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Tagebau Profen

Tagebau der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (MIBRAG)

Der Tagebau Profen ist ein Braunkohletagebau rund neun Kilometer nordöstlich von Zeitz und drei Kilometer westlich von Pegau. Etwa 75 Prozent der beanspruchten Flächen liegen im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt und 25 Prozent im Landkreis Leipzig in Sachsen. Der Aufschluss des Tagebaus begann im Jahr 1941 in der Nähe von Profen. Der heutige Betreiber ist die im Jahr 1994 privatisierte Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG), seit 2012 ein Tochterunternehmen der EP Energy a.s.

Tagebau Profen
Allgemeine Informationen zum Bergwerk
Abbautechnik Tagebau
Abraum 20–26 Mio. t
Förderung/Jahr 7,5 Mio. t
Informationen zum Bergwerksunternehmen
Betreibende Gesellschaft MIBRAG
Betriebsbeginn 1941
Betriebsende 2035
Geförderte Rohstoffe
Abbau von Braunkohle/Braunkohle/Braunkohle
Braunkohle

Flözname

Böhlener Oberflöz
Braunkohle
Abbau von Braunkohle

Flözname

Thüringer Hauptflöz
Braunkohle
Abbau von Braunkohle

Flözname

Sächsisch-Thüringisches Unterflöz
Geographische Lage
Koordinaten 51° 7′ 53,7″ N, 12° 10′ 51,3″ OKoordinaten: 51° 7′ 53,7″ N, 12° 10′ 51,3″ O
Tagebau Profen (Sachsen-Anhalt)
Tagebau Profen (Sachsen-Anhalt)
Lage Tagebau Profen
Standort Profen
Gemeinde Hohenmölsen, Elsteraue, Zeitz, Elstertrebnitz
Landkreis (NUTS3) Burgenlandkreis, Landkreis Leipzig
Land Land Sachsen-Anhalt
Staat Deutschland
Revier Mitteldeutsches Braunkohlerevier

Derzeitiger Betrieb

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Der Tagebau erstreckt sich heute über drei Abbaufelder: Profen-Süd, Schwerzau und Domsen. Es handelt sich um einen kombinierten Band-LKW-Tagebau, in dem drei Kohleflöze abgebaut werden. Die geförderte Kohle entstand vor 45 bis 20 Millionen Jahren. Zur Freilegung des Hauptflözes muss neben dem Abraum eine fünf bis zehn Meter starke Quarziteinlagerung beseitigt werden. Der Abtransport des Abraums erfolgt über ein Drei-Schnitt-Förderband. Das metamorphe Gestein wird durch Sprengung aufgelockert und mittels Hydraulikbagger sowie Frontschaufellader auf Schwerlastkipper (85 t Nutzlast) verladen. Der zwischen dem Ober- und Unterflöz anstehende Mittelabraum gelangt über Förderbänder zum Absetzer. Die Abraummassen werden seit dem Jahr 1999 auf einer Halde innerhalb des Tagebaus verkippt.

Pro Jahr fallen 20 bis 26 Millionen Kubikmeter Abraum an. Dem steht eine jährliche Kohleförderung von etwa 7,5 Millionen Tonnen gegenüber. Als Großgeräte sind verschiedene Eimerkettenbagger, Absetzer, Schaufelradbagger und Rückladegeräte im Einsatz. Die Förderbänder haben eine Gesamtlänge von 36 km. Das Fassungsvermögen des Kohlemisch- und Stapelplatzes (KMS) beträgt 400.000 Tonnen. Hier wird die Rohbraunkohle zerkleinert, gemischt und zwischengelagert. Der Weitertransport der Braunkohle zur Wärmeerzeugung, elektrischen Energieerzeugung und Veredlung erfolgt per Bahn und LKW.

Für den Tagebaubetrieb ist eine ständige Wasserhebung notwendig. Abgepumpt werden pro Minute bis zu 120 Kubikmeter Grubenwasser, das seit dem Jahr 2017 über eine Wasserreinigungsanlage am Rande des Tagebaus behandelt und in die Weiße Elster geleitet wird. Gegenwärtiger Hauptabnehmer der Braunkohle aus dem Tagebau Profen ist nach Angaben des Betreibers das Kraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt. Dieses Braunkohlekraftwerk liefert Strom und Prozesswärme an verschiedene mitteldeutsche Standorte der Dow Olefinverbund GmbH sowie in das öffentliche Stromnetz und in das Netz der Deutschen Bahn.[1][2]

Auch das von der MIBRAG beziehungsweise ihrer alleinigen Gesellschafterin EP Energy betriebene Industriekraftwerk Wählitz ist an das Werkbahnnetz des Tagebaus Profen angeschlossen und wird täglich mit zwei Zügen Rohbraunkohle beliefert. Ein weiterer Hauptabnehmer war das Kraftwerk Deuben, das nach zahlreichen Protesten und Störfällen am 7. Dezember 2021 vom Netz genommen wurde.

Aussagen von Umweltaktivisten und Mitgliedern des deutschen Bundestages zufolge, beliefert die MIBRAG mit Braunkohle aus dem Tagebau Profen seit dem Jahr 2012, offiziell nach unternehmenseigenen Angaben seit 2014, die Braunkohlekraftwerke in Komořany u Mostu und Opatovice nad Labem in Tschechien, wo der Betrieb von Braunkohletagebauen im Jahr 2022 vollständig eingestellt werden soll und schon seit 2012 unfreiwillige bergbauliche Grundabtretungen nicht mehr zulässig sind.[3][4][5]

Geschichte

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Tagebau Profen, 1996
 
Tagebau Profen, 2018
 
Abbaufeld Profen-Süd, 2006
 
Abbaufeld Schwerzau, 2009

Verbunden mit der Industrialisierung stieg in Mitteldeutschland gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Nachfrage nach heimischer Kohle für den Hausbrand, vor allem aber für die wachsende Anzahl von Fabriken stark an. Verkehrsgünstig an der Bahnstrecke Leipzig-Zeitz gelegen, eröffnete in rund vier Kilometer Entfernung vom Haltepunkt Profen die Waldauer Braunkohlen-Industrie AG im Jahr 1908 die Tiefbaugrube Bunge-Nebe bei Queisau. Zwei Jahre später baute das Unternehmen eine Brikettfabrik in Profen mit sechs Umformpressen und einer Nasspresssteinanlage. Die Fabrik wurde zunächst über eine Luftseilbahn mit Rohbraunkohle aus der Grube Bunge-Nebe beliefert. Noch zu DDR-Zeiten trugen die Briketts aus Profen die Prägung Waldau. Damit war ersichtlich, dass die installierten Pressen von 1910 unverändert viele Jahrzehnte in Betrieb blieben.[6][7]

Die Waldauer Braunkohlen-Industrie AG wurde 1911 von der Werschen-Weißenfelser Braunkohlen AG übernommen, die sich 1924 mit der Aktiengesellschaft der Anhaltischen Kohlenwerke (AKW) zuerst im Rahmen einer Verwaltungsgemeinschaft und 1940 vollständig vereinte.[8] Zu den AKW gehörte der Großtagebau in Wählitz, von wo aus die Brikettfabrik in Profen ab 1930 über werkseigene Kohlebahnen beliefert wurde. 1930 folgte die Schließung der Grube Bunge-Nebe bei Queisau. Im Mai 1938 gelangten die Aktien der Werschen-Weißenfelser Braunkohlen AG und der Anhaltischen Kohlenwerke in den Mehrheitsbesitz von Friedrich Flick. Rund acht Monate später begannen in Profen die Arbeiten zur Errichtung einer hochmodernen Schwelerei im Lurgi-Spülgasverfahren, die 1940 in Betrieb ging. Zur gleichen Zeit fiel der Entschluss, in der unmittelbaren Umgebung einen neuen Großtagebau zu eröffnen. Dieser sollte in Konkurrenz zur hochtechnisierten Otto-Scharf Grube der A. Riebeck’sche Montanwerke (IG Farben) stehen.[6][9]

Im Jahr 1941 begannen die Entwässerungsarbeiten für den Aufschluss des neuen Tagebaus. Parallel entstand eine weitere Werksbahn nach Wählitz. Über diese Verbindung erfolgte der Transport des ersten Abraums aus Profen zur Verkippung im ausgekohlten Teil des Tagebaus Wählitz II, später auch „Quarzitkippe“ genannt. Schon bei der ersten Abraumbeseitigung, die ab 1943 begann, stießen die Bagger auf Tertiärquarzit, der sich als spezifisch für das unter der Oberfläche liegende Gebirge im Raum Profen herausstellte. Während der NS-Diktatur sowie der SED-Diktatur spielten Begleitrohstoffe grundsätzlich eine untergeordnete Rolle, soweit bei der Gewinnung der Braunkohle keine Verzögerungen eintraten. Nach 1990 wurden die früheren Quarzitkippen von der Bergbauindustrie als „Zwischenlager“ bezeichnet, und die verschütteten Gruben zur „Rohstoffsicherung“ erneut geöffnet.[6][10][9]

Im Mai 1944 nahm der Tagebau Profen seinen Betrieb auf. Wie von den damaligen Geologen bei der Exploration korrekt ermittelt, zeichnete sich die Rohbraunkohle in den erschlossenen Gebieten mit einem Bitumenanteil von bis zu 70 Prozent aus. Die Profener Schwelerei veredelte die Kohle zu Schwelteer, den unter anderem das im Jahr 1939 von der Braunkohle-Benzin AG (BRABAG) fertiggestellte Hydrierwerk Zeitz in synthetische Kraftstoffe umwandelte. Trotz der kriegswichtigen Produktion, stand eine Devastierung von Orten für den Tagebau Profen zu dieser Zeit nicht zur Diskussion und wurde auch nicht in Erwägung gezogen. Vielmehr existierten ab 1942 beim Bergamt Zeitz konkrete Pläne zur Wiederurbarmachung der Tagebaufläche.[11]

Die im April 1945 in Profen einrückenden Streitkräfte der Vereinigten Staaten schenkten dem Tagebau wenig Beachtung. Dies änderte sich am 1. Juli 1945. Gemäß dem Zonenprotokoll rückten an diesem Tag die US-Streitkräfte aus Mitteldeutschland ab und überließen das Gebiet im Tausch gegen West-Berlin der Sowjetischen Besatzungsmacht. Deren Rote Armee war für die nun einsetzenden Enteignungen und Demontagen verantwortlich.[12] Im Gegensatz zur nahegelegenen Grube Otto-Scharf bei Köttichau, deren Tagebauausrüstung von sowjetischen Beutekommandos zwischen Juli und November 1945 vollständig abtransportiert wurde, hielten sich die Demontagen in Profen in Grenzen. Hier ging die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) sehr schnell auf eine Entnahme der von ihr erhobenen Reparationsansprüche aus der laufenden Produktion über.[13][14]

Am 16. November 1946 folgte die Enteignung und Überführung der Anhaltischen Kohlenwerke in eine Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG Maslo). Ein Betriebsteil davon wurde das „Kombinat Profen“ mit dem Tagebau Profen, der Kippfelder Wählitz I und II sowie den Brikettfabriken in Profen, Wählitz und Köpsen. Das Kombinat produzierte für die folgenden sechs Jahre nahezu ausschließlich für die UdSSR. Im April 1952 gestattete die SMAD der DDR den etappenweisen „Rückkauf“ der Braunkohlewerke Profen. Jedoch wurden erst nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 die Reparationsleistungen vollständig eingestellt.[6][15]

Von 1953 bis 1955 erfolgte der Bau einer Werksbahn zwischen Profen und dem VEB Braunkohlenwerk ‚Erich Weinert‘ in Deuben.[16] Bereits 1952 begann mit dem Aufschluss des sogenannten Sachsenfeldes, westlich von Elstertrebnitz, die Erweiterung des Tagebaus. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wiesen alle nach 1945 neu eröffneten Kohlefelder erhebliche Defizite auf. Die fortan gewonnene Kohle führte zeitweise zu großen Leistungseinbrüchen in den Weiterverarbeitungswerken Profen und Deuben. Die Zumischung von Teerrückständen aus den Schwelereien zeigte nur bedingt eine Qualitätsverbesserung.[17]

Generell konnte festgestellt werden, dass die Braunkohle einen relativ hohen Wassergehalt von 48 bis 60 Prozent besitzt. Nur etwa 35 bis 50 Prozent sind verbrennbares Material (Reinkohle). Bis zu 16 Prozent der verbrannten Rohbraunkohle bleiben als Asche und Schlacke zurück. Der hohe Wassergehalt führt zu einem vergleichsweise niedrigen Heizwert. Als zentraler Nachteil erwies sich jedoch der Schwefelgehalt: Neben dem Tagebau Schleenhain hat die Kohle aus dem Tagebau Profen deutschlandweit den höchsten Schwefelgehalt von 1,7 Prozent. Ein hoher Schwefelgehalt führt grundsätzlich zu höherem Verschleiß in den Kraftwerken sowie zu höherem Aufwand und höheren Kosten für die Rauchgasreinigung.[18] Zudem erschwert ein ungünstiges Abraum-Kohle-Verhältnis von durchschnittlich 7:1 sowie großflächig eingelagerte Quarzitbänke bei allen nach 1945 neu eröffneten Abbaufeldern im Tagebau Profen die Gewinnung der Braunkohle.[6]

Am 1. Juli 1968 wurde der Tagebau Profen nebst angeschlossener Tagebaue und Fabriken in das VEB Braunkohlenwerk ‚Erich Weinert‘ Deuben integriert. Ein Jahr später erfolgte die Schließung der Profener Schwelerei. Nach der Auskohlung der alten Abbaufelder, begann im September 1971 zeitgleich der Aufschluss der neuen Tagebaue Profen-Nord und Profen-Süd. Die Felder durchlief ein Millionen Jahre altes Deckgebirge mit massiven Quarzitschichten, die mit der bisher verwendeten Baggertechnik nicht durchbrochen werden konnte. Die Beseitigung übernahm eine neu gegründete Hauptabteilung Bohr- und Sprengtechnik mit rund 100 Beschäftigten und eigens für den Tagebau Profen ausgebildeten Sprengmeistern. In den 1980er-Jahren erreichte der Jahresverbrauch an Sprengmitteln eine Größenordnung von rund 1100 Tonnen. Damit war das Braunkohlenwerk Deuben mit seinen Tagebauen Profen-Nord und Profen-Süd einer der größten zivilen Sprengstoffverbraucher der DDR. Die Förderung von Braunkohle erreichte 1977 mit rund 5,4 Millionen Tonnen im Tagebau Profen-Nord und 1989 mit rund 12 Millionen Tonnen im Tagebau Profen-Süd ihre Höhepunkte.[6]

Im August 1990 wurde die Brikettfabrik Profen geschlossen. Das VEB Braunkohlenwerk Deuben ging zunächst in eine Aktiengesellschaft im Eigentum der Treuhandanstalt über und erhielt die Bezeichnung Mitteldeutsche Braunkohlenwerke AG (MIBRAG). Nach mehreren Übernahmen befindet sich das Unternehmen als Gesellschaft mit beschränkter Haftung seit dem Jahr 2012 vollständig im Besitz der EP Energy a.s., ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der tschechischen Energetický a Průmyslový Holding.[19]

Mit der planmäßigen Auskohlung endete Anfang 1991 der Betrieb im Tagebau Profen-Nord. Seitdem führt die MIBRAG den Tagebau Profen-Süd als Tagebau Profen mit den Abbaufeldern Profen-Süd/D1 sowie Schwerzau und Domsen weiter. Im Jahr 2017 gab der Betreiber bekannt, dass Profen-Süd/D1 noch über 1,3 Millionen Tonnen Rohbraunkohle verfüge und bis 2021/2022 ausgekohlt sein soll. Das im Jahr 2006 eröffnete Abbaufeld Schwerzau hatte nach Unternehmensangaben 2017 noch einen Inhalt von 41 Millionen Tonnen und soll bis zum Jahr 2024 ausgebaggert werden. Der Aufschluss des 888 Hektar großen Abbaufelds Domsen begann 2016; hier rechnet die MIBRAG damit, bis zum Jahr 2035 insgesamt 82 Millionen Tonnen Rohbraunkohle abbaggern zu können.[20][21][22]

Mit der Stilllegung des Veredelungswerkes in Deuben im Dezember 2021 wurde auch die Werkbahn von Profen nach Deuben eingestellt.[23]

Motorsport

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Das Tagebaugelände wurde seit Anfang der 2000er Jahre auch für Motorsportwettbewerbe genutzt. Bis zur Erweiterung der betrieblichen Rahmenbedingungen (Umverlegung von Förderbändern sowie Strom- und Wasserleitungen)[24] fand dort bis 2017 jährlich die Baja Deutschland sowie das Offroad Sommerfestival der OF Series statt. Im Jahr 2015 war der Tagebau bspw. Startpunkt und Austragungsort der ersten Etappen der Rallye Breslau.[25][26][27][28][29]

Abraumkippe Pirkau

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Zum VEB Braunkohlenwerk Deuben gehörte der Tagebau Pirkau, der im Jahr 1945 in Betrieb ging und unmittelbar an den Tagebau Profen südwestlich grenzte. Nachdem im Jahr 1968 der Tagebau Profen in das VEB Braunkohlenwerk Deuben integriert wurde, bildeten die beide Tagebaue faktisch eine Einheit. Im Jahr 1971 fiel der Entschluss, nicht den Tagebau Pirkau weiter nach Osten in Richtung Draschwitz, sondern den Tagebau Profen nach Süden in Richtung Döbris und Draschwitz zu treiben. Daraus entstand das Abbaufeld Profen-Süd, womit im Jahr 1974 der Abbau im Tagebau Pirkau endete.

Ab diesem Zeitpunkt gehörte der stillgelegte Tagebau Pirkau auch formell zum Tagebaugebiet Profen und wurde als Abraumkippe genutzt. Die vollständige Verfüllung des Tagebaus Pirkaus mit Abraum aus dem Tagebau Profen-Süd beziehungsweise dem Baufeld Süd/D sollte ursprünglich bis 1988/89 erfolgen. Tatsächlich begann die Verfüllung erst im Jahr 1985. Die Außenkippe Pirkau wurde vom Tagebau Profen bis zum Jahr 2000 betrieben.[30][6]

Zerstörte Ortschaften

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Nach 1945 erreichte der Braunkohlenabbau eine neue Dimension. Zur Energieerzeugung setzte die DDR nahezu ausschließlich heimische Braunkohle ein. Die Maximierung der Fördermengen führte zur Inanspruchnahme riesiger Flächen. Orte, die in den Kohlefeldern lagen, wurden konsequent abgebaggert. Die größte Zahl der Ortsabbrüche und Umsiedlungen in Mitteldeutschland fiel daher in die Zeit der DDR. Jahrhunderte alte Gutshöfe, Kirchen und Kulturdenkmale wurden zerstört, Friedhöfe entweiht, ganze Wälder gerodet, Flüsse und Bäche verlegt, kanalisiert oder eingedeicht. Der Abbau der Braunkohle erfolgte in der DDR praktisch ohne Rücksicht auf Menschen oder Umweltbelange.[31][32]

Der Braunkohlenbergbau hat das Landschaftsbild im Raum Profen nachhaltig verändert. Im Zeitraum von 1947 bis heute erfolgte in mehreren Etappen die Devastierung von 20 Orten beziehungsweise Ortsteilen. Mehr als 6000 Menschen mussten ihre Heimat verlassen. Die Mehrheit der Betroffenen wurde in neu errichtete Stadtteile in Hohenmölsen und Zeitz umgesiedelt. In der folgenden Übersicht sind die abgebaggerten Orte im Tagebau Profen aufgeführt, einschließlich der Abraumkippe Pirkau.[33][6][34]

Ort Umgesiedelte Einwohner Beginn der Umsiedlung/Jahr Devastierung/Jahr Umgemeindung der Flur/Jahr
Pirkau (Alt-Pirkau) 360 1947 1951 1951
Streckau 700 1953 1954 1954
Mutschau 1033 1955 1957 1958
Köttichau 795 1960 1962 1963
Stöntzsch 760 1963 1966 1965
Elstertrebnitz (teilweise) 110 1963 1963 ohne
Pegau (teilweise) 114 1963 1964 ohne
Döbris 615 1965 1967 2009
Domsen (Siedlung) 30 1967 1968 1998
Queisau 187 1977 1979 1981
Steingrimma 178 1980 1981 1981
Dobergast 285 1983 1984 1985
Schwerzau 38 1994 1996 1996
Draschwitz (Zechenhaus) 15 1994 1994 ohne
Bösau 86 1997 2001 1998
Deumen 157 1997 2002 1998
Mödnitz 65 1997 2005 1998
Domsen 173 1997 2009 1998
Grunau 109 1997 2009 1998
Großgrimma 224 1997 2009 1998

Nachnutzung

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Auf einem Teil der Innenkippe des Tagebaus haben die MIBRAG und die Getec-Gruppe 2017 den Windpark Hohlenmölsen-Profen mit einer Leistung von insgesamt 28,8 Megawatt in Betrieb genommen. Errichtet wurden neun Windenergieanlagen des Typs Siemens SWT-3.2-113.[35] Auf weiteren Rekultivierungsflächen plant die MIBRAG die Errichtung des Windparks Profen II mit einer Leistung von insgesamt 60 Megawatt und investiert rund 70 Mio. Euro. Das prognostizierte jährliche Regelarbeitsvermögen der zehn Windenergieanlagen soll bei 160 GWh liegen.[36]

Siehe auch

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Commons: Tagebau Profen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Tagebau Profen. (PDF; 2,0 MB) Besucherinformationen der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (Stand 2019), abgerufen am 29. April 2022.
  2. Tagebau Profen. Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (Stand 2022), abgerufen am 29. April 2022.
  3. Rechtsgutachten vom 28. Oktober 2015 Klima-Allianz Deutschland, abgerufen am 17. März 2019.
  4. Konzernangaben zur MIBRAG EP Coal Trading, abgerufen am 17. März 2019.
  5. Braunkohlelieferungen in die Tschechische Republik. Deutscher Bundestag Drucksache 18/3819, abgerufen am 17. März 2019.
  6. a b c d e f g h Profen. In: LMBV (Hrsg.): Mitteldeutsches Braunkohlenrevier, Wandlungen und Perspektiven, Heft 19, Senftenberg 2016. S. 6. Abgerufen am 15. März 2019.
  7. Heiko Gösel: Weißenborner Heimat. Echo vergangener Zeiten. (PDF) In: Forstkurier, Weißenborn 2015, S. 17. Abgerufen am 15. März 2019.
  8. Werschen-Weißenfelser Braunkohlen AG Geschäftsberichte von 1924 bis 1940. In: Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv, abgerufen am 13. Mai 2019.
  9. a b Johannes Bähr, Axel Drecoll, Bernhard Gotto, Kim Christian Priemel, Harald Wixforth: Der Flick-Konzern im Dritten Reich. Walter de Gruyter, 2012, S. 159. ISBN 978-3-486-58683-1
  10. Rolf Dieter Stoll, Christian Niemann-Delius, Carsten Drebenstedt, Klaus Müllensiefen: Der Braunkohlentagebau. Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Umwelt. Springer Science & Business Media, 2008, S. 196.
  11. Wiederurbarmachung von Bergbauflächen der Anhaltischen Kohlenwerke, Gruppe Zeitz In: Landesarchiv Sachsen-Anhalt, abgerufen am 16. März 2019.
  12. Jürgen Möller: Amerikanische Besetzung des Leipziger Südraumes durch das V. US Corps im April 1945. Arps, 2006, S. 59, 74.
  13. Klaus Neitmann, Jochen Laufer: Demontagen in der Sowjetischen Besatzungszone und in Berlin 1945 bis 1948. Sachthematisches Archivinventar. BWV Verlag, 2014, S. 10.
  14. Klaus-Peter Meinicke, Klaus Krug, Uwe Gert Müller: Industrie- und Umweltgeschichte der Region Sachsen-Anhalt. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2003, S. 27 f.
  15. Christiane Künzel: Verwaltung Sowjetische [Staatliche] Aktiengesellschaften in Deutschland (SAG). In: Horst Möller, Alexandr O. Tschubarjan (Hrsg.): SMAD-Handbuch. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland 1945–1949. Oldenbourg-Verlag, 2009, S. 388–395.
  16. Werkbahnen im mitteldeutschen Braunkohlenbergbau. In: LMBV (Hrsg.): Mitteldeutsches Braunkohlenrevier, Wandlungen und Perspektiven, Heft 20, Senftenberg 2016. S. 6, abgerufen am 15. März 2019.
  17. Bergakademie Freiberg (Hrsg.): Freiberger Forschungshefte. Reihe A. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, 1963, S. 18.
  18. Die deutsche Braunkohlenwirtschaft. (Studie). In: Agora Energiewende. 2017, S. 23–25, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 13. März 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.lee-lsa.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  19. Mitteldeutsches Braunkohlenrevier 1990–2017 (Memento vom 28. Februar 2019 im Internet Archive) DEBRIV, abgerufen am 17. März 2019.
  20. Entwicklung Abbaufeld Domsen im Tagebau Profen. In: Mitteldeutsche Zeitung, 4. April 2013, abgerufen am 17. März 2019.
  21. MIBRAG-Präsentation Rohstofftag Sachsen-Anhalt 29. August 2017 (S. 7.)@1@2Vorlage:Toter Link/www.halle.ihk.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. IHK Halle, abgerufen am 17. März 2019.
  22. Wenn Bodo nicht mehr baggern darf - Kohleausstieg für das Jahr 2038 geplant. Wochenspiegel-Verlag, abgerufen am 17. März 2019.
  23. Kohlenbahn Profen–Deuben eingestellt. In: eisenbahn magazin. Nr. 3, 2022, S. 23.
  24. Das Aus für die Baja Deutschland - Aber... In: magazin.baboons.de
  25. BAJA Deutschland: Eine Ära geht zu Ende... (PDF) In: rallye-international.com. Februar 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. August 2018; abgerufen am 28. September 2024.
  26. Breslau 500 Race folgt Baja Deutschland. In: atv-quad-magazin.com. 20. Februar 2018, abgerufen am 28. September 2024.
  27. Rallye Breslau Polen 2015: Unimog und Zetro siegreich - Drei erste Plätze bei Extrem-Offroad Rallye. In: mercedes-fans.de
  28. Motorsport in Profen: Offroad-Event startet im Tagebau. In: Mitteldeutsche Zeitung, 28. Mai 2014
  29. Fakten zur Baja Deutschland 2017 In: baja-deutschland.de (archiviert)
  30. Staatskanzlei Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Teilgebietsentwicklungsprogramm für den Planungsraum Profen. (PDF; 0,2 MB), 5. Juni 1996, S. 1297 f., abgerufen am 18. September 2019.
  31. Umsiedlungen: Politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen in der DDR. In: Archiv verschwundener Orte, abgerufen am 16. März 2019.
  32. Rolf Dieter Stoll, Christian Niemann-Delius, Carsten Drebenstedt, Klaus Müllensiefen: Der Braunkohlentagebau: Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Umwelt. Springer, 2008, S. 442 f.
  33. Zeitz/Weißenfels. In: LMBV (Hrsg.): Mitteldeutsches Braunkohlenrevier, Wandlungen und Perspektiven, Heft 18, Senftenberg 2016. S. 13, abgerufen am 18. März 2019
  34. Links zu den Orten siehe dort weitere Belege.
  35. RegioTV Borna: Der neue Windpark Hohenmölsen-Profen auf YouTube, 12. Januar 2018, abgerufen am 27. Mai 2022.
  36. MIBRAG reicht Genehmigungsantrag für Windpark Profen II ein. MIBRAG, 4. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.