Lincombien-Ranisien-Jerzmanowicien
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Ausdehnung | ||||
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Nordwestliches Mitteleuropa | ||||
Leitformen | ||||
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Als Lincombien-Ranisien-Jerzmanowicien (LRJ) wird ein archäologischer Technokomplex bezeichnet, der zur Zeit des Übergangs vom Mittel- zum Jungpaläolithikum im nordwestlichen Mitteleuropa Verbreitung fand.
Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Lincombien-Ranisien-Jerzmanowicien-Komplex zählt zu den zwischen etwa 50.000 und 40.000 Jahren vor heute entstandenen sogenannten Übergangsindustrien, deren Aufkommen in die Anfangszeit der flächendeckenden Ausbreitung des Homo sapiens in Europa fällt. Diese Übergangsinventare enthalten Steinartefakte, die sowohl mittel- als auch jungpaläolithische Ausprägungen zeigen und dadurch lange Zeit die kontrovers diskutierte Frage aufwarfen, ob Neandertaler oder Homo sapiens Urheber dieser neuen Bearbeitungstechniken waren. Für die Entstehung der Übergangsindustrien mit aufkommenden jungpaläolithischen Merkmalen sind folgende Modelle denkbar:
- Entwicklung durch den Neandertaler, ohne Einfluss des Homo sapiens
- Entwicklung durch den Homo sapiens, ohne Einfluss des Neandertalers
- Unabhängige (konvergente) Entwicklung durch beide Spezies
- Akkulturation, Übernahme bestehender Technik durch eine der beiden Spezies.[1]
DNA-Analysen an fossilen Menschenresten aus dem Horizont Ranis 2 haben inzwischen gezeigt, dass der Neandertaler als Träger des LRJ ausgeschlossen werden kann.[2]
Bereits nach wenigen tausend Jahren wurde das Lincombien-Ranisien-Jerzmanowicien durch das Aurignacien abgelöst.
Werkzeugformen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Leitform des LRJ sind die Jerzmanowice-Spitzen: lang-schmale, meist längssymmetrische Blattspitzen mit partieller dorsaler bzw. ventraler Retusche und Klingen als Grundform. Diese finden sich häufig in der Fundschicht vergesellschaftet mit beidseitig vollständig flächenretuschierten Exemplaren, weshalb zunächst infrage gestellt wurde, die Jerzmanowice-Spitzen in einen eigenen Technokomplexes auszugliedern.[3]
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit über 30 Fundstellen liegt der Verbreitungsschwerpunkt des LRJ im Süden Englands. Als besonders artefaktreich gelten Kents Cavern, Robin Hood Cave, Beedings und Glaston Grange Farm. Entsprechende Inventare fanden sich auch im Nordwesten Mitteleuropas bis in den Südosten Polens, z. B. die Höhlen von Goyet und Spy in Belgien, die Höhle Pekárna und mehreren Freilandfundstellen bei Brünn in Tschechien. In Bayern gelang der Nachweis bislang in 4 Höhlen und im Freiland.[1][4]
Die eponymen Fundorte sind:
- der Lincombe Hill mit der Höhle Kents Cavern in Torquay, Devon, England
- die Stadt Ranis mit der Ilsenhöhle in Thüringen, Deutschland
- die Stadt Jerzmanowice mit der Jaskinia Nietoperzowa (Fledermaushöhle) in Polen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Thomas Albert: Der Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum In: Steinzeit in Bayern – Das Handbuch, Band 1, wbg Theiss, Darmstadt, 2023, S. 447–468, ISBN 978-3-8062-4449-6
- Yuri E. Demidenko, Petr Škrdla: The Lincombian-Ranisian-Jerzmanowician with new sites in South Moravia and the Initial Upper Palaeolithic record of East-Central Europe In: From tea leaves to leafe-shaped tools – Studies in honour of Zolt Mester on his sixtieth birthday, Budapest, 2023, S. 95–119, ISBN 978-963-489-661-6
- Michael Bolus, Harald Floss (Hrsg.): Blattförmige Schaber, Limaces, Blattspitzen In: Steinartefakte – Vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit, 2013, S. 309–326, ISBN 978-3-935751-16-2
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Thomas Albert: Steinzeit in Bayern - Das Handbuch, Band 1. Hrsg.: Thorsten Uthmeier, Doris Mischka. wbg Theiss, Darmstadt 2023, ISBN 978-3-8062-4449-6, Der Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum, S. 447–468.
- ↑ Homo sapiens reached the higher latitudes of Europe by 45,000 years ago. Abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ Michael Bolus: Steinartefakte – Vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit. Hrsg.: Harald Floss. Kerns Verlag, Tübingen 2013, ISBN 978-3-935751-16-2, Blattförmige Schaber, Limaces, Blattspitzen, S. 309–326.
- ↑ Yuri E. Demidenko, Petr Škrdla: From tea leaves to leafe-shaped tools – Studies in honour of Zolt Mester on his sixtieth birthday. Hrsg.: Attila Király. Budapest 2023, ISBN 978-963-489-661-6, The Lincombian-Ranisian-Jerzmanowician with new sites in South Moravia and the Initial Upper Palaeolithic record of East-Central Europe, S. 95–119.