Anwendungsgebiet
Kulturbrühen, die
lebende Organismen enthalten, sind in der Biotechnologie von zentraler
Bedeutung. Die kultivierten Organismen können selbst das gewünschte Produkt
der Kultivierung sein oder aber dazu eingesetzt werden, um spezifische,
gewünschte
Moleküle
als Stoffwechselprodukte zu produzieren oder um bestimmte, zum Beispiel
toxische Moleküle,
in ihrem Stoffwechsel abzubauen. Es werden Kulturen eukaryotischer
und prokaryotischer Zellen in zunehmenden Maße herangezogen, um Biomoleküle für unterschiedliche Zwecke
zu produzieren. Ein Beispiel ist die Produktion von Antikörpern mit
Hilfe von Kulturen humaner oder tierischer Zellen für diagnostische
oder therapeutische Zwecke in der Medizin.
Damit
die Organismen sich in der gewünschten
Weise vermehren bzw. sich in der gewünschten Weise vermehren und
die gewünschten
Stoffwechselprozesse optimal ablaufen, d. h. eine optimale Produktivität erzielt
wird, müssen
sie möglichst
optimale und auf den jeweiligen Organismus angepasste Bedingungen
vorfinden. Um diese Bedingungen in den jeweiligen Kulturbehältern sicherstellen
zu können
und steuernd und regelnd in den Verlauf einer Kultivierung eingreifen
zu können,
ist die ständige
Messung verschiedener Parameter über
die Dauer einer Kultivierung notwendig. Insbesondere Parameter,
welche die Population der Organismen im Kulturmedium betreffen,
als auch Parameter, die sowohl die Konzentration von Nährstoffen
und anderen Ausgangsstoffen betreffen, als auch die Konzentration
von Stoffwechselprodukten im Kulturmedium.
Die
wichtigsten Parameter die Organismenpopulation betreffen sind die
Zahl der Organismen pro Volumeneinheit der Kulturbrühe (nachfolgend
Zellkonzentration genannt) und der Anteil von der lebenden Organismen
an der Zellkonzentration (nachfolgend Viabilität genannt). Hinzu kommen die
Konzentrationen der Substrate und Produkte in der Kulturbrühe.
Die
zentralen Parameter zur Beurteilung des Erfolgs einer Kultivierung
und die Grundlage zur Steuerung und Regelung biotechnologischer
Prozesse sind die spezifischen Verbrauchs- und Produktbildungsraten der
Organismen. Diese sind definiert als Verbrauch bzw. Produktion von
Stoffen durch einen Organismus in der Kulturbrühe pro Zeiteinheit. Mit ihnen
wird die eigentliche Stoffwechselaktivität der Organismen charakterisiert.
Diese Parameter sind für
eine möglichst
präzise
Steuerung und Regelung einer Kultivierung, sowie zur Festlegung
von Abbruchkriterien oder Erntezeitpunkten in kurzen Zeitabständen zu
bestimmen. Ist man in der Lage die Produktiviät eines Kulturbehälters oder
die Ände rung
derselben in kurzen Zeitabständen
mit wenig Personal- und Kostenaufwand zu messen, kann die Ausbeute
des Produktionsprozesses gesteigert werden. Die Rentabilität biotechnologischer
Prozesse wird erhöht.
Die
Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur automatischen Bestimmung
der spezifischen Verbrauchs- und Produktionsraten und eine Vorrichtung
zur Durchführung
des Verfahrens.
Stand der
Technik und Nachteile des Standes der Technik
Der
Hauptanspruch dieser Patentschrift zielt auf ein Verfahren und eine
Vorrichtung zur Bestimmung von spezifischen Produkt- und Verbrauchsraten
von Organismen in einer Kulturbrühe.
Da es sich dabei in der Regel um eukaryote oder prokaryote Zellen
handelt, wird im Folgenden nur der Begriff „Zelle" verwendet.
Die
spezifische Produktivität
ist definiert als die Menge an Produkt, die eine Zelle pro Zeiteinheit
herstellt und an das sie umgebende Zellkulturmedium abgibt.
Vorrausetzung
für die
Bestimmung der spezifischen Produktivität sowie anderer Verbrauchs-
und Bildungsraten ist, da nur lebende Zellen produktiv sind, die
Kenntnis des Parameters der Konzentration lebender Zellen. Die Konzentration
lebender Zellen ist definiert als die Anzahl lebender Zellen pro
Volumeneinheit. Die Zellkonzentration ist definiert als die Anzahl
lebender und toter Zellen pro Volumeneinheit. Als Viabilität bezeichnet
man den prozentualen Anteil von lebenden Zellen an der Zellkonzentration.
Zur
Bestimmung spezifischer Bildungs- oder Verbrauchsraten muss neben
der Konzentration lebender Zellen auch die Konzentration des betreffenden
Produkts (in der Regel ein Biomolekül) bekannt sein.
Im
folgenden werden die zur Zeit gängigen
Methoden zur Bestimmung von Zellkonzentrationen, gefolgt von Methoden
zur Messung der Produktkonzentration dargestellt.
Methoden zur Bestimmung
der Konzentration eukaryoter oder prokaryoter Zellen in einer Kulturbrühe
Zur
Bestimmung von Zellkonzentrationen in Kulturflüssigkeiten werden gegenwärtig verschiedene
Methoden eingesetzt. Diese werden im Folgenden kurz beschrieben:
1. Manuelle
Bestimmung der Zellkonzentration
Das
etablierte Verfahren in Industrie und Forschung zur Bestimmung der
Zellkonzentration und Viabilität
in Proben aus Zellkulturprozessen ist die manuellen Zellzählung. Diese
Methode wird bereits seit den Anfängen der Biotechnologie zur
Bestimmung der Zellkonzentration und Viabilität herangezogen (Tennant JR (1964):
Evaluation of the trypan blue technique for determination of cell
viability.; Transplantation 2: 685–694).
Bei
der manuellen Zellzählung
wird einer Zellsuspension der Farbstoff Trypan Blau oder ein anderer, geeigneter
Farbstoff zugesetzt (z.B. Methylenblau, Propidiumjodid, Eosin).
Lebende Zellen sind für
den Farbstoff undurchlässig,
während
er in tote Zellen eindringen kann. Tote Zellen werden daher durch
den Farbstoff eingefärbt.
Anhand der unterschiedlichen Färbungen
lassen sich lebende von toten Zellen unterscheiden und mit Hilfe
einer Zählkammer
unter einem Lichtmikroskop auszählen.
Die
Nachteile dieser Methode bestehen darin, dass die mikroskopische
Auswertung der Zellfärbung sehr
arbeitsintensiv, langwierig und ermüdend ist. Zum anderen ist sie
stark benutzerabhängig,
da die Differenzierung zwischen lebenden und toten Zellen subjektiven
Schwankungen unterliegt (Farbempfinden, Ermüdungsgrad, Präzision der
Zählung).
2. Automatisierte
optische Bildanalyseverfahren zur Bestimmung der Zellkonzentration
Seit
kurzer Zeit sind automatisierte Systeme am Markt (Cedex, Vi-CELL,
NucleoCounter), die das manuelle Verfahren der Zellzählung automatisch
ausführen.
Die Arbeitsschritte der manuellen Methode (Probenfärbung, Überführen der
gefärbten
Probe in eine Messkammer, Zählen
der gefärbten
und ungefärbten
Objekte im mikroskopischen Bild) wurden übernommen und werden von den
Geräten
automatisch ausgeführt.
Fehler beim Probenhandling und die subjektive Differenzierung von
lebenden und toten Zellen werden so elimi viert. Die Ergebnisse der
automatisch arbeitenden Geräte
sind im Vergleich zur manuellen Methode präziser und benutzerunabhängig.
Für den Benutzer
beschränkt
sich das Probenhandling auf die Bereitstellung einer Probe, die
dem Gerät
in einem Probengefäß zugeführt wird.
Diese Probe wird automatisch mit Trypan Blau oder einem anderen geeigneten
Farbstoff gemischt und in eine Messkammer oder Küvette überführt. Mit einer vergrößernden
Optik werden Bilder der gefärbten
Zellsuspension erzeugt, die von einer CCD Kamera aufgenommen werden.
Diese Bilder werden dann von einer computergestützten Bildverarbeitungssoftware
ausgewertet. Messergebnisse sind die Gesamtkonzentration der Zellen,
die Konzentration lebender Zellen, die Konzentration toter Zellen
und die Viabilität
der Kultur. Sekundäre
Parameter, wie Zelldurchmesser, Zellgeometrie oder die Anzahl und
Größe von Zellaggregaten
werden zur Verfügung
gestellt. Bei der Verwendung von Fluoreszenzfarbstoffen zur Färbung der
Zellen oder ihrer Zellkerne kann das entstehende Bild auch direkt,
ohne eine vergrößernde Optik
auf eine CCD Kamera projiziert und anschließend automatisch von einer
computergestützten
Bildverarbeitungssoftware ausgewertet werden.
Neben
den auf der automatischen Aufnahme und Analyse von Zellbildern beruhenden
Methoden wurden auch andere Verfahren zur Bestimmung der Zellkonzentration
entwickelt. Diese nutzen spezielle Farbstoffe oder messen Umgebungsparameter,
wie etwa die Änderung
des elektrischen Widerstands oder der Kapazität, die sich durch die Anwesenheit
von Zellen ändern.
Diese sind:
3. Durchflußzytometrie
und fluoreszenzbasierte Methoden
Die
Durchflußzytometrie
( Moore A, Donahue CJ, Hooley J, Stocks DL (1995): Apoptosis in
CHO cell batch cultures: Examination by flow cytometry.; Cytotechnology
17: 1–11)
kann prinzipiell sowohl zur Zellzählung und zur Bestimmung der
Viabilität
der Zellen, als auch zur Quantifizierung von Apoptoseraten eingesetzt werden
(Becton Dickenson, Guava PCA System). Die Bedienung dieser Geräte und die
notwendige Interpretation der erhaltenen Daten setzen hohe Anforderungen
an den Benutzer dieser Geräte.
Die Probenfärbung mit
Fluoreszenzfarbstoffen verursachen vergleichsweise hohe laufende
Kosten.
4. Partikelzählung auf
Basis der Messung des elektrischen Wiederstands
Diese
Systeme (Coulter Counter, CASY System) nutzen die Eigenschaft von
Zellen eine Widerstandsänderung
in einer Messzelle herbeizuführen.
Die Änderung
des elektrischen Widerstands wird genutzt, um die Partikel/Zellen
zu zählen
und ihr Volumen zu bestimmen. (Coulter WH (1956): High speed automatic
blood cell counter and cell size analyser; National Electronics
Conference III, Chicago). Eine Differenzierung von lebenden und
toten Zellen ist jedoch nur sehr eingeschränkt möglich.
5. Radiofrequenzmethoden
Zellen
mit intakten Plasmamembranen verhalten sich unter dem Einfluss elektrischer
Felder wie Kondensatoren. Die resultierende Kapazität kann gemessen
werden, sie hängt
vom Zelltyp ab und ist proportional zur Konzentration lebender Zellen
(Fehrenbach R, Comerbach M, Petre JO (1992): On-line biomass monitoring
by capacitance measurement., Journal of Biotechnology 23: 303–314). Mit
dieser Methode können
tote Zellen nicht nachgewiesen werden Die Bestimmung der Viabilität der Probe
ist nicht möglich.
Dieses Verfahren kann als on-line Messung ausgelegt werden und erlaubt
auch die Bestimmung der Konzentration lebender Zellen in Zellaggregaten
und Microcarrierkulturen. Entsprechende Sonden sind am Markt erhältlich.
6. Laserdiffraktometrie
Die
Methode der Laserdiffraktometrie (Murakawa K, Kohno M, Kinoshita
Y, Takeda T (1992): Application of diffractometry and a linear image
sensor to measurement of erythrocyte deformability. Biorheology. Mar–Jun; 29(2-3):
323–35.)
nutzt die Eigenschaft von Zellen eingestrahltes Laserlicht um einen
Winkel zu streuen, der umgekehrt proportional zur Größe der Zellen
ist. Die Auswertung des Streulichts ermöglicht die Bestimmung der Zellkonzentration
und der Größenverteilung
der Zellen. Eine Differenzierung lebender und toter Zellen ist nicht
möglich.
Methoden zur
Bestimmung der Konzentration von Biomolekülen in einer Kulturbrühe
Zur
Bestimmung von Biomolekül-Konzentrationen,
insbesondere als Produkte einer Kulturbrühe, existieren unterschiedliche
Verfahren. Alle im Folgenden beschriebenen Verfahren sind prinzipiell
zur Bestimmung von Biomolekülkonzentrationen
geeignet. Im industriellen Routineeinsatz erfordert ihre korrekte
Durchführung ein
hohes Maß an
Expertenwissen. Diese Methoden setzen zum Teil eine langwierige
und häufig
mehrere Arbeitsschritte umfassende Probenvorbereitung voraus. Dies
führt zu
einer hohen Fehleranfälligkeit.
Um die Präzision
der Ergebnisse dieser Verfahren zu erhöhen, werden Experten zur Durchführung der
jeweiligen Verfahren ausgebildet. Die Messergebnisse stehen zum
Teil, als Beispiel sei hier der ELISA Test genannt, erst Tage oder
sogar Wochen nach der Probenentnahme zur Verfügung, da im Routinebetrieb
zunächst
alle Proben eins Kultivierungsprozesses oder eines Abschnitts daraus
gesammelt und dann zusammen gemessen werden müssen.
1. ELISA
Sehr
häufig
werden Proteinkonzentrationen durch den sogenannten ELISA (Enzyme-Linked Immunosorbent
Assay) Test ermittelt (Lütkemeyer
D, Büntemeyer
H (1990): Kinetische ELISA-Messungen; Tecnorama News 1: 2–3). Dabei
handelt es sich um einen zur Bestimmung festphasengebundener Antigene
modifizierten, immunologischen Test. Grundlage des Verfahrens sind
Wechselwirkungen zwischen dem spezifischem Antikörper und dem Antigen, denen
das Schlüssel/Schloss-Prinzip
zugrunde liegt.
2. Elektrophorese
Bei
der Elektrophorese (Freitag R, Reif OW, Weidemann R, Kretzmer G
(1996): Production of recombinant h-AT III with mammalian cell cultures
using capillary electrophoresis for product monitoring. Cytotechnology
21: 205–215)
werden Biomoleküle
in Gele eingebreacht und einem elektrischen Felde ausgesetzt. Unter
diesen Bedingungen setzt eine Wanderung der Moleküle ein,
die von der Größe und der
Ladung der einzelnen Moleküle
abhängt.
Auf diese Weise können
Substanzen voneinander getrennt und quantifiziert werden.
3. HPLC (High Performance
Liquid Chromatography)
Mit
dem HPLC Verfahren werden die verschiedenen Bestandteile einer Probe
aufgrund der unterschiedlich starken Wechselwirkungen zwischen der
Säulenmatrix
und den in der Probe enthaltenen Biomolekülen getrennt. (Ozturk SS, Thrift
JC, Blackie JD, Naveh D (1995): Real-time monitoring of protein
secretion in mammalian cell fermentation: Measurement of monoclonal
antibodies using a computer-controlled HPLC system. Biotechnology
and Bioengineering 48: 201–206)
Die getrennten Bestandteile können
dann quantifiziert werden.
4. Nephelometrie
Die
Nephelometrie (Owen WE, Roberts WL (2003): Performance characteristics
of four immunonephelometric assays for the quantitative determination
of IgA and IgM in cerebrospinal fluid. Am J Clin Pathol. 119: 689–93.) ist
ein quantitatives analytisches Verfahren. Die zu messende Probe
wird mit monochromatischem Laserlicht beleuchtet und das Streulicht
analysiert. Über
die Auswertung des Streulichtes kann die Konzentration von Biomolekülen bestimmt
werden.
5. SPR (Surface Plasmon
Resonance)
Die
SPR Technologie nutzt die Oberflächen-Plasmon-Resonanz
(Surface-Plasmon-Resonance, SPR).
Bindet ein zu messender Analyt an einen immobilisierten Rezeptor, ändert sich
der refraktive Index in der Nähe
der Sensoroberfläche,
auf der der Rezeptor immobilisiert wurde. (Cullen DC, Brown RG,
Lowe CR (1987–88):
Detection of immunocomplex formation via surface plasmon resonance
on gold-coated diffraction gratings. Biosensors. 3: 211–25.). Die Änderung
des refraktiven Index der Sensoroberfläche ist direkt proportional
zur Konzentration der an den Rezeptor bindenden Substanz. Sowohl
Komplexbildung als auch -dissoziation können "on-line" verfolgt und innerhalb kürzester
Zeit analysiert werden. Der Messprozess und die Datenauswertung
benötigen
im Vergleich zu konventionellen Methoden nur einen geringen Zeitaufwand
und sind automatisierbar. Nach der Analyse des ersten Zyklus erfolgt
die Regeneration der Sensoroberfläche. Danach kann derselbe Sensor
erneut zur Messung benutzt werden.
Dies
macht deutlich, dass die SPR-Technologie zur Bestimmung der Konzentration
von Biomolekülen in
Proben aus Zellkulturprozessen gut geeignet ist (siehe auch Disley,
D. M., Morill, P.R., Sproule, K., Lowe, C.R., 1999. An optical biosensor
for monitoring recombinant proteins in process media. Biosensors & Bioelectronics
(14) 481–493).
Methoden zur Bestimmung
der spezifischen Produktivität
von Zellen in einer Kulturbrühe
Die
spezifische Produktivität
von Zellen einer Zellkultur ist einer der wichtigsten Parameter
zur Bewertung und Steuerung von Kultivierungsprozessen. Er ist definiert
als die Produktmenge, die eine Zelle pro Zeiteinheit an das Kulturmedium
abgibt. Unterschiedliche Prozessführungen, wie etwa Batchprozesse,
Chemostat oder Perfusionsbetrieb, führen zu unterschiedlichen mathematischen
Beziehungen zur Berechnung der spezifischen Produktivität.
Zellspezifische
Produktivität
bei Batchprozessen:
Zellspezifische
Produktivität
bei kontinuierlichem Chemostatbetrieb:
Zellspezifische
Produktivität
bei Perfusionsbetrieb:
Diese
Gleichungen zeigen, dass die spezifische Produktivität neben
dem Reaktorvolumen und den Zu- und Abflussraten in erster Linie
von den Produkt- und Zellkonzentration abhängt. Den Gleichungen liegt die
Annahme zugrunde, das sich die spezifische Produktivität zwischen
zwei Zeitpunkten linear verändert.
Diese Annahme gilt umso besser, je kleiner der betrachtete Zeitraum
ist. Die Genauigkeit der Bestimmung von spezifischen Verbrauchs-
und Produktionsraten ist also abhängig von der Messpräzision und
der Zeit, die zwischen zwei aufeinanderfolgenden Messungen der Konzentrationen
von Produkt und lebenden Zellen verstreicht. Nach derzeitigem Stand
der Technik existiert aber weder ein Verfahren noch eine technische
Lösung, welche
die ständige,
genaue und prozessbegleitende Messung von spezifischen Verbrauchs-
und Produktionsraten in Kulturbrühen
ermöglicht.
Stattdessen
kann die spezifische Produktivität
von Zellen erst mit großer
Zeitverzögerung
und durch den Einsatz verschiedener, voneinander unabhängiger Meßsysteme
bestimmt werden. Dies bringt die schon erwähnten Nachteile der Benutzerabhängigkeit,
der hohen statistischen Schwankungen und der durch die vielen Arbeitsschritte
bedingten langen Analysezeiten mit sich. Jede Zeitverzögerung ist
aber von großem
Nachteil für
die optimale Bewertung des Kulturverlaufs.
Ideal
wäre ein
Verfahren und eine Vorrichtung, welches) in der Lage ist, sowohl
die Lebendzellen- als auch die Produktkonzentration schnell und
möglichst
auf Basis ein und derselben Probe zu bestimmen und daraus die spezifische
Produktivität
der Zellen zu ermitteln.
Dies
gilt prinzipiell auch für
alle weiteren Parameter, die außer
der Lebendzellzahl, der Viabilität
der Zellen und der Produktkonzentration einen Einfluss auf den Kultivierungsverlauf
haben.
Lösung der Aufgabe
Das
Verfahren und eine Vorrichtung zur Lösung dieser Aufgabe sind in
den Patentansprüchen
offenbart.
Der
Erfindung stellt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung des
Verfahrens zur Verfügung,
mit dem spezifische Produktbildungs- und Substratverbrauchsraten
von Organismen einer Kulturprobe, z.B. aus einem Bioreaktor, präzise und
zeitnah gemessen werden können.
Das Verfahren ist automatisiert, einfach auszuführen und kann daher schnell,
ohne Experten ausbilden zu müssen,
in den laufenden Routinebetrieb integriert werden.
Das
erfindungsgemäße Verfahren
erlaubt es, automatisch den Prozess der Zellkonzentrationsbestimmung
und den Prozess der Produkt- oder Substratkonzentrationsbestimmung
zu kombinieren, um so mittels direkter Aussagen über die Produktions- und Verbrauchsraten
die Bewertung, Steuerung und Regelung des Kultivierungsprozesses
zu verbessern.
Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
erlaubt es, Proben aus der Kultur an die Sensoren zu übergeben, um
diese nach den gewählten
Merkmalen zu untersuchen.
Beim
erfindungsgemäßen Verfahren
wird die Bestimmung der spezifischen Verbrauchs- und Produktionsraten von einem oder
mehreren Organismen in einer Kulturbrühe durch eine gleichzeitige,
automatisierte Zellkonzentration- und Produkt- bzw. Substratkonzentrationsbestimmung
durchgeführt.
Für die
Ermittlung der Zellkonzentration in einer Kulturbrühe wird
eine computergestützte
digitale Bildverarbeitungseinrichtung in Verbindung mit einer standarisierten
Färbemethode
verwendet. Die Produkt- bzw. Substratanalysebestimmung wird über eine
automatisierte Surface-Plasmon-Resonance-Vorrichtung durchgeführt.
Diese
Art der Parameterermittlung für
die Zellkonzentration und Produkt- bzw. Substratkonzentration ist
damit im Gegensatz zu bisherigen Verfahren benutzerunabhängig, da
die manuelle Zellkonzentrationsbestiminung (z.B. Thoma-Kammer) und
Produktkonzentrationsbestimmung (z.B. ELISA-Test) entfällt. Die
Messergebnisse sind präziser,
weil die Ermittlung der Parameter an ein und derselben Probe durchgeführt wird
und somit Streuungen in der Probenzusammensetzung eliminiert werden.
Der Messvorgang ist aufgrund der Automatisierung schneller und reproduzierbarere
und weniger fehleranfällig,
da die zum Teil komplexe Probenaufbereitung (z.B. für die Elektrophorese)
durch den Menschen entfällt.
Das
Verfahren erlaubt erstmals eine kontinuierliche Überwachung von Kultivierungsprozessen,
da problemlos in kurzen Zeitintervallen gemessen werden kann. Diese
kontinuierlich Überwachung
ist wiederum eine Voraussetzung für eine kontinuierliche Steuerung
oder Regelung zur Optimierung des Prozesses.
Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
ermöglicht
die Zufuhr einer Kulturprobe zu den einzelnen Analyseeinrichtungen.
Die Probe einer Kulturbrühe
kann entweder manuell aus einem Kulturbehälter oder mehreren Kulturbehältern gezogen
werden, oder über
eine automatische (on-line) Probenzufuhr, der Analysevorrichtung,
zugeführt
werden. Durch eine automatische Zuführung (z.B. mit Hilfe eines
Röhren-
oder Robotersystems) und durch die Anbindung einer in-situ Sonde
ließen
sich die Messintervalle immer weiter verkürzen, was eine Steigerung der
Präzision
von Regelungvorgängen
ermöglicht.
Außerdem ist
das erfindungsgemäße Verfahren
durch Ankopplung von und/oder Austausch gegen andere Analysemethoden
erweiterbar, um noch mehr Prozessparameter zu ermitteln (z.B. Nährstoffgehalt
oder Partialdrücke
von Gasen) oder dazu andere Meßmethoden
zu verwenden. Mit Hilfe einer derart verbesserten Sensorik lassen
sich Kultivierungsprozesse noch weiter optimieren. Darüber hinaus
kann das umfangreiche Datenmaterial dazu genutzt werden, neue, verbesserte
Modelle der Vorgänge
in Kultivierungsbehälter
zu entwickeln, die wiederum durch Simulation zu weiteren Optimierungen
genutzt werden können.
Zusätzliche
Analyten
Neben
den spezifischen Produktionsraten sind weitere Parameter bzw. Analyte
zur Bewertung, Steuerung und Regelung biotechnologischer Kultivierungsprozesse
von Bedeutung. Diese werden im folgenden beispielhaft und nicht
abschließend
aufgezählt.
Die gleichzeitige und präzise
Messung eines oder mehrerer dieser Parameter sind mögliche Erweiterungen
des hier beschriebenen Verfahrens und der hier beschriebenen Vorrichtung.
Die
wichtigsten Parameter sind
- • die Konzentration von Nährstoffen,
wie etwa Nährsalze,
verschiedene Zucker, Proteine, Aminosäuren, Fette
- • die
Konzentration an Stoffwechselprodukten (z.B. Laktat, organische
Säuren,
Hormonen, Proteinen, Fetten, Zuckern)
- • die
genauen Produkteigenschaften (Bindungskonstanten, molekulare Eigenschaften
des produzierten Biomoleküls,
Glykosilierung und Faltung des Biomoleküls)
- • die
Temperatur im Kultivierungsbehälter
- • die
Partialdrücke
verschiedener Gase (z.B. O2, CO2)
- • die
Konzentration an freien Wasserstoffionen (der pH-Wert)
Die
gleichzeitige und automatisierte Messung und Verarbeitung all dieser
Parameter ermöglicht
eine bisher unerreichte Präzision
bei der Steuerung/Regelung von Kultivierungsprozessen.
Auf
Basis dieser Messergebnisse können
neue und präzisere
mathematische Modelle von Kultivierungsverläufen entwickelt werden, die
für die
Prozessentwicklung von großer
Bedeutung sind. Ausbeute und Produktqualität können so gesteigert werden.
Die Wirtschaftlichkeit biotechnologischer Prozesse kann mit den beschriebenen
Verfahren drastisch erhöht
werden.