Verfahren und Vorrichtung zur Charakterisierung von Zellen, Zellverbänden und/oder Geweben
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Charakterisierung von Zellen, Zellverbänden und/oder Geweben.
Zelltherapeutische Verfahren besitzen als zentrales Werkzeug der regenerativen Medizin einen hohen Stellenwert für zukünftige innovative Behandlungsmethoden. Dabei werden Zellen in vitro in industriellem Maßstab standardisiert gezüchtet und ggf. manipuliert. Des Weiteren ist es bekannt, Zellkulturen als Versuchsobjekte in der Pharmaindustrie zur Austestung von Pharmaka einzusetzen.
Das Erscheinungsbild einer zwei- oder dreidimensionalen Zellkultur besitzt sowohl auf Einzelzellniveau als auch auf Niveau der Gesamtzellpopulation spezifische morphologische Merkmale, die jeweils von der Art der kultivierten Zellen abhängig sind. So unterscheiden sich die Zellen z. B. in ihrer Größe, Form, in der Größe des Zellkerns, in der Granularität, der migratorischen Aktivität, der räumlichen Beziehung der Zellen untereinander (dispers oder kohärent) oder bei dreidimensionalen Zellkulturen in ihrer räumlichen Ausrichtung.
Soll die Zellkultur beschrieben bzw. in ihrer Qualität beurteilt werden, werden derzeit vor allem mikroskopische Verfahren verwendet, um die Charakteristika der Zellkultur zu erfassen. Hierbei ist jedoch die morphologische Beurteilung der Zellpopulation, die weitgehend „per Hand" (nicht automatisiert) durchgeführt wird, stark vom Wissen und der Erfahrung des Untersuchers abhängig und bleibt daher subjektiv. Gegenüber anderen Verfahren zur Charakterisierung der Zellpopulation (z. B. molekularbiologische Methoden, FACS-Analysen) hat die morphologische Beurteilung die Vorteile, dass sie online durchgeführt werden kann, ohne die zu analysierende Zellpopulation in ihrem Wachstum zu stören, dass einzelne Zellen einer Population analysiert werden können, dass sie schnell durchgeführt werden kann und schließlich dass sie preiswert ist.
Im folgenden wird exemplarisch ein heute übliches Verfahren zur Züchtung von adharenten Zellen dargestellt. In mehreren Phasen des Verfahrensablaufes sind morphologische Beurteilungen der Zellkultur notwendig:
In einem ersten Schritt (Isolation der Zellen) werden die zu kultivierenden Zellen aus ihrem Ursprungsgewebe durch enzymatische und mechanische Verfahren herausgelöst und nach Aufreinigungen in entsprechenden Kulturgefäßen überführt. Abhängig von den Eigenschaften des Ursprungsgewebes (z. B. Knochen, Knorpel, Fettgewebe) kommen hierbei unterschiedliche Verfahren und Protokolle zum Einsatz.
Die Zellen werden nach der Isolation in einem weiteren Schritt (Kultivierung der Zellen in vitro) in einer Nährlösung („Medium") aufgenommen, in ein Zellkulturgefäß überführt und in einem Inkubator bei 37°C und 100 % Luftfeuchtigkeit kultiviert. Die Nährlösung besteht neben Wasser aus einem Gemisch an Salzen, Nährstoffen, Vitaminen sowie Wachstums- und Differenzierungsfaktoren, dessen Zusammensetzung für die Art der zu kultivierenden Zellen spezifisch ist. Die notwendigen Medien sind nur bis zu einem gewissen Grad erhältlich und werden in der Regel im Labor eigenhändig zusammengemischt. Das Medium wird in regelmäßigen Ab-
ständen gewechselt, indem das alte Medium abgesaugt und neues hinzugegeben wird. Bei einigen Zellkulturen ist es notwendig, im Laufe der Kultivierung nach einem definierten Protokoll verschiedene Medien mit unterschiedlichen Zusammensetzungen hinzuzugeben. Da adhärente Zellkulturen auf der Oberfläche des Zellkulturgefäßes wachsen, muss in regelmäßigen Abständen mikroskopisch kontrolliert werden, ob auf der Oberfläche noch genügend Platz zum Wachsen vorhanden ist („Grad der Konfluenz"). Wenn dieses nicht mehr der Fall ist, so müssen die Zellen auf mehrere neue Zellkulturgefäße aufgeteilt werden („Passagierung").
Bei der Passagierung werden die adharenten Zellen durch enzymatische oder mechanische Verfahren von der Oberfläche des Kulturgefäßes abgelöst. Durch Zentri- fugation werden die Zellen aufgereinigt, anschließend gezählt und in einer definierten Menge in neuen Kulturgefäßen ausgesät.
Neben der Bestimmung des Konfluenzgrades wird in regelmäßigen Abständen die Qualität der Zellpopulation beurteilt (Analysen während der Kultivierung). Besonderes Augenmerk wird dabei auf eine typische Morphologie der Zellen, auf das Wachstumsverhalten sowie eventuell vorhandener Kontaminationen durch Mikroorganismen oder nicht erwünschte Zellpopulationen gelegt. Die Analysen werden in Form einer mikroskopischen Beurteilung durchgeführt. Diese kann online angewendet werden, ist aber personalintensiv. Zudem erfordert die mikroskopische Beurteilung ein morphologisch geschultes Auge und bleibt in einigen Bereichen (insbesondere bei der Beurteilung der typischen Zellmorphologie) subjektiv.
Es ist die Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung und ein Verfahren bereitzustellen, mittels dessen Zellen, Zellverbände und/oder Gewebe objektiv morphologisch charakterisierbar sind.
Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 , durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 7 sowie durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst eine Analyseeinheit, die Mittel aufweist, mittels derer morphologische Parameter von Zellen, Zellverbänden oder Geweben erfasst werden. Ferner weist die Vorrichtung Mittel auf, mittels derer die erfassten Parameter zum Zwecke der objektiven morphologischen Charakterisierung der Zellen, der Zellverbände oder des Gewebes ausgewertet werden. Ein wesentlicher Gedanke der erfindungsgemäßen Vorrichtung bzw. des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, das morphologische Bild der Zellkultur bzw. einzelner Zellen vorzugsweise durch eine Vielzahl von morphometrischen Daten zu beschreiben. Es können auf diese Weise morphometrische Werte erhalten werden, die charakteristisch für die jeweilige Zellkultur bzw. die jeweiligen Einzelzellen sind („morphome- trisches Finger-Printing"). Im Gegensatz zu einer bildlichen Erfassung der Morphologie ist der morphometrische Finger-Print objektiviert. Die erfindungsgemäße Analyseeinheit weist vorzugsweise eine z.B. Software-gestützte bildgebende Einheit, beispielsweise ein Mikroskop, und eine Software-gestützte bildanalytische Einheit auf, wobei in der bildanalytischen Einheit integriertes Expertenwissen vorliegt, um die Auswertung der erfassten Parameter bzw. eine zutreffende Charakterisierung vornehmen zu können.
Die Analyseeinheit ist vorzugsweise derart ausgeführt, dass der Grad der Kon- fluenz, die Zellmorphologie als Maß für die Qualität der Zellkultur, das Proliferati- onsverhalten, die Kontamination mit Mikroorganismen oder anderen Zellpopulationen und/oder die Zelldifferenzierung ermittelbar und auswertbar ist. Denkbar ist es beispielsweise, die Zellgröße, die Zellform, die Größe des Zellkerns, die Granulari- tät, die migratorische Aktivität, das Wachstumsverhalten, die räumliche Beziehung der Zellen untereinander (dispers, kohärent) oder bei dreidimensionalen Zellkulturen auch die räumliche Ausrichtung der Zellen zu erfassen und sodann auszuwerten.
Grundsätzlich ist es möglich, eine Auswertung der erfassten Parameter durch die Bildung von Indizes vorzunehmen, die die erfassten Werte auf geeignete Weise miteinander in Beziehung setzen. Denkbar ist beispielsweise, als Objekt-Index einen Quotienten aus dem Umfang der Zellen sowie aus dem vierfachen Wert der
Quadratwurzel der Zellfläche zu bilden. Dieser Index kann beispielsweise dazu herangezogen werden, eine Fibroblastenkultur von einer Endothelzellkultur zu unterscheiden. Grundsätzlich können aus den erfassten Parametern beliebige Indizes gebildet werden, die hinsichtlich der Charakterisierung der Zellen, Zellverbände oder des Gewebes hinreichende Unterscheidungskraft aufweisen.
In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Analyseeinheit Mittel zur statistischen Auswertung der erfassten Parameter aufweist. Bei einer derartigen Ausführung der Erfindung kann eine Statistik aus morphometrischen Werten, die charakteristisch für die jeweilige Zellkultur bzw. die jeweiligen Einzelzellen ist, erstellt werden. Die statistisch ermittelten Parameter können beispielsweise der Mittelwert, die Standardabweichung und der Mediän der morphologischen Werte sein. Dabei kann sich die statistische Auswertung auf die unmittelbar erfassten Parameter, wie beispielsweise die Größe der Zellen beziehen, oder auch auf die oben genannten Indizes, die in geeigneter Weise aus den erfassten Werten gebildet werden können, sofern dies für die Charakterisierung hilfreich ist.
In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist eine Datenbank mit Referenzparametern vorgesehen, die für die Zellen, Zellverbände bzw. das Gewebe typisch sind. Ferner ist vorgesehen, dass die Vorrichtung Vergleichsmittel aufweist, mittels derer die erfassten Parameter mit den Referenzparametern vergleichbar sind. Aufgrund dieses Vergleiches kann automatisiert bzw. objektiviert eine Aussage über die Zellpopulation bzw. die Art und Gestalt des Zellverbandes oder des Gewebes geliefert werden. Möglich ist es, durch Experten eine Datenbank aufzubauen, in der die morphometrischen Daten für Referenzkulturen bzw. Zellen vorliegen. Durch Vergleich der Werte einer zu untersuchenden Zellkultur mit denen aus der Datei kann somit indirekt Expertenwissen in die morphologische Untersuchung integriert und die morphologische Beschreibung der zu untersuchenden Zellkultur objektiviert werden. Durch Vergleich von statistisch erfassten morphometrischen Charakteristi- ka der zu untersuchenden Zellkultur mit denen aus einer Datenbank kann ohne die Anwesenheit eines Experten die Qualität der Zellkultur beurteilt werden. In ähnlicher Weise kann die Datenbank auch zur Identifizierung einzelner, für den Untersu-
cher unbekannter Strukturen (z. B. Sedimentablagerungen, subzelluläre Strukturen) sowie zum Aufspüren von morphologisch fassbaren Phänomenen (Screening für mikrobielle Kontaminationen) verwendet werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren bzw. die erfindungsgemäße Vorrichtung kann eine Auswertung mittels unmittelbar erfaßter Größen, wie z.B. der Zellgröße, oder mittels der genannten Indizes vornehmen, die in geeigneter Weise gebildet werden können.
In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Analyseeinheit Mittel aufweist, mittels derer benachbarte Pixel des erfassten Bildes mit ähnlichem Helligkeitswert zu einem Bildobjekt zusammengefasst werden. Da sich in den Pha- senkontrastbildem die morphologischen Strukturen (z. B. Zellgrenzen) praktisch nur über die Helligkeitswerte und nicht über Farbunterschiede abzeichnen, spiegeln die entstandenen Bildobjekte die morphologischen Strukturen wieder. Dabei können die Bildobjekte durch Zusammenfassung benachbarter Pixel mit ähnlichem Helligkeitswert zusammengefasst werden.
Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung zur Kultivierung von Zellen, Zellverbänden und Geweben mit einem Inkubator. Die Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie ferner eine Vorrichtung zur objektiven Charakterisierung der Zellen, der Zellverbände oder des Gewebes gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6 aufweist. Die Besonderheit der Erfindung besteht darin, dass die Vorrichtung zur objektiven Charakterisierung der Zellen, der Zellverbände oder des Gewebes integraler Bestandteil einer Apparatur zur Kultivierung von Zellen, Zellverbänden bzw. Gewebe ist. In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung handelt es sich um eine Apparatur zur automatischen Kultivierung von Zellen, Zellverbänden und Gewebe, d.h. einen Zellkulturautomaten mit integrierter Analyseeinheit zur objektiven Charakterisierung der Zellen, Zellverbände bzw. des Gewebes. Ferner ist bevorzugt, dass auch die Analyseeinheit automatisiert morphologische Parameter während der Kultivierung erfasst und auswertet.
Dabei besteht die Möglichkeit, das Ergebnis der Auswertung in die Entscheidungs- prozesse der Automatisierung einfließen zu lassen, d.h. die Vorrichtung bzw. die Zellkultivierung in Abhängigkeit der Auswertung zu betreiben.
In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung weist die Vorrichtung ferner einen Manipulator, einen Transporter zum Transport der Kulturgefäße zwischen dem Inkubator, dem Manipulator und der Analyseeinheit sowie eine Steuereinheit auf, mittels derer die Vorrichtung vorzugsweise automatisch betreibbar ist. Die Erfindung gemäß dieser Ausgestaltung weist somit mehrere Funktionsgruppen auf, die im folgenden näher beschrieben werden:
Der Detektor stellt ein Kernelement der Erfindung dar. Er dient zur Überwachung der Zellpopulation während der Kultivierung. Der Detektor bzw. die oben genannte Analyseeinheit besteht aus einer bildgebenden Einheit sowie einer Softwaregestützten bildanalytischen Einheit mit integriertem Expertenwissen, mit der die morphologischen Parameter in ihrer Komplexität erfasst werden können.
Da für die Zellkultivierung von Zellen Körperbedingungen simuliert werden müssen, ist dem Zellkulturautomaten ein Inkubator (Brutschrank) integriert.
Der Manipulator bewerkstelligt all die Arbeitsschritte automatisch, die bislang rein per Hand oder mit teilweise maschineller Unterstützung durchgeführt werden. Hierzu gehören u.a. Absaugen und Pipertieren von Lösungen, Zentrifugieren, Öffnen der Kulturgefäße, mechanisches Ablösen der Zellen etc.
Mithilfe des Transporters, der aus einer Kombination aus Förderband und Roboter mit Greifarm besteht, werden die Zellkulturgefäße zwischen den automatischen Komponenten Detektor, Inkubator und Manipulator hin und her transportiert.
Des weiteren ist eine intelligente Steuereinheit vorgesehen, die die Einzelkomponenten der Vorrichtung ansteuert und deren Tätigkeit koordiniert. Die zur intelligen-
ten Bearbeitung notwendigen Informationen erhält die Steuereinheit durch den Detektor bzw. die Analyseeinheit.
In weiterer Ausgestaltung dieser Vorrichtung führt die Software-gestützte bildanalytische Einheit automatisch komplexe morphometrische Bildanalysen durch. Diese Einheit zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass das Expertenwissen sehr flexibel implementiert werden kann, das zur Erfassung und Bewertung der komplexen Morphologie erforderlich ist.
Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 10. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens sind Gegenstand der Unteransprüche.
Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung werden anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispieles näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 bis 4: unterschiedliche exemplarische Abbildungen von zu charakterisierenden Zellpopulationen,
Fig. 5: Darstellungen einer konfluenten Fibroblastenstruktur (A) und einer Endothelzellkultur (B),
Fig. 6: Kontur der Bildobjekte (A: Fibroblasten-, B: Endothelzellen),
Fig. 7a: Häufigkeitsverteilung des Bildobjekt-Indexes (Umfang / (4 x Quadratwurzel der Fläche)) der Bildobjekte gemäß Fig. 5,
Fig. 7b: Häufigkeitsverteilung der Hauptachsenrichtung der Zellpopulationen gemäß Fig. 5.
Figur 1 zeigt exemplarisch eine zu charakterisierende Zellkultur. Denkbare Charakterisierungsmerkmale sind: Zellpopulation besteht aus x % rundlichen und y %
länglichen Zellen; die Zellen tragen am Rand kleine Bläschen; teilweise formieren sich die Zellen in Strängen.
Typische Charakteristika der Zellstruktur gemäß Figur 2 sind: Zellen bilden dreidimensionale Gebilde; die Zellen sind eher länglich, die Zellen sind wenig granuliert.
Charakteristika der Zellen gemäß Figur 3 sind: Die Zellen zeichnen sich durch extreme Streifung aus („Stress Fibers"), die Zellen haben einen prominenten Nucleo- lus, die Zellen sind flächig, die Zellen sind groß, die Zellen haben einen zackigen Rand.
Charakteristika der Zellen gemäß Figur 4 sind: Es liegen zwei Zellpopulationen vor, nämlich große flächige Zellen, in einem lockeren Verband liegend, teilweise gestreift, und kleinere rundliche Zellen, die einen pflastersteinartigen Verband bilden.
Wie dies nachfolgend noch näher beschrieben wird, können die oben genannten, mittels einer bildgebenden Einheit erfassbaren Parameter der Zellpopulationen zu deren Charakterisierung herangezogen werden.
Das Prinzip des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. die Arbeitsweise der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird anhand eines im folgenden dargestellten Beispiels näher erläutert. Ziel ist es, mithilfe eines morphologischen Indexes eine Fibrobla- stenkultur von einer Endothelzellkultur zu unterscheiden. Die Zellkulturen sind aus Figur 5 ersichtlich, wobei Figur 5 A die Fibroblastenkultur und Figur 5 B die Endothelzellkultur darstellt. Die Charakterisierung erfolgt mithilfe einer morphometrischen Analyse der Zellkulturbilder (Phasenkontrastbilder).
Es wurde ein Analyseregelwerk gebildet, nach dem benachbarte Pixel mit ähnlichem Helligkeitswert zu Bildobjekten zusammengefasst werden. Da sich in den Phasenkontrastbildern die morphologischen Strukturen (z. B. Zellgrenzen) praktisch nur über die Helligkeitswerte und nicht über Farbunterschiede abzeichnen, spiegeln die entstandenen Bildobjekte die morphologischen Strukturen wieder. Wie man bei
der Betrachtung des Erscheinungsbilds der beiden Zellkulturen gemäß Figur 5 sieht, zeichnet sich die Fibroblastenkultur vor allem durch längliche morphologische Strukturen aus (spindelförmiger Aspekt von Fibroblasten), während die Endothelzellkultur einen pflastersteinartigen Aspekt hat (Figur 5). Die untenstehenden Abbildungen zeigen, dass sich dieses auch in Form der während der Computeranalyse entstandenen Bildobjekte widerspiegelt: Bei der Fibroblastenkultur sind vermehrt Objekte mit länglichem Charakter zu finden, die ein im Vergleich zu den Bildobjekten der Endothelzellkultur geringeres Maß an Fraktalitat aufweisen, wie dies aus Figur 6 hervorgeht.
Von jedem Bildobjekt wurde nun Umfang und Fläche (jeweils in Pixel) in eine Excel- Tabelle ausgegeben. Anschließend wurde ein Objektindex wie folgt definiert: Index = Objektumfang/(4 x Quadratwurzel (Objektfläche)).
Diese Formel beschreibt das Maß der Fraktalitat. Der Faktor 1/4 sowie die Quadratwurzel bewirken eine Normierung der Bildobjekte, so dass auch Objekte unterschiedlicher Größe miteinander verglichen werden können (der Quotient Objektumfang/Fläche ist stark von der Größe der Objekte abhängig).
Für jedes Bildobjekt wurde nun dieser Index berechnet. Stellt man nun sämtliche Objekt-Indexwerte der Bildobjekte in einem Histogramm dar, so erhält man eine Art Kennkurve für die jeweilige Zellkultur, wie dies aus Figur 7a hervorgeht. Kenngrößen zur Beschreibung des Histogrammverlaufs sind z. B. der Mittelwert, die Standardabweichung sowie der Mediän. Man erkennt, dass die beiden Kurven gemäß Figur 7a einen unterschiedlichen Verlauf zeigen. Die Kurve für die Endothelzellkultur ist bauchiger. Auch die Werte für den Mittelwert, die Standardabweichung sowie den Mediän sind für die Fibroblasten- und Endothelzellkultur unterschiedlich (Fibroblasten: Mittelwert 2,17; Standardabweichung: 0,91 ; Mediän: 1 ,96. Endothelzellen: Mittelwert: 2,36; Standardabweichung: 0,96; Mediän: 2,18).
Die genannten Werte können somit zur objektiven numerischen Charakterisierung der Zellkulturmorphologie herangezogen werden.
Ein weiteres Charakteristikum, das die Fibroblastenkultur von der Endothelzellkultur unterscheidet, ist die Ausrichtung der einzelnen Bildobjekte. Wie man in Figur 6 erkennt, liegen die Hauptachsen von benachbarten Bildobjekten in der Fibroblastenkultur größtenteils parallel, während dieses bei der Endothelzellkultur wesentlich weniger der Fall ist. Auch diese Objekteigenschaft ist durch entsprechende Programmierarbeit mathematisch erfassbar und kann zur Charakterisierung der morphologischen Erscheinung der Zellkulturen herangezogen werden (Figur 7b). Der Mittelwert der links dargestellten Verteilung beträgt 15,97 für die Fibroblasten- zellkultur, der der rechts dargestellten Verteilung 36,04 für die Endothelzellkultur.
In entsprechender weise können zahlreiche Indizes definiert und zur Charakterisierung herangezogen werden. Hierzu können die Indizes z. B. in einem zweidimen- sionalen Array angeordnet und die Indexwerte farbkodiert werden. So entsteht ein für die Zellkultur charakteristisches farbiges Muster.
Zum anderen können aber die einzelnen Indexwerte durch arithmetische Operationen zu einem neuen Index zusammengefasst werden. So gäbe es z. B. Sinn, den oben definierten Index aus Umfang und Fläche (Fraktalitat) mit dem Index zu kombinieren, der die Parallelität beschreibt, da für die Bildobjekte der Fibroblastenkultur charakteristisch ist, da sie sowohl eine relativ geringe Fraktalitat besitzen als auch parallel angeordnet sind. Der so definierte neue Index hat durch die Kombination bessere Unterscheidungskraft.
Aufgrund des wachsenden Wirtschaftssektors in dem Bereich der zelltherapeutischen Verfahren wird es mehr und mehr nötig sein, Zellen unter zertifizierbaren Bedingungen zu züchten. Dies gilt auch für den Bereich der pharmazeutischen Industrie, in der Medikamente anhand von Zellkulturen getestet werden. Durch Vergleich des statistisch erfassten morphometrischen Finger-Prints einer Zellkultur mit dem, der in der Datei für diesen Zelltyp als Referenz abgelegt ist, ist es möglich, auch die morphologische Beurteilung zu zertifizieren.