[go: up one dir, main page]
More Web Proxy on the site http://driver.im/

Ottakringer Friedhof

Friedhof in Ottakring (52204)

Der Ottakringer Friedhof ist ein Friedhof im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring. Die 1885 als Friedhofskapelle erbaute Aufbahrungshalle 1 steht unter Denkmalschutz (Listeneintrag).

Ottakringer Friedhof und Aufbahrungshalle 1
 
Im Friedhof

Der Ottakringer Friedhof liegt im Westen des Bezirks Ottakring am Gallitzinberg (Gallitzinstraße 5). Er befindet sich inmitten eines locker verbauten Wohngebiets zwischen Johann-Staud-Straße und Gallitzinstraße. Wiens sechstgrößter Friedhof umfasst eine Fläche von 173.461 m² und derzeit rund 28.000 Grabstellen.[1]

Geschichte

Bearbeiten

Alte Ottakringer Friedhöfe

Bearbeiten
 
Denkmal für die Opfer der Teuerungsrevolte

Erstmals wird ein Friedhof auf dem Gebiet Ottakrings im Jahr 1230 urkundlich erwähnt. Der Friedhof bestand bereits zur damaligen Zeit am heutigen Friedhofsstandort, wobei er sich in etwa auf dem Standort der heutigen Aufbahrungshalle 1 erstreckte, wo sich die Pfarrkirche St. Lambert befand. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden auch die Seuchenopfer auf dem Ottakringer Friedhof bestattet. Nachdem die Kapazitäten für Seuchenopfer jedoch 1713 erschöpft waren, wurde auf dem Gebiet zwischen den heutigen Straßenzügen Gaullachergasse/Friedmanngasse ein eigener Seuchenfriedhof angelegt. Der Friedhof wurde in der Folge der Gemeinde Neulerchenfeld abgetreten, die den Friedhof bis zur Kirchstetterngasse vergrößerte. Die Auflassung des ehemaligen Seuchenfriedhof wurde 1799 verfügt, wobei die endgültige Schließung des Friedhofes erst 1842 erfolgte. Als Ersatz erwarb die Gemeinde Neulerchenfeld 1832 ein Grundstück auf der Schmelz, das neben dem Schmelzer Friedhof lag. Der neue Friedhof wurde am 9. September 1832 vom Klosterneuburger Propst Jakob Rukenstock zum Neulerchenfelder Friedhof geweiht und blieb bis 1888 in Betrieb. Der Neulerchenfelder Friedhof wurde auf Grund der Vereinigung von Ottakring und Neulerchenfeld zu einem Wiener Gemeindebezirk geschlossen, in der Folge diente der Ottakringer Friedhof für den gesamten Bezirk als Begräbnisstätte.

Ottakringer Friedhof

Bearbeiten
 
Grabmal von Franz Schuhmeier

Die Bestattungen erfolgte auf dem Ottakringer Friedhof lange Zeit kostenlos oder gegen eine geringe Grabgebühren. Auf Grund von Überbelegung und oftmaligen Erweiterungen wurden jedoch die Gebühren erhöht und die Bestattung von Ortsfremden 1874 untersagt. Auf Grund des starken Wachstums von Ottakring wurde der Ottakringer Friedhof ab 1835 fünfzehn Mal erweitert. Zudem waren laufende Investitionen in die Infrastruktur notwendig. 1863 erfolgte der Antrag auf ein Leichenhaus mit einer Wohnung für den Totengräber, 1879 bewilligte die Gemeinde die Einfriedung des bisher offenen Friedhofareals. 1885 erfolgte die Errichtung einer Kapelle, 1903 beschloss der Gemeinderat den Ankauf von Grundstücken für den Bau eines Verwaltungsgebäudes, einer Einsegnungshalle und einer Leichenkammer. Die Toranlage des heutigen Hauptportals stammt aus dem Jahr 1935. Die Aufbahrungshalle 2 wurde von 1969 bis 1985 durch den Architekten Erich Boltenstern umgebaut und für die Benutzung bei Erdbestattungen und Kremationsfeiern adaptiert. Gleichzeitig wurde der Zeremonienraum der Aufbahrungshalle 1 umgestaltet, das Altarkreuz schuf der Maler Hermann Bauch.

Die Beerdigung des populären Arbeiterführers Franz Schuhmeier am Ottakringer Friedhof vom 16. Februar 1913 war Wiens bis dahin größte Demonstration. Es nahmen – die Angaben schwanken – bis zu einer halben Million Trauergäste teil.[2] Hier befinden sich auch die Gräber vieler Opfer der Februarkämpfe des Jahres 1934. Der Friedhof ist geprägt von langen Alleen mit dunklen hohen Stelen der reichen Gewerbetreibenden aus Alt-Ottakring.

Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten

Bearbeiten

Ehrenhalber gewidmete Gräber

Bearbeiten
 
Grabmal für die Opfer der Zelluloidkatastrophe 1908
 
Grabmal für Albert Sever
 
Grabmal für Karl Volkert
 
Grabmal für Franz Siegel

Der Ottakringer Friedhof weist 44 ehrenhalber gewidmete Gräber auf.[3] Dazu zählen auch die Gräber von 15 Opfern einer Zelluloidexplosion in der Fabrik Sailer am 6. Juni 1908.

Name Lebensdaten Tätigkeit
Ferdinand Blatt –1934 Februaropfer 1934
Karl Bohuslawek 1836–1886 Sekretär des Kronprinzen Rudolf
Otto Brötzenberger –1886 Opfer der Teuerungsrevolte 1911
Christine Busta 1915–1987 Lyrikerin
Georg Dänzer 1848–1893 Schrammelmusiker
Anton David 1849–1924 Politiker
Franz Edelbauer 1854–1911 Wohltäter und Pfarrer
Johann Frankovsky 1888–1945 Komponist und Textdichter
Johann Gasser 1846–1896 Industrieller
Rudolf Gmeiner 1880–1924 Konzertsänger
Kurt Girk[4] 1932–2019 Sänger
Franz Höbling 1886–1965 Hofschauspieler und Opernsänger
Josef Hornig 1861–1911 Volkssänger und Schriftsteller
Robert Joachimovitz 1892–1970 Universitätsprofessor
Franz Joachimsthaler –1911 Opfer der Teuerungsrevolte
Josef Kaderka 1910–1993 Textautor, Komponist, Musiker, Maler
Karl Kantner 1855–1925 Verbandsobmann der Freiwilligen Feuerwehren
Gerhard Kofler 1949–2005 Schriftsteller
Adam Latschka 1872–1905 Pfarrer
Johann Friedrich Laux –1911 Pfarrer
Walter Nausch 1907–1957 Bundeskapitän des ÖFB
Josef Raitmann 1876–1912 Hornist und Feuerwehrmann
Grete Rehor 1910–1987 Bundesministerin
Hansl Schmid 1897–1987 Wienerliedersänger
Heinrich Schoof 1865–1939 Komponist und Chormeister
Franz Schuhmeier 1864–1913 Politiker
Albert Sever 1867–1942 Politiker
Franz Siegel 1876–1927 Politiker
Franz Ullreich –1958 Politiker
Karl Volkert 1868–1929 Politiker
Franz Wögerbauer –1911 Opfer der Teuerungsrevolte

Gräber weiterer Persönlichkeiten

Bearbeiten

Weitere bedeutende Persönlichkeiten, die am Ottakringer Friedhof begraben sind:

Name Lebensdaten Tätigkeit
Paul Badura-Skoda 1927–2019 Pianist
Eva Badura-Skoda 1929–2021 Musikwissenschaftlerin
Alfred Baldia 1913–1997 Brieftaubenzüchter und Unternehmer
Ferdinand Baldia 1860–1936 Architekt und Stadtbaumeister in Ottakring
Ferdinand Mathias Baldia 1818–1869 Baumeister und Gemeinderatsmitglied von Ottakring
Josef Baldia 1845–1912 Architekt
Eduard Bauer 1894–1948 Fußballspieler
Otto F. Beer 1910–2002 Journalist und Schriftsteller
Gerald Bisinger 1936–1999 Lyriker
Jaromír Borek 1928–1997 Schauspieler
Oskar Bottoli 1921–1995 Bildhauer
Kurt Buchinger 1935–2019 Politiker
Theodor Charlemont 1859–1938 Bildhauer
Richard Czapek 1913–1997 Komponist und Wienerliedersänger
Adolf Czettel 1924–1988 Politiker
Wilfried Daim 1923–2016 Psychologe und Autor
Gustav Deutsch 1952–2019 Filmkünstler
Vinzenz Dittrich 1893–1965 Fußballspieler
Anton Duhan 1882–1958 Richter und Reichsanwalt
Franziska Fast 1925–2003 Politikerin
Eduard Frühwirth 1908–1973 Fußballspieler
Martha Frühwirt 1924–1998 Selbsthilfegruppe-Gründerin
Adolf Czettel 1924–1988 Politiker
Johann Goldschmid 1919–1981 Radrennfahrer
Heinz Grill 1909–1983 Historiker
Hans Grötzer 1928–2019 Geiger
Viktor Hammer 1913–1986 Bildhauer
Walter Haummer 1928–2008 Fußballspieler
Kurt Heller 1919–1990 Politiker
Adolf Heinrich Hobel 1910–1995 Botschafter
Edmund Holzfeind 1897–1974 Politiker
Adrian Hoven 1922–1981 Schauspieler, Regisseur und Filmproduzent
Karl Hodina 1935–2017 Musiker und Maler
Wilhelm Kaufmann 1895–1975 Maler
Ernst Kein 1928–1985 Autor, Mundartdichter
Peter Heinz Kersten 1929–2004 Zauberkünstler, Wienerliedinterpret
Herbert Klauser 1916–2009 Schriftsteller
Erwin Klein 1924–1983 Unternehmer
Richard Kurfürst 1909–1991 Journalist
Maximilian Kreuzer 1960–2010 Physiker
Alfred Lehr 1924–2011 Bankkaufmann
Hermann Lein 1920–2006 Autor und Widerstandskämpfer
Elisabeth Lichtenberger 1925–2017 Geografin
Herbert Link 1944–2018 Filmemacher
Anestis Logothetis 1921–1994 Komponist
Karl Lugmayer 1892–1972 Volksbildner
Bob Martin 1922–1998 Sänger
Alfred Migsch 1901–1975 Politiker
Hans Müller 1873–1937 Bildhauer
Heinz Ockermüller 1921–1994 Filmarchitekt
Herta Pammer 1905–1995 Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung
Erich Wolfgang Partsch 1959–2014 Musikwissenschaftler
Josef Pecanka 1925–2015 Eishockeyspieler
Günter Pernhaupt 1936–1999 Mediziner und Psychotherapeut
Franz Pfaudler 1893–1956 Schauspieler
Hubert Pfoch 1920–2008 Vizebürgermeister Wiens
Karl Prachar 1925–1994 Mathematiker
Ernst Robetschek 1912–1972 Jurist und Politiker
Wolfgang Schiesterl 1983–2011 Volleyballspieler
Max Schipper 1900–1951 Schauspieler und Regisseur
Karl Schmalhofer 1871–1960 Architekt
Kurt Schmied 1926–2007 Fußballspieler
Emmy Schörg 1930–2020 Schauspielerin
Anton Schwaiger 1911–1975 Politiker
Franz Senghofer 1904–1998 Erwachsenenbildner
Johann Staud 1882–1939 Politiker
Johannes B. Torelló 1920–2011 Geistlicher
Josef Uridil 1895–1962 Fußballspieler
Hermann Vetters 1915–1993 Archäologe
Franz Weselik 1903–1962 Fußballspieler
Rudolf Wiszkoczil 1870–1925 Architekt

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Ottakringer Friedhof auf den Seiten der Friedhöfe Wien GmbH
  2. Wolfgang Maderthaner, Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Campus-Verlag. Frankfurt am Main 1999. S. 176–178. ISBN 3-593-36334-8
  3. Friedhöfe Wien GmbH – Ehrenhalber gewidmete Gräber des Friedhofs Ottakring, Jänner 2008 (PDF, abgerufen am 15. Dezember 2008; 85 kB)
  4. Stadt Wien: Ehrengrab für Wienerliedsänger Kurt Girk und historisches Grab für Familie Tschepper. In: ots.at. 29. Oktober 2021, abgerufen am 31. Oktober 2021.

Literatur

Bearbeiten
  • Werner T. Bauer, Katharina Gossow (Fotos): Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Falter Verlag. Wien 2004. ISBN 3-85439-335-0
Bearbeiten
Commons: Ottakringer Friedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 12′ 48,1″ N, 16° 17′ 47,1″ O