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Verfahren zur Herstellung von gonadenhemmenden Derivaten des 17-epi-Oestriols
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung neuer biologisch aktiver Derivate
des 17-epi-Oestriols der allgemeinen Formel
worin R1 ein aliphatischer Kohlenwasserstoffrest mit 1 bis 6 C-Atomen und RE ein
Wasserstoffatom oder ein Acylrest ist, der sich von einer Carbonsäure mit 1 bis
12 C-Atomen ableitet.
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Bekanntlich üben oestrogene Substanzen, wie Oestradiol und 17x-Äthinyl-oestradiol,
eine starke gonadenhemmende Wirkung aus. Insbesondere auf Grund dieser Eigenschaften
werden diese Verbindungen bei Prostata- und Brustkrebs appliziert. Ein großer Nachteil
dieser Verbindungen ist jedoch der, daß sie bei der Verabreichung an Frauen infolge
ihrer oestrogenen Wirkung unerwünschte Menstruationsstörungen hervorrufen und bei
Männern feminisierend wirken.
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Man trachtete daher danach, Verbindungen herzustellen, die eine gonadenhemmende,
jedoch keine oestrogene Wirkung besitzen. Besondere Beachtung wurde denjenigen Verbindungen
geschenkt, die sich von bekannten oestrogenen Verbindungen nur in ihrer sterischen
Konfiguration unterscheiden. Eine dieser Verbindungen, das d 1.3,s(lo)_3,16x,17x-Trihydroxyoestratrien,
nachfolgend als 17-epi-Oestriol bezeichnet, zeigte in der Tat eine gonadenhemmende
Wirkung, doch macht sich der oestrogene Einfluß noch derartig bemerkbar, daß bei
Verabreichung dieser Verbindung die obengenannten unerwünschten Nebenwirkungen immer
noch auftreten.
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Es wurde nun überraschenderweise festgestellt, daß die neuen Derivate
des 17-epi-Oestriols der allgemeinen Formel
worin R1 einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest mit 1 bis 6 C-Atomen und R2 ein
Wasserstoffatom oder einen Acylrest einer Carbonsäure mit 1 bis 12 C-Atomen bedeutet,
eine starke gonadenhemmende und praktisch keine oestrogene Wirkung ausüben.
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Die gonadenhemmende Wirkung der erfindungsgemäßen Verbindungen wurde
festgestellt, indem man täglich durch Injektion oder orale Verabreichung die zu
untersuchende Substanz an infantile männliche und weibliche Ratten über 2 Wochen
verabfolgte, dann die Geschlechtsdrüsen, Samenblasen und Prostata bzw. die Ovarien
entfernte und wog. Der Gewichtsunterschied zwischen diesen Organen und den entsprechenden
Organen von Kontrolltieren ist ein Maß für den eventuell vorhandenen gonadenhemmenden
Effekt. Ein geringeres Gewicht der Organe der behandelten Tiere gegenüber denjenigen
der Kontrolltiere deutet auf eine gonadenhemmende Wirkung.
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Die Ergebnisse pharmakologischer Versuche mit dem 3-Methyläther des
17-epi-Oestriols und die spezielle Wirkung dieser Verbindung sind aus der folgenden
Tabelle zu ersehen.
Männliche Tiere Weibliche |
Behandlung |
d-Geschlechts- # Samen- Tiere |
d-Ovarien |
drüsen- Bläschen Prostata |
1. Kontrollversuch ........................ 441 64 - 28,2 |
17-epi-Oestriol-3-methyläther, |
täglich 100y subcutan ...........-...... 235 47 - 11,4 |
2. Kontrollversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 530 81,5 65,2 32,0 |
17-epi-Oestriol-3-methyläther, |
täglich 100y oral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
315 53,6 41,8 22,7 |
Die erfindungsgemäß herstellbaren Verbindungen können ausgehend vom 17-epi-Oestriol
hergestellt werden.
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Diese Verbindung wurde von V. Prelog et a1. in Helv. Chim- Acta, 28,
250 bis 256 (1945) beschrieben. In einigen anderen Veröffentlichungen wird diese
Substanz ebenfalls erwähnt, doch stellte es sich nachträglich heraus, daß es sich
bei der in diesen Veröffentlichungen genannten Verbindung um eine andere Verbindung
handelt, da man bei der Strukturaufklärung von der irrtümlichen Annahme ausging,
daß die Hydroxylgruppe in Stellung 17 des Oestriols sich in x-Stellung befindet.
Heute weiß man, daß diese Hydroxylgruppe im Oestriol in Stellung 17 ß-ständig äquatorial
angeordnet ist.
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Die Verätherung der Hydroxylgruppe in Stellung 3 des 17-epi-Oestriols
kann nach an sich bekannten Verfahren erfolgen. Ein übliches Verfahren besteht in
der Umwandlung des Steroids in den entsprechenden 3-Alkyläther mittels eines Dialkylsulfates
in alkalischem Medium. Als Beispiele für bekannte Dialkylsulfate seien erwähnt:
Dimethyl-, Diäthyl-, Dipropyl-und Dipentylsulfat. Es ist auch möglich, den gewünschten
Äther mit Hilfe eines Diazoalkans, wie Diazomethan oder Diazoäthan, herzustellen.
Die 3-Alkyläther können auch durch Reaktion des 17-epi-Oestriols mit einem Alkylhalogenid,
vorzugsweise dem Chlorid, wie Äthylchlorid, in Gegenwart einer starken Base, z.
B. Ätznatron, oder durch Umsetzen der 3-Hydroxyverbindung mit dem p-Toluolsulfonsäureester
des entsprechenden Alkohols in alkalischem Medium gewonnen werden.
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Die auf diese Weise erhaltenen 3-Alkyläther des 17-epi-Oestriols können
anschließend in die entsprechenden Mono- oder Diester je nach der Menge des eingesetzten
Acylierungsmittels umgewandelt werden.
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Bei der erfindungsgemäßen Veresterung wird eine Carbonsäure mit 1
bis 12 C-Atomen verwendet. Es ist auch möglich, ein funktionelles Derivat der Carbonsäure,
z. B. das Säureanhydrid, oder ein Säurehalogenid zu verwenden.
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Als Säuren kommen beispielsweise in Frage: Ameisensäure, Essigsäure,
Propionsäure, Buttersäure, Valeriansäure, Capronsäure, Caprylsäure, Caprinsäure,
Undecylsäure, Laurinsäure, Undecylensäure, Chloressigsäure, Trifluoressigsäure,
Trimethylessigsäure, Diäthylessigsäure, Hexahydrobenzoesäure, Cyclopentylpropionsäure,
Cyclohexylbuttersäure, Benzoesäure, Phenylessigsäure, Phenylpropionsäure, Glutarsäure,
Pimelinsäure, Weinsäure, Carbaminsäure und Vinylessigsäure.
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Die Veresterung kann in an sich bekannter Weise, z. B. durch Umsetzung
der Ausgangsverbindung mit einer Carbonsäure, vorzugsweise in Gegenwart eines wasserabspaltenden
Mittels, wie Äthoxyacetylen oder N,N-Dicyclohexylcarbodiimid, vorgenommen werden.
Die Veresterung läßt sich auch durch Reaktion der Ausgangsverbindung mit einem Säureanhydrid,
gegebenenfalls in Gegenwart einer tertiären Base, wie Pyridin, und in einem geeigneten
Lösungsmittel, wie Äther, Dioxan oder Benzol, durchführen. Auch ist es möglich,
die gewünschten Ester mit Hilfe eines Säurehalogenids, vorzugsweise des Säurechlorids,
herzustellen. In diesem Fall wird die Reaktion vorzugsweise in Gegenwart einer tertiären
Base, wie Pyridin oder Chinolin, zur Bindung der während der Reaktion freigesetzten
Halogenwasserstoffsäure durchgeführt. Auch diese Reaktion kann gegebenenfalls in
Gegenwart eines geeigneten Lösungsmittels, wie Äther, Dioxan oder Benzol, durchgeführt
werden.
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Beispiel 50 mg 17-epi-Oestriol werden zu einer Lösung von 4,0 g Ätzkali
in 9 ml Wasser gegeben. Das Gemisch wird 15 Minuten gerührt; danach 1 ml Methanol
zugesetzt und bis zur Lösung am Rückfluß gekocht. Hierauf wird die Lösung mit 1,3
g Dimethylsulfat versetzt und nach 15 Minuten Rühren nochmals die gleiche Menge
Dimethylsulfat zugegeben. Das Gemisch wird weitere 15 Minuten am Rückfluß gekocht
und dann mit 5 ml Wasser verdünnt. Die beim Stehenlassen über Nacht bei Zimmertemperatur
abgeschiedene Fällung wird abfiltriert, mit Wasser gewaschen und aus Aceton umkristallisiert.
Man erhält den 3-Methyläther des 17-epi-Oestriols; F. = 160 bis 163' C.
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2,6 g Propionsäureanhydrid werden zu einer Lösung von 0,5 g des 3-Methyläthers
des 17-epi-Oestriols in 3 ml Pyridin gegeben. Nach dem Stehenlassen über Nacht bei
Zimmertemperatur wird die Lösung mit 15 ml Wasser versetzt und das Reaktionsgemisch
2 Stunden gerührt. Hierauf werden 100 ml Wasser zugegeben und die Mischung mit Äther
ausgezogen. Der Ätherextrakt wird mit 2 n-Salzsäure, dann mit 1 n-Natronlauge gewaschen,
anschließend über Natriumsulfat getrocknet und schließlich zur Trockene eingedampft.
Der Rückstand wird aus Methanol umkristallisiert. Ausbeute 0,53 g 3-Methoxy-17-epiöestrioldipropionsäureester.
Auf die gleiche Weise wurden auch die Diester hergestellt, die sich von der Essigsäure,
Buttersäure, Capronsäure und Phenylpropionsäure ableiten. Bei Verwendung der Hälfte
der oben angegebenen Menge an Acylierungsmittel wurden die Monoester der Essigsäure,
Valeriansäure, Capronsäure und Phenylpropionsäure erhalten.