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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Einrichtung zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärken und zur Ermittlung von Narkosetiefen während medizinischer Eingriffe.
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Die Überwachung der Tiefe einer Anästhesie während eines Eingriffs gehört zum Stand der Technik der medizinischen Behandlung. Technische Mittel zur Bestimmung der Narkosetiefe sind die Messung des Blutdrucks und der Herzfrequenz, zusätzlich werden jetzt auch EEG-Signale aus dem Gehirn herangezogen.
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Dazu gibt es folgende Probleme:
- – Eine unzureichende Schmerzausschaltung,
- – eine unzureichende Stressabschirmung,
- – eine intraoperative Wachheit und
- – eine zu „tiefe Narkose” mit hämodynamischer Beeinträchtigung, die bei der Durchführung der Anästhesie während operativer Eingriffe auftreten.
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Die resultierenden negativen Effekte können ein verzögertes postoperatives Erwachen, verlängerte Überwachungszeiten und eine Herzkreislauf-Instabilität hervorrufen. Zweckmäßig ist deshalb eine individuelle „Anästhesie-Führung und -Überwachung” während des operativen Eingriffs.
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Das Anwendungsfeld der Erfindung besteht in einer Anästhesieführung während operativer Eingriffe am Patienten, um Fehlbelastungen durch Überdosierungen oder Unterdosierungen von erforderlichen Medikamenten zu vermeiden.
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Es gibt bekannte Verfahren zur Bestimmung der Narkosetiefe unter Nutzung der Herzraten-Daten:
In der Druckschrift
US2005/0143668 A1 werden charakteristische Parameter im Zeitbereich, im Frequenzbereich und in der Nichtlinearen Dynamik beschrieben. Dazu erfolgt die Parallel-Analyse des EEG, des Pulses und des dazugehörigen Schallsignals in definierten Zeitfenstern.
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In den Druckschriften
WO 2008131294 A1 und
DE 10 2008 016 298 A1 erfolgt die Diagnose des Schmerzstärkeempfindens aus Biosignalen als ein Beispiel für den physiologischen Zustand als klinischen Zustand von Personen. Aussage ist ein qualitativ bewerteter diagnostischer Index für den klinischen Zustand. Es ist nur eine Überwachung des Schmerzstärkenzustandes möglich.
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In der Druckschrift
US2011/0137134 A1 wird ein Verfahren mit komplexer algorithmischer Verarbeitung von arteriellem Druck und Herzraten-Daten zur Überwachung des intra-operativen Schmerzstärkeempfindens zur Fuzzy-Logik basierten Steuerung der Infusionsgabe beschrieben. Dominant sind EEG-Daten in Kombination mit weiteren relevanten Herzraten-Daten zur Bestimmung der Narkosetiefe.
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In der Druckschrift
US 5,871,450 A ist nur eine Narkosetiefenmessung mit Frequenzparametern der HRV möglich. Dabei sind neue Frequenzbereiche und neue Überwachungsparameter vorgesehen.
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In der Druckschrift
US 6,315,736 B1 ist eine Stimulation vorgesehen. Es werden Zusatzsignale benötigt. Dabei wird nur eine Frequenzbereichsmessung durchgeführt.
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In der Druckschrift
US 2002/0095092 A1 ist zur Signalgewinnung ein Pulsoxymetersensor vorgesehen.
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Die Registrierung und Analyse kardiovaskulärer Biosignale sind, eines der aktuellsten Themen der biomedizintechnischen Forschung. Insbesondere aus extrakorporal abgeleiteten Biosignalen (z. B. EKG, Blutdruck) werden mittels mathematischer, computergestützter Analysen kardiovaskuläre Risiken erkannt und Diagnosen entwickelt.
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Die Allgemeinanästhesie ist ein durch Medikamente herbeigeführter kontrollierter und reversibler Bewusstseinsverlust mit paralleler Schmerzausschaltung sowie eine herbeigeführte Muskelrelaxation. Völlig ausgeschaltet ist das Gehirn nicht, daher wird die Anästhesie-Tiefe während einer Operation laufend kontrolliert. Als Standard für die Überwachung der Narkosetiefen erfolgen Messungen, bezogen auf
- – repetitivem Blutdruck oder kontinuierlichem Blutdruck
- – Herzfrequenz
- – Tränenfuß-Beobachtung
- – Schweißsekretion
- – Spontanbewegungen und/oder
- – Pupillenspiel.
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Für „klinische” Anästhesie-Steuerungen stehen dabei konventionell Hämodynamik, vegetative Zeichen und die Erfahrungen des Anästhesisten zur Verfügung. Diese Zeichen sind nicht verlässlich, da der individuelle Anästhesie-Bedarf erheblich variiert.
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Fakultativ ohne zwingende Notwendigkeit sind in jüngster Zeit zusätzliche Messdaten des partiellen Elektroenzephalogramms (pEEP) des Gehirns berücksichtigt worden.
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Gemessen werden mit diesen „Wachmonitoren” die Frequenzen, die in den Hirnstromkurven auftreten. Je tiefer die Narkose, desto mehr dominieren die tiefen Frequenzen, während die höheren Frequenzen verschwinden. Bei anderen Systemen trägt der narkotisierte Patient einen Kopfhörer, in dem ein fortlaufendes Klicken ertönt. Jeder Klick löst eine Reaktion im Gehirn aus, die sich in den Hirnstromkurven bemerkbar macht. Die Reaktion zu quantifzieren, ist mit der Computertechnik durchaus möglich. Wie die Reaktion ausfällt, hängt von der Narkosetiefe ab, die das Gerät auf diese Weise messen kann, wie in der Druckschrift Wiedemann: Neuartige „Wachheitsmonitore" messen Narkosetiefe mit akustischen Reizen, URL: http://www.innovations-report.de/html/berichte/medizin_gesundheit/bericht-17726.html beschrieben ist.
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Klinisch sind die Kriterien für „zu flache oder zu tiefe Narkosen” bisher schwer objektiv patientenspezifisch zu beurteilen.
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In der Druckschrift Albrecht: Narkosemonitoring – Vitalparameter und Narkosetiefe, Universitätsklinik Erlangen, Anästhesiologische Klinik, wird eine Überwachung der Narkosetiefe mit dem computergestützten EEG-Monitor NARCOTREND beschrieben. Gegenstand sind die Möglichkeiten der Gewinnung von Aussagen über Inhalte der Anästhesie-Überwachung und die verfahrenstypischen Grenzen des EEG-Monitorings. Relevante Ergebnisse zeigen, dass eine Closed-Loop-Technik, also eine Regelung des Medikamenten-Applikators durch den Narkosemonitor nicht erzielt werden kann.
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Ein Problem besteht darin, dass eine Schmerzstärkenmessung während der Narkose bisher nicht möglich ist. Die bekannten Überwachungssysteme sind nicht geeignet, frühzeitig und zuverlässig das Auftreten von mangelnder Narkosetiefe oder auch intraoperativer Wachheit zu erfassen. Die messtechnische Quantifizierung der Schmerzstärke fehlt. In kritischen Situationen ist die Unterscheidung der Notwendigkeit der Verabreichung eines Schlafmittels oder eines Beruhigungsmittels objektiv nicht möglich. Die Folge ist, dass beide Mittel zur Sicherheit verabreicht werden und damit die Überdosierung mit allen Negativfolgen getätigt werden.
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Als Herzfrequenzvariabilität oder Herzratenvariabilität (HRV) wird dem Artikel: Herzfrequenzvariabilität, Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Herzfrequenzvariabilität%C3%A4t, die Fähigkeit eines Organismus (Mensch, Säugetier) bezeichnet, die Frequenz des Herzrhythmus zu verändern. Auch im Ruhezustand treten spontan Veränderungen des zeitlichen Abstandes zwischen zwei Herzschlägen auf.
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Über autonome physiologische Regulationswege passt ein gesunder Organismus die Herzschlagrate beständig momentanen Erfordernissen an. Körperliche Beanspruchung oder psychische Belastung hat deswegen bekanntlich in der Regel eine Erhöhung der Herzfrequenz zur Folge, die bei Entlastung und Entspannung normalerweise wieder zurückgeht. Dabei zeigt sich eine höhere Anpassungsfähigkeit an Belastungen in einer größeren Variabilität der Herzfrequenz. Unter chronischer Stressbelastung ist beides dagegen wegen der beständig hohen Anspannung, die dafür typisch ist, mehr oder weniger eingeschränkt und infolgedessen reduziert.
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Der Abstand zwischen zwei Herzschlägen wird meistens definiert als die Zeit zwischen dem Beginn zweier Kontraktionen der Herzkammern. Dieser Beginn der Kammerkontraktion erscheint im Elektrokardiogramm (EKG) als so genannte R-Zacke. Der Abstand zwischen zwei R-Zacken wird daher als RR-Intervall bezeichnet (um eine Verwechslung mit der Blutdruckangabe RR (nach Riva-Rocci) zu vermeiden, wird teilweise auch die Bezeichnung NN verwendet). Das RR-Intervall lässt sich als Kehrwert in die Herzfrequenz umrechnen (60 BPM ~ 1000 ms: 60 Beats per minute ~ 1000 Millisekunden RR-Abstand). Die RR-Intervalle sind im Regelfall nicht gleich lang, sondern unterliegen Schwankungen. Die Quantifizierung dieser Schwankungen wird als Herzfrequenz- oder Herzratenvariabilität (HRV) bezeichnet.
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Ein Herzschlag wird beim gesunden Individuum durch einen Impuls des Sinusknotens als zentralem Taktgeber des autonomen Erregungssystems des Herzens ausgelöst. Dieses steht seinerseits unter dem Einfluss des übergeordneten vegetativen Nervensystems, wobei über den Sympathikus ein aktivierender Einfluss ausgeübt wird, der u. a. eine Erhöhung der Herzfrequenz zur Folge hat. Körperliche und psychische Belastungen gehen mit einer Steigerung der Aktivität des Sympathikus einher, parallel zu der vom Parasympathikus regulierte Körperfunktionen, wie etwa Verdauung, reduziert werden. Äußere Einflüsse (Reize), psychische Vorgänge (Gedanken) oder mechanische Abläufe (Atmung) greifen dabei komplex ineinander, können sich dabei aber je nach eigenem Gewicht auch unterschiedlich auf den Herzschlag auswirken.
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Das EKG ist nach wie vor zentrales Diagnoseverfahren in der Kardiologie. Aus ihm lässt sich eine sog. Zeitreihe der RR-Intervalle bestimmen. Die Schwankung dieser Zeitreihe lässt sich mit Hilfe verschiedener Verfahren hinsichtlich ihrer Stärke, Zeitskala oder innerer Muster quantifizieren. Eine einfache statistische Größe zur Bestimmung der Streuung ist die Standardabweichung der RR-Intervalle. Man unterscheidet drei Bereiche (Domänen), die zur Analyse der Herzratenvariabilität genutzt werden:
- • Zeitbereich (z. B. Standardabweichung der RR-Intervalle)
- • Frequenzbereich (z. B. Spektrum der Herzratenvariabilität)
- • nichtlinearer Bereich (z. B. Poincaré-Plots)
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Hinsichtlich ihrer Zeitskala lassen sich die Schwankungen der Herzfrequenz durch Verfahren der Spektralanalyse näher charakterisieren. In jüngerer Zeit werden auch komplexe empirische Parameter, wie z. B. die fraktale Dimension herangezogen.
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Die Spektralanalyse ist ein sehr genaues Verfahren zur Feststellung der Frequenzanteile, aus denen sich die Variabilität der Herzfrequenz zusammensetzt. Sie gibt beispielsweise Auskunft über die Kopplung von Atmung und Herzschlag (also deren Kohärenz) im entspannten Zustand. Sind Atmung und Herzschlag gut gekoppelt, ergibt die Spektralanalyse einen eindeutigen Peak (Spitzenwert). Das betreffende Mess-Spektrum wird in der HRV-Forschung in Frequenzbänder aufgeteilt, Niederfrequenzband LF (low frequency), Hochfrequenzband HF (high frequency), teilweise zuzüglich eines weiteren Frequenzbandes: VLF(Very-low frequency)-Band und ULF(ultra low frequency)-Band. Des Weiteren ist ein Parameter des Frequenzbereiches die HR (Herzrate).
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Eine weitere Darstellungsform der Herzratenvariabilität ist das Histogramm. In einem Verlaufsdiagramm einer Biofeedback-Messung wird gezählt, wie viele der Herzschläge in eine bestimmte Klasse fallen. Bei größerer HRV verteilen sich die Herzschläge gleichmäßiger über möglichst viele Klassen. Unter starker Belastung verschiebt sich die vegetative Balance und die HRV schränkt sich auf wenige Klassen ein.
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Da die Herzratenvariabilität ihren Ursprung in der Funktion des vegetativen Nervensystems hat, lassen sich prinzipiell Krankheiten erkennen, bei denen es darüber zu Auswirkungen auf den Herzschlag kommt. Dabei sind Erkrankungen zu unterscheiden, die direkt das autonome Nervensystem schädigen, und Krankheiten, die sich etwa über dauerhaft erhöhte Stoffwechselbeanspruchungen indirekt auf das autonome Nervensystem auswirken.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Einrichtung zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärken und zur Ermittlung von Narkosetiefen während medizinischer Eingriffe anzugeben, die derart geeignet ausgebildet sind, dass die Messung von Herzschlagsignalen und die gemeinsame Anzeige der Narkosetiefe und der Schmerzstärke während der Operation zuverlässig und zeitnah zur Qualitätsverbesserung des Narkosetiefenverlaufs angegeben werden können. Außerdem soll eine individualisierte Anästhesieführung auch als ökonomischen Gründen angestrebt werden, wobei
- – Substanzkosten verringert werden sollen,
- – eine Informationserhöhung für das Operationspersonal erfolgen soll und
- – kurze Narkose-Ausleitungszeiten erreicht werden sollen.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 5 gelöst. Das Verfahren zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärken und zur Ermittlung von Narkosetiefen während medizinischer Eingriffe weist gemäß dem Kennzeichenteil des Patentanspruchs 1 eine dreistufige Bestimmung von angepasster Narkosetiefe D und reflektierter Schmerzstärke P auf mit
- – einer Signalerfassung des Herzschlags,
- – einer Signalaufbereitung unter Berücksichtigung einer ermittelten Herzratenvariabilität und Auswertung der aufbereiteten Signale zu Biosignalen,
- – einer Biosignalanalyse mit Bestimmung von Zeitbereich basierten Parametern ZB für die Schmerzstärke P und mit Bestimmung von Frequenzbereich und von Nichtlinearbasierter, insbesondere Symbolischer Dynamik-Parametern SD für die Narkosetiefe D, wobei
Angaben über - – Narkosetiefe D
- – Schmerzstärke P
die Resultate sind und wobei Symbolische Dynamik-Parameter SD zur Anzeige der Narkosetiefe D führen und über die Zeitbereich basierten Parameter ZB die Schmerzstärke P angegeben wird.
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Dabei können folgende Schritte absolviert werden:
- – Erfassung von Herzschlagsignalen mittels eines Herzschlagmessgerätes, wobei die Herzschlagsignale die Änderung der Herzfrequenz aufzeigen,
- – Berechnung von verschiedenen Parametern aus der Herzratenvariabilität in einer Auswerteeinheit, die Funktionseinheiten aufweist, denen die Parameter zugeordnet sind, wobei die Herzratenvariabilität als Änderung der Herzschlagdauer für jeden Herzschlag, d. h. als Änderung des Herzschlag-zu-Herzschlag-Intervalls definiert ist, und
- – Vergleich der berechneten Parameter mit bestimmten Soll-Werten für entsprechende Entscheidungen in mindestens einer Vergleichseinheit oder Funktionseinheit für Entscheidungen sowie
- – Anzeige von Parameter ZB des Zeitbereichs für die Schmerzstärke P und
- – Anzeige von Parametern des Frequenzbereiches und der Symbolischen Dynamik-Parameter SD für die Narkosetiefe D
auf einem angeschlossenen Narkose-Schmerz-Monitor.
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Eine zugehörige Einrichtung zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärken und zur Ermittlung von Narkosetiefen während medizinischer Eingriffe nach dem vorgenannten Verfahren
umfasst gemäß dem Kennzeichenteil des Patentanspruchs 5
zumindest
- – eine Anordnung zur Erfassung/Messung von Herzschlagsignalen,
- – einen nachgeordneten Wandler für die Wandlung der erfassten Herzschlagsignale in elektrisch digitalisierte Biosignale oder
- – ein externes Eingabegerät mit vor der Einleitung der Narkose erfassten Herzschlagsignalen und in elektrisch digitaler Form ausgebildeten Biosignalen,
- – eine Funktionseinheit zur Signalvorverarbeitung, um die elektrischen Biosignale unter Berücksichtigung einer ermittelten Herzratenvariabilität einerseits für die Verarbeitung in Parameter ZB für die Schmerzstärke P und andererseits für die Verarbeitung in Parameter SD für die Narkosetiefe D jeweils bereitzustellen,
- – eine mindestens zwei Signalkanäle aufweisende Auswerteeinheit, die mit der Funktionseinheit zur Signalvorverarbeitung nachgeordnet in Verbindung steht und die Signale der Parameter Zeitbereich ZB und die Signale der Parameter Symbolische Dynamik SD aufnimmt,
- – wobei die Auswerteinheit eine Funktionseinheit zur Berechnung des Schmerzstärkeverlaufs P und eine Funktionseinheit zur Berechnung des Narkosetiefenverlaufs D einschließlich darin gespeicherter programmtechnischer Mittel aufweist und
- – eine Funktionseinheit für ein Entscheidungssystem besitzt, die mit der Funktionseinheit zur Berechnung des Schmerzstärkeverlaufs P und mit der Funktionseinheit zur Berechnung des Narkosetiefenverlaufs D leitungsmäßig verbunden ist und Vergleiche der berechneten Werte mit erfassten Ausgangs-/Sollwerten durchführt, und
- – einen Narkose-Schmerz-Monitor, der zur Anzeige des Narkosetiefenverlaufs D und des zugehörigen Schmerzstärkeverlaufs P vorgesehen ist.
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Im Unterschied zum Stand der Technik kann auf die EEG-Daten-Nutzung in der vorliegenden Erfindung ausdrücklich verzichtet werden.
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Um während einer Operation den Verlauf der Narkosetiefe und der Schmerzstärke von Patienten ohne apparativen Zusatzaufwand separat zu messen und anzeigen zu können, damit eine zusätzliche Gabe von entweder Schlafmitteln und/oder Schmerzmitteln während der andauernden Anästhesie erfolgen kann und Fehldosierungen vermieden werden, sollen folgende Schritte durchgeführt werden:
- – eine Messung von Herzschlagsignalen mittels sämtlicher gängiger Methoden (vorzugsweise per EKG), die geeignet sind, die Änderung der Herzfrequenz aufzuzeigen und
- – aus der aus den die Änderung der Herzfrequenz aufbereiteten Signalen ermittelten Herzratenvariabilität werden verschiedene Parameter für die Berechnung und den Vergleich mit bestimmten Werten für entsprechende Entscheidungen und die anschließende Anzeige hinzugezogen, insbesondere Parameter des Zeitbereichs für die Schmerzstärke sowie des Frequenzbereiches und der Symbolischen Dynamik für die Narkosetiefe.
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Mit der Einrichtung und dem Verfahren soll ein System geschaffen werden, das zusätzlich zu den Angaben der Narkosetiefe auch Aussagen über die Schmerzstärke liefert.
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Die Einrichtung umfasst zumindest ein Herzschlagmessgerät zur Signalerfassung, eine Auswerteeinheit mit Funktionseinheiten zur Biosignalanalyse und Funktionseinheiten zur Ausbildung eines regelbasierten Entscheidungssystems, wobei die Durchführung der Biosignalanalyse und die Betriebsweise des Entscheidungssystems auf programmtechnischen Mitteln beruht. Die Auswerteeinheit enthält deshalb Funktionseinheiten, die in ihrem elektronischen Hardware-Aufbau und in ihrem programmtechnischen Mittel-Zusammenwirkungen ein softwaregestütztes System zur Überwachung der Narkosetiefe während eines operativen Eingriffs durch Auswertung kardiovaskulärer Biosignale darstellt und zugleich Aussagen über die momentane, bei Eingriff auftretende Schmerzstärke angibt. Gewonnen und ausgewertet werden charakteristische Segmente zur Herzfrequenzanalyse insbesondere aus EKG-Signalen des Herzschlagmessgerätes. Eingesetzt werden können zur erweiterten Signalvorverarbeitung auch andere Signale der Überwachung aus dem Herzschlagmessgerät während der Narkose zur kardiovaskulären Narkose-Analyse.
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Der Indikator für die Narkosetiefe ist der berechnete spezielle nichtlineare Parameter: Symbolische Dynamik und der Indikator für die Schmerzstärke sind die Zeitbereichsparameter für die Schmerzstärke, wobei den jeweiligen Parametern Funktionseinheiten der Auswerteeinheit zugeordnet sind.
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Die Erfindung beschreibt somit die Existenz eines funktionellen Zusammenhangs zwischen Biosignalen sowie der Narkosetiefe und der Schmerzstärke.
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Für das Schmerzstärkeempfinden werden insbesondere drei Bereiche – schwere Schmerzstärke –, – mittlere Schmerzstärke –, – leichte Schmerzstärke – definiert. Die Ergebnisse liefern Aussagen zur notwendigen Folgetherapiemaßnahmen einschließlich der Medikamentenangaben.
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Die programmtechnischen Mittel realisieren unter anderem ein mathematisches Modell mit einer Auswertung charakteristischer Signalsegmente, insbesondere der Herzratenvariabilität der Herzschlagsignale für ein regelbasiertes Entscheidungssystem für die Narkoseführung.
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Dabei werden folgende programmtechnische Schritte in den Funktionseinheiten der Auswerteeinheit durchgeführt:
- A) Beschreibung von statistischen Maßen des Zeitbereichs ZB und
- B) Beschreibung von statistischen Maßen eines Zustandsraumes, in dem die Original-Herzschlag-zu-Herzschlag-Intervalle transformiert werden, in Form des Parameters der Symbolischen Dynamik SD.
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Die Vorteile der Erfindung leiten sich aus der intelligenten/programmtechnischen Auswertung der in den Funktionseinheiten gespeicherten Algorithmen, die die Messgrößen, Parameter und deren Ist-Werte inhaltlich kombinieren, ab:
- – eine zuverlässige und zeitnahe Abgrenzung von Narkosetiefe und Schmerzstärke,
- – eine objektive Schmerzstärkemessung parallel zur Narkosetiefeüberwachung,
- – eine angepasste Behandlung mit Schmerzmedikamenten,
- – eine Vermeidung von Fehldosierungen,
- – eine Unabhängigkeit vom pEEG-partiellen Elektroenzephalogramm-Verfahren und
- – einen Einsatz mindestens einer Standard-Ausrüstung zur Narkosetiefenüberwachung ohne Zusatzapparatur.
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Die Standard-Ausrüstung kann zumindest eine herkömmliche Anordnung zur Messung von Herzschlagsignalen – ein Herzschlagmessgerät – aufweisen.
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Wirtschaftliche Vorteile sind:
- – eine optimale Behandlungsanpassung und
- – die eingesetzte Routinesensorik – d. h. eine herkömmliche Anordnung zur Messung von Herzschlagsignalen – erfordert keine zusätzliche Sensorik am Patienten. Dabei erfolgt im Allgemeinen eine Ausnutzung von vorhandener operationssaalbezogener Routinesensorik.
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Weiterbildungen und besondere Ausgestaltungen der Erfindung sind in weiteren Unteransprüchen angegeben.
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Die Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispiels mittels mehrerer Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
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1 eine Einrichtung zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärke P und zur Ermittlung der Narkosetiefe D während medizinischer Eingriffe mit einer Anordnung zur Herzschlagmessung mit Signalerfassung,
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2 eine Parameter(SD)-Narkosetiefe(D)-Funktionsdarstellung,
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3 eine Verlaufsdarstellung des Narkosetiefen-Parameters D während verschiedener Zeitabschnitte t der perioperativen Phase,
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4 eine Parameter(ZB)-Schmerzstärke(P)-Funktionsdarstellung und
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5 eine Verlaufsdarstellung des Schmerzstärke-Parameters P während verschiedener Zeitabschnitte der perioperativen Phase.
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Im Folgenden werden die 1 und 2 gemeinsam betrachtet. In 1 ist in allgemeiner Form eine Einrichtung 13 zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärke P und zur Ermittlung der Narkosetiefe D während medizinischer Eingriffe dargestellt, wobei zumindest eine herkömmliche Anordnung 2 zur Herzschlagmessung und zur Signalerfassung 3 vorgesehen ist. In 1 ist ein Patient 1 zur Signalerfassung 3 von Herzschlägen an die Anordnung 2 zur Herzschlagmessung angeschlossen. Nach einer der Signalerfassung 3 nachgeordneten Signalvorverarbeitung 4 unter Berücksichtigung der Herzratenvariabilität erfolgt unter Berücksichtigung bereits in der Einrichtung 13 gespeicherter biometrischer Signale zusammen mit den vorverarbeiteten Signalen eine Durchführung einer Biosignalanalyse 5. In dem Verfahren werden Parameter des Zeitbereichs ZB, des Frequenzbereichs FB und der Symbolischen Dynamik SD aus den vorliegenden Biosignalen ermittelt,
wobei die Symbolischen Dynamik-Parameter SD dafür vorgesehen sind, die Narkosetiefe D anzuzeigen, während die Parameter des Zeitbereichs ZB die Schmerzstärke P angeben.
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Ein Entscheidungssystem 6 wertet die Parameter SD und ZB zur Abschätzung der Narkosetiefe D und der Schmerzstärke P aus und zeigt angemessene Aussagen zur Weiterführung des medizinischen Eingriffes auf.
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In 2 ist dazu eine zugehörige Parameter(SD)-Narkosetiefe(D)-Funktionsdarstellung gezeigt, wobei bei den Werten SD0 und D0 normale Herzschlagsignale und ein zugehöriges normales Wachheitsniveau vorhanden sind. Das normale Wachheitsniveau eines Patienten wird vor der Einleitung einer Narkose festgestellt, wobei die Messung der Herzschläge unter Berücksichtigung einer ermittelten Herzratenvariabilität und deren Auswertung vor der Einleitung der Narkose als Referenzmessung und -ermittlung für Zeitbereichs-Parameter ZB und Symbolischen Dynamik-Parameter SD im Stadium vor der Einleitung der Narkose gewertet werden.
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Abweichungen von der Narkosetiefe D0 werden durch eine Auslenkung des Parameters SD0 mit SDn wiedergegeben, dadurch können die erhaltenen Messwerte entsprechend 2 bewertet werden.
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3 enthält eine Verlaufsdarstellung der Narkosetiefe D während verschiedener Zeitabschnitte t1 bis t6 der perioperativen Phase. Der Parameter Symbolische Dynamik SD zeigt die zeitliche Änderung des Narkosetiefenniveaus D eines Patienten in den Zeitabschnitten t1 bis t6 an, wobei den Bereichen des Parameters SD mit SD0, SDn und SDtn entsprechende Bereiche D0, Dn, und Dtn der Narkosetiefe, wie in 2 gezeigt, zugeordnet sind.
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In 4 ist eine zugehörige Parameter(ZB – Zeitbereich)-Schmerzstärke(P – pain-)-Funktionsdarstellung gezeigt, wobei bei den Werten P0 und ZB0 normale Herzschlagsignale und ein zugehöriges normales Schmerzstärkeniveau vorhanden sind. Abweichungen von der Schmerzstärke P0 werden durch eine Auslenkung des Parameters Zeitbereich ZB0 wiedergegeben, dadurch können die erhaltenen Messwerte entsprechen 2 angegeben werden.
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In 5 ist eine Verlaufsdarsteltung des Parameters der Schmerzstärke P während verschiedener Zeitabschnitte t1 bis t7 der perioperativen Phase gezeigt. Der Parameter ZB zeigt die zeitliche Änderung des Schmerzstärkeniveaus P in den Zeitabschnitten t1 bis t7 eines Patienten an, wobei den Bereichen des Parameters ZB mit ZB0, ZBi und ZBs entsprechende Bereiche D0, Di und Ds der Narkosetiefe, wie in 4 gezeigt, zugeordnet sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und die zugehörige Einrichtung ermöglichen es, dass infolge der Verwendung einer herkömmlichen Anordnung zur Herzschlagsignalmessung kein zusätzlicher Sensor am und/oder im Patienten eingebracht werden muss, was keine zusätzliche Risikobelastung für den Patienten 1 bedeuten.
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Die zugehörige Einrichtung 13 zum nichtinvasiven Überwachen von Schmerzstärken P und zur Ermittlung von Narkosetiefen D während medizinischer Eingriffe umfasst, wie in 6 gezeigt ist, zumindest
- – eine Anordnung 2 zur Erfassung/Messung von Herzschlagsignalen,
- – einen nachgeordneten Wandler 9 für die Wandlung der erfassten Herzschlagsignale in elektrisch digitalisierte Biosignale oder
- – ein externes Eingabegerät 15 mit vor der Einleitung der Narkose erfassten Herzschlagsignalen und in elektrisch digitaler Form ausgebildeten Biosignalen,
- – eine Funktionseinheit 4 zur Signalvorverarbeitung, um die elektrischen Biosignale unter Berücksichtigung einer ermittelten Herzratenvariabilität einerseits für die Verarbeitung in Parameter ZB für die Schmerzstärke P und andererseits für die Verarbeitung in Parameter Symbolische Dynamik SD für die Narkosetiefe D zu kanalisieren,
- – eine zwei Signalkanäle aufweisende Auswerteeinheit 8, die mit der Funktionseinheit 4 zur Signalvorverarbeitung nachgeordnet in Verbindung steht und die Signale der Parameter Zeitbereich ZB und die Signale der Parameter Symbolische Dynamik SD aufnimmt,
- – wobei die Auswerteinheit 8 eine Funktionseinheit 10 zur Berechnung des Schmerzstärkeverlaufs P und eine Funktionseinheit 11 zur Berechnung des Narkosetiefenverlaufs D einschließlich darin gespeicherter programmtechnischer Mittel aufweist und
- – eine Funktionseinheit 6 für ein Entscheidungssystem besitzt, die mit der Funktionseinheit 10 zur Berechnung des Schmerzstärkeverlaufs P und mit der Funktionseinheit 11 zur Berechnung des Narkosetiefenverlaufs D leitungsmäßig verbunden ist und Vergleiche der berechneten Werte mit erfassten Ausgangs-/Sollwerten durchführt, und
- – einen Narkose-Schmerz-Monitor 12, der zur Anzeige des Narkosetiefenverlaufs D und des zugehörigen Schmerzstärkeverlaufs P vorgesehen ist.
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Eine Speichereinheit 16 für patientencharakteristische Daten kann der Funktionseinheit 3 zur Erfassung und Wandlung von Herzschlagsignalen und der Auswerteeinheit 8 einschließlich des Entscheidungssystems 6 zugeordnet sein.
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Außerdem kann eine Einheit 17 zur problemanzeigenden Alarmauslösung zusätzlich zum als Anzeigeeinheit und/oder Ausgabeeinheit ausgebildeten Narkose-Schmerz-Monitor 12 angeschlossen ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Patient
- 2
- Anordnung zur Herzschlagsignalmessung
- 3
- Erfassung/Messung
- 4
- Signalvorverarbeitung
- 5
- Biosignalanalyse
- 6
- Entscheidungssystem
- 7
- Nutzer
- 8
- Auswerteeinheit
- 9
- Wandler
- 10
- Funktionseinheit zur Speicherung von Zeitbereichsparameter
- 11
- Funktionseinheit zur Speicherung der Parameter für symbolische Dynamik
- 12
- Narkose-Schmerz-Monitor
- 13
- Erfindungsgemäße Einrichtung
- 14
- Funktionseinheit für Biosignalanalyse
- 15
- Externes Eingabegerät für Biosignale für nachfolgende Signalvorverarbeitung
- 16
- Speichereinheit für patientencharakteristische Daten
- 17
- Einheit zur problemanzeigenden Alarmgebung
- SD
- Parameter für Symbolische Dynamik
- D
- Narkosetiefe
- t
- Zeit
- ZB
- Parameter für Zeitbereich
- P
- Schmerzstärke
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2005/0143668 A1 [0006]
- WO 2008131294 A1 [0007]
- DE 102008016298 A1 [0007]
- US 2011/0137134 A1 [0008]
- US 5871450 A [0009]
- US 6315736 B1 [0010]
- US 2002/0095092 A1 [0011]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Wiedemann: Neuartige „Wachheitsmonitore” messen Narkosetiefe mit akustischen Reizen, URL: http://www.innovations-report.de/html/berichte/medizin_gesundheit/bericht-17726.html [0016]
- Albrecht: Narkosemonitoring – Vitalparameter und Narkosetiefe, Universitätsklinik Erlangen, Anästhesiologische Klinik [0018]
- Herzfrequenzvariabilität, Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Herzfrequenzvariabilität%C3%A4t [0020]