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Die vorliegende Erfindung betrifft einen Airbag mit einer ersten Kammer und einer zweiten Kammer mit den Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1.
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Airbags dienen im Allgemeinen dem Schutz der Insassen von Kraftfahrzeugen und sind dazu derart angeordnet, dass sie sich beim Aufblasen zwischen dem Insassen und der inneren Struktur entfalten und dadurch verhindern, dass der Insasse bei auftretender Querbeschleunigung im Unfall auf die innere Struktur des Kraftfahrzeuges aufschlägt. Die Airbags sind durch mehrlagige Gewebesäcke gebildet, an denen ein Gasgenerator vorgesehen ist, der die Gewebesäcke bei einer Aktivierung mit einem schlagartig freigesetzten Gasstrom aufbläst. Der erfindungsgemäße Airbag umfasst ferner eine erste Kammer und eine zweite Kammer, welche durch eine Naht voneinander getrennt und über eine Überströmöffnung miteinander strömungstechnisch verbunden sind. Sofern es sich bei dem Airbag um einen Seitenairbag handelt, ist die zweite Kammer derart ausgebildet, dass sie sich beim Aufblasen seitlich des Brustbereichs des Insassen entfaltet, während die erste Kammer über der zweiten Kammer seitlich des Kopfes des Insassen angeordnet ist. Die Verbindungsnaht und die Überströmöffnung zwischen der ersten Kammer und der zweiten Kammer sind dabei gezielt so angeordnet und bemessen, dass sich beim Aufblasen des Seitenairbags automatisch eine für den Schutz des Insassen optimale Aufblascharakteristik der zweiten Kammer und der ersten Kammer ergibt. Diese Aufblascharakteristik umfasst sowohl die zeitliche Reihenfolge des Aufblasens als auch die Standzeit der Kammern im aufgeblasenen Zustand.
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Aufgrund der gewünschten Aufblascharakteristik kann es der Fall sein, dass in der zweiten Kammer und in der ersten Kammer während des Aufblasens unterschiedliche und zeitweise sehr hohe Gasdrücke wirken. Sofern eine Überströmöffnung zwischen den Kammern vorgesehen ist, strömt der heiße Gasstrom in der Überströmöffnung mit einer sehr hohen Strömungsgeschwindigkeit, wodurch die Verbindung der Lagen insbesondere an den Rändern des Seitenairbags sehr hoch belastet wird, was zu einem Aufreißen der Verbindung der Lagen des Airbags im Randbereich und einem dadurch bedingten Freisetzen des Gasstromes nach außen führen kann. Der nach außen tretende heiße Gasstrom stellt grundsätzlich eine Gefährdung der angrenzenden Bauteile dar und verringert außerdem die Standzeit der Kammern bzw. verändert die Aufblascharakteristik nachteilig.
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Aus der
EP 1 508 485 A1 ist ferner ein Luftsackmodul mit einer Luftsackhülle bekannt, welche über Verbindungsnähte in mehrere Kammern unterteilt ist. Die Verbindungsnähte weisen Verzögerungsmittel auf, die über Reißnähte gebildet sind. Durch die Verzögerungsmittel werden die Kammern zeitversetzt aufgeblasen, wodurch insbesondere bei einem Seitenaufprall die Schutzwirkung für den Insassen verbessert wird.
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Aus der
DE 198 24 601 A1 ist ein weiteres Airbag-Modul bekannt, welches einen Luftsack mit zwei Kammern aufweist, die wiederum durch Nähte voneinander getrennt sind. Die Nähte reißen bei einem Überschreiten eines bestimmten Druckes in einer der Kammern auf und ermöglichen ein Überströmen des Gasstromes zwischen den Kammern, wodurch die Standzeit des Luftsackes verlängert werden soll.
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Spezielle Maßnahmen, damit der Gasstrom im Extremfall nicht nach außen freigesetzt wird, sind aus diesen Druckschriften nicht bekannt.
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Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Erfindung, einen Airbag mit einer ersten und einer zweiten Kammer zu schaffen, bei dem sicher verhindert wird, dass die randseitige Verbindung der Lagen des Seitenairbags aufgrund der vorgenannten Problematik beschädigt oder zerstört wird und der Gasstrom daraufhin nach außen freigesetzt wird.
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Erfindungsgemäß wird zur Lösung der Aufgabe ein Airbag mit den Merkmalen von Anspruch 1 vorgeschlagen. Weitere bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind den Unteransprüchen, den Figuren und der zugehörigen Beschreibung zu entnehmen.
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Gemäß dem Grundgedanken der Erfindung wird vorgeschlagen, dass die Verbindungsnaht, welche die zweite Kammer von der ersten Kammer trennt, durch eine oder mehrere Einzelnähte gebildet ist, und dass die Verbindungsnaht in wenigstens einem Abschnitt durch eine Unterbrechung oder eine Schwächung wenigstens einer der Einzelnähte zu einer Sollaufreißstelle geschwächt ist. Die Verbindungsnaht reißt bei einem Überschreiten eines vorbestimmten Druckes im Bereich der Sollaufreißstelle auf, wodurch der Gasstrom von einer Kammer in die jeweils andere Kammer überströmen kann. Durch das Überströmen des Gasstromes zwischen den Kammern wird der Druck in jeweils einer der Kammern, wie in diesem Fall z. B. in der Brustkammer eines Seitenairbags, schlagartig gesenkt, wodurch die Verbindung der Lagen jeweils in dem Randbereich des Seitenairbags entlastet wird und die Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung der Verbindung verringert wird. Gleichzeitig kann der ansonsten freigesetzte Gasstrom nunmehr in der jeweils anderen Kammer noch zum Schutz des Insassen genutzt werden. Sofern der Airbag einstückig gewebt ist (OPW-Open piece woven), ist die die zweite Kammer von der ersten Kammer trennende Verbindungsnaht durch einen gemeinsamen Kett- oder Schussfaden ausgebildet, welcher zur gezielten Schwächung der Verbindungsnaht die Lagen in einem Abschnitt nicht verbindet oder in einer anderen Bindung verwoben ist.
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Weiter wird vorgeschlagen, dass der Verlauf einer der Einzelnähte der Verbindungsnaht derart gewählt ist, dass sie im Bereich der Sollaufreißstelle in einem in Richtung der ersten Kammer gerichteten Versatz zu einer gedachten Fortsetzungslinie der Einzelnaht aus den an die Sollaufreißstelle angrenzenden Abschnitten verläuft. Durch den Versatz wird ein zusätzliches Volumen der zweiten Kammer geschaffen, welches einerseits zu einer Senkung des Druckes in der zweiten Kammer bei einem identischen Gasstrom führt, und andererseits durch den geänderten Verlauf zu einer höheren Belastung der Einzelnaht bei identischem Gasstrom führt, wodurch wiederum das bewusst herbeigeführte Aufreißen begünstigt wird.
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Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Versatz 1 bis 10 mm, und vorzugsweise 6 mm betragen sollte, damit der erfindungsgemäß bezweckte Effekt eintritt.
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Ferner wird vorgeschlagen, dass die Verbindungsnaht eine unterbrochene Einzelnaht aufweist, welche in den an die Sollaufreißstelle angrenzenden Abschnitten jeweils durch eine Richtungsumkehr schlaufenförmig vernäht ist. Durch das schlaufenförmige Vernähen der Einzelnaht wird die Verbindungsnaht der Lagen in den an die Sollaufreißstelle angrenzenden Abschnitten verfestigt, so dass ein unkontrolliertes weiteres Aufreißen der Verbindungsnaht über die Sollaufreißstelle hinaus verhindert werden kann. Außerdem ergeben sich dadurch gerundete Umströmungskanten der Sollaufreißstelle, wodurch die Belastung der Einzelnaht in diesem Bereich verringert werden kann.
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Weiterhin hat sich herausgestellt, dass die Sollaufreißstelle eine Breite von 50 bis 80 mm, und vorzugsweise von 60 mm aufweisen sollte, damit der durch die Sollaufreißstelle überströmende Gasstrom ausreichend ist, um den Druck in der zweiten Kammer so weit zu verringern, dass die Verbindung der Lagen im Randbereich ausreichend entlastet wird.
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Eine konstruktiv besonders einfach zu verwirklichende Form der Schwächung der Verbindungsnaht im Bereich der Sollaufreißstelle kann dadurch verwirklicht werden, indem wenigstens eine der Einzelnähte der Verbindungsnaht im Bereich der Sollaufreißstelle eine größere Stichweite als in den an die Sollaufreißstelle angrenzenden Abschnitten aufweist.
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Alternativ oder zusätzlich kann die Verbindungsnaht im Bereich der Sollaufreißstelle auch dadurch geschwächt werden, indem wenigstens eine der Einzelnähte der Verbindungsnaht im Bereich der Sollaufreißstelle durch die Aussetzung eines Rückstiches geschwächt ist. Grundsätzlich sind Rückstiche ein bekanntes Mittel, um die Einzelnähte fester zu gestalten. In diesem Fall wird dieser Effekt im Umkehrschluss durch deinen Entfall der Rückstiche zur Schwächung der Einzelnaht genutzt.
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Die Erfindung ist besonders sinnvoll, wenn der Airbag ein Seitenairbag ist, und die erste Kammer eine Kopfkammer und die zweite Kammer eine Brustkammer ist. Da die Kopf- und Brustkammer grundsätzlich sehr große Kammern sind, welche aufgrund des geringen Abstandes zwischen dem Insassen und der inneren Seitenstruktur außerdem sehr schnell mit einem großvolumigen Gasstrom aufgeblasen werden müssen, sind die Druckunterschiede zwischen den Kammern unter ungünstigen Umständen besonders groß, so dass die geschaffene Sollaufreißstelle zwischen den Kammern hier besonders sinnvoll ist.
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Ferner wird vorgeschlagen, dass die Verbindungsnaht zur Schaffung einer Überströmöffnung zwischen der ersten Kammer und der zweiten Kammer nicht durchgängig bzw. nicht vollständig bis zum Rand verlaufend ausgebildet ist. Beide Kammern können mit einem einzigen Gasgenerator aufgeblasen werden, wobei die Erfindung in diesem Fall besonders vorteilhaft ist, da die Verbindungsnähte bzw. die Verbindungen der Lagen im Allgemeinen besonders hoch belastet werden und deshalb ein durch die Sollaufreißstelle ermöglichter Druckausgleich besonders sinnvoll ist.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand bevorzugter Ausführungsformen unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren erläutert. Dabei zeigt:
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1: Seitenairbag mit einer durch eine unterbrochene Einzelnaht gebildeten Sollaufreißstelle vor dem Aufreißen;
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2: Seitenairbag mit einer durch eine unterbrochene Einzelnaht gebildeten Sollaufreißstelle nach dem Aufreißen;
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3: Vergrößerte Darstellung einer Sollaufreißstelle gebildet durch eine Schwächung einer Einzelnaht.
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In der 1 ist ein Airbag 1, in diesem Fall ein Seitenairbag mit einem seitlich angeschlossenen Gasgenerator 5 im ausgebreiteten Zustand zu erkennen. Der Airbag 1 ist durch zwei Lagen gebildet, welche in einem Randbereich durch eine Verbindung 4 miteinander verbunden sind, so dass zwischen den Lagen ein Hohlraum geschaffen wird, in welchen der bei einer Aktivierung durch den Gasgenerator 5 erzeugte Gasstrom strömt, wodurch der Airbag 1 in bekannter Weise zu einem großvolumigen Sack aufgeblasen wird. Die Verbindung 4 kann durch eine Naht oder, bei einstückig gewebten Seitenairbags 1, auch durch die Verwendung von gemeinsamen Kett- und Schussfäden verwirklicht sein.
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Der Airbag 1 ist durch eine Verbindungsnaht 21 in eine zweite Kammer 3 und eine erste Kammer 2 unterteilt, welche in diesem Falle als eine Brustkammer (zweite Kammer 3) und eine Kopfkammer (erste Kammer 2) ausgebildet sind. Die Verbindungsnaht 21 ist bewusst nicht durchgängig und/oder vollständig bis zu dem Rand verlaufend ausgebildet, so dass an dem Rand des Seitenairbags 1 eine Überströmöffnung 12 gebildet ist. Der Gasgenerator 5 ist der ersten Kammer 2 zugeordnet und derart positioniert, dass der von dem Gasgenerator 5 erzeugte Gasstrom in die erste Kammer 2 einströmt und die zweite Kammer 3 über die Überströmöffnung 12 aufbläst, und zwar entsprechend einer an den zu erwartenden Bewegungsablauf des Insassen angepassten Aufblascharakteristik.
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Die Verbindungsnaht 21 kann in gleicher Weise hergestellt werden wie die Verbindung 4 der Lagen und ist in dem dargestellten Ausführungsbeispiel durch zwei Einzelnähte 6 und 7 gebildet. Die erste Einzelnaht 7 ist zur Bildung einer Sollaufreißstelle 20 unterbrochen, und weist zwei voneinander getrennte die Sollaufreißstelle 20 zwischen sich einschließende Abschnitte 17 und 22 auf. Die zweite Einzelnaht 6 ist ununterbrochen ausgebildet, und weist zwei die Sollaufreißstelle 20 zwischen sich einschließende Abschnitte 10 und 11 auf. Im Bereich der Sollaufreißstelle 20 ist die Einzelnaht 6 in einem Abschnitt 13 vernäht, welcher in Richtung der ersten Kammer 2 um einen Versatz 9 versetzt zu einer gedachten Verlängerung der Abschnitte 10 und 11 verläuft. Die Abschnitte 17 und 22 der Einzelnaht 7 sind an ihren der Sollaufreißstelle 20 zugewandten Enden jeweils rückwärts zu Schlaufen 14 und 15 vernäht, so dass die Verbindung der Lagen in diesem Bereich fester ausgebildet ist und sich gerundete Umströmungskanten nach dem Aufreißen ergeben.
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In der 2 ist derselbe Seitenairbag 1 nach dem öffnen der Sollaufreißstelle 20 zu erkennen. Aufgrund der aufgerissenen Einzelnaht 6 in dem Abschnitt 13 kann der Gasstrom 16 aus der zweiten Kammer 3 in die erste Kammer 2 überströmen, wodurch der Druck in der zweiten Kammer 3 gesenkt wird. Durch die Senkung des Druckes in der zweiten Kammer 3 wird die Verbindung 4 der Lagen im Randbereich des Seitenairbags 1 der zweiten Kammer 3 entlastet, so dass die Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung der Verbindung 4 in diesem Bereich reduziert wird, und der Gasstrom nicht in die Umgebung freigesetzt wird. Durch den nicht freigesetzten Gasstrom wird einerseits die Gefährdung angrenzender Bauteile zu dem Seitenairbag 1 reduziert und andererseits kann der nicht freigesetzte Gasstrom stattdessen zum Aufblasen der ersten Kammer 2 und damit zum Schutz der Insassen genutzt werden. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn der Seitenairbag 1 in einem Cabriolet verwendet wird und die erste Kammer 2 eine besonders lange Standzeit aufweisen sollte.
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Aufgrund der Schlaufen 14 und 15 ist die Einzelnaht 7 in den an die Sollaufreißstelle 20 angrenzenden Bereichen der Abschnitte 17 und 22 besonders fest, wodurch ein weitergehendes Aufreißen der Einzelnaht 7 über die Sollaufreißstelle 20 hinaus verhindert werden kann.
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Aufgrund des Versatzes 9 ist die zweite Kammer 3 außerdem um ein zusätzliches Volumen vergrößert, so dass der Druck in der zweiten Kammer 3 bei einem identischen von dem Gasgenerator 5 erzeugten Gasstrom geringer ist. Außerdem wird die Einzelnaht 6 in dem Abschnitt 13 aufgrund des Versatzes 9 und des dadurch bedingten gekrümmten Verlaufs beim Aufblasen der zweiten Kammer 3 höher belastet, so dass die Verbindungsnaht 21 in jedem Fall zuerst im Bereich der Sollaufreißstelle 20 aufreißt, bevor die Verbindung 4 der Lagen beschädigt wird oder die Verbindungsnaht 21 an einer anderen Stelle aufreißt.
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In der 3 ist eine weitere alternative Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Sollaufreißstelle 20 vergrößert zu erkennen. Die Verbindungsnaht 21 ist auch in diesem Ausführungsbeispiel durch zwei Einzelnähte 6 und 7 gebildet, welche entlang ihrer Längserstreckung in den Abschnitten I bis VI unterschiedlich genäht sind. Die Einzelnaht 7 ist in den Abschnitten IV, V und VI mit einer identischen Stichweite genäht und im Bereich V der Sollaufreißstelle 20 mit einer Unterbrechung 23 von 3 mm versehen. Außerdem ist die Einzelnaht 7 in dem Abschnitt V ohne Rückstich genäht. Durch den Entfall des Rückstiches und die Unterbrechung 23 ist die Einzelnaht 7 in dem Bereich V gegenüber den Bereichen IV und VI gezielt geschwächt.
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Die Einzelnaht 6 ist in den Abschnitten 10 und 11 der Bereiche I und III jeweils mit einer Stichweite von 2,5 mm und in dem Abschnitt 18 des Bereichs II mit einer Stichweite von 3,3 mm genäht. Durch die größere Stichweite in dem Abschnitt 18 ist die Einzelnaht 6 im Bereich der Sollaufreißstelle 20 ebenfalls geschwächt. Ferner ist die Einzelnaht 6 in dem Abschnitt 18 in einem Versatz 9 zu der gedachten Verlängerung der Abschnitte 11 und 10 versetzt genäht, wodurch zwischen den Einzelnähten 6 und 7 im Bereich der Sollaufreißstelle 20 ein Zwischenvolumen geschaffen wird.
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Insgesamt ist die in der 3 dargestellte Sollaufreißstelle 20 durch eine gezielte Schwächung der Einzelnähte 6 und 7 durch die größere Stichweite und den fehlenden Rückstich gebildet, wobei das Aufreißen der Sollaufreißstelle 20 zusätzlich durch die Unterbrechung 23 und den versetzten Verlauf der Einzelnaht 6 in dem Abschnitt 18 begünstigt wird.