St. Nicolai (Helgoland)
Die evangelisch-lutherische St.-Nicolai-Kirche ist neben der römisch-katholischen St.-Michaels-Kirche eine der beiden Kirchen auf der Nordseeinsel Helgoland. Ihren Namen hat die Kirche vom Heiligen Nikolaus von Myra, dem Schutzpatron der Seefahrer und Kaufleute.[1]
Die Kirche befindet sich in einem Wohngebiet auf dem Oberland und hat die Adresse Schulweg 648.[2] Die Kirchengemeinde gehört zum Kirchenkreis Dithmarschen im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorgängerbauten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine erste Beschreibung einer Kirche auf Helgoland erfolgte Anfang des 17. Jahrhunderts durch Neocorus: „de Norder Sidt (der Kirche) hebben de Hillige Lander, de Suder Hellfte de Bremer buwen laten“.[3] Möglicherweise hatte diese Kirche zwei parallele Satteldächer. Diese Kirche soll an der Ostecke des Oberlandes gelegen haben und wurde 1609 wegen der Gefahr eines Absturzes durch eine neue, weiter im Landesinneren gelegene ersetzt. Bereits 1685 wurde diese wegen unzureichender Größe abgebrochen. Die neue, dem heiligen Nicolaus geweihte Kirche wurde von 1685 bis 1687 errichtet. Die zunächst turmlose Kirche war ein einschiffiger Backsteinbau mit polygonalem 5/15-Chorschluss.
Von 1704 bis 1706 wurde aus Backstein ein Westturm mit quadratischem Grundriss und hoher, geschweifter Haube gebaut. Dieser Turm wurde wegen Baufälligkeit 1878 abgebrochen und 1885 durch einen neuen ersetzt. Der Innenraum der Kirche war mit einer flachen, mit Ornamenten bemalten Holztonne überspannt, in welche Lichtschächte einschnitten. An der Basis der Tonne verliefen quer zur Kirche weiß gestrichene Zugbalken. Das Gestühl war in drei Blöcke geteilt, und es gab eine umlaufende Empore. Von der Ausstattung ist der überwiegende Teil bei einem schweren Bombenangriff am 18. April 1945 zerstört worden, so unter anderem der Kanzelaltar aus Mahagoni von 1821. Der Bronzetaufkessel aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts überstand den Angriff, fiel allerdings Schrottsammlern der Nachkriegszeit zum Opfer. Ein 1705 in Friedrichstadt gefertigter vergoldeter Abendmahlskelch mit mittelalterlichem Fuß und Ornamenten ist erhalten.
Neubau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der Neubesiedlung Helgolands 1952 wurde an der gleichen Stelle die heutige Kirche erbaut. Sie wurde am 29. November 1959 eingeweiht; die Architekten waren Peter Hübotter, Rolf Romero und Bert Ledeboer aus Hannover, die gemeinsam den bundesweiten Architektenwettbewerb für den Neubau der Kirche 1956 gewonnen hatten.[4] Die Außenanlagen mit dem Friedhof wurden von Wilhelm Hübotter gestaltet.[5] Wegen Bauschäden wurde die Kirche 1969 erneuert. Die Ausstattung stammt zum Teil aus der Vorgängerkirche. Der Windrichtungsgeber auf der bronzenen Kirchturmspitze stellt eine Schaluppe dar.[6] Die Kirche hat den Status Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung.[7]
Der Taufkessel und das Bronzeportal stammen vom Bildhauer Fritz Fleer. Die große Kirchenorgel ist von 1970, die kleinere Orgel im Altarraum ist von 1972. Eine Stahlglocke (Schlagton c1) wurde 1952 gestiftet, 1959 kamen fünf Bronzeglocken (Schlagtonfolge g1–a1–c2–d2–e2) hinzu.[8] Zwei Altarleuchter, ein Kronleuchter und eine Taufschale aus dem Jahre 1783 haben die Bombardierung der Vorgängerkirche überstanden und gehören heute zur Innenausstattung der Kirche.[9]
2017 waren Renovierungsarbeiten fällig. Der Beton der Dallglasfenster wies starke Verwitterungsspuren auf, weil die eingebrachten Eisenarmierungen in der salzhaltigen Luft korrodierten. Danach folgten Arbeiten an der Südfassade.[10]
Mit 711 Gemeindegliedern (Anfang 2014) gehört der Kirchengemeinde St. Nicolai rund die Hälfte der Einwohner an.
Orgeln
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorkriegsorgel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erst 1844 erhielt Helgoland erstmals eine Orgel, ein wertvolles Instrument von Ernst Wilhelm Meyer & Söhne. Sie wurde beim großen Bombenangriff am 18. April 1945 zerstört.[11]
Hauptorgel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Hauptorgel der Kirche wurde 1970 durch Alfred Führer erbaut. Sie besitzt 24 Register, die sich auf zwei Manuale und Pedal verteilen. Das Instrument besitzt voll mechanische Schleifladen. Die Disposition ist wie folgt:[12]
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- Koppeln: II/I, I/P, II/P
- Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, Tutti, Handregister ab
Chororgel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die kleinere Chororgel wurde 1972 durch Hinrich Otto Paschen erbaut. Sie besitzt acht Register auf einem Manual und Pedal und ist wie die Hauptorgel voll mechanisch auf Schleifladen errichtet. Die Disposition ist wie folgt:[13]
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- Koppeln: I/P
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Evang.-luth. Kirchengemeinde Helgoland – St. Nicolai, www.kirche-helgoland.de, Kirchengemeinde ( vom 8. Januar 2014 im Internet Archive)
- ↑ Adresse der Kirche ( vom 8. Januar 2014 im Internet Archive)
- ↑ Wolfgang Teuchert, Arnold Lühning: Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein, Kreis Pinneberg. Deutscher Kunstverlag, Berlin 1961, S. 195 ff
- ↑ Alfred Simon, Georg Wellhausen: Wiederaufbau der Insel Helgoland. In: Bund Deutscher Architekten BDA (Hrsg.): der architekt. Heft 2 und 3. Vulkan-Verlag Dr. W. Classen, Essen 1961, S. 25–27.
- ↑ Wilhelm Hübotter: Auf Helgoland ist alles anders. In: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landespflege e.V. (Hrsg.): Garten und Landschaft. September 1963, Nr. 9. Verlag Georg D.W. Callwey, München 1963, S. 275–280.
- ↑ Teilbeschreibung des Kirchturms ( vom 4. August 2012 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Liste der Kulturdenkmäler im Kreis Pinneberg ( vom 7. Dezember 2010 im Internet Archive)
- ↑ Beschreibung der Kirche ( vom 6. Oktober 2007 im Internet Archive)
- ↑ Text über Nicolaikirche
- ↑ Christiane Rossner: Wie Phönix aus der Asche. In restauro: Die Nicolaikirche auf Helgoland. In: Deutsche Stiftung Denkmalschutz (Hrsg.): Monumente. Magazin für Denkmalkultur in Deutschland. Nr. 6. Monumente Publikationen, 2017, ISSN 0941-7125, S. 30, 31.
- ↑ Gerald Drebes: Die Helgoländer Vorkriegsorgel von Ernst Wilhelm Meyer & Söhne (1844). In: Ars Organi. Jg. 68, 2020, S. 186–188 (online).
- ↑ Informationen zur Hauptorgel
- ↑ Informationen zur Chororgel
Koordinaten: 54° 10′ 58,9″ N, 7° 53′ 5,1″ O