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Balibo (Verwaltungsamt)

Verwaltungsamt in Osttimor

Balibo (Balibó) ist ein osttimoresisches Verwaltungsamt (portugiesisch Posto Administrativo) in der Gemeinde Bobonaro. Verwaltungssitz ist Balibo (Balibo Vila).[3]

Verwaltungsamt Balibo
Landschaft bei Balibo
Verwaltungssitz Balibo
Fläche 295,97 km²[1]
Einwohnerzahl 17.619 (2022)[2]
Sucos Einwohner (2022)[2]
Balibo Vila 4.233
Batugade 3.164
Cowa 1.773
Leohito 3.611
Leolima 2.538
Sanirin 2.300
Übersichtskarte
Verwaltungsgliederung von Balibo
Balibo (Verwaltungsamt) (Osttimor)
Balibo (Verwaltungsamt) (Osttimor)

„Baliboo“ ist das Tetum-Wort für „Reiher“.[4]

Geographie

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Das Verwaltungsamt Balibo mit seinen Sucos (Grenzen bis 2015)
 
Grenzposten bei Mota’ain

Bis 2014 wurden die Verwaltungsämter noch als Subdistrikte bezeichnet.

Balibo liegt im Westen der Gemeinde Bobonaro an der Sawusee. Im Nordosten grenzt es an das Verwaltungsamt Atabae und im Westen befindet sich jenseits des Flusses Nunura das Verwaltungsamt Maliana. Im Süden wird Balibo vom indonesischen Westtimor umschlossen. Einen Großteil der internationalen Grenze bildet der Fluss Talau, der schließlich in den Nunura mündet. Im Westen fließt ein kleiner Grenzfluss beim Grenzübergang Mota’ain. Die Flüsse Morak und Kolosuma entspringen in Balibo und bilden zusammen den Leometik, der im Westen in die Sawusee mündet. Der Laecouken und der Mukuki fließen nach Osten in den Nunura.[5][6][7] Der Acodato (im Oberlauf Webanahi) folgt bis zu seiner Mündung in die Sawusee einem Teil der Grenze zu Indonesien Im Westen.[7]

Das Verwaltungsamt hat eine Fläche von 295,97 km².[1] und teilt sich in die sechs Sucos Balibo Vila, Batugade, Cowa (Cová, Kowa), Leohito (Leohitu), Leolima und Sanirin (Sanir, Saniry). Der Suco Balibo Vila (Balibo Dorf) liegt im Zentrum des Verwaltungsamts mit dem Hauptort Balibo in der Mitte. die anderen Sucos des Verwaltungsamtes umschließen Balibo Vila vollständig. Östlich liegt Leohito, südlich Cowa, westlich Batugade und Sanirin und nördlich Leolima.[5][3]

Der Lago Malai (Be Malae) ist der größte See des Verwaltungsamtes und liegt im Nordwesten an der Grenze zum Verwaltungsamt Atabae. Die Important Bird Area Be Malae-Aabae ist ein für Ornithologen interessantes Gebiet von 3.000 ha mit Wald und Feuchtgebieten.[8]

Einwohner

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In Balibo leben 17.619 Einwohner (2022), davon sind 9.005 Männer und 8.614 Frauen. Im Verwaltungsamt gibt es 3.999 Haushalte.[2] Der Altersdurchschnitt beträgt 19,9 Jahre (2010,[10] 2004: 20,0 Jahre[11]). Die größte Sprachgruppe bilden die Sprecher der Nationalsprache Kemak.[11] In Cowa spricht man mehrheitlich Tetum Terik, während man in Batugade mehr Tetum Prasa als Tetum Terik spricht. In Balibo liegt Kemak auf Platz eins, gefolgt von Tetum Prasa und Minderheiten von Bekais und Tetum Terik. 75 % der Bewohner von Leohito sprechen Bekais. In Leolima und Sanirin sprechen fast alle Einwohner Kemak. Außerdem gibt es eine kleine Minderheit von Bunak-Sprechern.[12] Als Zweitsprache ist die Amtssprache Tetum weit verbreitet. Bahasa Indonesia wurde während der Besatzungszeit verwendet, die Älteren sprechen noch Portugiesisch. Dieses wird auch in den Schulen unterrichtet.[13]

Geschichte

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Kolonialzeit

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António Macedo, der Kommandant von Balibo mit einer einheimischen Reitertruppe in Balibo zwischen 1929 und 1939
 
Tabakproduktion in den 1930ern
 
„Ein Ehepaar der Gruppe der Bekais aus Balibo (Fronteira)“, Álbum Fontoura, vor 1940

Balibo, Cowa und Sanirin waren früher traditionelle Reiche Timors, die von Liurais regiert wurden. Sie erscheinen auf einer Liste von Afonso de Castro, einem ehemaligen Gouverneur von Portugiesisch-Timor, der im Jahre 1868 47 Reiche aufführte.[14][15] In Balibo wurde im 17. Jahrhundert von den Portugiesen eine Festung gebaut. Eine zweite, kleinere Festung aus dem Jahr 1655 steht in Batugade, das zum Reich von Cowa gehörte. Das Reich Cowas reichte von der Nordküste bis in das Gebiet des niederländischen Westtimors.[16] Das Fort von Batugade diente im 20. Jahrhundert als Kolonialgefängnis, während die Festung in Balibo weiterhin ein Militärposten und Verwaltungssitz war.

1865 vereinigte sich Balibo mit dem Tetum-Reich von Cowa im Kampf gegen die Portugiesen. Der Umstand, dass Cowa auch von Herrschern aus dem niederländisch dominierten Westteil der Insel unterstützt wurde, beunruhigte die Portugiesen zusätzlich. Portugal reagierte mit dem Beschuss der Küste durch die Dampfschiff-Korvette Sa de Bandeira. 1868 entsandten die Portugiesen eine Streitmacht nach Sanirin, dessen Liurai sich weigerte Steuern zu Zahlen. Die Kemak von Sanirin waren offiziell Balibo tributpflichtig. Ebenfalls 1868 begann von Batugade aus eine Offensive gegen Cowa und Balibo. 1871 kapitulierte die Königin von Balibo, Dona Maria Michaelia Doutel da Costa. Sie traf, wie vereinbart, am 29. Mai in Batugade mit Gouverneur João Clímaco de Carvalho zusammen. Die Königin von Cowa, Dona Maria Pires, kam nicht. Daher unterzeichnete Dona Maria am 1. Juni allein die ihr vorgelegten Vereinbarungen, die eine Unterwerfung Balibos als Vasallen Portugals bedeuteten. Cowa erkannte erst 1881 die Vorherrschaft Portugals an.[16]

Ab 1894 unterstützte Sanirin, zusammen mit anderen Reichen im Westen von Portugiesisch-Timor, Obulo und Marobo im Aufstand gegen die Portugiesen. Im September 1895 konnten die Timoresen die Streitmacht von Hauptmann Eduardo da Câmara vernichten. Auch alle europäischen Offiziere kamen ums Leben, Câmara wurde enthauptet. Gouverneur José Celestino da Silva entsandte daraufhin eine Strafexpedition, die nacheinander die Reiche der Rebellen heimsuchte und dem Erdboden gleichmachte. Leutnant Francisco Duarte und Hauptmann Francisco Elvaim kommandierten die Streitmacht mit fast 6.000 Mann, inklusive 40 Portugiesen. Am Nachmittag des 13. August 1896 erreichten sie von den Bergen aus das zu Sanirin gehörende, befestigte Dorf Dato-Lato (anderer Quelle nach Dato-Tolo), mit Trommelwirbel und Kriegsgeschrei. Die Portugiesen vermuteten hier den flüchtigen Liurai von Cotubaba, der aber bereits weiter gezogen war. Da man den Beteuerungen der Bewohner nicht glaubte, wurde das Dorf am Abend des 17. August trotz hartnäckigen Widerstands vollständig vernichtet. Einigen Einwohnern gelang die Flucht, indem sie ihre Wasserbüffel auf die Angreifer losließen. Die Plünderungen und das Morden in Dato-Lato und den benachbarten Dörfern dauerte die ganze Nacht. In den folgenden Tagen wurden auch andere Teile Sanirins verheert. Duarte zählte allein 104 Köpfe, die von den timoresischen Hilfstruppen den Opfern abgeschlagen wurden, darunter auch von Brau Sacca, dem „Mörder“ von Hauptmann Câmara. Das Grauen war so groß, dass die mit Portugal verbündeten Herrscher von Atsabe und Deribate ihre Krieger abzogen. Gegen Deribate führten die Portugiesen daher später ebenfalls eine Strafexpedition, die weitere hunderte Tote forderte.[17][18] Gouverneur Celestino da Silva erklärte das Reich von Sanirin für aufgelöst und stellte es unter die Herrschaft von Balibo.[19]

Anfang 1961 versuchte das linksgerichtete Kampfbüro zur Befreiung Timors (Bureau de Luta pela Libertação de Timor) einen Aufstand gegen die portugiesische Kolonialmacht. Am 9. April riefen sie in Batugade eine Republik aus. Die Portugiesen schlugen den Aufstand jedoch schnell nieder und die Rebellen flohen nach Indonesien.

Indonesische Besatzung

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Fort von Balibo

Anfang Oktober 1975 begann Indonesien in der Operation Flamboyan mit der Besetzung der Grenzgebiete von Portugiesisch-Timor. Am 16. Oktober fiel der Ort Balibo Vila nach mehreren Gefechten. Dabei wurden fünf ausländische Fernsehjournalisten, die sogenannten Balibo Five, durch indonesische Soldaten ermordet. Man wollte Zeugen der Infiltration beseitigen.

Bei den Gewaltwelle im Umfeld des Unabhängigkeitsreferendum in Osttimor 1999 wurden, nach Schätzungen von Human Rights Watch, etwa 70 % von Balibo Vila durch pro-indonesische Milizen zerstört.

Balibo nach der Besatzung

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Beamte der Grenzpolizei auf Patrouille bei Cowa

Während der INTERFET-Mission (International Force for East Timor) wurde die Festung nach dem indonesischen Abzug 1999 von 1000 Mann der UN-Truppen als Stützpunkt benutzt. Im selben Jahr gab Kylie Minogue im Rahmen ihrer Tour of Duty series of concerts hier ein Konzert für die UN-Angehörigen.

Balibo war einer der Subdistrikte Osttimors, in denen es im November 2007 aufgrund von Unwettern zu einer extremen Nahrungsmittelknappheit kam.

 
Administrator Paulo dos Santos (2013)

Der Administrator des Verwaltungsamts wird von der Zentralregierung in Dili ernannt. 2015 war dies Paulo dos Santos[20] und 2016 Rosario Gonçalves.[21] Am 29. Januar 2024 wurde Casimiro dos Santos zum Administrator ernannt.[22]

Alle vier Jahre findet am Lago Malai (Be Malae) ein Fischerfest statt, an dem die Reiche von Balibo und Atabae teilnehmen. Der Termin variiert, fällt aber grundsätzlich auf den 29. und 30. August.[23]

Wirtschaft

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70 % der Haushalte bauen Mais an, 53 % Kokosnüsse, 47 % Maniok, 33 % Gemüse, 12 % Reis und 7 % Kaffee.[24] Bei Leolima wird ein Wiederaufforstungsprojekt betrieben. Potential für Tourismus sieht man bei den Stränden von Batugade und Palaca und beim Lago Malai.[13] Bei Batugade befindet sich der wichtigste offizielle Grenzübergang Osttimors zu Indonesien.

Persönlichkeiten

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Commons: Balibo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Direcção-Geral de Estatística: Ergebnisse der Volkszählung von 2015 (Memento vom 17. Oktober 2020 im Internet Archive), abgerufen am 23. November 2016.
  2. a b c Institutu Nasionál Estatístika Timor-Leste: Final Main Report Census 2022, abgerufen am 18. Mai 2022.
  3. a b Jornal da República: Diploma Ministerial n.o 24/2014 de 24 de Julho – Orgânica dos Postos Administrativos (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  4. Geoffrey Hull: The placenames of East Timor, in: Placenames Australia (ANPS): Newsletter of the Australian National Placenames Survey, Juni 2006, S. 6 & 7, (Memento vom 14. Februar 2017 im Internet Archive) abgerufen am 28. September 2014.
  5. a b Direcção-Geral de Estatística: Atlas der Gemeinde Bobonaro, abgerufen am 25. September 2022.
  6. Timor-Leste GIS-Portal (Memento vom 30. Juni 2007 im Internet Archive)
  7. a b Seeds of life: Karte der Gewässer Osttimors
  8. Birdlife International – Be Malae-Atabae
  9. a b Seeds of Life
  10. Direcção Nacional de Estatística: 2010 Census Wall Chart (English) (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) (PDF; 2,5 MB)
  11. a b Direcção Nacional de Estatística: Census of Population and Housing Atlas 2004 (Memento vom 13. November 2012 im Internet Archive) (PDF; 14 MB)
  12. Damien Kingsbury: National Identity in Timor – Leste: A Brief Comparative Study (Memento vom 12. Juli 2017 im Internet Archive)
  13. a b Bobonaro District Development Plan 2002/2003 (Memento vom 28. März 2009 im Internet Archive) (PDF-Datei; 566 kB)
  14. TIMOR LORO SAE, Um pouco de história (Memento vom 13. November 2001 im Internet Archive)
  15. East Timor – PORTUGUESE DEPENDENCY OF EAST TIMOR (Memento vom 21. Februar 2004 im Internet Archive)
  16. a b History of Timor – Technische Universität Lissabon (Memento vom 24. März 2009 im Internet Archive) (PDF; 824 kB)
  17. Andrey Damaledo: Divided Loyalties: Displacement, belonging and citizenship among East Timorese in West Timor, S. 27–30, ANU press, 2018, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  18. R. Roque: Headhunting and Colonialism: Anthropology and the Circulation of Human Skulls in the Portuguese Empire, 1870–1930, S. 19ff., 2010, ff.&q=Deribate#v=onepage eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  19. Christopher J. Shepherd: Development and Environmental Politics Unmasked: Authority, Participation and Equity in East Timor, S. 46, 2013, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  20. Ministério da Administração Estatal: Administração Municipal (Memento vom 1. Juni 2016 im Internet Archive)
  21. Jornal da República: RESOLUÇÃO DO GOVERNO N.º 34/2016 de 12 de Outubro, abgerufen am 12. Januar 2024.
  22. Jornal da República: DESPACHO N.º 12 / M-MAE / I / 2024 – Nomeação dos Secretários Municipais, dos Diretores dos Serviços Municipais e dos Administradores dos Postos Administrativos da Autoridade Municipal de Bobonaro, 29. Januar 2024, abgerufen am 23. Juli 2024.
  23. Margaret J. E. King: Fishing Rites at Be-Malai, Portuguese Timor (Bericht eines Besuchs im August 1960), Records of the South Australian Museum, Adelaide, Sth Aust. : Govt. Printer, "From Records of the South Australian Museum, Vol. 15, No. 1, 6. Oktober 1965."
  24. Direcção Nacional de Estatística: Suco Report Volume 4 (englisch) (Memento vom 9. April 2015 im Internet Archive) (PDF; 9,8 MB)

Koordinaten: 8° 58′ S, 125° 2′ O