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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Fertigung von Sichtbauteilen aus FVK und Papierwabenkern und die mit dem Verfahren erhaltenen Sichtbauteile.
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Bei der Herstellung von Automobilen werden in zunehmendem Maße Kunststoffteile eingesetzt, um Gewicht einzusparen. Um die Anforderungen an optische und mechanische Eigenschaften für Automobilteile zu erfüllen, sind solche Kunststoffteile meist als Verbundbauteile in Sandwichbauweise ausgeführt. Häufig werden faserverstärkte Kunststoffe (FVK), insbesondere Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe (CFK), eingesetzt.
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So ist beispielsweise zur Herstellung eines Fahrzeugdachs bekannt, ein monolithisches CFK-Bauteil mit FVK- und Metall-Verstärkungen und mit DVD-Matte(n) zu verkleben. Die Herstellung eines solchen FVK-Dachs erfordert einen relativ hohen Aufwand und eine Reihe von Vorrichtungen bzw. Werkzeugen.
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Aus der
DE 20 2015 101 605 U1 ist eine Vorrichtung zum Anformen eines Formabschnitts an eine Glastafel bekannt. Die Vorrichtung umfasst eine Werkzeuganordnung mit einer ersten Werkzeughälfte und einer zweiten Werkzeughälfte, die in einer Schließstellung der Werkzeuganordnung zusammen mit der ersten Werkzeughälfte einen Formhohlraum zum Ausbilden des Formabschnitts begrenzt, und mit einer Halteeinrichtung für das Werkstück, die eine in der ersten Werkzeughälfte angeordnete Vakuumkammer umfasst, die rahmenartig ausgebildet ist und die bezogen auf eine Mitte der ersten Werkzeughälfte außen von einem ersten Dichtprofil und innen von einem zweiten Dichtprofil begrenzt ist, das stirnseitig in einer korrespondierenden Dichtungsnut einer Vakuumkammerwand angeordnet ist. Das zweite Dichtprofil steht nach oben über die Dichtungsnut vor, so dass das Werkstück kontaktfrei zu der Vakuumkammerwand auf dem zweiten Dichtprofil aufliegt.
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Die
DE 10 2007 024 530 A1 betrifft ein Formpressverfahren zum Herstellen von Formteilen, insbesondere Dekorteilen und/oder Verkleidungsteilen für einen Fahrzeuginnenraum. Die mit diesem Verfahren hergestellten Formteile umfassen einen Träger aus Kunststoff, eine Dekorschicht und eine duktile Einlage aus duktilem Material. Die Dekorschicht kann sich über das gesamte Formteil erstrecken, es ist aber ebenso möglich, dass sie nur einem Teilbereich des Formteils zugeordnet ist. Gleiches gilt für die duktile Einlage. Das Formpressverfahren umfasst das Einlegen und/oder Positionieren eines die Dekorschicht bildenden Werkstoffs, einer den Träger bildenden Kunststoff-Formmasse und des duktilen Materials zur Bildung der duktilen Einlage in den geöffneten Formraum eines Formpresswerkzeugs; das Schließen des Formraums; und das Erstarren oder Aushärten der Kunststoff-Formmasse, wobei diese zusammen mit dem die Dekorschicht bildenden Werkstoff und dem duktilen Material zur Bildung der duktilen Einlage das Formteil ausbildet.
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Aus der
EP 3 037 264 B1 geht ein Verfahren zur Herstellung eines Wabenkern-Halbzeuges zur Herstellung eines Sandwichbauteiles hervor. Das Verfahren umfasst das Bereitstellen eines Wabenkernes, Befeuchten des Wabenkernes zumindest in einem Verformungs-Abschnitt der Stege des Wabenkernes, und Stauchen des Wabenkernes zumindest im Verformungs-Abschnitt.
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Die
DE 103 12 465 A1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines Fahrzeugdachs, das ein Verbundbauteil ist, und eine Außenhaut und einen Träger umfasst. Bei dem Verfahren wird die Außenhaut in ein Werkzeug eingelegt und dann mit dem Träger verbunden. In einer Werkzeugform wird zur Ausbildung einer Begrenzungsschicht an der Innenseite der Außenhaut ein Polyurethan umfassender Werkstoff angeordnet und vernetzt und über die Begrenzungsschicht wird eine die Innenkontur des Trägers vorgebende Kernstruktur des Trägers an die Außenhaut angebunden.
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Vor diesem Hintergrund hat sich die Erfindung die Aufgabe gestellt, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, mit denen sich in einfacher Weise Sichtbauteile für Automobilanwendungen erhalten lassen, und entsprechende Bauteile mit mindestens einer Sichtfläche bereitzustellen.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, Bauteile mit den Merkmalen des Anspruchs 6, sowie eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 10. Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
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Im erfindungsgemäßen Verfahren werden Prepregpressen (Prepreg Compression Molding) und Hinterpressen von Papierwaben kombiniert. Dadurch ergibt sich ein einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von Sichtbauteilen, das auch eine Integration zusätzlicher Funktionen in das Bauteil ermöglicht.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Fertigen von Bauteilen mit wenigstens einer Sichtfläche, umfassend folgende Schritte:
- i. Bereitstellen einer Negativform sowie einer ersten und einer zweiten Positivform eines Presswerkzeugs, wobei der durch die zweite Positivform und die Negativform gebildete Formhohlraum größer ist als der durch die erste Positivform und die Negativform gebildete Formhohlraum;
- ii. Einlegen eines FVK-Halbzeugs in die geöffnete Negativform;
- iii. Pressen des eingelegten FVK-Halbzeugs mittels der ersten Positivform und Konsolidierung des in der Negativform befindlichen FVK-Halbzeugs;
- iv. Einlegen eines einen Papierwabenkern und eine Deckschicht umfassenden Kernelementes in die geöffnete Negativform auf das darin befindliche konsolidierte FVK-Halbzeug;
- v. Hinterpressen des Kernelementes mittels der zweiten Positivform und Konsolidierung des FVK-Halbzeug und Kernelement umfassenden Bauteils, dessen Sichtfläche durch das konsolidierte FVK-Halbzeug gebildet wird.
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Zur Herstellung eines Bauteils wird zunächst ein Halbzeug aus faserverstärktem Kunststoff (FVK-Halbzeug), welches die Sichtfläche des Bauteils bildet, insbesondere ein nicht ausgehärtetes FVK-Prepreg-Preform, also ein vorimprägnierter, textile Fasern in einer Matrix enthaltender Rohling, in die Negativform eingelegt und positioniert. Dann wird das FVK-Halbzeug mittels der ersten Positivform gepresst und konsolidiert. In einer Ausführungsform erfolgt die Konsolidierung bei einer Temperatur im Bereich von 100-140°C, beispielsweise von 110 bis 130°C, insbesondere bei 120°C, und dauert 1 bis 30 Minuten, beispielsweise 5 bis 20 Minuten. Das konsolidierte Halbzeug verbleibt in der Negativform.
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Prepreg ist die englische Kurzform für preimpregnated fibers, also „vorimprägnierte Fasern“. Prepregs sind mit Reaktionsharzen vorimprägnierte textile Faser-Matrix-Halbzeuge, die zur Herstellung von Bauteilen unter Temperatur und Druck ausgehärtet werden. Die Reaktionsharze bestehen aus einer meist hochviskosen, jedoch noch nicht polymerisierten duroplastischen Kunststoffmatrix, z.B. Polyurethanharz oder Epoxidharz. Die enthaltenen Fasern können als reine unidirektionale Schicht, als Gewebe oder Gelege vorliegen. Prepregs werden beispielsweise bahnförmig, auf Rollen gewickelt, geliefert. Unter den Begriff Prepreg fallen aber nicht nur unidirektional verstärkte oder flächige Halbzeuge, sondern auch sonstige Vorformlinge von prinzipiell beliebiger Gestalt, die im weitesten Sinne aus einer mit Fasern gefüllten, ungehärteten duroplastischen Matrix bestehen. Die Matrix befindet sich dabei im teilvernetzten, sogenannten B-Zustand (englisch B-stage) und ist pastös bis fest, kann aber durch Erwärmung wieder verflüssigt werden.
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Der Formhohlraum wird geöffnet und es wird ein einen Papierwabenkern und eine Deckschicht umfassendes Kernelement in die Negativform auf das darin befindliche konsolidierte FVK-Halbzeug eingelegt. Dann wird das Kernelement mittels der zweiten Positivform gepresst und das konsolidiertes FVK-Halbzeug und Kernelement umfassende Bauteil konsolidiert. In einer Ausführungsform erfolgt die Konsolidierung bei einer Temperatur im Bereich von 100-140°C, beispielsweise von 110 bis 130°C, insbesondere bei 120°C und dauert 1 bis 30 Minuten, beispielsweise 5 bis 20 Minuten.
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Anschließend wird der Formhohlraum geöffnet und das ausgehärtete Formteil, d.h. das Bauteil mit durch das konsolidierte FVK-Halbzeug gebildeter Sichtfläche, wird entnommen.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens umfasst die Deckschicht des Kernelementes ein Glasvlies. In einer weiteren Ausführungsform ist auf beiden Außenflächen des Papierwabenkerns ein Glasvlies angeordnet. In einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens ist das Glasvlies zumindest teilweise mit einem reaktiven Polyurethanharz (PUR) getränkt.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens weist das Kernelement an seinen Außenflächen eine Schicht aus Polyurethan (PUR) auf. In einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens ist das Kernelement zumindest teilweise mit PUR getränkt. In einer speziellen Ausführungsform sind sowohl der Papierwabenkern als auch das Glasvlies mit PUR getränkt.
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Gegenstand der Erfindung ist auch ein Bauteil mit einer Sichtfläche und einem Kernelement, welches mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlich ist.
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In einer Ausführungsform ist das Bauteil ein Dach, insbesondere ein Sandwichdach, für eine Automobilkarosserie. In einer anderen Ausführungsform ist das Bauteil eine Fahrzeugtür. In einer anderen Ausführungsform ist das Bauteil eine Klappe, beispielsweise eine Heckklappe für ein Fahrzeug. In wieder einer anderen Ausführungsform ist das Bauteil ein Interieurbauteil für ein Fahrzeug.
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In einer Ausführungsform des Bauteils umfasst das Kernelement Metalleinleger, beispielsweise Muttern oder Schrauben. In einer weiteren Ausführungsform des Bauteils umfasst dieses Elektronikkomponenten. In einer Variante sind die Elektronikbauteile bzw. -komponenten von dem Kernelement umfasst. In einer Ausführungsform sind die Elektronikbauteile Lichtleiter. In einer weiteren Ausführungsform weist das Bauteil an seiner Sichtfläche Solarzellen auf.
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In einer Ausführungsform ist der Papierwabenkern des Kernelementes derart ausgestaltet, dass hierdurch eine akustische Dämmung bewirkt wird.
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Gegenstand der Erfindung ist auch eine Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens. Die Vorrichtung umfasst ein Presswerkzeug mit einer Negativform sowie einer ersten und einer zweiten Positivform, die auf einem Drehtisch so angeordnet sind, dass wahlweise entweder die erste oder die zweite Positivform gegenüber der Negativform positionierbar ist und mit dieser zusammen einen Formhohlraum bildet, wobei der durch die zweite Positivform und die Negativform gebildete Formhohlraum größer ist als der durch die erste Positivform und die Negativform gebildete Formhohlraum.
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In einer Ausführungsform sind die Negativform und/oder die Positivformen des Presswerkzeugs beheizbar. In einer speziellen Ausführungsform lässt sich ein in einem Formhohlraum des Presswerkzeugs befindliches Formteil auf eine Temperatur im Bereich von 100°C bis 140°C erhitzen.
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Die vorliegende Erfindung stellt ein einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von Sichtbauteilen bereit, das auch eine Integration zusätzlicher Funktionen in das Bauteil ermöglicht. Gegenüber bisherigen Verfahren zur Herstellung derartiger Sichtbauteile sind weniger Vorrichtungen/Werkzeuge erforderlich.
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Durch die Verwendung einer „one-shot“ Technologie, den Einsatz von nachhaltigen Papierwabenkernen und von weniger CFK-Gewebe (maximal 3 Lagen) ergibt sich auf die gesamte Lebenszeit des Produktes bezogen ein niedrigerer Rohstoff- und Energieverbrauch (besserer „CO2-Footprint“).
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die vor anstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird unter Bezugnahme auf die Zeichnungen weiter beschrieben. Es zeigt:
- 1 schematisch eine erste Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 2 schematisch eine zweite Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.
- 3 schematisch eine dritte Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 4 schematisch eine vierte Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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1 zeigt schematisch eine erste Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Sichtbauteilen. Außerdem zeigt 1 eine Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Herstellung von Sichtbauteilen mit einer Negativform 10, einer ersten Positivform 21, einer zweiten Positivform 22 und einem drehbaren Tisch 30, auf dem die beiden Positivformen 21, 22 befestigt sind.
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In einer ersten Phase des Verfahrens wird ein nicht ausgehärtetes FVK-Halbzeug 41 in die Negativform 10 eingelegt und positioniert. Das FVK-Halbzeug 41 ist beispielsweise ein nicht ausgehärtetes FVK-Prepreg-Preform.
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2 zeigt schematisch eine zweite Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Sichtbauteilen.
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In einer zweiten Phase des Verfahrens wird das FVK-Halbzeug 41 mittels der ersten Positivform 21 gepresst und konsolidiert zu einem ausgehärteten FVK-Halbzeug 42. Die Konsolidierung erfolgt beispielsweise bei einer Temperatur von 120°C und dauert beispielsweise 5 bis 20 Minuten. Das konsolidierte Halbzeug 42 verbleibt in der Negativform 10.
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3 zeigt schematisch eine dritte Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Sichtbauteilen.
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Der von Negativform 10 und erster Positivform 21 gebildete Formhohlraum wird geöffnet und es wird ein nicht ausgehärtetes Kernelement 51 in die Negativform 10 auf das darin befindliche konsolidierte FVK-Halbzeug 42 eingelegt. In der dargestellten Ausführungsform umfasst das Kernelement 51 einen auf beiden Seiten mit Glasvlies als Deckschicht bedeckten Papierwabenkern. Sowohl Glasvlies als auch Papierwabenkern sind mit Polyurethanharz (PUR) getränkt.
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Der Drehtisch 30 wird aktiviert, und die zweite Positivform 22 wird anstelle der ersten Positivform 21 in Position über der Negativform 10 gebracht.
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4 zeigt schematisch eine vierte Phase einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Sichtbauteilen.
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Das Kernelement 51 wird mittels der zweiten Positivform 22 gepresst und konsolidiert. Die Konsolidierung erfolgt beispielsweise bei einer Temperatur von 120°C und dauert beispielsweise 5 bis 20 Minuten. Durch die Konsolidierung härtet das Kernelement 51 zu einem ausgehärteten Kernelement 52 aus, und es entsteht ein Bauteil 60 mit Sichtfläche, in dem das ausgehärtete FVK-Halbzeug 42 und das ausgehärtete Kernelement 52 fest miteinander verbunden sind. Das ausgehärtete FVK-Halbzeug 42 bildet die Sichtfläche (Class-A) des Bauteils 60.
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Anschließend wird der von der Negativform 10 und der zweiten Positivform 22 gebildete Formhohlraum geöffnet und das ausgehärtete Formteil 60 wird entnommen (in 4 durch den geschwungenen Pfeil symbolisiert).
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Negativform
- 21
- erste Positivform
- 22
- zweite Positivform
- 30
- Drehtisch
- 41
- FVK-Halbzeug, nicht ausgehärtet
- 42
- FVK-Halbzeug, ausgehärtet
- 51
- Kernelement, nicht ausgehärtet
- 52
- Kernelement, ausgehärtet
- 60
- Bauteil mit Sichtfläche
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202015101605 U1 [0004]
- DE 102007024530 A1 [0005]
- EP 3037264 B1 [0006]
- DE 10312465 A1 [0007]