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Die
Erfindung betrifft ein von einer Metallschmelze durchströmbares Bauteil
eines Gießsystems.
Ein solches Gießsystem
umfasst üblicherweise einen
Einguss, einen so genannten „Lauf" und so genannte „Anschnitte", die zusammen als
Gießkanalsystem
bezeichnet werden. Dieses Gießkanalsystem ist
zumindest teilweise in eine Gießform
integriert, die einen oder mehrere Hohlräume aufweist, in denen das
Gussstück
erstellt wird. Dazu wird eine Metallschmelze über das Gießkanalsystem in den/die Hohlräume zugeführt. Anschließend erstarrt
die Schmelze.
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Die
Bauteile des Gießkanalsystems
bestehen aus feuerfesten keramischen Produkten. Diese Bauteile sind
so ausgelegt, dass sie den hohen Gießtemperaturen widerstehen und
formstabil bleiben, um zu verhindern, dass nicht metallische Komponenten
aus diesen Bauteilen in die Metallschmelze und damit in das Gussstück gelangen.
Entsprechend weisen die Bauteile große Wandstärken (> 10 mm) und hoch feuerfeste Werkstoffe
auf. In den Schriften
EP 1332813
B1 und
DE
262 57 42 A1 werden feuerfeste, gebrannte Ausgusse mit
Innen-Beschichtungen beschrieben, wobei die Beschichtungen ausbrennen, wenn
sie mit der Metallschmelze in Berührung kommen.
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Nach
dem Erstarren und Aushärten
der Schmelze wird die meist aus Quarz- oder Zirkonsand bestehende
Gießform
demontiert (zerstört),
um das Gussteil freizulegen. Das Formenmaterial soll möglichst
wieder verwendet werden. Dabei stören die keramischen Komponenten
des Gießkanalsystems,
die beim Entformen des Gussstücks
zwar meist mechanisch zerstört
werden, aber in Form von Bruchstücken
im Sand (Formenmaterial) verbleiben und anschließend in einem weiteren Verfahrensschritt
abgetrennt werden müssen.
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Ein
weiterer Nachteil bekannter Bauteile der genannten Art besteht darin,
dass beispielsweise zur Erstellung längerer Gießkanäle mehrere Bauteile hintereinander
angeordnet und miteinander verbunden werden müssen. Dabei entstehen Unstetigkeitsstellen
im Bereich der Gießkanalwand.
Dies erhöht die
Gefahr, dass keramische Abschnitte oder Formenmaterial in die durchströmende Metallschmelze gelangen.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Bauteil
für den
Metallguss zu optimieren. Dabei geht es unter anderem darum, den Recyclingaufwand
nach Abschluss des Gießvorgangs
zu reduzieren, die Gefahr der Infiltration nicht metallischer Einschlüsse in das
Gussstück
zu minimieren und die Konfektionierung des Gießkanalsystems innerhalb der
Gießform
zu vereinfachen.
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Der
Erfindung liegt folgender Gedanke zugrunde: Übliche Gießzeiten für metallische Gussstücke betragen
wenige Minuten, beispielsweise 1,5 bis 2,5 Minuten. Dies ist der
Zeitraum, während
dem eine Metallschmelze über
das Gießkanalsystem
in die Gießform
eingeleitet wird. Nur während
dieser Zeit besteht die Gefahr, dass Bestandteile des Gießkanalsystems
mit dem Schmelzestrom mitgerissen werden und in das herzustellende
Gussstück
gelangen. Nach Abschluss des Gießvorgangs bleibt das Gießkanalsystem
zwar zumindest partiell mit Metallschmelze gefüllt, die dann erstarrt. Diese
Herstellungsphase hat jedoch keinen entscheidenden Einfluss mehr
auf die Qualität
des Gussstücks.
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Im
Stand der Technik wurde darauf geachtet, die Bauteile des Gießkanalsystems
so stabil zu machen, dass Abplatzungen oder dergleichen zuverlässig vermieden
werden. Erfindungsgemäß steht
der Gedanke im Vordergrund, das Bauteil so auszubilden, dass es
einerseits während
des Gießvorgangs die
nötige
Stabilität
aufweist, um die Schmelze zuverlässig
in die Gießform
(den Formkasten) zu leiten, andererseits aber bei der anschließenden Demontage
des Formkastens möglichst
wenig Bestandteile des Bauteils im Formenmaterial verbleiben.
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Dies
vorausgeschickt liegt der Erfindung die Überlegung zugrunde, das Bauteil
aus einem Werkstoff auszubilden, der in Kontakt mit der Metallschmelze,
das heißt
nach Temperaturbeaufschlagung durch die Metallschmelze, zumindest
teilweise zerstört
wird. Die Zerstörung
kann eine chemische Zerstörung,
beispielsweise durch Aufbrechen von chemischen Bindungen sein.
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Diese
Zerstörung
soll insbesondere nach Abschluss des Gießvorgangs erfolgen, also zu
dem Zeitpunkt, zu dem der Hohlraum zur Ausbildung des Gussstücks und
das Gießkanalsystem
mit Metall gefüllt
sind und danach, kann aber auch bereits während des Gießvorgangs
beginnen, sofern die mechanische Stabilität des Bauteils im Übrigen sichergestellt
ist, um die Metallschmelze in der Gießform zu verteilen.
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In
ihrer allgemeinsten Ausführungsform
betrifft die Erfindung danach ein Bauteil gemäß Anspruch 1.
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Aus
dem Gedanken der zumindest teilweisen Zerstörung folgt auch der Gedanke,
das Bauteil möglichst
dünnwandig
auszubilden, das heißt
mit einer Wandstärke
deutlich unterhalb der bekannter keramischer Bauteile. Dadurch ist
ein erfindungsgemäßes Bauteil
massearm. Zusätzlich
soll sich das Bauteil unter thermischer Last zumindest teilweise
zersetzen. Im Ergebnis gelangen nur minimale Feststoffmengen in
das umgebende Formenmaterial und können im Kreislauf des Formenmaterials
verbleiben.
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Die
zumindest teilweise Auflösung
(Zerstörung)
des Bauteils muss selbstverständlich
auf einer Art und Weise erfolgen, bei der verhindert wird, dass nicht
metallische Feststoffe in den Gießstrom gelangen. Eine Möglichkeit
dazu bietet die Verwendung eines Werkstoffes aus mindestens einem
temporären Bindemittel
und mindestens einem Armierungsmittel. Dabei gibt das Armierungsmittel
quasi eine Art Grundfestigkeit, während das temporäre Bindemittel unter
Einfluss der Temperatur der Metallschmelze zumindest teilweise und/oder
sukzessive ausbrennt. Da das umgebende Formenmaterial (wie Quarzsand, Zirkonsand)
innerhalb des Formkastens eine gewisse Gasdurchlässigkeit aufweist, können flüchtige Bestandteile
des aus dem Bauteil stammenden Bindemittels ohne weiteres aus dem
Formkasten weggeleitet werden.
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Geeignete
temporäre
Bindemittel sind: Phenolharze, Furanharze, Polysaccharide, Polymere
auf Basis Polyvinylacetat, Polyvinylalkohol, Polyvinylacrylat, Phosphatbinder
wie Aluminiumphosphat, Wasserglas, Cellulosederivate, Ligninsulfonate.
Die Auswahl einzelner dieser Bindemittel und/oder Kombinationen
daraus erfolgt je nach Anwendungsfall. Während die genannten Polymere
auf Basis von Polyvinylacetat relativ schnell verdampfen, ist die Standzeit
von Bauteilen auf Basis von Phenolharzen und insbesondere Furanharzen
deutlich höher.
Unter Verwendung eines Werkstoffes aus beispielsweise 20 bis 80
Masse-% Furanharz und 20 bis 80 Masse-% eines (faserförmigen)
Armierungsmittels behält ein
rohrförmiges
Bauteil innerhalb des Gießsystems während des
Eingießens
der Metallschmelze (angenommen: 2 Minuten) problemlos seine Grundform, so
dass die Schmelze störungsfrei
eingefüllt
werden kann. Der Abrieb ist Null. Schon bald (gegebenenfalls wenige
Sekunden) nach dem Kontakt zwischen der Metallschmelze kann jedoch
die Zersetzung des Furanharzes beginnen, allerdings nur in einem
Ausmaß,
welches die Stabilität
des Gießrohres
nicht gefährdet.
Erst nach Abschluss des Gießvorgangs (hier: > 2 min) zersetzt sich
das Furanharz weiter, bis es sich beispielsweise nach einigen Stunden
mehr oder weniger vollständig
aufgelöst
hat (ohne nennenswerte Feststoff-Rückstände). Dies hat für die weiteren
Verfahrensschritte den Vorteil, dass keine nennenswerten Fremdbestandteile
im Formensand verbleiben (allenfalls Verbrennungsrückstände des Harzes
und das Armierungsmittel). Dies ermöglicht es, das Formenmaterial
wieder zu verwenden. Aufwändige
Reinigungsprozesse, wie im Stand der Technik, entfallen.
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Durch
die Verwendung eines temporären, zerstörbaren Bindemittels
kommt dem Armierungsmittel eine wesentliche Bedeutung innerhalb
des ausgewählten
Werkstoffs zu. Das Armierungsmittel sorgt auch während der sukzessiven Zersetzung
der weiteren Komponente für
eine zumindest temporäre Stabilität des Bauteils.
Armierungsmittel aus der Gruppe oxidische Fasern und Kohlenstofffasern
sind besonders geeignet. Die Erfindung schließt Armierungsmittel ein, die
sich unter Temperaturlast ebenfalls zumindest teilweise zersetzen.
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Oxidische
Fasern umfassen beispielsweise Steinfasern, Glasfasern, keramische
Fasern. Auch nicht oxidische Fasern sind denkbar, jedoch teuer.
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Die
Fasern können „Endlosfasern" sein. Solche Fasern
werden insbesondere dann verwendet, wenn rohrförmige Bauteile hergestellt
werden. Die Endlosfaser kann dazu beispielsweise auf einen Dorn
aufgewickelt werden. Sie wird entweder vorher oder während des
Aufwickelns mit dem Bindemittel in Kontakt gebracht, welches die
Verbindung benachbarter Faserabschnitte und Ausbildung des gewünschten
Rohrkörpers
sicherstellt. Nach Aushärten des
Bindemittels ist das Bauteil fertig. Aufgrund der genannten Wickeltechnik
weist es eine extrem glatte innere Oberfläche auf. Dies kommt dem gewünschten
Anwendungsfall zugute. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass auch
große
Bauteile, insbesondere lange Rohre hergestellt werden können, so
dass unerwünschte
Anschlussstellen benachbarter Rohrabschnitte vermieden werden. Auch
dies minimiert die Gefahr, dass unerwünschte Bestandteile in den Gießstrom gelangen.
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Ebenso
können „endliche" Fasern verwendete
werden, mit Faserlängen
zwischen 20 μm
und mehreren cm.
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Rohrförmige Bauteile
können
auch im so genannten Schleuderverfahren hergestellt werden. Dazu
wird das Bindemittel über
eine Lanze einer rotierenden Matrize gemeinsam mit dem Armierungsmittel,
beispielsweise Mineralfasern, zugeführt. Nach Aushärten des
Bindemittels kann der Rohrkörper
aus der Matrize entnommen werden. Auch auf diese Weise lassen sich
große
Rohrlängen
herstellen.
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Für kompliziertere
Bauteile, wie Krümmer, Kupplungsteile
oder dergleichen sind andere Herstellungsverfahren möglich.
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Die
Mischung aus temporärem
beständigem Matrixmaterial
und Armierung lässt
sich alternativ durch Faserharzspritzen, Formpressen, Spritzpressen
oder Spritzgießen
sowie Laminieren zu dem gewünschten
Bauteil verarbeiten.
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Ein
erfindungsgemäßes Bauteil
muss lediglich während
der eigentlichen Gießphase
(während der
Metallschmelze in die Gießform
eingefüllt
wird) ausreichend formbeständig
sein, um die Schmelze hindurchzuleiten, oft also nur für wenige
Minuten (< 5, oft < 3, auch < 2 min). Dies ermöglicht es,
die Wandstärke
gegenüber
bekannten keramischen Bauteilen deutlich zu reduzieren. Wandstärken < 5 mm, < 4 mm, < 3 mm, < 2 mm bis < 1 mm sind möglich und
gewünscht.
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Die
Verwendung dünner
Armierungsmaterialien ermöglicht
es, Wandstärken
deutlich unter 1 mm zu realisieren. Beispielsweise Fasermaterialien
können
einen Faserdurchmesser < 20 μm, insbesondere < 12 μm aufweisen.
Kohlenstofffasern weisen üblicherweise
Durchmesser < 8 μm auf. Der
Durchmesser von Mineralfasern (Steinfasern, Glasfasern) liegt üblicherweise
zwischen 2 μm
und 7 μm.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit,
die Wanddicke von Bauteilen in etwa gleicher Größenordnung auszubilden, da das
Bindemittel die Wandstärke
nicht wesentlich verändert.
Wandstärken
von < 50 μm, ja sogar < 20 μm oder < 10 μm sind so
möglich,
aber auch < 100 μm, < 250 μm oder < 500 μm. Die Länge der
Bauteile kann von wenigen cm bis zu mehreren Metern reichen, der
meist runde Strömungskanal
einen Durchmesser von 2 bis 30 cm aufweisen.
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Ein
erfindungsgemäßes Bauteil
kann ausschließlich
aus dem genannten temporären
Matrixmaterial in Kombination mit dem beschriebenen Armierungsmittel
bestehen, es kann aber auch weitere Bestandteile aufweisen. Diese
weiteren Bestandteile können
beispielsweise keramische, auch hochtemperaturbeständige (feuerfeste)
Materialien sein, beispielsweise Ton, Kohlenstoff, Tonerde, Zirkon.
Ihr Anteil wird jedoch deshalb möglichst
gering gehalten, um das Ziel, nicht metallischer Einschlüsse im Gießstrom zu
vermeiden, nicht zu gefährden.
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Nach
einer Ausführungsform
betrifft der Anteil des temporären
Bindemittels deshalb regelmäßig ≥ 30 Masse-%,
oft ≥ 40
Masse-%, je nach Bedarf aber auch ≥ 50
Masse-%, während
der Masseanteil des Armierungsmittels entweder auf 100 Masse-% insgesamt
angepasst wird oder so, dass maximal 30 Masse-%, nach Ausführungsformen ≤ 20 Masse-% beziehungsweise ≤ 10 Masse-%,
gegebenenfalls auch ≤ 5
Masse-% Fremdkomponenten berücksichtigt
werden.
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Ein
erfindungsgemäßes Bauteil
ist auf Grund der geringen Wandstärke leicht transportierbar.
Es kann leicht geschnitten und damit an die jeweiligen Gießsysteme
angepasst werden. Es kann als Rohr Längen von mehreren Metern aufweisen.
Auch andere Bauteil-Formen sind möglich.
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Weitere
Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Merkmalen der Unteransprüche sowie den
sonstigen Anmeldungsunterlagen.
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Aus
den vorstehenden Erläuterungen
ergibt sich, dass es sich bei einem erfindungsgemäßen Bauteil – in Vergleich
mit dem Stand der Technik – um ein
nicht gebranntes Bauteil handelt. Es besitzt deshalb eine deutlich
verringerte Standfestigkeit. Es muss lediglich während des eigentlichen Gießvorgangs
eine Stabilität
aufweisen, die eine ordnungsgemäße Zuführung des
Gießstrahls
in die Gießform ermöglicht.
Im Übrigen
ist das Bauteil so gestaltet, dass es sich zumindest teilweise,
nach Ende des Gießvorgangs
möglichst
weitgehend auflöst
(zerstört),
so dass eine Wiederaufbereitung des umgebenden Formenmaterials in
Vergleich mit dem eingangs genannten Stand der Technik deutlich
erleichtert wird. Im Idealfall verbleiben im Formenmaterial lediglich
Verkokungsreste des Harzes und/oder Faserreste, die im Formenmaterial
für den
nächsten Formgebungsprozess
verbleiben können.
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Die
Armierungsmittel für
ein erfindungsgemäßes Bauteil
sind nicht auf Faserwerkstoffe beschränkt. Vielmehr sind auch plättchenförmige oder körnige Armierungsmaterialien
geeignet, sofern sie die übrigen,
oben genannten Kriterien erfüllen.
Hierzu gehören
beispielsweise: Kohlenstoff-Teilchen, geblähter Perlit, geblähter Vermiculit,
Blähglas,
Bims, jeweils möglichst
in geringen Teilchengrößen, um
die Wandstärke
des Bauteils gering halten zu können. Die
Verbindung der Teilchen untereinander erfolgt wiederum in erster
Linie über
ein temporäres
Bindemittel der genannten Art.
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Auch
hier gilt, dass nach Abbrand (Zersetzung) der nur temporär beständigen Werkstoffkomponente
die Armierungsstoffe ohne weiteres im Formenmaterial verbleiben
können,
zumal sie kleinkörnig
(meist < 5 mm,
oft < 2 mm, auch < 1 mm) und temperaturbeständig sind.