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Verfahren und Vorrichtung zum selbsttätigen Zuführen des Gießgutes
beim Stranggießen Das Funktionieren des Stranggießens setzt bekanntlich einen Gleichgewichtszustand
zwischen der Menge der in der Zeiteinheit zugeführten Schmelze und dem Gewicht des
in der Zeiteinheit aus der Kokille abwandernden Stranges voraus. Dies wird in der
Praxis dadurch erreicht, daß der erstarrende Strang mit einer einmal als zweckmäßig
erkannten Geschwindigkeit aus einer in der Regel gekühlten Kokille fortbewegt wird
und der Zufluß des Gießgutes dabei so geregelt wird, daß es eine vorausbestimmte
möglichst konstante Höhe in der Kokille einnimmt. Bei den meisten heute praktisch
angewandten Stranggießverfahren führt der Strang eine Relativbewegung gegen die
Kokille aus. Von den bisher vorgeschlagenen Kokillen hat sich die wassergekühlte
am besten bewährt, da sie bei hoher Gießleistung infolge intensiven Wärmeentzuges
einfach im Bau, unempfindlich und haltbar im Betrieb ist. Es hat sich jedoch gezeigt,
daß selbst zwischen einer gekühlten Kokille mit polierter Formfläche und dem erstarrenden
Strang .so, hoher Reibungsschluß infolge Festklebens der erstarrenden Metallkörner
auftreten kann, daß ein kontinuierliches Gießen unmöglich wird, wenn das Anhaften
nicht durch Zugabe geringer Mengen schmierfähiger Substanzen, vorzugsweise
01, unterbunden wird. Gerade diese Erfahrungstatsache hatte zur Folge, daß
zahlreiche Vorschläge, das Gießgut zur Vereinfachung des Stranggießverfahrens durch
Aufsetzen eines meist ungekühlten, unter Umständen sogar beheizten Aufsatzes auf
die Kokille zuzuführen; keine praktische Bedeutung erlangen
konnten:
Man hat -versucht, bei der Verwendung solcher Aufsätze durch Zuführen von öl od.
dgl. das Festkleben des Stranges in der Barunterliegenden Kokille zu vermeiden.
Der Schmiermitteldämpf mußte jedoch durch die Schmelze hindurch entweichen; -was--im
günstigsten Fall ein starkes Schäumen,- normalerweise jedoch mehr oder minder starke
Explosionen zur Folge hatte. Gerade beim Stranggießen von Stahl wäre ein derartiger
Aufsatz von Vorteil, da die Schwierigkeit der Zuführung des Gießgutes das Gießen
nur eines Stranges pro Anlage gestattet, so daß die Gießleistung im Verhältnis zu
den Anlagekosten zu niedrig wird. Aber gerade darin ist bisher der technische Großeinsatz
des Stranggießverfahrens für die Stahlproduktion gescheitert, trotz seiner qualitätsmäßigen
Vorzüge. Man hat deshalb diesen Weg verlassen und führt das Gießgut über. öffne.
Rinnen, .Rohre u. dgl. in einer Weise zu, daß wesentliche Teile des Gießspiegels
in der gekühlten Kokille mit der Atmosphäre in Verbindung bleiben, so daß die vom
Schmiermittel herrührenden Dämpfe.-' entweichen können. Dabei nimmt man die Einwirkung
der Atmosphäre auf das Gießgut in Kauf oder sucht deren Einflüsse durch Abdecken
mit reduzierenden oder neutralen Gasen zu vermeiden. Diese Art der Zuführung muß
durch den -Nachteil einer höheren Gießguttemperatur erkauft werden. Es ist somit
bei diesem Verfahren nicht möglich, die-Gießtemperatur genau zu beherrschen. Das
wirkt sich sowohl beim Gießen kleinster Strangabmessungen wie auch beim Gießen großer
Strangquerschnitte sehr nachteilig aus. Im ersteren Falle neigen die verhältnismäßig
kleinen Schmelzemengen zum Einfrieren schon in der Zuführung, im letzteren Falle
aber entstehen an der gekühlten Kokillenw .and die sog. Kaliläufe, die Ausschuß
zur Folge haben. In keinem Falle aber gelingt es, die Temperatur des Gießgutes so
zu beherrschen, daß. etwa knapp über der Liquidustemperatur oder gar innerhalb des
Erstarrungsintervaldes gegossen-, werden kann, was aus Gründen der Qualität und
der Höhe der Ausbringung erstrebenswertwäre.
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Durch das vorgeschlagene Gießverfahren werden diese Nachteile vermieden
und erreicht, däß insbesondere hochschmelzende Metalle, wie Stahl, aber auch alle
anderen Metalle in wesentlich einfacherer, sicherer' und wirtschaftlicherer Weise
als bisher vergossen werden können: - Gemäß der Erfindung wird dies dadurch erreicht,
daß das Gießgut so zugeführt und seine freie Oberfläche -innerhalb der Kokille so
bemessen wird, daß es in, der ',Kokille nur bis auf eine vorbestimmte Höhe steigt
und diese Höhe durch die Oberflächenspannung des Gießgutes selbsttätig aufrechterhalten.
wird.
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Es ist bekannt, daß mit sinkender Temperatur des. Gießgutes die Oberflächenspannung
zunimmt. Gerade dieser Umstand macht bei- den bekannten Gießverfahren Schwierigkeiten,
weil die Zuführung des Gießgutes und das Verhindern von Kaltläufen sehr- schwierig,
wenn nicht unmöglich wird. Deshalb muß "die Z.uflußtemperatür Näher gewählt werden,
als für die Qualität des .Stranges und für den Durchsatz vorteilhaft ist. Das vorgeschlagene
Verfahren wirkt jedoch gerade bei hoher Oberflächenspannung, d. h. bei niederer
Gießtemperatur besonders sicher, so d'aß die Seigerungsfrei:heit und Feinkörnigkeit
des Stranges sowohl wie auch hohe Gießleistung ermöglicht werden. So führt vorschlagsgemäß
eine Gießtemperatur knapp oberhalb der Liquiduslinie oder auch bereits innerhalb
des Erstarrungsintervalles zu besonders guter Strang" qualität, und es kann mitsehr
hoher Geschwindigkeit gegossen werden.
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Der Umstand, daß die Oberflächenspannung vorschlagsgemäß eine vorbestimmte
Höhe des Gießspiegels innerhalb der Kokille aufrechterhält, führt zu weiteren Vorteilen.
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Es hat sich bei manchen Legierungen erwiesen, daß die.-Liinge .der
Kokille so gering wie möglich gehalten werden soll. Nur aus Gründen der Betriebssicherheit
mußte man sie bisher in diesen Fällen länger als für die Qualität des Stranges erwünscht
ausbilden. Bei der Anwendung des vorgeschlagenen Verfahrens kann die Kokillenhöhe
beliebig gehalten werden, da die Oberflächenspannung den Gießspiegel auf der einmal
eingestellten Höhe selbsttätig aufrechterhält.
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Ein weiterer Vorteil des vorgeschlagenen Verfahrens besteht darin,
daß der Durchmesser der Gießform viel geringer als bisher üblich gewählt werden
kann, ohne daß etwa die Betriebssicherheit davon beeinflüßt wird. Man kann nun auch
nicht nur Drahtbarren, sondern Draht einer solchen Abmessung und Oberflächenbeschaffenheit
gießen, daß die Benutzung einer Vorblockwalze überflüssig wird, vielmehr direkt
die Kaliberwalze benutzt werden kann.
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Gemäß der Erfindung ist es jedoch auch möglich, große oder größte
Strangquerschnitte zu gießen, ohne die Entstehung von Kaltläufen befürchten zu müssen.
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Besondere Bedeutung kommt dem erfindungsgemäßen Verfahren beim Gießen
mehrerer Stränge zu, das bisher nur bei Leichtmetallen und da nur mit erheblichem
Aufwand und empfindlichen Vorrichtungen möglich gewesen ist. Bei dem vorgeschlagenen
Verfahren ist die Anzahl der Stränge ohne Einfluß auf die Betriebssicherheit und
Einfachheit des Gießverfahrens. Somit ist die Voraussetzung für den Großeinsatz
des Stranggießverfahrens zum Stähl- und Eisengießen gegeben.
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Vorrichtungen zur Durchführung des Verfahrens sind in den Abb. i bis
4 schematisch dargestellt. Ihre Wirkungsweise ;geht aus der nachfolgenden Beschreibung
der Zeichnungen hervor. Es ist .Ahb. i Vorrichtung zum Gießen von massiven Strängen,-
- -Abb. 2 Vorrichtung zum Gießen von Rohren, Abb. 3 Ausschnitt aus Abb. i, vergrößert,
Abb. 4 Verteilervorrichtung für mehrere Stränge. In einer gekühlten Kokille i ist
das Zuflußrohr 2 mittels schmaler Stege 3 so aufgesteckt, daß der Spalt 4 zwischen
Kokille i und Zuflußrohr z bleibt. Das Zuflußrohr 2 kann sich nach oben in einen
nicht
weiter dargestellten Vorratsbehälter fortsetzen, dessen Form
nicht Gegenstand der Erfindung ist. Infolge seiner Oberflächenspannung kann das
Gießgut 5 nicht in den Spalt 4. eindringen, wodurch die Menge der zufließenden Schmelze
sich nach der einmal gewählten Abwanderungsgeschwindigkeit selbsttätig einstellt.
Um das Ankleben des erstarrenden Gießgutes an der Kokillenwand zu verhindern, kann
beispielsweise in der Ringnut 6 etwas Öl zugegeben werden, das die Kokillenwand
benetzt. Die entstehenden Oldämpfe entweichen durch den Spalt 4.. Natürlich kann
der Spalt 4. auch durch ein neutrales Gas abgedeckt werden. Das Zuflußrohr kann
in einer bekannten Weise beheizt oder auch, falls erforderlich, gekühlt werden.
Als besonders schwierig hat es bisher gegolten, das zum kontinuierlichen Gießen
von Röhren erforderliche Gießgut so gleichmäßig zuzuführen, daß der Gießspiegel
innerhalb der Kokille in erforderlichem Maße konstant gehalten werden kann. Auch
haben die bekannten Zuführungen Schmelzeströmungen zur Folge, die wiederum mehr
oder weniger hohe Sei:gerungen oder Spannungen in der Wand des erstarrten Rohrstranges
verursachen.
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Diese Nachteile entfallen bei der Verwendung einer in Abb. 2 schematisch
dargestellten Vorrichtung. Der an sich bekannte gekühlte Dorn 7 wird in einem Trichter
8 so in einer seitlichen Aussparung 9 befestigt, daß zwischen der inneren Wand io
des Trichters 8 und dem Dorn 7 ein Spalt i i entsteht, in den die Schmelze infolge
ihrer Oberflächenspannung nicht eindringen kann. Die Außenwand i2 des Trichters
8 bildet gegen die Kokillenwand 13
den bereits beschriebenen Spalt 6. Bei
dieser Anordnung fließt das Gießgut praktisch allseitig gleichmäßig zu, die Regelung
erfolgt infolge der -Ausnutzung ihrer Oberflächenspannung selbsttätig, örtliche
Strömungsdifferenzen, die Steigerungen oder Spannungen verursachen können, sind
ausgeschaltet.
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Die Bemessung der Breite des Spaltes hängt theoretisch von verschiedenen
Faktoren ab. Praktisch macht es jedoch dem Fachmann keinerlei Schwierigkeit, durch
einen einfachen Versuch die richtige Spaltbreite für das zu vergießende Gut bei
einer beabsichtigten Höchsttemperatur zu bestimmen. Das Gießgut soll dabei nicht
in den Spalt eindringen, sondern eine Kuppe bilden, etwa wie in Abb. 3 als Ausschnitt
aus Abb. i dargestellt.
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Die vorgeschlagene Schmelzezufuhr bedarf nach dem Anfahren keiner
besonderen Wartung mehr. Es ist deshalb ohne weiteres möglich, die beispielsweise
beschriebene Einzelanordnung in beliebiger Anzahl nebeneinander gleichzeitig zu
verwenden, beispielsweise wie in Abb. 4. schematisch dargestellt. 1q. ist ein Vorratsbehälter,
der direkt an einem Schmelz- oder Warmhalteofen angebaut ist, 15 der Zulauftrichter,
16 die einzelnen Kokillen und 17 die erstarrten Stränge.