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Als Konkrete Fotografie wird (im Gegensatz zum Begriff Abstrakte Fotografie) in der modernen und zeitgenössischen Kunst eine Fotografie bezeichnet, in der der fotografische Prozess und die Fotografie als Objekt selbst in den Vordergrund treten. Die Abbildung von Gegenständen oder Personen, wie sie in der dokumentarischen oder inszenierten Fotografie wesentlich ist, wird hierbei zweitrangig. Die Konkrete Fotografie ist damit ein Teilgebiet der Konkreten Kunst und tritt neben andere ihrer Teilgebiete wie Konkrete Malerei, Konkrete Musik oder Konkrete Poesie. Fotografien, die als Konkrete Fotografie bezeichnet werden können, sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt – der Begriff selbst aber wurde 1967 erstmals benutzt und als Bezeichnung einer eigenständigen Kunstgattung etabliert.

Konkrete Fotografien sind „reine“ Fotografien. Sie thematisieren und realisieren „sich selbst“ und finden ihre Gegenstände ausschließlich in ihren eigenen, innerbildlichen Gesetzmäßigkeiten. Sie wollen nicht „sichtbar machen“, sondern nur „sichtbar sein“. Ihr Merkmal ist die Selbstbezüglichkeit. Dabei greifen sie auf die ureigensten Mittel der Fotografie zurück: das Licht, ihre besonderen lichtempfindlichen Materialien, ihre generativen Prozesse, den Apparat. Es entstehen eigenständige, nicht gegenständliche Fotografien eigener Art, Objekte ihrer selbst, Fotografien der Fotografie.

Theorie und Geschichte

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Im Bannkreis des englischen Vortizismus schuf der 1882 in Boston geborene Fotograf Alwin Langdon Coburn 1917 in London eine Reihe von Fotokompositionen, die er „Vortographs“ (Wirbelbilder) nannte. Sie zeigen geometrische Hell-Dunkel-Formationen, wie sie allein durch Reflexion und Brechung von Licht durch Prismen und an Spiegeln entstehen. Ein Jahr zuvor hatte Coburn sein ästhetisches „Programm“ umschrieben, indem er eine Ausstellung vorschlug, „in der das Interesse am Bildgegenstand das Gefühl für außergewöhnliche Aspekte übersteigt. Ein Gefühl für Form und Struktur ist vor allem von Bedeutung...“[1] Beides kann als Grundlegung für die Theorie und Praxis der Konkreten Fotografie gelten – obwohl dieser Ausdruck damals noch nicht existierte. Er entstand erst später, nachdem sich entsprechende Werke und Begriffe für die Malerei, so durch Kandinsky (1910), van Doesburg (1930) und die Schweizer Konkreten Maler in den Jahren danach durchgesetzt hatten.

Weitere Stationen konkreter Fotografie sind die „Schadographien“ von Christian Schad, die 1918 unter dem Einfluss der Dada-Bewegung in Zürich entstanden, die „Rayographs“ von Man Ray als surrealistische Anklänge an das „automatische Schreiben“ sowie vor allem die am Bauhaus unter konstruktiven Vorzeichen entstandenen Fotogramme, Luminogramme und Fotomontagen der 1920er Jahre von László Moholy-Nagy. Eine „konkrete“, rein am Fotomaterial orientierte tschechische Fotoszene der Zwischenkriegszeit mit Jaroslav Rössler, František Drtikol und anderen ergänzt das Bild.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand die Entwicklung mit der Gruppe „fotoform“ (Köln 1950),[2] der „Experimentelle Fotografie“ von Heinz Hajek-Halke (1955),[3] sowie der Ausstellung „Ungegenständliche Fotografie“ (Basel 1960)[4] ihre Fortsetzung – bis der Begriff „Konkrete Fotografie“ als erste Manifestation dieser Kunstform mit einem Ausstellungstitel für die Arbeiten von vier Schweizer Avantgardefotografen erschien (Bern 1967).[5] Ein Jahr später wurde eine ähnliche Ausstellung zum Titel „Generative Fotografie“ (Bielefeld 1968)[6] mit konkreten Fotoarbeiten zur generativen Ästhetik (Max Bense)[7] gezeigt. Nach weiteren Stationen bot die Ausstellung „Abstrakte Fotografie“ (Bielefeld 2000)[8] einen breiteren Überblick zum Thema unter Einschluss konkreter Tendenzen von ihren Anfängen bis dahin.

Eine Neubewertung der Konkreten Fotografie fand unter kunsthistorischen Aspekten mit ihrer Einbindung in die Sammlung „Peter C. Ruppert: Konkrete Kunst in Europa nach 1945“ statt, die seit 2002 als Dauerausstellung im Museum im Kulturspeicher Würzburg zu sehen ist.[9] Das erste Buch mit dem Titel „Concrete Photography/Konkrete Fotografie“ erschien 2005.[10] Die erste internationale künstlerisch-wissenschaftliche Tagung fand 2006 in Gmunden, Oberösterreich statt.[11]

Liste von Fotografen der Konkreten Fotografie

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Quelle[12]

Einzelnachweise

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  1. Alvin Langdon Coburn: Die Zukunft der bildmäßigen Fotografie. In: Wolfgang Kemp: Theorie der Fotografie II, 1912–1945. München, 1979, S. 55–58 (57). Erstveröffentlichung: London, 1916.
  2. Ausstellung fotoform, photokina, Köln, 1950. Arbeiten von Peter Keetman, Siegfried Lauterwasser, Wolfgang Reisewitz (Leitung), Toni Schneider, Otto Steinert, Ludwig Windstoßer.
  3. Heinz Hajek-Halke: Experimentelle Fotografie. Lichtgrafik. Düsseldorf/Wien, 1955.
  4. Antonio Hernandez (Kurator): Ungegenständliche Fotografie. Gewerbemuseum Basel, 1960.
  5. „Konkrete Fotografie/Photographie concrète“. Arbeiten von Roger Humbert, René Mächler, Jean-Frédérick Schnyder, Rolf Schroeter. Galerie actuell, Bern, 1967.
  6. „Generative Fotografie“, Städt. Kunsthaus Bielefeld. Arbeiten von Kilian Breier, Pierre Cordier, Hein Gravenhorst, Gottfried Jäger (Leitung).
  7. Max Bense: Generative Ästhetik. In: Aesthetica. Einführung in die neue Ästhetik. Baden-Baden, 1965, S. 333ff.
  8. Thomas Kellein, Angela Lampe (Hg.): Abstrakte Fotografie. Kunsthalle Bielefeld/Ostfildern-Ruit, 2000.
  9. Marlene Lauter (Hg.): Konkrete Kunst in Europa nach 1945. Die Sammlung Peter C. Ruppert. Museum im Kulturspeicher Würzburg, Katalog, 2002.
  10. Gottfried Jäger, Rolf H. Krauss, Beate Reese: Concrete Photography/Konkrete Fotografie. Bielefeld, 2005.
  11. Josef Linschinger: Fotografie konkret/Photography Concrete. 16. Gmundner Symposium für aktuelle Kunst 2006. Wien/Klagenfurt, 2007.
  12. Gottfried Jäger, Rolf H. Krauss, Beate Reese: Concrete Photography / Konkrete Fotografie. Kerber Verlag, Bielefeld 2005, ISBN 3-936646-74-0 (englisch)