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Zusammenfassung
Kundenzentrierung ist heute ein essenzieller Bestandteil der meisten Unternehmensstrategien. Trotzdem erschweren es historisch gewachsene Strukturen gerade etablierten Unternehmen, Kunden und deren steigende Anforderungen in den Mittelpunkt ihres Denkens und Handelns zu stellen. Auch die Hilti AG – einer der erfolgreichsten Hersteller von Lösungen für die Bauindustrie – sieht sich dieser Herausforderung gegenüber und setzt darauf, ihre Vorreiterrolle durch konsequente Kundenzentrierung zu festigen. Der vorliegende Beitrag stellt eine für Hilti entwickelte Methode für das kundenzentrierte Prozessredesign vor. Die Methode wurde im Rahmen eines Projekts im Bereich Kundenservice entwickelt und eingesetzt. Die Methode hebt sich von bestehenden Ansätzen ab, da sie die klassische Prozessmodellierung mit der Kundenperspektive einer Customer Journey kombiniert. Im Einklang mit Prinzipien der Kundenzentrierung bilden Kundenbedürfnisse dabei immer den Ausgangspunkt für Prozessverbesserungen. Um aber auch die Umsetzbarkeit von Verbesserungsideen sicherzustellen, werden diese sowohl mit systemseitigen Anforderungen als auch Schwachstellen im Prozess verknüpft. Durch die Anwendung der Methode im Rahmen des Projekts ergeben sich mehrere Handlungsempfehlungen für kundenzentriertes Prozessredesign.
Zusammenfassung
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Es wird eine Methode für kundenzentriertes Prozessredesign vorgestellt
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Die Methode wurde erfolgreich in einem groß angelegten Projekt im Bereich Kundenservice der Hilti AG eingesetzt
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Die Methode eignet sich insbesondere für Unternehmen, die bereits bestehende, komplexe Prozess- und Systemlandschaften kundenzentriert verbessern wollen
Kernthesen
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Customer Journeys eignen sich, um die Kundenperspektive auf einzelne Prozesse einzunehmen
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Bestehende Prozess- und Systemlandschaften sollten beim Design von kundenzentrierten Prozessen gerade in etablierten Unternehmen mitgedacht werden
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Aus verschiedenen Prozessvarianten ergeben sich Strukturen und Anforderungen für ein verbessertes System
Handlungsempfehlungen
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Eine Customer Journey Map sollte unter Einbindung aller Stakeholder (auch des Solution-Vendors) unternehmensindividuell erstellt werden
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Kunden sind divers, daher ist eine repräsentative Einbindung von Ländern und Märkten nötig, um von den Best Practices der Märkte zu lernen
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Mehrere Prozesse parallel betrachten, um von übergreifenden Erkenntnissen zu profitieren
Kundenzentrierung in etablierten Unternehmen
Mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung steigt die Nachfragemacht von Kunden stetig an [1]. Produkte können einfach miteinander verglichen werden und Kunden verleihen ihrer Meinung über Produkte und Unternehmen in sozialen Netzwerken und Plattformen öffentlich Ausdruck. Digitale Vorreiter wie Amazon setzen im digitalen Business-to-Consumer(B2C)-Geschäft den Maßstab für kundenzentrierte Services und erfolgreiche Kundenbeziehungen, was zunehmend auch den Anspruch an Unternehmen im Business-to-Business (B2B) mit vorranging physischem Produktangebot diktiert. Als Treiber für die Kundenzufriedenheit und den damit einhergehenden Unternehmenserfolg ist es das Ziel von kundenzentrierter Unternehmensführung, Kunden mit ihren Bedürfnissen in den Mittelpunkt allen Handelns zu stellen. Kundenzentrierung ist daher fester Bestandteil der meisten Unternehmensstrategien und wirkt sich auf alle Berührpunkte zwischen Kunden und Unternehmen aus [2]. Diesem Prinzip zu folgen, bedeutet weitreichende Änderungen für bestehende Servicelandschaften. Digitale Serviceangebote sind dabei oft der Schlüssel zur erfolgreichen Transformation hin zum kundenzentrierten Unternehmen.
Gerade etablierten Unternehmen fällt die kundenzentrierte Verbesserung bestehender Services jedoch schwer [3]. Historisch gewachsene Strukturen und tradierte Arbeitsabläufe, zum Beispiel im Enterprise-Resource-Planning-System (ERP-System), bieten wenig Flexibilität dafür, Geschäftsprozesse auf die Bedürfnisse von Kunden anzupassen. Services können nicht beliebig neu gestaltet werden, da Änderungen mit hoher Komplexität und großem Ressourceneinsatz verbunden sind. Überdies priorisieren gängige Verbesserungsmethoden im Geschäftsprozessmanagement häufig Effizienz über Kundenzufriedenheit [4]. Neben einem Umdenken in der Unternehmenskultur erfordert Kundenzentrierung daher auch neue Prozessverbesserungsmethoden. Das Customer Journey Mapping zielt beispielsweise darauf ab, Interaktionen zwischen Kunden und Unternehmen strikt aus der Perspektive einer Kundenpersona und unter Berücksichtigung ihrer Gedanken, Ziele und Emotionen zu verbessern. Den daraus entwickelten Ideen fehlt es beim Abgleich mit der Unternehmenssicht jedoch häufig an realistischer Umsetzbarkeit, zum Beispiel weil die Ergebnisse zu abstrakt sind und ohne Berücksichtigung der heutigen Prozessstrukturen und technischen Systeme entwickelt wurden. Für die Suche nach umsetzbaren Verbesserungsideen fehlt es somit übergreifend an Werkzeugen und Methodik für kundenzentriertes Prozessmanagement [3].
Im vorliegenden Beitrag stellen wir eine Methode für kundenzentriertes Prozessredesign vor, die diese Lücke adressiert. Die Methode wurde gemeinsam mit der Hilti AG (Hilti) – einem der erfolgreichsten Anbieter von Lösungen für die Bauindustrie – entwickelt und im Rahmen eines Projekts im Kundenservice (Bereich Customer Care Handling) erfolgreich auf mehrere Prozesse angewendet. Die Methode hebt sich von bestehenden Ansätzen ab, da sie die klassische Prozessmodellierung mit der Kundenperspektive einer Customer Journey kombiniert. Somit können kritische Momente in der Interaktion mit Kunden identifiziert und entsprechende Verbesserungsideen mit systemseitigen Anforderungen und Schwachstellen im Prozess verknüpft werden. Durch die Anwendung im Rahmen des Projekts ergeben sich mehrere Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für kundenzentriertes Prozessredesign, die gerade für etablierte Unternehmen relevant sind und sich auf andere Unternehmen übertragen lassen.
Kundenzentrierung bei Hilti
Hilti hat den Fokus auf seine weltweit verteilten Kunden in der Bauindustrie fest in seiner Geschäftsstrategie verankert [5] und beschäftigt sich daher aktiv mit deren Anforderungen. Dabei fällt auf, dass Ansprechpartner auf Kundenseite zunehmend den Service einfordern, den sie in ihrem privaten Umfeld, etwa als Kunden von großen Onlinehändlern wie Amazon, gewohnt sind. Hilti tritt im Kundenservice zumeist direkt mit Endanwendern in Kontakt, die wegen des Zeitdrucks auf den Baustellen auf Zuverlässigkeit, Einfachheit sowie pragmatische und schnelle Lösungen für Probleme angewiesen sind. Hilti begegnet diesen hohen Anforderungen mit einer ebenso hohen Flexibilität in seinem Serviceangebot, das jedoch zunehmend an seine Grenzen stößt: Trotz aller Flexibilität seiner Mitarbeitenden verlangsamen Hiltis bestehende Prozesse und Systeme die Problemlösung oder verursachen selbst wiederkehrend Irritationen aufseiten der Ansprechpartner, die erneute Serviceanfragen nötig machen.
Im Einklang mit seiner Unternehmensstrategie möchte Hilti sämtliche Angebote im Kundenservice überdenken. Dafür soll die bestehende Prozesslandschaft im Kundenservice als zusammenhängende Kette von Erlebnissen gedacht und verbessert werden. Weiterhin soll der Kundenservice zukünftig durch ein, in das Customer-Relationship-Management-System (CRM-System) integriertes, Tool unterstützt werden, das eine Wissensdatenbank, ein Tickettool mit Funktionalitäten für Routing und Priorisierung sowie die Anbindung an vielfältige Kommunikationskanäle (Omni-Channel) mitbringt und sich in die bestehende Systemlandschaft integriert. Diese Integration wird eine bestehende Eigenentwicklung im ERP-System ablösen.
In einem Vorprojekt wurden acht Typen von Anfragen im Kundenservice (zum Beispiel bei Problemen in der Rechnungsstellung oder die Produktrückgabe) identifiziert und priorisiert. Im nächsten Schritt sollte eine Methode entwickelt werden, die es ermöglicht, die dahinterliegenden Prozesse kundenzentriert zu verbessern. Dafür sollen für Kunden wichtige Schlüsselinteraktionspunkte in der Customer Journey strukturiert identifiziert und mögliche Prozessverbesserungen abgeleitet werden. Die dafür im Projekt entwickelte Methode wurde erfolgreich auf acht Typen von Kundenanfragen angewendet und wird im folgenden Abschnitt vorgestellt.
Eine Methode für kundenzentriertes Prozessredesign
Zentrales Ergebnis des Projekts ist eine Methode, die gerade etablierten Unternehmen dabei helfen soll, bestehende Geschäftsprozesse kundenzentriert zu verbessern. Die Methode gliedert sich in vier Phasen. In der ersten Phase wird der Ist-Zustand eines Geschäftsprozesses (Ist-Prozess) erfasst. In der zweiten Phase wird der Ist-Zustand der Customer Journey (Ist-Customer-Journey) modelliert. In der dritten Phase werden mögliche Verbesserungsideen für die Customer Journey gesammelt und unter Berücksichtigung der bestehenden Prozess- und Systemlandschaft in einen Soll-Zustand der Customer Journey (Soll-Customer-Journey) überführt. In der vierten Phase wird aus der Soll-Customer-Journey ein Soll-Zustand des Prozesses (Soll-Prozess) abgeleitet. Übergreifend kann und soll die Methode auf mehrere, zusammenhängende Prozesse angewendet werden, um sowohl Standardisierungspotenziale als auch übergreifende Erkenntnisse abzuleiten. Abb. 1 zeigt schematisch das Vorgehen der Methode auf. Die einzelnen Phasen werden im Folgenden zunächst allgemein beschrieben, bevor wir jeweils von Erfahrungen im vorliegenden Projekt berichten.
Erfassen des Ist-Prozesses
In der ersten Phase der Methode wird der Ist-Prozess erfasst, um ein einheitliches Verständnis über diesen zu schaffen. Der Prozess sollte dabei mit Fokus auf die Interaktionspunkte mit den Kunden modelliert werden, sodass das Prozessmodell aufzeigt, wer, wann, wie und warum von und zu Kunden hin kommuniziert. Als Basis für die Modellierung eignen sich insbesondere existierende Dokumentationen (zum Beispiel Prozessmodelle und Handbücher) und Dokumente aus der Prozessausführung (zum Beispiel aufgezeichnete Tickets, Berichte, Gesprächsprotokolle). Diese können helfen, wesentliche Prozessschritte, beteiligte Akteure und verwendete IT-Systeme zu identifizieren. Darüber hinaus sind Interviews mit Prozessexperten dafür geeignet, ausführungsnahe Einblicke zu erhalten. So können Prozessvarianten strukturiert und Schwächen im Prozess identifiziert werden.
Im Projekt konnte auf eine umfangreiche Dokumentation der Prozesse zurückgegriffen werden. Das daraus initial entwickelte Prozessmodell wurde im Rahmen mehrerer Interviews mit Vertretern verschiedener Märkte von Hilti validiert, iterativ angepasst und um einen Prozesssteckbrief erweitert. Der Prozesssteckbrief umfasste dabei Informationen über Prozessverantwortliche, beteiligte Teams, IT-Systeme und eine Beschreibung der relevanten Prozessvarianten und deren Aufkommensverteilung. Das Prozessmodell und der erweiterte Prozessteckbrief liefern somit Transparenz über den Ist-Prozess aus der Hilti-Perspektive.
Erfassen der Ist-Customer-Journey
In der zweiten Phase der Methode wird eine Customer Journey modelliert, in der ein Kunde sich des in Phase 1 modellierten Geschäftsprozesses bedient. Im Fokus stehen hier die Erlebnisse und Handlungen des Kunden entlang der zuvor identifizierten Interaktionspunkte. Um dabei auf die Bedürfnisse einzelner Kundengruppen eingehen zu können und deren spezifische Perspektive einzunehmen, bietet sich die Arbeit mit Personas an. Eine Persona ist ein fiktiver oder echter Kunde, der mit seinen Merkmalen eine Kundengruppe möglichst umfassend charakterisiert. Die Schritte in der Customer Journey werden aus Sicht der Persona beschrieben („Ich kontaktiere XY“). Dabei werden Emotionen und Kontext der Persona berücksichtigt, um Empathie für diese zu entwickeln und Probleme besser nachvollziehen zu können. Weitere Dimensionen helfen bei der Anwendung der Methode: Die Erfassung der verfügbaren und präferierten Kommunikationskanäle und Angaben über die gefühlte Dringlichkeit können je Schritt ergänzt werden. Auf dieser Basis werden Problemstellen (Pain Points) in der Customer Journey identifiziert. Die Customer Journey lässt sich anschließend anhand der Interaktionspunkte mit dem in Phase 1 erstellten Prozessmodell zu einer ganzheitlichen Sicht verknüpfen. Etwaige blinde Flecken, die in der Prozessmodellierung nicht berücksichtigt wurden, werden offensichtlich und können nachträglich beleuchtet werden.
In Vorarbeiten hatte Hilti bereits Personas dokumentiert und Interviews mit Kunden geführt, deren Ergebnisse zur Modellierung der Customer Journeys herangezogen werden konnten. Weiterhin hatte Hilti bereits eine Auswahl an relevanten Dimensionen für eine ganzheitliche Prozess- und Kundensicht getroffen. Tab. 1 listet und beschreibt einige dieser Dimensionen. Eine initial entwickelte Version einer Ist-Customer-Journey wurde dann erneut mit den in der ersten Phase befragten Prozessexperten von Hilti in mehreren Interviews und Workshop diskutiert und auf Basis derer Erfahrungen evaluiert und verbessert. Nach Ausführung der ersten beiden Phasen standen umfangreiche Informationen über den Ist-Prozess und die Ist-Customer-Journey sowie Kundenbedürfnisse und Probleme zur Verfügung.
Ausarbeiten einer Soll-Customer-Journey
In der dritten Phase wird die verbesserte Soll-Customer-Journey ausgearbeitet. Zunächst werden anhand der Ist-Customer Journey Verbesserungsideen aus Kundensicht erstellt und gesammelt. Den Anstoß hierfür geben die identifizierten Pain Points, die das Kundenerlebnis bisher trüben. Weiterhin können Verbesserungsideen vorhandene Stärken ausbauen oder neue Opportunitäten nutzen. Bei der Ideengenerierung helfen zum Beispiel Best Practices anderer Unternehmen oder Kreativitätstechniken aus dem Design Thinking [6]. Anschließend werden die Ideen auf ihre Umsetzbarkeit hin geprüft und priorisiert. Dabei hilft die in Phase 2 angewandte ganzheitliche Prozess- und Kundensicht (Tab. 1). So können kundenzentrierte Verbesserungsideen immer auch mit den betroffenen unternehmensinternen Prozessschritten in Verbindung gebracht werden. Prozessexperten können darüber hinaus die erwartete Wirkung von Verbesserungsideen bewerten. Umsetzbarkeit und erwartete Wirkung der Verbesserungsideen dienen dann als Grundlage, um diese zu priorisieren. Zuletzt werden die ausgewählten Verbesserungsideen in die Customer Journey integriert und eine entsprechende Soll-Customer-Journey modelliert. Die Soll-Customer-Journey muss dabei zunächst auf Basis von Annahmen über die Persona erstellt und danach auf Basis realer Kundendaten validiert werden.
Im vorliegenden Projekt hat es sich bewährt, die Verbesserungsideen in enger Abstimmung mit den zuvor konsultierten Prozessexperten, aber auch anderen Hilti-internen Experten im Bereich Kundenzentrierung zu entwickeln. So entstanden manche Verbesserungsideen aus Best Practices, die heute bereits von Hilti-Mitarbeitenden lokal in einzelnen Märkten angewendet werden. Darüber hinaus wurden Mitarbeitende des Softwareanbieters involviert, der mit der Entwicklung des neuen, in das CRM-System integrierten, Tools beauftragt wurde. Diese konnten nicht nur neue Verbesserungsideen auf Basis ihrer Erfahrungen aus anderen Projekten einbringen, sondern auch fundierte Aussagen über die Umsetzbarkeit einzelner Ideen treffen.
Ableiten eines Soll-Prozesses
In der letzten Phase wird aus der Soll-Customer-Journey der Soll-Prozess abgeleitet. Grundlage hierfür bietet der zuvor definierte Ist-Prozess, der entsprechend der in der Customer Journey vorgenommenen Verbesserungen überarbeitet wird. Die Änderungen können dabei vielfältig sein und umfassen zum Beispiel neue IT-Systeme, Prozessschritte oder Anweisungen für die Servicemitarbeitenden. Je nach Umfang der nötigen Änderungen wird der Soll-Prozess dann im Rahmen eines kleinen bis großen Projekts iterativ implementiert, getestet und weiter verbessert.
Das vorliegende Projekt endete mit der initialen Konzeption aller Soll-Prozesse. Im Rahmen eines Folgeprojekts werden diese nun zunächst mithilfe eines Proof of Concept evaluiert und sukzessiv weiter ausdetailliert. Danach erfolgt die nötige technische Entwicklung, bevor die neuen Prozesse, begleitet durch ein umfassendes Changemanagement, eingeführt werden.
Handlungsempfehlungen zum kundenzentrierten Prozessredesign
Die erfolgreiche Anwendung der Methode bei Hilti konnte wichtige Erkenntnisse liefern. Die daraus folgenden Handlungsempfehlungen gelten aber nicht nur für Hilti, sondern sind auf andere Unternehmen und Branchen übertragbar.
Kundenzentrierung erfordert eine neugierige, empathische, aber auch differenzierte Auseinandersetzung mit echten Kundenbedürfnissen. Da die Kundenperspektive hierfür die Grundlage aller Überlegungen und Aktivitäten bildet, sollte vor Anwendung der Methode ein klares Verständnis über „den Kunden“ etabliert und validiert werden. Die Erstellung möglichst realitätsnaher und nachvollziehbarer Personas ist dafür dringende Voraussetzung. Neben den Rollen, Aufgaben und Zielen der Personas können hier auch regionale oder Branchenspezifika berücksichtigt werden, um der Heterogenität von Kundengruppen gerecht zu werden. Wichtigstes Mittel, um Transparenz über Kundenbedürfnisse zu erhalten, ist der direkte Austausch mit Kunden. Hier gilt es, sich neugierig und empathisch mit deren Problemen und Herausforderungen auseinanderzusetzen. Wie sich die heutige Customer Journey dabei entfaltet, kann durch die Identifikation von Interaktionspunkten im Prozess grundsätzlich antizipiert werden. Dennoch empfehlen wir Offenheit bei der Modellierung und einen klaren Fokus darauf, was Kunden tatsächlich als ihre Customer Journey wahrnehmen.
Interne Prozesse und ihre Zusammenhänge sind komplex und die Aufgabe, diese Komplexität mit dem Verhalten von Kunden in Einklang zu bringen, kann mehrere Überarbeitungen und Ergänzungen in den Prozessmodellen notwendig machen. Durch die vielfältigen Nutzungsmuster der Kunden mit Interaktionspunkten in verschiedensten Prozessen kann es weiterhin hilfreich sein, den Rahmen der Kundenzentrierungsinitiative über eine Gruppe zusammenhängender Geschäftsprozesse zu spannen und diese parallel zu untersuchen. Insbesondere für die Implementierung können hier Schnittstellen und übergreifende Zusammenhänge besser untersucht werden.
Fazit
Im Rahmen des vorliegenden Projekts wurde gemeinsam mit Hilti eine Methode für kundenzentriertes Prozessredesign entwickelt und im Kundenservice erfolgreich angewendet. Die Methode folgt der Grundidee von Kundenzentrierung, da Prozessverbesserungen immer aus Kundenbedürfnissen abgeleitet werden und somit direkt die Kundenzufriedenheit erhöhen sollen. Gleichzeitig berücksichtigt die Methode aber, dass gerade in etablierten Unternehmen historisch gewachsene Prozess- und Systemstrukturen existieren und das Prozessredesign beeinflussen. Kundenzentrierte Prozessverbesserungsideen müssen somit auch aus technischer und prozessualer Sicht durchdacht und beschrieben werden, was die Chancen einer späteren Umsetzbarkeit deutlich erhöht. Die Methode stellt somit ein Mittel dar, wie Unternehmen Kundenzentrierung im Prozessmanagement ihres Unternehmens operationalisieren und verankern können.
Literatur
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Fehrer, T., Jonas, C., Krause, F. et al. Der Kunde im Fokus: Eine mit Hilti entwickelte Methode für kundenzentriertes Prozessredesign. Wirtsch Inform Manag 15, 195–202 (2023). https://doi.org/10.1365/s35764-023-00474-2
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