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Verfahren zur Gewinnung von Schwefel Es ist bekannt, daß man Schwefelwasserstoff
und Schwefeldioxyd in Wasser miteinander zu Schwefel umsetzen kann. Diese Reaktion
hat bisher keinen Eingang in. die Technik gefunden, weil ihre Durchführung verhältnismäßig
große Reaktionsräume und viel Wasser erfordert; dies hängt damit zusammen, daß Schwefeldioxyd
und Schwefelwasserstoff nur beschränkt in Wasser löslich sind; wegen des großen
Wasserbedarfs ist die Durchführung des Verfahrens oft nicht möglich, da nicht überall
die erforderlichen Wassermengen zur Verfügung stehen und andererseits das entstehende
Abwasser oft nicht untergebracht werden kann. Auch ruß man das Wasser umwälzen,
um die gebildete Wärme abzuführen; diese Umwälzung der sehr großen Wassermengen
und die Abtrennung des gebildeten Schwefels daraus stellen sehr lästige Maßnahmen
dar. Ein. Nachteil ist ferner, daß der gesamte Schwefel wasserhaltig anfällt und
von diesem Wasser dann befreit werden ruß.
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Um Schwefelwasserstoff in Schwefel überzuführen, hat man daher zu
anderen Verfahren gegriffen. So hat man schon vorgeschlagen, den Schwefehvasserstoff
mit einer für die vollständige Umwandlung in Schwefeldioxyd unzureichenden Menge
Luft .in einer Flamme zu verbrennen. Diese Arbeitsweise hat aber den Nachteil, daß
bei den verhältnismäßig hohen Flammentemperaturen eine vollständige Umwandlung des
Schwefelwasserstoffs nicht möglich ist, so daß man Restgase erhält, die noch erhebliche
Mengen Schwefelwasserstoff und daneben Schwefeldioxyd ent=
halten.
Man hat dieses Verfahren daher schon dadurch verbessert, daß man den Schwefelwasserstoff
mit weniger Sauerstoff als zur vollständigen überführung in Scliwefeldioxy<lerforderlich
ist, verbrannt, die hierbei gelxi-1:-dete Wärme in einem Kessel abgeführt und nutzbar
gemacht und die Restgase dann. über' Katalysatoren geleitet hat, wie sie bei der
katalytischen Oxydation. des Schwefelwasserstoffs zu Schwefel bei dein bekannten
Claus-Verfahren Anwendung finden. Hierbei gelingt es zwar, eine ziemlich weitgehende
Umwandlung des Schwefelwasserstoffs in Schwefel zu erzielen und auch einen Teil
der Reaktionswärme zu gewinnen, doch genügt das Verfahren noch nicht allen technischen
Anforderungen, insbesondere deswegen, weil auch
nach der katalytischen Umsetzung
stets noch gewis e Mengen Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxyd nicht umgesetzt
sind, wodurch nicht nur die Ausbeute an. Schwefel leidet, sondern auch die Gefahr
besteht, daß schädliche Schwefelverbindungen enthaltende Abgase ins Freie gelangen.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Umwandlung von Schwefelwasserstoff
dadurch noch erheblich verbessern kann, d.aß man den Schwefelwasserstoff zunächst
mit weniger Saaerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasen, als zur vollständigen Umwandlung
in Schwefeldioxyd notwendig isst, verbrennt, die hierbei gebildete Wärme in einem
Kessel nutzbar macht und nun die Restgase, gegebenenfalls nach Abscheidung von darin
vorhandenem Schwefel, in Wasser umsetzt.
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Die Verbrennung des Schwefelwasserstoffs führt man vorteilhaft mit
nur so viel Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasen, wie Luft, durch, daß die Sauerstoffmenge
gerade zur vollständigen Oxydation des Schwefelwasserstoffs zu Schwefel ausreicht.
Auf alle Fälle muß die Menge des sauerstoffhaltigen Gases 5eringer sein, als zur
vollständigen Umwandlung des Schwefelwasserstoffs in Schwefelaioxyd nötig ist, denn
nur dann. kann die Bildung von Schwefeltrioxyd während der Verbrennung, die im Laufe
der weiteren Verfahrensstufen zu erheblichen Korrosionen Anlaß geben kann, mit Sicherheit
vermieden werden.
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Zweckmäßig führt man die Umsetzung unter dem Kessel durch Verbrennung
in einer Flamme durch. Um dabei ein Erlöschen der Flamme zu vermeiden, muß man an
einer Stelle innerhalb der Flamme oder in ihrer unmittelbaren Nähe eine hohe Temperatur
aufrechterhalten. Beispielsweise kann man im Bereich der Flamme geeignete Heizkörper
anordnen, die, z. B. elektrisch., auf die erforderliche Temperatur erhitzt werden.
Koch einfacher ist es, die Verbrennung in einer geschlossenen Kammer vorzunehmen,
deren Wände vor Beginn der Reaktion auf die erforderliche Temperatur gebracht werden.
Am einfachsten verfährt man derart, daß man die Z\'"ändungen des Verbrennungsrahmes
mit :uerfesten Steinen auskleidet, die, naclideri 'sie einmal auf die erforderliche
Temperatur gebracht sind, durch die bei der Unisetzung gebildete Wärme stets auf
dieser Temperatur gehalten werden.
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Die heißen Verbrennungsgase werden dann durch einen Kessel geleitet,
wobei die bei der Verbrennung entwickelte Wärme sehr weitgehend*für die Dampferzeugung
und die Cberhitzun.gdes Dampfes und gegebenenfalls auch noch für die Vorwärmung
von Wasser, z. B. des Kesselspeisewassers, ausgenutzt werden kann. Mit Rücksicht
auf den Erstarrungspunkt des Schwefels von 114 bzw. i 19= wählt man einen solchen
Betriebsdruck für den Dampfkessel, daß die Siedetemperatur des Wassers über 119°
liegt, also einen Druck von mindestens 2 ata.
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Der Kessel wird vorteilhaft so angeordnet, daß der darin in flüssiger
Form abgeschiedene Schwefel in Richtung des Gasstromes abfließen kann. Aus dem Ende
des Kessels oder einem u.nniittelhar dahinter angeordneten Raum kann dann der flüssige
Schwefel laufend oder zeitweilig in reiner Form abgezogen werden.
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Gewünscht.enfalls kann man den aus dein Kessel abziehenden Gasen schwefelwasserstoff-
oder schwefeldioxydhaltige Gase aus anderen. Quellen, z. B. Rauchgase, zusetzen.
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Für die nun folgende Umsetzung der Restgase in Gegenwart von Wasser
genügt die ini Kessel erzielbare Kühlung der Gase in der Regel noch nicht. Man leitet
daher die Gase durch einen Kühler, der z. B. ein indirekter Kühler sein kann, der
gleichzeitig für die Vorwärmung des Kesselspeisewassers dient. Im allgemeinen ist
es aber vorteilhafter, die Gase durch unmittelbare Berührung mit Wasser abzukühlen.
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Die Umsetzung der Restgase, bei der im wesentlichen, der Schwefelwasserstoff
mit dein Schwefeldioxyd unter Schwefelbildung reagiert, kann in. beliebiger Weise
erfolgen. Vorteilhaft-sorgt rnan für möglichst innige Berührung zwischen dein Wasser
und dein Ga:, indem man z. B. Absorptionistürmeverwendet, die gewünschtenfalls mit
Füllkörpern, wie Koks oder Raschigringen, oder auch mit Holzhorden gefüllt sein
können. Man kann aber auch Vorrichtungen von der Art der Siebboden- oder Glockenbodemwäscher
oder der Tauchglocken benutzen. Ebenso kann m.an Vorrichtungen rnit mechanischer
'\'erteilung der Flüssigkeit, z. B. Desintegratoren, Feldwäscher oder Ströderwäscher,
benutzen.
Die Umsetzung der Restgase in Wasser erfolgt bei Temperaturen
bis zu ioo°, zweckmäßig zwischen etwa 2o und 7o°. Man kann das Wasser, in dem die
Umsetzung stattfindet, im Kreislauf wiederholt durch die Wascheinrichtung führen,
dabei laufend oder zeitweilig einen Teil zusammen mit dem darin enthaltenen Schwefel
.abziehen und die Wassermenge durch Zufuhr von- frischem Wasser ergänzen. Die Temperatur
der abgezogenen Flüssigkeit richtet man dann zweclanäßig so ein, daß möglichst wenig
Schwefeldioxyd und Schwefelwasserstoff darin gelöst ist. Bei der Umsetzung,:der
Restgase in Gegenwart von Wasser ist es meist vorteilhaft, Gas und Flüssigkeit im
Gleichstrom. zu führen, da man dann das Reaktionsgefäß mit größeren Gasmengen belasten
und unter Umständen auch mit kleineren Umsetzungsräumen auskommen kann. Man kann
aber auch die Restgase und das Wasser im Gegenstrom zueinander führen, wobei der
Vorteil erzielt wird, daß die Gase weitgehend gekühlt werden.
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Der im Wasser gebildete Schwefel kann aus diesem in beliebiger Weise
abgetrennt werden, z. B. durch Absitzenl.assen, Filtrieren, Zentrifugieren oder
auch auf elektrophoretischem Wege.
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Der feuchte Schwefel kann von dem darin noch enthaltenen Wasser in
beliebiger Weise befreit werden, z. B. durch Trocknung mittels heißer Gase oder
durch Auswaschen mit wasseraufnehmenden Flüssigkeiten. Besonders vorteilhaft ist
es, ihn unter Druck zu schmelzen, wobei sich das Wasser flüssig über dem flüssigen
Schwefel abscheidet, der dann laufend oder zeitweilig aus dem Erhitzungsgefäß abgelassen
werden kann.
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Das Verfahren kann unter beliebigem Druck 'ausgeführt werden. In der
Regel ist das Arbeiten bei erhöhten oder erniedrigten Drucken nur dann vorteilhaft,
wenn der Schwefelwasserstoff schon unter einem solchen vom Atmosphärendruck abweichenden
Druck steht. Selbstverständlich ist es auch möglich, nur die Verbrennung und die
Kühlung der Gase in einem Dampfkessel unter erhöhtem Druck, die Umsetzung der Restgase
aber bei -gewöhnlichem Druck durchzuführen.
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Die Vorteile dieser Arbeitsweise gegenüber der alleinigen Umsetzung
von Schwefeldioxyd und Schwefelwasserstoff in Gegenwart von Wasser sind vor allem
die folgenden: Der Wasserumlauf, d. h. der Verbrauch von Wasser als Reaktionsflüssigkeit
und als Kühlwasser und die Abwassermenge ist wesentlich herabgesetzt; dadurch werden
gleichzeitig die für das Umpumpen benötigten Energiemengen gesenkt. Außerdem benötigt
man kleinere Apparaturen, da der wesentliche Teil der Reaktion bereits in der ersten.
Stufe, also bei der Verbrennung, erfolgt. Die weitaus größte Menge des Schwefels,
die in der ersten Stufe gebildet wird, fällt in reiner, wasserfreier Form an. Der
Schwefel ist geschmolzen,- leicht pumpbar und kann in beliebige Formen gebracht
werden. Schließlich -,wird hochwertiger, in beliebiger Weise verwertbarer Dampf
erzeugt.
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Gegenüber dem bekannten Verfahren der Umsetzung unter einem Kessel
und der .anschließenden katalytischen Reaktion ergeben sich folgende Vorteile: Die
Umsetzung in Gegenwart von Wasser an Stelle von Katalysatoren verläuft vollständiger;
hierdurch enthalten die Abgase weniger störende Schwefelverbindungen und brauchen
deshalb nicht jenen Maßnahmen. unterworfen zu werden, z. B. einer Verdünnung mit
Luft, die nach der katalytischen Umsetzung erforderlich, sind. Bei dem neuen Verfahren
kann man in der ersten Stufe durch den Kessel mehr Wärme gewinnen als bei dem angeführten.
früheren Verfahren; bei der nachfolgenden katalytischen Umsetzung müssen die Gase
mindestens eine Temperatur von 2.5o° haben; im vorliegenden Falle ist aber die Abkühlung
im allgemeinen nur dadurch begrenzt, daß man den Schwefel flüssig abziehen will;
man kann also z. B. auf etwa i2o° abkühlen und dadurch wesentlich mehr Wärme gewinnen.
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Beispiel In der in der anliegenden Zeichnung dargestellten Vorrichtung
wird durch die Leitung 2 ein aus go % Schwefelwasserstoff und io °/o Kohlensäure
bestehendes Gas und durch die Leitung i so viel Luft in den Verhrennungsrau,m eines
Dampflzessels 3 eingeführt, als theoretisch nötig ist, um Schwefelwasserstoff zu
Schwefel zu oxydieren. Durch Verbrennung unter dem Kessel werden 85 °/o des Schwefelwasserstoffs
in Schwefel umgewandelt. Wenn die Gase den Kessel mit einer Temperatur von 1q.5°
verlassen, werden dabei 96 °/o der überhaupt gewinnbaren Verbrennungswärme
in Form von Dampf im Kessel gewonnen. Der Kessel 3, der Dampf von 2,5 atü erzeugt,
ist in Richtung des Gasstromes geneigt, so daß der in ihm abgeschiedene Schwefel
in flüssiger Form abfließen und sich in der gut isolierten und erhitzten Leitung
18 sammeln kann. Von dort gelangt er über die Leitung 17 in das Samnnelgefäß 16.
Die Verbrennungsgase ziehen aus dem Kessel mit einer Temperatur von etwa 145 bis
i5o° ab und gelangen über die Leitung 18 in einen Kühlturm q., den sie von unten
nach oben durchströmen und in den oben Wasser in fein zerstäubter Form eingeführt
wird. Die Gase werden hier auf 6o° gekühlt und. gelangen dann in die parallel geschalteten,
mit Holz-
Korden ausgesetzten Türme 5 und 6, die auf je ioo m3 Gas
mit 3 ms Wasser von 35° berieselt werden. Das Gas strömt durch diese Türme ebenso
wie die Flüssigkeit von oben nach unten und verläßt sie mit einer Temperatur ton
q.5°. Es enthält dann nur noch i °/o des eingeführten Schwefels und kann ohne irgendwelche
Gefahr oder Belästigung für die Umgebung durch einen Kamin 7 abgeleitet werden.
Das aus den Türmen 5 und 6 abfließende Wasser wird mit dem vom Kühlturm ,4 kommenden
vereinigt und gelangt in ein Absetzgefäß 8, dass in mehrere Abteilungen unterteilt
ist. Die gröbsten Schwefelteilchen, die sich am raschesten absetzen, werden in der
ersten Abteilung abgeschieden und aus dieser mittels einer Schlammpumpe 13 in das
Druckgefäß 14 gefördert, in dem sie durch Einleiten von Dampf zum Schmelzen gebracht
werden. Der flüssige Schwefel gelangt über die Leitung 15 ebenfalls in das Sammelgefäß
16. Das im Druckgefäß 14 sich sammelnde `'Nasser wird laufend oder zeitweilig abgeführt.
Aus der ersten Abteilung des Absetzgefäßes 8 gelangt das noch schwefelhaltige Wasser
in die weiteren Abteilungen, in denen sich die langsamer absetzenden Schwefelteilchen
abscheiden und über die Pumpe 13 ebenfalls in das Druckgefäß 14 gelangen. Das Wasser
aus diesen Abteilungen gelangt zum Teil über die Pumpe io und den Kühler i2 wieder
auf die Reaktionstürme 5 und 6, zum anderen Teil über die Pumpe 9 und den Kühler
i i zusammen mit Frischwasser, das durch die Leitung i9 zugeführt wird, in den Kühlturm
q.. Nötigenfalls kann ein Teil des Wassers durch die Leitung 2o abgeführt werden.