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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung und/oder Überwachung eines Werkstückbearbeitungsprozesses mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
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In der Werkstückbearbeitung, insbesondere in der automatisierten Bearbeitung von Werkstücken, insbesondere bei der Durchführung von Material spanender Werkstückbearbeitung wie etwa Fräsen, Drehen, Bohren und Schleifen, werden heutzutage einerseits für die Bearbeitung von Werkstücken in hoher Stückzahl hohe Durchsatzzahlen verlangt, andererseits bestehen meist hohe Anforderungen an die Bearbeitungsqualität, zum Beispiel an die Oberflächengüte sowie an einzuhaltende Form- und Lagetoleranzen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es bekannt, in automatisiert geführten Bearbeitungsprozessen den Vorgang der Werkstückbearbeitung mit unterschiedlichen Kenngrößen insbesondere auch dynamisch zu erfassen und aus den Kenngrößen wiederum Rückschlüsse zum Beispiel auf einen Erfolg oder Misserfolg der Bearbeitung oder auf einen Zustand des Bearbeitungswerkzeuges, des Werkstückes oder der Bearbeitungsmaschine, zum Beispiel einer Fräsmaschine, zu ziehen.
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So gibt es zum Beispiel einen von der Anmelderin entwickelten Werkzeughalter mit integrierter Messsensorik, der beispielsweise in der
EP 2 103 379 B1 beschrieben ist. Mit diesem lassen sich bei einer spanenden Bearbeitung in einem Fräsprozess durch einen Werkzeugeingriff entstehende Reaktionskräfte und Biegemomente bestimmen. Mit einer solchen Sensorik in einem Werkzeughalter aufgenommene Messwerte können dann zum Beispiel wie in der ebenfalls von der Anmelderin stammenden
EP 2 924 526 B1 beschrieben ausgewertet werden, um darüber beispielsweise einen Werkzeugverschleiß aufgelöst nach einzelnen Werkzeugschneiden eines Fräswerkzeugs oder auch einen Schneidenbruch zu erkennen.
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Andere und ebenfalls am Markt existierende Verfahren für die Beobachtung und Auswertung von Bearbeitungsprozessen setzen auf eine Erfassung und Auswertung der Stromaufnahme, also der Stromstärke des elektrischen Stroms den ein Antriebsmotor zum Antreiben einer Spindel, zum Beispiel einer Werkzeugspindel, aufnimmt, wobei aus den gemessenen Daten für die Stromaufnahme zum Beispiel auf Veränderungen von Drehmomenten geschlossen werden können.
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Für eine weitergehende Verbesserung der Erfassung und Überwachung von Werkstückbearbeitungsprozessen sind weitere Entwicklungen erforderlich, um auch noch zusätzliche Zustände, Größen und Gegebenheiten in Werkstückbearbeitungsprozessen erfassen und analysieren zu können und auch um andere und zusätzliche Formen von Werkstückbearbeitungsprozessen, insbesondere bei spanenden Werkstückbearbeitungsprozessen, einer entsprechenden Überwachung und Analyse unterziehen zu können. Mit Vorteil sollen entsprechend gewonnene Daten und Erkenntnisse dann auch für die, insbesondere echtzeitnahe, Steuerung der Prozesse zum Einsatz kommen können.
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Beispielsweise ist für die Schleifbearbeitung von Interesse, sehr genau zu bestimmen, wann ein rotierendes Schleifwerkzeug während eines Zustellvorgangs mit dem zu bearbeitenden Werkstück in Kontakt gelangt. Diese Information ist wichtig für die Durchführung eines Wechsels von erhöhter Verfahrgeschwindigkeit während des Werkzeugvorschubs ohne Werkstückkontakt auf die beim Schleifen übliche, sehr geringe Zustellvorschubgeschwindigkeit. Aufgrund der Toleranzen des unbearbeiteten Werkstücks, die im Bereich von Zehntelmillimetern liegen können, ist ohne eine Annäherungssteuerung, die den Prozessbeginn steuert, eine lange Anfahrphase mit geringer Zustellvorschubgeschwindigkeit (auch Zustellgeschwindigkeit oder Annäherungsgeschwindigkeit) erforderlich. Gerade das in Kontakt Bringen eines Schleifwerkzeugs mit einem zu bearbeitenden Werkstück, das sogenannte Anfunken, ist im Schleifbearbeitungsprozess ein kritischer Moment, da minimaler Zeitbedarf mit hohen Schleifaufmaßtoleranzen für eine effiziente Fertigung vereint werden müssen. Hier darf die Zustellbewegung, mit der Schleifwerkzeug und Werkstück einander angenähert werden, im Moment des Kontaktes nicht mit zu hoher Geschwindigkeit ausgeführt werden, damit das Schleifwerkzeug nicht plötzlich und schlagartig auf die Oberfläche des zu bearbeitenden Werkstücks auftrifft. Ein solches schlagartiges Auftreffen kann zu mikroskopischen und makroskopischen Veränderungen am Schleifwerkzeug führen, welche wiederum zu Riefen oder andere ungewollte Fertigungsfehlern auf der Werkstückoberfläche führen sowie negative Auswirkungen auf die Form- und Lagetoleranzen haben. Da die Schleifbearbeitung in der Regel einen finalen Werkstückbearbeitungsprozess darstellt, können derartige Riefen oder andere Schäden der Oberfläche häufig nicht in einem fortgeführten Schleifprozess wieder beseitigt werden, ohne hierbei die vorgegebenen geometrischen Zielgrößen zu verletzen. Entsprechend stellen mit solchen Oberflächendefekten versehene vielfach Ausschuss dar. Eine weitere Gefahr, wenn im Rahmen der Zustellbewegung Werkstück und Schleifwerkzeug zu abrupt aufeinandertreffen, besteht in einer möglichen Beschädigung, zum Beispiel einem Bruch, des Schleifwerkzeugs. Andererseits ist für einen möglichst hohen Werkstückdurchsatz eine zügig ausgeführte Zustellbewegung angestrebt. Entsprechend gibt es bereits Vorschläge, bei Schleifprozessen die Zustellbewegung ausgehend von einem zügig durchgeführten ersten Teil, der zum Beispiel mit einer Eilganggeschwindigkeit überwunden wird, in einem zweiten Teil in der Geschwindigkeit zu reduzieren auf eine Arbeitsgeschwindigkeit. Dies passiert allerdings häufig erst dann, wenn es zu einem Werkstückkontakt gekommen ist. Eine Möglichkeit, einer entsprechenden Steuerung, die beispielsweise auf die Messung der elektrischen Schleifmotorleistung zurückgreift, ist in der
DD-PS-141 000 beschrieben.
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Mit der vorliegenden Erfindung sollen hier weitere und verbesserte Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Werkstückbearbeitungsprozesse überwacht und/oder gesteuert werden können unter Einsatz von Sensorik für die zeitlich aufgelöste Erfassung von Biegemomenten und/oder Kräften und unter Rückgriff auf die von dieser Sensorik ermittelten Kennwerte.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Steuerung und/oder Überwachung eines, insbesondere Material abspanenden, Werkstückbearbeitungsprozesses mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Vorteilhafte Weiterbildungen eines solchen erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den abhängigen Ansprüchen 2 bis 9 aufgezeigt.
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Die Erfindung sieht also zunächst in ihrer allgemeinen Form ein Verfahren zur Steuerung und/oder Überwachung eines, insbesondere Material abspanenden, Werkstückbearbeitungsprozesses vor, bei welchem Werkstückbearbeitungsprozess ein Werkzeug mit einer Angriffsfläche mit einer zu bearbeitenden Oberfläche eines Werkstücks in Kontakt gebracht und hierzu eine Zustellbewegung zur relativen Annäherung von Werkzeug zu Werkstück durchgeführt wird und bei welchem Werkstückbearbeitungsprozess ferner Werkzeug und/oder Werkstück um eine Werkzeug- und/oder Werkstückachse rotieren und die Zustellbewegung bei rotierendem Werkzeug und/oder rotierendem Werkstück durchgeführt wird und bei welchem Werkstückbearbeitungsprozess weiterhin jedenfalls während des Ausführens der Zustellbewegung wenigstens in einen Bereich zwischen der Angriffsfläche des Werkzeugs und der zu bearbeitenden Oberfläche des Werkstücks ein Hilfsmedium eingebracht wird. Das eingebrachte Hilfsmedium kann insbesondere ein Fluid, beispielsweise eine Flüssigkeit, sein, wie zum Beispiel ein Kühlfluid, eine Kühlflüssigkeit, oder ein Fluid zum Austragen von in einem Material abtragenden Werkstückbearbeitungsprozess vom Werkstück gelösten Materialpartikeln, wie zum Beispiel Späne oder Schleifstaub.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird dann während der Zustellbewegung eine zeitlich aufgelöste Erfassung von quer, insbesondere orthogonal, zu der Werkzeugachse und/oder quer, insbesondere orthogonal, zu der Werkstückachse anliegenden Biegemomenten und/oder Kräften durchgeführt und/oder es werden bei der Rotation des Werkzeugs um die Werkzeugachse und/oder bei der Rotation des Werkstücks um die Werkstückachse auftretenden Drehmomente erfasst. Aus den Werten und/oder aus den zeitlichen Verläufen der erfassten Biegemomente Kräfte und/oder Drehmomente wird dann auf einen Status der Annäherung des Werkzeugs mit seiner Angriffsfläche an den Werkstückkörper geschlossen.
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Im Rahmen der Erfindung wird also bereits eine Zustellbewegung des Werkzeugs relativ zum Werkstück betrachtet und werden während dieser Zustellbewegung auf Werkzeug und/oder Werkstück lastende, quer, insbesondere orthogonal, zu der jeweiligen Achse von Werkzeug bzw. Werkstück anliegende Kräfte und/oder Biegemomente und/oder werden bei der Rotation des Werkzeugs um die Werkzeugachse und/oder bei der Rotation des Werkstücks um die Werkstückachse auftretenden Drehmomente messtechnisch erfasst. Aufgrund von absoluten Werten der erfassten Kenngrößen (Biegemomente, Kräfte und/oder Drehmomente) oder aber auch aufgrund von zeitlichen Verläufen dieser Kenngrößen werden dann Rückschlüsse gezogen auf einen Status der Annäherung zwischen Werkzeug und Werkstück.
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So kann z.B. ein um die Werkzeugachse rotierendes Werkzeug an ein ruhendes bzw. mit Vorschubgeschwindigkeit bewegtes Werkstück geführt werden, und es können die auf dem Werkzeug lastenden, quer, insbesondere orthogonal, zu der Werkzeugachse angreifenden Kräfte und/oder Biegemomente erfasst und in der vorstehend bezeichneten Weise ausgewertet werden. Es kann ebenso auch eine Annäherung eines um die Werkzeugachse rotierenden Werkzeugs an ein um die Werkstückachse rotierendes Werkstück durchgeführt werden, und es können die an dem Werkzeug quer, insbesondere orthogonal, zu der Werkzeugachse angreifenden Kräfte und/oder Biegemomente erfasst und in der vorstehend bezeichneten Weise ausgewertet werden. Ebenso können für die Bestimmung der Annäherung aber auch alternativ oder zusätzlich die vorstehend bezeichneten Drehmomente erfasst und ausgewertet werden.
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Mit der erfindungsgemäßen Maßnahme ist es möglich, insbesondere schon vor Beginn des eigentlichen Materialabtrags, also vor einem Festkörperkontakt des Werkzeugs mit dem zu bearbeitenden Werkstück, bestimmte Zustände des Prozesses, die sich insbesondere während der Zustellbewegung, also einer relativen Annäherung zwischen Werkzeug und Werkstück, ergeben, zu erfassen und zu bestimmen. Dies ermöglicht ein frühzeitiges Eingreifen, sollten hier Abweichungen von einem zu erwartenden Zustand festgestellt werden. Zudem erlaubt eine solche Erkenntnis von Zuständen wiederum eine Steuerung des Bearbeitungsprozesses bereits vor dem Eingriff zwischen Werkzeug und Werkstück, indem zum Beispiel eine Zustellbewegung in ihrer Zustellgeschwindigkeit angepasst wird, wenn Werkstück und Werkzeug sich auf einen vorbestimmten, aufgrund einer Veränderung der mit der Sensorik erfassten Werte der Biegemomente und/oder Kräfte erkannten Grenzabstand angenähert haben.
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Insbesondere kann für das erfindungsgemäße Verfahren das Vorhandensein des Hilfsmediums in dem Bereich zwischen der zu bearbeitenden Oberfläche des Werkstücks und der Angriffsfläche des Werkzeugs ausgenutzt werden. Denn im Rahmen einer Zustellbewegung führt dieses Hilfsmedium, zum Beispiel ein Kühlfluid, dazu, dass aufgrund des in dem Spalt zwischen Werkzeug und Werkstück vorhandenen Hilfsmediums eine in einer von der Richtung der Zustellbewegung verschiedenen Richtung wirkende Reaktionskraft erzeugt wird und auf das Werkstück sowie das Werkzeug übertragen wird, bzw. einwirkt. Zum Beispiel wird ein solches Hilfsmedium in dem zwischen Werkstück und Werkzeug gebildeten Spalt durch eine Rotation von Werkzeug und/oder Werkstück mitgerissen und erzeugt seinerseits wiederum eine entsprechende Kraft bzw. einen entsprechenden Druck quer zu der Achse von Werkstück und/oder Werkzeug, um die das betreffende Element rotiert, wirkende Kraft auf das jeweils andere Element von Werkzeug bzw. Werkstück, wenn der zwischen Werkstück und Werkzeug bestehende Spalt nur hinreichend klein ist. Ebenso wird ein die Rotation des jeweiligen Elements Werkzeug bzw. Werkstück bremsendes Drehmoment erzeugt. Wird also eine solche quer zu der jeweiligen Achse auf dem Werkstück oder auf dem Werkzeug lastende Kraft oder ein entsprechendes Biegemoment und/oder wird ein wie vorstehend erläutertes Drehmoment mithilfe der verwendeten Sensorik erkannt, so kann aus dem Einsetzen dieser Kraft, des Biegemoments und/oder des Drehmoments oder einem entsprechenden Anstieg der Werte der genannten Parameter auf eine Annäherung von Werkzeug und Werkstück bis auf eine Schwelldistanz geschlossen werden, wie dies gemäß einer Weiterbildung des Verfahrens in Anspruch 3 bezeichnet ist. Dieses Erkennen einer Schwelldistanz kann dann zum Beispiel genutzt werden, um die Geschwindigkeit der Zustellbewegung zu reduzieren, zum Beispiel ausgehend von einem Eilgang nun zu einer Arbeitsvorschubgeschwindigkeit, um Lastspitzen beim Erstkontakt zwischen Werkzeug und Werkstück auszuschließen. Diese reduzierte Vorschubgeschwindigkeit kann dann insbesondere so lange beibehalten werden, bis ein tatsächlicher Kontakt zwischen Werkzeug und Werkstück festgestellt wird.
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Ein solcher tatsächlich Kontakt äußert sich erneut in einer Veränderung der mit der Messsensorik ermittelten, quer zu der betreffenden Achse, Werkzeugachse oder Werkstückachse, anlastenden Biegemomente und/oder Kräfte, bzw. in einem Anstieg des die jeweilige Rotationsbewegung von Werkzeug bzw. Werkstück bremsenden Drehmoments. Verglichen mit einer aufgrund des vorstehend beschriebenen Effekts einer Mitnahme des Hilfsmediums übertragenen Kraft ist hier ein deutlicher und signifikanter Anstieg der entsprechenden Kraft (Kräfte) bzw. der entsprechende Biegemomente bzw. der entsprechenden Drehmomente festzustellen, sodass mit dem erfindungsgemäßen Verfahren entsprechend auch der tatsächliche Kontakt und Eingriff des Werkzeugs am Werkstück erkannt werden kann.
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Weiterhin kann bei einem so weit verringerten Abstand zwischen Werkzeug und Werkstück, dass durch das Hilfsmedium ausgelöst eine Übertragung von Kräften und/oder Biegemomenten auf z.B. das Werkzeug erfolgt, bzw. dass ein die Rotation z.B. des Werkzeugs bremsendes Drehmoment auftritt, durch eine zeitlich aufgelöste hochfrequente Erfassung der Werte der Kräfte, Biegemomente und/oder Drehmomente auf einen Rundlauf, bzw. auf Abweichungen von einem Rundlauf des Werkzeugs geschlossen werden. Ergeben sich nämlich nicht zu einer Geometrie des Werkzeugs an seiner umlaufenden Außenkontur, z.B. der Kreisform einer Schleifscheibe, passende Abweichungen im Muster der zeitlich aufgelöst gemessenen Kräfte, Biegemomente und/oder Drehmomente, so kann auf eine Abweichung von einem angestrebten Rundlauf geschlossen werden. Analoges gilt für eine Überprüfung des Rundlaufs des Werkstücks, wenn auch dieses rotiert.
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Aufgrund des vorstehend beschriebenen Effekts, nämlich einer Übertragung einer quer zu der betreffenden Achse des Werkstücks bzw. des Werkzeugs gerichteten Kraft, beziehungsweise eines quer, insbesondere orthogonal, zu der jeweiligen Achse liegenden Biegemoments, bzw. die Übertragung eines die jeweilige Rotation von Werkzeug und/oder Werkstück bremsenden Drehmoments durch das bei einer Annäherung diese Kraft vermittelnde Hilfsmedium kann, wenn das hieraus resultierende Muster im zeitlichen Verlauf der erfassten Kräfte, Biegemomente, bzw. Drehmomente ausbleibt, auch darauf geschlossen werden, dass ein Hilfsmedium nicht oder jedenfalls nicht in ausreichendem Umfang, z.B. mit einem zu geringen Mediumdruck, vorhanden ist, dass also ein entsprechender Fehler im Bearbeitungsprozess vorliegt.
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Für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist eine sensible und in der Auflösung detaillierte Erfassung der zu bestimmenden Kräfte Biegemomente und/oder Drehmomente von wesentlicher Bedeutung, insbesondere dann, wenn sehr feine Veränderungen im zeitlichen Verlauf Dieser Kenngrößen erkannt und sicher bestimmt werden sollen. Um diese Sensitivität und Messgenauigkeit zu erhalten, wird vorgeschlagen, die zeitlich aufgelöste Erfassung von Biegemomenten Kräften und/oder Drehmomente mit einer Kraft- oder Verformungssensoren aufweisenden Sensoranordnung in einem Werkzeug- und/oder einem Werkstückhalter und/oder mit einer sensorisch ausgerüsteten Spindel durchzuführen. Hier kann zum Beispiel ein solcher Halter verwendet werden, wie er in der
EP 2 103 379 B1 der hiesigen Anmelderin beschrieben ist. Mit einer entsprechenden Sensorik, die zum Beispiel in einem Werkzeughalter oder einer Spindelnase angeordnet sein kann, können insbesondere auf dem daran gehaltenen Element, zum Beispiel dem Werkzeug, lastende Kräfte bzw. Biegemomente, insbesondere solche, die quer zu der Achse gerichtet sind, um die das Element, zum Beispiel das Werkzeug, rotiert, besonders gut und hoch aufgelöst erfasst werden. Insbesondere ist die Erfassung von Kräften und/oder Biegemomenten mit solchen Instrumenten wesentlich genauer und zeitlich besser aufgelöst möglich als eine Erfassung zum Beispiel durch Auswertung des Motorstroms oder mit anderen, indirekten sensorischen Mitteln. Die direkte und hochaufgelöste Erfassung der Werte für anliegende Kräfte und/oder Biegemomente und/oder Drehmomente erlaubt dann eine sehr exakte Analyse insbesondere des zeitlichen Verlaufs dieser Kennwerte, um entsprechend schon in der Zustellphase wie vorstehend beschriebene Phänomene erkennen und auf entsprechende Zustände des Bearbeitungsprozesses schließen zu können.
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Auch wenn das erfindungsgemäße Verfahren grundsätzlich für ganz unterschiedliche Werkstückbearbeitungsprozesse eingesetzt werden kann, eignet es sich besonders für die Verwendung im Zusammenhang mit einem Schleifprozess, hierbei insbesondere ein Schleifprozess mit einem geometrisch starren Schleifwerkzeug, vorzugsweise einer rotierenden Schleifscheibe oder ein solcher Schleifstift. In einem solchen Schleifprozess kann insbesondere das aufgrund der durch das zwischen das Schleifwerkzeug und das Werkstück eingebrachte Hilfsmedium zum Beispiel vom Werkstück auf das Schleifwerkzeug übertragenen Kraft bzw. einem daraus resultierende Biegemoment oder auch ein übertragenes bremsendes Drehmoment mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erkannte Erreichen eines Schwellwertes für den Abstand zwischen Schleifwerkzeug und Werkstück genutzt werden, um den sogenannten Anfunkprozess, also das Zustellen und in Kontakt Bringen des Schleifwerkzeugs mit dem Werkstück, besser und sicherer zu steuern. Dieser Schwellwert kann z.B. bei einem Abstand zwischen Schleifwerkzeug und Werkstückoberfläche in einer Größenordnung von 10 bis 50 µm liegen.
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Auf diese Weise kann in einem solchen Prozess ein Schleifwerkzeug, zum Beispiel eine rotierende Schleifscheibe für das Umfangschleifen, zunächst mit einer schnellen Zustellbewegung, bspw. einer Zustellbewegung mit einer Geschwindigkeit in einer Größenordnung von über 60 mm/min so nah an das Werkstück, beziehungsweise an die Oberfläche des Werkstücks, die es zu bearbeiten gilt, herangefahren werden, bis der vorstehend beschriebene durch das mitgerissene Hilfsmedium hervorgerufene Effekt einer Übertragung einer quer gerichteten Kraft bzw. eines entsprechenden Biegemoments bzw. eines Drehmoments auftritt und erkannt wird, woraufhin dann die Zustellgeschwindigkeit verringert und mit einer entsprechend verlangsamten Arbeitsgeschwindigkeit bspw. einer Arbeitsgeschwindigkeit in einer Größenordnung von weniger als 6 mm/min, die weitere Zustellung von Werkzeug zu Werkstück erfolgt, bis ein sanfter Angriff an der Werkstückoberfläche erreicht ist. Auf diese Weise kann die zu Beginn des Bearbeitungsprozesses erforderliche Zustellbewegung in ihrer Dauer verkürzt werden, ohne dabei das Risiko einzugehen, dass ein harter und abrupter Angriff und Festkörperkontakt des Schleifwerkzeugs an und mit der zu bearbeitenden Oberfläche des Werkstücks erfolgt. Dies ermöglicht eine Erhöhung des Durchsatzes von bearbeiteten Werkstücken durch reduzierte unproduktive Nebenzeiten, ohne dass hiermit etwa die Gefahr einer leidenden Bearbeitungsqualität verbunden wäre, sondern vielmehr eine Qualitätsabsicherung erfolgt.
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Das Verfahren kann aber auch eingesetzt werden, um ein Bearbeitungswerkzeug, wie einen rotierenden Fräser oder ein Schleifwerkzeug zum Innenschleifen von Bohrungen oder dergleichen, in der Zustellbewegung zu zentrieren. Hierfür können anhand von einer Erfassung der bei der Zustellbewegung auftretenden, insbesondere durch eine wie vorstehend beschriebene Wechselwirkung mit dem Hilfsmedium in der Annäherung hervorgerufenen Reaktionskräfte, Biegemomente oder Drehmomente ausgewertet und kann dann die Zustellbewegung für ein Zentrieren so nachgeführt werden, dass die Reaktionskräfte oder Biegemomente z.B. minimiert, insbesondere auf null reduziert werden, oder dass die Reaktionskräfte, Biegemomente und/oder Drehmomente in ihren Werten und/oder Verläufen einem bestimmten Muster entsprechen.
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Insbesondere kann bei einem erfindungsgemäßen Verfahren die Erfassung von Kräften, auch Kraftkomponenten, und/oder Biegemomenten, auch Biegemomentkomponenten, in mehr als einer Dimension erfolgen und können die für mehrere Dimensionen, z.B. für zwei Dimensionen, erfassten Werte und Verläufe entsprechend ausgewertet werden, um auf einen Status des Bearbeitungsprozesses zu schließen.
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Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachstehenden Erläuterung möglicher Ausführungsformen anhand der beigefügten Figuren. In diesen Figuren zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer Anordnung eines Werkstücks und eines Bearbeitungswerkezeuges in einem Werkzeugannäherungsprozess und
- 2 eine über der Zeitachse aufgetragene Darstellung der Einstellung der Annäherungsgeschwindigkeiten für das Zustellen bei einem Schleifprozess bei einem aus dem Stand der Technik bekannten Vorgehen und bei Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens und weiter eine Darstellung des Verlaufs eines Messwerts einer für die erfindungsgemäße Steuerung der Annäherungsgeschwindigkeit genutzten Messgröße.
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In den Figuren sind rein schematisch und ohne jeglichen Maßstab Darstellungen zur Veranschaulichung der Erfindung gegeben.
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In 1 sind schematisch die Verhältnisse in einer Bearbeitungsvorrichtung gezeigt, wie sie während der Annäherung eines Werkstücks 1 und eines Werkzeugs 2 relativ zueinander vorliegen. Das Werkzeug 2 kann insbesondere eine Schleifscheibe sein.
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Zum Anfahren und zum Starten der insbesondere spanenden Bearbeitung werden Werkstück 1 und/oder Werkzeug 2 in Rotation versetzt, wobei sie einen Spalt S ausbilden, einen Abstand zueinander aufweisen. In dem gezeigten Fall rotieren sowohl das Werkstück 1, dies mit einer Rotationsgeschwindigkeit vf,t, als auch das Werkzeug 2, letzteres mit einer Rotationsgeschwindigkeit vc. In den Spalt S wird aus einem Eintrag 3 ein Hilfsmedium 4, zum Beispiel eine Flüssigkeit, eingebracht.
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Nun werden das Werkstück 1 und das Werkzeug 2 mit einer radialen Zustellgeschwindigkeit vf,r einander angenähert, wird so der Abstand, also die Breite des zwischen Werkstück 1 und Werkzeug 2 belassenen Spaltes S, im Falle einer Schleifbearbeitung also des Schleifspaltes, reduziert. Dies erfolgt zunächst mit einer hohen Zustellgeschwindigkeit vf,r, um hier Prozesszeit zu sparen. Um diese radiale Zustellbewegung zu erhalten, kann das Werkstück 1 und/oder kann das Werkstück 2 aktiv bewegt werden. Wichtig ist allein, dass eine Relativbewegung in radialer Richtung zwischen Werkstück 1 und Werkzeug 2 initiiert wird.
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Bereits vor einer Festkörperberührung zwischen Werkstück 1 und Werkzeug 2 wird über das in dem Spalt S befindliche Medium, wie hier insbesondere des Hilfsmediums 4, eine Kopplung zwischen Werkstück 1 und Werkzeug 2 erhalten, die dann zu einem Auftreten einer Radialkraft Fr, eines insbesondere bremsenden Drehmoments M und auch eines Biegemoments BM (s. auch 2) an dem Werkzeug 2 führt. Entsprechende Gegenkräfte, und -momente sind dann am Werkstück 1 zu beobachten.
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Es ist nun der Ansatz dieser Erfindung, jedenfalls eine dieser Größen, also Kraft Fr, Drehmoment M oder Biegemoment BM an dem Werkstück 1 und/oder dem Werkzeug 2 zu messen und aus den Werten und/oder dem zeitlichen Verlauf dieser Werte auf einen Grad der Annäherung zwischen Werkstück 1 und Werkzeug 2 zu schließen. Diese Messung kann grundsätzlich am Werkstück 1 und/oder am Werkzeug 2 erfolgen. Derzeit bevorzugen die Erfinder eine Messung am Werkzeug 2.
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Ergeben die Werte oder ergibt ein Verlauf der Werte des oder der o.g. Messgröße(n), dass eine Annäherung zwischen Werkstück 1 und Werkzeug 2 bis zu einer Distanz erfolgt ist, ab der eine Reduktion der radialen Zustellgeschwindigkeit vf,r erforderlich ist, wird dies von einer Maschinensteuerung so veranlasst.
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Dieser prinzipielle Ablauf ist in 2 beispielhaft für einen Schleifprozess veranschaulicht und im Vergleich zu einem aus dem Stand der Technik bekannten Vorgehen dargestellt. Die Darstellung in 2 lässt sich in der prinzipiellen Funktionsweise indes auch auf andere abspanende Prozesse übertragen.
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In 2 sind stark schematisch jeweils korreliert über die Zeit t aufgetragen Verläufe von Prozessgrößen abgebildet.
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Die gepunktete, in der Legende oberhalb der Darstellung mit vf,r,St.d.T bezeichnete Linie gibt schematisch den zeitlichen Verlauf der radialen Zustellgeschwindigkeit vf,r bei einem Vorgehen nach dem Stand der Technik wieder. Dort wird bei noch großem Spalt S (hier mit S> >0 veranschaulicht) zwischen Werkzeug und Werkstück die radiale Annäherungs- oder Zustellbewegung zunächst mit einer vergleichsweise hohen Eilgeschwindigkeit vE von z.B. 60 mm/min ausgeführt, bis sich das Werkzeug und das Werkstück auf einen vorgegebenen geringen, typischerweise etwas oberhalb der aus einer vorherigen Fertigungsstufe gegebenen Toleranzmaße liegenden Abstand, bei dem der Spalt S entsprechend verringert ist (hier mit S > 0 veranschaulicht) angenähert haben, was bei einem Zeitpunkt t1 der Fall ist. Mit Erreichen dieses in der Steuerung vorgegebenen Abstandes, also ab dem Zeitpunkt t1, wird die weitere Zustellbewegung bis zum Anfunken, das zum Zeipunkt t3 dann bei Erreichen der Spaltbreite 0 erfolgt, dann nur noch mit der deutlich verringerten Arbeitsgeschwindigkeit ausgeführt, die z.B. 5 mm/min betragen kann. Es kann beim Abbremsen, wie in der Figur ersichtlich eine Geschwindigkeitsrampe eingehalten werden.
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Im Vergleich dazu ist mit der gestrichelten und in der oberhalb der Darstellung abgebildeten Legende der 2 als vf,r,Erf. bezeichneten Linie schematisch der Verlauf der radialen Zustellgeschwindigkeit vf,r bei einem erfindungsgemäßen Vorgehen dargestellt. Dabei folgt die Einstellung der radialen Zustellgeschwindigkeit vf,r nicht, wie bei einem aus dem Stand der Technik bekannten und mit der gepunkteten Linie veranschaulichten Vorgehen, einer vorgegebenen, aufgrund von Toleranzmaßen bestimmten Abstandsregelung, sondern wird für jedes zu bearbeitende Werkstück jeweils eigenständig anhand während der Zustellung ermittelter Messwerte eines auf dem Werkzeug und/oder dem Werkstück in einer Richtung quer zu der Werkzeug- bzw. der Werkstückachse lastenden Biegemoments Bm bzw. einer quer zu der Werkzeug- bzw. Werkstückachse anliegenden Kraft Fr oder auch anhand eines ermittelten Drehmoments M vorgenommen. Der zeitliche Verlauf eines solchen Messwertes ist in der Figur mit der durchgezogenen Linie schematisch veranschaulicht. Zu erkennen ist, dass der Messwert zunächst gleichbleibend gering ist und ab einem, hier nach dem Zeitpunkt t1 liegenden Zeitpunkt ansteigt. Zum Zeitpunkt t2 überschreitet dieser Verlauf dann einen zuvor festgelegten Schwellwert, so dass dann - erneut in einer Rampe, ein Absenken der Zustellgeschwindigkeit von der Eilgeschwindigkeit vE auf die Arbeitsgeschwindigkeit vA erfolgt, bis dann zum Zeitpunkt t3 bei einer Spaltbreite 0 das Anfunken mit der Arbeitsgeschwindigkeit vA erfolgt.
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Veranschaulicht ist in 2 insbesondere, dass bei dem erfindungsgemäßen Verfahren im Vergleich zu dem aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren die Zustellbewegung zeitlich länger und damit räumlich bis zu einem engeren Spalt S mit der höheren Eilgeschwindigkeit vE durchgeführt werden kann. Dies ist eben gerade möglich, da die Vorgabe einer Absenkung der Zustellgeschwindigkeit nicht anhand eines - häufig noch mit einem Sicherheitsaufschlag versehenen - auf Toleranzwerten der Abmessungen der zu bearbeitenden Werkstücke fußenden Distanzwertes zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt t1 erfolgen muss, sondern anhand der wie vorstehend beschriebenen Feststellung einer tatsächlichen Annäherung individuell für jedes Werkstück und daher regelmäßig bei geringeren Spaltbreiten und mithin zu einem späteren Zeitpunkt t2 vorgenommen werden kann. Da dabei die Eilgeschwindigkeit vE erheblich höher liegt als die Arbeitsgeschwindigkeit vA, typischerweise bei dem Zehnfachen oder sogar noch höher, ergibt sich so für das erfindungsgemäße Vorgehen eine insgesamt verkürzte Zustelldauer bis zum Anfunken. Insbesondere in Prozessen der Massenfertigung führt dies letztlich zu einem höheren Durchsatz und damit zu verringerten Produktionskosten.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Werkstück
- 2
- Werkzeug
- 3
- Eintrag
- 4
- Hilfsmedium
- BM
- Biegemoment
- Fr
- Radialkraft
- M
- Moment
- S
- Spalt
- t1, t2, t3
- Zeitpunkt
- vA
- Arbeitsgeschwindigkeit
- vE
- Eilgeschwindigkeit
- vf,t
- Rotationsgeschwindigkeit des Werkstücks
- vf,r
- radiale Zustellgeschwindigkeit
- vc
- Rotationsgeschwindigkeit des Werkzeugs
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2103379 B1 [0003, 0018]
- EP 2924526 B1 [0003]
- DD 141000 [0006]