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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überwachung wenigstens einer Hochauftriebsklappe eines Hochauftriebssystems eines Fluggeräts, insbesondere eines Flugzeugs, wobei zwischen einem Defekt einer Rücklaufsperre und einer Unterbrechung eines Lastpfads des Hochauftriebssystems unterschieden wird.
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Hochauftriebssysteme von Fluggeräten, insbesondere von Flächenflugzeugen, erfüllen vor allem zwei Hauptaufgaben: das kontrollierte Bewegen und das sichere in Position halten von Hochauftriebsklappen.
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In der Mehrzahl der Fluggeräte nach heutigem Stand der Technik wird die Aufgabe „Klappen bewegen“ durch zentrale Antriebseinheiten ausgeführt, deren Antriebsleistung durch mechanische Wellensysteme an die Antriebsstationen der Hochauftriebsklappen an den Flügeln geleitet wird.
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Für die Aufgabe „Klappen in Position halten“ sind zwei unterschiedliche Systemarchitekturen bekannt, nämlich solche mit mittels Sekundärenergie geschalteten Bremsen und solche mit selbstschaltenden Rücklaufsperren ohne Sekundärenergiebedarf, die im Englischen als no-back brakes (NBB) bezeichnet werden.
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Während für Systeme mit aktiv geschalteten Bremsen automatische Funktionstests bekannt sind, müssen selbstschaltende Rücklaufsperren periodisch getestet werden.
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Bei derartigen Systemen mit Rücklaufsperren ist es bekannt, dass die Segmente der Vorflügel und Landeklappen des Hochauftriebssystems von jeweils zwei parallel wirkenden Antriebsstationen bewegt und gehalten werden. Die Antriebsstationen können sowohl mit Spindeln wie auch mit Rotationsantrieben ausgeführt sein. Bei einer in den 1 bis 3 gezeigten Ausführung mit Rotationsantrieben (GRA) würde im Falle eines Bruchs in einer dieser Antriebsstationen der Klappenkörper stark verwunden bzw. schräggestellt werden.
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Wenn sich die Rücklaufsperre an einer der Antriebsstationen bei stehendem System nicht aktiviert, entsteht zwar ebenfalls eine Verwindung durch die unsymmetrische Abstützung der Klappenlasten. Allerdings ist bei gleicher Klappenlast die Verwindung geringer als bei vollständiger Unterbrechung des Lastpfades beziehungsweise bei einem Bruch. Deshalb wird dieser Fehler erst bei sehr hohen Klappenlasten erkennbar. Es ist gemäß dem Stand der Technik bekannt, die Verwindung des Klappenkörpers mit Positionssensoren zu detektieren.
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Ein derartiger Fehler kann im Stand der Technik bis zum nächsten manuellen Funktionscheck unbemerkt bleiben, weil die bestehenden Überwachungssysteme mit Positionssensoren erst bei Verwindungen ansprechen, die die im normalen Flug auftretenden Verwindungswinkel deutlich überschreiten.
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Während in Systemen mit aktiv geschalteten Bremsen automatisierte Funktionstests Stand der Technik sind, gibt es für Systeme mit selbstschaltenden Rücklaufsperren bisher nur die Möglichkeit eines periodisch manuell durchgeführten Funktionschecks. Da die Funktion der Rücklaufsperre sicherheitsrelevant ist, müssen die Inspektionsintervalle entsprechend relativ kurz und damit häufig sein.
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Bei den bekannten Systemarchitekturen können zwar Brüche eines Lastpfades erkannt werden, es kann dabei jedoch nicht eine Fehlfunktion der Rücklaufsperre von einem Bruch im Lastpfad unterschieden werden.
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Die 1 und 3 verdeutlichen die Funktion eines an sich bekannten Bruchmonitors ab eine Hochauftriebsklappe.
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Im fehlerfreien Betrieb liegen die Traganteile der beiden Aktuatoren einer Klappe innerhalb der Schwellwerte eines Bruchmonitors. Dies ist beispielsweise in der 1 gezeigt.
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Im Falle eines Free Wheel Disconnect, beziehungsweise eines Bruchs, wird die Last des unterbrochenen Lastpfads vollständig vom intakten Lastpfad übernommen, wie dies beispielsweise in 3 gezeigt ist.
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Im Normalfall, also ohne Bruch oder defekte Rücklaufsperre, ist das Verhältnis der Lasttraganteile annährend konstant. Sollte aber aufgrund eines Bruchs in einem Lastpfad das Verhältnis der Lasttraganteile sich so weit verändern, dass ein Schwellwert nach oben oder nach unten überschritten ist, wird ein Fehler angezeigt.
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Es ist Aufgabe der Erfindung ein verbessertes Verfahren zur Überwachung von Hochauftriebssystemen bereitzustellen, bei dem die Funktion von Rücklaufsperren gesondert überwacht werden kann. Dabei soll ein an sich bekanntes Hochauftriebssystem mit selbstschaltenden Rücklaufsperren hinsichtlich der Funktion der Rücklaufsperren überwacht werden.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gemäß dem Anspruch 1 und ein Fluggerät, welches zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 ausgebildet ist, gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Das Verfahren gemäß Anspruch 1 umfasst die Schritte:
- Einlesen von wenigstens zwei ersten Lastwerten an wenigstens zwei Lastpfaden;
- Berechnen wenigstens eines ersten Lastverhältnisses aus den Lastwerten;
- Vergleichen des ersten Lastverhältnisses mit zwei ersten Grenzwerten;
- Anfahren des Hochauftriebssystems, falls das erste Lastverhältnis außerhalb der Grenzwerte liegt;
- Einlesen von wenigstens zwei zweiten Lastwerten an den wenigstens zwei Lastpfaden;
- Berechnen wenigstens eines zweiten Lastverhältnisses aus den zweiten Lastwerten;
- Vergleichen des zweiten Lastverhältnisses mit zwei zweiten Grenzwerten;
- Feststellen eines Defekts der Rücklaufsperre, wenn das zweite Lastverhältnis zwischen den zwei zweiten Grenzwerten liegt oder Feststellen einer Unterbrechung des Lastpfads wenn das zweite Lastverhältnis nicht zwischen den zwei zweiten Grenzwerten liegt.
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Die erfindungsgemäße Weiterbildung besteht somit in einer Erweiterung des elektronischen Auswerteverfahrens, in dem zum Überlast- und Bruchmonitor ein weiterer Auswertungsschritt eingeführt wird, der einen Funktionsausfall der selbstschaltenden Rücklaufsperre detektieren kann.
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Selbstschaltende Rücklaufsperren aktivieren sich durch Drehmomente, die auf die Abtriebsseite wirken. Sie lösen sich, wenn auf die Antriebsseite ein Antriebsmoment wirkt.
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Bei entgegengesetzten Lasten (Gegenlast) zwischen Antrieb und Abtrieb ist die Rücklaufsperre vollständig freigeschaltet.
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Bei gleichen Lasten (Folgelast) zwischen Antrieb und Abtrieb ist die Rücklaufsperre teilgelöst, sie bremst dann die Folgelast am Abtrieb ab, sodass die Antriebseinheit lediglich ein geringes Lösemoment aufbringen muss.
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Bei stehendem Antrieb werden die Luftlastanteile von beiden Rücklaufsperren gehalten, wie dies in 1 gezeigt ist.
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Im Falle eines Fehler beziehungsweise Defekts der Rücklaufsperre wird nur ein Teil der Last auf den intakten Lastpfad umgelenkt, der andere Teil wird als Torsionsmoment in den Wellenstrang geleitet, wo es als Verspannungsmoment des geschlossenen Drehmomentkreises eingespannt wird, wie dies in 2 links gezeigt ist.
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Deshalb erfordert das Erkennen eines Fehlers beziehungsweise Defekts der Rücklaufsperre ein höheres Lastdrehmoment als die Erkennung des unterbrochenen Lastpfads, was die Sensitivität des Monitors einschränkt.
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Im Vergleich zum Stand der Technik können die Schwellwerte beziehungsweise Grenzwerte des Verfahrens beziehungsweise Bruchmonitors mit geringerer Toleranz ausgelegt werden, da die Normalwerte der Klappenverwindung nicht deutlich überschritten werden müssen. Die Schwellwerte beziehungsweise Grenzwerte des Monitors beziehungsweise Verfahrens sind so definiert, dass wenigstens einmal während eines Fluges die Lastwerte erreicht werden, zum Auslösen des Monitors beziehungsweise zum Anfahren des Hochauftriebssystems benötigt werden. Dies ist während des Landeanflugs mit gesetzten Landeklappen der Fall.
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Der Begriff des Lastpfads kann vorliegend im Zusammenhang mit Strukturen des Hochauftriebssystems verstanden werden, über welche Lasten zwischen einem Antrieb und einer Hochauftriebsklappe des Hochauftriebssystems übertragen werden.
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Das Einlesen entsprechender Lastwerte an den Lastpfaden kann über üblicherweise an den Lastpfaden beziehungsweise im Bereich der Lastpfade vorgesehene Sensoren erfolgen.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist denkbar, dass die ersten und zweiten Grenzwerte einander entsprechen oder unterschiedlich sind. Bei einander entsprechenden Grenzwerten können die ersten und zweiten Grenzwerte jeweils ein identisches Intervall angeben. Die berechneten Lastverhältnisse können dann innerhalb oder außerhalb dieses Intervalls liegen. Bei unterschiedlichen Grenzwerten können die ersten und die zweiten Grenzwerte unterschiedliche Intervalle angeben, die überlappen können, oder als nicht überlappende Intervalle definiert sein können.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist denkbar, dass vor dem Anfahren des Hochauftriebssystems ein Monitor scharfgeschaltet wird.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist denkbar, dass nach dem Feststellen eines Defekts der Rücklaufsperre und/oder nach dem Feststellen einer Unterbrechung des Lastpfads das Verfahren beendet und/oder ein entsprechendes Signal ausgegeben wird. Bei dem Signal kann es sich beispielsweise um eine Information an den Piloten oder eine sonstige Information handeln, die darauf hinweist, dass ein Defekt der Rücklaufsperre vorliegt oder, dass eine Unterbrechung des Lastpfades detektiert wurde.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist denkbar, dass das Verfahren von vorne durchgeführt wird, falls das Vergleichen des ersten Lastverhältnisses ergibt, dass das erste Lastverhältnis zwischen den zwei ersten Grenzwerten liegt.
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Wenn also das erste Lastverhältnis nicht außerhalb des von den beiden ersten Grenzwerten definierten Intervalls liegt, kann verfahrensgemäß kontinuierlich die Überwachung dieses Lastverhältnisses fortgesetzt werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist denkbar, dass das Verfahren als Teil eines Verfahrens zum Überlast- und Bruchmonitoring eines Hochauftriebssystems ausgeführt ist. Als Teil eines solchen Verfahrens kann das erfindungsgemäße Verfahren beispielsweise auf gleiche Komponenten wie zum Beispiel Sensoren zurückgreifen, wie das übergeordnete Monitoring-Verfahren.
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In einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel ist denkbar, dass die Lastwerte genau zweier Lastpfade eines Hochauftriebssystems eingelesen werden. Da Hochauftriebsklappen üblicherweise über zwei Antriebsstationen angetrieben werden, sollten auch entsprechend genau diese zwei Lastpfade auf ihre Lastwerte hin untersucht beziehungsweise überwacht werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist denkbar, dass alle Hochauftriebsklappen des Hochauftriebssystems überwacht werden. Da bekannte Hochauftriebssysteme eine Mehrzahl von Hochauftriebsklappen und auch sonstigen beweglichen Komponenten umfassen können, kann das erfindungsgemäße Verfahren zur Überwachung auch dieser weiteren Komponenten ausgedehnt werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführung ist denkbar, dass das Verfahren dazu eingerichtet ist, das Hochauftriebssystem permanent und/oder automatisch zu überwachen. Die Überwachung muss demnach von Betriebspersonen beziehungsweise vom Piloten nicht erst aktiviert werden, sondern kann Informationen je nach Auftreten von Defekten ohne vorherige Abfrage beziehungsweise Aktivierung an den Piloten oder an sonstige Personen oder Systeme weiterleiten.
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Die Erfindung ist ferner auf ein Fluggerät, insbesondere auf ein Flugzeug gerichtet, das zum Durchführen eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 eingerichtet ist.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung sind anhand der in den Figuren beispielhaft erläuterten Ausführungen erläutert. Dabei zeigen:
- 1: schematische Darstellung eines Teils eines Hochauftriebssystems im Normalzustand;
- 2: schematische Darstellung eines Teils eines Hochauftriebssystems mit defekter Rücklaufsperre;
- 3: schematische Darstellung eines Teils eines Hochauftriebssystems mit gebrochenem Lastpfad;
- 4: grafische Darstellung eines Lastprofils in einem Hochauftriebssystem; und
- 5: schematischer Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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1 zeigt links einen Teil eines Hochauftriebssystems in einem Normalzustand, bei dem die Rücklaufsperren funktionsfähig sind. Links ist das System im Stillstand und rechts im Betrieb, das heißt beim Verstellen der Klappen, gezeigt. Die Pfeile zeigen dabei auftretende Drehmomente beziehungsweise Kräfte.
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2 zeigt einen Teil eines Hochauftriebssystems, wobei die rechte Rücklaufsperre defekt ist. Im linken Bereich der 2 ist das System im Stillstand und im rechten im Betrieb gezeigt. Im links gezeigten Stillstand ist aufgrund der defekten rechten Rücklaufsperre eine Drehmomentübertragung zwischen der Klappe und dem Antrieb 2 über die rechte defekte Rücklaufsperre 1 gezeigt.
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Im rechts gezeigten Zustand, in welchem die Klappe verstellt wird, wirkt sich die defekte rechte Rücklaufsperre nicht aus und es erfolgt eine normale Drehmomentübertragung zwischen dem Antrieb 2 und der Klappe über beide intakten Lastpfade.
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3 zeigt einen Teil eines Hochauftriebssystems, wobei einer der beiden Lastpfade unterbrochen ist. Dies kann beispielsweise durch einen Bruch einer entsprechenden Komponente bedingt sein. Die Unterbrechung ist mit einem X gekennzeichnet. Im links gezeigten Stillstandszustand wird ein Drehmoment allein zwischen der Klappe und der linken Rücklaufsperre übertragen. Im rechts gezeigten Betriebszustand wird ein Drehmoment allein über den linken, intakten Lastpfad übertragen. Weder im Stillstand noch im Betrieb des Hochauftriebssystems wird ein Drehmoment über den unterbrochenen rechten Lastpfad übertragen.
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4 zeigt einen typischen Lastverlauf an einer Landeklappe während des Landeanflugs. Die waagerechte Achse stellt die Position des Klappensystems als Anzahl der Wellenumdrehung (TT revs) dar. Es ist zu erkennen, dass in einem normalen Anflug im Bereich >90 Umdrehungen die Klappenlast ausreicht, im Fehlerfall eine sichere Erkennung sowohl für Bruch als auch für einen NBB-Fehler beziehungsweise einen Fehler der Rücklaufsperre zu gewährleisten.
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Es kann in diesem Zustand allerdings nicht die Fehlerursache, also einen Bruch oder einen Rücklaufsperrenfehler, identifiziert werden und kann deshalb lediglich ein Monitor scharf geschaltet werden. Es wird allerdings noch keine Fehleranzeige ausgegeben.
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5 verdeutlicht die Funktion des Verfahrens. Mit scharf geschaltetem Monitor startet das System in Richtung der Gegenlast.
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Wenn die Fehlerursache Free Wheel Disconnect ist, bleibt nach Anfahren des Systems unter Gegenlast das Ungleichgewicht der Lastanteile annähernd erhalten, weil keine Abstützung der Gegenlast im gebrochenen Lastpfad erfolgt.
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Wenn die Fehlerursache ein NBB Failure ist, geht nach Anfahren des Systems unter Gegenlast das Verhältnis der Lasttraganteile wieder in den Normalbereich, da der Lastpfad ja nicht unterbrochen ist, und die NBBs freigeschaltet sind. Die Abstützung der Gegenlast leistet die Antriebseinheit.
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Damit ist eine eindeutige Identifizierung der Fehlerursache möglich.
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Der Vorteil der erfindungsgemäßen Ausführung besteht in einer kostensparenden zusätzlichen Monitorfunktion, ohne jegliche Hardwareänderung. Aufwand und Kosten des Certification Maintenance Requirement (CMR) entfallen. Die Funktion kann ferner in bestehende Systeme durch Software-Update implementiert werden.
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Die Sicherheit des Systems wird verbessert, weil das Intervall zwischen Auftreten des Fehlers und dessen Erkennen verkürzt wird. Der Wartungsaufwand nach Auftreten eines Fehlers wird verringert, weil die Fehlerursache eindeutig einem Bauteil zugeordnet wird.
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Mit nur einem Sensorsystem werden drei Fehler erkannt: Bruch, Klemmen und NBB Fehler. Die neue Monitormethode ermöglicht eine automatische permanente Überwachung der sicherheitsrelevanten selbstschaltenden Rücklaufsperren in Hochauftrie bssystemen.