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ANWENDUNGSGEBIET UND STAND DER TECHNIK
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines zwei- oder dreidimensional gebogenen Biegeteils aus einem abgelängten rohr- oder stabförmigen Werkstück mittels einer numerisch gesteuerten Biegemaschine gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 sowie eine zur Durchführung des Verfahrens geeignete Biegemaschine gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 9.
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Bei der automatisierten Herstellung von zwei- oder dreidimensional gebogenen Biegeteilen mithilfe numerisch gesteuerter Biegemaschinen werden die Bewegungen von Maschinenachsen der Biegemaschine mithilfe einer Steuereinrichtung koordiniert angesteuert, um an dem Werkstück durch plastisches Umformen eine oder mehrere bleibende Biegungen zu erzeugen. Bei den hier betrachteten Werkstücken handelt es sich um Rohre oder Stäbe aus Vollmaterial, die bereits vor Einsetzen in die Biegemaschine auf eine vorgegebene Werkstücklänge abgelängt und damit vorkonfektioniert sind. Solche Werkstücke werden üblicherweise mithilfe sogenannter Rohrbiegemaschinen gebogen, die in der Regel nicht nur Rohre, sondern auch Werkstücke aus abgelängtem Vollmaterial biegen können.
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Eine solche Biegemaschine hat eine Spannvorrichtung zum stirnseitigen Einspannen eines Endabschnitts des Werkstücks. Die Spannvorrichtung ist mittels einer Rotationseinheit um eine Drehachse drehbar und mittels einer Vorschubeinheit parallel zur Drehachse verfahrbar. Weiterhin ist ein Biegekopf mit Einrichtungen zum Erzeugen mindestens einer ebenen Biegung an einem durch die Spannvorrichtung gehaltenen Werkstück vorgesehen. Vor Beginn einer ersten Biegeoperation auf der Biegemaschine wird ein zuerst umzuformender Abschnitt des Werkstücks durch lineares Verfahren und/oder Drehen der Spannvorrichtung in den Eingriffsbereich des Biegekopfs gebracht, der dann durch koordinierte Bewegungen seiner Komponenten und Untereinheiten eine erste Biegung am Werkstück erzeugt. Häufig werden nach einer ersten Biegeoperation auf der Biegemaschine eine oder mehrere weitere Biegungen erzeugt, wozu dann das Werkstück wiederum mithilfe der linear verfahrbaren und drehbaren Spannvorrichtung in Bezug auf den Biegekopf neu positioniert wird.
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Es gibt viele Anwendungsfälle, bei denen es prinzipiell nicht darauf ankommt, wie das Werkstück in die Spannvorrichtung eingespannt wird, solange nur die Längsmittelachse des eingespannten Werkstücks im Wesentlichen koaxial zur Drehachse der Spannvorrichtung liegt. Die koaxiale Lage kann durch eine oder mehrere Abstützungen entfernt vom Einspannabschnitt sichergestellt werden.
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Eine Klasse von Werkstücken zeichnet sich dadurch aus, dass vor der ersten Biegeoperation das Werkstück auf der Biegemaschine in eine bestimmte Soll-Drehlage bezüglich seiner Längsmittelachse gebracht werden sollte, bevor die erste Biegeoperation auf der Biegemaschine ausgeführt wird. So sind beispielsweise bei rohrförmigen Werkstücken, die zu einfach oder mehrfach gebogenen Stuhlbeinen umgeformt werden sollen, in der Regel ein oder mehrere Löcher in solchen Abschnitten angebracht, die später zur Befestigung einer Sitzfläche oder einer Lehne dienen sollen. In die Löcher können Befestigungsschrauben oder dergleichen eingeschraubt werden. Die Löcher werden typischerweise beim Vorkonfektionieren in die Werkstücke durch Bohren, Laserbearbeitung oder auf andere Weise eingebracht, bevor die Werkstücke in die Biegemaschine eingebracht werden. Damit die Löcher beim fertigen Biegeteil in der richtigen Orientierung, beispielsweise möglichst senkrecht zur Sitzfläche, stehen, muss das Werkstück dem Biegekopf mit der richtigen Drehorientierung zugeführt werden. Es gibt also eine anzustrebende Soll-Drehlage des Werkstücks bezüglich seiner Längsmittelachse vor Beginn der ersten Biegeoperation.
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Geschulte Bediener sind meist in der Lage, das Werkstück beim Einführen eines Endabschnitts in die Spannvorrichtung bezüglich seiner Drehlage relativ gut nach Augenmaß auszurichten, bevor die Spannvorrichtung geschlossen wird und der Biegeprozess beginnt. Der Bediener kann sich dabei an dem richtig auszurichtenden Loch oder einer anderen Markierung an der Umfangsfläche des Werkstücks orientieren. Die durch einen Bediener erzielbaren Genauigkeiten bezüglich der Drehlage sind stark von der Erfahrung des Bedieners und auch von der Tagesform abhängig, so dass es zur Produktion von nicht brauchbaren Ausschussteilen kommen kann.
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AUFGABE UND LÖSUNG
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Biegemaschine zur Herstellung von zwei- oder dreidimensional gebogenen Biegeteilen bereitzustellen, die es ermöglichen, drehlagekritische Werkstücke bedienerunabhängig mit hoher Präzision herzustellen.
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Zur Lösung dieser Aufgabe stellt die Erfindung ein Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1 bereit. Weiterhin wird eine Biegemaschine mit den Merkmalen von Anspruch 9 bereitgestellt.
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Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
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Das Verfahren ist bei allen Werkstücken anwendbar, welche wenigstens eine Markierung an der Umfangsfläche aufweisen und mithilfe der Markierung in eine Soll-Drehlage bezüglich ihrer Längsmittelachse gebracht werden können. In vielen Fällen handelt es sich bei der Markierung um ein Loch in der Umfangsfläche. Bei rohrförmigen Werkstücken kann das Loch beispielsweise zur Aufnahme einer Befestigungsschraube oder dergleichen dienen. In manchen Fällen ist am Werkstück mittels Laser oder auf andere Weise eine als Markierung nutzbare Gravur an der Umfangsfläche eingebracht, beispielsweise ein Logo eines Herstellers und/oder eine Teileidentifikation, wobei z. B. diese Gravur beim fertig gebogenen Biegeteil möglichst immer an der gleichen Stelle des Biegeteils sichtbar sein soll. Bei Werkstücken in Form von geschweißten Rohren gibt es eine in der Regel parallel zur Längsmittelachse verlaufende Schweißnaht, die als Markierung verwendet werden kann. Auch andere Fügestellen können als Markierung dienen. Im Falle verschweißter oder auf andere Weise gefügter Rohre kann die richtige Soll-Drehlage beispielsweise so vorgegeben sein, dass im Biegeprozess der Bereich der Schweißnaht bzw. der Fügestelle möglichst wenig durch mechanische Zug- oder Druckkräfte beansprucht wird. Auch andere Markierungen, beispielsweise in Form von Farbmarkierungen oder Prägungen an der Umfangsfläche, können im Rahmen der beanspruchten Erfindung als Hilfsmittel bei der richtigen Drehausrichtung des Werkstücks dienen.
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Das Verfahren ist gekennzeichnet durch eine automatische Ausrichtoperation, welche mithilfe einer Markierung an der Umfangsfläche des Werkstücks ausgeführt wird. Bei der automatischen Ausrichtoperation wird die Markierung mittels eines Kamerasystems optisch erfasst. Aus mindestens einem Messbild des Kamerasystems wird eine Drehlageninformation ermittelt, die Informationen über die Ist-Drehlage des Werkstücks bei Aufnahme des Messbilds enthält. Die Rotationseinheit der Biegemaschine wird in Abhängigkeit von der ermittelten Drehlageninformation so gesteuert, dass das eingespannte Werkstück durch Drehung der Spannvorrichtung in die Soll-Drehlage gedreht wird, wenn sich das Werkstück nach dem Einspannen nicht in der Soll-Drehlage befindet. Die Drehung kann entfallen, wenn sich aus der Auswertung der Drehlageninformation ergibt, dass sich das Werkstück unmittelbar nach dem Einspannen in die Spannvorrichtung bereits mit ausreichender Genauigkeit in der Soll-Drehlage befindet.
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Die Biegemaschine hat ein automatisches Ausrichtsystem zum Drehen des eingespannten Werkstücks in eine vorgebbare Soll-Drehlage vor Beginn einer dem Einspannen folgenden ersten Biegeoperation auf der Biegemaschine. Das Ausrichtsystem weist ein Kamerasystem zum optischen Erfassen einer Markierung an der Umfangsfläche des Werkstücks sowie eine Auswerteeinrichtung zum Ermitteln von Drehlageninformation aus mindestens einem Messbild des Kamerasystems auf. Die Steuereinrichtung der Biegemaschine ist dafür konfiguriert, in einem Ausrichtmodus die Rotationseinheit in Abhängigkeit von der ermittelten Drehlageninformation zu steuern.
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Die automatische Ausrichtoperation basiert somit auf optisch und somit berührungslos erfassten Informationen, die anhand einer ohnehin vorhandenen Markierung an der Umfangsfläche des Werkstücks erfasst werden können. Mithilfe der automatischen Ausrichtoperation bzw. des automatischen Ausrichtsystems kann unabhängig von den Fähigkeiten eines Bedieners die gewünschte Soll-Drehlage vor Beginn der ersten Biegeoperation mit hoher Präzision so eingestellt werden, dass eine Produktion von Ausschuss aufgrund von Fehlorientierung des Werkstücks beim ursprünglichen Einspannen praktisch ausgeschlossen werden kann. Somit wird es möglich, die Maschine von Hand zu beladen oder die Werkstücke auf andere Weise (z. B. mittels Roboter oder Magazin) ohne vorherige Ausrichtung der Werkstücke der Biegemaschine zuzuführen. Die Kamera-basierte automatische Ausrichtoperation kann innerhalb von Sekundenbruchteilen oder innerhalb weniger Sekunden abgeschlossen sein, so dass unproduktive Nebenzeiten für das Ausrichten auf ein Minimum reduziert werden können. Somit kann sowohl die Produktivität des Biegeprozesses als auch die Qualität der gefertigten Biegeteile erhöht werden.
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Da im Rahmen des automatischen Ausrichtsystems ein Kamerasystem zur optischen Erfassung von Markierungen genutzt wird, kann das automatische Ausrichtsystem in der Regel ohne Änderungen an der Hardware auf unterschiedliche Markierungen abgestimmt werden. Beispielsweise kann eine Auswertungssoftware bereitgestellt werden, welche bereits Routinen zur optimalen Auswertung unterschiedlich gestalteter Markierungen enthält, die wahlweise aktiviert werden können.
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Bei dem Werkstück kann es sich um ein Rundmaterial handeln, also um ein Rohr oder einen aus Vollmaterial bestehenden Stab mit kreiszylindrischem Querschnitt. Das Werkstück kann jedoch auch eine von der Kreisform abweichende Querschnittsform haben, beispielsweise eine polygonale Querschnittsform, insbesondere eine dreieckige, quadratische, fünfeckige oder sechseckige Querschnittsform.
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In vielen Fällen handelt es sich bei dem Werkstück um ein noch nicht vorgebogenes Werkstück, insbesondere um ein im Wesentlichen geradliniges Werkstück. Dann ist die erste Biegeoperation auf der Biegemaschine auch die erste am Werkstück durchgeführte Biegeoperation. Das Werkstück kann aber auch ein bereits vorgebogenes Werkstück sein, welches aus vorgelagerten Bearbeitungsstufen (auf der gleichen Biegemaschine oder einer anderen Biegemaschine) schon eine oder mehrere bleibende Biegungen enthält. Dann ist die dem Einspannen folgende erste Biegeoperation auf der Biegemaschine nicht die erste am Werkstück ausgeübte Biegeoperation.
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Es ist möglich, dass sich der axiale Abschnitt des Werkstücks, welcher die Markierung enthält, unmittelbar nach Einspannen des Endabschnitts des Werkstücks so im Erfassungsbereich des Kamerasystems befindet, dass ein Messbild erfasst werden kann, welches wenigstens einen Teil der Markierung enthält. Abhängig von der Werkstückgeometrie und der Konstruktion der Biegemaschine wird es aber häufig so sein, dass nach dem Einspannen des Werkstücks in die Spannvorrichtung die Spannvorrichtung bzw. das Werkstück relativ zum Kamerasystem zunächst so positioniert werden muss, dass eine Messung möglich wird. Dazu wird eine Relativbewegung zwischen Kamerasystem und Werkstück respektive Spannvorrichtung durchgeführt. Vorzugsweise erfolgt das Positionieren eines die Markierung enthaltenden Abschnitts des Werkstücks in dem Erfassungsbereich des Kamerasystems ausschließlich durch axiales Verfahren und/oder Drehen der Spannvorrichtung derart, dass durch das Kamerasystem mindestens ein Messbild erfassbar ist, das wenigstens einen auswertbaren Teil der Markierung enthält. In diesem Fall kann mit einem fest installierten Kamerasystem gearbeitet werden, welches bei bevorzugten Ausführungsformen der Biegemaschine realisiert ist.
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Gemäß einer Weiterbildung wird zunächst die Spannvorrichtung nur axial verfahren, bis der die Markierung enthaltende Abschnitt im Erfassungsbereich des Kamerasystems liegt. Dann wird ein Messbild aufgenommen und ausgewertet. Wenn dieses nicht wenigstens einen Teil der Markierung enthält, wird die Spannvorrichtung in einem „Suchlauf” so lange gedreht, bis wenigstens ein Teil der Markierung in den Erfassungsbereich gelangt. Um die hierfür erforderliche „Suchzeit” möglichst kurz zu halten, wird bei Abwesenheit einer Markierung im Messbild die Spannvorrichtung um ein vorbestimmtes Winkelmaß, beispielsweise im Bereich zwischen 45° und 90° gedreht, bevor ein nächstes Messbild aufgenommen wird. Wenn dieses noch immer keinen Teil der Markierung zeigt, erfolgt eine weitere Drehung des Suchlaufs um ein vorbestimmtes Winkelmaß so lange, bis eine Markierung bzw. ein Teil der Markierung erkannt wird. Vorzugsweise wird ein Signal an die Steuereinheit gesendet, wenn nach einem vordefinierten Suchlauf, der z. B. mindestens eine volle Drehung umfasst, nicht wenigstens ein Teil einer Markierung in den Erfassungsbereich gelangt ist oder wenn beim Suchlauf nur eine falsche oder nicht auswertbare Markierung in den Erfassungsbereich gelangt. Das Signal kann z. B. nach Art eines Fehlersignals bewertet werden, insbesondere in der Weise, dass die Steuereinheit die Biegemaschine anhält und/oder eine akustische und/oder optische Anzeige ansteuert, die dem Bediener den Fehlerzustand anzeigt.
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Obwohl beim Drehen im Suchlauf eine kontinuierliche Rotation vorgesehen sein kann, wird das Werkstück vorzugsweise um vorbestimmte Winkelbeträge gedreht und in der dann erreichten Drehlage angehalten, so dass ein Messbild am ruhenden Werkstück aufgenommen werden kann. Durch eine derartige diskontinuierliche Drehung mit Messwertaufnahme am ruhenden Werkstück werden sowohl die Geschwindigkeit des Ausrichtprozesses als auch die erzielbare Genauigkeit positiv beeinflusst.
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Wenn ein Messbild vorliegt, welches wenigstens einen Teil der Markierung enthält, erfolgt die Auswertung des Messbilds. Die Auswertung des Messbilds umfasst vorzugsweise die Bestimmung einer Ist-Drehlage des Werkstücks aus der Position der Markierung innerhalb des Messbilds sowie eines Ausricht-Drehwinkels, um den das Werkstück zur Einstellung der Soll-Drehlage gedreht werden muss. Danach wird durch Drehen des Werkstücks um den Ausricht-Drehwinkel die Soll-Drehlage des Werkstücks eingestellt. Mit Abschluss dieser „Zieldrehung” ist das Werkstück hinsichtlich seiner Drehlage ausgerichtet und die erste Biegeoperation kann durchgeführt werden.
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Bei bevorzugten Ausführungsformen wird das Werkstück in nur einem einzigen Schritt in die Soll-Drehlage gedreht, sobald die Markierung durch das Kamerasystem erkannt wurde. Hierdurch ist eine besonders schnelle Ausrichtung erzielbar. Auch ein iteratives Annähern an die Soll-Drehlage ist möglich.
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Gemäß einer Weiterbildung ist das Kamerasystem so ausgelegt bzw. angeordnet, dass der Erfassungsbereich des Kamerasystems einen axialen Abschnitt des Werkstücks mit den durch das Kamerasystem sichtbaren Werkstückkanten enthält. Die sichtbaren Werkstückkanten können als Referenzstrukturen für die Durchführung von Messungen innerhalb eines Messbereichs des Messbildes dienen, wodurch die Präzision der Ergebnisse verbessert und eine sehr genaue Ausrichtung möglich wird. Zudem kann sich das Kamerasystem dann selbst kalibrieren, so dass eine Einrichtung durch einen Experten und ein Nachstellen beim Wechsel zwischen verschiedenen Werkstückdurchmessern entfallen kann.
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Gemäß einer Weiterbildung wird der durch das Kamerasystem erfassbare Abschnitt des Werkstücks mithilfe eines Beleuchtungssystems beleuchtet. Dadurch wird die Qualität der Messung weniger abhängig von Umgebungslichtbedingungen, wodurch gleichbleibende Genauigkeit sichergestellt werden kann. Zur Beleuchtung kann z. B. Weißlicht oder Laserlicht verwendet werden. Vorzugsweise weist das Beleuchtungssystem mindestens eine Auflicht-Beleuchtungsquelle auf, die den interessierenden Abschnitt von Seiten des Kamerasystems beleuchtet. Insbesondere können zwei oder mehr Auflicht-Beleuchtungsquellen vorgesehen sein, die im Betrieb den Abschnitt aus unterschiedlichen Richtungen und/oder unter unterschiedlichen Winkeln beleuchten. Hierdurch können die Zuverlässigkeit der Detektion der Markierung sowie die Genauigkeit der Bildauswertung gesteigert werden.
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Bei einer Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Beleuchtungssystem eine Hintergrundbeleuchtungsquelle aufweist, vorzugsweise zusätzlich zu mindestens einer Auflicht-Beleuchtungsquelle. Die Hintergrundbeleuchtungsquelle befindet sich idealerweise an der dem Kamerasystem gegenüberliegenden Seite des Werkstückabschnitts und kann bewirken, dass die vom Kamerasystem erfassten Werkstückkanten besonders kontrastreich erscheinen. Auch hierdurch kann die Zuverlässigkeit der Messung gesteigert werden.
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KURZBESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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Weitere Vorteile und Aspekte der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und aus der nachfolgenden Beschreibung von bevorzugten Ausführungsbeispielen der Erfindung, die nachfolgend anhand der Figuren erläutert sind.
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1 zeigt in schräger Perspektive ein Ausführungsbeispiel einer mit einem automatischen Ausrichtsystem ausgestatteten Biegemaschine zur Herstellung von zweidimensional oder dreidimensional gebogenen Biegeteilen;
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2 zeigt einen schrägperspektivischen Ausschnitt der Biegemaschine aus 1 mit einem eingespannten Werkstück;
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3 zeigt schematisch einen rechteckförmigen Erfassungsbereich des Kamerasystems, in welchem ein axialer Ausschnitt des Werkstücks erscheint, der eine Markierung enthält; und
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4 zeigt schematisch eine axiale Ansicht eines Rohrs in zwei Drehlagen vor und nach der Ausrichtung.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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In 1 ist ein Ausführungsbeispiel einer Biegemaschine 100 zur Herstellung von zweidimensional oder dreidimensional gebogenen Biegeteilen aus geraden, vorher abgelängten rohrförmigen oder stabförmigen Werkstücken gezeigt. Die Biegemaschine wird auch als Rohrbiegemaschine bezeichnet, kann jedoch neben rohrförmigen Werkstücken auch stabförmige Werkstücke aus Vollmaterial biegen. Die Biegemaschine hat ein mit Kleinbuchstaben x, y und z gekennzeichnetes, rechtwinkliges Maschinenkoordinatensystem MK mit einer vertikalen z-Achse und horizontalen x- und y-Achsen. Im dargestellten Beispiel verläuft die x-Achse parallel zur Drehachse einer später noch erläuterten Spannvorrichtung 110. Von den Koordinatenachsen sind die später noch erwähnten, geregelt angetriebenen Maschinenachsen zu unterscheiden, die jeweils mit Großbuchstaben (z. B. A-Achse, C-Achse) bezeichnet werden.
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Die Biegemaschine hat eine Spannvorrichtung 110 zum stirnseitigen Einspannen eines Endabschnitts eines zu biegenden Werkstücks W (vgl. 2). Die Spannvorrichtung ist mittels einer (nicht sichtbaren) Rotationseinheit um eine horizontale Drehachse 112 drehbar und mittels einer ebenfalls nicht sichtbaren Vorschubeinheit parallel zur Drehachse 112 verfahrbar. Die Spannvorrichtung ist als sogenannte Dreibackenzange ausgebildet. Sie hat stirnseitig einen Spannkopf 114, der drei radial zur Drehachse bewegliche Spannbacken enthält, die eine Einführöffnung zum Einführen eines Endabschnitts des Werkstücks umschließen. Ein im Inneren angeordneter auswechselbarer Anschlag begrenzt die Einstecktiefe für das Werkstück. Anschließend an den Spannkopf ist ein zur Drehachse 112 koaxiales Rohr 116 vorgesehen, welches mithilfe eines Pneumatikzylinders parallel zur Drehachse axial verschoben werden kann. Durch axiale Verschiebung des Rohrs wird der Spannkopf 114 geöffnet oder geschlossen. Die Rotationseinheit (A-Achse der Biegemaschine) sowie die Vorschubeinheit (C-Achse der Biegemaschine) werden vom Gestell der Biegemaschine getragen und befinden sich innerhalb der Schutzhaube 120. Die Dreibackenzange ist mit der Rotationseinheit an der linear verschiebbaren Vorschubeinheit montiert. Alle Maschinenachsen werden über eine nicht sichtbare Steuereinrichtung der Biegemaschine gesteuert.
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Die Werkstücke werden jeweils einzeln mithilfe der Spannvorrichtung
110 bzw. der Dreibackenzange aufgenommen, festgehalten und einem Biegekopf
130 zugeführt, welcher mit Abstand vor der Spannvorrichtung angeordnet ist. Der Biegekopf
130 ist eine kompakte Baueinheit. Die Biegebewegungen des Biegekopfs werden über mehrere CNC-Achsen über die Steuereinrichtung gesteuert. Da der Aufbau derartiger Biegeköpfe an sich bekannt ist, wird auf eine detaillierte Beschreibung hier verzichtet. Mögliche Ausgestaltungen sind in der
DE 10 2010 013 688 A1 oder der
DE 10 2011 006 101 B4 beschrieben.
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Die Biegemaschine ist mit einem automatischen Ausrichtsystem ausgestattet, das es ermöglicht, ohne Eingriff eines Bedieners ein in die Spannvorrichtung 110 eingespanntes Werkstück W vor Beginn einer dem Einspannen unmittelbar folgenden Biegeoperation auf der Biegemaschine um seine Längsmittelachse in eine durch Programmierung vorgebbare Soll-Drehlage zu drehen. Dies ist immer dann möglich, wenn das Werkstück in einem mit Abstand vom eingespannten Endabschnitt liegenden Abschnitt A an seiner Umfangsfläche eine sichtbare Markierung M aufweist. In der schrägperspektivischen Darstellung von 2 ist die Biegemaschine mit einem eingespannten Werkstück W gezeigt. Bei dem Werkstück handelt es sich um ein zylindrisches Stahlrohr, welches mithilfe der Biegemaschine zu einem einfach oder mehrfach gekrümmten Stuhlbein gebogen werden soll. Das vorab auf die gewünschte Werkstücklänge abgelängte, gerade Werkstück wird von einem Bediener (oder automatisch) in die Einführöffnung des geöffneten Spannkopfs 114 eingeführt und dieser dann durch Verschieben des Rohrs 116 geschlossen. Dadurch wird das Werkstück an einem Endabschnitt eingespannt, während der Rest des Werkstücks bis zum gegenüberliegende Endabschnitt frei bleibt. Im eingespannten Zustand erstreckt sich die Längsmittelachse des Werkstücks mehr oder weniger koaxial zur Drehachse 112 der Spannvorrichtung.
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An das gebogene Stuhlbein soll später ein Sitzelement oder Lehnenelement eines Stuhls angeschraubt werden. Hierzu wird bereits vor dem Verbiegen des Werkstücks ein radiales Durchgangsloch M in einem bestimmten Abschnitt A des Rohrs in die Werkstückwand z. B. mittels Laserschneiden eingebracht. Das scharfkantig begrenzte Loch mit einem Durchmesser im Millimeterbereich ist mit bloßem Auge gut sichtbar und dient hier als Markierung M, die bei der Kamera-basierten automatischen Ausrichtung als Hilfsmittel zur Drehorientierung genutzt wird.
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Zu dem automatischen Ausrichtsystem gehört ein Kamerasystem 160 mit einer Kamera 165 mit einem zweidimensionalen Bildfeld. Die Kamera 165 ist als CCD-Videokamera ausgelegt, die im Beispielsfall bei einer Auflösung von 1024×768 Pixeln (Bildelementen) bis zu 100 Bilder pro Sekunde (Frames per Second) über eine Schnittstelle an ein angeschlossenes Bildverarbeitungssystem liefern kann. Die Bilderfassung der Einzelbilder wird jeweils über Auslösesignale (Trigger) der Steuerung ausgelöst. Dadurch werden die Messzeitpunkte festgelegt. Die Software für die Bildverarbeitung ist in einem Programmmodul untergebracht, welches mit der Steuereinrichtung der Biegemaschine zusammenarbeitet bzw. in diese integriert ist.
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Die Kamera 165 ist oberhalb der durch die Drehachse 112 definierten Linie an einem U-förmigen Träger 162 befestigt. Die Optik der Kamera ist nach unten derart ausgerichtet, dass sich ein rechteckförmiger Erfassungsbereich E der Kamera in y-Richtung senkrecht zur Drehachse über eine Länge erstreckt, die größer ist als der Durchmesser des größten in die Spannvorrichtung aufnehmbaren Werkstücks.
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Der Träger 162 trägt weiterhin zwei stufenlos schwenkbare Auflicht-Beleuchtungsquellen 172-1, 172-2, die so ausgerichtet sind, dass sie den Abschnitt A des Werkstücks, welcher im Erfassungsbereich der Kamera liegt, aus zwei unterschiedlichen Richtungen jeweils schräg von oben und schräg zur optischen Achse der Kamera mit Weißlicht beleuchten. Zu dem Beleuchtungssystem gehört weiterhin eine großflächige rechteckförmige Hintergrundbeleuchtungsquelle 175, die an der der Kamera 165 gegenüberliegenden Seite des Werkstücks an der Oberseite des Maschinengestells angebracht ist. Diese beleuchtet das eingespannte Werkstück W von seiner Rückseite so, dass die Werkstückkanten K1, K2 des Werkstücks W im aufgenommenen Messbild mit starkem Kontrast gegenüber der hellen Hintergrundbeleuchtung erscheinen (vgl. 3).
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Die Rotationseinheit zur Drehung der Spannvorrichtung 110 um die Drehachse 112 sowie die Vorschubeinheit, welche die Spannvorrichtung axial parallel zur Drehachse 112 vor- und zurückschieben kann, werden vom automatischen Ausrichtsystem als funktionale Bestandteile genutzt, z. B. um das Werkstück relativ zu dem ortsfest montierten Kamerasystem so zu positionieren, dass der interessierende Abschnitt A des Werkstücks mit der Markierung M im Erfassungsbereich der Kamera 165 liegt.
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Ein Biegeprozess mithilfe der Biegemaschine 100 kann beispielsweise wie folgt ablaufen. Zunächst greift ein Bediener ein noch nicht gebogenes Werkstück und führt dieses per Hand in die geöffnete Spannvorrichtung bzw. den Spannkopf 114 von vorne ein, bis die eingeführte Stirnseite an einem inneren Anschlag anschlägt. Der Abschnitt A mit der durch ein Loch gebildeten Markierung M sollte dabei am freien Endbereich des Werkstücks liegen. Dann wird die Spannvorrichtung pneumatisch geschlossen. Je nach Länge des einzuführenden Werkstücks kann die Spannvorrichtung für diese Einspannoperation mehr oder weniger weit in Axialrichtung (parallel zur Drehachse 112) in Richtung Biegekopf 130 vorgeschoben sein, gegebenenfalls so weit, dass der Spannkopf 114 sich im Bereich der Komponenten des Kamerasystems befindet (vgl. 1). Der Bediener muss dabei nicht darauf achten, wie das eingeführte Werkstück bezüglich seiner Drehlage orientiert ist, so dass in der Regel das eingeführte Werkstück noch nicht die für die erste Biegeoperation erforderliche Soll-Drehlage einnimmt.
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Dann wird die automatische Ausrichtoperation entweder selbsttätig (z. B. ausgelöst durch Schließen der Spannvorrichtung) oder über eine gesonderte Bedieneraktion eingeleitet. Sofern sich der mit der Markierung versehene Abschnitt A des Werkstücks noch nicht im Erfassungsbereich E der Kamera 165 befindet, wird das Werkstück durch axiales Verfahren der Spannvorrichtung in Axialrichtung (parallel zur Drehachse 112) so positioniert, dass der mit Markierung versehene Abschnitt A in den Erfassungsbereich gelangt. Der hierzu erforderliche Verfahrweg kann vorprogrammiert sein, da bei einer Serie gleichartiger Teile der Abstand zwischen der Stirnseite am Einspannabschnitt und der axialen Position der Markierung M (beispielsweise Loch) bekannt ist und vorab eingegeben werden kann.
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Der weitere Verfahrensablauf ist davon abhängig, ob nach Ende dieser axialen Positionierbewegung die Kamera die Markierung bzw. wenigstens einen auswertbaren Teil der Markierung erkennen kann oder nicht.
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Sofern im Messbild ein auswertbarer Teil erkannt wird, wird aus dem Messbild eine Drehlageninformation ermittelt, die die aktuelle Ist-Drehlage des Werkstücks repräsentiert. Die Steuerung errechnet dann z. B. anhand einfacher Winkelbeziehungen einen sogenannten Ausricht-Drehwinkel AW, d. h. einen Drehwinkel, um den das Werkstück W gedreht werden muss, um in die Soll-Drehlage zu gelangen (vgl. 4). Liegt dieser Drehwinkel innerhalb der Toleranzen, so ist die Ausrichtoperation abgeschlossen. Zur Kontrolle kann eine zusätzliche abschließende Messung durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass sich die Position der Markierung innerhalb der erlaubten Toleranzen befindet. Wir die richtige Drehlage bestätigt, wird das Werkstück durch eine lineare Vorschubbewegung der Spannvorrichtung so weit in Richtung Biegekopf 130 vorgeschoben, bis der erste zu biegende Abschnitt im Eingriffsbereich des Biegekopfs liegt. Dann wird die erste Biegeoperation ausgeführt.
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Wird beim Auswerten des Messbilds festgestellt, dass kein auswertbarer Teil der Markierung M im Messbild liegt, wenn also die Kamera beispielsweise kein Loch erkennen kann, so wird ein entsprechendes Signal („ohne Messwert”) an die Steuerung übermittelt. Diese ist nun so programmiert, dass die Spanneinrichtung das Werkstück in einem Suchlauf relativ schnell um einen vorgegebenen Drehwinkel, beispielsweise im Bereich zwischen 60° und 80°, dreht und dann anhält. Ist nach dieser ersten Drehung noch immer kein auswertbarer Teil einer Markierung im Messbild der Kamera, so wird das Werkstück erneut um einen vorgegebenen Drehwinkel, beispielsweise zwischen 60° und 80°, gedreht. Sofern sich in dem beobachteten axialen Abschnitt A des Werkstücks eine erkennbare Markierung befindet, führt der Suchlauf schnell zu einer Drehlage, in welcher die Markierung (bzw. ein auswertbarer Teil der Markierung) im Erfassungsbereich E der Kamera des Kamerasystems liegt. Dann kann die Auswertung und die darauf basierende Drehung des Werkstücks in die Soll-Drehlage wie beschrieben eingeleitet werden. Wird auch nach mehrfacher Teildrehung des Werkstücks kein Messbild erfasst, das wenigstens einen auswertbaren Teil einer Markierung zeigt, so zeigt dies an, dass das Werkstück keine Markierung enthält. In diesem Fall wird ein entsprechendes Signal abgegeben.
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Eine mögliche Auswertung der in dem Messbild enthaltenen Bildinformationen wird anhand von 3 und 4 erläutert. 3 zeigt schematisch den rechteckförmigen Erfassungsbereich E des Kamerasystems, in welchem der axiale Ausschnitt A des Werkstücks W erscheint, der die Markierung M enthält. Die Markierung M wird hier durch ein kreisrundes radiales Durchgangsloch im Rohr gebildet. Ist das Rohr so gedreht, dass sich das Loch an der für die Kamera nicht sichtbaren Rückseite befindet, so erfolgt im Suchlauf die oben beschriebene Korrekturdrehung, bis sich die Markierung teilweise oder vollständig im Erfassungsbereich der Kamera befindet. In der Regel wird dabei die Korrekturdrehung nicht dazu führen, dass die Korrekturdrehung das Werkstück direkt in die Soll-Drehlage überführt. Vielmehr ist im Beispielsfall dann die Situation I erreicht, in welcher das perspektivisch verzerrt erscheinende Loch (Markierung M) in der Nähe der Kante K2 erscheint. Um den zugehörigen Ist-Drehwinkel zu ermitteln, wird aus dem Abstand D zwischen dem mittels Bildverarbeitung berechneten geometrischen Schwerpunkt S des Lochs und der Kante K2 ein Abstandsmaß ermittelt, welches über bekannte Winkelbeziehungen in die dazugehörige Ist-Drehlage umgerechnet wird. Die gewünschte Soll-Drehlage sei im Beispielsfall dann erreicht, wenn die Markierung genau an der der Kamera zugewandten Oberseite des Werkstücks mittig zwischen den Seitenkanten K1, K2 liegt, also in der gestrichelten Position II. Das Bildverarbeitungssystem errechnet den zugehörigen Ausricht-Drehwinkel AW, der erforderlich ist, um das Werkstück in die gewünschte Drehposition zu bringen (vgl. 4). Auf Basis dieser Drehlageninformation wird der Rotationsantrieb mittels der Steuereinheit so angesteuert, dass das Werkstück um den Ausricht-Drehwinkel AW gedreht wird. Damit ist die automatische Ausrichtoperation abgeschlossen und es wird ein Freigabesignal zur Einleitung der nächsten Maschinenoperation abgegeben, die in einem Vorschieben des ausgerichteten Werkstücks in Richtung des Biegekopfs besteht.