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Verfahren zur Herstellung geformter Kunstmassen aus Viscoseschaum
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung geformter Kunstmassen durch
Koagulieren von flüssiger Viscose, welche in beliebiger Weise schaumförmig gemacht
wurde. Die Erfindung bqzweckt die Erzielung gegen Verbiegung und Druck widerstandsfähiger
Formkörper, welche zufolge ihrer Schaumstruktur ein geringes spezifisches Gewicht
aufweisen. Die Schaumstruktur ist gegenüber der Schwammstruktur dadurch gekennzeichnet,
daß zahlreiche, im wesentlichen geschlossene Hohlräume vorhanden sind, während der
Schwamm durchgehende Kanäle zeigt, die nach außen münden. Während die Aufsaugefähigkeit
des typischen Schwammes auf der kapillaren Wirkung dieser Kanäle beruht, ist das
Verhalten des Schaumes gegen Dampf oder Flüssigkeit davon abhängig, wie er sie absorbiert
bzw. ob er darin quillst. Dieser Unterschied kommt m einer Reihe von Eigenschaften
zur Geltung, welche der Schaummasse eine andere Verwendung zuweisen als der Schwammasse.
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Erfindungsgemäß gießt man den in beliebiger Weise erzeugten Viscoseschaum
in vorzugsweise gasdurchlässige Formen und unterwirft ihn der Einwirkung von sauren
Gasen, zweckmäßig in .der Wärme. In manchen Fällen. ist es erwünscht, den überschuß
der sauren Gase zu beseitigen. Dies geschieht erfindungsgemäß. dadurch, daß rnan
die koagulierte Masse innerhalb oder außerhalb der Form mit alkalisch reagierenden
Gasen behandelt und dann belüftet.
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Die Behandlung der Visco.seschäume mit sauren Gasen hat gegenüber
bekannten Fällung smethoden mit sauren Lösungen den Vorteil, daß die Menge des Fällungsmittels
leichter dosierbar ist und bei gleiamäßwgem Fortschreiben der Reaktion von außen
nach innen die Koagulation schneller vdr sich. geht. Schließlich läßt sich die Einwirkung
saurer Gase auch zweckmäßig reit der obenerwähnten Wärmebehandlung vereinigen.
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Die Koagulation von Viscose mittels saurer Gase ist an sich. bekannt.
Man hat ,sie bei der Herstellung schwammartiger Kunstmassen aus Viscose als Hilfsmaßnahme
vorgeschlagen, insbesondere um ein vorzeitiges Entweichen des Wassers aus dem sich
bildenden Viscoseschwamm zu verhindern. Die Hauptkoagulation erfolgt jedoch bei
diesem bekannten Verfahren durch die die Poren erzeugenden Säuren oder Salze. Auch
zur Herstellung von Kunstseidefäden, die durch hohe Trackenfestigkeit ausgezeichnet
sind, wurde die Koagulation mit sauren Gasen herangezogen.
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Die Kunstmasse gemäß der Erfindung zeichnet sich besonders durch ihre
Undurchlässigkeit gegen Flüssigkeits- und Gasströmungen aus, ferner durch ihr Isolationsvermögen
gegen
Wärme und Schall und durch ihre gleichmäßige mechanische Widerstandsfähigkeit nach
jeder Richtung hin, endlich durch ihre Stoßunempfindlichkeit. Andererseits läßt
sich eine so geringe Wandstärke der Celluloseschaumw.ände erzielen., daß die Diffusion
von. Gasen oder Flüssigkeitendurch diese Wände hindurch zwar herabgesetzt, aber
nicht gehindert wird, falls nicht. diffusionshindernde Einlagerungen oder Überzüge
vorhanden sind.
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Die Kunstmasse läßt sich mit schneidenden, bohrenden, hobelnden u.
dgl. Werkzeugen leicht bearbeiten; man kann sie aber auch durch eine geeignete Vorbehandlung,
wie Anfeuchten, besonders auch durch Dampfbehandlung unter Druck plastizieren und
dann durch Biegen, Drücken usw. in neue Formen bringen. Ein weiterer Vorteil besteht
in der guten Anfärbbarkeit, in gefälligem Aussehen und im mäßigen Herstellungspreis.
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Die obenerwähnten Eigenschaften machen die neue Kunstmasse für zahlreiche
Verwendungszwecke brauchbar. -So eignet sie sich beispielsweise als Baustoff, insbesondere
für die Wärme- und Schallisolierung, für Verpakkungszwecke, für plastische Erzeugnissealler
Art, wie z. B. Schalen, Rohre, Tafeln, Attrappen beliebiger Form, Spielwaren; Reklameartikel,
Schaufenster- und Theaterdekorationen. Die Rauhigkeit der Oberfläche kann für Handgriffe,
Zigarettenmundstücke, Zigaretten- und Zigarrenspitzen, Limonadenröhrchen u. dgl.
ausgenutzt werden. Die Masse kann feiner als Träger von Absorptionsmassen dienen.
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Die Kunstmasse gemäß der Erfindung läßt sich auf verschiedene Weise
herstellen. Ein bevorzugtes Herstellungsverfahren besteht jedoch darin, daß man
den zweckmäßig in gasdurchlässige Formen eingegossenen Viscoseschaum der Einwirkung
von koagulieren.-den Gasen oder Dämpfen aussetzt, insbesondere von sauren Gasen,
wie Kohlensäure, Schwefeldioxyd u. dgl. Diese Gase diffundieren durch die Schaumwände
hindurch und ermöglichen so eine völlig gleichmäßige Koagulation bis in den `Kern.
Müssen Formen verwendet werden; die nicht gasdurchlässig sind, so kann die Koagulation
von einer freien Oberfläche, die auch mit einer gasdurchlässigen Masse versehen
sein kann, erfolgen, z. B. bei Plattere. Die $ehandlung erfolgt zweckmäßig in der
Wärme. Eire Ausspülen der Gase mit Gasen, Luft oder Flüssigkeiten nach erfolgter
Verfestigung ist dann nicht erforderlich, wenn ihre Anwesenheit keine nachteilige
Wirkung auf die Cellulose ausübt, wie es z. B. bei der Kohlensäure der Fall ist.
hu anderen Fall kann man die koagulierte Masse auswaschen oder, was vorzuziehen
ist, mit Gasen behandeln, welche die sauren Gase neutralisieren. Hierfür eignet
sich in erster Linie das Ammoniak.
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Die Größe der Poren läßt sich in gewissen Grenzen verändern und hängt
von der Art der Schaumerzeugung und von der Haltbarkeit des Schaumes ab. Hierbei
ist es wesentlich, :eine Viscose von geeigneter Zähigkeit zu benutzen. Zweckmäßig
verwendet man eine Viscose mit geringerem Alkaligehalt als in der Kunstseidenindustrie
üblich (geringer als 6 %). Eine vorteilhafte Lösung kann durch Auflösen des Xanthogenates
in Wasser statt in Natronlauge -erhalten werden. Durch stärkeres Abpressen der Alkalicellulose
vor dem Sulfidieren ist eine weitere Herabminderung des Alkaligehaltes der Viscose
möglich. Um besonders leichte Schäume zu erzielen:, wird das überschüssige Alkali
vor der Auflösung des Xanthogenates mit Hilfe von Essigsäure neutralisiert oder
durch Salzlösungen, Spiritus ii. dgl. verdrängt oder ausgewaschen.
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Um die Erzeugung von Schaum zu begünstigen, wird der Viscose eine
kleine Menge Eiweiß, Seife, Fettsäure, besonders Ölsäure, Saponine, saponinhaltige
Naturstoffe, Dextrirne oder Gummistoffe hinzugefügt.
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Die Erzeugung des Schaumes kann auf bekannte Art erfolgen, z. B. durch
Einschlagen und Einpressen von Luft, durch Vermischen mit Luft und Ausspritzen mittels
einer Spikzpistole, durch Beimischung von Gase entwickelnden Stoffen usw.
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Der Schaum wird nunmehr in geeignete Formen gebracht, etwa in, offene
Schalen, Röhren usw. Es kann erwünscht sein, die Formgebung durch billigere Massen,
z. B. Pappe, Papier u. dgl. zu erzielen.
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Beispiel i 25o,- Cellulosexanthogenat mit einem Gehalt von etwa 2801'()
Cellulose und io % Alkali werden unter Zusatz von 750g Wasser durch mehrstündiges
Kneten gelöst. Die Reife dieser Lösung wird durch Tatration mit io%iger Ammoniumchloridlösung
bestimmt. 2o ccni der Viscose werden nach Zugabe von 3o ccm Wasser von etwa 23 ccm
der Ammoniumchloridlösung koaguliert. Die Viscosität der Lösung ist dadurch gekennzeichnet,
daß eine Stahlkugel von 5 mm Durchmesser in 25 Sekunden eine Strecke von io cm herabfällt.
Von dieser Viscose werden 5oo g mit 2509 Wasser versetzt und nach Zugabe
von 5 ccm Ölsäure .etwa i o Minuten lang in einem der bekannten Schaumschlagapparate
bearbeitet. Der entstehende Schaum hat :etwa das spezifische Gewicht o, 5o g.
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Der auf die angegebene Weise gebildete Schaum wird anschließend durch
Regeneration
der Cellulose verfestigt. Dies geschieht durch Einwirkung
von Schwefeldioxyd, dessen Einwirkungsdauer bei mäßiger Wärme etwa i Stunde beträgt.
Nunmehr wird mit Wasser nachgewaschen. und getrocknet oder, falls ein Wiederanfeuchten
aus bestimmten Gründen vermieden werden soll, wird die koagulierte Masse gegebenenfalls
in der Form mit gasförmigem Ammoniak in der Wärme während i/. bis i Stunde behandelt
und dann belüftet.
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Beispiel z Die wie oben hergestellte Viscose wird erst zu Schaum verarbeitet,
nachdem sie eine Reife von 2 ccm io%iger Ammoniumchloridlösung ,erreicht hat, also
nahezu koaguliert ist.
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Man kann auf die beschriebene Art sehr leichte und dennoch zugleich
feste Schäume erzeugen. Das spezifische Gewicht liegt je nach den gewählten Bedingungen
unterhalb von o,o5 bis etwa o,5g. Die Festigkeit hängt in ;gewisser Weise von dem
spezifischen Gewicht und von der Art der Bläschen ab; jedoch besitzen auch die leichtesten
derart hergestellten Schäume noch eine überraschende Festigkeit.
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Die Festigkeit des fertigen Produktes läßt sich dadurch erhöhen, daß
man das Trocknen in der Weise vornimmt, daß sich an der Oberfläche eine krustenartige
Verstärkung ausbildet, die die innere lockerere und darr um etwas weniger feste
Schicht schützt bzw. sie zusammenhält. Insbesondere wird dieser Effekt erreicht,
wenn der Schaum vor dem Waschprozeßeiner oberflächlichen. Vortrocknung unterworfen
wird. Hat man für die Formgebung Formen aus Papier oder ähnlichen Massen benutzt,
so können diese auch die Oberfläche des Schaumes verstärken.
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Die gemäß der Erfindung hergestellten Schäume lassen sich beliebig
färben und durch Zusätze weitgehend in ihren Eigenschaften beeinflussen. Bei den
Zusätzen kann man unterscheiden zwischen Füllstoffen, Imprägnierungs- und Bindemitteln.
Die Füllstoffe wirken mechanisch, die Imprägnierungs- und Bindemittel üben einen
chemischen oder physikalisch-chemischen Einfluß, aus. Als Füllstoffe kommen in bekannter
Weise z. B. Textilfasern, Holzwolle, Zellstoff, tierische Haare, Asbest u. dgl.
in Frage. Durch derartige Zusätze wird besonders die Festigkeit in günstigem Sinne
beeinflußt. ÄlmlIch wirken Korkschrot,. Korkpulver, Sägespäne, Holzschliff und indifferente
Pulver.
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Von den Imprägnierungsmitteln kommen insbesondere sä1che in Frage,
welche die Entflammbarkeit der Cellulose herabsetzen, wie z. B. Ammoniumsalz, Borax;
ferner solche, welche die Wasserempfindlichkeit herabsetzen, wie z. B. wasserabstoßende
- Stoffe, wie etwa Alu;miniumseifeny Latex, Plheanol-Formaldehyd, Kondensationsprodukte,
Par@affinemuMonen, Teerprodukte u. dgl. Die Imprägnierungsmittel können bei der
Schaumbildung oder nachträglich zugesetzt werden.
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Die Erhöhung der Wasserfestigkeit ist ferner durch das bekannte Verfahren
der Sthenosage möglich. Von den Bindemitteln können Gips, Zement und ,ähnliche wasserbindende
Stoffe =in Mengen zugesetzt werden, die den Cellulosege.halt weit übersteigen. Es
.ergeben sich Massen, die neben ihrer Porosität verhältnismäßig zäh und leicht zu
bearbeiten sind und vor allem feuerfest sind.
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Durch Kombination der verschiedenen Zusätze lassen sich weitere Effekte
erzielen und damit die Eigenschaften der Masse den j.edesmaligen technischen Anforderungen
aufs beste anpassen.