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Die Erfindung betrifft zunächst ein Verfahren zur Steuerung eines Gelenkarms mithilfe einer räumlich von diesem entfernten mobilen Fernsteuereinheit. Ein solcher Gelenkarm kann an unterschiedlichen, bevorzugt mobilen Arbeitsmaschinen zum Einsatz kommen, insbesondere Bestandteil eines Saugbaggers sein, nämlich als Gelenkschlauchträger. Die Erfindung betrifft somit auch einen Saugbagger mit einem ferngesteuerten Gelenkschlauchträger.
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Bei einem Saugbagger handelt es sich um ein Fahrzeug mit einem Fahrzeuggestell, welches einen vorzugsweise auskippbaren Materialsammelbehälter trägt.
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Mehrgliedrige Gelenkarme werden in vielen Maschinen verwendet, um ein Endstück oder Endeffektor (z. B. Bohrkopf, Saugstutzen oder Hebebühne) in eine bestimmte Position und Orientierung zu bringen, bzw. entlang eines definierten Pfades zu bewegen. Die maschinennahe Bedienung über eine Steuerung des Drucks in Hydraulikzylindern oder ähnlichen Antrieben zur Bewegung einzelner Glieder des Gelenkarms ist dabei für den Benutzer relativ schwer zu erlernen und fehleranfällig. Zudem sind spezifische Anforderungen einzuhalten, z. B. das Endstück in einer definierten Orientierung zu halten oder eine optimale Verteilung der Knickwinkel einzelner Gelenke zu gewährleisten.
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Aus der
DE 38 37 670 A1 ist ein Saugbagger bekannt, umfassend einen pneumatischen Saugrüssel, einen Sammelbehälter für das aufgesaugte Erdreich, in den der Saugrüssel mündet und in dem das Erdreich aus dem Saugluftstrom abgeschieden wird, sowie ein an den Sammelbehälter angeschlossenes Sauggebläse zur Erzeugung des Saugluftstroms.
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Die
DE 198 51 111 C1 beschreibt einen Saugbagger mit einer im Materialsammelbehälter in Fahrtrichtung vorn angeordneten Sammelkammer und in Fahrtrichtung hinten liegendem Filter.
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Für die Führung des Saugschlauches eines Saugbaggers haben sich zwei Varianten etabliert, der Teleskopschlauchträger und der Gelenkschlauchträger, welcher eine besondere Ausführung eines Gelenkarms darstellt. Der Teleskopschlauchträger führt den Schlauch nur teilweise, sodass der Saugstutzen, an welchem das Material aufgenommen wird, durch einen Bediener manuell geführt werden muss. Seit einigen Jahren wird deshalb der Gelenkschlauchträger (auch als Kraftarm, Führungsarm oder Gelenkausleger bezeichnet) bevorzugt. Er bietet den Vorteil einer vollständigen hydraulischen Führung und guter Stabilität. Dies ermöglicht eine genauere Ansteuerung der Arbeitsbewegungen ohne manuellen Kraftaufwand und unter Nutzung einer bevorzugt mobilen, vom Bediener tragbaren Fernsteuereinheit.
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Aus der
DE 90 16 448 U1 ist ein Saugbagger mit einem fernsteuerbaren Gelenkausleger bekannt. Durch einzelne Lenker lässt sich der Saugkopf mittels hydraulischer Druckzylinder per Fernsteuereinheit in eine gewünschte Saugstellung steuern.
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Die
DE 10 2016 106 427 A1 beschreibt ein Verfahren zur Steuerung der Bewegung eines Gelenkschlauchträgers mit mehreren Gliedern, wobei zwischen benachbarten Gliedern jeweils mithilfe eines Antriebs eine Winkeländerung bewirkbar ist. Dabei wird die Ausgangsstellung der Glieder mithilfe von Sensoren ermittelt, ein Richtungsvektor und ein Geschwindigkeitsparameter eingelesen, sowie eine Zielposition bestimmt, die eine Saugkrone am freien Ende des letzten Glieds einnehmen soll. Nachfolgend werden Winkeländerungen bestimmt, die an den Gliedern ausgeführt werden müssen, um die Zielposition zu erreichen, derart dass die Saugkrone entlang einer geraden Bewegungsbahn in die Zielposition verfährt. Die den Gliedern zugeordneten Antriebe werden angesteuert, um die zuvor bestimmte Winkeländerung an den Gliedern zu bewirken. Es folgt ein zyklisches Wiederholen der genannten Verfahrensschritte, bis der Richtungsvektor und/oder der Geschwindigkeitsparameter gleich Null sind.
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Wenngleich sich die Bedienung eines Gelenkarms, insbesondere eines Gelenkschlauchträgers mit dem in der
DE 10 2016 106 427 A1 beschriebenen Verfahren deutlich vereinfacht, da der Benutzer nicht mehr zahlreiche Einzelantriebe des Gelenkschlauchträgers direkt steuern muss, sondern z. B. durch Auslenken eines Joysticks an der Fernbedieneinheit einen Richtungsvektor vorgeben kann, welchen die Steuereinheit dann in Ansteuersignale für die Einzelantriebe überführt, verbleibt die Schwierigkeit, dass der Bediener diesen Richtungsvektor bezogen auf die jeweils vom Saugstutzen eingenommene Position selbst bestimmen muss. Befindet sich der Bediener beispielsweise in einem Winkel von 90° zur Bewegungsebene des Gelenkschlauchträgers, so muss er für eine in dieser Ebene auszuführende Verlagerung der Saugkrone den Joystick rechtwinklig zu der Ebene verlagern, da der vom Benutzer an der Fernbedienung eingeprägte Richtungsvektor die Position bzw. Orientierung der mobilen Fernsteuereinheit nicht berücksichtigt. Dies erfordert für eine korrekte Steuerung weiterhin viel Übung und ein gutes räumliches Abstraktionsvermögen des Benutzers.
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Eine Aufgabe der Erfindung ist ausgehend von der
DE 10 2016 106 427 A1 , ein verbessertes Verfahren zur Steuerung eines Gelenkarms, insbesondere eines Gelenkschlauchträgers, mit einer räumlich von diesem entfernten mobilen Fernsteuereinheit bereitzustellen, mit welchem die Bedienung erleichtert und damit auch für weitgehend ungeübte Benutzer möglich wird. Außerdem soll die Erfindung einen Saugbagger zur Ausführung eines solchen Verfahrens bereitstellen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren gemäß dem beigefügten Anspruch 1 sowie durch einen Saugbagger gemäß Anspruch 10.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Steuerung eines Gelenkarms mit einer räumlich von diesem entfernten mobilen Fernsteuereinheit umfasst zunächst die folgenden Schritte: Es wird ein stationäres Maschinenkoordinatensystems definiert, welches an den Gelenkarm bzw. die diesen tragenden Maschineneinheit (Saugbagger) gebunden ist. Das Maschinenkoordinatensystem ist quasi stationär, soweit die Maschineneinheit nicht örtlich verändert wird. Die Bewegung des Gelenkarms lässt sich beispielsweise durch Vektoren in dem Maschinenkoordinatensystem darstellen. Auf diese Weise wird die Position mindestens eines Endstücks am freien Ende des Gelenkarms in diesem Maschinenkoordinatensystem bestimmbar, vorzugsweise als Endpunkt eines Richtungsvektors. Als Endstück dient beispielsweise an einem Saugbagger ein Saugstutzen; an anderen Einheiten kann das Endstück durch ein Werkzeug, einen Greifer, ein Rohrstück oder ein ähnliches Element gebildet sein, welches zu einer auszuführenden Arbeitsaufgabe an einem Arbeitsort positioniert werden soll.
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In einem weiteren Schritt wird ein dynamisches Eingabekoordinatensystems definiert, welches an die mobile Fernsteuereinheit gebunden ist. Im Betrieb kann es somit Situationen geben, in denen das stationäre Maschinenkoordinatensystem des Gelenkarms dieselbe Orientierung aufweist wie das dynamische Eingabekoordinatensystem der Fernsteuereinheit, im Regelfall werden diese beiden Koordinatensysteme aber nicht deckungsgleich sein, sodass eine Abweichung in einer oder mehreren Koordinaten besteht.
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Nachdem die beiden Koordinatensysteme definiert sind, wird eine Abweichung zwischen der Raumorientierung des Eingabekoordinatensystems gegenüber dem Maschinenkoordinatensystem bestimmt. Diese Abweichung kann beispielsweise als ein Abweichungsvektor bestimmt werden. Die Abweichung repräsentiert damit auch die räumliche Lage des dynamischen Eingabekoordinatensystems innerhalb des stationären Maschinenkoordinatensystems, welches daher auch als übergeordnetes Koordinatensystem verstanden werden kann. Alternativ dazu kann ein eigenes übergeordnetes Weltkoordinatensystem definiert werden, in welchem die Orientierungen des Maschinenkoordinatensystems und des Eingabekoordinatensystems bestimmbar sind und zueinander ins Verhältnis gesetzt werden können, um eine Abweichung zu ermitteln.
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Um eine gesteuerte Bewegung des Endstücks des Gelenkarms zu veranlassen, wird im dynamischen Eingabekoordinatensystem eine über Bedienelemente der Fernsteuereinheit vom Benutzer eingegebenen Soll-Bewegungsrichtung und Soll-Bewegungsgeschwindigkeit des Gelenkarms erfasst, vorzugsweise als ein Soll-Bewegungsvektor. Der Benutzer betätigt dabei beispielsweise einen Joystick an der Fernsteuereinheit und Sensoren der Fernsteuereinheit erfassen Geschwindigkeit und Richtung der Joystickauslenkung als Soll-Bewegungsvektor.
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In einem folgenden Schritt wird der Soll-Bewegungsvektor bzw. I die Soll-Bewegungsrichtung in das stationäre Maschinenkoordinatensystem transformiert, unter Anwendung der zuvor bestimmten Abweichung zwischen dem Eingabekoordinatensystem und dem Maschinenkoordinatensystem, um einen transformierten I Bewegungsvektor bzw. transformierte Bewegungsrichtung im Maschinenkoordinatensystem zu erzeugen. Diese Transformation erfolgt vorzugsweise mithilfe einer Recheneinheit, die Bestandteil der Fernsteuereinheit oder der den Gelenkarm umfassenden Maschineneinheit sein kann. Die und Soll-Bewegungsgeschwindigkeit muss nicht transformiert werden, da sie unabhängig von der Orientierung des Eingabekoordinatensystems erfasst wird.
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Schließlich wird der transformierte Bewegungsvektor an eine Gelenkarm-Steuereinheit übertragen, welche sodann mindestens eine Antriebseinheit des Gelenkarms ansteuert, um das Endstück zu der durch den transformierten Bewegungssektor vorgegebenen Zielposition zu bewegen. Diese Bewegung kann durch Ansteuerung eines, mehrerer oder sämtlicher Antriebe am Gelenkarm veranlasst werden. Eine besonders bevorzugte Steuerung des Gelenkarms ist in der oben bereits zitierten
DE 10 2016 106 427 A1 detailliert beschrieben, die insoweit in die Offenbarung der hier erläuterten Erfindung ausdrücklich einbezogen wird.
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Der Gelenkarm ist bevorzugt ein Gelenkschlauchträger, der besonders bevorzugt mehrere Tragwerkselemente, vorzugsweise fünf oder sechs Glieder (auch als Trägerabschnitte bezeichnet), Hydraulikzylinder zum Antrieb der einzelnen Trägerabschnitte, sowie eine Aufnahme am Rahmen des Saugbaggeraufbaus umfasst. Des Weiteren ist vorteilhaft ein Schwenkantrieb vorgesehen, zum Erzeugen eines Arbeitsradius des Gelenkschlauchträgers.
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Ein erfindungsgemäßer Saugbagger zeichnet sich dadurch aus, dass er eine Steuereinheit zur Steuerung der Bewegung des Gelenkschlauchträgers umfasst, die konfiguriert ist, um das erfindungsgemäße Verfahren auszuführen. Vorzugsweise ist ein Materialsammelbehälter so am Saugbagger befestigt, dass er ausgekippt werden kann. Vorzugsweise besitzt der Saugbagger, der das beschriebene Verfahren zur Steuerung der Bewegung des Gelenkschlauchträgers ausführt, an jedem Glied des Gelenkschlauchträgers einen Sensor, der direkt oder indirekt zur Bestimmung des Winkels geeignet ist, der sich einstellt, wenn zwei einander benachbarte Glieder sich um das zwischen ihnen liegende Gelenk unter der Einwirkung eines zugeordneten Antriebs bewegen. Die Ansteuerung der Antriebe mittels der Steuerelektronik erfolgt dabei derart, dass sich EinstellWinkel ergeben, die es im Rahmen einer sogenannten inversen Kinematik erlauben, dass das letzte Glied (Endstück) oder die Saugkrone bzw. der Saugstutzen mindestens in einer X-Y-Ebene frei bewegt werden kann. Eine Vorgabe über die Steuerung für eine Änderung der Position der Saugkrone, die das Endstück darstellt, erfolgt dabei in dem dynamischen Eingabekoordinatensystem der Fernsteuereinheit und mit nachfolgender Transformation in das stationäre Maschinenkoordinatensystem des Gelenkschlauchträgers bzw. des Saugbaggers. Dergestalt lässt sich mit nur einem Joystick und einer Steuereingabe an diesem durch die Bedienperson zielgerichtet und auf direktem Weg die Saugkrone bzw. das Endstück des Gelenkschlauchträgers an die vorgegebene Position bringen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren gestattet vorteilhafterweise die Steuerung der Position eines Endstücks an einem beweglichen Gelenkarm mit beliebig vielen Gliedern mit jeweils eindimensionaler Rotation um die Gelenke des Gelenkarms durch die direkte Eingabe von Bewegungsrichtung und Bewegungsgeschwindigkeit, vorzugsweise als eine Bewegungsvektor
im dynamischen Eingabekoordinatensystem M
I einer mobilen Fernsteuereinheit.
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Das hier beschriebene Verfahren gestattet die Automatisierung komplexer Bedienvorgänge auf Basis von Bewegungseingaben im dynamischen Eingabekoordinatensystem der Fernsteuereinheit und vereinfacht dadurch die Bedienprozesse für den Benutzer. Die Eingaben zur gewünschten Bewegung des Endstücks werden im dynamischen Eingabekoordinatensystem der Fernsteuereinheit interpretiert und sind dadurch unabhängig von der relativen Orientierung zwischen Maschine und Fernsteuereinheit, bzw. von der Position und Orientierung des Benutzers.
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Bei einer vorteilhaften Ausführungsform erfolgt die Definition des Eingabekoordinatensystems der Fernsteuereinheit unter Bestimmung eines Gravitationsvektors
wobei die erfasste Soll-Bewegungsrichtung korrigiert wird, um eine Abweichung zwischen der Lage der Vertikalachse der Fernsteuereinheit und der Gravitationsachse auszugleichen. Die Kenntnis über den Gravitationsvektor, vorzugsweise in beiden Koordinatensystemen ist relevant, um Eingaben, die im Eingabekoordinatensystem planar auf einer horizontalen Ebene gewünscht sind, entsprechend planar, also orthogonal zum Gravitationsvektor, an der Maschine bzw. dem Gelenkarm auszuführen, auch wenn das Eingabekoordinatensystem (also die Fernsteuereinheit) gegenüber der Horizontalen geneigt ist. Damit soll verhindert werden, dass das Endstück durch einen horizontalen Eingabevektor diagonal nach oben oder unten bewegt wird, nur weil die Fernsteuereinheit im Moment der Eingabe geneigt ist. Vorzugsweise werden Eingaben nur angewandt, wenn die Fernbediendung weniger als 45 Grad geneigt ist, die Eingaben also interpretierbar sind und dann nur die abweichende Rotation um die Gravitationsachse berücksichtigt wird. Als Referenz kann z.B. das Erdmagnetfeld genutzt werden. Die Definition des Eingabevektors an der Fernsteuereinheit erfolgt somit bevorzugt unter Berücksichtigung des Gravitationsvektors, um eine Soll-Bewegungsrichtung des Endstücks unabhängig von der Neigung der Fernsteuereinheit relativ zum Gravitationsvektor zu bestimmen, während die Rotation der Fernsteuereinheit um die Gravitationsachse (im Flugwesen auch als Gierwinkel bekannt) die Soll-Bewegungsrichtung beeinflusst.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist eine rechnerische Nivellierung des dynamischen Eingabekoordinatensystems anhand eines Gravitationsvektors
durch Übertragung in das stationäre Maschinenkoordinatensystem möglich. Damit kann eine automatische Anpassung der Rotation im Gelenk des Endstücks erfolgen, um dessen Neigungswinkel relativ zum Gravitationsvektor automatisch beizubehalten.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform werden die oben genannten Verfahrensschritte wie folgt konkretisiert, ergänzt und ausgeführt:
- - an der Fernsteuereinheit werden Soll-Bewegungsrichtung und Soll-Bewegungsgeschwindigkeit (Soll-Bewegungsvektor ) im dynamischen Eingabekoordinatensystem MR erfasst;
- - der so definierte Soll-Bewegungsvektors VI wird in das stationäre Maschinenkoordinatensystem MM des Gelenkarms transformiert;
- - im stationären Maschinenkoordinatensystem MM wird eine neue Zielposition des Endstücks durch ein vorgegebenes Zeitfenster der Bewegung berechnet;
- - es werden Kugelkoordinaten (ϕ, ϑ, r) dieser Zielposition berechnet;
- - ausgehend von aktuellen Werten wird eine binäre Suche nach einem Referenzwinkel αR zur Erreichung der Länge r bei vordefinierten Verhältnissen der Gelenkwinkel α1 bis αn ausgeführt;
- - Anpassung des ersten Gelenkwinkels α0 zur Erreichung des korrekten Polarwinkels ϑ;
- - Anpassung des Winkels zum Endstück αE, um eine gleichbleibende Orientierung im kartesischen stationären Maschinenkoordinatensystem MM des Gelenkarms bzw. der ihn tragenden Maschineneinheit zu gewährleisten;
- - Prüfung aller Zielwinkel auf mechanische Erreichbarkeit (valide Wertebereiche);
- - wenn ein Zielwinkel nicht valide ist, Stopp oder Neuberechnung durch erneute binäre Suche mit angepassten Winkelverhältnissen;
- - wenn alle Zielwinkel valide sind, gleichzeitige Anpassung aller Gelenkwinkel durch Öffnung der Hydraulikventile des Gelenkarms im Verhältnis zur jeweils verbleibenden Abweichung vom Zielwinkel (und bei Bedarf unter Berücksichtigung des bestehenden Drucks) in einem Regelkreis bis alle Zielwinkel erreicht wurden.
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Es wurde oben gezeigt, dass es für die Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahren wesentlich ist, dass eine Abweichung zwischen dem stationären Maschinenkoordinatensystem des Gelenkarms (der Maschineneinheit) und dem dynamischen Eingabekoordinatensystem der Fernsteuereinheit bestimmt und bei der Transformation des Soll-Bewegungsvektors angewendet wird. Die Genauigkeit der Steuerung hängt somit davon ab, dass die Orientierung der beiden Koordinatensysteme präzise bestimmt wird. Dies kann insbesondere unter den rauen Bedingungen einer Baustelle zu Problemen führen. Nachfolgend werden daher bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung dargestellt, die dieses Teilproblem ansprechen und lösen, insbesondere die präzise Messung der Position und Orientierung der Fernsteuereinheit, des Endstücks sowie der Stellung bzw. eingenommenen Winkel der einzelnen Gelenke des Gelenkarms.
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Zur Erfassung der Messwerte können generell verschiedene, an sich bekannte 3D-Messsysteme genutzt werden, um die erforderlichen Daten hochfrequent zu erfassen. Beim Einsatz von Baumaschinen auf Baustellen müssen jedoch zusätzliche Einschränkungen berücksichtigt werden, beispielsweise:
- - ultraschallbasierte Systeme arbeiten unzuverlässig, wenn zu viele Störgeräusche und variable Schallreflektoren vorhanden sind;
- - elektromagnetische Systeme werden durch die Metallgehäuse und Elektromotoren von Baumaschinen gestört;
- - funkbasierte Systeme und Radar sind ungenau und werden von hoher lokaler Dynamik gestört;
- - optische Systeme werden leicht durch Sonnenlicht überstrahlt (auch Infrarot), passiv beleuchtete Marker sind hier robuster;
- - optische Systeme leiden generell unter Verstaubung und visuellen Verdeckungen durch bewegte Bauelemente, Werkzeuge und Maschinen; bei Dunkelheit benötigen sie künstliche Beleuchtung;
- - mechanische Messsysteme sind generell störanfällig an beweglichen Teilen, insbesondere jedoch in Umgebungen mit starken Umwelteinflüssen;
- - Inertialsensoren werden bei der Messung von Beschleunigungen (z. B. bei der Erfassung des Gravitationsvektors) durch Vibrationen der Maschineneinheiten gestört und die Messung des Erdmagnetfeldes kann durch lokale elektromagnetische Felder, z. B. von Elektromotoren, gestört werden.
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Zur Überwindung der genannten Schwierigkeiten und Beschränkungen werden nachfolgend verschiedene Lösungen aufgezeigt, die einzeln oder in Kombination im Rahmen der Erfindung einsetzbar sind. Sie stellen somit bevorzugte Ausführungsformen dar, die insbesondere an einem erfindungsgemäßen Saugbagger einsetzbar sind.
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Vorzugsweise werden zur Erfassung der Orientierung des Eingabekoordinatensystems in Relation zur Orientierung des Maschinenkoordinatensystems verschiedene Messsysteme angewendet, insbesondere optische Messsysteme, mit denen passiv oder aktiv beleuchtete Marker erfassbar sind; Inertialsensoren, mit denen der Gravitationsvektor und das Erdmagnetfeld bestimmenbar sind. Ebenso kann eine manuelle Einstellung der relativen Orientierung durch den Bediener vorgenommen werden.
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Bevorzugt wird zur Definition des Eingabekoordinatensystems die relative Rotation um die Gravitationsachse des Eingabekoordinatensystems und des Maschinenkoordinatensystem aus einer Positionsmessung von mindestens zwei Punkten abgeleitet. Dazu werden vorzugsweise optische Systeme auf Basis passiv beleuchteter Marker im Spektrum des sichtbaren Lichts bzw. laserbasierte Positionsmesssysteme eingesetzt. Solche Systeme sind bekannt als „Lighthouse“; es handelt sich um laserbasierte Inside-Out-Positionsverfolgungssysteme.
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Solche Systeme sind beispielsweise in der
US 10 338 186 B2 beschrieben. Sie nutzen zwar aktives Licht (meist Infrarot), dieses kann in einem gepulsten Laser jedoch hell genug sein, um sich von Sonnenlicht als Signal abzuheben. Hochenergetische Laser bergen allerdings auch die Gefahr der Blendung umstehender Personen. Die Kombination passiv beleuchteter Marker und hochauflösender Kameras im sichtbaren Lichtspektrum ist aus Gründen der Arbeitssicherheit und der Kosten eine besonders bevorzugte Variante.
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Außerdem kann eine Kamera an der Maschineneinheit (z. B. Saugbagger), welche den Gelenkarm trägt, auf einem Stativ und/oder an der Fernsteuereinheit platziert sein. Eine einzelne Kamera bietet jedoch keine Tiefeninformationen. Auf einem Stativ und/oder am Fahrzeug können daher vorzugsweise leistungsfähige Stereokameras installiert werden.
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Insbesondere an der Fernsteuereinheit kann eine Kamera mit wenig Aufwand angebracht und leicht gereinigt werden. Eine robuste Erfassung von 3D-Informationen ist hier durch Bewegung erreichbar, während die aufgenommenen Elemente (Maschineneinheit, Gelenkarmglieder und Endstück) still stehen. Die Nutzung optischer 3D-Messsysteme eignet sich daher besonders für eher seltene Vergleichsmessungen zur Kalibrierung anderer Messungen.
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Ein mechanisches Messsystem bietet sich an, da der Gelenkarm bereits die mechanische Grundstruktur bietet und dieser auch robust genug für den rauen Baustelleneinsatz ausgeführt ist. Die Messung der Winkel zwischen einzelnen Gelenkgliedern ist sowohl mechanisch als auch durch den Einsatz von Inertialsensoren realisierbar. Letztere können jedoch durch Vibrationen an der Maschineneinheit gestört werden. Diese Störungen können durch entsprechende Tiefpassfilter korrigiert werden, was jedoch auch eine Reduktion der erreichbaren Aufnahmefrequenz mit sich bringt und dadurch den Regelkreis zur Reduktion von Winkelfehlern für die Zielposition des Endstücks beeinträchtigt. Bei der Nutzung von Inertialsensoren muss auch die Neigung der kompletten Maschineneinheit beachtet werden, um aus den gemessenen Gravitationsvektoren korrekte Knickwinkel der Gelenkarmglieder abzuleiten.
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Eine bevorzugte Ausführungsform verwendet mechanische Drehwinkelgeber. Eine abgewandelte Ausführungsform verwendet am Gelenkarm Hydraulikzylinder mit linearen Positionssensoren, um die Stellung der einzelnen Gelenke zu bestimmen. Aus der Auslenkung der Hydraulik lassen sich durch Berücksichtigung der mechanischen Geometrie auch die resultierenden Knickwinkel zwischen Gelenkarmgliedern ableiten.
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Potenzielle Fehler aus hochfrequenten mechanischen Messungen können durch niederfrequente Messungen der Inertialsensoren erkannt und korrigiert werden. Bevorzugt werden daher hoch- und niederfrequente Messungen miteinander kombiniert. Vorzugsweise werden außerdem (in noch geringerer Häufigkeit) optische Messungen an passiv beleuchteten Markern durch eine Kamera, vorzugsweise in der Fernsteuereinheit hinzugenommen, insbesondere für eine regelmäßige Kalibrierung des Gesamtsystems. In besonders sensiblen bzw. kritischen Momenten kann zusätzlich eine kontinuierliche optische Verfolgung des Endstücks erfolgen.
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Bei einer abgewandelten Ausführungsform können eine oder mehrere Kameras in der Fernsteuereinheit die relative Orientierung der Fernsteuereinheit zum Endstück des Gelenkarms und/oder zum Fahrzeug (Saugbagger) messen.
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Die Fernsteuereinheit kann vorzugsweise ebenso wie die Gesamtmaschine und auch das Endstück mit einem 3D-Inertialsensor (IMU) ausgestattet werden. Für die richtige Interpretation der Bewegungseingaben ist außerdem die Messung des Erdmagnetfeldes relevant. Um Störungen und daraus resultierende Fehler schnell zu erkennen, können die Werte mehrerer IMUs an möglichst weit entfernten, aber mechanisch fest gekoppelten Positionen miteinander verglichen werden.
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Weitere Einzelheiten, Vorteile und Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsform unter Bezugnahme auf die Zeichnung. Es zeigen:
- 1 eine symbolisierte erste Darstellung eines Gelenkarms und einer Fernsteuereinheit zur Ausführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Steuerung des Gelenkarms;
- 2 eine symbolisierte zweite Darstellung des Gelenkarms zur Verdeutlichung der Position eines Endstücks relativ zu einem Wurzelgelenk;
- 3 eine Graphen-Darstellung möglicher Relationen zwischen einem dynamischen Eingabekoordinatensystem der Fernsteuereinheit und einem stationären Maschinenkoordinatensystem des Gelenkarms mit der Position des Endstücks;
- 4 ein Ablaufdiagramm einer Prozesskette zur Berechnung aller Winkel des Gelenkarms aus einem Soll-Bewegungsvektor im dynamischen Eingabekoordinatensystem;
- 5 eine symbolisierte dritte Darstellung des Gelenkarms zur Verdeutlichung der Teilung von Winkeln zwischen den Gliedern des Gelenkarms;
- 6 eine Illustration der Verkettung von Vektoren zur Berechnung eines Punktes und dessen Abstand vom Wurzelgelenk.
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1 zeigt als Prinzipskizze einen Gelenkarm 01, bei dem es sich in der nachfolgend beispielhaft betrachteten Ausführungsform um einen Gelenkschlauchträger eines Saugbaggers (nicht gezeigt) handelt. Der Gelenkarm 01 besitzt mehrere Gelenkarmglieder Ln, die jeweils über Gelenke Jn miteinander verbunden sind. Räumlich getrennt vom Gelenkarm 01 ist eine Fernsteuereinheit 02 vorgesehen, mit der ein Benutzer 03 die gewünschten Bewegungen des Gelenkarms 01 steuern kann. Die Fernsteuereinheit 02 und eine Gelenkarm-Steuerung (nicht gezeigt) wirken zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Steuerung des Gelenkarms zusammen. Letztlich ist es dabei das Ziel, ein Endstück 04 (auch Endeffektor genannt), welches sich am freien Ende des Gelenkarms 01 befindet, an eine gewünschte Zielposition zu verfahren, um dort eine Arbeitsaufgabe zu verrichten. Beim Saugbagger besteht diese Arbeitsaufgabe regelmäßig in der Aufnahme von Material, z. B. Bodenaushub, mithilfe des von einer Ventilatoreinheit des Saugbaggers erzeugten Unterdrucks, und der Weiterleitung des Materials durch einen vom Gelenkarm getragenen Saugschlauch in einen Materialsammelbehälter.
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In den 1, 2, 5, 6 sind für das leichtere Verständnis jeweils Koordinatensystemsymbole eingezeichnet, wobei Koordinatensystemsymbole ohne Pfeilspitzen ausschließlich eine Orientierung repräsentieren aber keine relevante Position.
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Die Gelenkarmglieder Ln rotieren um die Gelenke Jn. Die Orientierung des Gelenkarms 01 wird in einem stationären Maschinenkoordinatensystems MM abgebildet, während die Orientierung der Fernsteuereinheit 02 in einem dynamischen Eingabekoordinatensystem MI definiert ist.
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2 zeigt ebenfalls den prinzipiellen Aufbau des Gelenkarms 01 gemäß 1. Die hier eingezeichneten Winkelbereiche dienen vor allem der Darstellung der Position des Endstücks 04. Das Endstück 04 ist am letzen Gelenk JE angebracht und kann auch als Endeffektor verstanden werden, dessen Position PE am letzten Gelenk JE liegt. Die Bewegung des Endeffektors PE ist in 2 relativ zum Wurzelgelenk J0 oder auch zum ersten Gelenk J1, welches am Saugbagger gegenüber dem Wurzelgelenk J0 lediglich um die Z-Achse rotierbar ist (keine Winkelveränderung zwischen J0 und J1), in Kugelkoordinaten (ϕ, ϑ, r) dargestellt. Auf diese Darstellungsart beziehen sich auch die nachfolgenden Erläuterungen zur Ausführung des Verfahrens.
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Zur funktionalen Umsetzung des Verfahrens zur Steuerung des Gelenkarms in der Ausführungsform des Gelenkschlauchträgers eines Saugbaggers werden folgende Annahmen zugrunde gelegt:
- a) Der Gelenkarm 01 besteht ausschließlich aus eindimensionalen Rotationsgelenken Jn, wobei alle Gelenke J1 bis Ji identisch orientiert sind und nur am Wurzelgelenk J0 oder J1 eine zusätzliche Rotation mit einer um 90° gedrehten Rotationsachse möglich ist.
- b) Die Bewegung des Endeffektors PE relativ zum Wurzelgelenk J0 oder J1 kann in Kugelkoordinaten (ϕ, C, r) definiert werden, wobei der Azimutwinkel ϕ ausschließlich vom Winkel des Wurzelgelenks J0 an der Aufhängung des Arms bestimmt wird und die Winkel αn aller weiteren Gelenke J1 bis Ji gemeinsam die Länge (bzw. den Kugelradius r) und den Polarwinkel ϑ bestimmen (siehe 2) .
- c) Die Verhältnisse der einzelnen Gelenkwinkel α2 bis αi sind durch Gewichte w und Offsets ovordefiniert (z. B. gleichverteilt), so dass der Radius r, d. h. der Abstand der Endeffektorposition PE zum Wurzelgelenk J0 durch die Vorgabe eines einzelnen Referenzwinkels β bestimmt werden kann: wobei im Folgenden von einer Gleichverteilung der Winkel α2 bis α5 ausgegangen wird, d. h. : wn = 1 und on = 0.
- d) Die Orientierung des Eingabekoordinatensystems MI der Fernsteuereinheit als auch des Maschinenkoordinatensystems MM sind gemeinsam in einem übergeordneten Koordinatensystem (hier Weltkoordinatensystem MW) definiert (vgl. 3a). Alternativ kann auch MI in MM (3b) oder MM in MI (3c) definiert sein. Zudem muss die Position des Endeffektors PE im Maschinenkoordinatensystem MM definiert sein. Die folgenden Beschreibungen basieren auf einer räumlichen Struktur (3a). MW muss dabei keine Ursprungsposition ausweisen, es genügt ein Referenzrahmen zur Orientierung, z. B. anhand der Gravitation und des Nordpols des Erdmagnetfeldes (siehe 1 oder 2).
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3 zeigt mögliche Relationen zwischen dem Eingabekoordinatensystem MI und dem Maschinenkoordinatensystem MM mit der Position des Endeffektors PE als Graph.
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Wie oben bereits erläutert wurde, kann die Ansteuerung mindestens einer Antriebseinheit des Gelenkarms 01 zur Bewegung des Endstücks 04 bzw. Endeffektors P
E zu einer durch den transformierten Bewegungssektor vorgegebenen Zielposition mithilfe einer an sich vorbekannten Steuerung erfolgen, wie sie beispielsweise in der
DE 10 2016 106 427 A1 beschrieben ist. Eine derartige Steuerung kann auch als inverse Kinematik bezeichnet werden, da sie die einzelnen Gelenke immer in Abhängigkeit von der Zielposition des Endstücks ansteuert. Eine mögliche technische Umsetzung dieser inversen Kinematik an einem Gelenkschlauchträger eines Saugbaggers kann wie folgt vorgenommen werden:
- 1. Die Steuerbefehle der Fernsteuereinheit werden zunächst algorithmisch verarbeitet, um den Öldruck in den Hydraulikzylindern zur Bewegung der Gelenkarmglieder indirekt zu manipulieren, sodass kontrollierte Bewegungen des Endeffektors daraus resultieren.
- 2. Der Gelenkarm besteht ausschließlich aus eindimensionalen Rotationsgelenken, wobei alle Gelenke identisch orientiert sind und nur das Wurzelgelenk J0 eine um 90° gedrehte Rotationsachse aufweist.
- 3. Die Bewegung des Gelenkarms kann in Kugelkoordinaten definiert werden, wobei der Azimutwinkel ϕ ausschließlich vom Winkel des Wurzelgelenks J0 an der Aufhängung des Arms bestimmt wird und die Winkel aller weiteren Gelenke Jn gemeinsam die Länge (bzw. den Kugelradius r) und den Polarwinkel ϑ bestimmen.
- 4. Die Verhältnisse einzelner Gelenkwinkel sind vordefiniert (z. B. gleichverteilt), sodass die gewünschte Armlänge r durch die Vorgabe eines einzelnen Winkelwertes bestimmt werden kann.
- 5. Die Winkel der Gelenkarmglieder werden mit unterschiedlichen Sensoren und Messmethoden simultan erfasst, um die jeweiligen systematischen Messfehler zu eliminieren. Bevorzugt sind dies zwei oder mehr der folgenden Sensoren:
- a. Drehwinkelgeber in den Gelenken des mehrgliedrigen Gelenkarms;
- b. lineare Positionssensoren in den Hydraulikzylindern;
- c. Inertialsensoren zur Messung des Gravitationsvektors;
- d. kamerabasierte oder laserbasierte Sensoren zur absoluten Messung von Position und Orientierung der einzelnen Gelenkarmglieder, inkl. des Endeffektors, relativ zu einer externen Messstation, z. B.:
- i. an der Maschine,
- ii. mobil auf einem Stativ,
- iii. mobil an der Fernsteuereinheit.
- 6. Die relative Orientierung von Gelenkarm und Fernsteuereinheit werden durch eine Kombination von Sensoren erfasst, um auch hier systematische Messfehler zu eliminieren. Bevorzugt sind dies:
- a. 3D-Inertialsensoren in oder an der Fernsteuereinheit und am Gelenkarm;
- b. Redundante 3D-Inertialsensoren mit möglichst großem Abstand und unbeweglicher mechanischer Verbindung, um Störeffekte lokaler Magnetfelder auf die elektronischen Kompasse zu erkennen und zu bewerten.
- c. kamerabasierte oder laserbasierte Sensoren zur absoluten Messung der Orientierung von Fernsteuereinheit, Gelenkarm und Endeffektor zueinander oder relativ zu einer externen Messstation, z. B.:
- i. an der Maschine,
- ii. mobil auf einem Stativ,
- iii. mobil an der Fernsteuereinheit.
- 7. Die Position des Endeffektors wird mit zwei Messverfahren simultan erfasst, um systematische Messfehler zu erkennen. Bevorzugt sind dies:
- a. mechanische Messung des Endeffektors auf Basis der Orientierung aller Glieder des Gelenkarms;
- b. kamerabasierte oder laserbasierte Sensoren zur absoluten Messung der Orientierung von Fernsteuereinheit, Gelenkarm und Endeffektor zueinander oder relativ zu einer externen Messstation, z. B.:
- i. an der Maschine,
- ii. mobil auf einem Stativ
- iii. mobil an der Fernsteuereinheit.
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4 zeigt ein Ablaufdiagramm der Prozesskette zur Berechnung aller Winkel α
n des Gelenkarms 01 aus einem an der Fernsteuereinheit 02 erfassten Soll-Bewegungsvektor
im Eingabekoordinatensystem M
I. Die Steuerbefehle der Fernsteuereinheit 02 werden in der in
4 gezeigten Sequenz prozessiert, um alle Zielwinkel α
n der Gelenke J
n zu ermitteln, sodass eine kontrollierte Bewegung des Endeffektors P
E entlang eines transformierten Bewegungsvektors
resultiert. Dabei erfolgt die Transformation des Soll-Bewegungsvektors
in den transformierten Bewegungsvektor unter Anwendung der zuvor bestimmten Abweichung zwischen dem Eingabekoordinatensystem M
I und dem Maschinenkoordinatensystem M
M. Eine Möglichkeit dieser Transformation wird nachfolgend im Einzelnen erläutert:
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I. Nivellierung: Der Soll-Bewegungsvektor
ist im Eingabekoordinatensystem M
I der Fernsteuereinheit gegeben. Vor der Übertragung (Transformation) von
in das Maschinenkoordinatensystem M
M wird das Eingabekoordinatensystem M
I nach dem zuvor ermittelten Gravitationsvektor
ausgerichtet bzw. nivelliert, sodass nur die Drehung der Fernsteuereinheit 02 um die Gravitationsachse berücksichtigt werden muss. Dazu wird in folgenden Teilschritten ein neues nivelliertes Eingabekoordinatensystem M
I-U konstruiert:
- 1. Zunächst wird überprüft ob das Eingabekoordinatensystem MI zum Gravitationsvektor weniger als 90° geneigt ist, d. h. dass das Skalarprodukt eines Einheitsvektors entlang der z-Achse des Eingabekoordinatensystems mit dem Inversen des normierten Gravitationsvektors in einem gemeinsamen Weltkoordinatensystem MW kleiner als null ist, also beide in unterschiedliche Richtungen zeigen: (unter der Annahme, dass bereits im Weltkoordinatensystem MW definiert ist)
Andernfalls ist die Fernsteuereinheit nach unten gekippt und keine eindeutige Interpretation des Eingabevektors möglich. Die Steuerung des Gelenkarms sollte in diesem Fall unterbrochen werden.
- 2. Wenn die Vorbedingung erfüllt ist, werden die Achsen des nivellierten Eingabekoordinatensystems MI-U durch die Berechnung von Kreuzprodukten zwischen der x- oder y-Achse des Eingabekoordinatensystems und dem Gravitationsvektor (im gemeinsamen Weltkoordinatensystem MW) konstruiert (hier am Beispiel der y-Achse, also eines Einheitsvektors entlang der y-Achse ).
- 3. Um den Soll-Bewegungsvektors entsprechend zu nivellieren, wird dieser einfach mit identischen Werten im nivellierten Eingabekoordinatensystem MI-U ausgedrückt.
- II. Eingabetransformation: Der nivellierte Eingabevektor VI-U kann nun durch folgende Berechnungsvorschrift im Maschinenkoordinatensystem ausgedrückt werden:
- III. Neue Zielposition: Ist die aktuelle Position des Endeffektors als Punkt PE im Maschinenkoordinatensystem MM bekannt, so kann die neue Zielposition P'E durch Verschiebung entlang des transformierten Bewegungsvektors im Maschinenkoordinatensystem berechnet werden.
- IV. Sphärische Koordinaten: Die Zielposition des Endeffektors ist in Kugelkoordinaten umzurechnen
-
Dabei ist die Orientierung des Maschinenkoordinatensystems zu beachten und die resultierenden Winkelwerte bei Bedarf um ein Vielfaches von π/2 zu verschieben. Alternativ können alle drei Werte der Kugelkoordinaten auch durch Vektorberechnungen ermittelt werden. Dabei ist der Radius r, bzw. die Entfernung der Zielposition P'
E vom Wurzelgelenk J
1 die Länge des Vektors zwischen beiden Punkten.
-
Der Schwenkwinkel α
0 = φ ist das Skalarprodukt eines Einheitsvektors entlang einer Referenzachse im Maschinenkoordinatensystem M
M (z. B. die x-Achse
in den
1 und
2) und der normierten Projektion von
auf die Horizontalebene des Maschinenkoordinatensystems M
M (z. B. die x/y-Ebene in den
1 und
2). Zur Projektion von
auf die gewünschte Ebene, kann die Vektorkomponente der zu ignorierenden Dimension (z. B. z) auf null gesetzt werden. Die Projektion kann durch Kreuzprodukte notiert werden, z. B.:
ϑ ist das Skalarprodukt eines Einheitsvektors entlang einer Referenzachse im Maschinenkoordinatensystems M
M (z. B. die z-Achse
in den
1 und
2) und des normierten Vektors
im Maschinenkoordinatensystem M
M.
-
Der Schwenkwinkel ist als Ergebnis dieses Verfahrensschrittes bereits gegeben:
-
Wenn P
E = J
E, teilt der Vektor
den Winkel α
1 in die Bestandteile α
1a und α
1b sowie α
E in α
Ea und α
Eb (siehe
5) wobei gilt:
-
V. 2D Inverse Kinematik: Die Berechnung der Winkel α
1 bis α
t kann in einem zweidimensionalen Koordinatensystem gelöst werden, da alle Gelenke J
1 bis J
i auf der gleichen Ebene liegen und um parallele Achsen rotieren. Die Größen der Winkel α
1 bis α
i definieren zusammen mit den Längen der anliegenden Glieder L
1 bis L
i die Länge des Vektors
Gesucht werden die Winkel α
1 bis α
i mit denen gilt:
-
Eine analytische Lösung gibt es nur in Spezialfällen. Als generischen Lösungsweg für eine beinahe beliebige Anzahl von Gliedern, variierende Verhältnisse der Winkel α2 bis αi sowie unterschiedlichen Längen der anliegenden Glieder L1 bis Li wird der folgende mögliche Lösungsweg beschrieben:
- 1. Die geometrischen Beziehungen der längenrelevanten Glieder L1 bis Li werden isoliert in einem unabhängigen 2D-Koordinatensystem ausgedrückt, wobei L1 an der x-Achse ausgerichtet wird (da α1 keinen Einfluss auf die Vektorlänge hat; siehe 5 und 6) .
- 2. Jedes der längenrelevanten Glieder L1 bis Li wird nun als 2D-Vektor in diesem Koordinatensystem ausgedrückt und entsprechend der Winkel αn mit γn = αn - π rotiert (siehe 6) . Für L1 gilt dabei γ1 = 0, da L1 entlang der x-Achse ausgerichtet ist.
Die Koordinaten der Vektoren bis berechnen sich jeweils wie folgt (mit l1 bis li als Längen der Glieder L1 bis Li):
- 3. Aus der Verkettung der resultierenden 2D Vektoren bis resultiert ein Punkt PR (siehe 6) .
- 4. Nun gilt es die passenden Werte γn zu finden, bei denen der Abstand dem Zielabstand entspricht. Alle Werte γn werden durch einen gemeinsamen Referenzwinkel β definiert, da γn = αn - π und αn nur durch vordefinierte Gewichte wn und Offsets on von β abweichen. Zur Suche nach dem passenden β wird ein binärer Suchalgorithmus eingesetzt. Neben den globalen Parametergrenzen βmin und βmax sind hier auch lokale Begrenzungen αn-min und αn-max zu berücksichtigen. Bei Bedarf ermöglichen lokale Gewichte wn und Offsets on eine Optimierung des Bewegungsspielraums des gesamten Gelenkarms.
- 5. Aus dem gefundenen Wert von β lassen sich nun unter Berücksichtigung der lokalen Gewichte wn und Offsets on alle Winkelwerte von α2 bis αi ableiten. α1 setzt sich zusammen aus α1a, welches bereits im Schritt IV. bei der Übersetzung in Kugelkoordinaten gefunden wurde, und α1b. Letzterer ist der Winkel, also das Skalarprodukt zwischen dem normierten Vektor und einem Einheitsvektor entlang der x-Achse des hier genutzten Hilfskoordinatensystems:
-
VI. Ausrichtung Endstück: Für die Berechnung des letzten verbliebenen Winkels α
E, ist nach der Ermittlung von
und der Einzelvektoren
bis
auch bereits ein Teil berechenbar:
α
Eb lässt sich als Skalarprodukt von
und einem Vektor in der Zielorientierung des letzten Gliedes
beschreiben. Da letzteres relativ zum Gravitationsvektor
definiert wird, nutzen wir dessen normierte Repräsentation im Maschinenkoordinatensystem M
M als Referenz:
-
Gewünschte Abweichungen der Orientierung von
vom Gravitationsvektor
können im Anschluss direkt mit dem ermittelten Winkel α
E verrechnet werden.
-
5 zeigt die Teilung von α
1 in α
1a und α
1b sowie von α
E in α
Ea und α
Eb durch den Vektor
Die Länge des Vektors
wird von den Längen der Glieder L
1, L
2, L
3 sowie den eingeschlossenen Winkeln α
2 und α
3 bestimmt.
-
6 zeigt die Verkettung der Vektoren
zur Berechnung eines Punktes P
R und dessen Abstand vom Wurzelgelenk J
1.
-
Bezugszeichen
-
- 01
- Gelenkarm / Gelenkschlauchträger
- 02
- Fernsteuereinheit
- 03
- Benutzer
- 04
- Endstück /Endeffektor
- Ln
- Gelenkarmglieder
- Jn
- Gelenke
- PE
- Endeffektor
- MI
- Eingabekoordinatensystem
- MM
- Maschinenkoordinatensystem
-
- transformierter Bewegungsvektor
-
- Soll-Bewegungsvektor
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 3837670 A1 [0004]
- DE 19851111 C1 [0005]
- DE 9016448 U1 [0007]
- DE 102016106427 A1 [0008, 0009, 0010, 0017, 0045]
- US 10338186 B2 [0030]