darstellung der GFP-Expression (FACS-Analyse) im Blut der Einzeltiere nach Behandlung mit spezifischer (GFP-Gruppe) und unspezifischer (Kontrollgruppe) dsRNA,
Fig. 9 Auswertung einer FACS-Analyse der exprimierten
Oberflächenmarker-Proteine CDllb, CD3 , CD4, CD8a und CD19 und
Fig. 10 Western Blot-Analyse der GFP-Expression im Blut der mit spezifischer dsRNA behandelten Tiere 4-7 (GFP-
Gruppe, 4 Spuren links) und der mit unspezifischer dsRNA behandelten Tiere 3-6 (Kontrollgruppe, 4 Spuren rechts) .
Die eingesetzten doppelsträngigen Oligoribonukleotide weisen folgende Sequenzen auf :
Es wurde "GFP-Labormäusen" , die das Grün-fluoreszierende Protein (GFP) in allen Proteinbiosynthese betreibenden Zellen exprimieren, doppelstrangige RNA (dsRNA) , die aus der GFP- Sequenz abgeleitet wurde, bzw. unspezifische dsRNA intravenös in die Schwanzvene injiziert. Die unspezifische dsRNA hat weder zum GFP-Gen noch zu einem im Menschen oder der Maus vorkommenden Gen eine Homologie. Am Versuchsende wurden die Tiere getötet und die GFP-Expression in Gewebeschnitten und im Plasma analysiert.
Versuchsprotokoll :
Synthese der dsRNA:
Mittels eines RNA-Synthesizers (Typ Expedite 8909, Applied Biosystems, Weiterstadt, Deutschland) und herkömmlicher chemischer Verfahren wurden die aus dem Sequenzprotokoll ersichtlichen RNA-Einzelstränge und die zu ihnen komplementären RNA-Einzelstränge synthetisiert. Anschließend erfolgte die
Reinigung der rohen Syntheseprodukte mit Hilfe der HPLC. Als Säulen wurden NucleoPac PA-100, 9x250 mm der Fa. Dionex GmbH, Am Wörtzgarten 10, 65510 Idstein, Deutschland, verwendet; eingesetzter Niedrigsalz-Puffer: 20 mM Tris, 10 mM NaC10 , pH 6,8, 10% Acetonitril; eingesetzter Hochsalz-Puffer 20 mM Tris, 400 mM NaC10 , pH 6,8, 10% Acetonitril. Der Fluss betrug 3 ml/Minute. Die Hybridisierung der Einzelstränge zum Doppelstrang erfolgte durch Erhitzen des stöchio etrischen Gemischs der Einzelstränge in 10 mM Natriumphosphatpuffer, pH 6,8, 100 mM NaCl, auf 80-90°C und nachfolgendes langsames Abkühlen über 6 Stunden auf Raumtemperatur.
Versuchstierhaltung und Versuchsdurchführung: Es wurde der transgene Labormausstamm TgN (GFPU) 5Nagy (The Jackson Laboratory, Bar Harbor, ME, USA) verwendet, der GFP (mit einem beta-Aktin-Promotor und einem CMV intermediate early enhancer) in allen bisher untersuchten Zellen expri- miert (Hadjantonakis AK et al . , 1993, Mech. Dev. 76: 79-90; Hadjantonakis AK et al . , 1998 Nature Genetics 19: 220-222). GFP-transgene Mäuse lassen sich eindeutig anhand der Fluoreszenz (mit einer UV-Handlampe) von den entsprechenden Wildtypen (WT) unterscheiden. Für die Versuche wurden GFP-hetero- zygote Tiere verwendet. Diese wurden gezüchtet, indem jeweils ein entsprechendes WT-Tier mit einem heterozygoten GFP-Typ- Tier verpaart wurde.
Die Versuchsdurchführung erfolgte gemäß den deutschen Tier- schutzbeStimmungen. Die Tiere wurden unter kontrollierten Um- weltbedingungen in Gruppen von 3-5 Tieren in Typ III Makro- lon-Käfigen der Fa. Ehret, Emmendingen, Deutschland bei einer konstanten Temperatur von 22°C und einem Hell-Dunkel-Rhythmus von 12 h gehalten. Als Sägemehleinstreu wurde Weichholzgranu- lat 8/15 der Fa. Altromin, Lage, Deutschland verwendet. Die Tiere erhielten Leitungswasser und Standardfutter Altromin 1324 pelletiert der Fa. Altromin ad libidum.
Erster in vivo-Versuch:
Für die Versuchsdurchführung wurden die heterozygoten GFP- Tiere zu je 3 Tieren gruppenweise in Käfigen wie oben beschrieben gehalten. Die Injektionen der dsRNA-Lösung erfolgten intravenös (i.v.) in die Schwanzvene im 12 h-Turnus (zwischen 530 und 700 sowie zwischen 1730 und 1900 Uhr) über 5 Tage hinweg. Das Injektionsvolumen betrug 60 μl pro 10 g Körpergewicht und die Dosis betrug 2,5 mg dsRNA bzw. 50 μg pro kg Körpergewicht. Die Einteilung in die Gruppen war wie folgt:
Gruppe A: PBS (phosphate buffered saline) je 60 μl pro 10 g Körpergewicht,
Gruppe B : 2,5 mg pro kg Körpergewicht einer unspezifischen Kontroll-dsRNA (Kl-Kontrolle mit glatten Enden und einem Doppelstrangbereich von 22 Nu- kleotidpaaren) ,
Gruppe C: 2,5 mg pro kg Körpergewicht einer weiteren unspezifischen Kontroll-dsRNA (K3-Kontrolle mit 2-Nukleotid(nt) -Überhängen an beiden 3 ' -Enden und einem Doppelstrangbereich von 19 Nukleo- tidpaaren) ,
Gruppe D: 2 , 5 mg pro kg Körpergewicht dsRNA (spezifisch gegen GFP gerichtet, im Weiteren als Sl bezeichnet, mit glatten Enden und einem Doppelstrangbereich von 22 Nukleotidpaaren) ,
Gruppe E : 2,5 mg dsRNA pro kg Körpergewicht (spezifisch gegen GFP gerichtet, im Weiteren als S7 bezeichnet, mit 2nt-Überhängen an den 3 ' -Enden beider Stränge und einem Doppelstrangbereich von 19 Nukleotidpaaren)
Gruppe F: 50 μg Sl-dsRNA pro kg Körpergewicht (also 1/50 der Dosis der Gruppe D) .
Nach der letzten Injektion von insgesamt 10 Injektionen wurden die Tiere nach 14-20 h getötet und Organe und Blut wie beschrieben entnommen.
Organentnahme : Sofort nach dem Töten der Tiere durch C0-Inhalation wurden Blut und verschiedene Organe entnommen (Thymus, Lunge, Herz, Milz, Magen, Darm, Pankreas, Gehirn, Niere und Leber). Die Organe wurden kurz in kaltem, sterilem PBS gespült und mit einem sterilen Skalpell zerteilt. Ein Teil wurde für immunhi- stochemische Färbungen in Methyl Carnoys (MC, 60% Methanol, 30% Chloroform, 10% Eisessig) für 24 h fixiert, ein Teil für Gefrierschnitte und für Proteinisolierungen sofort in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bei -80°C gelagert und ein weiterer, kleinerer Teil wurde für RNA-Isolierungen in RNA- easy-Protect (QIAGEN GmbH, Max-Volmer-Straße 4, 40724 Hilden) bei -80°C eingefroren. Das Blut wurde sofort nach der Entnahme für 30 min auf Eis gehalten, gemixt, 5 min bei 2000 Umdrehungen pro Minute (Mini spin, Eppendorf AG, Barkhausenweg 1, 22331 Hamburg, Deutschland) zentrifugiert, der Überstand ab- genommen und bei -80°C gelagert (hier als Plasma bezeichnet) .
Prozessieren der Biopsien:
Nach 24 h Fixierung der Gewebe in MC wurden die Gewebestücke in einer aufsteigenden Alkoholreihe bei RT (Raumtemperatur) dehydriert: je 40 min 70% Methanol, 80% Methanol, 2 x 96%
Methanol und 3 x 100% Isopropanol. Danach wurden die Gewebe in 100% Isopropanol auf 60°C im Brutschrank erwärmt, nachfolgend für 1 h in einem Isopropanol/Paraffin-Gemisch bei 60°C und 3 x für 2 h in Paraffin inkubiert und sodann in Paraffin eingebettet. Für Immunperoxidase-Färbungen wurden mit einem
Rotationsmikrotom (Leica Microsystems Nussloch GmbH, Heidelberger Str. 17 - 19, D-69226 Nussloch, Deutschland) Gewebeschnitte von 3 μm Schnittdicke angefertigt, auf Objektträger (Superfrost, Fa. Vogel GmbH & Co. KG, Medizinische Technik und Elektronik, Marburger Straße 81, 35396 Gießen, Deutschland) aufgezogen und für 30 min bei 60°C im Brutschrank inkubiert .
Immunperoxidase-Färbung gegen GFP: Die Schnitte wurden 3 x 5 min in Xylol deparaffiniert , in einer absteigenden Alkoholreihe (3 x 3 min 100% Ethanol, 2 x 2 min 95% Ethanol) rehydriert und danach 20 min in 3% H202/Methanol zum Blocken endogener Peroxidasen inkubiert. Alle Inkubationsschritte wurden im Folgenden in einer feuchten Kam- mer durchgeführt. Nach 3 x 3 min Waschen mit PBS wurde mit einem ersten Antikörper (Ziege anti-GFP-Antikörper, sc-5384, Santa Cruz Biotechnology, Inc., Bergheimer Str. 89-2, 69115 Heidelberg, Deutschland) 1:500 in 1% BSA/PBS über Nacht bei 4°C inkubiert. Die Inkubation mit dem biotinylierten Sekun- därantikörper (Esel anti-Ziegen IgG; Santa Cruz Biotechnology; 1:2000 Verdünnung) erfolgte für 30 min bei RT, danach wurde für 30 min mit Avidin D Peroxidase (1 : 2000-Verdünnung, Vector Laboratories, 30 Ingold Road, Burlingame, CA 94010, USA) inkubiert. Nach jeder Antikörperinkubation wurden die Schnitte 3 x 3 min in PBS gewaschen und Pufferreste mit Zellstoff von den Schnitten entfernt. Alle Antikörper wurden in 1% Rinderserumalbumin (BSA) /PBS verdünnt. Die Färbung mit 3 , 3 ' -Diaminobenzidin (DAB) wurde mit dem DAB Substrat Kit (Vector Laboratories) nach Herstellerangaben durchgeführt. Als nukleare Gegenfärbung wurde Hämatoxylin III nach Gill
(Merck KgaA, Frankfurter Str. 250, D-64293 Darmstadt) verwendet. Nach der Dehydrierung in einer aufsteigenden Alkoholreihe und 3 x 5 min Xylol wurden die Schnitte mit Entellan (Merck) eingedeckt. Die mikroskopische Auswertung der Färbung erfolgte mit dem 1X50 Mikroskop der Fa. OLYMPUS Optical
Co. (Europa) GmbH, Wendenstr. 14-18, D-20097 Hamburg, Deutschland ausgestattet mit einer CCD-Camera (Hamamatsu Photonics K.K., Systems Division, 812 Joko-cho Hamamtsu City, 431-3196 Japan) .
Proteinisolierung aus Gewebestücken:
Zu den noch gefrorenen Gewebestücken wurden jeweils 800 μl Isolierungspuffer (50 M HEPES, pH 7,5; 150 mM NaCl; 1 mM ED- TA; 2,5 mM EGTA; 10% Glycerol; 0,1% Tween; 1 mM DTT; 10 mM ß- Glycerol-Phosphat; 1 mM NaF; 0,1 M Na3V04 mit einer Protea- se-Inhibitor-Tablette "Co plete" der Fa. Röche Diagnostics GmbH, Röche Applied Science, Sandhofer Str. 116, 68305 Mannheim) zugegeben und 2 x 30 Sekunden mit einem Ultraturrax (DIAX 900, Dispergierwerkzeug 6G, HEIDOLPH Instruments GmbH & Co. KG, Walpersdorfer Straße 12, D-91126 Schwabach) homogenisiert, dazwischen auf Eis abgekühlt. Nach 30 Minuten Inkubation auf Eis wurde gemischt und für 20 Minuten bei 10000 x g, 4°C, zentrifugiert (3K30, SIGMA Laborzentrifugen GmbH, An der Unteren Söse 50, D - 37507 Osterode am Harz) . Der Überstand wurde erneut 10 Minuten auf Eis inkubiert, gemischt und 20
Minuten bei 15000 x g, 4°C, zentrifugiert. Mit dem Überstand wurde eine Proteinbestimmung nach Bradford, 1976, modifiziert nach Zor & Selinger, 1996, mit dem Roti-Nanoquant-System der Fa. Carl Roth GmbH & Co., Schoe perlenstr . 1-5, 76185 Karls- ruhe, Deutschland nach den Angaben des Herstellers durchgeführt. Für die Protein-Eichgerade wurde BSA (bovines Serumalbumin) in Konzentrationen von 10 bis 100 μg/ml eingesetzt.
SDS-Gelelektrophorese : Die elektrophoretische Auftrennung der Proteine erfolgte in einer Multigel-Long Elektrophoresekammer der Fa. Whatman Biometra GmbH, Rudolf-Wissell-Str. 30, 37079 Göttingen, Deutschland mittels einer denaturierenden, diskontinuierlichen 15% SDS-PAGE (Polyacrylamid Gelelektrophorese) nach Lä mli (Na-
ture 277: 680-685, 1970). Dazu wurde zunächst ein Trenngel mit 1,5 mm Dicke gegossen: 7 , 5 ml Acrylamid/Bisacrylamid (30%, 0,9%), 3,8 ml 1,5 M Tris/HCl, pH 8,4, 150 μl 10% SDS, 3,3 ml Aqua bidest., 250 μl Ammoniumpersulfat (10%), 9 μl TE- MED (N,N,N' ,N' -Tetramethylendiamin) und bis zum Auspolymeri- sieren mit 0,1% SDS überschichtet. Danach wurde das Sammelgel gegossen: 0,83 μl Acrylamid/Bisacrylamid (30%/0,9%), 630 μl 1 M Tris/HCl, pH 6,8, 3,4 ml Aqua bidest., 50 μl 10% SDS, 50 μl 10% Ammoniumpersulfat, 5 μl TEMED.
Vor dem Auftrag auf das Gel wurden die Proteine mit einer entsprechenden Menge an 4-fach Probenpuffer (200 mM Tris, pH 6,8, 4% SDS, 100 mM DTT (Dithiotreithol) , 0,02% Bromphenolblau, 20% Glycerin) versetzt, für 5 min im Heizblock bei 100°C denaturiert, nach dem Abkühlen auf Eis kurz abzentrifu- giert und auf das Gel aufgetragen. Pro Bahn wurde die gleichen Plasma- bzw. Proteinmengen eingesetzt (je 3μl Plasma bzw. 25 μg Gesamtprotein) . Die Elektrophorese erfolgte wassergekühlt bei RT und konstant 50 V. Als Längenstandard wurde der Proteingelmarker Kaleidoscope Prestained Standard der
Firma Bio-Rad Laboratories GmbH, Heidemannstraße 164, 80939 München, Deutschland verwendet.
Western Blot und Immundetektion: Der Transfer der Proteine vom SDS-PAGE auf eine PVDF (Polyve- nyldifluorid) -Membran (Hybond-P, Amersham Biosciences Europe GmbH, Munzinger Str. 9, D-79111 Freiburg, Deutschland) erfolgte im semi-dry Verfahren nach Kyhse-Anderson (J. Biochem. Biophys. Methods 10: 203-210, 1984) bei RT und einer konstan- ten Stromstärke von 0,8 A/cm2 für 1,5 h. Als Transferpuffer wurde ein Tris/Glycin-Puffer eingesetzt (39 M Glycin, 46 mM Tris, 0,1 % SDS und 20% Methanol). Zum Überprüfen des elek- trophoretisehen Transfers wurden sowohl die Gele nach dem Blotten als auch die Blotme branen nach der Immundetektion mit Coomassie (0,1% Coomassie G250, 45% Methanol, 10% Eises-
sig) gefärbt. Zum Absättigen unspezifischer Bindungen wurde die Blotmembran nach dem Transfer in 1% Magermilchpulver/PBS für 1 h bei RT inkubiert. Danach wurde je dreimal für 3 min mit 0,1% Tween-20/PBS gewaschen. Alle nachfolgenden Antikör- perinkubationen und Waschschritte erfolgten in 0,1% Tween- 20/PBS. Die Inkubation mit dem Primärantikörper (Ziege anti- GFP-Antikörper, sc-5384, Santa Cruz Biotechnology) in einer Verdünnung von 1:1000 erfolgte für 1 h bei RT. Danach wurde 3 x 5 min gewaschen und für 1 h bei RT mit einem Sekundäranti- körper (Esel anti-Ziege IgG, mit Meerrettich-Peroxidase markiert, Santa Cruz Biotechnology) in einer Verdünnung von 1:10000 inkubiert. Die Detektion erfolgte mit dem ECL-System der Fa. Amersham nach den Angaben des Herstellers.
In den Fig. 1 bis 3 ist die Inhibition der GFP-Expression nach intravenöser Injektion von spezifisch gegen GFP gerichteter dsRNA mittels Immunperoxidase-Färbungen von GFP an 3 μm Paraffinschnitten dargestellt. Im Versuchsverlauf wurde gegen GFP gerichtete dsRNA mit einem doppelsträngigen Bereich von 22 Nukleotid- (nt) paaren ohne Überhänge an den 3 ' -Enden (D) und die entsprechende unspezifische Kontroll-dsRNA (B) sowie spezifisch gegen GFP gerichtete dsRNA mit einem 19 Nukleo- tidpaare umfassenden Doppelstrangbereich mit 2nt-Überhängen an den 3 ' -Enden (E) und die entsprechende unspezifische Kon- troll-dsRNA (C) im 12 Stunden-Turnus über 5 Tage hinweg appliziert. (F) erhielt 1/50 der Dosis von Gruppe D. Als weitere Kontrolle wurden Tiere ohne dsRNA-Gabe (A) bzw. WT-Tiere untersucht. Die Fig. 1 zeigt die Inhibition der GFP-Expression in Nierenschnitten, Fig. 2 in Herz- und Fig. 3 in Pan- kreasgewebe. In den Fig. 4 bis 6 sind Western Blot-Analysen der GFP-Expression in Plasma und Geweben dargestellt . In der Fig. 4 ist die Inhibition der GFP-Expression im Plasma, in Fig. 5 in der Niere und in Fig. 6 im Herz gezeigt. In Fig. 6 sind Gesamtproteinisolate aus verschiedenen Tieren aufgetra- gen. Es wurden jeweils gleiche Gesamtproteinmengen pro Bahn
aufgetragen. In den Tieren, denen unspezifische Kontroll- dsRNA verabreicht wurde (Tiere der Gruppen B und C) , ist die GFP-Expression gegenüber Tieren, die keinerlei dsRNA erhielten, nicht reduziert. Tiere, die spezifisch gegen GFP gerich- tete dsRNA mit 2nt-Überhängen an den 3 ' -Enden beider Stränge und einen 19 Nukleotidpaare umfassenden Doppelstrangbereich erhielten, zeigten eine signifikant inhibierte GFP-Expression in den untersuchten Geweben (Herz, Niere, Pankreas und Blut) , verglichen mit unbehandelten Tieren (Fig. 1 bis 6) . Bei den Tieren der Gruppen D und F, denen spezifisch gegen GFP gerichtete dsRNA mit glatten Enden und einem 22 Nukleotidpaare umfassenden Doppelstrangbereich appliziert wurde, zeigten nur jene Tiere, die die dsRNA in einer Dosis von 50 μg/kg Körpergewicht pro Tag erhielten, eine spezifische Inhibition der GFP-Expression, die allerdings weniger deutlich ausgeprägt war als die der Tiere in Gruppe E.
Die zusammenfassende Auswertung von GFP-Inhibition in den Gewebeschnitten und im Western Blot ergibt, dass die Inhibition der GFP-Expression im Blut und in der Niere am stärksten ist (Fig. 1, 4 und 5) .
Zweiter in vivo-Versuch:
In einer Zusatzstudie wurde untersucht, ob sich die im ersten Versuch als wirksam erwiesene in vivo applizierte Dosierung von 5 mg/kg Körpergewicht (KG) und Tag weiter reduzieren lässt. Dazu wurde für die intravenöse Injektion in die Schwanzvene der GFP-transgenen Mäuse die 200-fach geringere Dosierung von 25 μg/kg KG und Tag gewählt. Es wurde das aus der GFP-Sequenz abgeleitete GFP-spezifische dsRNA-Konstrukt S7/S11 verwendet, das sich in in vitro-Transkriptionen als besonders effektiv erwiesen hatte. Als unspezifische Kon- troll-dsRNA wurde K4 verwendet. K4 weist die gleiche Konstruktion wie S7/S11 auf (dsRNA mit 21 Basenpaarungen und ei- nem 2nt-Überhang am 3 ' -Ende des Antisinnstrangs Sl) . Die Se-
quenz von K4 ist aus dem 5 ' -Ende des Neomycin-Resistenzgens abgeleitet.
Um die Wirksamkeit der GFP-spezifischen dsRNA zu untersuchen, wurde nach Versuchsende im Blut der prozentuale Anteil der GFP-positiven Ly phozyten mittels FACS-Analyse (Fluorescence Activated Cell Sorting) ermittelt, sowie die GFP-Expression im Gesamtblut durch Western Blot-Analyse untersucht.
Während der Versuchsdurchführung wurden die heterozygoten
GFP-Versuchstier zu je 2 bis 3 Tieren gruppenweise in Käfigen wie oben beschrieben gehalten. Die Injektionen erfolgten in Impfkäfigen ohne Betäubung einmal täglich, morgens, intravenös (i.v.) in die Schwanzvene über einen Zeitraum von 21 Ta- gen hinweg. Das Injektionsvolumen betrug 60 μl pro 10 g Körpergewicht und die Dosis betrug 25 μg dsRNA (GFP-spezifische dsRNA) bzw. 250 μg dsRNA (unspezifische Kontroll-dsRNA K4) pro kg Körpergewicht. Die Versuchstiere wurden in zwei Gruppen eingeteilt:
Die GFP-Gruppe bestand aus 7 Tieren, die 25 μg/kg Körpergewicht der GFP-spezifischen dsRNA S7/S11 erhielten. Die Kontrollgruppe, bestehend aus 6 Tieren, erhielt die unspezifische Kontroll-dsRNA K4 in einer Konzentration von 250 μg/kg Körpergewicht. Nach der letzten Injektion am Tag 21 wurden die Tiere genau 24 Stunden später, am Tag 22, mit C02 getötet, der Bachraum geöffnet und mittels Herzpunktion mit einer Kanüle sofort Blut entnommen. Ca. 100 μl Vollblut wurden ohne weitere Behandlung für Western Blot-Analysen in flüssigem Stickstoff schockgefroren. Der größte Teil des Blutes wurde zur Inhibition der Blutgerinnung 1:1 mit 100 mM Natriumeitrat versetzt, vorsichtig gemischt, und bis zur FACS-Analyse bei RT im Dunkeln aufbewahrt.
FACS-Analyse:
Vor der FACs-Analyse wurde eine Erythrolyse durchgeführt, die automatisiert mit dem Immunoprep Reagenz Kit der Fa. Beckman Coulter GmbH - Diagnostics, Siemenstrasse 1, D-85716, Unter- schleissheim, Deutschland am Coulter® Q-Prep™ (Fa. Beckman Coulter GmbH) nach Herstellerprotokoll vorgenommen wurde. Dazu wurden je 100 μl des mit Natriumeitrat versetzten Bluts, die in ein 5 ml-FACS-Röhrchen mit Rundboden pipettiert wur- den, verwendet. Die Bestimmung der GFP-exprimierenden Zellen erfolgte am Durchflusscytometer Coulter® EPICS XL™ der Fa. Beckman Coulter GmbH.
Zusätzlich wurde mittels direkter Färbung und anschließender FACS-Analyse eine quantitative Analyse der B- und T-Zellen sowie der Granulozyten/ Makrophagen/ Monozyten vorgenommen. Folgende Phycoerythrin-markierten monoklonale Antikörper wurden verwendet :
Als Marker für B-Lymphozyten Ratten-anti-Maus CD19 (Clone 1D3),
als Marker für Granulozyten, Makrophagen, Monozyten CDU (Clone Ml/70) ,
als Marker für T-Lymphozyten Ratten anti-Maus CD3 (Clone 17A2) ,
und zur weiteren Differenzierung der T-Zellen:
CD4 (Clone GK1.5) als Marker für natürliche Killer T-Zellen und
CD8a (Clone 53-6.7) als Marker für zytotoxische T-Zellen.
Alle Antikörper wurden von BD Biosciences, Tullastrasse 8-12, 69126 Heidelberg, Deutschland bezogen. Die Färbungen mit den entsprechenden Antikörpern wurden vor der oben beschriebenen Erythrolyse durchgeführt. Dazu wurden je 10 μl Antikörper in 5 ml FACS-Röhrchen vorgelegt und 100 μl Blut dazupipettiert, für 30 min bei RT abgedunkelt inkubiert, und nach der Erythrolyse eine 2-Farben-Fluoreszenzmessung durchgeführt (Anregungswellenlänge: 488 nm) . Als Kontrolle wurde zusätzlich das Blut von zwei völlig unbehandelten GFP-Tieren analy- siert. Die Werte der prozentualen GFP-Expression für jedes Einzeltier ergeben sich somit aus dem Mittelwert von 6 Einzelmessungen (eine 1-Farben-Fluoreszenzmessung ohne Färbung und je 5 2-Farben-Fluoreszenzmessungen mit Antikörperfär- bung) .
SDS-Gelelektrophorese :
Die elektrophoretische Auftrennung erfolgte in einer Multi- gel-Long Elektrophoresekammer von Biometra mit einer denatu- rierenden, diskontinuierlichen 15% SDS-PAGE (Polyacrylamid
Gelelektrophorese) nach Lämmli (Nature 277: 680-685, 1970). Dazu wurde zunächst ein Trenngel mit 1,5 mm Dicke gegossen: 7,5 ml Acrylamid/Bisacrylamid (30%, 0,9%), 3,8 ml 1,5 M Tris/HCl, pH 8,4, 150 μl 10% SDS, 3 , 3 ml Aqua bidest., 250 μl Ammoniumpersulfat (10%), 9 μl TEMED (N,N,N' ,N' -Tetramethyl- endiamin) und bis zum Auspolymerisieren mit 0,1% SDS überschichtet. Danach wurde das Sammelgel gegossen: 0,83 μl Acrylamid/Bisacrylamid (30%/0,9%), 630 μl 1 M Tris/HCl, pH 6,8, 3,4 ml Aqua bidest., 50 μl 10% SDS, 50 μl 10% Ammoniumpersul- fat, 5 μl TEMED.
Vor dem Auftrag auf das Gel wurde das Vollblut mittels Ultraschall aufgeschlossen, mit einer entsprechenden Menge an 4- fach Probenpuffer (200 M Tris, pH 6,8, 4% SDS, 100 mM DTT (Dithiotreithol) , 0,02% Bromphenolblau, 20% Glycerin) ver-
setzt, für 5 min im Heizblock bei 100°C denaturiert, nach dem Abkühlen auf Eis kurz abzentrifugiert und auf das Gel aufgetragen. Es wurden pro Bahn je 2 μl Vollblut eingesetzt. Der Lauf erfolgte wassergekühlt bei RT und einer konstanten elek- trischen Spannung von 50 V. Als Längenstandard wurde der Pro- teingelmarker Kaleidoscope Prestained Standard der Firma Bio- Rad verwendet .
Western Blot: Der Transfer der Proteine vom SDS-PAGE auf eine PVDF (Polyve- nyldifluorid) -Membran (Hybond-P, Amersham) erfolgte im semi- dry Verfahren nach Kyhse-Anderson (J. Bioche . Biophys . Me- thods 10: 203-210, 1984) bei RT und einer konstanten Stromstärke von 0,8 mA/cm2 für 1,5 h. Als Transferpuffer wurde ein Tris/Glycin-Puffer eingesetzt (39 mM Glycin, 46 mM Tris, 0,1 % SDS und 20% Methanol) . Zum Überprüfen des elektrophoreti- schen Transfers wurden sowohl die Gele nach dem Blotten als auch die Blotmembranen nach der Immundetektion mit Coomassie (0,1% Coomassie G250, 45% Methanol, 10% Eisessig) gefärbt. Zum Absättigen unspezifischer Bindungen wurde die Blotmembran nach dem Transfer in 1% Mager ilchpulver/PBS für 1 h bei RT inkubiert. Danach wurde je dreimal je 3 min mit 0,1% Tween- 20/PBS gewaschen. Alle nachfolgenden Antikörperinkubationen und Waschschritte erfolgten in 0,1% Tween-20/PBS . Die Inkuba- tion mit dem Primärantikörper gegen GFP (polyklonaler Ziege anti-GFP-Antikörper, sc-5384, Santa Cruz Biotechnology) in einer Verdünnung von 1:2000 erfolgte für 1 h bei RT zusammen mit dem Aktinantikörper (polyklonaler Ziege-anti-Aktin-Anti- körper, sc-1615, Santa Cruz Biotechnology) in einer Verdün- nung von 1:1000. Danach wurde 3 5 min gewaschen und für 1 h bei RT mit einem Sekundärantikörper (Esel anti-Ziege IgG, mit Meerrettich-Peroxidase markiert, Santa Cruz Biotechnology) in einer Verdünnung von 1: 10000 inkubiert. Die Detektion erfolgte mit dem ECL-System der Fa. Amersham nach den Angaben des Herstellers.
Die Fig. 7, 8 und 10 zeigen die mittels FACS analysierte Inhibition der GFP-Expression in den Lymphozyten (Fig. 7 und 8) und im Vollblut mittels Western Blot-Analyse (Fig. 10) nach Injektion von spezifischer gegen GFP gerichtete dsRNA. Die in Fig. 7 dargestellten Werte entsprechen den Mittelwerten der in Fig. 8 dargestellten Werte. Die Applikation von 25 μg GFP- spezifischer dsRNA pro kg Körpergewicht und Tag in der GFP- Gruppe führte somit im Vergleich zu der Kontrollgruppe, die während des Versuchs 250 μg einer unspezifischen Kontroll- dsRNA pro kg Körpergewicht und Tag erhielt, zu einer signifikanten und spezifischen Reduktion der GFP-Expression. Die dsRNA-Konzentrationen lagen dabei deutlich unter den im ersten in vivo-Versuch verwendeten. Im ersten in vivo-Versuch waren die Injektionen über 10 Tage hinweg im 12 Stunden- Rhythmus erfolgt, so dass sich eine Gesamttagesdosis von 5 mg dsRNA pro kg Körpergewicht ergab. Im Vergleich dazu betrug die Gesamttagesdosis im hier beschriebenen zweiten in vivo- Versuch 25 μg dsRNA pro kg Körpergewicht (die Injektionen erfolgten einmal täglich über 21 Tage hinweg) . Diese Gesamtta- gesdosis ist gegenüber dem ersten in vivo-Versuch 200-fach verringert. Die Gesamtdosis an dsRNA pro kg Körpergewicht über den gesamten VersuchsZeitraum hinweg betrug im ersten in vivo-Versuch 50 mg pro kg Körpergewicht (2,5 mg/kg Körpergewicht x 20 Injektionen) um im zweiten in vivo-Versuch 0,525 mg pro kg Körpergewicht (25 μg/kg Körpergewicht x 21 Injektionen) . Dies entspricht einer ca. 95-fach geringeren Menge an dsRNA. Die Reduktion der GFP-Expression im Blut ist jedoch in beiden Studien vergleichbar.
Fig. 9 zeigt, dass die Applikation der genannten dsRNAs über einen Zeitraum von 21 Tagen zu keiner Veränderung der BlutZusammensetzung führt. Die Reduktion der GFP-Expression in der mit GFP-spezifischer dsRNA behandelten Gruppe ist daher nicht auf eine Verringerung GFP-exprimierender Blutzellen zurückzu- führen.