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Verfahren zumTrocknen und Lagern von gerbstoffhaltigem Gut In gerbstoffhalti.gem
Gut, namentlich in gerbstoffhaltigen Rinden einheimischer Bäume, sind neben wasserlöslichen
Gerbstoffen erhebliche Mengen an Gerbstoffen in wasserunlöslicher Form vorhanden.
Diese wasserunlöslichen Gerbstoffe lassen sich nach dem Verfahren der Patente 7od.82r
und 705.:1.C92., durch Auslaugen mit organischen Lösungsmitteln oder durch sulfitierende-
Ausl.augung gewinnen.
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Die Auslaugung mit organischen Lösungsinitteln ist immerhin einigermaßen
kostspielig; die sulfitierende Auslaugung vermeidet zwar diesen Nachteil, liefert
aber nur sulfitierte Auszüge, die für manche Zwecke weniger geeignet sind. Bei allen
im vorher-,gehenden besprochenen Verfahren ist außer-(-!ein eine zusätzliche Gewinnung
der unlös-'.ichen Gerbstoftanteile nur auf (lern Wege der Auslaugung möglich. Diese
Verfahren scheiden also überall da aus, wo das gerbstofE-haltige Gut als solches
unmittelbar zur Gerbung verwendet werden soll. wie dies bekanntlich gerade für einheimische
Gerbrinden in sehr erheblichem Umfange der Fall ist.
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Ein erheblicher Teil der in getrocknetem gerbstoffhaltigem Gut, insbesondere
Rinden, vorhandenen wasserunlöslichen Gerbstoffanteile ist nun nicht in der Pflanze
vorgebildet, sondern entsteht erst nachträglich aus wasserlöslichen Gerbstoffen.
Dies gilt, wie gefunden wurde, insbesondere für die für Gerbereizwecke übliche Rinde,
während in Rinden mit besonders hohem Borkenanteil, z. B. Kiefernborke oder Lärchenborke,
ein erheblicher Teil der Gerbstoffe schon bei der
Gewinnung in wassertinlöslicber
Form vorliegt. Die Umwandlung wasserlöslicher Gerbstoffe in wasserunlösliche Kondensationsprodukte
erfolgt unter der Einwirkung von Enzvnien, u. a. von Oledasen. Dieser Ein-1virkung
unterliegt insbesondere gerbstoffhaltiges Gut mit verhältnismäßig großer Oberfläche,
wie z. B. Blätter, geschälte oder beschälte und zerkleinerte Rinden. Außer einer
Verringerung des wasserlöslichen Gerbstoffs bringt diese Enzymwirkung den weiteren
Nachteil mit sich, (laß die Gerbstoffe sich dabei dunkel v erfä rben und mehr oder
weniger dunkle AuszügC ergeben.
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Die enzvinatische Bildung unlöslicherGerbstofie setzt nun in hohem
'-4laße unmittelbar nach der Gewinnung des gerbstoffhaltigen Gutes und vor dessen
Trocknung ein, da in dieser Zeit (las Gut noch die für die Wirksainkeit der Enzyme
erforderliche Feuchtigkeit besitzt. Dadurch treten erhebliche Verloste an wasserlöslichen
Gerbstoffen ein, noch ehe das Gut zur Trocknung und Weiterverarbeitung, (l. h. zur
Auslaugung oder zurVerwendung als Streulohe, gelangt.
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Besonders stark tritt dieser Nachteil bei einheimischem gerbstoffhaltigem
Gut, wie z. B. Fichten-, Kiefern-, Eichen- und Weidenrinde, sowie bei den Blättern
einheimischer `uniacharten in Erscheinung, die im allgemeinen keiner schnellen künstlichen
Trocknung unter«-orfen weiden, sondern .eine natüriiche Trocknung im Freien durchmachen,
«-as bei der in unseren Breiten herrschenden Witterung oft beträchtliche Zeit beansprucht.
So erklärt sich auch, (laß z. B. die sogenannte 1# iclitensclinitz- oder -reppelrinde,
die außerhalb der Saftzeit, also in den Herbst- und Wintermonaten anfällt und daher
unter ganz besonders ungünstigen Witterungsbedingungen lange Zeit feucht im .Walde
lagert, bei praktischen Verarbeitungsversuchen einen so geringen Gehalt an Gerbstoffen,
d. h. an wasserlöslichen Gerbstoffen, aufwies - die Praxis rechnet bei der Verarbeitung
von Fichtenreppelrinde nur finit Gerbstoffaus-1)etiten von etwa ; bis 8",i" -, daß
von einer Verwendung dieses in großen Mengen im Inland anfallenden Guts bisher abgesehen
mur(le.
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Ge-enstand der vorliegenden Erfindung ist nun ein Verfahren zum Trocknen
und Lagern von gerbstoffliiltigeiii Gut. das darin besteht, (lall (las gerbstofilialtige
Gut, um die Wirh sanikeit der darin enthaltenen gerbstoffverändernden Enzcnie auszuschalten,
in frisch geerntetem, noch feuchtem Zustand einer Behandlung zur Inaktivierung der
Enzyme unterworfen und anschließend getrocknet und bzw. oder gelagert wird. Die
Inaktivierung der Enzyme erfolgt also möglichst frühzeitig, ,1.1i. unmittelbar oder
doch nur einige Tage nach (ler Gewinnung des Guts, jedenfalls. soweit dieses getrocknet
wird, noch vordem "trocknen oder Bleichzeit- ' mit demselben. Dies geschieht entweder
durch Erhitzen auf zur raschen Inaktivierung der Enzyme ausreichende Temperaturen,
beispielsweise auf Temperaturen oberhalb 70°, oder durch Dämpfen oder Behandlung
des gerbstof£lialtigen Guts mit Enzvingiften, wie schweflige Säure. Schwefelwasserstoff
u. a. Das so vorbehandelte Gut kann erforderlichenfalls anschließend getrocknet
und so ohne jegliche Veränderung des Gerbstoffs über Jahre ge-1«gert werden.
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Es kann aber sogar längere Zeit in feuchtem oder halbfeuchtem Zustand
in beliebiger Weise -elagert werden, ehe es zur Trocknung oder zur ?tuslaugung gelangt,
ohne daß eine wesentliche Abnahme des wasserlöslichen Gerbstoffes zti befürchten
wäre.
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Die Nichtigkeit der vorstehenden Darlegungen ergibt sich aus folgendem
Versuch: Eine frische Fichtenreppelrinde ergab. sofort nach der Gewinnung erschöpfend
finit Wasser ausgelaugt, einen Gehalt von i7,-.°,7" an wasserlöslichen Gerbstoffen.
Diese Rinde wurde unmittelbar nach der Gewinnung kurze Zeit finit Wasserdampf behandelt
und ergab dann bei erschöpfender Auslaugung mit #er einen Gehalt an wasserlöslichen
Gerbstoffen von z,' .8",'". Sowohl die ungedämpfte wie die gedämpfte Rinde wurden
(]arm in der Weise aufbewahrt, daß die Feuchtigkeit nur langsam entweichen konnte,
also unter Bedingungen, wie sie etwa einer natürlichen Trocknung im Walde bei ungünstiger
Witterung entsprechen. Nach 1o Tagen wurden beide Proben abermals auf ihren Gerbstoffgehalt
geprüft. Beide Proben waren unter den ungünstigen Trockenbedingungen stark und in
ungefähr gleicherWeisevon Schimmelpilzen befallen; während jedoch die ungedämpfte
Rinde dunkel gefärbt war. hatte die gedämpfte Rinde ihre ursprüngliche hell: Farbe
behalten. Der Gehalt an wasserlöslichen Gerbstoffen rler ungedämpften Rinde war
auf 11,7'/" abgesunken, -,vä hrend der-;enige (leg gedämpften Rinde mit i8,8°,"
konstant geblieben war. Bei der Auslaugung ergab die gedämpfte Rinde einen wesentlich
helleren Auszug als die ungedämpfte Rinde.
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Der torstehend beschriebene Versuch zeigt, (laß durch (las Verfahren
gemäß) der vorliegenden Erfindung sich die Ausbeute an !-rert>stoffen bei bisher
schon zur Verwertung lieran.ezogenein gerbstoffhaltigem Gut beträchtlich steigern-
läßt und darüber hinaus auch bisher nicht oder kaum verwertetes Gut zur Gerbstoff-ewinnung
finit herangezogen werden kann. So ist z. 13. das die Fachkreise
schon
seit langer Zeit bewegende Problem der Verwertung der obengenanntenFichtenreppelrinde,
die eine in großen Massen zur Verfügung stellende Rohstoffquelle für Gerbstoffe
im Inland darstellt, erst durch das Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung als
gelöst zu betrachten.
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Das erfindungsgemäß behandelte gerbstofflialtige Gut kann in bekannter
Weise, gegebenenfalls unter Anwendung einer sulfitierenden Auslaugung, ausgelaugt
werden; die Auslaugung gebt bei diesem Gut besonders leicht vonstatten und ergibt
einen besonders hellen Gerbstoff. Besonders bei einem Gut mit ausgesprochen hohem
Borkenanteil kann es zweckmäßig sein, die gedämpfte Rinde sulfitierend auszulaugen.
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Selbstverständlich erfolgt eine Inaktivierung der in dem gerbstoffhaltigen
Gut enthaltenen Enzyme auch im Zuge der zur Gehinnung von Gerbstoffen in bekannter
Weise durchgeführten Auslaugung, soweit diese bei entsprechend hohen Temperaturen
durchgeführt wird. Diese Arbeitsweise hat aber mit derjenigen der vorliegenden Erfindung
nichts gemeinsam, weil die Inaktivierung der Enzyme viel zu spät erfolgt, d. h.
erst zu einem Zeitpunkt, wo die Umwandlung in unlöslichen Gerbstoff bereits .zum
grölten Teil vor sich gegangen ist und wo ein etwaiges Weiterwirken der Enzyme für
das Ergebnis der Auslaugung völlig oder nahezu belanglos wäre.
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Das gleiche gilt auch für diejenigen Verfahren, bei denen bereits
getrocknetes gerbstoffhaltiges Gut vor dem Auslaugen höheren Temperaturen oder einer
Behandlung mit schwefliger .Säure ausgesetzt werden.
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Es wurden auch schon im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung
zum Zweck der Gewinnung von kristallinen Vorstufen von Gerbstoffen Kolanüsse und
Kakaobohnen unmittelbar nach der Ernte einer die oxydierenden und kondensierenden
Enzyme abtötenden Behandlung unterworfen. Abgesehen davon, daß es sich hier um Stoffe
handelt, die als Gerbmittel nicht in Frage kommen, liegen hier rein wissenschaftliche
Versuche vor, die nicht das Ziel einer technischen Gerbstoffgewinnung verfolgen,
sondern die Isolierung kristallinerGerbstoffvorstufen bezwecken, die nicht ohne
weiteres mit den gemäß der Erfindung gewonnenen wasserlöslichen Gerbstoffen gleichgesetzt
werden dürfen.
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Beispiel i Fichtenrinde wird unmittelbar nach der Gewinnung etwa i
Stunde mit Wasserdampf von Atmosphärendruck behandelt und anschließend in üblicher
Weise im Freien getrocknet. Die so behandelte Rinde ergibt bei erschöpfender Auslaugung
mit Wasser einen Gehalt von i9,6°/, an wasserlöslichen Gerbstoffen, während die
unbehandelte, in gleicher Weise getrocknete Rinde einen Gerbstoffgelialt von i2,5°/,
ergab. Der aus der getlünipften Rinde erhaltene Gerbstoff hat eine wesentlich hellere
Farbe als der aus der ungedämpftenRinde gewonnene und ergibt dementsprechend hellere
Leder.
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Beispiel 2 Kiefernrinde wird in der in Beispiel i beschriebenen Weise
behandelt. Die Ausbeute an wasserlöslichem Gerbstoff beträgt bei der gedämpften
Rinde i2,i °/, gegenüber 6,8°/, bei unbehandelter Rinde. Der aus der gedämpften
Rinde erhaltene Gerbstoff ist wesentlich heller als der aus der unbehandelten Rinde
gewonnene.
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Beispiel 3 Blätter einheimischer Sumacharten, z. B. von Hirschkolbensumach
(Rhus typhina), werden unmittelbar nach der Ernte unzerkleinert 1/2 Stunde auf ioo°
erhitzt. Das getrocknete Blattmaterial zeigt bessere Ausbeuten an Gerbstoff als
unbehandelte, in üblicher Weise bei gewöhnlicher Temperatur getrocknete Sumachblätter.
Er ergibt auch nach längerem Lagern weit hellere und heller gerbende Auszüge als
die bei gewöhnlicher Temperatur getrocknete Vergleichsprobe.
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Beispiel d.
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Stark verborkte Rinde aus dem unteren Stammteil einer etwa
70 Jahre alten Kiefer wird wie in Beispiel i beschrieben behandelt. Sowohl
von der gedämpften wie der unbehandelten Rinde wurde ein Teil mit Wasser, ein Teil
sultitierend ausgelaugt. Dabei wurden folgende Ausbeuten erzielt:
Gerbstoff in |
unbehan- gedämpfter |
delter Rinde Rinde |
Auslaugung mit |
ZVasser.......... 2,7 :1,3 |
Sulfitierende Aus- |
laugung . . . . . . . . . 6,o 9,3 |
Beispiel- 5 Frisch geerntete Fichtenrinde (Schäl- oder Reppelrinde) wird in eine
geschlossene Kammer, wie sie z. B. zum Trocknen von Holz Verwendung findet, eingebracht,
in diese Dampf von etwa
0,5 atü eingeblasen und die 1Zinde etwa 1/4 Stunde
darin gedämpft. Danach wird die Dampfzufuhr unterbrochen und die
e
mit bewegter Heißluft getrocknet. Die Rin, t' so behandelte Rinde kann beliebig
lange gelagert werden, ohne daß wesentliche Verluste an wasserlöslichem Gerbstoff
zu befürchten sind.
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Beispiel 6 Frisch, z. B. im Herbst oder Wintei, geerntete Fichtenschnitzrinde
wird mit Wasserdampf von etwa 0,5 atii gedämpft und anschließend, ohne sie
zu trocknen, zur Vermeidung von Schimmelbildung in an sich bekannter Weise mit Izeiintötend
wirkenden Mitteln, z_. B. durch Besprühen mit einer Lösung von Chlorkresol, behandelt.
Die so gewonnene Rinde kann nun feucht in Stapel gesetzt und bis zum Eintritt trockener
Witterung gelagert und dann an der Luft getrocknet werden. Sofern das kenntötend
wirkende Mittel mit Wasserdampf flüchtig ist, kann es auch bei der Dämpfung unmittelbar
mit dem Wasserdampf zur Anwendung gebracht werden.
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Beispiel 7 Frisch geerntete Fichtenrinde wird in einer geschlossenen
Kammer, welche durch ein Ausblasventil mit der Außenluft verbunden ist, mit spannungslosem,
ungesättigtem Wasserdampf bei einer Temperatur von 115 bis 1.l5° behandelt,
wobei der Wasserdampf im Kreislauf zwischen der Kammer und einem überhitzer mehrfach
(i bis 2 Stunden) umläuft. Man erreicht auf diese Weise besonders rasch und einfach
neben der Inaktivierung der Enzyme eine Trocknung des gerbstoffhaltigen Gutes. Auch
auf andere Weise zur Inaktivierung der darin enthaltenen Enzyme behandeltes gerbstoffhaltiges
Gut kann auf diese Weise getrocknet werden.