Parlamentswahl in Israel 2022

Nach der Knesset-Wahl 2021 unterzeichneten Jair Lapid und Naftali Bennett einen von acht Parteien getragenen Koalitionsvertrag. Dadurch sollte zunächst Bennett bis August 2023 als Ministerpräsident amtieren und dann den Posten an Lapid abtreten. Das neue Kabinett wurde am 13. Juni 2021 vom Parlament mit 60:59 Stimmen bestätigt, und Bennett wurde als Ministerpräsident vereidigt.^[2] Nachdem die Regierung ihre Mehrheit verloren hatte, beschloss die Knesset am 30. Juni 2022 ohne Gegenstimme, sich selbst aufzulösen und Neuwahlen für den 1. November 2022 anzusetzen. Dadurch wurde der zuvor alternierende Ministerpräsident Lapid bereits am 1. Juli 2022 um Mitternacht (Ortszeit) neuer Ministerpräsident, und der bisherige Ministerpräsident Bennett wurde neuer alternierender Ministerpräsident. Die Regierung blieb geschäftsführend bis zur Bildung einer neuen Regierung nach der Wahl im November im Amt.^[3]

Wahlberechtigt waren etwa 6,8 Millionen israelische Staatsangehörige.^[4] Die Wähler haben eine Stimme zur Wahl einer Liste. Die 120 Sitze werden nach dem D’Hondt-Verfahren proportional unter den Listen verteilt, die mindestens 3,25 % der Stimmen erhalten. Die der Liste zugefallenen Sitze werden ihren Kandidaten gemäß der Listenreihenfolge zugeteilt.^[5][6] Im Parteiregister eingetragene Parteien oder Verbunde von zwei oder mehr Parteien können eine gemeinsame Liste einreichen.^[7]

Aufgrund der zersplitterten Parteienlandschaft schließen sich Parteien häufig zu gemeinsamen Listen zusammen, um ein Scheitern an der Sperrklausel zu verhindern.^[8] Zwei Listen können zudem eine Listenverbindung eingehen. In diesem Fall werden ihre Stimmen für die Sitzverteilung zusammengezählt, sofern beide jeweils die Sperrklausel überwinden.

Innerhalb der Listenverbindung werden die Sitze nach dem D’Hondt-Verfahren verteilt.^[9]

Die folgenden Parteien und Wahlbündnisse gingen für diese Wahl eine Listenverbindung ein:

• HaMahane HaMamlachti und Jesch Atid
• Awoda und Meretz
• Likud und HaTzionut HaDatit
• Schas und Vereinigtes Thora-Judentum

Israelische Umfragen ermitteln die zu erwartende Sitzverteilung in der Knesset. Bei Parteien, die unter die 3,25 %-Hürde fallen, ist der Wähleranteil angegeben.

Netanjahus Block gewann 64 Sitze, die Koalition des amtierenden Premierministers Yair Lapid 51 Sitze.^[88] Zum ersten Mal scheiterte die linke Meretz an dem Einzug in die Knesset. Sie und ihre Vorgängerpartei Mapam waren seit der Staatsgründung im Parlament vertreten. Ähnlich erging es HaBajit haJehudi (bzw. Mafdal und HaMisrachi). Nachdem sie 2021 nicht angetreten war und dafür Jamina unterstützt hatte, scheiterte sie mit ihrem versuchten Comeback mit Ajelet Schaked (eigentlich Mitglied von Jamina) an ihrer Spitze. Auch die arabisch-nationalistische Balad scheiterte erstmals an der Sperrklausel, erreichte aber dennoch mit knapp 3 % ihr bisher bestes Wahlergebnis.

Die Ergebnisse der 20 größten Städte:^[89]

Am 15. November 2022 fand während der Eröffnungssitzung die Vereidigungszeremonie für die neu gewählten Mitglieder der 25. Knesset statt. Die neue Knesset umfasst 29 weibliche Abgeordnete, 7 weniger als die letzte Knesset, und 28 neue Parlamentarier. Die Abstimmung über die Ernennung eines neuen Sprechers der Knesset, die normalerweise bei der Eröffnungssitzung durchgeführt wird, und die Vereidigung der Kabinettsmitglieder wurden verschoben, da die laufenden Koalitionsverhandlungen noch nicht zu einer Einigung über diese Positionen geführt hatten.^[90]

Der Führer der Schas-Partei Arje Deri traf sich am 4. November mit Jitzhak Goldknopf, dem Führer des Vereinigten Thora-Judentums und seiner Agudat Jisra'el-Fraktion. Die beiden Parteien einigten sich darauf, als Mitglieder der nächsten Regierung zusammenzuarbeiten.^[91] Die Degel HaTora-Fraktion des Vereinigten Tora-Judentums erklärte am 5. November, dass sie ihre ideologische Haltung beibehalten werde, keine Ministerposten gemäß den Anweisungen ihres spirituellen Führers Rabbi Gershon Edelstein anzustreben, sondern andere hochrangige Posten wie Knesset-Ausschussvorsitzende und stellvertretende Minister anstreben werde.^[92]

Netanjahu selbst begann am 6. November Gespräche zu führen. Er traf sich zuerst mit Moshe Gafni, dem Führer von Degel HaTorah, und dann mit Goldknopf. Unterdessen versprachen der Führer der Religiösen Zionistischen Partei, Bezalel Smotrich, und der Führer ihrer Otzma Yehudit-Fraktion Itamar Ben-Gvir, nicht ohne die andere Fraktion in eine Koalition einzutreten. Gafni traf sich später mit Smotrich zu Koalitionsgesprächen.^[93] Smotrich traf sich daraufhin mit Netanjahu. Am 7. November traf sich Netanyahu mit Ben-Gvir, der das Ministerium für öffentliche Sicherheit mit erweiterten Befugnissen für sich selbst und das Ministerium für Bildung oder Verkehr und Verkehrssicherheit für Yitzhak Wasserlauf forderte.^[94] Eine Hauptforderung aller Verbündeten Netanjahus war, dass die Knesset die Urteile des Obersten Gerichtshofs ignorieren dürfe.^[95]

Netanyahu traf sich am 8. November mit dem Noam-Abgeordneten Avi Maoz, der gedroht hatte, die Koalition zu boykottieren. Er forderte die vollständige Kontrolle der Westmauer durch das charedische Oberrabbinat und die Entfernung dessen, was er als antizionistische und antijüdische Inhalte in Schulbüchern betrachtete.^[96] Präsident Jitzchak Herzog begann am 9. November Konsultationen mit den Vorsitzenden aller politischen Parteien.^[97] Am 13. November beauftragte er Netanyahu mit der Regierungsbildung, nachdem dieser die Unterstützung von 64 der 120 Abgeordneten erhalten hatte.^[98] Schas traf sich am 10. November mit dem Likud zu Koalitionsgesprächen.^[99] Otzma Yehudit und Noam trennten sich am 20. November offiziell vom Bündnis HaTzionut HaDatit gemäß einem Vorwahlabkommen.^[100]

Otzma Jehudit und der Likud unterzeichneten am 25. November einen Koalitionsvertrag, nach dem Ben-Gvir die neu geschaffene Position des Ministers für nationale Sicherheit übernehmen wird, dessen Befugnisse weitreichender wären als die des Ministers für öffentliche Sicherheit, einschließlich der Aufsicht über die israelische Polizei und die israelische Grenzpolizei im Westjordanland sowie die Befugnis an die Behörden, Diebe zu erschießen, die von Militärstützpunkten stehlen. Yitzhak Wasserlauf erhielt das Ministerium für die Entwicklung des Negev und Galiläa mit erweiterten Befugnissen, um neue Siedlungen im Westjordanland zu regulieren, während es vom Portfolio "Peripherie" getrennt wurde, das an Schas vergeben wird. Das Abkommen beinhaltet auch die Übergabe des Ministeriums für Kulturerbe an Amihai Eliyahu, die Trennung vom Portfolio "Jerusalem-Angelegenheiten", den Vorsitz des Ausschusses für öffentliche Sicherheit der Knesset an Zvika Fogel und den des Sonderausschusses für den israelischen Bürgerfonds an Limor Son Har-Melech, den Posten des stellvertretenden Wirtschaftsministers für Almog Cohen, die Einrichtung einer Nationalgarde. und Ausweitung der Mobilisierung von Reservisten in der Grenzpolizei.^[101]

Netanyahu und Maoz unterzeichneten am 27. November einen Koalitionsvertrag, nach dem Maoz stellvertretender Minister wird, eine Agentur für jüdische Identität im Büro des Premierministers leitet und auch Nativ leitet, das die Alija aus der ehemaligen Sowjetunion bearbeitet.^[102] Die Agentur für jüdische Identität hätte die Autorität über Bildungsinhalte, die außerhalb des regulären Lehrplans in Schulen unterrichtet werden, zusätzlich zu der Abteilung des Bildungsministeriums, die den externen Unterricht und Partnerschaften überwacht, was inoffizielle Organisationen, die an Schulen unterrichten und unterrichten dürfen, in ihren Zuständigkeitsbereich bringen würde.^[103]

Der Likud unterzeichnete am 1. Dezember einen Koalitionsvertrag mit der Partei HaTzionut HaDatit. Im Rahmen des Abkommens würde Smotrich als Finanzminister in Rotation mit Arje Deri dienen, und die Partei wird den Posten eines Ministers innerhalb des Verteidigungsministeriums erhalten, der die Kontrolle über die Abteilungen für die Verwaltung von Siedlungen und offenem Land unter dem Koordinator für Regierungsaktivitäten in den Territorien hat, zusätzlich zu einem weiteren Posten eines stellvertretenden Ministers. Der Deal beinhaltet auch die Vergabe des Postens des Ministers für Alija und Integration an Ofir Sofer, das neu geschaffene Ministerium für nationale Missionen an Orit Strook und den Vorsitz des Komitees für Verfassung, Recht und Gerechtigkeit der Knesset an Simcha Rothman.^[104]

Der Likud und das Vereinigte Thora-Judentum unterzeichneten am 6. Dezember einen Koalitionsvertrag, um einen Antrag auf Fristverlängerung zu ermöglichen. Danach würde die Partei das Ministerium für Bau und Wohnungsbau, den Vorsitz des Knesset-Finanzausschusses, der Mosche Gafni übertragen wird, das Ministerium für Jerusalem und jüdische Tradition (das das Ministerium für Jerusalemer Angelegenheiten und Erbe ersetzen würde) sowie mehrere Posten stellvertretender Minister und Vorsitzenden von Knesset-Ausschüssen erhalten.^[105]

Der Likud unterzeichnete bis zum 8. Dezember auch ein Abkommen mit Schas, das vorläufige Koalitionsvereinbarungen mit allen ihren Verbündeten sicherte. Im Rahmen des Abkommens wird Deri zunächst als Innen- und Gesundheitsminister fungieren, bevor er nach zwei Jahren die Posten mit Smotrich wechselt. Die Partei wird auch das Ministerium für religiöse Dienste und Wohlfahrtsministerien sowie Posten von stellvertretenden Ministern im Ministerium für Bildung und Inneres erhalten.^[106] Netanyahu bat Herzog um eine 14-tägige Verlängerung nach dem Abkommen, um die Postenverteilung zwischen den Koalitionsparteien abzuschließen.^[107] Herzog verlängerte am folgenden Tag die Frist bis zum 21. Dezember.^[108]

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