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Die Erfindung betrifft eine Lignocellulose-Spinnlösung, Regeneratfasern aus Lignocellulose und ein Verfahren zu deren Herstellung. Durch das erfindungsgemäße Verfahren kann erstmals Lignocellulose ohne vorheriges chemisches Trennverfahren zur Abtrennung der Cellulose-Begleitstoffe wie Lignin und Hemicellulose bzw. ohne thermomechanische Vorbehandlung des Rohstoffs zu Fasern verarbeitet werden. Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung speziell angepasster ionischer Flüssigkeiten vom Imidazol-Typ als Lösungsmittel für Lignocellulose verschiedener Provenienz. Aus den daraus hergestellten nahezu homogenen Spinnlösungen lassen sich mit kommerziellen Spinnapparaturen stabile Filamente mit vergleichbaren mechanischen Parametern, wie bei kommerziellen Cellulose-Spinnverfahren erhältlich, herstellen. Weder aufwändige Cellulosegewinnung, noch thermische oder/und chemische Vorbehandlung des Holzrohstoffes sind hierbei erforderlich.
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Weltweit wächst die Nachfrage nach Produkten und Materialien, die möglichst einfach und kostengünstig aus nachwachsenden Rohstoffen herstellbar sein sollen. Insbesondere Holz steht hier im Fokus, da es sich nicht nur um den mengenmäßig am stärksten genutzten Biorohstoff, sondern auch um ein sehr komplexes natürliches Material mit vielfaltigem Applikationsspektrum handelt.
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Die über alle verfügbaren Holzrohstoffe gleiche, jedoch variable, Zusammensetzung der Hauptinhaltsstoffe Cellulose, Hemicellulose und Lignin hat zu verschiedenen Ansätzen der Verarbeitung geführt, deren wichtigste immer noch die Cellulose-Separation (Kraft-Prozess, Sulfit-Verfahren, Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, 1996, 4th Ed., Vol. 20, S. 493–546), die Nutzung als Konstruktionswerkstoff und die zumeist thermische Verwertung der Reststoffe sind.
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Angesichts knapper werdender Ressourcen und der Entwicklung geeigneter Trennverfahren gelingt es zunehmend, auch Hemicellulosen und Lignin einer stofflichen Verwertung zuzuführen (Braun et al. in Carbon 2005, 43, 385–394). Wünschenswerte Ziele bleiben jedoch die Vermeidung energetisch und stofflich aufwändiger Trennverfahren und die direkte Veredlung solubilisierter Holzrohstoffe.
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Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts werden organische Salze mit Schmelzpunkten zumeist unter 100°C, sogenannte ionische Flüssigkeiten (IL), intensiv als Solvens untersucht (
M. E. Zakrzewska et al. in Energy Fuels 2010, 24 S. 737–745;
P. Mäki-Arvela et al. in Industrial Crops and Products 2010, 32, S. 175–201). Während ausgewählte IL mittlerweile bis zu 25% Cellulose lösen können (
S. Zhu et al. in Green Chem. 2006, 8, S. 325–327) und eine Verarbeitung zu beispielsweise Filamenten bzw. Gewebe ermöglichen (
EP 1980653 A2 ,
US 2008/0241536 ;
WO 2006/000197 A1 ), gelingt dies für Holzrohstoffe noch nicht bzw. nur mit entscheidenden Einschränkungen.
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So werden die bislang besten Ergebnisse für derartige Lösungen fast ausschließlich mit Chlorid-basierten IL wie 1-Butyl-3-methyl-imidazoliumchlorid (BMIMCI) oder 1-Allyl-3-methylimidazoliumchlorid (AMIMCI) erzielt (
WO 2005/017001 A1 ,
US 2008/0188636 A1 ), die aufgrund ihrer Korrosivität (HCl) den Aufwand für entsprechende großtechnische Anlagen enorm erhöhen.
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Weiterhin werden gute Lösungen entweder durch aufwändige Vorbehandlungen der Rohstoffe (Mikrowelle, Ultraschall) (
N. Sun in Green Chem, 30 2009, 11, S. 646–655), die häufig zur Depolymerisation der Cellulose führen, durch unwirtschaftliche Verdünnung zu maximal 8 Gew.-% „Holz”-Gehalt (
WO 2005/017001 A1 ,
I. Kilpeläinen et al. in J. Agric. Food Chem. 2007, 55, S. 9142–9148), durch Lösungszeiten > 24 h (
WO 2008/043837 A1 ) oder durch Additive wie PEG (
WO 2009/105236 A1 ) erzielt, die wiederum das Recycling der eingesetzten IL deutlich erschweren.
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Genannte Verweise haben lediglich einen Fokus auf die Solubilisierung von Holz mit dem Ziel alternative Verfahren zur Separation der Lignocellulosebestandteile (d. h. im Wesentlichen Cellulose, Hemicellulose und Lignin) aufzuzeigen. Andere haben das Ziel die Bestandteile von Lignocellulose zu depolymerisieren um monomere Verbindungen zu erhalten (
WO 2007/112090A2 ).
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Eine Materialentwicklung zu gerakelten Filmen wird in
US 2008/0188636 A aufgezeigt. Die Verarbeitung von geringen Konzentrationen (< 5 Gew.-%) Lignocellulose aus einer Lösung zu einem Monofilament wird durch
Sun et al. (in Green Chem., 2011, 13, S. 1158–1161) erstmalig beschrieben. Dabei wird 1-Ethyl-3-methyl-imidazoliumacetat (EMIMAc) als Lösungsmittel verwendet. Weiterhin kann nicht auf eine alkalische Vorbehandlung der Lignocellulose verzichtet werden, um geeignete Lösungsqualitäten zur Verspinnung zu erhalten.
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Die alkalische Extraktion führt zu einer teilweisen Separation der Lignocellulosebestandteile. Die in Sun et al. beschrieben Lösungsbedingungen (Lösung der Lignocellulose bei einer Temperatur von 175°C) führen weiterhin zu einer starken Depolymerisation von Hemicellulose, Lignin sowie von Cellulose, was sich in den erreichten mechanischen Eigenschaften des Monofilamentes widerspiegelt (max. Reißfestigkeit von 17 cN/tex). Ferner ist die in Sun et al. verwendete Apparatur (Spritze) nicht vergleichbar mit einer Spinnanlage im Technikumsmaßstab, welche nach dem Prinzip des Luftspaltspinnens funktioniert. Dem Fachmann sind die entscheidenden Defizite bekannt und daher sind die erzielten Ergebnisse nicht repräsentativ.
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Zusammenfassend werden im Stand der Technik keine ionischen Flüssigkeiten offenbart, welche die Lösung von Lignocellulose in hoher Konzentration und bei niedriger Temperatur und niedriger Lösungszeit ermöglichen. Durch die relativ hohen Temperaturen und Lösezeiten, welche sich aus den im Stand der Technik verwendeten IL ergeben, beginnt die Lignocellulose sich während der Lösung chemisch zu verändern (z. B. Depolymerisation der polymeren Bestandteile). Dies wirkt sich negativ auf die Eigenschaften der Produkte der Spinnlösung aus (z. B. Reißfestigkeit von Fasern). Ferner sind lange Lösungszeiten und niedrige Konzentrationen an Lignocellulose in der Spinnlösung nicht wirtschaftlich.
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Die Probleme aus dem Stand der Technik werden gelöst durch die Lignocellulose-Spinnlösung gemäß Anspruch 1, die Regeneratfaser gemäß Anspruch 23 und die Verwendung der Regeneratfaser gemäß Anspruch 26.
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Erfindungsgemäß wird eine Lignocellulose-Spinnlösung bereitgestellt, welche eine Lösung von Lignocellulose in mindestens einer ionischen Flüssigkeit enthält, wobei die mindestens eine ionische Flüssigkeit aus einem 1-Alkyl-3-methyl-imidazolium-Kation und einem im Wesentlichen hydrophoben Carboxylat-Anion besteht und die Spinnlösung dadurch gekennzeichnet ist, dass Lignocellulose in einer Konzentration von mindestens 10 Gew.-% enthalten ist und die Spinnlösung eine Nullscherviskosität, gemessen bei 80°C, von ≤ 30000 Pas aufweist.
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Die erfindungsgemäße Spinnlösung ist in folgenden Punkten vorteilhaft gegenüber dem Stand der Technik:
- – Die Spinnlösung enthält Lignocellulose in einer Konzentration von mindestens 10 Gew.-% in gelöster Form;
- – Die Spinnlösung enthält Lignocellulose mit einem geringen Grad an depolymerisierten polymeren Bestandteilen und weist folglich ausgezeichnete Spinneigenschaften auf;
- – Die Spinnlösung kann zu Filamenten mit hohem Anteil an Lignin (5 bis 30 Gew.-%) sowie Hemicellulosen (5 bis 30 Gew.-%) verformt werden;
- – Es liegen keine korrosiven (z. B. Cl–-haltigen) IL in der Spinnlösung vor;
- – Die Spinnlösung ist ohne Einschränkung im technischen Maßstab herstellbar.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung handelt es sich bei der Lignocellulose um Holzrohstoff d. h. zur Gewinnung der Lignocellulose aus Pflanzen ist kein (chemisches) Aufschlussverfahren vor dem Lösen in der ionischen Flüssigkeit nötig. Die Verwendung von unbehandeltem Holzrohstoff als Lignocellulosequelle hat entscheidende Vorteile:
- – Die Spinnlösung kann durch direktes Lösen von Holzrohstoff ohne vorgeschaltetes Aufschlussverfahren hergestellt werden. Dadurch wird die Herstellung der Spinnlösung sehr ökonomisch, da Zeit und Kosten bei der Herstellung der Spinnlösung reduziert werden;
- – Es können Holzrohstoffe basierend auf allen Pflanzen, bevorzugt Einjahrespflanzen und/oder Bäume, ohne weitere Vorbehandlung wie TMP, Bestrahlung, Einwirkung von Säuren oder Laugen weitestgehend homogen in Lösung gebracht werden. Durch Wegfall der chemischen Vorbehandlung liegen Lignin und Hemicellulosen in der Spinnlösung ohne chemischen Modifikationen vor, wie sie durch klassische Aufschlussverfahren für Holzrohstoffe hervorgerufen werden. Hieraus ergeben sich Vorteile in Bezug auf die der Produkte der Spinnlösung (z. B. höhere Werte für Festigkeit und E-Modul für Regeneratfasern);
- – Durch Verzicht auf Vorbehandlung der Holzrohstoffe, Zusatz von Additiven (wie z. B. DMSO, PEG) und moderate Temperaturen werden gut recyclingfähige Fällbäder nach dem Spinnprozess erhalten. Die Umweltbelastung wird dadurch erheblich reduziert.
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Die Spinnlösung kann eine Nullscherviskosität, gemessen bei 80°C, von 500 Pas bis 3000 Pas, bevorzugt eine Nullscherviskosität von 1000 Pas bis 2500 Pas, aufweisen. Eine Nullscherviskosität in diesem Bereich hat sich als besonders vorteilhaft für die Produktion von Regeneratfasern erwiesen.
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Bevorzugt weist das Carboxylat-Anion mehr C-Atome als Atome der Gruppe 15, 16 und/oder 17 des Periodensystems auf (Beispiele für Gruppe 15: N und P; Beispiele für Gruppe 16: O und S; Beispiele für Gruppe 17: F, Cl, Br und I) bzw. besteht daraus.
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Besonders bevorzugt enthält das Carboxylat-Anion außer mindestens einer Carboxyl-Gruppe (z. B. nur einer Carboxyl-Gruppe) keine weitere hydrophile Gruppe.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform enthält das Carboxylat-Anion mindestens 3 C-Atome, bevorzugt mindestens 4 C-Atome.
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Das Carboxylat-Anion kann ferner dadurch charakterisiert sein, dass es
- a) mindestens eine Doppelbindung aufweist, insbesondere im Fall eines C3, C4 und/oder C5-Carboxylat-Anions;
- b) zumindest bereichsweise verzweigt ist, insbesondere im Fall eines C4-, C5- und/oder C6-Carboxylat-Anions; und/oder
- c) zumindest bereichsweise zyklisiert ist, insbesondere im Fall eines C6- oder C7-Carboxylat-Anions.
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Erfindungsgemäß kann das Carboxylat-Anion 3 bis 18, bevorzugt 3 bis 12, besonders bevorzugt 4 bis 7, Kohlenstoffatome aufweisen oder daraus bestehen.
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Besonders bevorzugt ist das Carboxylat-Anion ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus 2,2-Dimethyl-propanat-Anion, 2-Butenat-Anion und Cyclohexyl-carboxylat-Anion.
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Es wurde überraschend gefunden, dass eine ionische Flüssigkeit (IL) bestehend aus einem 1-Alkyl-3-methyl-imidazolium-Kation und einem im Wesentlichen hydrophoben Carboxylat-Anion, besonders einem Anion der oben genannten bevorzugten Ausführungsformen, Lignozellulose bzw. sogar Holzrohstoff in gegenüber dem Stand der Technik höheren Konzentration und bei einer vorgegebenen Temperatur in kürzerer Zeit lösen kann. Es wurde weiterhin gefunden, dass im Falle von C3-C7 Carboxylat-Anionen eine Verzweigung, eine Zyklisierung und/oder die Anwesenheit einer Doppelbindung für die Lösung von Lignocellulose (z. B. in Form von Holzrohstoff) vorteilhaft ist (niedrige Lösungstemperatur und Lösungszeit).
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Bevorzugt wird die erfindungsgemäße Spinnlösung hergestellt, indem die Lignocellulose mit Wasser und/oder einem aliphatischen Alkohol vermengt und in der ionischen Flüssigkeit bei einer Temperatur ≤ 150°C, bevorzugt ≤ 140°C, besonders bevorzugt ≤ 130°C, gelöst wird. Ferner ist bevorzugt, dass die Spinnlösung hergestellt wird, indem die Lignocellulose innerhalb einer Zeit von ≤ 10 h, bevorzugt ≤ 7 h, besonders bevorzugt ≤ 5 h unter zumindest teilweiser Abtrennung des Wassers und/oder aliphatischen Alkohols gelöst wird.
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Die Herstellung der Lignocellulose-Spinnlösung kann in einem Rühraggregat oder Knetaggregat erfolgen.
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Die erfindungsgemäße Spinnlösung enthält bevorzugt
- a) Lignin in einem Anteil von mindestens 5 Gew.-%, besonders bevorzugt 5 bis 35 Gew.-%;
- b) Hemicellulose in einem Anteil von mindestens 5 Gew.-%, besonders bevorzugt von 5 bis 35 Gew.-%; und/oder
- c) Cellulose in einem Anteil von mindestens 30 Gew.-%, bevorzugt 30 bis 70 Gew.-%;
in Bezug auf das Gesamtgewicht der Lignocellulose.
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Bevorzugt enthält die Spinnlösung 10 bis 35 Gew.-%, bevorzugt 10 bis 30 Gew.-%, Lignocellulose.
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In Bezug auf das Kation der ionischen Flüssigkeit kann der Alkyl-Rest an der Position 1 in dem 1-Alkyl-3-alkylimidazolium-Kation ein substituierter oder unsubstituierter C1-C6 Alkyl Rest oder ein Arylrest sein, bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Methyl, Ethyl, Propyl, Butyl, Pentyl, Hexyl, Allyl, Benzyl, Imidazolyl, Methoxymetyl, Methoxyethyl und Ethoxyethyl, besonders bevorzugt Ethyl und Butyl.
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Die Spinnlösung kann Lignocellulose mindestens einer Pflanze, bevorzugt mindestens einer Einjahrespflanze oder mindestens eines Baums, besonders bevorzugt mindestens einer Pflanze ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Weizen, Roggen, Mais, Hanf, Flachs, Pappel und/oder Buche enthalten oder daraus bestehen.
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Bei der Lignocellulose kann es sich um Holzrohstoff handeln d. h. in einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist native Lignocellulose in der Spinnlösung gelöst. In diesem Fall ist die Lignocellulose nicht vor dem Lösen in der ionischen Flüssigkeit chemisch behandelt (z. B. durch den Kraft-Prozess oder das Sulfit-Verfahren) und dadurch auch nicht chemisch modifiziert worden. Es kann beispielsweise Lignocellulose eingesetzt werden, welche aus gemahlenem Weizenstroh besteht.
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Die Lignocellulose kann vor der Lösung im Spinnbad getrocknet werden, da dies die Löslichkeit der Lignocellulose in der ionischen Flüssigkeit weiter verbessert. Die Spinnlösung kann somit ≤ Vol.-%, bevorzugt ≤ 2 Vol.-%, besonders bevorzugt ≤ 1 Vol.-%, Wasser enthalten.
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Bevorzugt ist die Spinnlösung eine homogene partikelfreie Spinnlösung. Diese kann beispielsweise dadurch hergestellt werden, dass die Spinnlösung über eine Filtrationsvorrichtung filtriert wird. Eine homogene partikelfreie Spinnlösung wirkt sich vorteilhaft auf die Eigenschaften einer aus der Spinnlösung gewonnenen Regeneratfaser aus.
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Desweiteren wird erfindungsgemäß ein Verfahren zur Herstellung einer Regeneratfaser bereitgestellt, wobei das Verfahren die folgenden Schritte enthält:
- a) Pressen einer Lignocellulose-Spinnlösung, welche mindestens 10 Gew.-% Lignocellulose in mindestens einer ionischen Flüssigkeit enthält und eine Nullscherviskosität, gemessen bei 80°C, von ≤ 30000 Pas aufweist, durch mindestens eine Öffnung mindestens einer Spinndüse, wobei mindestens ein Faden entsteht;
- b) Verstreckung des mindestens einen Fadens in mindestens einem Luftspalt; und
- c) Verfestigung des mindestens einen Fadens in mindestens einem Fällbad.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung einer Regeneratfaser handelt es sich um ein Luftspalt-Spinnverfahren. Beim Luftspalt-Spinnverfahren wird die viskose Spinnlösung durch die Löcher einer Spinndüse gedrückt und (extrudierte) Faser im Luftspalt verstreckt.
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Die Spinnlösung kann hierbei auf eine Temperatur von 60 bis 150°C, bevorzugt 80 bis 130°C, besonders bevorzugt 90 bis 120°C, eingestellt werden.
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In dem Verfahren kann die Spinnlösung durch eine Öffnung der mindestens einen Spinndüse gepresst werden, welche einen Durchmesser von mehr als 100 μm, bevorzugt einen Durchmesser von 100 μm bis 600 μm, aufweist.
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Weiterhin kann der mindestens eine Faden in mindestens einem Luftspalt mit einer Länge von mindestens 20 mm, bevorzugt mit einer Länge von 20 bis 500 mm, verstreckt werden.
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Der mindestens eine Faden kann erfindungsgemäß mit einem Verzugsverhältnis von 2 bis 10, bevorzugt 3 bis 9, besonders bevorzugt 4 bis 8, verstreckt werden.
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Ferner kann der mindestens eine (extrudierte) Faden in mindestens einem Fällbad (Koagulationsbad) verfestigt werden, welches eine Flüssigkeit ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Wasser, Polymerlösungsmittel, ionischer Flüssigkeit und aliphatischer C1-C8 Alkohol enthält oder daraus besteht. Das Fällbad enthält bevorzugt Wasser oder ein Gemisch aus einem Polymerlösungsmittel und Wasser.
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Nach der Verfestigung in mindestens einem Fällbad kann der mindestens eine Faden in einem weiteren Schritt getrocknet werden, bevorzugt bei einer Temperatur von mindestens 80°C, besonders bevorzugt bei einer Temperatur von mindestens 100°C.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird der mindestens eine Faden mit mindestens einem Spinnöl ausgerüstet. Dies geschieht bevorzugt nach der Verfestigung des mindestens einen Fadens in mindestens einem Fällbad und/oder nach der Trocknung des mindestens einen Fadens. Unter dem Ausrüsten des mindestens einen Fadens mit dem Spinnöl ist zu verstehen, dass Spinnöl zumindest bereichsweise auf die Oberfläche des mindestens einen Fadens aufgetragen wird. Dadurch können statische Aufladungen und ein „Zusammenkleben” der Fäden reduziert werden, was sich besonders vorteilhaft für nachgeschaltete Prozesse zur Textilerzeugung auswirkt.
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Die Faden bzw. Fasern können gewaschen, ausgerüstet, getrocknet und dann als Filament aufgewickelt werden. Optional können mehrere Faden bzw. Fasern zu Filamenten verformt und/oder aufgewickelt werden.
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Die in dem Verfahren verwendete Spinnlösung kann eine Nullscherviskosität, gemessen bei 80°C, von 500 Pas bis 3000 Pas, bevorzugt 1000 Pas bis 2500 Pas, aufweisen.
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Bevorzugt wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren vor Schritt a) eine Homogenisierung der Spinnlösung und Befreiung der Spinnlösung von Partikeln durchgeführt. Dies kann z. B. durch Filtration der Spinnlösung erfolgen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird als Lignocellulose-Spinnlösung die erfindungsgemäße Lignocellulose-Spinnlösung in dem Verfahren verwendet.
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Es wird ferner eine Regeneratfaser aus Lignocellulose bereitgestellt, welche nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt werden kann. Die erfindungsgemäße Regeneratfaser ist preiswert herstellbar, da in der Lignocellulose-Spinnlösung als Lignocellulose nativer Holzrohstoff gelöst werden kann d. h. eine kostenintensive Vorbehandlung der Lignocellulose (z. B. durch chemische Verfahren) ist nicht erforderlich.
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Die erfindungsgemäße Regeneratfaser weist bevorzugt eine gemäß DIN 53834 gemessene Festigkeit von mindestens 20 cN/tex, bevorzugt eine Festigkeit von 20 cN/tex bis 50 cN/tex, auf. Ferner kann sich die erfindungsgemäße Regeneratfaser durch einen E-Modul von mindestens 1000 cN/tex, bevorzugt einen E-Modul von 1000 cN/tex bis 2500 cN/tex, auszeichnen.
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Die Regeneratfaser kann einen Gehalt an
- a) Lignin von mindestens 5 Gew.-%, bevorzugt von 5 bis 35 Gew.-%
- b) Hemicellulose von mindestens 5 Gew.-%, bevorzugt von 5 bis 35 Gew.-%; und/oder
- c) Cellulose von mindestens 30 Gew.-%, bevorzugt 30–70 Gew.-%,
aufweisen.
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Die erfindungsgemäße Regeneratfaser kann beispielsweise als textile Faser und/oder als Verstärkungsfaser für Komposite mit thermoplastischen Kunststoffen verwendet werden.
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Anhand der nachfolgenden Beispiele soll der erfindungsgemäße Gegenstand näher erläutert werden, ohne diesen auf die hier dargestellten spezifischen Ausführungsformen einschränken zu wollen.
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Beispiel 1: Herstellung der ionischen Flüssigkeiten
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Als ionische Flüssigkeiten wurden verwendet:
- – 1-Butyl-methylimidazoliumpivalat;
- – 1-Butyl-3-methylimidazoliumcyclohexylcarboxylat;
- – 1-Ethyl-3-methylimidazoliumcrotonat;
- – 1-Ethyl-3-methylimidazoliumcyclohexylcarboxylat; und
- – 1-Ethyl-3-methylimidazoliumacetat (als Vergleichssubstanz)
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Diese wurden nach aus der Literatur bekannten Standardverfahren (
WO 2009/040242 A1 ) hergestellt.
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Beispielsweise werden 7706 g 27,8%-ige methanolische Lösung von 1-Butyl-3-methylimidazoliummethylcarbonat (10 Mol) mit 1282 g Cyclohexancarbonsäure (10 Mol) unter Rühren für 2 h auf 50°C erwärmt. Anschließend wird das Methanol am Rotationsverdampfer abgezogen. Nach weiterer Trocknung bei 400°C im Vakuum über P2O5 werden etwa 2700 g 1-Butyl-3-methylimidazolium-cyclohexylcarboxylat erhalten. Die IL weist einen Schmelzpunkt von etwa 35°C bei einem Wassergehalt < 0,5% (Karl-Fischer-Titration) und einem Methanolgehalt von etwa 1% (1H-NMR) auf.
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Beispiel 2: Weizen-Lignocellulose gelöst in 1-Butyl-3-methylimidazoliumccylohexylcarboxylat
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Zu 280 g lufttrockener Weizen-Lignocellulose werden 2300 g 1-Butyl-3-methylimidazoliumcyclohexylcarboxy-lat gemischt und in einem Horizontalkneter bei einer Temperatur von 130°C innerhalb von 5 h gelöst. Die resultierende schwarze, viskose Lösung ist nahezu frei von Faserresten und weist eine Nullscher-viskositat, gemessen bei 80°C, von 1200 Pas auf. Zur Erhöhung der Qualitat der Spinnlösung wurde diese filtriert. Die Lösung wurde anschließend mit Hilfe eines Extruders durch eine 40-Loch-Spinndüse gepresst (Lochdurchmesser 200 μm) und mit einem Verzugsverhältnis von 4 im Luftspalt verstreckt. Die Filamente wurden im wässrigen Koagulationsbad gefallt. Die Wäsche der Filamente erfolgte mit destilliertem Wasser, die Trocknung erfolgte bei 105°C mittels beheizter Walzen.
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Die Filamente hatten eine Festigkeit von 27 cN/tex, eine Dehnung von 2,9%, sowie ein E-Modul von 1800 cN/tex.
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Beispiel 3: Hanfstroh-Lignocellulose gelöst in 1-Butyl-3-methylimidazoliumccylohexylcarboxylat
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Zu 280 g lufttrockenem Hanfstroh werden 2300 g 1-Butyl-3-methylimidazoliumcyclohexylcarboxylat gemischt und in einem Horizontalkneter bei einer Temperatur von 130°C innerhalb von 3 h gelöst. Die resultierende schwarze Suspension ist nahezu frei von Faserresten und weist eine Nullscherviskositat, gemessen bei 80°C, von 1500 Pas auf. Die Lösung wurde mit Hilfe eines Extruders durch eine 40-Loch-Spinndüse gepresst (Lochdurchmesser 200 μm) und mit einem Verzugsverhältnis von 6 im Luftspalt verstreckt. Die Filamente wurden im wässrigen Koagulationsbad gefällt. Die Wäsche der Filamente erfolgte mit destilliertem Wasser, die Trocknung erfolgte bei 105°C mittels beheizter Walzen.
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Die Filamente hatten eine Festigkeit von 22 cN/tex, eine Dehnung von 4,3% sowie ein E-Modul von 1351 cN/tex.
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Beispiel 4: Weizen-Lignocellulose gelöst in 1-Butyl-3-methylimidazoliumcyclohexylcarboxylat
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Zu 325 g lufttrockener Weizen-Lignocellulose werden 2300 g 1-Butyl-3-methylimidazoliumcyclohexyl-carboxylat gemischt und in einem Horizontalkneter bei einer Temperatur von 130°C innerhalb von 4 h gelöst. Die resultierende schwarze, hochviskose Losung ist nahezu frei von Faserresten und weist eine Nullscherviskosität, gemessen bei 80°C, von 2300 Pas auf. Die Lösung wurde mit Hilfe eines Extruders durch eine 80-Loch-Spinndüse gepresst (Lochdurchmesser 100 μm) und mit einem Verzugsverhältnis von 8 im Luftspalt verstreckt. Die Filamente wurden im wässrigen Koagulationsbad gefallt. Die Wäsche der Filamente erfolgte mit destilliertem Wasser, die Trocknung erfolgte bei 105°C mittels beheizter Walzen.
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Die Filamente hatten eine Festigkeit von 36 cN/tex, 2100 cN/tex.
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Beispiel 5: Weizen-Lignocellulose gelöst in 1-Ethyl-methylimidazoliumacetat (Vergleichsbeispiel)
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Zu 320 g Weizen-Lignocellulose werden 2700 g 1-Ethyl-3-methylimidazoliumacetat gemischt und in einem Horizontalkneter bei einer Temperatur von 130°C innerhalb von 6 h gelöst. Die resultierende schwarze Lösung ist nahezu frei von Faserresten und weist eine Nullscherviskosität, gemessen bei 80°C, von 200 Pas auf. Die Lösung wurde mit Hilfe eines Extruders durch eine 40-Loch-Spinndüse gepresst, eine Fadenbildung war jedoch nicht möglich, da Abrisse direkt an der Düse zu beobachten waren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 1980653 A2 [0005]
- US 2008/0241536 [0005]
- WO 2006/000197 A1 [0005]
- WO 2005/017001 A1 [0006, 0007]
- US 2008/0188636 A1 [0006]
- WO 2008/043837 A1 [0007]
- WO 2009/105236 A1 [0007]
- WO 2007/112090 A2 [0008]
- US 2008/0188636 A [0009]
- WO 2009/040242 A1 [0052]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Kraft-Prozess, Sulfit-Verfahren, Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, 1996, 4th Ed., Vol. 20, S. 493–546 [0003]
- Braun et al. in Carbon 2005, 43, 385–394 [0004]
- M. E. Zakrzewska et al. in Energy Fuels 2010, 24 S. 737–745 [0005]
- P. Mäki-Arvela et al. in Industrial Crops and Products 2010, 32, S. 175–201 [0005]
- S. Zhu et al. in Green Chem. 2006, 8, S. 325–327 [0005]
- N. Sun in Green Chem, 30 2009, 11, S. 646–655 [0007]
- I. Kilpeläinen et al. in J. Agric. Food Chem. 2007, 55, S. 9142–9148 [0007]
- Sun et al. (in Green Chem., 2011, 13, S. 1158–1161) [0009]
- Sun et al. [0010]
- DIN 53834 [0047]