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Ausführungsformen der Erfindung betreffen eine Versorgungsleiterstruktur zur Energieversorgung von elektrischen Komponenten eines Elektromotors mit mehrphasigem Strom und ein Verfahren zum Ansteuern eines Elektromotors, dessen Komponenten mit mehrphasigem Strom betrieben werden. Insbesondere bezieht sich die Erfindung hierbei auf die Steuerung der Versorgungsleiterstruktur und die angepasste Steuerung der Stromzuführung in der Versorgungsleiterstruktur.
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Stand der Technik
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Mehrphasige Elektromotoren werden im Allgemeinen von einem Mehrphasenwechselstrom angetrieben, der aus einzelnen Wechselströmen oder Wechselspannungen gleicher Frequenz besteht. Die Wechselströme haben – je nach Anzahl der Phasen – eine feste Phasenverschiebung zueinander, zum Beispiel 120° im Fall von dreiphasigem Wechselstrom. Im Stand der Technik sind Lösungen zur Ansteuerung von mehrphasigen Motoren bekannt, die die Phasenklemmen an den Phasenleitungen jeder Stromphase nutzen. Durch die Phasenklemmen wird der Motor aktiv angesteuert, zum Beispiel durch die Zuführung von Strom.
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Geht man zunächst einmal von einer bekannten dreiphasigen Motoransteuerung aus, so werden die Ströme des dreiachsigen Koordinatensystems mit Hilfe der sogenannten Clarke-Transformation in ein äquivalentes zweiachsiges Koordinatensystem überführt. An dieser Stelle sei die betragsinvariante Clarke-Transformation für die bekannte Ansteuerung aufgeführt:
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Aus den hier errechneten Größen „Iα” und „Iβ” kann schließlich unter Zuhilfenahme der Park-Transformation und einer entsprechenden Momentengleichung das Abgabedrehmoment des Elektromotors ermittelt werden. Die erwähnten Gleichungen werden an dieser Stelle nicht im Detail aufgeführt, da sie für das weitere Verständnis nicht unbedingt notwendig sind.
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Es ist erstrebenswert unter Erfüllung der Funktion und insbesondere der Sicherheitsanforderungen für Elektromotoren, die Ansteuerung eines mehrphasigen Elektromotors zu erweitern und damit den Betrieb eines mehrphasigen Elektromotors positiv zu beeinflussen.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, die oben genannten Aufgaben zumindest teilweise zu lösen, zum Beispiel mit der Zielsetzung, sowohl das Verhältnis von Maximalstrom und Abgabedrehmoment des Elektromotors als auch die Motorleistung in Bezug auf Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit durch eine flexible Ansteuerung zu verbessern.
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Gemäß Ausführungsformen der Erfindung wird hierzu der Sternpunkt einer in Sternstruktur angeordneten Energieversorgungsleiterstruktur eines mehrphasigen Elektromotors mit einer Stromzuführung versehen, die insbesondere eine aktive Ansteuerung des Sternpunktes ermöglicht.
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Gemäß einer Ausführungsform wird eine Versorgungsleiterstruktur zur Energieversorgung von elektrischen Komponenten eines Elektromotors mit mehrphasigem Strom beschrieben. Die Versorgungsleiterstruktur umfasst für jede Stromphase eine Versorgungsleitung, wobei die Versorgungsleitungen in einer Sternstruktur mit wenigstens einem Sternpunkt angeordnet sind, und wobei die Versorgungsleiterstruktur eine Stromzuführung an den Sternpunkt umfasst.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird ein Verfahren zur Ansteuerung eines mehrphasigen Elektromotors beschrieben. Die Versorgungsleitungen für die Phasenströme zur Versorgung des Elektromotors mit mehrphasigem Strom sind in einer Sternstruktur mit wenigstens einem Sternpunkt angeordnet. Das Verfahren umfasst Anpassen der Ansteuerung der Phasenströme zum Zuführen eines Strom-Offsets und aktiv Ansteuern des Sternpunktes zur Zuführung eines Stroms an den Sternpunkt
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Bevorzugte Ausführungsformen und besondere Aspekte der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, den Zeichnungen und der beiliegenden Beschreibung.
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Vorteile der Erfindung
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Durch die hier beschriebenen Ausführungsformen gemäß der vorliegenden Erfindung kann der Betrieb eines Elektromotors verbessert und der Elektromotor zuverlässiger betrieben werden. Zum Beispiel kann sich ein Elektromotor, dessen Versorgungsleiterstruktur in Sternschaltung verschaltet ist, durch Ausführungsformen der Erfindung während des Betriebes nahe oder über (Boost-Mode) der Leistungsgrenze befinden und dennoch kann ausreichender Schutz vor Entmagnetisierung gewährleistet werden. Zudem kann nicht nur die Zuverlässigkeit, sondern auch die Verfügbarkeit der Motorleistung durch Ausführungsformen der Erfindung verbessert werden.
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Des Weiteren stellen Ausführungsformen der Erfindung eine Steuerung für einen Elektromotor bereit, die situativ angepasst werden kann und somit eine optimierte Ansteuerung erlaubt.
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Der hierin verwendete Begriff „Strom-Offset” soll als eine zusätzliche Stromkomponente verstanden werden. Gemäß hierin beschriebenen Ausführungsformen kann der Strom-Offset, oder die zusätzliche Stromkomponente, jede beliebige Stromform annehmen. Insbesondere ist der Strom-Offset nicht auf einen konstanten Wert beschränkt. Vielmehr kann der Strom-Offset ein dynamischer Strom sein. Gemäß Ausführungsformen der Erfindung kann der Strom-Offset, oder die zusätzliche Stromkomponente einen frei wählbaren Kurvenverlauf aufweisen. Zum Beispiel kann der Strom-Offset ein dynamischer Strom sein, der auch Frequenzen mit dreifacher Phasenfrequenz aufweisen kann.
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Gemäß einer Ausführungsform wird eine Versorgungsleiterstruktur zur Energieversorgung von elektrischen Komponenten eines Elektromotors mit mehrphasigem Strom bereitgestellt. Die Versorgungsleiterstruktur umfasst für jede Stromphase eine Versorgungsleitung, wobei die Versorgungsleitungen in einer Sternstruktur mit wenigstens einem Sternpunkt angeordnet sind, und wobei die Versorgungsleiterstruktur eine Stromzuführung an den Sternpunkt umfasst.
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Eine Stromzuführung an den Sternpunkt eröffnet etliche Möglichkeiten, die Ströme in der Versorgungsleiterstruktur zu beeinflussen und zu steuern. Insbesondere kann dadurch das Aufprägen eines Strom-Offsets auf die Phasen ermöglicht werden. Durch die Ansteuerung gemäß Ausführungsformen der Erfindung können diverse Vorteile erreicht werden, die abhängig von Motorparametern situationsbedingt genutzt werden können. Zum Beispiel können die Leistungsgrenzen der Elektronik oder des Motors zu einem höheren Grad ausgenutzt werden, als durch eine Steuerung der bekannten Art. Außerdem können verschiedene Fehler-Modi betrieben werden und die Auswirkungen von Fehlern und Ausfällen minimiert werden. Die sternpunktbezogene Stromzuführung kann auch abhängig von der Verlustleistungsbetrachtung in der Zusammenschau von Motor und Elektronik verwendet werden und somit effizienzbasiert eingesetzt werden.
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Zusätzliche Ansteuerungsmöglichkeiten mittels Stromzuführung zum Sternpunkt bereit zu stellen, stellt eine kostengünstige und robuste Möglichkeit dar, weitere Steuerungsfunktionen für die Versorgungsleiterstruktur zu implementieren. Die Einfachheit der technischen Umsetzung von Ausführungsformen gemäß der Erfindung ist deshalb ein weiterer Vorteil der Erfindung. Insbesondere im Vergleich zu bekannten Systemen, die den Motor-Stern-Punkt benutzen, um die Stern-Punkt-Spannung zu messen und auszuwerten (zum Beispiel für sensorlose Rotorlageerfassung, Überwachungsfunktionen usw.), bietet eine stromzuführende Leitung an den Sternpunkt neue Möglichkeiten der Ansteuerung.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen ist die Versorgungsleiterstruktur ausgelegt, den Sternpunkt aktiv anzusteuern, wobei die Versorgungsleiterstruktur insbesondere ausgelegt ist, den Sternpunkt über eine FET Schaltung anzusteuern. Unter anderem kann hierdurch die Stromzuführung an den Sternpunkt als Steuerungskomponente realisiert werden. Insbesondere kann auf bekannte Komponenten zurückgegriffen werden, um die Steuerung technisch zu realisieren. Dies senkt auch die Kosten für die Umsetzung von Ausführungsformen der Erfindung.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen wird allen Phasenströmen des mehrphasigen Stroms ein Strom-Offset überlagert. Hierdurch können die Effekte eines Strom-Offsets auf den Phasenströmen für diverse praktische Anwendungen verwendet werden. Dabei kann die Tatsache genutzt werden, dass ein zusätzlicher Strom-Offset auf allen Phasenströmen keinen Einfluss auf das Abgabedrehmoment des Elektromotors hat, wie unten noch detailliert dargestellt wird.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen wird allen Phasenströmen des mehrphasigen Stroms ein Strom-Offset überlagert, wobei der Strom-Offset von der Phasenanzahl des mehrphasigen Stroms zur Energieversorgung des Elektromotors abhängig ist. Hierdurch können Steuerungseffekte erzielt werden, die die Ausnutzung des Elektromotors erhöhen. Zum Beispiel kann dadurch der Maximalstrom der Phasenströme bei gleichbleibender Drehmomentenabgabe des Elektromotors gesenkt werden. Dies beugt der Entmagnetisierung von Elektromotoren vor, die sehr nah an der Entmagnetisierungsgrenze betrieben werden. Andererseits kann bei gleichbleibend (oder vorgegebenen) maximalen Phasenströmen (die zum Beispiel durch die Elektronik limitiert sein können) die Drehmomentenabgabe erhöht werden.
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Typischerweise umfasst der Strom-Offset einen konstanten Einflussfaktor und einen von der Phasenanzahl des mehrphasigen Stroms abhängigen Einflussfaktor. In einer weiteren Ausführungsform kann der Strom-Offset außerdem einen Phasenterm aufweisen. Die Vorteile des von der Phasenanzahl abhängigen Faktors wurden bereits oben erläutert. Der konstante Faktor des den Phasenströmen überlagerten Strom-Offsets stellt noch eine Einstellmöglichkeit des Strom-Offsets dar, die eine Justierung des Einflusses des Strom-Offsets erlaubt.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen entspricht der Strom-Offset dem negativen Wert eines Phasenstromes. Dadurch kann die Verfügbarkeit des Elektromotors verbessert werden, wenn zum Beispiel eine Phasenklemme nicht mehr aktiv angesteuert werden kann, was beispielsweise aufgrund eines Bauelemente- oder Motorproblems auftreten kann. Dabei kann es vorkommen, dass ein Phasenstrom ausfällt. Durch eine entsprechende Ansteuerung des Sternpunktes kann eine akzeptable Limp-home-Funktionalität bereitgestellt werden.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen ist der Querschnitt der Stromzuführung an den Sternpunkt für eine aktive Ansteuerung des Sternpunktes ausgelegt, wobei insbesondere die Querschnittsfläche der Stromzuführung an den Sternpunkt in etwa der Querschnittsfläche der Versorgungsleitungen für die Phasenströme entspricht. In einem Beispiel kann die Querschnittsfläche im Bereich von ca. 4 mm2 bis ca. 16 mm2 liegen. In einer Ausführungsform ist der Querschnitt abhängig von der Leistung des Elektromotors, und kann sich insbesondere am Querschnitt der Phasenleitungen orientieren. Durch einen für eine aktive Steuerung ausgelegten Querschnitt kann eine ausreichende Stromzuführung zum Sternpunkt gewährleistet werden, und damit etliche Ansteuerungsszenarien realisiert werden. Der genannte Querschnittsflächenbereich kann zum Beispiel insbesondere für eine Ansteuerung eines Elektromotors ausreichend sein, der im Leistungsbereich von ungefähr 4 kW liegt.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung wird ein Verfahren zur Ansteuerung eines mehrphasigen Elektromotors bereitgestellt, wobei Versorgungsleitungen für Phasenströme zur Versorgung des mehrphasigen Elektromotors in einer Sternstruktur mit wenigstens einem Sternpunkt angeordnet sind. Das Verfahren umfasst das Anpassen der Ansteuerung der Phasenströme zum Zuführen eines Strom-Offsets und aktiv Ansteuern des Sternpunktes zur Zuführung eines Stroms an den Sternpunkt. Die Vorteile eines derartigen Verfahrens ergeben sich aus den oben beschriebenen Vorteilen einer Stromzuführung an den Sternpunkt. Als „aktive Ansteuerung” soll dabei typischerweise ein Bereitstellen einer Stromzuführung verstanden werden. Zum Beispiel kann die aktive Ansteuerung durch Zuführung eines Stroms ermöglicht werden, insbesondere soll hierin damit ein Ausgleich über den Sternpunkt geschaffen werden. Die aktive Steuerung kann dabei einen Ausgleichsstrom bereitstellen.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen, wird durch Zuführen des Strom-Offsets das Verhältnis des Maximalstroms IMax der Phasenströme zum abgegebenen Drehmoment des Elektromotors verringert. Dadurch kann die Zuverlässigkeit des Elektromotors einerseits bei gleichbleibender Drehmomentenabgabe verbessert werden (zum Beispiel durch Vorbeugen der Entmagnetisierung des Elektromotors), und andererseits die Drehmomentenabgabe bei gleichbleibendem Maximalstrom erhöht werden.
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Gemäß weiteren typischen bevorzugten Ausführungsformen wird der Strom-Offset derart gewählt, dass er dem negativen Wert eines Phasenstroms entspricht. Hierdurch kann eine akzeptable Limp-home-Funktion bereitgestellt werden, falls eine Phase ausfällt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird ein Elektromotor mit einer Versorgungsleiterstruktur gemäß Ausführungsformen der Erfindung bereitgestellt.
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Gemäß typischen Ausführungsformen, können die hier beschriebenen Ausführungsformen kombiniert werden, sofern sie sich nicht widersprechen. Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Figuren dargestellt und werden im Folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
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1 eine schematische Ansicht einer Versorgungsleiterstruktur eines Elektromotors in Sternschaltung gemäß hier beschriebenen Ausführungsformen;
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2 ein Diagramm der Phasenströme einer bekannten Ansteuerung eines Elektromotors;
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3 ein Diagramm der Phasenströme bei Ansteuerung der Versorgungsleiterstruktur gemäß Ausführungsformen der Erfindung;
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4 ein Diagramm der Phasenströme mit einem ausgefallenen Phasenstrom bei Ansteuerung der Versorgungsleiterstruktur gemäß Ausführungsformen der Erfindung.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1 zeigt schematisch eine Versorgungsleiterstruktur 100 gemäß Ausführungsformen der Erfindung. Beispielhaft ist in 1 die Versorgungsleiterstruktur für einen dreiphasigen Motor dargestellt. Auch die 2, 3 und 4 beziehen sich deshalb auf das Beispiel eines dreiphasigen Elektromotors, ohne dass Ausführungsformen der Erfindung darauf beschränkt sind. Die Versorgungsleiterstruktur 100 umfasst die Phasen 110, 120 und 130. Diese werden über stromführende Leitungen 115, 125 und 135 mit Strom versorgt, was durch Pfeile auf den Leitungen 115, 125 und 135 dargestellt ist. 1 zeigt schematisch die Verbindung der Phasen 110, 120 und 130 mit den Klemmen 116, 126 und 136.
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Die Versorgungsleiterstruktur 100 gemäß Ausführungsformen der Erfindung ist in einer Sternstruktur angeordnet und umfasst einen Sternpunkt 140. Die Leitung 145, die den Sternpunkt 140 mit einer Stromversorgung 146 verbindet, ist derart ausgestaltet, dass die Stromzuführung Strom treiben kann. Der an den Sternpunkt 140 durch die Leitung 145 gelieferte Strom ist durch einen Pfeil an der Leitung 145 dargestellt.
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Die Ansteuerung gemäß Ausführungsformen der Erfindung ermöglicht es, durch die Leitung 145 und den Sternpunkt 140 allen Phasenströmen einen Strom-Offset IOffset (der typischerweise für alle Phasen gleich ist) zu überlagern. Dadurch ergeben sich in dem beispielhaften dreiphasigen System folgende Phasenströme: IU,neu = IU,klassisch + IOffset
IV,neu = IV,klassisch + IOffset
IW,neu = IW,klassisch + IOffset (Gl. 2a, 2b und 2c) wobei die Ströme IU,klassisch, IV,klassisch und IW,klassisch der bekannten Ansteuerung mittels Phasenklemmen entsprechen. In Bezug auf 1 entspricht die Phase 110 der Phase W, die Phase 120 der Phase V und die Phase 130 der Phase U in den Gleichungen. Da bei diesen neuen Phasenströmen aus den Gleichungen 2a, 2b und 2c die Strom-Summenregel verletzt würde, wird als zusätzlicher Strompfad in Ausführungsformen der Erfindung ein Strompfad zum Sternpunkt verwendet, um der Knotenregel wieder gerecht zu werden.
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Aus der Knotenregel eines dreiphasigen Motors mit Sternpunkt 140 kann dann der Ausgleichsstrom über den Sternpunkt IStern wie folgt ermittelt werden: IU,neu + IV,neu + IW,neu + ISP,neu = 0 (Gl. 3)
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Durch Einsetzen der Gleichungen 2a, 2b 2c in Gleichung 3 erhält man:
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Das heißt, der Sternpunktstrom ISP,neu entspricht dem negierten dreifachen Strom-Offset IOffset. Der Sonderfall IOffset = 0 entspräche einer klassischen Steuerung über die Klemmen 116, 126 und 136 ohne Ansteuerung des Sternpunkts.
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Für die betragsinvariante Clarke-Transformation ergibt sich für die modifizierte Ansteuerung folgender Zusammenhang:
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Und durch Einsetzen der Gleichungen 2a, 2b und 2c in Gleichung 5 ergibt sich:
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Aus der Gleichung 6 geht schließlich hervor, dass ein zusätzliches Strom-Offset IOffset auf allen Phasenströmen keinen Einfluss auf die errechneten Größen Iα und Iβ hat. Da im Allgemeinen jedoch gerade diese Größen für die Berechnung des Abgabedrehmomentes des Motors herangezogen werden, kann daraus abgeleitet auch die Aussage getroffen werden, dass ein zusätzlicher Strom-Offset IOffset keinen Einfluss auf das Abgabedrehmoment des Elektromotors hat. Um diese Erkenntnis praktisch umzusetzen und einen Strom-Offset den Phasen überlagern zu können, wird in Ausführungsformen der Erfindung zusätzlich der Motor-Stern-Punkt über eine entsprechende Elektronik, wie zum Beispiel eine FET Schaltung, angesteuert. Im Folgenden werden unterschiedliche Anwendungsgebiete dargestellt und der zusätzlich zugeführte Strom-Offset IOffset ermittelt.
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In dem in 2 dargestellten Diagramm 200 sind als Vergleichsbeispiel für die Ausführungsformen der Erfindung die Phasenströme IU,klassisch 210, IV,klassisch 220 und IW,klassisch 230 dargestellt, die in einer bekannten Energieversorgungsleiterstruktur eines dreiphasigen Elektromotors verwendet werden. Die Phasen sind um 120° zueinander versetzt und weisen einen Maximalstrom 240 und einen Minimalstrom 250 auf, die bei den Werten 100 und –100 auf der Ordinate eingetragen sind.
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3 zeigt ein Diagramm
300 eines ersten Anwendungsbeispiels des überlagerten Strom-Offsets I
Offset (auch als „Fall 1” bezeichnet). In diesem ersten Anwendungsbeispiel werden der Maximalstrom
340 der Phasenströme
310 (Phase U),
320 (Phase V), und
330 (Phase W) durch eine Überlagerung reduziert. Dadurch stellt sich am Sternpunkt der Strom
360 ein. Dies hilft, einem Entmagnetisieren bei Motoren vorzubeugen, die sehr nah an der Entmagnetisierungsgrenze betrieben werden. Unter der Annahme, dass sich die klassischen Phasenströme wie folgt verhalten:
können durch einen überlagerten Strom I
Offset von
IOffset = (A·IAmp,Fall1)sin(Bφ + C) (Gl. 8) die Maximalströme reduziert werden, wobei A und B eine Konstante sein kann. Typischerweise ist A eine Konstante zwischen 0,1 und 0,9. In einem Beispiel ist A = 0,166. Die Konstante B kann eine ganzzahlige Konstante sein, die in einer Ausführungsform von der Anzahl der Phasenströme abhängt. In einem Beispiel kann B der Anzahl an Phasenströmen entsprechen. Der Parameter C ist der Phasenterm. In dem hierin beschriebenen und in
3 gezeigten Beispiel ist B = 3. Für den Fall A = 0,166, B = 3 und C = 0 ergibt sich für die Ansteuerung nach Ausführungsformen der Erfindung eine Reduzierung der Maximalströme um den Faktor,
= 0,866 d. h. für einen Offsetstrom von
IOffset,Fall1 = (0,166·IAmp,Fall1)·sin(3·φel) ergibt sich:
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Während in 2 die Stromverläufe ohne erfindungsgemäße Ansteuerung gezeigt sind, zeigt 3 die Reduzierung des Maximalstroms der Stromverläufe von 100 (in 2) auf 86,6 (3) auf der Ordinate. Daher lassen sich durch eine Ansteuerung oder eine Energieversorgungsstruktur gemäß Ausführungsformen der Erfindung die maximalen Phasenströme um den Faktor 0,866 reduzieren, verglichen mit einer bekannten Ansteuerung über die Phasenklemmen.
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In einem zweiten Anwendungsbeispiel (auch „Fall 2” genannt) wird gezeigt, dass die Drehmomentenabgabe bei identischem Maximalstrom der Phasenströme erhöht werden kann im Vergleich zu einer bekannten Ansteuerung über die Phasenklemmen. Dieses Beispiel findet vor allem dann Anwendung, wenn der maximal zulässige Phasenstrom begrenzt ist, zum Beispiel aufgrund der Elektronik (Grenzen der Bauelemente usw.) oder des Motors (Entmagnetisierung) usw. Der Sachverhalt im zweiten Anwendungsbeispiel ist sehr ähnlich zu dem ersten Anwendungsbeispiel. Der Unterschied besteht darin, dass die reduzierten Ströme aus „Fall 1” nun wieder proportional auf 100% erhöht werden bei prinzipiell gleicher Ansteuerung. Dadurch ergibt sich eine Leistungssteigerung in der Drehmomentenabgabe, da der äquivalente Strom in der klassischen Ansteuerung um den Faktor
= 1,15 gesteigert werden kann.
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Theoretisch können für den Fall 2 ähnliche Betrachtungen wie für Fall 1 angewendet werden. Die Amplituden der klassischen Ansteuerung werden im Folgenden Beweis zunächst gegenüber Gleichung 7 um den Faktor
= 1,15 erhöht:
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Der zu überlagernde Strom-Offset I
Offset ermittelt sich in diesem Anwendungsbeispiel analog zu Gleichung 8 und dem im Fall 1 besprochenen Beispiel:
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Die maximalen Phasenströme ergeben sich unter dieser Annahme analog zu Gleichung 9:
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Daraus folgt, dass trotz Leistungssteigerung in der Stromamplitude von Faktor
= 1,15 bei klassischer Ansteuerung die maximalen Phasenströme bei der Ansteuerung nach Ausführungsformen der Erfindung identisch sind zu denen der klassischen Ansteuerung ohne Leistungssteigerung (Gleichung 7).
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4 zeigt ein Diagramm
400 eines drittes Ausführungsbeispiels (auch als „Fall 3” bezeichnet). In diesem Anwendungsbeispiel wird die Verfügbarkeit des Elektromotorantriebs erhöht, auch wenn, zum Beispiel, eine Phasenklemme nicht mehr aktiv angesteuert werden kann. Ausfälle von Phasenklemmen können beispielsweise aufgrund von Bauelement- oder Motorproblemen vorkommen. Dies hat zur Folge, dass in der entsprechenden Phase kein Strom mehr fließt. Unter der bereits bekannten Annahme, dass sich die äquivalenten klassischen Phasenströme wie folgt verhalten sollen (siehe auch Gleichung 7):
und der zusätzlichen Forderung, dass zum Beispiel in der Phase W (wie in
4 mit Bezugszeichen
430 gezeigt) aufgrund eines technischen Problems kein Strom mehr fließen kann, so bedeutet dies für den zu wählenden Strom-Offset I
Offset die negative Überlagerung des klassischen Phasenstroms der Phase W. Das heißt, der Offsetstrom wird wie folgt definiert:
IOffset,Fall3 = –IW,klassisch (Gl. 14)
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4 zeigt die Ströme 410 (Phase U) und 420 (Phase V) sowie den Sternstrom 460. In der 2 können im Vergleich zur 4 die Stromverläufe ohne Funktionalitätsverlust gesehen werden. In 4 ist das Verhalten der Ströme mit Funktionalitätsverlust der Phase W zu sehen. Die Stromverläufe bei Funktionalitätsverlust einer Phase sind deutlich höher als die Stromverläufe ohne Funktionalitätsverlust. Daher ist es bei bekannten Steuerungen unter Umständen nicht möglich, diese erhöhten Phasenströme treiben zu können, da zum Beispiel die Elektronik ein derartiges Szenario nicht erlaubt. Durch die Ansteuerung und eine Energieversorgungsleiterstruktur nach Ausführungsformen der Erfindung kann durch ein entsprechendes Derating eine akzeptable Limp-Home-Funktion bereitgestellt werden, und damit insbesondere der Ausfall einer Phase kompensiert werden. Die durch Ausführungsformen der Erfindung erreichte Limp-Home-Funktion hebt sich zudem von anderen, bekannten Limp-Home-Funktionen dadurch ab, dass keine zusätzliche Momentenwelligkeit durch den Fehlerfall auftritt. Unter Umständen kann in diesem Fall eine Reduzierung des Drehmomentenbereichs erfolgen.
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Des Weiteren erlauben Ausführungsformen der Erfindung einen flexiblen Mischbetrieb, der je nach Arbeitspunkt des Elektromotors entweder die Steuerung über die Phasenklemmen (mit einem Strom-Offset von 0) oder die zusätzliche Steuerung mit einem individuell gewählten Strom-Offset verwendet. Die Auswahl der idealen Ansteuerung in einem Arbeitspunkt kann unter anderem von folgenden Punkten abhängen: Verlustleistungsbetrachtungen (Motor und Elektronik), Performance-Grenzen in der Elektronik, Performance-Grenzen im Motor, und Fehler-Modi.
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Die hierin beschriebene Ansteuerung kann zum Beispiel mittels einer Kontrolleinheit durchgeführt werden, die zum Beispiel Programme zum Berechnen der erforderlichen oder wünschenswerten Ansteuerung umfassen kann.
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Wie beschrieben, verwenden Ausführungsformen der Erfindung zusätzlich den Motor-Stern-Punkt für die aktive Ansteuerung eines mehrphasigen Motors. Durch die Nutzung dieses zusätzlichen Freiheitsgrades kann auch eine Anpassung der klassischen Ansteuerung der Phasenklemmen erforderlich werden, die der Fachmann mithilfe der beschriebenen Prinzipien durchführen kann, oder die von einer Kontrolleinheit zum Beispiel mittels geeigneter Programme während des Betriebs des Elektromotors bestimmt werden kann.
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Ausführungsformen der Erfindung können überall dort eingesetzt werden, wo ein mehrphasiger Elektromotor Verwendung findet. Zum Beispiel kann die zusätzliche Leitung zum Sternpunkt mit einem für eine Ansteuerung ausreichenden Querschnitt schnell und einfach in Elektromotoren jeglicher Art montiert werden. Beispiele für Anwendungen können zum Beispiel Elektroroller sein, die einen Leistungsbereich von ungefähr 2 kW bis ungefähr 20 kW, typischerweise von ungefähr 4 kW aufweisen. Andere Anwendungsgebiete können sicherheitssensible Bereiche, wie etwa ein Elektromotor für eine Servolenkung mit einem Leistungsbereich von ungefähr 1 kW sein. Insbesondere die Leistung der Limp-Home-Funktion, die durch eine Ansteuerung gemäß Ausführungsformen der Erfindung ermöglich wird, kann in weiteren sicherheitssensiblen Bereichen eingesetzt werden.