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Verfahren zur Herstellung von Kondensationsprodukten aus Harnstoff
bzw. dessen Derivaten und Aerolein bzw. dessen Polymeren Es ist bekannt, daß Aerolein
schon bei gewöhnlicher oder zum mindesten wesentlich unterhalb des Siedepunktes
des Aeroleins liegender Temperatur mit gepulvertem oder gelöstem Harnstoff zu reagieren
vermag. Soweit hierbei entstehende Reaktionsprodukte isoliert worden sind, werden
dieselben entweder als weiße Kristallnadeln oder als weiße bröckelige Massen von
teils kristallinischem, teils porzellanartigem Aussehen beschrieben.
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Es ist ferner in der Literatur angegeben, daß Aerolein und Harnstoff,
in einer alkoholischen Natriumacetatlösung gelöst, keinen Niederschlag bilden. Irgendwelche
Produkte wurden jedoch hierbei nicht isoliert.
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Es wurde nun gefunden, daß es gelingt, aus Harnstoff bzw. dessen Derivaten
und Aerolein bzw. dessen Polymeren bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur, in
An- oder Abwesenheit von Katalysatoren und in An-oder Abwesenheit von Lösungsmitteln
zu neuartigen Produkten zu gelangen, wenn man die genannten Komponenten bis zur
Bildung klarer, hochviskoser Sirupe bis fester, durchsichtiger, glasartiger Massen
aufeinander einwirken läßt.
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Das Mengenverhältnis zwischen Aerolein und Harnstoff kann inert weiter
Grenzen schwanken. Je nach der Wahl dieses Mengenverhältnisses kann man bei im übrigen
gleichen Reaktionsbedingungen zu verschiedenen Produkten gelangen- Verwendet man
z. B. nur etwa % Mol Aerolein auf i Mol Harnstoff, so kann man unter geeigneten
Bedingungen glasartig durchsichtige, hochviskose Sirupe erhalten. Geht man hierbei
auf etwa 3/4 Mol Aerolein auf i Mol Harnstoff, so entstehen kristallhelle gelatinöse
Endprodukte. Bei Verwendung von mehr, als 314 Mol (d. h. z. B. etwa i Mol) Aerolein
auf i Mol Harnstoff können unter gleichen Bedingungen feste glasartige Produkte
erhalten werden.
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Bringt man Aerolein mit Harnstoff direkt, d. h. ohne Verwendung von
Katalysatoren und Lösungsmitteln, zur Reaktion, so verläuft die Umsetzung bei niedriger
Temperatur in der Regel ziemlich langsam. Zweckmäßig erhöht man hierbei" die Temperatur
bis über den Siedepunkt des Aeroleins (52°), d. h. man arbeitet vorteilhaft im geschlossenen
Gefäß.
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Bei Verwendung von Katalysatoren ohne Lösungsmittel ist es ebenfalls
zweckmäßig, erhöhte Temperatur zu verwenden..
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Läßt man die Komponenten in Anwesenheit von Lösungsmitteln, jedoch
ohne Katalysatoren aufeinander einwirken, so tritt bereits bei gewöhnlicher Temperatur
allrnähliche Verdickung ein. Rascher erfolgt die Reaktion, auch bei niedriger Temperatur
(unterhalb 5o°), wenn den gelösten Komponenten Katalysatoren zugefügt werden.
Als
Katalysatoren kommen vorzugsweise in Frage anorganische oder organische Säuren,
wie Schwefelsäure, Essigsäure oder saure Salze. Auch basische Kondensationsmittel,
wie z. B. Natronlauge, Äthylendiamin, können Verwendung finden, doch ist hierbei
in der Regel auf eine gegebene Menge Harnstoff mehr Aerolein erforderlich wie bei
Verwendung von sauren Katalysatoren, um zu Stoffen von denselben Eigenschaften zu
gelangen.
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Bei Verwendung von Lösungsmitteln ist es nicht nötig, den gesamten
Harnstoff zu lösen, sondern es genügen viel geringere Mengen Lösungsmittel.
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In vielen Fällen kann es zweckmäßig sein, den Verlauf der Reaktion
durch Zufügung von Verdünnungsmitteln zu regeln bzw. zu mäßigen. Als geeignete Lösungs-
bzw. Verdünnungsmittel kommen in Betracht Wasser, Methyl- und Äthylalkohol, Glycerin
u. dgl. Dieselben können gewünschtenfalls nach erfolgter Reaktion wieder entfernt
werden.
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Man kann die Reaktion in einer oder mehreren Stufen durchführen.
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Will man z. B. die festen, glasartigen Produkte erzielen, so kann
man entweder die ganze erforderliche Menge, z. B. i Mol Acro:-lein auf i Mol Harnstoff
sofort aufeinander zur Einwirkung bringen, oder aber man kann in folgender Weise
vorgehen: Man. führt zunächst die Kondensation bis zum viskosen Sirup unter Anwendung
von z. B. 1/2 Mol Aerolein auf i Mol Harnstoff durch. Die Überführung dieses Sirups
in das gelatinöse bz.w. feste Produkt kann dann in einfacher Weise dadurch erfolgen,
daß man dem Sirup weitere Mengen Aerolein zufügt. Setzt man demselben- z. B. 1j2
Mol Aerolein zu, so wird die Masse viskoser, gelatiniert dann und erhärtet schließlich.
Das zur Weiterführung der Reaktion zu obigem Sirup zugesetzte Aerolein kann auch
durch andere Aldehyde, wie z. B. Formaldehyd, ersetzt werden. Führt man die Reaktion
in mehreren Stufen durch, so kann man beispielsweise bei der einen Stufe einen basischen,
bei der andern einen sauren Katalysator anwenden.
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An Stelle von Aerolein selbst können auch dessen Polymere, wie z.
B. Disacryl oder Acroleinharze, an Stelle des Harnstoffes auch dessen Derivate,
wie z. B. Thioharnstoff, verwendet werden.
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Die nach dem vorliegenden Verfahren erhaltenen Produkte eignen sich
für die verschiedensten Verwendungszwecke. Die hochviskosen Sirupe sind als Klebstoffe,
Lacke u.dgl.. verwertbar. Die festen, glasartigen Endprodukte können dank ihrer
leichten Bearbeitbarkeit durch Sägen, Bohren, Schleifen, Polieren. u. dgl. und ihrer
Beständigkeit gegen physikalische und chemische Einflüsse vorzüglich zur Herstellung
geformter Gegenstände aller Art dienen. Je nach dem in Frage kommenden Verwendungszweck
kann man den Produkten Farbstoffe, Füllmaterialien, Elastifizierungsmittel usw.
zufügen.
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Es ist bekannt, durch Polymerisation von Aerolein alkohollösliche
Harze herzustellen, die als Lacke verwendet werden können. Es ist ferner bekannt,
Aerolein mit Phenolen zu kondensieren, wodurch bakelitähnliche Produkte erhalten
werden.
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Neu ist jedoch die Kondensation mit Harnstoff und Har nstoffderivaten
mit dem Erfolg der Bildung wasserklarer, einerseits glasartiger, anderseits wasser-
oder alkohollöslicher, als Klebstoffe, Lacke u. dgl. verwendbarer Produkte. Es ist
ferner bekannt, Harnstoff mit Formaldehyd zu glasartigen Kondensationsprodukten
zu kondensieren. Aus dem Verhalten des Formaldehyds als eines gesättigten Aldehyds
ließen sich jedöch keinerlei Rückschlüsse auf dasjenige des Aeroleins als eines
ungesättigten Aldehyds ziehen. Es bestehen auch wesentliche Unterschiede im Verhalten
der beiden Aldehyde gegen Harnstoff. Während man bei der Herstellung der Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukte
von Anfang an mit wesentlich mehr als i Mol Formaldehyd auf i Mol Harnstoff kondensieren
muß; genügen gemäß vorliegendem Verfahren Mengen von höchstens i Mol Aerolein auf
i Mol Harnstoff. Neu und nicht vorauszusehen war auch die Tatsache, daß man die
Kondensation mit-gemischten Aldehyden durchführen kann. Beispiel i 12 Teile Harnstoff
werden mit 11,2 Teilen Aerolein etwa i Stunde im geschlossenen Gefäß auf etwa ioo°
erwärmt. Es entsteht ein durchsichtiges, glasiges Produkt. Beispiele i 2 Teile Harnstoff
werden mit 5,6 Teilen Aerolein und o,03 Teilen Eisessig i Stunde im geschlossenen
Gefäß auf 8o° erhitzt. Es entsteht eine glasartig durchsichtige, hochviskose Masse.
Beispiel 3 6o Teile Harnstoff, io Teile io°Joige Essigsäure und 2o Teile Wasser
werden mit 28 Teilen Aerolein unterhalb 5o° zu einem wasserhellen Sirup kondensiert.
Dann werden noch 28 Teile Aerolein zugefügt. Die jetzt noch leichtflüssige, glashelle
Masse wird etwa % Stunde bei etwa 30° gehalten, bis sie stark viskos ist. Nun wird
gekühlt, worauf sich die Masse in kurzer Zeit in eine kristallhelle, feste Gallerte
verwandelt. Durch Liegenlassen
bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur
wird die Masse glasartig und hart.
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Beispiel d.
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6o Teile Harnstoff, 5 Teile Wasser und o,8 Teile i°/oige Schwefelsäure
werden mit 56 Teilen Aerolein bei 40 bis 50° kondensiert. Der klare Sirup wird einige
Stunden gekühlt und hierauf bei gewöhnlicher Temperatur stehengelassen. Er gesteht
zu einer festen Gallerte, die wie in Beispie13 «-eiter erhärtet. Beispiel s 6 Teile
Harnstoff, 3 Teile Alkohol und o,2 Teile i°/oige Schwefelsäure werden mit 5,6 Teilen
Aerolein unterhalb 50° kondensiert. Der glashelle Sirup wird wie in Beispiel 3 weiterbehandelt,
wobei er ebenfalls erhärtet. Beispiel 6 6 Teile Harnstoff, 3 Teile Wasser und o,2
Teile io°/oige -Natronlauge werden mit 5,6 Teilen Aerolein kondensiert. Es entsteht
ein hellgelblicher Sirup, der sich nicht weiter verändert. Durch Zufügung saurer
Katalysatoren kann derselbe in eine feste glasartige Masse übergeführt werden. Werden
dem Sirup weitere 5,6 Teile Aerolein bei basischer Reaktion zugefügt, so wird die
Masse viskoser und gelatiniert. Beispiel ? 3o Teile Harnstoff, io Teile Wasser,
das o,8 Teile i °,'oige Schwefelsäure enthält, und 28 Teile Aerolein werden zusammengemischt
und auf dem Wasserbad am Rückfluß vorsichtig erwärmt. Nachdem fast alles gelöst
ist, «erden noch 3o Teile Harnstoff zugegeben und die Mischung umgerührt, bis alles
Aerolein gebunden ist. Das Reaktionsgemisch wird nun im Vakuum bei niedriger Temperatur
zum hochviskosen Sirup eingedampft. Dann werden noch 28 Teile Acrolein zugerührt
und das Gemisch in paraffinierte Formen gegossen, die bei etwa io bis 2o° gehalten
werden. Es entsteht eine glasklare harte Masse. Beispiel 8 Ein Gemisch von 3o Teilen
Harnstoff und io Teilen Wasser, das o,5 Teile io°/oige Schwefelsäure enthält, wird
mit 28 Teilen Aerolein versetzt und vorsichtig auf dem Wasserbad kondensiert. Nachdem
fast alles gelöst ist, werden weitere 3o Teile Harnstoff zugefügt und die Mischung
gerührt, bis alles Aerolein gebunden ist. Hierauf werden 82 Teile 36°/oige Formaldehydlösung
zugegeben und <las Ganze bei mäßiger Temperatur im Vakuum zum viskosen Sirup
eingedampft. Beim Erwärmen auf etwa 8o° verwandelt sich dieser in eine gummiartige
feste Masse, die bei längerem Erwärmen erhärtet. Beispiel 9 5 Teile eines durch
alkalische Kondensation von Aerolein hergestellten, wachsweißen Aeroleinharzes wird
mit 2 Teilen Harnstoff bei etwa ioo° kondensiert. Es entsteht ein weiches gelbliches
Harz, das noch weitere Mengen Harnstoff zu binden vermag und dadurch härter wird.
Beispiel io 7,6 Teile Thioharnstoff werden mit 2 Teilen Wasser versetzt und bei
40 bis 50° unter Rückfluß 5,6 Teile Aerolein eingerührt, das sofort angelagert wird.
Es entsteht ein hellgelber Sirup, der beim Eintragen von weiteren 5,6 Teilen Aerolein
viskoser wird und beim Erkalten zu einem springharten Harz erstarrt.